herzlich willkommen beim Late.Night.Briefing. Wir begrüßen Sie heute mit einem Ereignis in eigener Sache: Table.Briefings hat zum Sommerfest geladen – und erfreulicherweise sind viele gekommen: aus den Fraktionen, den Parteien, den Landesvertretungen – und aus dem Kabinett. Für einen kurzen Augenblick gibt es Erfrischung, Sommerluft, leichtere Gespräche, bevor sich die Ampel-Spitzen wieder in die Haushaltsverhandlungen stürzen – und die Opposition der Frage nachgehen muss, ob und wie sie das alles in den kommenden Jahren besser machen könnte.
Momente des Abends:
E-Fahrrad, Helm, Sonnenbrille: Der SPD-Fraktionschef war erstmal gar nicht so recht erkennbar. Rolf Mützenich schaute zwischen Fraktionsveranstaltung und Gewerkschaftsrat vorbei. Und trotz seiner Sorgen um die SPD, den Kanzler und den Haushalt war er bei uns ein bisschen optimistischer als in den letzten Tagen.
Freundlich und ausgesprochen gut gelaunt sprach Tanja Gönner, die BDI-Hauptgeschäftsführerin, an diesem Abend nicht über mangelndes Wachstum und Exportsorgen. Mit spitzbübischer Begeisterung erzählte sie vom VfB Stuttgart, dem Glück einer tollen Saison, den jüngsten Transfers, dem Ringen um Spieler, die man schon hat oder unbedingt holen möchte. Seit März ist sie Vorsitzende des Aufsichtsrats beim VfB – und es macht ihr offenkundig Spaß.
Von weiter weg kam Jörg Dittrich. Der Handwerkspräsident düste nach einem langem Tag von Schwerin nach Berlin, um seinen letzten Abend vor dem Urlaub zu dem zu nutzen, was – wie er selbst sagt – hier am besten gelingt: in entspannter Atmosphäre auch ernsthafte Probleme wälzen. Und lösen.
Christian Lindner kam als einer der Ersten aus dem Kabinett und gab sich beim Blick auf die Haushaltsverhandlungen ein ganz klein bisschen optimistisch. “Wir sind auf einem guten Weg, aber das Ziel ist noch nicht erreicht.” Das Land brauche eine Wirtschaftswende, aber auch klare Entscheidungen, was künftig nicht mehr finanziert werden soll. Auf die Frage, ob er auch eine zentrale FDP-Position in den Verhandlungen räumen könne, sagte Lindner: “Nein!” Die Verfassung bleibe der Maßstab.
Herzlich und zugleich voller Last ob des komplizierten Regierens erzählte Britta Haßelmann von den Mühen des Alltags. Nicht nur der Haushalt ist für die grüne Fraktionschefin eine große Baustelle. Die Stimmungslage insgesamt macht ihr Sorgen. Und die Art, wie auf die vielen jüngeren Abgeordneten in ihrer Fraktion Druck ausgeübt wird. So habe eine bekannte Umwelt-NGO vor der Abstimmung zum Klimaschutzgesetz auf Flugblättern nicht nur zum Nein aufgerufen, sondern noch hinterhergeschickt, dass man sich ihr Verhalten für die nächste Listenaufstellung genau ansehen werde. Drohungen, die eigentlich nur ganz andere politische Kräfte einsetzen.
Ein bisschen stolz ob seines ersten Table-Erlebnisses zeigte sich Steffen Kampeter, der in einem Interview mit Table.Briefings erklärt hatte, dass Deutschland “mehr Bock auf Arbeit” brauche. Manche hätten es absichtlich missverstanden als Kritik an vermeintlich faulen Menschen. Tatsächlich ging und geht es ihm darum, dass Arbeit wieder Freude machen sollte, wenn man möchte, dass die Wirtschaft wieder boomt.
