wir begrüßen Sie herzlich. Diese Informationen bieten wir Ihnen heute Abend:
Talk of the Town: Wahlrecht für Auslandsdeutsche – “Die Ausübung ist faktisch unmöglich”
TV-Auftritte im Wahlkampf: Grüne kritisieren Reduktion auf ein Duell; Weidel droht mit Klage
Wahlprogramme I: Wie Friedrich Merz seine Ideen finanzieren will
Wahlprogramme II: Viel Beratungsbedarf bei der FDP
DB Cargo: Vorstandsvorsitzende Nikutta sieht letzte Chance für Umbau
Berichtspflichten: Bundesregierung will Entlastung für Unternehmen
Schwarz-gelbe Allianz in NRW: CDU und FDP gründen Enquete-Kommission
Grüne Sicherheitspolitik: Verteidigungsausgaben nach unten abgesichert
Streit beim BSW: Welcher Hamburger Landesverband ist der echte?
Table.Today Podcast: Johannes Ebert + Jutta Falke-Ischinger
Table.Documents: Gesetzentwürfe von SPD und Grünen + Analyse des IW Köln zu den Wahlprogrammen + KAS-Studie zu KI und Wahlen
Heads: Martin Dulig + Christoph M. Schmidt
Best of Table: Design und Kreislaufwirtschaft + Parteien und China
Must-Reads: Scholz will Trump treffen + Ukraine tötet russischen General + LinkedIn wird gewöhnlich
Nachttisch: “Tolstois Bart und Tschechows Schuhe” – Buch von Wladimir Kaminer
Wahlrecht für Auslandsdeutsche: “Die Ausübung ist faktisch unmöglich”
Von Horand Knaup und Leonard Schulz
Gut 60 Tage vor der Bundestagswahl sieht es für das Wahlrecht von 3,4 Millionen Deutschen schlecht aus. Es sind die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die im Ausland leben (davon rund 800.000 im grenznahen Ausland und 1,1 Millionen in den USA). Erst Ende Januar beginnt der Druck und Versand der Wahlbenachrichtigungen, wie die Bundeswahlleiterin gerade noch einmal bestätigte. Erst dann gehen die Wahlscheine auf die Reise – für diejenigen, die sich haben registrieren lassen und Briefwahlunterlagen beantragt haben. Damit ist es schon jetzt extrem unwahrscheinlich, dass diese Post zunächst rechtzeitig im australischen Darwin, im chilenischen Valparaíso oder im ostkongolesischen Goma ankommt und der Wahlbrief dann auch noch zeitgerecht den Weg wieder zurückfindet.
Im Normalfall werden die Wahlkreis- und Landeslisten 52 Tage vor dem Wahltag zugelassen. Um mehr Zeit für die Aufstellung der Kandidaten und Kandidatinnen zu ermöglichen, wurde die Frist für die Wahl 2025 auf 24 Tage verkürzt. Das geht aus dem Verordnungsentwurf des BMI hervor. Damit wäre der Stichtag der 30. Januar 2025 – erst dann beginnt der Versand der Unterlagen. Einzelne Botschaften, so ist von Auslandsdeutschen zu hören, bieten Wählern nun an, ihren Wahlbrief in Botschaft oder Konsulat zu hinterlegen, um ihn dann mit der regelmäßigen Diplomatenpost mitzugeben. Wo das nicht der Fall ist, bleiben nur privat zu berappende teure Kurierdienste, um eine einigermaßen verlässliche Stimmabgabe zu garantieren.
Für Auslandsdeutsche ist das Wählen seit langem eine mühevolle Sache – und das ist auch schon längst bekannt. Auch die Wahlrechtskommission des Bundestages, die sich der Verkleinerung des Parlaments gewidmet hatte, konstatierte in ihrem Abschlussbericht im Mai 2023 in aller Deutlichkeit, dass “die wirksame Ausübung des Wahlrechts durch im Ausland lebende Deutsche trotz sofortiger Antragstellung vielfach faktisch unmöglich ist”. Doch zu mehr als einem Prüfauftrag an den Bundestag konnte sie sich nicht durchringen. Die mühevolle Stimmabgabe dürfte gleichwohl ein Hauptgrund dafür sein, dass sich von den Auslandsdeutschen 2021 nur rund 130.000 ins Wahlregister eintragen ließen. Wie viele von ihnen dann tatsächlich – rechtzeitig – ihre Stimme abgaben, ist unbekannt.
