Table.Briefing: Agrifood

Tierwohlcent könnte Kaffeesteuer ähneln + Abstriche bei Ernährungsstrategie + Wettbewerbsvorteil französischer Landwirte

Liebe Leserin, lieber Leser,

eigentlich stand beim Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag nur ein Thema auf der Tagesordnung: die Finanzhilfe für die Ukraine. Informell aber war in Brüssel auch die Landwirtschaft klar im Fokus. So erreichten die Bauernproteste am Gipfeltag auch Brüssel. Vor allem aber war es der französische Präsident Emmanuel Macron, der das Thema auf die höchste politische Ebene hievte, getrieben von den Protesten im eigenen Land. Auf die Europäische Kommission macht der Druck aus Paris offenbar Eindruck – anders als die deutschen Bauernproteste, die sich auf die EU-Politik nicht weiter ausgewirkt haben.

Bereits am Mittwoch hatte die Kommission Lockerungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgeschlagen. Bei einem Treffen mit Kommissionspräsidentin von der Leyen am Rande des Gipfels forderte Macron weitere Maßnahmen, darunter Bürokratieabbau. Letzteren versprach von der Leyen dann auch prompt: Die Kommission werde noch vor dem nächsten EU-Agrarrat am 26. Februar einen Vorschlag vorlegen, um den Verwaltungsaufwand für Landwirte zu reduzieren, kündigte sie am selben Abend an. Wie substanziell der Vorschlag wird, bleibt abzuwarten, zumal in Sachen GAP vieles den Mitgliedstaaten obliegt.

Was von der Leyen lieber unerwähnt ließ: Im Zuge der Haushaltsänderungen zur Finanzierung der Ukraine-Hilfe, auf die sich Mitgliedstaaten und Kommission am Donnerstag einigten, werden Gelder auch aus der GAP abgezogen. 1,1 Billionen Euro sollen von 2024 bis 2027 aus GAP und Kohäsionsfonds eingespart werden, die Aufteilung zwischen den beiden Posten ist noch nicht entschieden. Auf die Fördergelder für die Betriebe haben die Kürzungen aber keine Auswirkungen. Sie sollen stattdessen beispielsweise Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit betreffen, die direkt von der Kommission finanziert und umgesetzt werden.

Auch in Berlin wird derweil weiter um Entlastungen für die Landwirtschaft gerungen, unter anderem das Thema Tierwohlabgabe wird wieder diskutiert. Hierzu hat das BMEL den Ampel-Fraktionen nun ein Konzept für eine Verbrauchssteuer vorgelegt, wie meine Kollegin Merle Heusmann exklusiv erfahren hat. Was das Haus plant, erklärt sie in ihrer Analyse.

Ihre
Julia Dahm
Bild von Julia  Dahm

Analyse

Tierwohlabgabe: BMEL schlägt nicht-harmonisierte Verbrauchssteuer auf tierische Produkte vor

Nach dem Debakel um die Agrardieselkürzungen will Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir den Landwirten Zugeständnisse machen. Um den Tierhaltern beim Stallumbau finanziell unter die Arme zu greifen, plant er – so hat er es in den vergangenen Wochen immer wieder angekündigt – einen Tierwohl-Cent einzuführen. Lange war nicht klar, wie eine solche Abgabe auf tierische Produkte im Detail aussehen könnte. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das von den Fraktionen beauftragt worden war, ein Konzept für eine Verbrauchssteuer auf tierische Produkte auszuarbeiten, hielt sich bedeckt. Wie Table.Media nun aber exklusiv erfuhr, hat das BMEL den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP vergangene Woche Eckpunkte hierzu vorgelegt.

