Table.Briefing: Berlin

Das Late-Night-Briefing für die Hauptstadt

Das Late-Night-Briefing für die Hauptstadt

Liebe Leserin, lieber Leser,

herzlich willkommen! Schön, dass Sie auch heute wieder bei uns sind. An einem Tag, an dem wir unsere 300. Ausgabe feiern und Ihnen für Ihre anhaltende Treue danken wollen. Und an einem Tag, an dem sich zeigt, wie groß die Krise ist und wie gefährlich die Herausforderung für die Demokratie. Diese Informationen bieten wir Ihnen heute Abend:

Talk of the Town: Angriffe auf Politiker: Warum das Zusammenstehen nicht mehr reicht – und was das für Bund und Länder bedeutet  

CDU-Parteitag I: Wieso Friedrich Merz der Ampel viel zu verdanken hat und Markus Söder vor seiner schwersten Entscheidung steht 

CDU-Parteitag II: Merz-Biografin sieht fehlende Impulskontrolle beim CDU-Chef + Podcast  

CDU-Parteitag III: CDU hält an Drittstaaten-Regelung fest 

Streit um Haushalt: Wachsender Zorn in der SPD und was das für Scholz bedeutet 

Historikerbrief an die SPD: Scharfer Konter des Willy-Brandt-Kreises nach Kritik an Russlandpolitik 

Finanzierung der Krankenhausreform: GKV und BDA nennen Lauterbach-Plan rechtswidrig 

FDP: Djir-Sarai will Union angreifen 

Kommunalwahl: Warum Wohnungslose nicht überall wählen dürfen 

US-General McMaster über Trump: “Besorgt sein, nicht verzweifelt” 

Table.Documents: Angriffe auf Politiker + Arbeitswelt im Wandel + Antrag zum CDU-Parteitag 

Heads: Ute Bonde, neue Berliner Verkehrssenatorin + Tim Engel, neuer Cum-Ex-Chefermittler 

Best of Table: Cyber-Attacken und kein Schutz + Xi Jinping in Paris + Wachstumschancen für die EVP 

Must-Reads: Hetze und Gewalt sind in Sachsen nichts Neues + Auch im Kabinett Laschet würden Habeck, Baerbock und Lindner sitzen + Sicherheitslücken bei der Bundeswehr

Nachttisch: Nico Semsrott: “Brüssel sehen und sterben”


Talk of the Town

Kundgebung am Sonntagabend in Dresden

Angriffe auf Politiker: Warum Zusammenstehen nicht mehr reicht – und was das Bund und Ländern abverlangt 

Von Stefan Braun

Es ging sehr schnell und es kommt parteiübergreifend. Als Reaktion auf den nächtlichen Angriff, bei dem Sachsens SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Matthias Ecke, schwer verletzt wurde, sind für den Abend Großdemonstrationen in Dresden und Berlin angekündigt worden. Der Fall ist besonders brutal, aber längst kein Einzelfall mehr. Aus vielen Teilen der Republik werden Angriffe gemeldet, mal körperlich gefährliche, mal Sachbeschädigungen. Das trifft kleine Kommunalbüros genauso wie jüngst die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt in Brandenburg, die tätlich attackiert wurde.  

Zusammenstehen wird nicht mehr reichen. Das ist aus der Regierung genauso zu hören wie aus den Fraktionen und den Ländern. “Der Zustand ist inakzeptabel, die Lage ist sehr enthemmt”, sagt Irene Mihalic, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, zu Table.Briefings. Demonstrieren sei wichtig, aber nicht mehr alles. “Wir müssen Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte befähigen, den öffentlichen Raum zurückzuerobern”, so die Grünen-Politikerin. Täter müssten schnell und klar zur Rechenschaft gezogen werden, damit die Angriffe auf den für die Demokratie so wichtigen Wahlkampf abgewehrt werden können.  

Für Mihalic geht es um Mandatsträger auf allen Ebenen. Also auch um jene Ehrenamtlichen, die weniger Unterstützung und Schutz erhielten. Für sie besteht kein Zweifel: “Bund und Länder müssen mehr Geld in die Hand nehmen, um den Staat stärker zu machen und die Demokratie und ihre Akteure zu schützen.” Man könne nicht jede politische Veranstaltung schützen, aber niemand sollte allein unterwegs sein beim Plakate-Kleben; keine Veranstaltung sollte stattfinden, ohne dass die Polizei Bescheid weiß. “Es geht in einer ganz neuen Dimension um die Durchsetzung des Gewaltmonopols und den Schutz unserer Demokratie.”   