Bisher gab es keine Lobby, die sich für eine Lösung des Problems engagiert hätte. Allmählich jedoch dämmert insbesondere den Juristen unter den Bundestagsabgeordneten, dass Handlungsbedarf besteht. “Das war bisher eher was für juristische Feinschmecker”, sagt Johannes Fechner, Justiziar der SPD-Bundestagsfraktion. Auch weil es kaum Beschwerden gab – nicht aus dem Ausland und aus dem Inland sowieso nicht. Fechner sagt nun: “Das muss einfacher werden. Es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen da ran.”
Der Grünen-Abgeordnete Till Steffen, auch er Jurist, hat die Schuldigen schon ausgemacht. Es sei “bedauerlich, dass eine substanzielle Erleichterung der Wahlteilnahme von Auslandsdeutschen bislang am Widerstand des Bundesinnenministeriums gescheitert ist”, sagte er dem Spiegel. Steffen sieht Bedarf für zügiges Handeln und hat auch schon konkrete Vorschläge: “In der nächsten Legislaturperiode müssen wir die Abläufe dringend digitalisieren und die deutschen Auslandsvertretungen als Wahlämter und Wahllokale einsetzen.”
Das Problem daran: Nicht alle Auslandsdeutschen leben in den Hauptstädten, viele haben deshalb weite Wege in die Botschaft oder ins nächste Konsulat. Und: Botschaften und Konsulate müssten für alle 299 Wahlkreise Wahlzettel vorhalten, denn zuständig ist immer der Wahlkreis, in dem der Antragsteller zuletzt in Deutschland gewohnt hat. Für diesen Wahlkreis zählt dann auch die Erststimme. Aber das gilt nur für solche, die aktiv einen Antrag gestellt haben. Die übrigen gut 3,2 Millionen Deutschen werden von der Bundeswahlleiterin und ihrer Statistik nicht einmal als Wahlberechtigte ausgewiesen.
Translation missing.TV-Auftritte im Wahlkampf: Grüne kritisieren Reduktion auf ein Duell; Weidel droht mit Klage. Die Entscheidung von ARD und ZDF, in der heißen Phase des Wahlkampfs nur ein TV-Duell zwischen Kanzler Olaf Scholz und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zu organisieren, ist bei den Grünen auf massive Kritik gestoßen. Ihr Wahlkampfchef Andreas Audretsch sagte Table.Briefings: “Mit der Ankündigung eines Duells rund zwei Monate vor dem Wahltermin greifen ARD und ZDF in den Wahlkampf ein.” Dieser sei sehr kurz und sehr offen, zugleich seien die aktuellen Umfragen für Robert Habeck so gut, dass jetzt niemand voraussagen könne, wie das Ergebnis am Wahltag aussehen werde. Aus diesem Grund spiegele die Entscheidung der Öffentlich-Rechtlichen nicht die Umfragen wider und nehme durch die Ausgrenzung ungerechtfertigterweise Einfluss auf die Wahlchancen.
Die AfD prüft eine Klage. Die Partei will dagegen vorgehen, dass Alice Weidel nicht an den TV-Duellen mit Scholz und Merz teilnehmen darf. “Die AfD prüft, ob das Vorgehen des ÖRR rechtssicher ist”, sagte ihr Sprecher Daniel Tapp Table.Briefings. Nach Auffassung der AfD hätten ARD und ZDF “Kreativität bewiesen”. Noch bei der Wahl 2021 seien Umfragewerte für die Teilnahme entscheidend gewesen. Jetzt aber gehe man davon ab.
Weidel bezeichnete die Duelle als “Farce”. Die AfD sei in Umfragen Zweitplatzierte und werde trotzdem ausgeschlossen. ARD und ZDF hatten angekündigt, neben dem Duell Scholz gegen Merz auch Habeck und Weidel zu einem Duell einzuladen. Habeck aber lehnt das ab. Weidel kritisierte das und erklärte ironisch, sie freue sich darauf, sich “endlich mal mit so einem kompetenten Wirtschaftspolitiker wie Roland (sic!) Habeck zu unterhalten”.
