wir begrüßen Sie herzlich. Diese Informationen bieten wir Ihnen heute Abend:
Talk of the Town: Friedrich Merz und die CDU – Wofür und wogegen sie jetzt kämpfen
AfD und BSW: Wie Extremisten und Populisten die Mitte angreifen
Junge Alternative: AfD-Jugend eskaliert nach Auflösung Streit mit der Parteispitze
SPD-Parteitag: Willig die Partei, geschäftsmäßig der Kandidat
Migration, Steuern, Grundgesetz: FDP will Wahlprogramm erweitern
Linken-Programm: Mit “antifaschistischer Wirtschaftspolitik” in den Wahlkampf
Maul- und Klauenseuche: Ministerium in Alarmbereitschaft
Wahlrecht für Auslandsdeutsche: “Das wird nicht funktionieren“
Reform des Sozialstaats: Was FDP und Union vorschlagen
Erneuerbare Energien: EVP-Abgeordnete wollen Ziel für 2040 streichen
Chinas Image in der Welt: Im Norden unbeliebter, im Süden gemischt
Standpunkt: Wie die digitale Wende gelingen kann
Brände in Los Angeles: Wie der Feuersturm entstanden ist
Table.Today Podcast: Luftfahrtexperte Joachim Lang und Merz-Biograf Volker Resing
Table.Documents: Entwurf für das erweiterte Wahlprogramm der FDP + Beschluss des CDU-Bundesvorstands zur inneren Sicherheit + Wirtschaftsprogramm der Linken
Best of Table: EU-Binnenmarkt in schlechter Verfassung + Schwierige Lage für Katholiken in China
Must-Reads: X weiter unter europäischer Beobachtung + Syriens Außenminister reicht Baerbock die Hand + Scholz stimmte Atom-Machtwort mit Habeck ab
Nachttisch: “Black Forest” – Roman von Wolfgang Schorlau
Friedrich Merz und die CDU: Wofür und wogegen sie jetzt kämpfen
Von Stefan Braun
Nach der CDU-Vorstandsklausur kann sich Friedrich Merz freuen und ärgern zugleich. Zum Start in die heiße Phase des Wahlkampfs zeigte sich in Hamburg, dass seine Partei außerordentlich geschlossen hinter ihm steht. Niemand ist glücklich über die noch lange nicht optimalen Umfragewerte für die Union. Alle haben den Absturz vor vier Jahren im Kopf – und fürchten leise eine Wiederholung. Aber von Daniel Günther über Michael Kretschmer bis Jens Spahn sind sich alle einig, dass sie Merz im Kampf ums Kanzleramt unterstützen wollen und werden. Bis auf Weiteres ist das eine Geschlossenheit, die Armin Laschet 2021 so nicht hatte.
Zugleich aber trat zutage, wie groß der Ärger über Markus Söder ist. Niemand suchte in Hamburg den offenen Konflikt mit der CSU-Spitze. Aber dass Söder und seine Leute in Kloster Seeon Merz ziemlich ungeschminkt zu viel Bequemlichkeit und zu wenig Einsatz vorwarfen, wird als hartes Foul gewertet. Wichtiger aber ist, getragen von der Analyse von Allensbach-Chefin Renate Köcher, dass sich die meisten auch in ihrem Zorn über Söders Taktik bestätigt fühlen. Köcher betonte in der internen Sitzung, dass schlichtweg jede Diskussion über Koalitionen toxisch und hochgefährlich sei für die Christdemokraten.
Laut Köcher hoffen knapp 40 Prozent der von Allensbach Befragten darauf, dass ihr Leben mit einer CDU-Regierung wieder besser wird. Erweitere sie diese Frage aber auf eine Koalitionsregierung mit SPD oder Grünen oder FDP, dann “schießen die Werte sofort in den Keller”, wie es ein Teilnehmer ausdrückte. Daraus lasen die Vorstandsmitglieder in Hamburg die Botschaft ab: Redet nicht mehr über Koalitionen, egal über welche, egal wie. Alle Ampelparteien seien als mögliche Partner aktuell toxisch. In der Folge hoffen sie in der CDU inständig, dass auch Söder das erkennt – und mit seinem Schwarz-Grün-Bashing aufhört. Auch Schwarz-Rot sei keine bessere Alternative.