Sachsens Innenminister Armin Schuster warnt vor Dramatisierungen. “Ich wehre mich dagegen, zu sagen: Alles wird immer schlimmer. Das gibt die polizeiliche Kriminalstatistik in Sachsen auch nicht her”, sagt Schuster Table.Briefings. Aber auch er erlebt die Stimmung als sehr aufgeladen. Deshalb fühlt er sich darin bestätigt, dass Sachsen in dieser Legislaturperiode 1000 neue Stellen bei der Polizei geschaffen hat und seine Landes-CDU das gleiche auch für die nächste Legislatur anpeilt.  

Seit Jahren gibt es Angriffe auf Büros wie hier in Leipzig 2017

Schuster kämpft gegen zu hohe Erwartungen – und stellt die Fußballfrage. Auch mit mehr Polizei werde man nicht hinter jedem Wahlkampfhelfer stehen und nicht jede Veranstaltung absichern können. Zumal es davon in Sachsen viele gebe. Trotzdem werde die Polizei in neuer Stärke spürbar präsenter. Schuster betont, dass er nur sehr wenige Polizeien mit ähnlicher Dauerbelastung kenne, ob im Bereich Extremismus oder bei Absicherungen in den Grenzregionen. Deshalb müsse man infrage stellen, dass Bundes- und Landespolizeien jedes Wochenende tausende Polizisten zum Schutz von Fußballspielen bereitstellten, so der CDU-Politiker. “Beim Eishockey brauchen wir zwei Doppelstreifen, beim Handball praktisch überhaupt keine Polizei. Aber beim Fußball hat sich die Gesellschaft dran gewöhnt, als ob das selbstverständlich zum Fußball gehört.”  

Beim Blick aufs große Ganze fordert Schuster eine klare Prioritätenverschiebung. Nehme man alles zusammen, dann habe sich die Sicherheitslage insgesamt drastisch verändert, durch Kriege, Naturkatastrophen, durch Bedrohungen aller Art. Deshalb müsse aus seiner Sicht viel mehr in Sicherheit investiert werden. “Wir brauchen auch für die Innere Sicherheit eine Zeitenwende, der Kanzler ist auch für den Zivilschutz zuständig.” Denn: “Wer jetzt die Zeichen der Zeit nicht erkennt, hat bald eine sehr große offene Rechnung.” Es sei nicht mehr wegzudiskutieren: “Wir müssen mehr machen.”  

2023 hat es laut einer Statistik der Regierung knapp 2.900 Angriffe auf Politikerinnen und Politiker der im Parlament vertretenen Parteien gegeben. In den mit Abstand meisten Fällen traf es Grüne (1219 Fälle), danach folgten Attacken auf AfD-Politiker (478) und Sozialdemokraten (420). Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD hervor.  Sie beinhaltet auch Zahlen zu Angriffen auf Wahlkreisbüros und andere Einrichtungen. Eine Ende Januar eigentlich gestartete Ansprechstelle zum Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträger verweist bislang nur auf andere Einrichtungen. Ab dem zweiten Halbjahr soll sie dann auch selbst erreichbar sein. Unterdessen haben bis Sonntagabend rund 200 Politikerinnen und Politiker eine von der Initiative Brand New Bundestag initiierte Erklärung “gegen die eskalierende Gewalt” unterzeichnet. Nancy Faeser hat als Reaktion auf den Angriff derweil eine Sondersitzung der Innenminister von Bund und Ländern vorgeschlagen.

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News

Friedrich Merz und Markus Söder

CDU-Parteitag I: Merz kann der Ampel danken, Söder muss eine Wahl treffen. Wenn sich die CDU zum Parteitag trifft, hat Friedrich Merz nicht viel zu fürchten. Es wird hie und da kritische Worte geben. Aber dass Merz als Parteichef und als stärkster Mann in der Union in Frage gestellt werden könnte, erwarten nicht mal seine schärfsten innerparteilichen Kritiker. Der Hauptgrund dafür, so drückt es einer von ihnen aus, ist nicht Merz persönlich. Es ist die Ampel. “In einer solchen Situation der Krise können wir als Union nicht mehr übers Personal streiten. In so einer Situation müssen wir zeigen, dass wir zusammenstehen und übernehmen können”, sagte ein führendes Mitglied der Parteiführung Table.Briefings. 