Hintergrund der Entscheidung der beiden Sender ist, dass Scholz ein Duell zur Bedingung für seine Teilnahme gemacht hat. Allerdings hatte ausgerechnet der Kanzler im Jahr 2021 davon profitiert, dass sich beide Sender darauf geeinigt hatten, nicht nur die beiden stärksten Kandidaten, damals Armin Laschet und Annalena Baerbock, einzuladen, sondern zugunsten von Scholz ein Triell zu organisieren – allerdings hatte es damals keinen Kandidaten gegeben, der aus dem Amt heraus antrat. Neben dem umstrittenen Duell soll es dieses Mal in der heißen Phase des Wahlkampfs Mitte Februar auch bei den privaten TV-Stationen Duelle geben. Außerdem haben ARD und ZDF jeweils größere Townhall-Auftritte geplant, bei denen Scholz, Merz, Habeck und Weidel hintereinander jeweils 30 Minuten vom Publikum befragt werden. Stefan Braun, Franziska Klemenz
Translation missing.Wahlprogramme I: Wie Friedrich Merz seine Ideen finanzieren will. Die Kritik der mangelnden Gegenfinanzierung seiner Pläne könnte für den Kanzlerkandidaten noch zum Problem werden. Deshalb bemühte sich Merz bei der offiziellen Präsentation des Wahlprogramms, dem Vorwurf seine eigene Kalkulation entgegenzusetzen. Merz rechnete vor, dass sowohl die Ausgaben für die Aufnahme von Flüchtlingen als auch für das Bürgergeld gut 50 Milliarden Euro betrügen. In beiden Bereichen wolle die Union gravierende Änderungen vornehmen und damit zweistellige Milliardenbeträge gewinnen. Im Fall des Bürgergelds betonte Merz, aktuell würden 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld beziehen, davon seien 1,7 Millionen arbeitsfähig. Sollte es gelingen, davon 100.000 in Beschäftigung zu bringen, würde der Staat zwischen zwei und drei Milliarden Euro einsparen. Dazu verwies Merz darauf, dass weder der Nachtragshaushalt 2024 noch der Haushalt 2025 beschlossen seien; in beiden Fällen wäre aus seiner Sicht eine Neuverschuldung von rund 50 Milliarden möglich, auch ohne Änderung der Schuldenbremse. Dass dieses Geld von Finanzminister Jörg Kukies bereits verwendet wird, ließ Merz beiseite.
Eine Warnung gab der CDU-Chef Richtung Grüne ab. Er halte zwar grundsätzlich an seiner Überzeugung fest, dass nach der Wahl alle Parteien der politischen Mitte miteinander sprechen und im Zweifel auch kooperieren können müssten. Aber mit Blick auf grüne Pläne für eine Milliardärssteuer sagte der Kanzlerkandidat: “Wenn die Grünen noch weiter nach links gehen, müssen sie sich gut überlegen, mit wem sie das umsetzen wollen – mit uns wird das jedenfalls nicht gehen.” Sie setzten auf mehr Schulden und mehr Subventionen. Wenn das die grüne Politik sei, “dann entfernen sich die Grünen von jeder Kooperationsmöglichkeit”. CSU-Chef Markus Söder ergänzte, die Grünen würden ihre aus seiner Sicht falsche Politik fortsetzen. “Sie machen die gleiche Heizungspolitik, die gleiche Wirtschaftspolitik, die gleiche Genderpolitik.” Zu Merz und seinem Kurs sagte Söder: “Das ist nicht mehr die Groko-CDU; es ist eine andere CDU.”
Intern gab es Debatten über “Bett, Brot und Seife“. In der Sitzung von Präsidium und Vorstand hatten mehrere Mitglieder, darunter CDU-Vize Karin Prien, Niedersachsens Landeschef Sebastian Lechner und die baden-württembergische MIT-Chefin Ruth Baumann, Bedenken gegen die Formulierung angemeldet, dass ausreisepflichtige Asylbewerber nur noch “Bett, Brot und Seife” bekommen sollen. Diese Rhetorik verwende sonst nur die AfD, hieß es. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und Merz hielten dagegen. Sie verwiesen auf die bisherige Rechtsprechung, die diesen Terminus ebenfalls verwende. Der Satz blieb im Programm.
