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Talk of the Town: Scholz und Merz streiten über den Neuwahltermin – und die Grünen hoffen auf punktuelle Kooperationen
Wie es zum Ampel-Aus kam: Amtseide, Deutungshoheit und die Zweifel von Verfassungsrechtlern
Minderheitsregierung: Auch ohne Haushalt ist vieles möglich
Wissing: In der FDP isoliert, im Kabinett befördert
Bildungsminister: Wie Cem Özdemir in Afrika von seinem neuen Job erfuhr
Bundeswehr: Ende der Ampel stoppt auch Beschaffungen bei der Bundeswehr
Digitalpakt II: Einigung vor Neuwahlen nicht in Sicht
Nach Trumps Wahlsieg: Europa sucht nach Orientierung
Table.Documents: Lindners Abschiedsworte + Buschmanns Rücktrittserklärung + Scholz’ Kompromissvorschlag
Best of Table: Lederalternative aus Hanf + Zeitenwende auf Chinesisch + Sorge auf den Seychellen
Must-Reads: Internationale Kommentare zum Ampel-Aus
Nachttisch: “Die Welt neu beginnen” – Sachbuch von Helge Hesse
Was kommt nach dem Ampel-Crash? Scholz und Merz streiten über den Neuwahltermin – und die Grünen hoffen auf punktuelle Kooperationen
Von Stefan Braun und Michael Bröcker
Bundeskanzler Olaf Scholz stößt mit seiner Entscheidung, trotz Verlust der Mehrheit im Parlament erst in gut zwei Monaten die Vertrauensfrage zu stellen, auf massiven Widerstand. CDU-Chef Friedrich Merz forderte Scholz in einem 25-minütigen Gespräch am Donnerstagmittag dazu auf, die Vertrauensfrage vorzuziehen, doch der Kanzler hat abgelehnt. Das Gespräch soll ungemütlich gewesen sein, hieß es später in Regierungskreisen. Merz habe die Machtlosigkeit Scholz’ thematisiert (“Sie kriegen keinen Termin bei Trump”). Scholz hat an die Verantwortung der Opposition erinnert.
Merz soll am Nachmittag bei seinem Termin mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Staatsoberhaupt gebeten haben, auf Scholz einzuwirken. In der Fraktionssitzung der CDU hatte Merz am Vormittag von einem “charakterlosen” Vorgehen des Kanzlers und von “Niedertracht” gesprochen. Gemeint war laut Teilnehmern das Statement des Kanzlers zu Ex-Finanzminister Christian Lindner. Nur jene, die seine Meinung teilten, würden staatspolitische Verantwortung übernehmen, stichelte Merz. In der kommenden Woche will die Union einen Entschließungsantrag in den Bundestag einbringen, der den Regierungschef zu früheren Neuwahlen aufruft. Möglich, dass FDP-Abgeordnete mitstimmen.
Von Merz kann Scholz kein Entgegenkommen erwarten, solange er nicht selbst auf die Union zugeht. Nur wenn Scholz die Vertrauensfrage nächste Woche stellen würde, sei die Union bereit, in überragend wichtigen Fragen mögliche Gesetze mitzutragen. Dabei gelte eine klare Reihenfolge: erst die Vertrauensfrage, dann mögliche punktuelle Kooperationen. Der Kanzler will indes in den nächsten Tagen Druck auf die Opposition aufbauen, angesichts der Wirtschafts- und Ukrainekrise Entscheidungen mitzutragen, die aus seiner Sicht “keinen Aufschub” dulden. Am Mittwoch will er eine Regierungserklärung abgeben. Außerdem hält sich hartnäckig die Vermutung, dass der Regierungschef die Wochen nach der Hamburg-Wahl am 2. März erreichen möchte. In der Hoffnung, dass die SPD in seiner Heimat punktet und er so mit Rückenwind in die letzten Tage vor der Neuwahl starten könnte.
