Table.Briefing: Berlin

Berlin.Table-Spezial zur US-Wahl

Berlin.Table-Spezial zur US-Wahl

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir begrüßen Sie herzlich zu einer Spezialausgabe des Berlin.Table.

Sieger Donald Trump: Nächster US-Präsident verspricht Amerikanern ein goldenes Zeitalter   

Die Ergebnisse: Electoral College, Bundesstaaten, Kongress 

Folgen für Deutschland: Table.Briefings-Diskussion mit Liminski, Gönner, Schularick, Link und Ratzmann 

Modi, Selenskyj, Erdoğan und Co: Stellungnahmen weltweit in den sozialen Medien  

Bertelsmann-Expertin Daniela Schwarzer: Europa muss sich mit Trump arrangieren 

Blick in die US-Medien: Wer im Kabinett sein könnte + Was Trump für die Welt bedeutet + Die Motive der Wähler 

Sieger Donald Trump: Nächster US-Präsident verspricht Amerikanern ein goldenes Zeitalter   

Von Tim Gabel, Washington 

Endzeitstimmung bei den Demokraten in Washington D.C., Jubel bei den Republikanern in Palm Beach: Um 2.30 Uhr Ostküstenzeit (8.30 Uhr deutsche Zeit) trat Wahlsieger Donald Trump in seinem Heimatstaat Florida vor seine Anhänger. Der Republikaner erklärte sich im Kreis seiner Familie und Unterstützer zum Wahlsieger, nachdem CNN den entscheidenden Swing State Pennsylvania dem Trump-Lager zugeschrieben hatte. Auch Trumps Haussender Fox News hatte ihn da bereits zum Wahlsieger erklärt. 

Trump bedankte sich bei seinen Unterstützern und geizte wie im Wahlkampf nicht mit Superlativen. “Es ist ein politischer Sieg, wie ihn unser Land noch nie erlebt hat”, so Trump. Die Maga-Bewegung und ihr Comeback in diesem Wahlkampf sei “die großartigste politische Bewegung aller Zeiten”. Trump wiederholte einige seiner politischen Versprechen wie die Abschiebung von illegalen Einwanderern, die radikale Sicherung der Grenzen und die Stärkung der US-Wirtschaft. Er versprach ein “goldenes Zeitalter” Amerikas und bedankte sich in besonderer Weise bei seinem running mate J.D. Vance und beim Tech-Milliardär Elon Musk. Ihn bezeichnete er als “Super-Genius”, das es zu schützen gelte. Was er damit meinte, ließ Trump aber offen. 

Der Republikaner schlug aber anders als bei seinen zuletzt immer aggressiveren Wahlkampfreden auch versöhnliche Töne an. “Es ist Zeit, das Land zu einen”, sagte der 47. Präsident der USA. Er bedankte sich ausdrücklich bei Minderheiten wie Latinos, Afroamerikanern und Asiaten für ihre Wählerstimmen. Er werde ein Präsident sein, der Kriege beenden werde. “Gott hat mein Leben aus einem Grund verschont, weil ich unser Land wiederherstellen soll”, sagte Trump mit Verweis auf das Attentat, das im Wahlkampf auf ihn verübt worden war.  

Dramatisch anders war die Lage bei den Demokraten. Bereits vor Mitternacht Ostküstenzeit, als der US-Sender CNN zunächst den ersten Battleground State North Carolina und etwas später auch den Swing-State Georgia der Trump-Kampagne zuschlug, verließen zahlreiche Anhänger der amtierenden Vizepräsidentin Kamala Harris enttäuscht deren Wahlparty an der Howard-University in Washington DC. Die Demokratin ließ dort von einem Sprecher erklären, dass Sie sich in dieser Nacht nicht mehr zum Wahlausgang äußern werde. Sie wolle erst am Morgen vor ihren Anhängern und der Nation sprechen, sagte dieser. 

Die Republikaner haben gute Chancen, auch die Mehrheit im Senat und Repräsentantenhaus zu gewinnen. Das wird Trifecta genannt. Kommt es so, könnte Donald Trump durchregieren. 