Eine Debatte gab es auch über die Kernkraft, deren Wiederbetrieb als Option geprüft werden soll. Viele Vorstandsmitglieder halten dies angesichts des Widerstands in der Gesellschaft, aber auch der Skepsis der Energiekonzerne, für unnötig. CDU-Vize Andreas Jung hatte sich gegen die Prüfung ausgesprochen, doch am Ende blieb auch der Satz im Programm. Neu sind konkrete Umbaumaßmahmen in der Regierung, sollte die Union die Wahlen gewinnen. In CDU-Kreisen hieß es, man diskutiere darüber, Bauen und Verkehr zusammenzulegen und daneben ein eigenes Digitalministerium zu schaffen. Auch soll im Kanzleramt ein Staatssekretär für Sport und Ehrenamt berufen werden – das gibt es bisher nur in NRW. Stefan Braun, Michael Bröcker
Wahlprogramme II: Viel Beratungsbedarf bei der FDP. Marco Buschmann hatte bei der Pressekonferenz am Dienstagmorgen nur eine Nachricht zu verkünden: Christian Lindner wurde vom Bundesvorstand einstimmig zum Spitzenkandidaten gewählt. Fragen zum Wahlprogramm konnte der Generalsekretär noch nicht beantworten. Denn in der Vorstandssitzung lag ein großer Stapel von Änderungsanträgen zu dem erst am Montagabend verschickten Entwurf auf den Tischen, deren Abarbeitung mehrere Stunden andauerte. So geeint die Partei hinter ihrem Spitzenkandidaten steht – was Inhalte angeht, sind die Liberalen weiter diskussionslustig. Die Fraktionssitzung am Nachmittag wurde deshalb zunächst von 15 auf 16.30 Uhr verschoben, doch auch da saßen zahlreiche Mitglieder des Bundesvorstands noch im Hans-Dietrich-Genscher-Haus. Eine fertige Fassung mit den eingearbeiteten Änderungsanträgen lag bis zum Redaktionsschluss dieses Briefings nicht vor. Die inhaltliche Detailarbeit wird zudem noch weitergehen: Mitte Januar soll ein erweitertes Wahlprogramm mit Vertiefungen zu einzelnen Fachthemen verabschiedet werden. Dafür hatte die Zeit noch nicht gereicht. Maximilian Stascheit
DB Cargo: Vorstandsvorsitzende Nikutta sieht letzte Chance für Umbau. DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta schwört ihr Unternehmen auf härtere Zeiten ein. “Wir müssen jetzt einfach grundlegend reagieren”, sagte sie in einem Interview mit Table.Briefings, “es ist die letzte Chance”. 5.000 Stellen müssten bis 2029 entfallen, sagte Nikutta. Die EU-Kommission habe die Bahn-Tochter verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren schwarze Zahlen zu schreiben. Zuletzt betrug das Defizit 500 Millionen Euro. Künftig soll das Unternehmen in sieben weitgehend selbständigen Geschäftseinheiten operieren. Der Personalabbau werde aber “in hohem Maße sozialverträglich” erfolgen. Nikutta kritisierte erneut die aus ihrer Sicht hohen Trassenpreise der Bahn. Sie würden für den Güterverkehr im kommenden Jahr um 16 Prozent erhöht – “und ich erwarte im Folgejahr noch mal eine Steigerung im zweistelligen Bereich”. Die Vorstandschefin: “Ich frage mich, wie man solche Preissteigerungen im Markt weitergeben soll.”
Nikutta vermisst die politische Unterstützung für die Bahn. Laut Grundgesetz sei die Infrastruktur Aufgabe des Bundes. Diese Infrastruktur sei über die letzten Jahrzehnte “nicht gut behandelt worden, und deshalb haben wir jetzt die Störanfälligkeit und die vielen Verspätungen”. Ein weiteres Problemfeld bleibt die Kommunikation im grenzüberschreitenden Güterverkehr, der 60 Prozent des Gesamtverkehrs ausmacht. Bei der Bahn ist die Sprache intern seit langem ein hochheikles Thema: Bisher gibt es – anders als im Luftverkehr – keine Sprache für alle, um sich unter Lokführern, Leitstellen und Stellwerken zu verständigen; auch wenn im Fernverkehr Durchsagen in Englisch inzwischen an der Tagesordnung sind. Nikutta: “Ich gehe davon aus, dass wir uns auch im Güterverkehr hin zu einer gemeinsamen einfachen Sprache entwickeln.” Kurzfristig sollen Sprachtools mit digitalen Übersetzungshilfen das Dilemma beheben. Warum ausgerechnet die Bundeswehr für die Bahn ein wichtiger Akteur geworden ist, lesen Sie im Interview. Horand Knaup
Berichtspflichten: Bundesregierung will Entlastung für Unternehmen. Die Bundesregierung hat der EU-Kommission Vorschläge unterbreitet, wie die Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen abgeschwächt werden sollten. In dem Schreiben, das Table.Briefings exklusiv vorliegt, fordert sie eine Verschiebung um zwei Jahre und eine Eingrenzung des Adressatenkreises. Unterzeichnet wurde das Papier von Justizminister Volker Wissing, Finanzminister Jörg Kukies, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Arbeitsminister Hubertus Heil.