Ricarda Lang, die Grünen-Chefin, gab sich mit Blick aufs aktuelle Ringen um den Haushalt eher optimistisch. Man wolle den Klimaschutz verteidigen, zugleich müsse jeder über seinen Schatten springen, wenn es was werden sollte. Ein Ziel aber bleibt: “Wir müssen Investitionen, die über Jahre gestockt haben, endlich umsetzen.” Als Instrument dafür nannte Lang die bundeseigene Gesellschaft Bima für öffentliches Bauen oder die Deutsche Bahn, die jeweils schuldenbremsen-konform Geld auf dem Kreditmarkt aufnehmen könnten.
Wer bei den Grünen im kommenden Jahr Kanzlerkandidat wird, war ein Tuschel-Thema des Abends. Jürgen Trittin, die Ikone der linken Grünen, war sich jedenfalls sicher. “Der Robert wird’s. Na klar!”
Angemeldet hatte sie sich, doch dann flog Bettina Stark-Watzinger am Abend nach Israel. Auch ohne ihre Anwesenheit war die Forschungsministerin ein Thema beim Sommerfest. Heiß debattiert wurde die Frage: Wer könnte die Nachfolge der geschassten Staatssekretärin Sabine Döring antreten? Wer sollte diesen Job noch haben wollen, nachdem schon drei Sekretäre im BMBF geflogen oder geflüchtet sind?
Außerdem unter anderem dabei: Thorsten Alsleben, Dorothee Bär, Ralph Brinkhaus, Katharina Dröge, Thorsten Frei, Michael Frieser, Tanja Gönner, Michael Grosse-Brömer, Nils Gründer, Thomas Heilmann, Ansgar Heveling, Andreas Krautscheid, Günther Krings, Katja Mast, Jan Metzlar, Max Müller, Tim Oliver Müller, Hildegard Müller, Simone Pott, Eva Quadbeck, Heidi Reichinnek, Gordon Repinski, Paul Ronzheimer, Nadine Schön und Lothar Wieler.
Darüber hinaus liefern wir auch heute ein volles Programm und freuen uns, dass Sie bei uns sind.
Talk of the Town: Neuer Nato-Generalsekretär – Was Mark Rutte für Berlin und die Allianz bedeutet
Mehr Sicherheit fürs Parlament: Was die Sicherheitsbeauftragten von den Bas-Plänen halten
Fördergeldaffäre: Stark-Watzinger kann Zweifler nicht umstimmen
Staatsbürgerschaftsrecht: Schneller zum deutschen Pass
Bezahlbares Wohnen: Warum sich die Verlängerung der Mietpreisbremse verzögert
Pflegereform: Expertenkommission nennt vier Modelle
AfD in Europa: Schlechte Aussichten für Souveränisten-Fraktion
Digitalisierungspolitik: Fachleute empfehlen Entpolitisierung von Projekten
China-Russland-Beziehung: Thinktanks warnen vor Bedrohung
Table.Today Podcast: Mona Neubaur über das Erfolgsgeheimnis von Schwarz-Grün in NRW
Table.Documents: Gutachten zum Schutz des Bundestags + Bericht zu Auslandseinsätzen + BMJ-Entwurf zur Mietpreisbremse
Heads: Romeo Franz verlässt das Europaparlament
Best of Table: Die wichtigsten Thinktank-Mitarbeiter der Klima-Szene + Antisemitismus an Unis + Rückkehr des Range Extenders
Must-Reads: Ärger über Wissing + Streichpläne der Bahn + Klima-Klagen
Nachttisch: Doku über die AfD im Spreewald: “Plötzlich Volkspartei”
Neuer Nato-Generalsekretär: Was Mark Rutte für Berlin und die Allianz bedeutet
Von Damir Fras und Stephan Israel
Auch wenn sie sonst viel streiten, in einem Punkt waren sich Kanzler und Oppositionsführer am Mittwoch einig: Mark Rutte werde ein ausgezeichneter Nato-Generalsekretär sein, sagten Olaf Scholz und Friedrich Merz fast wortgleich im Bundestag. Der Gleichklang von Kanzler und Oppositionsführer ist Beleg dafür, für wie bedeutsam sie in Zeiten des Ukraine-Kriegs die Verteidigungsallianz erachten. “Unser gemeinsames Bündnis war selten so wichtig wie heute”, so Scholz auf X. Ruttes sicherheitspolitischer Sachverstand und sein diplomatisches Geschick seien an der Spitze der Nato genau an der richtigen Stelle.