In der Wirtschaft wächst die Ungeduld. Zahlreiche Wirtschaftsverbände teilen die Auffassung, dass der Neuwahl-Termin so schnell wie möglich stattfinden sollte. Auch Grünen-Vizekanzler Robert Habeck soll sich nach Informationen aus Parteikreisen gegenüber Vertrauten von dem Scholz-Fahrplan distanziert haben. Die Frage des Termins für die Vertrauensfrage liege allein in der Hand des Kanzlers, so Habeck. Aus der Grünen-Partei ist zu hören, dass man sich auch einen früheren Termin hätte vorstellen können, man deshalb aber nicht die Koalition aufkündige. Die Grünen spüren, dass eine Verzögerung auch ihnen angelastet werden könnte. Zugleich hoffen sie auf “punktuelle Kooperationen”, zum Beispiel bei Gesetzen zur Abwehr von Cyberangriffen oder einer besseren Energiesicherheit. Habeck erklärte, vielleicht könne man ja versuchen, derartige Kooperationen nicht als Niederlage, sondern als Beitrag zum Nutzen des ganzen Landes zu begreifen.
Offen ist, ob ein viel früherer Termin (die Union spricht von Januar) organisatorisch überhaupt möglich wäre. Einerseits behaupten alle Parteien, sie stünden bereit; andererseits wissen alle Parteiführungen, dass dann zahlreiche Aufstellungsverfahren inklusive Landesparteitagen unter immensem Aufwand noch viel weiter nach vorne verschoben werden müssten. Erfahrene Campaigner gehen von rund 100 Tagen Vorlauf bis zum Wahltermin für einen halbwegs geordneten Verlauf aus. Eine Regel steht unverbrüchlich: Jede Kandidatin und jeder Kandidat muss 35 Tage vor dem Wahltag benannt sein. Das heißt, für einen Wahltermin noch im Januar müssten in allen Wahlkreisen die Kandidaten bis Weihnachten aufgestellt sein.
Frank-Walter Steinmeier entließ am Donnerstag nicht nur drei FDP-Minister. Er betonte auch, dass es in 75 Jahren nur selten Regierungen gegeben habe, die vorzeitig auseinandergebrochen seien. Er nannte das eine Krise, die überwunden werden müsse. Deutschland brauche eine stabile und handlungsfähige Regierung. Wer will, kann einen Appell zur Eile herauslesen. Allerdings betonte der Präsident auch, dass in dieser Situation alle ihrer Verantwortung gerecht werden müssten; die Betonung lag auf alle. Er stehe für die notwendigen Schritte bereit.
Dabei könnte auch bei ihm eine drohende Sperrminorität von AfD und BSW nach der nächsten Bundestagswahl eine Rolle spielen. Und zwar für alles, wofür man eine Zwei-Drittel-Mehrheit bräuchte. Sollte auch in der Union die Überzeugung wachsen, dass man angesichts von Trump, einer vielfach sanierungsdürftigen Infrastruktur und einer zunehmend heiklen Lage für die Ukraine über Änderungen bei der Schuldenbremse nachdenken müsse, könnte die Gefahr einer Sperrminorität an Brisanz gewinnen. Vielleicht sogar mit dem Potenzial, Merz und Scholz auch beim Termin zusammenrücken zu lassen. Im aktuellen Bundestag verfügen SPD, Union und Grüne zusammen mehr als 520 von 733 Sitzen – und damit über eine verfassungsändernde Mehrheit.
Um das Ampel-Aus und was daraus folgt, geht es auch im Podcast Table.Today. Dort hören Sie exklusive Auszüge von Gesprächen mit FDP-Fraktionschef Christian Dürr und Vizekanzler Robert Habeck. Sie hören ihn ab 6 Uhr hier.
Wie es zum Ampel-Aus kam: Amtseide, Deutungshoheit und die Zweifel von Verfassungsrechtlern. Nach übereinstimmender Schilderung war der letzte Koalitionsausschuss der Ampel nicht nur der kürzeste, sondern auch einer, an dem auf große Einigkeit maximaler Streit folgte. Demnach waren sich der Kanzler, der Vizekanzler und der Finanzminister zunächst bei der Beschreibung der Lage mit Trump-Wahl, Ukraine-Problemen und Wirtschaftskrise ungewöhnlich einig. Bei den Konsequenzen aber kam es zum Bruch.