Mit dem Schreiben an Finanzkommissarin Maria Luís Albuquerque und Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis will die Bundesregierung die laufenden Arbeiten in der EU-Kommission beeinflussen. Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen hat ein sogenanntes Omnibus-Gesetz angekündigt, um die ESG-Berichtspflichten zu bündeln. Der Vorschlag ist derzeit für Ende Februar vorgesehen. Welche Auflagen die Deutschen besonders im Auge haben, lesen Sie im ESG.Table. Till Hoppe, Marc Winkelmann
Schwarz-gelbe Allianz in NRW: CDU und FDP gründen Enquete-Kommission. Am Kabinettstisch sitzt die nordrhein-westfälische CDU mit den Grünen zusammen. Ministerpräsident Hendrik Wüst gilt unionsintern auch mit Blick auf den Bund als großer Verfechter schwarz-grüner Koalitionen. Nun aber setzt seine Partei ein schwarz-gelbes Signal, das auf die Schnittmengen der Union mit den Liberalen hinweist: Die Fraktionen haben im Landtag zusammen eine Enquete-Kommission zum Thema “Künstliche Intelligenz – Für einen smarten Staat in der digitalisierten Gesellschaft” eingesetzt. Den Vorsitz teilen sich Björn Franken (CDU) und Franziska Müller-Rech (FDP). “FDP und CDU hatten dieselbe wichtige, richtige Idee: Warum also nicht Synergien bündeln und eine gemeinsame Enquetekommission ins Leben rufen?”, heißt es in einem gemeinsamen Statement. SPD und Grüne stimmten der Einrichtung der Kommission zu. Das Gremium soll Handlungsempfehlungen zu gesetzlichen Rahmenbedingungen, technischen Infrastrukturen, Weiterbildungen für Mitarbeiter des Landes und die Übertragung auf Kommunen erarbeiten. Maximilian Stascheit
Grüne Sicherheitspolitik: Verteidigungsausgaben nach unten abgesichert. Die Grünen wollen “dauerhaft deutlich mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts” in Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit investieren, wie sie am Dienstag in ihrem Wahlprogramm mitteilten. Dabei gibt sich die sicherheitspolitische Sprecherin, Sara Nanni, überrascht von der Einigkeit in ihrer Partei. “Vielleicht war es meine Rolle, dass ich der Partei erklären musste, warum wir mehr Geld für Rüstung brauchen. Aber es haben alle verstanden, dass wir mehr investieren müssen”, sagt Nanni. Mit der Formulierung sei klar geregelt, dass zwei Prozent die Untergrenze seien. Die Verteidigungsausgaben müssten sich ohnehin am Ziel der Nato orientieren, das sich stärker in Richtung drei als zwei Prozent bewege, so Nanni. Im Programm zur Bundestagswahl 2021 hatten die Grünen das Zwei-Prozent-Ziel der Nato noch abgelehnt.
Beim Wehrdienst setzen die Grünen auf einen attraktiveren freiwilligen Dienst und für den “potenziellen Verteidigungsfall” auf schnelle Rekrutierungsmechanismen und eine “neue Form der Wehrerfassung” – wenn es nach Nanni geht, nicht nur für Männer. Doch hier gebe es in der Partei noch keine klare Linie, ob man feministische Außenpolitik so auslege, dass Frauen auch erfasst würden. Welche sicherheitspolitischen Schwerpunkte die Union setzen will, lesen Sie hier und welche die SPD hier. Gabriel Bub
Streit beim BSW: Welcher Hamburger Landesverband ist der echte? Am vergangenen Sonntag haben sieben von dreißig BSW-Mitglieder in Hamburg ohne Absprache mit dem Bundesverband einen Landesverband gegründet -und einen Kandidaten für die Bundestagswahl an den Wahlleiter übermittelt, wie t-online berichtete. Der für den Tag geplante Gründungsparteitag wurde wegen einer Fehlabsprache mit den Vermietern der Location um eine Woche verschoben. Dies sei laut zwei Mitgliedern aber “rechts- und satzungswidrig” gewesen, weshalb sie den Parteitag am selben Tag an einer Ersatzräumlichkeit durchgeführt hatten. Der Bundesvorstand hält den Vorstoß der abtrünnigen Gruppe für rechtswidrig und will den verschobenen Parteitag trotzdem durchführen. Zwei der sieben Mitglieder hatten bereits die Top-Down-Strukturen der Partei kritisiert. Sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, könnte das womöglich dazu führen, dass keine der beiden Landeslisten zugelassen würde. Leonard Schulz
Bis 2035 werden in Deutschland zirka sieben Millionen Menschen in Rente gehen. Die Lücke soll unter anderem durch Fachkräfte aus dem Ausland geschlossen werden. Nur müssen die erstmal überzeugt werden, zu uns zu kommen. Die Migrations-Diskussion, ein Rechtsruck und die wirtschaftliche Schwächephase sorgen dafür, dass Deutschland nicht besonders attraktiv für Einwanderer ist. Über das Ansehen Deutschlands in der Welt haben wir mit Johannes Ebert, dem Generalsekretär des Goethe Instituts, gesprochen. Hören Sie das Gespräch ab 6 Uhr hier.