Die Bundesregierung dürfte gut mit dem amtierenden niederländischen Ministerpräsidenten leben können. Scholz kennt Rutte, der am 1. Oktober offiziell sein Amt antreten wird, von zahlreichen EU-Gipfeln. Er ist eher Transatlantiker als Macron-Europäer und hat sich, obwohl er wie Emmanuel Macron der liberalen Parteienfamilie angehört, den Rufen des französischen Präsidenten nach einer strategischen Autonomie Europas nicht vollmundig angeschlossen. “Mark ist ein echter Transatlantiker, eine starke Führungspersönlichkeit und ein Mann, der Konsens schafft”, sagte Noch-Generalsekretär Jens Stoltenberg über seinen designierten Nachfolger nach dessen formeller Ernennung durch die Botschafter der 32 Nato-Staaten.
Es könnte allerdings passieren, dass Rutte schon bald mehr als gedacht auf Berlin angewiesen sein wird. Denn möglicherweise wird bei seinem Amtsantritt bereits der rechtsextreme Rassemblement National von Marine Le Pen in Frankreich die Regierung stellen. Kurz danach könnte in den USA Donald Trump sein Comeback feiern. Das wäre eine schwere Prüfung für die Allianz.
Sein Interesse für Sicherheitspolitik hat Rutte erst spät entdeckt. Kritiker werfen ihm vor, in seiner Amtszeit die Streitkräfte der Niederlande kaputt gespart zu haben, die über keine eigenen Panzereinheiten mehr verfügen.
Nach der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 beschloss die Nato zwar das Zwei-Prozent-Ziel. Doch Ruttes Koalition hat die Vorgabe erst in diesem Jahr erfüllt. Bei der Unterstützung der Ukraine hat sich Rutte zuletzt als Teil einer Koalition profiliert, die Kiew F16-Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen wird. Da soll der Niederländer sich allerdings schon dafür entschieden haben, sich um den Nato-Chefposten zu bewerben.
Mehr Schutz fürs Parlament: Sicherheitsbeauftragte reagieren vorsichtig auf Bas-Pläne. Die Hoffnung von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, ihre Pläne zur verstärkten Sicherheit des Bundestags und seiner Infrastruktur schnell umzusetzen, hat am Mittwoch einen Dämpfer erhalten. Obwohl sich außer dem Vertreter der AfD alle Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen bei einem Treffen grundsätzlich aufgeschlossen zeigten, deuteten alle zugleich an, die Vorschläge zunächst ausführlich zu prüfen. Ob Union oder Ampel-Vertreter – sie alle wollen zunächst mit ihren Innenexperten und mit den Fraktionen sprechen. Der Grund: Es gehe um wichtige verfassungsrechtliche Fragen, hieß es unisono.
Bas will den Schutz des Parlaments vor verfassungsfeindlichen Aktionen und möglicher Spionage erhöhen. Im Kern möchte sie die Sicherheitsüberprüfungen ausdehnen und die Sanktionen verschärfen. So soll Mitarbeitern, die bei der Zuverlässigkeitsprüfung durch die Polizei durchfallen, nicht nur der Zugang zu den Gebäuden, sondern auch der Zugriff auf die IT-Infrastruktur untersagt werden. Außerdem strebt die Präsidentin an, dass bei Sicherheitsüberprüfungen von Mitarbeitern, die Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen bekommen können, auch der Verfassungsschutz offiziell angefragt und dessen Informationen genutzt werden dürfen. Bislang ist das nicht möglich. Bas möchte über ein neues Bundestagspolizeigesetz dafür die rechtliche Grundlage schaffen.