Der Finanzminister schlägt bereits nach knapp 45 Minuten vor, den geordneten Rückzug anzutreten und in Würde Neuwahlen anzustreben. Das lehnt Olaf Scholz ab. Im Gegenzug fordert der Kanzler Christian Lindner dazu auf, die im Sommer als Option diskutiert 15 Milliarden zusätzliche Schulden aufzunehmen – im Rahmen eines Überschreitungsbeschlusses mit Verweis auf den Wahlsieg von Donald Trump und die Ukraine-Hilfe. Das könnte die finanziellen Probleme für den Haushalt lösen und zugleich wirtschaftspolitischen Spielraum bringen. “Können wir uns auf diesen Pfad einigen?” fragt Scholz laut Teilnehmern und verlangt eine Entscheidung noch an dem Tag. Lindner bittet um Bedenkzeit, fragt nach, was das Ultimatum bedeute. Dann ziehen sich die liberalen Minister zurück. Rund 30 Minuten wird separat beraten. Derweil berichtet zuerst die Bild von Lindners Neuwahl-Idee.
Als die Runde wieder zusammenkommt, ist die Stimmung gebrochen. Scholz ist verärgert über die Indiskretionen. Es geht hin und her. Lindner bleibt bei seinem Veto gegen die Aussetzung der Schuldenbremse. Scholz sagt schließlich: “Dann, lieber Christian, möchte ich nicht mehr, dass Du meinem Kabinett angehörst.”
Seither tobt ein Kampf um Amtseide und die Deutungshoheit. Scholz wiederholte am Donnerstag seine Kritik, Lindner habe ihn zu einem Entweder-Oder zwischen Ukrainehilfen, Infrastrukturmaßnahmen in Deutschland und sozialen Hilfen für die Schwächsten zwingen wollen. Er rückte Lindner sogar in die Nähe von politischen Brandstiftern: “Wenn man jetzt zu der Überzeugung kommt, das müssen wir einfach mal so nebenbei ausschwitzen, dann zündet man das Land an.” Lindner hielt mit seinem Amtseid dagegen. Scholz habe ihm einen Schritt aufzwingen wollen, den er nicht mehr habe verantworten können. Aus Sicht der FDP könnte der Notlagenbeschluss verfassungswidrig sein. Allerdings hatte die Koalition schon 2023 im Zuge der Haushaltseinigung genau dafür Vorbereitungen getroffen, damals hatte Lindner dies als Option zugelassen.
Nach Artikel 115 GG kann die Regierung “im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen” die Verschuldung erhöhen. Der frühere Verfassungsrechtler Udo di Fabio bezweifelt allerdings, dass der Wahlsieg von Donald Trump dies rechtfertigt. “Die Vermutung, dass Deutschland höhere Lasten bewältigen muss, ist politisch nachvollziehbar, aber deshalb ja noch nicht sicher”, sagte Di Fabio Table.Briefings. Andere Juristen halten die Kriegssituation in der Ukraine für gewichtig genug, um weiterhin mit einer Notlage zu argumentieren. Die Ampel wäre jedenfalls erneut vor dem Verfassungsgericht gelandet. Lindner wollte eine weitere Schlappe aber vermeiden.