Gesetzentwürfe von SPD und Grünen: Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes, Änderung des Energiewirtschaftsrechts
Analyse des IW Köln zu den Wahlprogrammen: Was die Entlastungen von SPD und Union bedeuten
Policy Brief der Hertie School: Wieso die EU-Fiskalregeln Spielraum für eine Reform der Schuldenbremse lassen
Bilanz von Abgeordnetenwatch.de: Hat die Ampel mehr Transparenz gebracht?
Übersicht von Lobbycontrol: Forderungen an die nächste Regierungskoalition
KAS-Studie: KI und Wahlen
Martin Dulig erlebt diese Woche nach mehr als zehn Jahren wahrscheinlich seinen letzten Tag als sächsischer Wirtschaftsminister – obwohl seine Partei an der Regierung beteiligt bleibt und er erst 50 Jahre alt ist. Die SPD-Spitze habe ihm mitgeteilt, dass er nicht mehr Teil der neuen Regierung sein werde, hatte Dulig vergangene Woche auf Instagram verkündet. Auf Duligs Posten rückt der bisherige Fraktionsvorsitzende Dirk Panter. Das kommt wenig überraschend. Panter soll sich schon maßgeblich dafür eingesetzt haben, dass Dulig erst gar nicht zweiter Spitzenkandidat neben Petra Köpping wird und somit auch nicht zwingend Minister bleiben muss. Köpping, die Vize-Ministerpräsidentin werden soll, wollte nach Informationen von Table.Briefings selbst aufhören. Sie soll allerdings überzeugt worden sein, dass sie als bekanntes Gesicht entscheidend für die SPD im Wahlkampf ist. Franziska Klemenz
Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen, wird im kommenden Jahr Fellow der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Der frühere Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (“Wirtschaftsweise”) soll die Arbeit der Stiftung mit einem Blick von außen begleiten und “Impulse in Zeiten wirtschaftlicher Transformation” geben, so die KAS. Der Wirtschaftswissenschaftler Schmidt ist der fünfte Fellow der KAS. Vor ihm waren es der Digitalexperte Lars Zimmermann (2024), die Meeresbiologin Antje Boetius (2023), der Sicherheitsexperte Christoph Heusgen (2022) und der Soziologe Armin Nassehi (2021).
Teresa Anjinho wird von Februar an neue EU-Bürgerbeauftragte. Am Dienstag stimmten die Europa-Parlamentarier für die 40-jährige Juristin aus Portugal. Als Ombudsfrau ist Anjinho dafür zuständig, Beschwerden von Bürgern zu Intransparenz oder Missständen in den EU-Institutionen nachzugehen. Und: Sie kann selbst Untersuchungen initiieren. Die Fußstapfen sind groß. Ihre Vorgängerin, die Irin Emily O’Reilly, hat hartnäckig mehr Transparenz eingefordert. Mehr lesen Sie im Europe.Table.
Translation missing.ESG.Table: Warum Design für die Kreislaufwirtschaft zentral ist. 80 Prozent der Umweltfolgen eines Produkts werden bereits in seinem Entwurf festgelegt. Was Hersteller ändern sollten, um von der Materialauswahl bis zur Entsorgung nachhaltig zu sein, lesen Sie hier.
China.Table: Experten loben grüne Angebote für China-Politik. Nach Bekanntmachung der Wahlprogramme von SPD, Grünen und CDU/CSU loben China-Experten die Grünen für ihre klaren Worte in Richtung Peking. Das zeigt eine Abfrage von Table.Briefings. Die Vorschläge der Union rufen gemischte Reaktionen hervor. Weshalb der SPD vorgeworfen wird, China durch eine rosarote Brille zu sehen, lesen Sie hier.