Zuvor hatte ein Gutachter die Pläne der Präsidentin gestützt. Der Bonner Verfassungsrechtler Klaus Ferdinand Gärditz kommt zu dem Schluss, dass den Plänen trotz der außerordentlich starken Position der Abgeordneten durch die ihnen grundgesetzlich garantierte Freiheit des Mandats nichts im Wege steht. Gärditz unterstützt ausdrücklich die Schaffung eines Bundestagspolizeigesetzes und fordert einen besseren Austausch mit dem Verfassungsschutz. Gerade letzteres betrachten viele Sicherheitsbeauftragte der Fraktionen nach wie vor mit Skepsis. Das ganze Gutachten finden Sie in den Table.Documents. Stefan Braun
Fördergeldaffäre: Stark-Watzinger kann Zweifler nicht umstimmen. Nach wie vor ist nicht bewiesen, dass die Ministerin von den umstrittenen Prüfaufträgen in ihrem Haus wusste. Bei den Befragungen von Bettina Stark-Watzinger in Ausschuss und Parlament ließ sie dennoch viele Fragen offen. Neben der mittlerweile entlassenen Staatssekretärin Sabine Döring gab es weitere Personen, auch Abteilungsleiter, die sich im BMBF an der Überprüfung offensichtlich missliebiger Wissenschaftler beteiligten. “Es ist unglaubwürdig, dass die Ministerin nichts davon erfahren haben will”, sagte die Linken-Politikerin Nicole Gohlke im Ausschuss. Welchen Fragen sich Stark-Watzinger stellen musste, lesen Sie im Research.Table. Markus Weisskopf
Translation missing.Neues Staatsbürgerschaftsrecht: Kommunen erwarten Ansturm. Nach 20-jährigem Ringen tritt am Donnerstag das neue Staatsbürgerschaftsrecht in Kraft. “Deutschland ist damit endlich auf der Höhe der Zeit als modernes Einwanderungsland”, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, Table.Briefings. Das Gesetz erlaubt den Zugang zum deutschen Pass bereits nach fünf (statt bisher acht) Jahren Aufenthalt in Deutschland. Weitere Voraussetzungen, die teilweise aber eher vage formuliert sind: den eigenen Lebensunterhalt sichern können, ein Bekenntnis zum Grundgesetz, einwandfreies Führungszeugnis und rudimentäre Sprachkenntnisse (B1). “Mit dem neuen Gesetz schaffen wir auch weitere Anreize zur Integration: Schneller Deutsch lernen, mit einem Job finanziell auf eigenen Beinen stehen, sich einbringen”, so Alabali-Radovan.
Außerdem erlaubt das neue Recht doppelte Staatsbürgerschaften. “Wir gehen von einer hohen Nachfrage aus”, sagt Hakan Demir, SPD-Berichterstatter beim Staatsbürgerschaftsrecht. In Deutschland lebten fünf Millionen Menschen mit ausländischen Pässen, die seit mehr als zehn Jahren im Land seien. Doch klar ist auch: Es wird erst einmal ruckeln. Die ohnehin stark belasteten und unterbesetzten Einbürgerungsbehörden der Kommunen werden der Nachfrage zu Beginn nicht gewachsen sein. “Die hohe Zahl von Neuanträgen wird die Verfahren zunächst verlangsamen, statt sie zu beschleunigen”, zitiert die FAZ den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. Helene Bubrowski, Horand Knaup
Bezahlbares Wohnen: Verlängerung der Mietpreisbremse verzögert sich. Nachdem sich die Ampel-Koalition im April auf eine Verlängerung geeinigt hatte, ist das Vorhaben noch immer nicht in der Ressortabstimmung. Nach Informationen von Table.Briefings befindet sich ein vom BMJ im Mai vorgelegter Entwurf seit Wochen in der Frühkoordinierung im Kanzleramt. Dort überlegt man, ihn zurück ans Ministerium zu geben, weil die Vorschläge als unzureichend gesehen werden. Die Alternative wäre, auf Verbesserungen im Rahmen der Ressortabstimmung zu setzen. Das geplante Gesetz gibt Ländern das Recht, per Verordnung festzulegen, wo die Mietpreisbremse gilt. Sie ist ohnehin umstritten, weil sie etwa nicht für Neubauwohnungen gilt, die erstmals nach dem 1. Oktober 2014 vermietet wurden.