Deutlich wurde, dass der Streit darüber nicht der einzige Konflikt mit der CSU ist. Auch der Blick auf die Ereignisse in Österreich ist sehr unterschiedlich. Während Söder die letzte schwarz-grüne Regierung in Wien für den aktuellen Triumph der rechtspopulistischen FPÖ verantwortlich macht, sieht Merz die eigentliche Ursache in der mangelnden Abgrenzung. Nach Teilnehmerangaben sagte Merz in der Sitzung, wenn man diese “Natter” nur einmal an den eigenen Hals lasse, sei man verloren. Anders ausgedrückt: Die ÖVP habe den Fehler gemacht, sich überhaupt auf die FPÖ eingelassen zu haben. In Hamburg wurde deutlich, dass Merz und seine Mannschaft die AfD für die größte Gefahr und eine Abgrenzung für zwingend halten. Seine Linie unterstrich der Kanzlerkandidat in einem TV-Interview, bei dem er sein persönliches Schicksal mit dieser Frage verband.
Der dritte Konfliktstoff: die Migrationspolitik. Dabei geht es nicht um Inhalte. Auch die CDU verabschiedete in einem Sicherheitspapier in Hamburg die Forderung nach Zurückweisung an den Grenzen, der Einführung einer neuen Gefährderkategorie und schnelleren Abschiebungen. Aber – und das bestätigte Köcher – im politischen Kampf gegen die AfD soll der Fokus auf der Rettung der Wirtschaft liegen. Hier, so Köcher, gebe es den größten Vorsprung an Kompetenzzuweisung für die Union. Eine klare Position in der Migrations- und Sicherheitspolitik sei zweifellos wichtig, aber sie soll nicht noch lauter zum zentralen Thema erklärt werden, was die CSU zuletzt wieder getan hatte.
Köcher unterfütterte ihr Argument mit Zahlen zum Potenzial, das die Union in den anderen Parteien noch heben könne. Bei der AfD seien das bis zu acht Prozent, bei den drei bisherigen Ampelparteien dagegen seien es im allerbesten Fall 23 Prozent (SPD: 10, FDP 7; Grüne 6 Prozent) Anders ausgedrückt: Die Union habe ab jetzt in der Mitte deutlich mehr zu gewinnen als bei der Rechtsaußenpartei. Das CDU-Diktum von Hamburg lautet deshalb: Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft. Ohne Wachstum sei alles andere nichts. Nur wenn es wieder aufwärts gehe, sei der Sozialstaat sicher. Gefragt, ob auch der Klimaschutz deshalb in den Hintergrund treten müsse, antwortete Merz: “Wir müssen die Wirtschaft retten, damit wir das Klima weiter retten können.” Eine Volkswirtschaft im Niedergang trage zwar auch zur CO₂-Reduktion bei. “Aber das ist nicht unsere Vorstellung: Dass wir hier keine Industrie mehr haben.” Für die Union hängt viel davon ab, ob sie mit ihren Plänen (Steuersenkungen in vier Stufen, Rückbau von Bürokratie, Abschaffung von Berichtspflichten) die Debatte bestimmt – oder ob das der AfD mit ihren Angriffen gegen alle anderen Parteien gelingt.
Parteitage von AfD und BSW: Die Extremen schwören sich auf ihre Chefinnen ein. Die AfD zieht mit einem verschärften Programm und einer Kanzlerkandidatin mit zugespitzter Rhetorik in den Wahlkampf. “Wenn es Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration”, sagte Alice Weidel beim Parteitag in Riesa; ein Wort, das sie bislang tendenziell vermieden hat, auch wenn es ihren Asyl-Forderungen schon lange entspricht. Die ganze Welt solle wissen, dass Deutschlands Grenzen dicht sind. Konflikte auf offener Bühne konnte die AfD weitgehend vermeiden; viele Netzwerker verhandelten strittige Themen vorab und besorgten Mehrheiten. Trotz einigem Unmut über Weidels Auftreten im Gespräch mit Elon Musk am Donnerstag begleitete Jubel sie durchs Wochenende. Allerdings waren die Delegierten auch angehalten, offen über ihre Kanzlerkandidatur abzustimmen. Wer gegen Weidel ist, hätte vor aller Augen aufstehen müssen.
Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht feiert seine Vorsitzende mit viel Personenkult. Wie viele andere Redner auch rühmte die Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali Wagenknecht als Stimme der Vernunft. Es sei gut, dass die Partei ihrem Namen trage. Eine “One-Woman-Show” sei das BSW dennoch nicht. Inhaltliche Diskussionen gab es kaum – lediglich in einem kurzen Block wurde über Formulierungen im Wahlprogramm debattiert, das mit einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen beschlossen wurde. In einem Dringlichkeitsantrag wurde die Gründung einer parteinahen Stiftung bekräftigt. Die Partei demonstrierte Einigkeit und ihre bisherigen Erfolge. Die parteieigenen Kritiker aus Hamburg wurden nicht in die Halle gelassen. Wie AfD und BSW versuchen, die politische Mitte in eine Art Zangengriff zu nehmen, lesen Sie in dieser Analyse. Franziska Klemenz, Leonard Schulz
Jugendorganisation der AfD: JA eskaliert Streit mit der Parteispitze. Die Junge Alternative und ihre Führer wüten gegen die Initiatoren des Antrags, der zur Trennung der Jugendorganisation von der AfD führen wird. 72 Prozent der Parteitagsdelegierten haben am Sonntag in Riesa dafür gestimmt, die JA durch eine neue Organisation zu ersetzen, deren Mitglieder der Partei angehören müssen und somit besser kontrollierbar sind. “Die Boomer haben der Jugend den Dolch in den Rücken gerammt”, twitterte die JA-Schleswig Holstein und drohte den Initiatoren. Brandenburg-Chefin Anna Leisten stürmte wutentbrannt aus dem Saal. Nach Informationen von Table.Briefings haben Mitglieder der JA am Nachmittag angefangen, “Verräterlisten” zu erstellen. Ihren bisherigen Chef, Bundesvorstandsmitglied Hannes Gnauck, machen sie demnach als “Hauptverräter” aus.
Bis April will die AfD die Abkopplung vollzogen haben. An alle Parteiglieder unter 36 Jahren geht die Frage, ob sie Mitglied der neuen Organisation werden wollen. Etwa die Hälfte der rund 2.200 JA-Mitglieder gehört der AfD an. Ihnen stünde frei, der Nachfolgeorganisation beizutreten. Die andere Hälfte müsste Parteimitglied werden, um das zu erwirken. Vielen wurde das bislang aber aus Gründen verweigert, an denen sich wenig ändern dürfte. Dem Vernehmen nach möchte Gnauck in der neuen Organisation nicht mehr als Chef agieren. Der alte Name könnte bleiben; alternativ haben die Initiatoren den Titel Patriotische Jugend gesichert. Franziska Klemenz
Translation missing.SPD-Parteitag: Willig die Partei, geschäftsmäßig der Kandidat. Der erhoffte Aufbruch war es nicht, eher ein “zusammengekniffener Optimismus”, wie ein erfahrener Genosse die Stimmung bei der Kandidatenkür am Samstag in Berlin umschrieb. Es war eine solide Rede, mit der der Kanzler und Kandidat Olaf Scholz seine Partei auf den Wahlkampf einstimmte – eine Rede mit vielen Hinweisen auf bereits Erreichtes, auf die vorgebliche Unlust eines Koalitionspartners, konstruktiv in der Regierung mitzutun und mit einer fast inflationären Ansprache an die “normalen Leute”, die annähernd zwei Dutzend Mal Erwähnung fanden. Vier Kernbotschaften wollte Scholz vermitteln: Herausforderer Friedrich Merz wolle mit seinen Vorschlägen “eine andere Republik”, die SPD biete die konkreteren Vorschläge zur Unterstützung der Wirtschaft, mit ihr gebe es keine Abstriche bei der Rente und schließlich: Nur Scholz sei der Garant für einen nüchternen Umgang mit Russland und der Ukraine.
An Beifall sparten die Delegierten nicht. Sie spendeten ihn anhaltend und auch im Stehen. Minister und Ministerinnen, Ministerpräsidenten, Parteiführung – alle stärkten Scholz den Rücken. Gegenstimmen gab es nur eine Handvoll, Illoyalität musste sich niemand vorhalten lassen. Begeisterung kam dennoch nicht auf. Was fehlte, war eine übergreifende Idee für das Morgen, die Erzählung einer helleren Zukunft, es fehlte an Verheißung und Perspektive für eine Gesellschaft, die nach Orientierung sucht. Nur einmal hatte er die Delegierten dann doch ganz bei sich: “Vielleicht hätte ich früher auf den Tisch hauen müssen”, rief er, “vielleicht hätte ich die Koalition früher beenden sollen”. Da war er – ein sich fragender, ein selbstkritischer Scholz. In keinem Moment war er den Delegierten näher, für keinen Gedanken bekam er mehr Beifall. Horand Knaup
Migration, Steuern, Grundgesetz: FDP will Wahlprogramm erweitern. Der FDP-Bundesvorstand will in seiner Sitzung am Montag ein erweitertes Wahlprogramm beschließen. Dieser zweite Baustein des Programms hat in der Partei Tradition und soll die im Dezember vorgestellte Version durch Themenmodule vertiefen und ergänzen. Der 106-seitige Entwurf liegt Table.Briefings vor. Demnach wollen die Liberalen Deutschland ein “Leitbild für Migration und Integration” geben. “Allzu oft ist unklar, was unsere Gesellschaft von Einwanderern erwartet”, heißt es dazu in dem Entwurf. In der Folge komme es zu Missverständnissen, Intoleranz und ungelösten Konflikten. Das Leitbild solle daher in den kommenden Jahren unter Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund erarbeitet werden. Dazu stellt die FDP klar, dass sie “keine staatlich verordnete sogenannte Leitkultur” wolle, wie die Union sie fordert.