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Tagesspiegel: Scholz will Trump vor der Bundestagswahl treffen. Dafür bleibt nur ein kurzes Zeitfenster nach dessen Vereidigung am 20. Januar und vor dem Wahltermin am 23. Februar. Olaf Scholz hatte bereits in dem Telefonat am 11. November mit Donald Trump den Wunsch nach einem Besuch “sehr bald nach Amtsantritt” geäußert. Zur Inauguration sind üblicherweise keine Regierungschefs geladen, so auch Scholz nicht. Trump hatte indes überraschend Xi Jinping eingeladen. (“Scholz möchte Trump noch vor der Neuwahl besuchen”)
FAZ: Ukraine tötet russischen General. Der ukrainische Geheimdienst SBU habe sich zur Tötung des russischen Generals Igor Kirillow in Moskau bekannt. Kurz davor hatte der Dienst Kirillow als Kriegsverbrecher bezeichnet, der den Einsatz von Chemiewaffen gegen ukrainische Soldaten befohlen habe. Das könnte aber nicht der einzige Grund für den Anschlag auf ihn gewesen sein, zitiert Friedrich Schmidt aus dem russischen Telegram-Kanal Rybar. Die Tötung zeige, dass die Ukraine trotz russischer ‘Erfolge’ im Krieg “immer die Möglichkeit behält, schmerzhaft zuzustechen”. (“Kiews Bombe in Moskau”)
SZ: Politik und persönliche Attacken. Zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz werde das Politische schnell sehr persönlich, analysiert Daniel Brössler. Das sei zwar im Wahlkampf nicht anders zu erwarten, doch den aktuellen Zweikampf zeichne “eine hässliche Note” aus. Das habe Methode, vor allem bei Scholz, der Merz’ Empfindlichkeit “als nützlichen Schwachpunkt des CDU-Chefs identifiziert” habe. Zwar riskiere Scholz damit, einen Teil der Wähler zu verprellen, doch könne er offenkundig damit leben. (“Das Duell der Beleidigungen”)
Nicht überlesen!
SZ: LinkedIn wird gewöhnlich. Das Portal geriere sich als gesittetes Netzwerk für den Beruf, schreibt Max Muth. Dabei sei es inzwischen eine gewöhnliche Plattform wie etwa Facebook. Weil es nicht mehr nur um berufliche Angelegenheiten gehe, sondern zunehmend um politische und gesellschaftliche Themen, sei der Ton rauer geworden. Das Problem dabei: Für etwa sieben Millionen aktive Nutzer in Deutschland gebe es nur 22 deutschsprachige Moderatoren, die auf die Inhalte schauen. LinkedIn setze stattdessen auf KI. “Klar, dass da einiges an Kontext und Nuancen übersehen werden kann”, so der Autor. (“Linkedin ist für Normalnutzer die gefährlichste Plattform”)
FAZ: Narzisstische Chefs können ihren Teams schaden. Zwar haben sie weniger Angst, schwierige Entscheidungen zu treffen und sind charmant und mitreißend. Doch für die Mitarbeitenden sind sie oft ein Problem. Denn die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter leidet. Diese brächten oft keine eigenen Ideen mehr ein und kündigten früher. Sogar Ratingagenturen bewerteten Firmen mit narzisstischen CEOs schlechter, schreibt Felicitas Witte. (“Wie ein narzisstischer Führungsstil dem Team schadet”)
SZ: Tödlicher Anschlag auf General in Moskau
FAZ: Union verspricht “Law and Order” in der Migrationspolitik
Tagesspiegel: Russischer Top-General getötet – Ukraine soll verantwortlich sein
Handelsblatt: dm gründet Online-Apotheke
Rheinische Post: NRW startet Klinikreform zum 1. April
Zeit Online: “Fritze Merz erzählt gern Tünkram”
Spiegel: Ukrainischer Geheimdienst bekennt sich zu tödlichem Anschlag auf russischen General
Taz: Trumpismus-Influencerin für die Generation Z
Handelsblatt: Trump-Team empfiehlt radikalen Schwenk bei Elektromobilität
Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Sabine Zimmermann, BSW- Landesvorsitzende Sachsen: Ministerpräsidentenwahl
7:15 Uhr: Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion: Wahlprogramm
8:10 Uhr: Albrecht von Lucke, Publizist und Herausgeber der “Blätter”: Wahlkampfrhetorik
Das Erste
8:10 Uhr: Amira Mohamed Ali, BSW-Vorsitzende: BSW im Wahlkampf
rbb24-Inforadio
7:25 Uhr: Sabine Zimmermann, BSW-Landesvorsitzende Sachsen: Ministerpräsidentenwahl
7:45 Uhr: Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion: Wiederherstellung diplomatischer Kontakte mit Syrien
Welt TV
9 Uhr: Frank Schäffler, Obmann im U-Ausschuss Atomausstieg (FDP): Tagung des U-Ausschusses
Kabinettssitzung: Auf der Tagesordnung stehen die Entwürfe für das Suizidpräventionsgesetz, das Pflegekompetenzgesetz, die Gesetzesänderung zur Regelung des Rechts der Wohnraummiete, der Bericht der Bundesregierung zu ihrer Menschenrechtspolitik sowie die nationale Strategie zur biologischen Vielfaltsförderung. Karl Lauterbach spricht um 12:30 Uhr zu den Beschlüssen im BMG. Wichtige Personalie: Monika Schnitzer bleibt Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Wirtschaftsweise).