Folgen für Deutschland: Table.Briefings-Diskussion mit Liminski, Gönner, Schularick, Link und Ratzmann. Über die Konsequenzen der Wahl für Deutschland und Europa diskutierten die Table.Briefings-Chefredakteure Michael Bröcker und Helene Bubrowski am Morgen mit Gästen aus Politik und Wirtschaft bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem German Marshall Fund in der NRW-Landesvertretung. NRW-Europaminister Nathanael Liminski kritisierte den Bundeskanzler für seine Pro-Harris-Äußerungen im Vorfeld der Wahl. “Das Cheerleading für Kamala Harris und diese Igitt-Rhetorik für Trump wird sich jetzt rächen”, so der CDU-Politiker. Man müsse schnell Gesprächsfäden zur Trump-Administration aufbauen “ohne Trump in den Arsch zu kriechen”.  

Erste Analyse der US-Wahl am Morgen in der NRW-Landesvertretung 

Michael Link, Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, widersprach dem Vorwurf, die Ampel habe sich nicht auf eine weitere Präsidentschaft von Donald Trump vorbereitet. In allen Ressorts habe es Taskforces gegeben, die im Vorfeld Analysen erarbeitet haben. “Ich persönlich habe in den letzten zwei Jahren sehr intensiv Republikaner abgeklappert”, erklärte der FDP-Politiker. Allerdings seien nicht alle von ihnen für die Bundesregierung ansprechbar gewesen, darunter auch der wahrscheinlich künftige Vizepräsident J.D. Vance. Dennoch gebe es gute Kontakte in Trumps Umfeld. 

Die deutsche Wirtschaft blickt mit großer Sorge auf Trumps Agenda. Sein protektionistischer Ansatz sei “dramatisch für die Weltwirtschaft”, sagte Volker Ratzmann von der DHL-Group. Umso wichtiger sei es, Europa zu einem starken und konkurrenzfähigen Wirtschaftsstandort zu machen. “Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit so aufstellen, dass die USA uns als kraftvollen Partner wahrnehmen”, sagte Daniel Andrich, Geschäftsführer der American Chamber of Commerce Germany. “Wir werden selber einfach groß werden müssen”, erklärte auch Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des BDI.  

Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel, machte der deutschen Politik schwere Vorwürfe. “Vielleicht müssen wir dem Kanzleramt einfach mal die Schlaftabletten wegnehmen”, so der Volkswirt. “Wir sind handelspolitisch total erpressbar.” Dass Deutschland nicht zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Verteidigungshaushalt investiert habe, könne nun schwerwiegende Folgen haben. Auch Schularick bezeichnete Trumps Agenda als “totales Himmelfahrtskommando”. Mit Blick auf Trumps Pläne in der Migrationspolitik prognostizierte er auch einen “Schock” für die amerikanische Wirtschaft. “Das sind echte Deportationspläne”, so Schularick.  

Inwiefern das Wahlergebnis die Entscheidung der FDP über den Verbleib in der Koalition beeinflusst, ließ Link offen. “Die Wahl von Donald Trump erhöht nochmal ganz eindeutig den Druck, dass die wirtschaftspolitischen Hausaufgaben gemacht werden.” CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter forderte die Liberalen zum Austritt aus der Koalition auf: “Wenn die FDP nicht den Mut hat, die Koalition zu verlassen, dann haben wir Stillstand. Und das können wir uns nicht leisten.” Maximilian Stascheit 


Modi, Selenskyj, Erdoğan und Co: Reaktionen in den sozialen Medien. Weltweit reagieren Politiker und bekannte Persönlichkeiten auf die Wahl Trumps zum neuen US-Präsidenten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron unterstrich seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit; Wolodymyr Selenskyj zeigte sich zuversichtlich über die ukrainisch-amerikanische Partnerschaft und bezeichnete den Wahlsieg als “beeindruckend”. Auch das türkische Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdoğan gratulierte seinem “Freund Donald Trump”. Er glaube, dass mehr Anstrengungen für eine gerechtere Welt unternommen werden. Was Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Friedrich Merz, Robert Habeck und Christian Lindner geschrieben haben, lesen Sie hier.  Josephin Hartwig, Leonard Schulz