Wie und warum dem sonst so selbstbeherrschten Olaf Scholz der Kragen platzte, lesen Sie in der Analyse. Stefan Braun, Michael Bröcker, Helene Bubrowski
Translation missing.Minderheitsregierung: Auch ohne Haushalt ist vieles möglich. Dass nach dem Bruch der Ampel-Koalition noch in diesem Jahr ein Haushalt für 2025 beschlossen wird, gilt als ausgeschlossen. Bis im Frühjahr oder Sommer nächsten Jahres eine neue Regierung im Amt ist, muss die alte darum im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung agieren. “Dadurch entsteht ökonomische Unsicherheit bei Unternehmen und Verbrauchern, die Christian Lindner zu verantworten hat”, sagte Grünen-Haushälter Sven Kindler Table.Briefings. Zugleich betont er, dass auch ohne verabschiedeten Haushalt “viel möglich” sei. Nach Artikel 111 des Grundgesetzes dürfen dabei alle Ausgaben getätigt werden, zu denen der Bund gesetzlich verpflichtet ist oder mit denen begonnene Projekte fortgesetzt werden. Doch auch darüber hinaus sind Ausgaben in erheblichem Umfang möglich, wenn in der Regierung Einigkeit besteht.
Denn in den meisten Fällen langt dafür die Zustimmung des Finanzministers – und das dürfte diesmal kein größeres Problem sein. Denn während Lindner eine weitreichende Haushaltssperre verhängte, als der Haushalt 2024 Anfang des Jahres noch nicht verabschiedet war, dürfte sein Nachfolger Jörg Kukies als enger Vertrauter von Olaf Scholz der Regierung deutlich weniger Steine in den Weg legen. In welchem Umfang der Finanzminister Ausgaben genehmigen darf, ist rechtlich nicht eindeutig geregelt; als Grundlage kann dabei der Haushalt des Vorjahres oder der Regierungsentwurf für das laufende Haushaltsjahr dienen. Schwieriger wird es, wenn darüber hinaus gegangen werden soll. Denn überplanmäßigen Ausgaben im Umfang von über 50 Millionen Euro muss laut Haushaltsgesetz 2024 (das bis zur Verabschiedung des nächsten Haushalts gilt) der Haushaltsausschuss zustimmen.
Dass der geplante Nachtragshaushalt für 2024 nicht zustande kommt, ist offenbar ebenfalls kein großes Problem. Zwar ist es eigentlich Pflicht, einen Nachtragshaushalt zu verabschieden, wenn es deutliche Veränderungen bei Ausgaben oder Einnahmen gibt, weil sonst das Prinzip der Haushaltswahrheit verletzt ist. Das Problem wird in diesem Fall aber dadurch entschärft, dass die für das neue Intel-Werk eingeplanten Milliarden zunächst nicht benötigt werden. Dadurch kann ein großer Teil des aufgelaufenen Fehlbetrags ausgeglichen werden, ohne zusätzliche Schulden aufzunehmen; das wäre im Rahmen des Nachtragshaushalts aufgrund der schlechteren Konjunktur auch ohne Aussetzung der Schuldenbremse möglich gewesen. Malte Kreutzfeldt
Translation missing.Wissing: In der FDP isoliert, im Kabinett befördert. Dass Volker Wissing als einziger FDP-Minister im Amt bleibt und aus der Partei austritt, hat am Mittwoch in der Fraktion der Liberalen viel Kritik ausgelöst, aber niemanden überrascht. In den Bundesvorstands- und Fraktionssitzungen habe er häufig gefehlt, berichten ehemalige Parteikollegen. “Er hat an den innerparteilichen Debatten zur Koalition nicht teilgenommen”, sagt ein Mitglied des Bundesvorstands. Seine einzige Meldung dazu sei der am vergangenen Wochenende in der F.A.Z. veröffentlichte Gastbeitrag gewesen, in dem er sich für den Verbleib in der Koalition aussprach. “Rückgratlos” sei das, schimpft das Vorstandsmitglied.
Sein Parteiaustritt ist das Ende einer Entfremdung. Einen Moment dafür habe es nicht gegeben; es sei ein schleichender Prozess gewesen, heißt es. Lindner hatte ihn 2020 als Nachfolger von Linda Teuteberg zum Generalsekretär gemacht; als erfolgreicher Wahlkampfmanager erwarb er sich in der Partei viel Anerkennung. Wissing war es auch, der die Partei gegen Widerstände auf den Kurs trimmte, keine Koalitionsfestlegung zu machen. Nach der Wahl führte er mit Lindner zusammen die Sondierungsgespräche; seine anschließende Ernennung zum Minister war unstrittig. Als es in der Koalition kriselte, erzählte er gern, wie geräuschlos und erfolgreich er als Vize-Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz fünf Jahre lang eine Ampel-Koalition geführt habe. Manch einer verstand das auch als Kritik an Lindners Führungskompetenz.