Eine Verlängerung bis Ende 2029 ist Teil des Koalitionsvertrags. Der Entwurf sieht aber den 31. Dezember 2028 als Enddatum vor. Eine Abschwächung im Vergleich zur bisherigen Gesetzeslage wäre zudem die Größe des Gebiets, das als “angespannter Wohnungsmarkt” deklariert werden darf. Das BMJ sieht vor, dass es in Stadtstaaten die Größe eines Bezirks künftig nicht mehr überschreiten darf. Das heißt, für jeden Bezirk müsste eine separate Feststellung erfolgen. Aus Sicht von Mieterschützern würde das zu mehr Aufwand führen. In Berlin gilt die Einstufung bisher für die ganze Stadt. Die Verzögerung auf Bundesebene hat auch Auswirkungen auf die Länder: Für einen nahtlosen Übergang etwa in der Hauptstadt hätte die Mietpreisbremse spätestens Ende Mai verlängert werden müssen. Sie gilt dort derzeit noch bis Mai 2025. Okan Bellikli
Pflegereform: Expertenkommission nennt vier Modelle. Das Bundeskabinett will am kommenden Mittwoch ihren Bericht zur “zukunftssicheren Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung” verabschieden. Im Koalitionsvertrag hatten sich die Ampel-Parteien auf die Einsetzung einer Expertenkommission verständigt, die Vorschläge für eine paritätisch finanzierte Pflegevollversicherung als Ergänzung zur sozialen Pflegeversicherung erarbeiten sollte.
In dem Bericht, der Table.Briefings vorliegt, spielt die Kommission nun vier Szenarien durch, ohne eine konkrete Empfehlung abzugeben. Zwei Szenarien befassen sich mit einer Weiterentwicklung des aktuellen Teilleistungssystems mit ergänzender privater Vorsorge, die anderen beiden mit der Einführung eines Vollversicherungssystems und verschiedenen Finanzierungsmodellen. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) begrüßt die Vorschläge der Regierung. “Wie man es dreht und wendet: Wir müssen mehr finanzielle Vorsorge aufbauen und kapitalgedeckte Reserven bilden, um das umlagefinanzierte System zu stützen”, sagte PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther Table.Briefings. Maximilian Stascheit
AfD in Europa: Schlechte Aussichten für Souveränisten-Fraktion. Die Chancen stehen schlecht, dass es bei dem für Donnerstag angesetzten Treffen zur Gründung einer Souveränisten-Fraktion aus AfD und europäischen Splitterparteien kommt. Das erfuhr Table.Briefings aus höheren Parteikreisen. Für eine solche Fraktion sind sieben Parteien nötig; genau diese Zahl ist dem Vernehmen nach erreicht. Allerdings sind darunter Parteien, die entscheidenden Teilen der AfD zu radikal sind: Bei der rumänischen S.O.S. wurde wiederholt der Holocaust geleugnet. Der Chef der polnischen Konfederacja nannte ein Polen ohne Juden und Homosexuelle als Ziel seiner Partei. Ohne Zugehörigkeit zu einer Fraktion drohen der AfD finanzielle Verluste in Millionenhöhe. Manche hoffen weiterhin auf eine Einigung mit Marine le Pen, die zur Rückkehr in die ID-Fraktion führt. Maximilian Krah dürfte weiterer Bedeutungsverlust bevorstehen, käme die neue Fraktion nicht zusammen. Franziska Klemenz