Merz hat es mit Carsten Linnemanns Hilfe geschafft, die Partei zusammenzuführen. Trotz wiederkehrender verbaler Ausrutscher und bewusster Provokationen von Merz hat vor allem das neue Grundsatzprogramm Persönlichkeiten hinter einer neuen Grundlinie vereint, die als Vertreter verschiedener Flügel gelten. So der konservative Thüringer Landeschef Mario Voigt, die Bundestagsabgeordnete Serap Güler und der Sozialexperte Karl-Josef Laumann. Außerdem hat mit Hendrik Wüst sein wichtigster CDU-interner Konkurrent alle Sticheleien beendet. Auch er will nicht in die Rolle des Kritikers geraten, der Erfolge bei den anstehenden Wahlen gefährdet.  

Die schwerste Aufgabe hat CSU-Chef Markus Söder. Er muss damit klarkommen, dass seine Chancen auf die Kanzlerkandidatur inzwischen fast gegen Null gehen. Eine Einsicht, die er intern selbst äußert, aber öffentlich für sich behält. Der Grund: Er gerät unter zunehmenden Druck, sich für oder gegen Berlin zu entscheiden. Und zwar mit dem gleichen Argument, wie sich viele Christdemokraten hinter Merz versammeln. Der frühere CSU-Chef Horst Seehofer sagte Table.Briefings unverhohlen: “Jeder Parteivorsitzende einer künftigen Regierung muss am Kabinettstisch sitzen.” Zusätzlich ärgern dürfte Söder sein aktueller Koalitionspartner. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger arbeitet längst mit dieser Rhetorik und erklärte früh, natürlich wolle er als Minister in einem künftigen Bundeskabinett dabei sein. Eine Formulierung, die jeden schwach aussehen lassen könnte, sollte er sich nicht für Berlin entscheiden. In welcher verzwickten Lage Söder in München und in Berlin steckt, lesen Sie in unserer Analyse. Stefan Braun, Peter Fahrenholz 

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CDU-Parteitag II: Merz-Biografin sieht fehlende Impulskontrolle. Die von Teilen befürchtete konservative Revolution sei mit CDU-Chef Friedrich Merz in der Partei nicht erfolgt, resümiert die Publizistin und Merz-Biografin Jutta Falke-Ischinger (Falke-Ischinger/Goffart: “Der Unbeugsame”, LMV-Verlag) im Podcast von Table.Briefings. “Es gibt aber einen neuen Geist, der besagt: Deutschland kann mehr und der einzelne Bürger kann mehr”, so Falke-Ischinger. Diese Forderungen nach mehr Leistungsbereitschaft und weniger Staat dürften für die CDU im Bundestagswahlkampf im Vordergrund stehen.  

Persönlich sei der CDU-Chef weder pragmatisch noch kühl. So werde er häufig beschrieben, in Wirklichkeit sei er viel “dünnhäutiger und impulsiver”, sagte die Autorin. Ihm fehle die “Impulskontrolle”. Auch hätte Merz sein verkrampftes Verhältnis zu Angela Merkel aufbrechen sollen.   Das ganze Gespräch hören Sie ab 6 Uhr Montagfrüh hier. Michael Bröcker 

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CDU-Parteitag III: CDU hält an Drittstaaten-Regelung fest. Der CDU-Bundesvorstand hat sich im Leitantrag für den Parteitag für eine weitere militärische Unterstützung der Ukraine ausgesprochen. “Wir müssen die Ukrainerinnen und Ukrainer unterhalb der Schwelle eines eigenen Kriegseintritts mit allen politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und militärischen Mitteln unterstützen, damit sie den Krieg gegen Russland gewinnen”, heißt es in dem Entwurf, der Table.Briefings vorliegt. Die Unterstützung müsse “zweifelsfrei, zuverlässig und anhaltend” sein. Außerdem hält die CDU an der umstrittenen Drittstaaten-Regelung für Asylverfahren fest. Diese sollen außerhalb der EU stattfinden, um die “ungesteuerte Migration” zu stoppen, wie es heißt. Michael Bröcker 