Westbalkan: Gipfeltreffen der EU mit Albanien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und Kosovo. Mit Olaf Scholz und Ursula von der Leyen. Weitere Informationen
Sachsen: Der Landtag in Dresden wählt einen Ministerpräsidenten. 10 Uhr
Wahlkampf I: Das BWS präsentiert ihre Kampagne für die Bundestagswahl. Mit Sahra Wagenknecht, Amira Mohamed Ali und Christian Leye. Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz, 11 Uhr
Wahlkampf II: Marco Buschmann präsentiert das Wahlprogramm der FDP für die Bundestagswahl. Hans-Dietrich-Genscher-Haus, 11:30 Uhr
Wahlkampf III: Parteitag der SPD Berlin zur Wahl der Landesliste für die Bundestagswahl. Mit Matthias Miersch, Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel. Willy-Brandt-Haus, 17 Uhr
Sicherheitspolitik: Karl Jüsten, Anne Gidion und Max Markus Mutschler ziehen Bilanz zur Rüstungsexportpolitik der Ampelregierung. Bundespressekonferenz, 10:30 Uhr
Regierungsbefragung: Boris Pistorius und Klara Geywitz stellen sich den Fragen der Abgeordneten. 13 Uhr. Livestream
Neuwahl: Nach der Vertrauensfrage empfängt Frank-Walter Steinmeier die Fraktionsvorsitzenden der Grünen (9.30 Uhr) und FDP (10:45 Uhr) zum Gespräch im Schloss Bellevue.
Außenpolitik: Frank-Walter Steinmeier akkreditiert Botschafter und Botschafterinnen im Schloss Bellevue. 13 Uhr
Digital-Talk der Hertie-Stiftung: Trump triumphiert, Scholz scheitert – was bedeutet das für die Zukunft der Demokratie? Mit Julia Reuschenbach und Daniel Friedrich Sturm. 12 Uhr. Weitere Informationen
Wirtschaft: Zukunftsdialog Wirtschaft der Friedrich-Naumann-Stiftung. Mit Christian Lindner. Kolpinghaus München, 16:30 Uhr.
Gordon Kricke, Botschafter in Paraguay, 62
Matthias Hauer, MdB (CDU), 47
Stefan Seidler, MdB (fraktionslos), 46
Unser Tipp führt Sie heute zu den russischen Klassikern. Der in Moskau geborene Schriftsteller Wladimir Kaminer stellt auf unterhaltsame Weise bedeutende Autoren wie Leo Tolstoi und Anton Tschechow vor. Er zeigt, wie ihre Werke die Gesellschaft geprägt haben oder von ihr beeinflusst wurden – und zieht immer wieder auch Parallelen zu seinem eigenen Leben. Ein kurzweiliges Buch, das Lust darauf macht, die Originale zu lesen. Okan Bellikli
Wladimir Kaminer: Tolstois Bart und Tschechows Schuhe | Wunderraum
Das war’s für heute. Good night and good luck!
Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Michael Bröcker, Gabriel Bub, Helene Bubrowski, Damir Fras, Till Hoppe, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Carli Bess Kutschera, Leonard Schulz, Sven Siebert, Maximilian Stascheit und Marc Winkelmann mitgewirkt.
Der Berlin.Table ist das Late-Night-Briefing für die Table.Media-Community. Wenn Ihnen der Berlin.Table gefällt, empfehlen Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich kostenlos anmelden.