Digitalisierungspolitik: Fachleute empfehlen Entpolitisierung von Projekten. Der entscheidende Hebel für eine bessere Umsetzung von Digitalvorhaben ist die digitale Transformation der Ministerialverwaltung: Zu diesem Schluss kommt ein neues Papier des Thinktanks Agora Digitale Transformation. Diese Transformation brauche als Querschnittsthema die Kooperation vieler Ressorts – dem stehe bisher eine “starke Versäulung” der Ministerialverwaltung entgegen. Die Fachleute fordern, Entscheidungen über technische Fragen so weit wie möglich zu entpolitisieren und der Fachebene der Häuser zu überlassen. Das Papier basiert auf einer Studie, für die Vertreter von Regierung, Parlament, Behörden und bundeseigenen Unternehmen interviewt wurden. Okan Bellikli
China-Russland-Beziehung: Thinktanks warnen vor Bedrohung. China hat sich durch seine Beziehung zu Russland zu einer Sicherheitsbedrohung für Europa entwickelt, die Brüssel nicht unterschätzen sollte. Das ist die Kernaussage eines aktuellen Berichts des Thinktanks Merics, der US-Stiftung German Marshall Fund und der Denkfabrik Chatham House. Die anhaltende Unterstützung für Russland im Krieg müsse die Einschätzung zu China ändern und über die bisherige Vorstellung als Partner, Konkurrent und systemischen Rivalen hinausgehen. Was die Beziehung zwischen Moskau und Peking stärkt, was sie schwächt und welche Konsequenzen Brüssel laut Experten ziehen sollte, lesen Sie im China.Table. Amelie Richter
Mona Neubaur verrät im Podcast, warum Schwarz-Grün in NRW so geräuschlos zusammenarbeitet: “Unser Geheimrezept ist, dass wir die gemeinsame Zeit nutzen, konstruktiv Lösungen zu erarbeiten.” Intern gehe es manchmal hoch her. “Aber das klären wir intern.” Den Bürgerinnen und Bürgern mute man diesen Diskussionsprozess nicht zu. Sie warb für das Bündnis: “Wir gehen stellvertretend für eine Gesellschaft in Konfliktpunkte rein, die bisher nicht geklärt und gelöst waren, um Lösungen anzubieten.” Nach den schlechten Wahlergebnissen für die Grünen bei der Europawahl ermuntert sie ihre Partei, das Vertrauen der Gesellschaftsmitte zurückzugewinnen. Neubaur würdigte den Einsatz von Robert Habeck als “Brückenbauer”, der zuhöre und ernstnehme. Das Gespräch hören Sie ab 6 Uhr hier.
Rechtsgutachten zum Schutz des Bundestags vor verfassungsfeindlichen Einflüssen und Aktionen
Zusammenfassung des Berichts der Bundesregierung zu einer Evaluierung der laufenden, mandatierten Auslandseinsätze der Bundeswehr
Entwurf eines Berichts der Expertenkommission Pflege der Bundesregierung zur zukunftssicheren Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung
Referentenentwurf des BMJ zur Verlängerung der Mietpreisbremse
Papier von Agora Digitale Transformation: Digitale Transformation der Bundesministerien: Sechs Lösungen für die Ministerialverwaltung
Studie von Agora Digitale Transformation: Anspruchssenkung, Verinselung und Gremienvervielfältigung als Lösung von Ministerien bei ressortübergreifenden Digitalisierungsvorhaben
Romeo Franz: Der Grünen-Politiker war der erste und einzige deutsche Sinto im Europaparlament. Nun scheidet er aus. Auf die vergangenen fünf Jahre in der Europapolitik blickt er kritisch zurück. (Europe.Table)
Top of the Table: Die Entscheider-Listen. Wer sind die entscheidenden Köpfe der Klima-Szene? Der Climate.Table stellt die zehn wichtigsten Mitarbeiter der Thinktanks vor.
Research.Table: Antisemitismus an Unis. An Hochschulen sind antisemitische Anfeindungen besonders häufig geworden. Im Forschungsausschuss des Bundestages haben Politiker mit Experten beraten, was zu tun ist. Die wichtigsten Erkenntnisse lesen Sie hier.