Bertelsmann-Expertin: Europa muss sich mit Trump arrangieren. Das schreibt die Geopolitik-Expertin Daniela Schwarzer in einem Gastbeitrag für Table.Briefings. Russland vertiefe seine Beziehungen zu Staaten wie Nordkorea, China oder den anderen Brics-Staaten. “Vor dem Hintergrund der machtpolitischen Verschiebungen (…) ist es im höchsten Interesse der europäischen Staaten, ihr Verhältnis zu den USA zu pflegen – egal, wer in das Weiße Haus einzieht”, so die Vorständin der Bertelsmann-Stiftung. Die Europäer seien nun gefordert, einen größeren Beitrag zur Nato leisten und die sicherheitspolitischen Prioritäten der USA unterstützen, die weiter nach Asien rücken würden. Den Standpunkt lesen Sie hier. Till Hoppe 

Blick in die US-Medien

NYT: Symbolische Niederlage in North Carolina. Der Bundesstaat habe als “nationaler Stimmungsring und Spiegel” für alle Dynamiken des Wahlkampfes fungiert, schreibt Frank Bruni. Die Demokraten hatten große Hoffnungen in ihn gesetzt, obwohl er mehr zu den Republikanern neigende ländliche Regionen habe als die anderen Swing States. Zwar verlor der skandalgeplagte republikanische Kandidat das Rennen um das Gouverneursamt, aber Kamala Harris eben die Hauptabstimmung. (“North Carolina Breaks Democrats’ Hearts”

AP: Die Motive der Wähler. Wirtschaft (rund 40 Prozent) und Einwanderung (20 Prozent) waren für die meisten Menschen die entscheidenden Themen. Für zwei Drittel der Wähler von Kamala Harris war es die Zukunft der Demokratie. Bei je circa der Hälfte der Wähler von Donald Trump waren es hohe Preise und die Lage an der Grenze zu Mexiko. (“Harris voters motivated by democracy, Trump supporters by inflation and immigration”

Vox: Was Trump für die Welt bedeutet. Donald Trump will erneut aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen – Biden war wieder eingestiegen – und erwägt neue Zölle auf ausländische Waren. Zudem könnte er die Kooperation der USA mit den UN einschränken. Aus der Nato könnte er nicht einfach raus: Der Kongress verabschiedete kürzlich ein Gesetz, wonach der Präsident das nicht allein entscheiden kann. (“How a second Trump presidency could reshape the world”

Forbes: Wer in Trumps Kabinett sein könnte. Als gesetzt für einen Ministerposten gilt Robert F. Kennedy Jr., Neffe von John F. Kennedy. Der Impfskeptiker werde dabei helfen, “to make America healthy again”, sagte Donald Trump bei seiner Siegesrede. Chancen eingeräumt werden auch Elon Musk und Richard Grenell, Ex-Botschafter in Deutschland. (“Everything We Know About Trump’s Potential Cabinet If Elected”

Politico: Volksentscheide zu Abtreibung und Wahlen. In mehr als 40 Staaten standen rund 150 Sachfragen zur Entscheidung. Mehrere Staaten haben, angetrieben von Republikanern, entschieden, die US-Staatsbürgerschaft explizit zur Voraussetzung für Wahlen zu machen – obwohl Ausländer schon heute nicht wählen dürfen. Andere Staaten stimmten wiederum für die Einführung eines Rechts auf Abtreibung. (“Key ballot measures”

Morgenaufmacher der US-Medien

NYT: Trump Storms Back – Stunning Return to Power after Dark and Defiant Campaign 

Washington Post: Trump Triumphs 

WSJ: Donald Trump is elected 47th president of the United States  

Fox News: Donald Trump defeats Kamala HarrisTrump will be the first president to serve two nonconsecutive terms since Grover Cleveland in 1892 

USA Today: Republicans win Senate control. What that means 
 

Time.Table

Nachwahl-Analysen von US-Universitäten auf Zoom 

Alle Angaben in deutscher Zeit 

Rutgers University: The Morning After – Presidential Election Analysis. Heute um 16:30 Uhr. Anmeldung 

University of Virgina: Election 2024 – Post-Election Analysis. Donnerstag um 15:30 Uhr. Anmeldung 

John Hopkins University: Insights & Impacts – Post-Election Debrief. Donnerstag um 18 Uhr. Livestream 

University of Michigan: Post-Election Analysis. Freitag um 17:30 Uhr. Anmeldung 


Der Berlin.Table erscheint wieder regulär heute Abend.

Am US-Spezial haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Damir Fras, Tim Gabel, Josephin Hartwig, Till Hoppe, Leonard Schulz und Maximilian Stascheit mitgewirkt. 

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