Das BMDV führt er jedoch weitestgehend im Alleingang. In der Führungsriege sei nur der verbeamtete Staatssekretär Hartmut Höppner in wichtige Entscheidungen eingeweiht, heißt es aus dem Haus. Wenig überraschend traten daher am Mittwochmorgen auch die Parlamentarischen Staatssekretäre Gero Hocker, Daniela Kluckert und Oliver Luksic zurück. “Wir haben nach seiner einsamen Entscheidung kein Vertrauen mehr in Volker Wissing”, erklärten sie gemeinsam. Das Vertrauen des Bundeskanzlers wiederum scheint angesichts der zusätzlichen Berufung zum Justizminister umso größer zu sein. Maximilian Stascheit
Bildungsminister: Wie Cem Özdemir in Afrika von seinem neuen Job erfuhr. Der erste Anruf von Robert Habeck bei Cem Özdemir ging am Donnerstagmorgen gegen 8:30 Uhr Ortszeit ins Leere. Özdemir konnte nicht ans Telefon, weil er Journalisten im Garten des Hotels Intercontinental Fragen im sambischen Lusaka Fragen zum Ampel-Aus beantwortete. Erst später klappte die Verbindung – und Özdemir sagte zu, neben dem Landwirtschaftsressort auch das Bildungsministerium von Bettina Stark-Watzinger zu übernehmen. Kurz danach war er in Sambia wieder als Landwirtschaftsminister gefragt. Er pflanzte eine Mahagonie auf einem Acker. Was Özdemir in seinem neuen Ministerium bewirken kann, lesen Sie im Bildung.Table. Andere Personalien aus dem BMBF finden Sie im Research.Table. Henrike Schirmacher
Bundeswehr: Ende der Ampel stoppt auch Beschaffungen bei der Bundeswehr. Ohne einen vom Parlament beschlossenen Haushalt für das kommende Jahr werden zahlreiche Beschaffungen für die Streitkräfte nicht vom Bundestag freigegeben werden können – und damit auch nicht unter Vertrag genommen. Um die Bundeswehr dennoch weiter fit zu machen für die Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung in einer kritischen weltpolitischen Lage, könnten die verbliebenen Koalitionsparteien zusammen mit der Union einen Ausweg nutzen: Das Sondervermögen für die Bundeswehr kann auch ohne gebilligten Bundeshaushalt genutzt werden – wenn sich für ein entsprechendes Gesetz eine Mehrheit findet. Mehr dazu lesen Sie im Security.Table. Thomas Wiegold
Digitalpakt II: Einigung vor Neuwahlen nicht in Sicht. Die Verhandlungen zum Digitalpakt II werden zwar formal nicht abgebrochen. Doch niemand geht mehr davon aus, dass sie bis zu Neuwahlen zu einem Ergebnis führen werden, erfuhr Table.Briefings aus Bund und Ländern. Am Donnerstag hatte es zum Digitalpakt II eine weitere Bund-Länder-Runde gegeben, diesmal allerdings nur auf Abteilungsleiterebene. Mit dem Ende der Ampel-Koalition fehle jede Grundlage für eine Einigung. Zwar könne auch eine rot-grüne Minderheitsregierung eine Bund-Länder-Vereinbarung über einen Digitalpakt II schließen. Solange diese aber nicht im Bundeshaushalt mit Geld hinterlegt ist, sei sie wertlos. Zu Beginn der Woche hatte es noch Signale einer baldigen Einigung gegeben. Mehr dazu lesen Sie im Bildung.Table. Thorsten Denkler