Zudem plant die FDP weitere Steuererleichterungen. Bagatell- und Lenkungssteuern, zum Beispiel auf Bier und Kaffee, sollen ersatzlos gestrichen werden. Die Freibeträge für die Erbschafts- und Schenkungssteuer wollen die Liberalen automatisch um die Inflationsrate erhöhen. Außerdem wollen sie das Grundgesetz an mehreren Stellen ändern: Neu aufgenommen werden sollen Kinderrechte und der Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Im Gegenzug will die Partei Artikel 15, der die Grundlage für die Vergesellschaftung von Grund und Boden sowie Produktionsmitteln bildet, streichen und durch ein Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft ersetzen. Zudem soll das Wahlrecht ab 16 auch für Bundestagswahlen gelten. Welche weiteren Vorschläge der Entwurf etwa für Klimaschutz, Justiz und Bildung vorsieht, lesen Sie in der Analyse des Berlin.Table. Maximilian Stascheit
Linken-Programm: Mit “antifaschistischer Wirtschaftspolitik” in den Wahlkampf. Um dem “Aufkommen rechter Kräfte” entgegenzuwirken, schlägt die Linke eine Umkehr in der Wirtschafts- und Sozialpolitik vor. Preise und Mieten sollen reguliert, Löhne erhöht und die Tarifbindung gestärkt werden. Linken-Chefin Ines Schwerdtner sieht in ihrem Wirtschaftsprogramm einen Gegenentwurf zur Agenda 2030 der CDU: “Setzt sich die CDU mit ihren Angriffen auf den Sozialstaat und ihre Agenda 2030 durch – oder wird es endlich eine Wirtschaft für die Mehrheit geben, die demokratische Kontrolle, Investitionen in die Zukunft und Sicherung der Daseinsvorsorge beinhaltet.” Für das Sinken der Reallöhne “auf das Niveau von 2018” macht sie unzureichende Investitions- und Innovationstätigkeit und eine zu geringe Konsumgüternachfrage verantwortlich. Hier will die Linke mit massiven öffentlichen Investitionen in Infrastruktur, Klimatechnologien und Industrie gegensteuern. Zur Finanzierung sollen unter anderem eine Vermögenssteuer eingeführt und der Spitzensteuersatz auf 53 Prozent angehoben werden. Daniel Schmidthäussler
Maul- und Klauenseuche: Ministerium in Alarmbereitschaft. Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg hat das BMEL in Alarmstimmung versetzt. Noch am Freitag, wenige Stunden nach Bekanntwerden der ersten Fälle, rief Minister Cem Özdemir seine Länderkollegen zu einer Videokonferenz zusammen. Für Mittwoch ist eine Sondersitzung des Landwirtschaftsausschusses im Bundestag anberaumt. Für die deutsche Viehwirtschaft könnte die Seuche Kosten im dreistelligen Millionenbereich bedeuten. Denn mit Ausbruch der Seuche hat Deutschland seinen Status als “frei von MKS ohne Impfung” bei der Weltorganisation für Tiergesundheit verloren. Im Ministerium ging man am Freitag davon aus, dass zahlreiche Drittländer die Einfuhr von Schweine-, Rind- und Schaffleisch, aber auch von lebenden Tieren und Milchprodukten bis auf Weiteres verbieten. Allein beim Schweinefleisch ging bisher knapp die Hälfte der Produktion in den Export.