Climate.Table: Sind Fruchtgummis klimaneutral? Am Donnerstag verkündet der Bundesgerichtshof sein Urteil zur Frage, ob die “Grün-Ohr-Hasen” klimaneutral sind, so wie Katjes sie bewarb. Warum das Label gleichwohl immer weiter an Relevanz einbüßt, lesen Sie hier.
China.Table: Der Range Extender kehrt zurück. Auf Chinas E-Automarkt erlebt eine in Europa totgesagte Technologie eine Renaissance: Der Range Extender, ein kleiner Motor mit Generator, lädt den Akku eines Elektroautos nach. Was das für Europa bedeutet, lesen Sie hier.
Lernen Sie alle Table.Briefings in voller Länge kostenlos kennen: 4 Wochen, ohne automatische Verlängerung, ohne Zahldaten – und informiert wie die Topentscheider.
Handelsblatt: Wissing verärgert Kabinettskollegen. Der Digitalminister hat auf seiner China-Reise eine Absichtserklärung unterzeichnet, die deutschen Unternehmen den Transfer von Daten nach China erleichtern soll. Annalena Baerbock, Robert Habeck und Nancy Faeser seien darüber irritiert gewesen und werfen Wissing einen Alleingang vor. Das Verkehrsministerium bestreitet die Darstellung, dass es im Vorfeld kaum Abstimmung gegeben. (“Digitalminister verhandelt allein mit China”)
Tagesspiegel: Reform des Ehegattensplittings stockt. Im Koalitionsvertrag haben sich die Ampel-Parteien vorgenommen, die Steuerklassen III und V in das Fakorverfahren zu überführen. Ein Sprecher des Finanzministeriums erklärte, dass die regierungsinternen Beratungen noch nicht abgeschlossen seien. Eine vollständige Abschaffung des Ehegattensplittings schloss er aus. (“Es geht damit nicht voran”)
Spiegel: Bahn will Fernzüge streichen. Besonders betroffen sind Orte in Sachsen, Thüringen sowie Mecklenburg-Vorpommern. Das geht aus einem Schreiben der Bahn an die Bundesnetzagentur hervor. Grund für die Streichung sind wohl höhere Trassenpreise, die für die Benutzung dieser Strecken fällig werden. (“Bahn plant offenbar, Fernzüge zu streichen – besonders im Osten”)
Wirtschaftswoche: Klima-Klagen gegen Deutschland. Ein Bündnis aus Umweltverbänden und Einzelklägern will Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz einreichen. Ein Vorwurf: Die Grundrechte junger Menschen würden eingeschränkt. Noch hat Frank-Walter Steinmeier die umstrittene Novelle von Mai, die das Gesetz aufweichen würde, nicht unterzeichnet. (“Diese Klimaklagen sollte die Bundesregierung ernst nehmen”)
Taz: Prekäre Lage in der Paketbranche. Eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass Angestellte in der Paketdienst-Branche die reguläre Arbeitszeit oft deutlich überschreiten, da das geforderte Pensum sonst nicht zu leisten sei. Ein Grund: Die Mitarbeiter sind in Subunternehmen angestellt. Als einzige Lösung sehen die Autoren die komplette Abschaffung von Subunternehmen an. (“Paketdienst-Studie für Verbot von Subunternehmen”)
FAZ: Scholz spricht von Erschütterung des Vertrauens
Tagesspiegel: Wegen Geldmangels: Deutsche Bahn stellt Verbindungen in ostdeutsche Städte in Frage
Handelsblatt: VW ordnet Software neu
Sächsische Zeitung: Starker Anstieg in Sachsen bei Anträgen auf Einbürgerung
Zeit Online: Wo umziehen unmöglich ist
Spiegel: Julian Assange ist frei
Welt: Grüne stürzen auf schlechtesten Wert seit sechs Jahren
Handelsblatt: Chaos an der Strombörse – bis zu 2000 Euro pro Megawattstunde
Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Joachim Paul, Heinrich-Böll-Stiftung Nairobi: Proteste in Kenia
7:15 Uhr: Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister (Grüne): Bauerntag
8:10 Uhr: René Repasi, MdEP (SPD): EU-Gipfel
ZDF
7:05 Uhr: Sven Hüber, stellvertretender GdP-Vorsitzender: Kabinettsbeschluss zu Abschiebungen
8:05 Uhr: Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister (SPD): Krankenhausreform
phoenix
8:45 Uhr: Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion und Ates Gürpinar, Geschäftsführer der Linken: Krankenhausreform
rbb24-Inforadio
7:05 Uhr: Alexander Tönnies, Landrat Oberhavel: Regionalplan für Windkraft OPR und OHV
7:45 Uhr: René Repasi, MdEP (SPD): EU-Gipfel
27. Juni
Europa: Olaf Scholz nimmt am EU-Gipfel in Brüssel teil. Dort fällt die Entscheidung über das künftige Führungspersonal der EU.