Nach Trumps Wahlsieg: Europa sucht nach Orientierung. Europa muss sich nach dem Comeback im Weißen Haus neu sortieren. Und ausgerechnet jetzt steht in Berlin auch noch die Regierung vor dem Ende, was Olaf Scholz davon abhielt, rechtzeitig zum Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Budapest zu reisen. 42 Staats- und Regierungschefs haben sich am Donnerstag am Rande der ungarischen Hauptstadt versammelt. Und fast jeder hatte einen Kommentar zu den Turbulenzen in Berlin: So hofft der finnische Regierungschef Petteri Orpo auf eine rasche Neuwahl in Deutschland. Ähnlich äußerte sich die dänische Amtskollegin Mette Frederiksen: Ein starkes Deutschland werde gebraucht, um ein starkes Europa aufzubauen. Hinter den Kulissen gibt es aber auch Stimmen, die dem vorzeitigen Ende der Regierung in Berlin positive Seiten abgewinnen könnten. Die Koalition sei schon seit Monaten auch in Brüssel nicht mehr handlungsfähig gewesen. Stephan Israel
Abschiedsworte von Christian Lindner an die Belegschaft des Bundesfinanzministeriums
Rücktrittserklärung von Marco Buschmann
Pressestatement von Olaf Scholz zur Entlassung von Christian Lindner
Vorschlag von Olaf Scholz für den Koalitionsausschuss: Agenda für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze
Agrifood.Table: Gesetze in Gefahr. Der Bruch der Ampel-Koalition wird auch für die Land- und Ernährungswirtschaft Folgen haben. Die Novellen des Düngegesetzes und des Bundeswaldgesetzes könnten scheitern. Was der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Albert Stegemann, dazu sagt, lesen sie hier.
ESG.Table: VW arbeitet mit Start-up an Lederalternative aus Hanfabfällen. Revoltech hat ein Imitat entwickelt, dass ökologisch und qualitativ besser ist als Angebote von anderen Start-ups. Wie Volkswagen es für seine Fahrzeuge nutzen will, lesen Sie hier.
Bildung.Table: Wünsche an konservative Führungskräfte. Diese könnten in der Bildung etwas mehr auf die Lern-Bedürfnisse von Schülern achten als nur den Status quo von Schulverwaltung und Lehrkräften zu schützen, findet unser Kolumnist Andreas Schleicher. Was der OECD-Bildungsdirektor damit meint, lesen Sie hier.
Bildung.Table: Was sich OECD-Bildungspapst Schleicher von konservativen Bildungsführern wünscht. Die könnten etwas mehr auf die Lern-Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern achten, als nur den Status quo von Schulverwaltung und Lehrkräften zu schützen, findet unser Kolumnist. Mehr dazu, lesen Sie hier.
China.Table: Zeitenwende auf Chinesisch. Schon Jahre bevor Olaf Scholz den Begriff “Zeitenwende” verwendete, sprach Peking bereits von einem ähnlichen Konzept. Was es damit auf sich hat, beleuchtet unser Autor Johnny Erling. Seine Kolumne lesen Sie hier.
China.Table: Wer kümmert sich bei Trump um China? Mike Pompeo und Robert Lighthizer haben bereits ihre Fußabdrücke in der China-Politik der USA hinterlassen. Aber im neuen Kabinett von Donald Trump könnte es auch Neuzugänge geben, die gegenüber der Volksrepublik härtere Saiten aufziehen wollen. Welche das sind, lesen Sie hier.
Africa.Table: Sorgen auf den Seychellen. Die Inseln sind vom Klimawandel bedroht, und die USA sind unter Donald Trump schon einmal aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen. Im Interview mit Table.Briefings findet der Präsident der Seychellen, Wavel Ramkalawan, klare Worte zur Wahl in den USA. Das Interview lesen Sie hier.