Als erstes Land hat Südkorea am Samstag alle Schweinefleischimporte aus Deutschland gestoppt. 360 Tonnen bereits geliefertes Fleisch sollen eingehend untersucht werden. Im Jahr 2019 hatte Südkorea über 100.000 Tonnen Schweinefleisch importiert. Wegen der Afrikanischen Schweinepest war der Absatz danach eingebrochen. Auch in Deutschland hat die Tierseuche, die für den Menschen ungefährlich ist, bereits Folgen. Auf der Grünen Woche dürfen keine Klauentiere ausgestellt werden. Noch ist unklar, wie die EU und einzelne Mitgliedsländer reagieren. Immerhin: Weil der Erreger identifiziert ist, lässt sich mutmaßlich in kurzer Zeit ein Impfstoff herstellen. Horand Knaup
Wahlrecht für Auslandsdeutsche: “Das wird nicht funktionieren.” Das Handicap der Auslandsdeutschen bei der Bundestagswahl am 23. Februar wird zum Politikum. Aus Afrika und selbst aus Kanada und den USA melden sich Deutsche mit der Klage, an der Wahl nicht teilnehmen zu können. Das Petitum eines in Südafrika lebenden Deutschen, der seine fristsichere Briefwahloption juristisch erzwingen wollte, wurde vom Verwaltungsgericht Berlin abgelehnt. “Das wird nicht funktionieren”, klagte im Deutschlandfunk zur Ausübung seines Grundrechts auch der in Kanada lebende Historiker Swen Steinberg. Teilweise werden die Briefwahlunterlagen erst am 10. Februar verschickt. Sie müssen beim Empfänger ankommen, der muss unverzüglich seine Wahlentscheidung treffen – und dann auf einen schnellen Transport nach Deutschland hoffen.
Wenig hilfreich waren bisher die deutschen Auslandsvertretungen. Sie offerierten zwar teilweise, den Wahlschein in der Diplomatenpost nach Deutschland mitzuschicken. Doch nicht alle Vertretungen bieten diesen Service an. Bei manchen, so erfuhr Table.Briefings, geht außerdem der letzte Kurier bereits am 13. Februar. Die Bundeswahlleiterin hatte Anfang November auf diese Probleme hingewiesen. Dafür war sie von der CDU/CSU-Fraktion, die seinerzeit noch auf einen Wahltermin im Januar gedrängt hatte, heftig gerügt (“skandalös”) worden. Betroffen sind gut 3,5 Millionen Deutsche im Ausland. Probleme mit der Briefwahl dürften vor allem jene außerhalb Europas haben. Horand Knaup
Reform des Sozialstaats: Was FDP und Union vorschlagen. In ihren Wahlprogrammen finden sich Vorschläge, die das System grundlegend ändern würden. Die FDP fordert etwa die Zusammenfassung aller steuerfinanzierten Sozialleistungen in einer Leistung und bei einer Behörde. Das Konzept beschloss sie schon 2005 – unter dem Namen “Liberales Bürgergeld”. CDU und CSU wiederum wollen eine “Frühstart-Rente” einführen. Hier würde der Staat für jedes Kind zwischen sechs und 18 Jahren pro Monat zehn Euro in ein kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen. Welche Pläne und Hürden es noch gibt, lesen Sie in der Analyse des Berlin.Table. Okan Bellikli
Erneuerbare Energien: EVP-Abgeordnete wollen Ziel für 2040 streichen. Abgeordnete der EVP, zu der auch die CDU gehört, haben sich bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wegen eines Zugeständnisses an die Grünen im Mission Letter für den neuen Energiekommissar Dan Jørgensen beschwert. Jørgensen hatte sich bei seiner parlamentarischen Anhörung offen für ein Erneuerbaren-Ziel für 2040 gezeigt. Das wurde auch so im Mission Letter bestätigt. “Diese Änderung untergräbt somit die Gültigkeit der Herrn Jørgensen erteilten Bestätigung. Es ist zwingend erforderlich, seinen Mission Letter in der Fassung wiederherzustellen, die zum Zeitpunkt seiner Anhörung vorlag”, schreiben 14 Industriepolitiker der EVP um den französischen Abgeordneten François-Xavier Bellamy. Zu den Unterzeichnern gehören auch die CDU-Abgeordneten Andrea Wechsler und Hildegard Bentele. Details lesen Sie im Europe.Table. Manuel Berkel