Streit um Haushalt: Wachsender Zorn in der SPD und was das für Olaf Scholz bedeutet. Acht Wochen vor dem angekündigten Haushaltsentwurf von Finanzminister Christian Lindner beginnt der Druck innerhalb der SPD zu wachsen. Während sich Lindner, der Kanzler und Robert Habeck für Dienstag im Kanzleramt verabredet haben, nimmt unter den Sozialdemokraten in Partei und Fraktion die Kritik an Lindners Spardiktat hörbar zu. “Nur mit dem Rotstift modernisieren wir unser Land nicht”, sagt Fraktionsvize Matthias Miersch. “Der Mann ruiniert Deutschland”, zürnt ein Kollege aus der Bundestagsfraktion. Ein anderer formuliert es so: “Das alles geht an die Substanz dessen, was Sozialdemokraten noch vertreten können.” So lasse sich der Wettbewerb mit den USA und China für die Exportnation Deutschland nicht bestehen. Die Sorge der Sozialdemokraten: “In den nächsten zwölf Monaten entscheidet sich die Zukunft des Standorts Deutschland.” 

Die Genossen fordern vom Kanzler Führung. Viele sind nicht mehr bereit, Scholz’ moderaten Kurs noch mitzutragen. Noch nicht in der Öffentlichkeit, aber intern werden in Partei und Fraktion die Erwartungen klar formuliert. In Präsidium und Parteivorstand war der Sparkurs zuletzt wiederholt Thema. Auch bei einem Treffen von rund zwei Dutzend Abgeordneten aus NRW mit Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt vor einigen Tagen rückte die Haushaltsfrage in den Mittelpunkt. Ein Mitglied des Parteivorstandes: “Wenn nach der Europawahl nicht klare Zeichen des Kanzlers kommen, bricht es auf allen Ebenen auf – und der Deckel wird platzen.” Wieviel Kredit der Kanzler bei seinen Genossen noch hat, lesen Sie in der Analyse. Horand Knaup 


Historikerbrief an die SPD: Scharfer Konter des Willy-Brandt-Kreises. Sechs Wochen nach den Vorwürfen mehrerer Historiker gegen Olaf Scholz und die SPD wegen deren Russlandpolitik hat jetzt der Vorstand des Willy-Brandt-Kreises, darunter Heidemarie Wieczorek-Zeul und der Historiker Peter Brandt, reagiert. Mitunterzeichnet haben auch Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, der Verleger Detlef Prinz oder MdB Axel Schäfer. Sie werfen den Historikern um Heinrich-August Winkler in einem dreiseitigen Papier “Allgemeinfloskeln statt differenzierter Analysen oder verwertbarer Vorschläge” vor. “Die Einforderung einer Siegstrategie” gehöre nicht zu den Aufgaben von Wissenschaftlern. Geradezu “abstrus” sei die Unterstellung, Behauptungen aus Kanzleramt und SPD stünden “oftmals” Expertenaussagen diametral entgegen. Es sei schließlich “intellektuell peinlich, wenn eine berechtigte Frage des Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich (“darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren oder später auch beenden kann”) als ‘fatal’ oder Trumpscher Populismus bezeichnet” werde. 

Die Historiker um Winkler, allesamt Mitglieder der Historischen Kommission der SPD, hatten die Parteiführung scharf kritisiert. Sie hatten den SPD-Granden vorgeworfen, gegenüber der Ukraine “die nötige Klarheit und unzweideutige Solidarität vermissen” zu lassen. Ihre Argumente und Begründungen seien “immer wieder willkürlich, erratisch und nicht selten faktisch falsch”. In einem Gespräch mit vieren der fünf Historiker am vergangenen Dienstag hatte Parteichef Lars Klingbeil die Wogen weitgehend geglättet. Mit Heinrich-August Winkler hatte er vorab schon ein Gespräch geführt. Jan C. Behrends, Professor in Frankfurt/Oder, hatte am vergangenen Freitag noch einmal nachgelegt. Bei The Pioneer bedauerte er, dass nur eine Minderheit in der SPD die Aufarbeitung der eigenen Russland-Politik fordere. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig legte er den Rücktritt nahe. Horand Knaup 