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Internationale Kommentare zum Ende der Ampel:
Financial Times: Seltene Entschlossenheit. Scholz habe Lindner mit einigem Recht vorgeworfen, unverantwortlich und in böser Absicht zu handeln. Der Zeitpunkt des Rauswurfs sei aber denkbar ungünstig, schreibt Ben Hall. Es sei bedauerlich, dass das mächtigste Mitglied der EU gerade dann vom Wahlkampf aufgezehrt wird, wenn Trump mit Strafzöllen, einem Entzug des US-Sicherheitsschirms und einem ungerechten Friedensabkommen für die Ukraine drohe. “Ein gespaltenes Deutschland hat viel zu verlieren.” (“The end of Germany’s dysfunctional coalition offers Europe new hope”)
Economist: Die Ampel war besser als ihr Ruf. Die Bundesregierung habe eine Energiekrise bewältigt und wichtige Sozial- und Klimareformen verabschiedet. Und obwohl einige Verbündete gehofft hatten, Scholz würde mehr tun, blieb seine Regierung ein großzügiger und standhafter Unterstützer der Ukraine. Der Streit um die Schuldenbremse habe die ideologischen Differenzen zwischen der FDP und ihren progressiven Partnern unerträglich werden lassen. “Die Ampel war das erste Opfer einer politischen Zersplitterung in Deutschland, die die Bildung kohärenter Koalitionen teuflisch schwierig macht.” (“Germany’s fractious coalition falls apart – and how!”)
Der Standard: Das Gegenteil der deutschen Tugenden. Scholz, Lindner und Habeck hätten die Misere nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse nicht mehr in den Griff bekommen, analysiert Birgit Baumann. “Ganz zum Schluss lautete die Devise nur noch: Jeder gegen jeden – und das bei schwacher deutscher Konjunktur. Es war gelegentlich zum Fürchten und genau das Gegenteil von jenen Tugenden, für die die Deutschen oft gelobt werden: Fleiß, Disziplin, Durchhaltevermögen.” (“Das Aus der deutschen Ampel: Endlich ist das Trauerspiel vorbei”)
NZZ: Ein Beamter, der sich verlaufen hat. Scholz hänge der Fehleinschätzung an, stets Kompromisse finden zu müssen, findet Marc Felix Serrao. Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Gerhard Schröder seien Staatsmänner gewesen, die sich um ihr Land verdient gemacht hätten, indem sie kompromisslos waren, als es darauf ankam. “Olaf Scholz gehört nicht in diese Reihe. Er ist ein Beamter, der sich ins Kanzleramt verlaufen hat. Gut, dass er bald gehen muss.” (“Ein guter Tag für Deutschland: Das Elend der ,Ampel’ ist endlich zu Ende”)
SZ: Wie es nach dem Bruch weitergeht
FAZ: Merz verlangt sofortige Neuwahlen
Tagesspiegel: Das Beben
Handelsblatt: Machtbeben
Sächsische Zeitung: Sachsens nächster Brückenschock
Zeit Online: Lindner strebt nach Neuwahl Rückkehr ins Bundesfinanzministerium an
Spiegel: Scholz entlässt Finanzminister Lindner
Taz: Die Wahrheit – Lindners Plan
Handelsblatt: Lindner dankt seinem Ministerium mit einem “auf Wiedersehen!”