Chinas Image in der Welt: Im Norden unbeliebter, im Süden gemischt. Andrew Chubb, Politikwissenschaftler am China Center des Asia Society Policy Institute, hat mit seinem Team eine umfassende Studie zur weltweiten Wahrnehmung Chinas veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen eine wachsende Kluft: Während Chinas Popularität im globalen Norden stark abnimmt, bleibt sie in vielen Ländern des globalen Südens stabil oder steigt sogar – besonders in Afrika. Überraschend ist der Rückgang der positiven Wahrnehmung Chinas in Ländern wie Iran – auch angesichts der Tatsache, dass viele muslimische Nationen trotz der Xinjiang-Frage weitgehend positiv bleiben. Welche Faktoren diese Meinungsunterschiede prägen und wie das Chinas Strategie auf der globalen Bühne beeinflusst, lesen Sie im China.Table. Angela Köckritz
Standpunkt: Wie die digitale Wende gelingen kann. Deutschland droht im globalen Rennen um die technologische Vorherrschaft den Anschluss zu verlieren, schreibt Philip Meissner, Direktor des European Center for Digital Competitiveness, in einem Gastbeitrag für Table.Briefings. Die USA bauten ihren Vorsprung im Bereich von Software und Künstlicher Intelligenz immer weiter aus; China investiere massiv in Robotertechnik und baue integrierte Ökosysteme in den Bereichen Elektronik, Automobil und Drohnentechnologie. In Deutschland passiere in dieser Hinsicht noch immer zu wenig. Doch die digitale Wende könne noch gelingen. Meissners Vorschläge dazu lesen Sie im Standpunkt. Damir Fras
Brände in Los Angeles: Wie der Feuersturm entstanden ist. Die verheerenden Brände in und um Los Angeles sind nach Ansicht des US-Wissenschaftlers John Abatzoglou durch eine Verkettung von Ereignissen entstanden, die eine “perfekte Grundlage für einen Flächenbrand” gebildet hätten. Dazu gehörten etwa das Ausbleiben von Regenfällen im vergangenen Herbst und ein extrem starker Santa-Ana-Wind, sagte Abatzoglou, Professor an der School of Engineering an der University of California in Merced, im Interview mit Table.Briefings. Er forscht über Klima und Wetter – und über die Auswirkungen des Klimawandels auf natürliche Ressourcen. Auch führe der Klimawandel dazu, “dass die Brennstoffe trockener werden und die Feuer länger brennen”. Ungewöhnlich sei zudem, dass die Brände, die es in Kalifornien immer wieder gebe, nun schon im Januar ausgebrochen seien. Mehr dazu lesen Sie im Interview des Berlin.Table. Julian Heißler
Der Luftverkehr in Deutschland leidet, die Steuern und Gebühren sind bei uns so hoch wie sonst nirgendwo in Europa. Allein in den letzten fünf Jahren haben sich die Abgaben fast verdoppelt. Zum Vergleich: Die Abfertigung eines A320 kostet in Dublin 244€, in Madrid 660€ und in Frankfurt stolze 4.410€. Für die Fluggesellschaften ist das nicht mehr tragbar. Deswegen werden immer mehr Flüge ins Ausland verlagert. Deutschland droht den Anschluss zu verlieren. Thilo Boss, der Redaktionsleiter unseres CEO.Table, hat mit Joachim Lang, dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, über die Lage der Fluggesellschaften gesprochen – und ihn gefragt, was die Politik tun sollte, um den Standort wieder attraktiver zu machen. Das Gespräch hören Sie ab 6 Uhr hier.
Entwurf für das erweiterte Wahlprogramm der FDP
Beschluss des CDU-Bundesvorstands zur inneren Sicherheit
Wirtschaftsprogramm der Linken
Blitzanalyse der Unionsfraktion zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei schweren Straftaten
Demoskopie-Monitor der CDU
Brief der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion an Olaf Scholz
Translation missing.Europe.Table: Binnenmarkt in schlechter Verfassung. Ein Entwurf des EU-Binnenmarktberichts, der Table.Briefings vorliegt, zeigt die Wirtschaft in einer schwierigen Lage. Welche Strategien die Kommission vorschlägt, um die Union in verschiedenen Industriebereichen wieder wettbewerbsfähiger zu machen, lesen Sie hier.
China: Wie viel Freiraum bleibt den Katholiken? Michael Bauer, katholischer Pfarrer in Shanghai, kennt die Realität seiner Kirche in China. Gläubige befinden sich in der Grauzone zwischen Vormundschaft und Untergrundkirchen. Dennoch gebe es Freiräume. Warum der Pfarrer deshalb die Strategie von Papst Franziskus gegenüber Peking unterstützt, lesen Sie hier.
