Analyse
Erscheinungsdatum: 12. Juli 2023

Sahel-Allianz: Svenja Schulze übernimmt in turbulenten Zeiten

Die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ist neue Vorsitzende der Sahel-Allianz. Zu tun bleibt bei der Unterstützung der Region viel: Denn militärisch zieht sich Deutschland aus Mali zwar zurück, doch bei der Entwicklungszusammenarbeit in der Region spielen deutsche Gelder weiterhin eine große Rolle.

Die Sahel-Allianz, das Geber-Bündnis für Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad, wird nun für ein Jahr von Deutschland geführt. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) wurde am Montag bei der Generalversammlung in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott zur Präsidentin gewählt.

Das Bundesentwicklungsministerium hatte seine Sahel-Politik im Mai neu ausgerichtet. Damals ging die Bundesregierung noch davon aus, dass die Bundeswehr bis Mitte 2024 in Mali stationiert bleiben würde. Doch nun übernimmt Schulze den Sahel-Job in turbulenten Zeiten, denn die Lage im zentralen Sahel-Land Mali hat sich grundlegend verändert : Der Bundeswehr-Abzug ist mit dem vor gut zehn Tagen beschlossenen Ende der ganzen Minusma-Mission bereits auf Jahresende vorgerückt.

Das auf Wunsch von Mali gesetzte Ende von Minusma sei eine deutliche Veränderung, sagte Schulze in Nouakchott am Rande der Generalversammlung im Gespräch mit Table.Media. „Es werden viele Arbeitsplätze wegfallen, aber es ist natürlich auch für die Sicherheitslage schwierig. Wir werden trotzdem mit der Entwicklungszusammenarbeit in Mali bleiben, so weit das dann eben möglich ist.“ Der Wille in Mali weiterzumachen, sei da, betonte die Ministerin.

Das betrifft laut BMZ auch den bisherigen Bundeswehrstandort in Gao. Allerdings muss Schulze als Präsidentin der Sahel-Allianz auf Sicht fahren: „Wir sind in dem Raum um Gao mit lokalen Initiativen auch vertreten, wir bleiben da auch gerne, es muss aber weiterhin auch möglich sein, und das kann heute niemand wirklich sagen“, so die Entwicklungsministerin.

Deutschland übernimmt den Vorsitz der Sahel-Allianz von Spanien. Der Verbund von Unterstützern der Sahelländer zählt 18 Mitglieder. Neben Staaten wie Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden sind auch multilaterale Institutionen wie Weltbank, Afrikanische Entwicklungsbank und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen Teil der Allianz. Die Initiativen und Investitionen der Allianz-Mitglieder belaufen sich auf mehr als 28 Milliarden Euro. Die Sahel-Allianz koordiniert die internationale Unterstützung der Sahelstaaten, die sich in der Gruppe G5 Sahel zusammengeschlossen haben. Auch hier ist Mali der Knackpunkt: Denn die Militärregierung von Oberst Assimi Goïta hatte sich aus dem Bündnis im Mai vergangenen Jahres zurückgezogen.

Dass dies für die gemeinsame Entwicklungszusammenarbeit nicht gerade förderlich ist, ist Schulze wohl bewusst. „Wir arbeiten ja ganz eng mit den G5 zusammen. Und alle G5-Partner, mit denen ich bisher gesprochen habe, versuchen, Mali wieder zurückzuholen in das gemeinsame Bündnis“, sagt Schulze. Denn es sei schon sinnvoll, „die Kräfte auch zu bündeln, gemeinsam für Lösungen, für die Probleme zu sorgen“ Insbesondere Niger und Mauretanien bemühten sich sehr um eine Rückkehr: Der mauretanische Präsident Mohamed Ould Ghazouani bedauerte in der Generalversammlung der Sahel-Allianz den Rückzug Malis aus der G5-Sahel-Staaten und sprach von einem „Bruch der Kontinuität.“

Schulze will mit der deutschen Präsidentschaft auf drei Schwerpunkte setzen: Bildung, Ausbildung und Beschäftigung sollen bessere Perspektiven schaffen. Zudem sollen die Gesellschaften durch soziale Sicherung und Ernährungssicherheit gestärkt werden sowie staatsfreie Räume durch die Bereitstellung kommunaler Strukturen zurückgedrängt werden. „Das klingt vielleicht ein bisschen platt, aber die Terroristen bauen keine Wasserleitungen für die Leute vor Ort“, sagte Schulze. In Einklang mit der im März vorgestellten Afrika-Strategie des BMZ setzt die Ministerin aufs Zuhören. „Mir ist in der Präsidentschaft wichtig, dass wir an dem ansetzen, was die Sahel-Staaten selber wollen.“

Deutschland ist mit 2,73 Milliarden Euro in 181 Projekten viertgrößter Geldgeber hinter der Weltbank, Frankreich und der EU. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist der Sahel-Allianz schon einen Schritt voraus. Das BMZ reagiert bereits auf die Ausweitung der terroristischen Gewalt auf die westafrikanischen Küstenstaaten wie Ghana, Togo und Benin, die in Nouakchott ebenfalls vielfach zur Sprache kam.

Die sogenannte Sahel-Plus-Initiative des BMZ nimmt die Anrainerstaaten des Sahel in den Blick und konzentriert sich vor allem auf zivile Stabilisierung, die Bekämpfung von Krisenursachen und humanitäre Hilfe. Die Sahelzone sowie die Anrainerstaaten verzeichnen starke Migrationsbewegungen. Allein in Mauretanien sind nach UNHCR Angaben mehr als 90.000 Geflüchtete aus Mali registriert.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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