Finanzierung der Krankenhausreform: GKV und BDA nennen Lauterbach-Plan rechtswidrig. Nach den Plänen von Karl Lauterbach sollen 50 Milliarden Euro binnen zehn Jahren in einen Transformationsfonds zum Umbau der Kliniken fließen – jeweils zur Hälfte finanziert von den Ländern und den Krankenkassen. So sieht es ein Reformentwurf vor. Ein vom GKV-Spitzenverband beauftragtes Gutachten hält es nun für “rechtlich unzulässig”, wenn Sozialbeiträge zur Finanzierung des Staatshaushaltes verwendet werden. GKV-SV-Sprecher Florian Lanz glaubt: “Wir sind zuversichtlich, dass die Politik eine andere rechtskonforme Möglichkeit der Finanzierung findet.” Auch der Arbeitgeberverband BDA hält die “Überwälzung von Kosten auf Beitragszahlende” für “ordnungspolitisch falsch” und “verfassungsrechtlich fragwürdig”. Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, kritisiert: “Nachhaltig und gerecht ist es nicht, einfach den GKV-Versicherten in die Tasche zu greifen.” 

Lauterbach verteidigt sein Finanzierungsmodell. “Ich muss auch ein Interesse bei den Krankenkassen erwecken, dass sie tatsächlich Effizienzgewinne rausholen und nicht durch den Steuerzahler das System bezuschussen lassen”, sagte er im Podcast Table.Today. In der Wirtschaft sei es üblich, dass diejenigen, die von Effizienzgewinnen profitierten, zuvor auch in diese investierten. Die Krankenhäuser kosteten die Kassen rund 100 Milliarden Euro pro Jahr. “Würde die Reform nur zu einer Effizienzverbesserung führen von ein oder zwei Prozent, dann sinkt ja auch die Belastung der Krankenkassen an diesem Ende”, argumentierte der Gesundheitsminister. Annette Bruhns 


FDP: Djir-Sarai will Union angreifen. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sieht in CDU und CSU die größte Konkurrenz für seine Partei. “30 Prozent der Anhänger der Union können sich vorstellen, auch FDP zu wählen. Das ist etwas, das man nicht ignorieren kann”, sagte Djir-Sarai am Samstag beim Bundeskongress der Jungen Liberalen (JuLis) in Bielefeld. Zwei Drittel der FDP-Wähler der letzten Bundestagswahl würden mittlerweile andere Parteien präferieren, die meisten davon die Union. “Es ist natürlich Aufgabe eines Generalsekretärs, dass man diese Leute zurückholt”, erklärte Djir-Sarai dem Parteinachwuchs und fügte an: “Wir holen keine Stimmen bei SPD und Grünen.” Wie sich die JuLis unter anderem zu TikTok, Schwangerschaftsabbrüchen und einer Reform des Streikrechts positionieren, lesen Sie in der Analyse. Maximilian Stascheit 


Kommunalwahl: Wohnungslose dürfen nicht überall wählen. In Rheinland-Pfalz, Sachsen und dem Saarland können sie sich nicht in das Wählerverzeichnis eintragen lassen – bei der Europawahl hingegen schon. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) kritisiert das als “hochgradig ungerecht” und fordert eine Gesetzesänderung. Die Bundeswahlleiterin verweist auf Anfrage an die Länder. Das Mainzer Innenministerium teilt mit: Um die Zusammensetzung der kommunalen Vertretung zu beeinflussen, sei es wichtig, dass die Wähler “über die Kandidaten und die lokalen politischen Verhältnisse informiert sind”. Es brauche ein “gewisses Verständnis” für die “politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und soziologischen Gegebenheiten” im Wahlgebiet.  