NZZ: Juristische Drohungen gegen Die Welt: wie Ditib Kritiker mundtot machen will
Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Gyde Jensen, MdB (FDP): Zukunft der FDP
7:15 Uhr: Friedrich Merz, CDU-Partei- und Fraktionschef: Ampel-Aus
7:25 Uhr: Rolf Mützenich, SPD-Fraktionsvorsitzender: Ampel-Aus
8:10 Uhr: Erich Vad, Brigadegeneral a. D. der Bundeswehr: strategische Neuaufstellung der Bundeswehr
Das Erste
5:40 Uhr/6:35 Uhr/7:35 Uhr: Stefan Marschall, Professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: Ampel-Aus
7:05 Uhr: Saskia Esken, SPD-Parteivorsitzende: Ampel-Aus
8:05 Uhr: Mathias Middelberg, stellvertretender CDU-, CSU-Fraktionsvorsitzender: Ampel-Aus
rbb24-Inforadio
6:45 Uhr: Wolfgang Ischinger, ehemaliger Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz: Ampel-Aus/Wiederwahl von Donald Trump
7:05 Uhr: Mario Czaja, MdB (CDU): Ampel-Aus
9:05 Uhr: Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln: Wirtschaftspolitik in bewegten Zeiten
Welt TV
8:30 Uhr: Oliver Luksic, MdB (FDP): Ampel-Aus/Wissing verlässt die FDP
9 Uhr: Klaus Ernst, MdB (BSW): Ampel-Aus
9:30 Uhr: Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen: Ampel-Aus
10 Uhr: Gitta Connemann, MdB (CDU): Ampel-Aus
8. November
Zivilschutz: Parlamentarisches Frühstück zur Menschenrechtslage und Sicherheit im Nahen Osten in Kooperation mit der Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB), der Axel Springer Freedom Foundation und dem Verein Frauen für Freiheit. Paul-Löbe-Haus, 8 Uhr
MPK: Ministerpräsidentenkonferenz-Ost unter dem Vorsitz von Sachsen-Anhalt. Mit Hubertus Heil und Carsten Schneider. Landesvertretung Sachsen-Anhalt Berlin, 10 Uhr
EU: Informelle Tagung des Europäischen Rates in Budapest. Mit Olaf Scholz und Ursula von der Leyen
Kultur: Eröffnung der Ausstellung im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart: Der Westen musste nicht im Osten ankommen! Mit Carsten Schneider. 14 Uhr. Weitere Informationen
Arbeitsrecht: Internationale Konferenz der Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales: Gemeinsam gegen Arbeitsausbeutung – Gute Arbeit in Europa stärken. Tagungswerk Berlin. Weitere Informationen
Wissenschaft I: Falling Walls Science Summit in Berlin. Weitere Informationen
Wissenschaft II: Diskussionsrunde zur transatlantischen Wissenschaftskooperation nach der US-Wahl: Navigating Transatlantic Science Relations: Opportunities and Challenges after the US Elections. Falling Walls Science House, 15 Uhr. Weitere Informationen
9. November
EU: Robert Habeck hält die Neuhardenberger Rede zum Thema Liberale Demokratien unter Druck – Plädoyer für ein starkes Europa, gefolgt von einem Gespräch mit Theo Koll. Schinkel Kirche Neuhardenberg, 15 Uhr. Weitere Informationen
Wissenschaft: Abschluss der Konferenz Falling Walls Science Summit in Berlin. Weitere Informationen
Mauerfall: Zentrale Gedenkveranstaltung anlässlich des 35. Jahrestag in der Gedenkstätte Berliner Mauer. Mit Frank-Walter Steinmeier. Bernauer Straße, 10 Uhr. Weitere Informationen
10. November
Wahlkampf: Dialogveranstaltung der SPD in Mainz. Mit Saskia Esken, Lars Klingbeil, Matthias Miersch, Katarina Barley und Klara Geywitz. Kurfürstliches Schloss, 13 Uhr
Antisemitismus: Gedenkstunde der Stadt Frankfurt zur Pogromnacht 1938 in der Westend-Synagoge. Mit Nancy Faeser. 18:30 Uh
8. November
Thomas Popp, Staatssekretär für Digitale Verwaltung in Sachsen, 63
9. November
Daniel Krull, Botschafter in Ghana, 63
10. November
Philipp Amthor, MdB (CDU), 32
Unser Tipp führt Sie heute in ein neues Zeitalter. Nach dem Unabhängigkeitskrieg in den USA und der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts war die Welt eine andere. Wie berühmte Persönlichkeiten – von George Washington bis Johann Wolfgang von Goethe – diese von der Aufklärung geprägte Epoche erlebten, ist Thema dieses schön erzählten Sachbuchs. Okan Bellikli
Helge Hesse: Die Welt neu beginnen | Reclam
Das war’s für heute. Good night and good luck!
Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Michael Bröcker, Helene Bubrowski, Thorsten Denkler, Damir Fras, Stephan Israel, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Carli Bess Kutschera, Sven Siebert, Henrike Schirmacher, Maximilian Stascheit und Thomas Wiegold mitgewirkt.
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