Requiem: Trauerfeier für Klaus Töpfer in der Kirche St. Sebastian in Berlin. Friedrich Merz, Angela Merkel, Robert Habeck und Steffi Lemke wollen teilnehmen. 7:30 Uhr
Wissenschaft: Feier zum 75-jährigen Jubiläum des ifo Instituts an der LMU München. Mit Christian Lindner und Wirtschaftsweisin Monika Schnitzer. 13:45 Uhr, Livestream
Nahost: Israel Survey 2024 zu den Positionen von Abgeordneten zur Nahostpolitik. Mit Shlomo Shpiro (Bar-Ilan-Universität), Philip Krämer (Grüne) und Daniela Ludwig (CSU). 13 Uhr, Bundespressekonferenz
Polizei: Bericht des Polizeibeauftragten Uli Grötsch. 11 Uhr, Bundespressekonferenz
Außenpolitik: Annalena Baerbock, Nancy Faeser und Boris Pistorius laden zum Tag des Peacekeeping ins Axica Kongress- und Tagungszentrum. 13 Uhr
Wirtschaft: “Sozialpartnerschaft stärken – Für zukunftsfähige Arbeitsplätze in Ostdeutschland”. Veranstaltung der Unionsbundestagsfraktion. Mit Alexander Dobrindt, Reiner Haseloff und der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi. 18 Uhr, Paul-Löbe-Haus, Programm & Anmeldung
Digitalpolitik: Jahreskongress des Vereins Deutschland sicher im Netz zu “Cyberresilienz für Demokratie und Sicherheit – Desinformation entgegenwirken”. Mit Nancy Faeser. 13:30 Uhr, Livestream
Dunja Kreiser, MdB (SPD), 53
Wolfram Günther, Umweltminister von Sachsen und stellvertretender Ministerpräsident (Grüne), 51
Wiebke Osigus, Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten von Niedersachsen (SPD), 43
Michael Richter, Finanzminister von Sachsen-Anhalt (CDU), 70
Katja Pähle, SPD-Präsidiumsmitglied, 47
Kai Diekmann, Journalist, 60
Unser Tipp führt Sie heute in den Spreewald. Dort hat die AfD den Status einer Volkspartei, und Olaf Sundermayer zeigt in seiner Doku, wer die Protagonisten sind, wie sie denken und wen sie anfeuern. Das sind etwa der Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Brandenburg, Hans-Christoph Berndt, und der einstige ZDF-Moderator Peter Hahne, den heutzutage die Verschwörer-Szene bejubelt. Wie Einzelne eine Brandmauer errichten, zeigt dagegen die SPD-Bürgermeisterin von Golßen, Daniela Maurer. Franziska Klemenz
AfD – Plötzlich Volkspartei | RBB
Das war’s für heute. Good night and good luck!
Heute haben Constanze Baumann, Okan Bellikli, Stefan Braun, Michael Bröcker, Helene Bubrowski, Damir Fras, Stephan Israel, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Nicola Kuhrt, Molly Lukas, Maximilian Stascheit, Amelie Richter und Markus Weisskopf mitgewirkt.
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