Die Arbeitsgemeinschaft weist das zurück. Arnd Liesendahl, selbst ehemals wohnungslos, nennt es ein Vorurteil, dass Betroffene mobil und deshalb nicht in dem Wahlkreis verwurzelt seien. Vielen lebten an einem Ort, “an dem sie nicht selten auch schon vor ihrem Wohnungsverlust gelebt haben”. Sie hätten zudem gar nicht das Geld für Reisen, daher sei die Identifikation mit ihrer Kommune meist groß. Neben den drei genannten finden in sechs weiteren Bundesländern im Mai und Juni Kommunalwahlen statt, am 9. Juni zudem die Europawahl. In allen sechs dürfen Wohnungslose an beiden teilnehmen. Okan Bellikli 


US-General McMaster über Trump: “Besorgt sein, nicht verzweifelt”. Der frühere Nationale Sicherheitsberater von Donald Trump, Herbert R. McMaster, hält die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine für entscheidend, um Russlands Vormarsch zu stoppen. “Sie würden die Situation entscheidend verändern”, sagte der frühere Generalleutnant der US-Armee im Gespräch mit Table.Briefings. Um effektiv gegen russische Gleitbomben vorzugehen, müsse die Ukraine ihre Flugabwehr verbessern und “ihre eigene Langstreckenfähigkeiten” erhöhen. 

McMaster sorgt sich um “die unmittelbare Zukunft” für die ukrainischen Streitkräfte. Vor allem in Hinblick auf das Personal und die Verzögerung bei der Lieferung von Munition sei die Lage kritisch. Angesichts von Berichten über Massendesertionen russischer Soldaten äußerte er jedoch die Hoffnung, dass “sich die Gelegenheit für eine moralische Niederlage zumindest von Teilen der russischen Truppen ergibt”. Zuversichtlich zeigte sich McMaster, dass selbst im Falle einer Wiederwahl Trumps die transatlantischen Beziehungen intakt blieben. “Nicht verzweifeln, sondern besorgt sein”, sei der richtige Ansatz mit Blick auf die Wahl im November. Entscheidend werde sein, wie Trump außen- und sicherheitspolitische Schlüsselpositionen besetze, sollte er die Wahl gewinnen. Markus Bickel 

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Table.Documents

Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD: Angriffe auf Politiker, Parteibüros und Wahlplakate bis einschließlich 2023 

Report der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Arbeitswelt im Wandel: Zahlen – Daten – Fakten 

Jahresbericht der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound): Living and Working in Europe 2023 

Antrag des Bundesvorstands zum 36. Parteitag der CDU 

Historikerbrief an die SPD: Allgemeinfloskeln statt differenzierter Analysen oder verwertbarer Vorschläge 


Heads

Ute Bonde ist Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg und soll neue Berliner Verkehrssenatorin werden. (Tagesspiegel) 

Tim Engel ist Oberstaatsanwalt und wird neuer Chefermittler im Cum-Ex-Skandal. (Tagesschau


Best of Table

Security.Table: Kein Konzept gegen Cyber-Attacken. Der EU fehle es an einem einheitlichen Kurs zur Reaktion auf Cyberangriffe, schreiben Forschende der Stiftung Wissenschaft und Politik in einem aktuellen Papier. Warum das Konzept der qualifizierten Mehrheit für die GASP viel Potential hätte, lesen Sie hier

China.Table: Xi in Paris. Chinas Staatschef Xi Jinping ist in Paris angekommen. Wie Frankreichs Präsident Macron eine Charmeoffensive mit klarer Kante im Handel und einem Engagement Chinas in der Weltpolitik verbinden will, lesen Sie hier

Europe.Table. Neue Mitglieder für die EVP. Die Fraktion der christdemokratischen Parteienfamilie EVP hat die Aussicht, nach der Europawahl weitere Sitze von Parteien  zu gewinnen, die bislang nicht Teil der Fraktion sind. Was sich bei den EP-Fraktionen auf dem Transfermarkt nach der Wahl tun könnte, lesen Sie hier

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Must-Reads

Sächsische Zeitung: Hetze und Gewalt sind in Sachsen nichts Neues. Sie vergiften das Miteinander in Sachsen schon seit mindestens zehn Jahren, schreibt Annette Binninger. “Sie entladen sich gegen Flüchtlinge, gegen Asyl-Heime, gegen Politiker, gegen Menschen, die sich in welcher Weise auch immer engagieren für etwas Gutes oder einfach nur anders sind.” Wer nach dem Überfall auf Matthias Ecke glaube, dass erst jetzt etwas kippe, sei ignorant und erschreckend unwissend. (“Ein Weckruf an alle”)  