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FAZ: X weiter unter europäischer Beobachtung. Kommissionsvizepräsidentin Henna Virkkunen sagt mit Blick auf eine mögliche unzulässige Beeinflussung des Bundestagswahlkampfs, sie werde nicht zögern, weitergehende Schritte gegen die Plattform zu ergreifen, wenn das nötig sei. In einem laufenden Verfahren gehe es darum, ob X genug mache, um die Verbreitung von Desinformation einzuschränken, und ob die Algorithmen radikale Inhalte fördern. Bisher gebe es keine Belege, dass Elon Musk seine Inhalte gezielt auf Kosten anderer fördere. (“EU-Kommission droht Musk”)
Handelsblatt: Syriens Außenminister reicht Baerbock die Hand. De-facto-Außenminister Asaad al-Schaibani habe anders als vergangene Woche in Damaskus Annalena Baerbock bei einem Treffen in Riad die Hand gegeben, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Delegationskreise. Syrien sei sichtlich bemüht, international Anschluss zu finden. (“Baerbock sagt in Riad zusätzliche Hilfen zu”)
Taz: Walter-Borjans warnt seine Partei. “Der Widerhall für rechte Politik ist im Augenblick erschreckend groß. Die SPD darf sich an diese Stimmung nicht anpassen”, appelliert Norbert Walter-Borjans an die SPD. Für die SPD wäre es fatal, so der Ex-Parteichef, Töne zu produzieren, die in rechte Echoräume passen. “Wir werden die Trendwende nicht schaffen, wenn wir eine Politik kopieren, die nicht unsere ist.” (“Die Reform der Schuldenbremse nicht verdruckst vertreten”)
Nicht überlesen!
Welt: Scholz stimmte Atom-Machtwort mit Habeck ab. Dokumente legen nahe, dass Olaf Scholz im Herbst 2022 nicht im Alleingang ein Machtwort ausgesprochen hat, um die AKW-Abschaltung zu verzögern. Tatsächlich soll er sich mit Robert Habeck abgesprochen haben, dem die eigene Partei im Nacken saß. Die FDP wusste davon offenbar nichts. (“Scholz’ Atom-Machtwort – in Wahrheit ein Deal mit Habeck gegen die FDP”)
Bild am Sonntag: Trump Jr. holte Arme und Obdachlose für PR-Termin. Donald Trump Jr. reiste in der vergangenen Woche im Auftrag seines Vaters für einen PR-Termin nach Grönland. Die auf Fotos zu sehenden vermeintlichen Trump-Anhänger waren jedoch nicht echt. Für die Inszenierung hatte sein Team Obdachlosen und Armen kostenloses Essen in einem feinen Restaurant versprochen, berichtet Peter Tiede. (“Die Wahrheit über die Trump-Fans in Grönland”)
SZ: Grüne nennen Kanzler “verantwortungslos”
FAZ: Schärfere Töne zur Migrationspolitik
Tagesspiegel: “Nicht die Sprache der AfD übernehmen” – FDP-Chef Lindner fordert strikte Abgrenzung
Handelsblatt: Weidmanns Warnung
Sächsische Zeitung: Fast 40.000 Familien in Sachsen leben in zu kleinen Wohnungen
Zeit Online: Stärkere Winde könnten Brände bei L.A. neu anfachen
Spiegel: BSW-Mitgründer teilt gegen Wagenknecht aus
Taz: Krieg in der Ukraine – Die Stimmung ist gekippt
Handelsblatt: 16 Tote bei Bränden in Los Angeles – Rufe nach Trump mehren sich
Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Stephan Kramer, Verfassungsschutz Thüringen: AfD immer radikaler?
7:15 Uhr: Sahra Wagenknecht, BSW-Vorsitzende. BSW-Parteitag
8:10 Uhr: Anton Hofreiter, MdB (Grüne): Deutsche Hilfe für die Ukraine
Das Erste
5:35 Uhr/6:35 Uhr/7:35 Uhr: Rüdiger Maas, Generationenforscher: Stimmung unter jungen Wählern
6:05 Uhr/7:10 Uhr/8:40 Uhr: Hans-Ulrich Liebern, Bund der Steuerzahler NRW: Grundsteuerbescheide
8:05 Uhr: Philipp Türmer, Bundesvorsitzender der Jusos: Stimmung unter jungen Wählern
Welt TV
9 Uhr: Roderich Kiesewetter, Oberst a.D. und MdB (CDU): Übergabe neuer Radhaubitze an die Ukraine
13 Uhr: Hajo Funke, Politologe: AfD Parteitag in Riesa
14:30 Uhr: Moritz Brake, Experte für maritime Sicherheit: Putins Schattenflotte
Highlights der Woche
Am Dienstag reist der Kanzler nach Helsinki und nimmt am Ostsee-Gipfel der Nato-Alliierten teil.