SZ: Auch im Kabinett Laschet würden Habeck, Baerbock und Lindner sitzen. “Ich hätte es mit ähnlichen Problemen zu tun wie Scholz”, sagt Armin Laschet. Die CDU würde auch in einer Koalition mit Grünen und FDP regieren. Ein Kanzler dürfe nicht neidisch auf Erfolge seiner Minister schauen, rät er, “sondern muss sich sagen, das hilft uns allen, wenn Minister Erfolge haben”. Der Ampelkoalition fehle allerdings Teamgeist. (“Höcke ist überhaupt nicht unschlagbar”

Tagesschau.de: Cannabis-Straftäter entlassen. Durch die Amnestie auf Vergehen, die nach heutiger Gesetzeslage keine Straftaten mehr wären, sind bundesweit mindestens 125 Häftlinge entlassen worden. Einige Bundesländer haben die Überprüfung allfälliger Verfahren noch nicht abgeschlossen. (“125 Cannabis-Verurteilte aus Haft entlassen”

NYT: AfD unter den Rechtsextremen in Europa am bedrohlichsten. Der Aufstieg postfaschistischer oder faschistoider Rechter in Europa habe mit der Globalisierung und der Einführung des Smartphones begonnen, schreibt Roger Cohen. Smartphones produzierten Statusangst. Das führe zu stärker polarisierten Gesellschaften. Die gemäßigten Parteien hätten zudem keine Antworten auf das Migrationsthema gefunden. Am bedrohlichsten in Europa sei die AfD. (Just How Dangerous Is Europe’s Rising Far Right?”

Nicht überlesen!  

Zeit Online: Sicherheitslücken bei der Bundeswehr. Bis vergangenen Freitag standen Details zu mehr als 6000 Videokonferenzen der Bundeswehr offen im Netz. Darunter waren teils mit Geheimhaltungsstufen versehene Besprechungen unter Nennung des Themas. Meetingräume waren leicht erratbar und nicht geschützt. Möglicherweise haben solche Lücken zum Taurus-Abhörskandal geführt, schreibt Eva Wolfangel. Aber, so sagt die Bundeswehr, trotz der Schwachstelle seien “unbemerkte oder unautorisierte Teilnahmen an Videokonferenzen” nicht möglich gewesen. (Jeder konnte sie finden”

Schlagzeilen von morgen

SZ: “Völlig enthemmte Anfeindungen” 

FAZ: Politiker und Wahlhelfer sollen besser geschützt werden 

Tagesspiegel: Demonstrationen in Berlin und Dresden: 17-Jähriger stellt sich nach Angriff auf SPD-Politiker 

Handelsblatt: Xi auf Spaltungsmission 

Sächsische Zeitung: Angriff auf SPD-Politiker in Dresden löst in ganz Deutschland Entsetzen aus 

Meistgelesenes von heute

Zeit Online: 17-Jähriger stellt sich nach Angriff auf SPD-Politiker Ecke 

Spiegel: 17-Jähriger stellt sich nach Angriff auf SPD-Politiker in Dresden 

Welt: Nach Angriff auf SPD-Politiker – Mehr als hundert Politiker unterzeichnen Erklärung gegen Gewalt 

Handelsblatt: So lebt ein deutscher Rentner mit 1800 Euro pro Monat in Thailand 

NZZ: Wieso der Eurovision Song Contest schwul wurde 

Interviews von morgen

Deutschlandfunk 

6:50 Uhr: Gerhard Schindler, Ex-BND-Chef: Russische Spionage in Deutschland 

7:15 Uhr: Mario Voigt, CDU, Landesvorsitzender Thüringen zu: Parteitagsziele 

8:10 Uhr: Daniel Röder, Vorstandsvorsitzender “Pulse of Europe”: Vor der Europawahl 

Das Erste 

7:15 Uhr: Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär: CDU-Parteitag 

8:15 Uhr: Rolf Fliss, Dritter Bürgermeister von Essen (Grüne): Angriffe auf Politiker 

8:35 Uhr: Carsten Schneider, Bundesbeauftragter für Ostdeutschland (SPD): Angriffe auf Politiker 

Time.Table

Highlights der Woche 

Von Montag bis Mittwoch ist CDU-Parteitag in Berlin. Auf dem Programm stehen unter anderem Vorstandswahlen und das neue Grundsatzprogramm “In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen”. 

Am Montag und Dienstag findet in Berlin der Global Solutions Summit statt. Am Montag hält Robert Habeck eine Keynote; Olaf Scholz, Christian Lindner, Svenja Schulze und Bill Gates werden für Dienstag erwartet. 

Am Dienstag stellt Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) das Gesetz zum Schutz von bedrohten Kommunalpolitikern vor, über das Berlin.Table bereits berichtet hat. Der Entwurf soll Gesetzeslücken schließen und Strafbarkeit ausweiten.  

Am Dienstag treffen sich die Innenminister Belgiens, Frankreichs, Italiens, Spaniens, und der Niederlande mit Nancy Faeser in Hamburg. Hauptthema ist der europäische Kampf gegen illegalen Drogenhandel. 

Am Mittwoch empfängt Frank-Walter Steinmeier den finnischen Präsidenten Alexander Stubb im Schloss Bellevue. Nach der Pressekonferenz trifft sich Stubb mit Olaf Scholz

6. Mai 2024 

Kanzler: Olaf Scholz nimmt am Treffen der Regierungschefinnen der Baltischen Staaten in Riga teil. In Litauen trifft Scholz Präsident Gitanas Nausėda sowie deutsche Soldaten.   

Außenpolitik I: Annalena Baerbock besucht auf ihrer Ozeanien-Reise ein Dorf auf Fidschi, das wegen des Klimawandels umgesiedelt wurde, anschließend eine Universität. Am Mittwoch geht es zurück nach Berlin.  

Außenpolitik II: Frank-Walter Steinmeier empfängt den Vorsitzenden des Staatspräsidiums von Bosnien und Herzegowina, Denis Bećirović (10:30 Uhr). Am Nachmittag trifft Bećirović Olaf Scholz im Kanzleramt (16:30 Uhr). 

Außenpolitik III: Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig ist bis Mittwoch in Paris. Sie trifft Gérard Larcher (Präsident des Senats), Yaël Braun-Pivet (Präsidentin der Nationalversammlung) und Alexis Kohler (Generalsekretär des Élysée-Palastes). Informationen und Programm 

Außenpolitik IV: Ursula von der Leyen, Emmanuel Macron und Xi Jinping treffen im Élysée-Palast zusammen. 

Bauen: Klara Geywitz reist bis Freitag in die USA und nach Kanada. Auf dem Programm stehen Projekte gegen Wohnungslosigkeit und nachhaltiges Bauen. Informationen & Programm 

Reichsbürger: In Stuttgart wird der erste von drei Prozessen gegen mutmaßliche Reichsbürger fortgesetzt. 9 Uhr 

Marine: Boris Pistorius nimmt am 74. Übersee-Tag im Hamburger Hotel Atlantic teil. 

Geburtstage von morgen

Ulrich Weinbrenner, Abteilungsleiter im Bundesinnenministerium, 60 

Fritz Güntzler, MdB (CDU), 58 

Christian Haase, MdB (CDU), 58 

Dorothee Feller, Bildungsministerin von Nordrhein-Westfalen (CDU), 58 

Thomas Steg, Cheflobbyist der Volkswagen AG, 64 

Nachttisch

Unser Tipp führt Sie heute ins Europäische Parlament. Bevor er 2019 gewählt wurde, war Nico Semsrott als depressiver Poetry-Slammer bekannt. In Straßburg ging es ihm dann nicht um Klamauk, sondern mehr Transparenz in der EU. Über seine Erfahrungen hat er nun – genau wie sein Ex-Parteikollege Martin Sonneborn – ein Buch geschrieben. Im Zentrum stehen seine Desillusionierung über den “merkwürdigsten Job der Welt” sowie der Kampf gegen Lobbyismus und andere Windmühlen. Eine erhellende Lektüre vor der Europawahl. Okan Bellikli 

Nico Semsrott: Brüssel sehen und sterben | Rowohlt 


Das war’s für heute. Good night and good luck!

Heute haben Constanze Baumann, Okan Bellikli, Markus Bickel, Stefan Braun, Michael Bröcker, Annette Bruhns, Helene Bubrowski, Peter Fahrenholz, Horand Knaup, Daniel Schmidthäussler, Sven Siebert und Maximilian Stascheit mitgewirkt. 

Der Berlin.Table ist das Late-Night-Briefing für die Table.Media-Community. Wenn Ihnen der Berlin.Table gefällt, empfehlen Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich kostenlos anmelden.


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