Am Mittwoch und Donnerstag tagt der Untersuchungsausschuss zum Atom-Ausstieg. Mittwochs ab 10:30 Uhr mit Steffi Lemke, Christian Lindner und Wolfgang Schmidt und donnerstags ab 10:30 Uhr mit Robert Habeck und Olaf Scholz.
Am Mittwoch stellt Robert Habeck sein Buch Den Bach rauf im Berliner Delphi-Kino vor. Die Veranstaltung ist ausverkauft.
Am Mittwoch tagt der Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Auf dem Programm stehen Anhörungen zur Flexibilisierung von Biogasanlagen sowie zu Änderungen im Energiewirtschaftsrecht.
Am Freitag startet die Internationale Grüne Woche (IGW) in Berlin.
Von Freitag bis Sonntag findet der Bundeskongress der Jungen Liberalen in Erlangen statt.
Am Samstag ist Bundesparteitag der Linken in Berlin.
Am Sonntag verstreicht die Verkaufsfrist von TikTok. Ist die Video-App bis dahin nicht verkauft, droht eine Verbannung aus den amerikanischen App-Stores.
13. Januar
FDP I: Präsidiumssitzung (10 Uhr), Pressekonferenz mit Marco Buschmann (10:30 Uhr) und Sitzung des Bundesvorstands mit Verabschiedung des erweiterten Wahlprogramms. Hans-Dietrich-Genscher-Haus, 10:30 Uhr
FDP II: Christian Lindner setzt seine Wahlkampftour im Kunstsaal Lüneburg (10:30 Uhr), auf dem Bremer Marktplatz (13:30 Uhr) und der Weser-Ems-Halle in Oldenburg (16:30 Uhr) fort.
SPD I: Klara Geywitz besichtigt das kommunale Wohnungsprojekt Lechfeldwiesen V in Kaufering (17:30 Uhr) und diskutiert am runden Tisch der Kletterei die Situation des Baugewerbes vor Ort (18:15 Uhr).
SPD II: Olaf Scholz startet seine Wahlkampftour mit einer Kundgebung im Lokschuppen Bielefeld (11 Uhr). Anschließend nimmt er an Bürgergesprächen in Lünen (16:30 Uhr) und Münster (19 Uhr) teil.
Verteidigung I: Boris Pistorius übergibt dem ukrainischen Botschafter Oleksii Makeiev die erste Radhaubitze RCH 155. Fertigungshallen der KNDS Deutschland in Kassel, 10:30 Uhr
Verteidigung II: Fünfertreffen der europäischen Verteidigungsminister der Länder Großbritannien, Frankreich, Italien, Polen und Deutschland. Mit Boris Pistorius. Helenów (Polen), 14:45 Uhr
CDU: CDA-Betriebsrätekonferenz mit Friedrich Merz und dem CDA-Bundesvorsitzendem Dennis Radtke. Jahrhunderthalle Bochum, 16 Uhr
Start-Ups: Pitch Night der Digital Hub Initiative. Mit Robert Habeck. Kulturzentrum Tollhaus Karlsruhe, 18 Uhr.
Bundestagswahl: Der Herder-Verlag veröffentlicht das neue Portrait von Volker Resing über Friedrich Merz: Friedrich Merz – Sein Weg zu Macht
Bernhard Herrmann, MdB (Grüne), 59
Volkmar Klein, MdB (CDU), 65
Armin Willingmann, Wissenschaftsminister von Sachsen-Anhalt (SPD), 61
Unser Tipp führt Sie heute in den Schwarzwald. Im Zentrum des elften Teils der Krimi-Reihe rund um Privatermittler Georg Dengler steht die Energiewende. Es geht um ein Familien-Grundstück am Feldberg, den Widerstand gegen ein Windrad – und einen Mord. Ein spannendes Buch über ein aktuell heftig aufgeladenes Thema. Zu den Romanen gibt es auch eine Serie im ZDF. Okan Bellikli
Wolfgang Schorlau: Black Forest | Kiepenheuer & Witsch
Das war’s für heute. Good night and good luck!
Heute haben Okan Bellikli, Manuel Berkel, Stefan Braun, Damir Fras, Julian Heißler, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Angela Köckritz, Carli Bess Kutschera, Daniel Schmidthäussler, Leonard Schulz, Sven Siebert und Maximilian Stascheit mitgewirkt.
Der Berlin.Table ist das Late-Night-Briefing für die Table.Media-Community. Wenn Ihnen der Berlin.Table gefällt, empfehlen Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich kostenlos anmelden.