“Wir brauchen das Rad dabei nicht neu erfinden, sondern müssen es nur endlich einbauen”, ließ Özdemir im Zusammenhang mit der Tierwohlabgabe in den vergangenen Wochen immer wieder wissen. Das Rad nicht neu zu erfinden, heißt in diesem Fall: Die Überlegung einer Abgabe auf Fleisch und andere tierische Produkte der Borchert-Kommission soll die Grundlage bilden für das, was Özdemir mittlerweile Tierwohl-Cent nennt. Um den umzusetzen, hatte die Borchert-Kommission damals drei Möglichkeiten in den Raum geworfen: eine Sonderabgabe Tierwohl, die Anhebung des Umsatzsteuersatzes auf tierische Produkte von sieben auf 19 Prozent sowie eine Verbrauchssteuer auf tierische Produkte.

BMF für Gesetzentwurf zuständig

Für letztere Variante hat das BMEL jetzt das Konzept entwickelt. Aus Fraktionskreisen heißt es dazu, das BMEL schlage in dem Papier eine sogenannte nicht-harmonisierte Verbrauchssteuer auf bestimmte tierische Produkte vor. Das Konzept wollen die Fraktionen im nächsten Schritt diskutieren. Bei den Beratungen sollen auch Verbände angehört werden. Als Haushaltsgesetzgeber müssten die Ampel-Fraktionen dann über die weiteren Schritte entscheiden, lässt ein Sprecher aus dem BMEL wissen.

Für die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs wäre im Anschluss das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zuständig. Dessen Leiter, Bundesfinanzminister Christian Lindner, reagierte jedoch zuletzt eher verhalten auf eine mögliche Tierwohlabgabe. Im Interview mit top agrar Mitte Januar machte er deutlich, es sei wichtig zu klären, ob dies europarechtlich möglich sei.

Vereinbarkeit mit europäischem Recht fraglich

Die Vereinbarkeit mit europäischem Recht will das BMEL mit seinem Konzept für die Verbrauchssteuer auf tierische Produkte gewährleisten. Dem Vernehmen nach soll die Abgabe – ähnlich wie die in Deutschland geltende Kaffeesteuer – von der EU-Harmonisierung ausgenommen werden. Genaue europarechtliche Vorgaben, wie es sie zum Beispiel bei der Kraftstoffsteuer gibt, würden in dem Fall nicht gelten.

Steuerrechtler Till Valentin Meickmann von der Universität Passau bezweifelt aber, dass das Finanzierungskonzept des Tierwohl-Cents europarechtlich wasserdicht ist. “Erhebliche europarechtliche Risiken” sieht er vor allem darin, dass die zusätzlichen Einnahmen aus der Steuer für die Umgestaltung der Nutztierhaltung hin zu mehr Tierwohl eingesetzt werden soll. “Eine Steuer, bei der die zusätzliche Belastung wirtschaftlich für inländische Produzenten zumindest teilweise ausgeglichen wird, würde voraussichtlich gegen das europarechtliche Verbot diskriminierender Abgaben verstoßen“, erläutert Meickmann. EU-Staaten dürften das Aufkommen einer auf in- und ausländische Produkte erhobenen Steuer grundsätzlich nicht dafür einsetzen, die inländische Produktion dieser Produkte zu fördern.

Rechtssicher wäre dieses Problem nur dadurch zu lösen, dass die Steuer allein auf Produkte aus dem Inland erhoben wird, sagt Meickmann. Er bezweifelt aber, dass die Tierwohlsteuer dann auf den Endverbraucher abgewälzt werden kann. “Letztlich könnte eine Tierwohlsteuer allein auf inländische Produkte dazu führen, dass die inländischen Tierhalter wirtschaftlich auf der zusätzlichen Steuerlast sitzen bleiben“, befürchtet der Steuerrechtler. Damit würde ein Tierwohl-Cent seinen eigentlichen Zweck aber verfehlen.

Widerstand seitens der FDP möglich

Auch politisch dürfte es schwierig werden, die Koalitionspartner für das Finanzierungsinstrument zu begeistern, das das BMEL nun ins Spiel gebracht hat. Denn: Steuererhöhungen, wie sie das BMEL in dem Papier skizziert, sind mit der FDP nicht zu machen. Erst im Dezember hatte Bundesfinanzminister Lindner Steuererhöhungen zur roten Linie in der Ampel erklärt.

Wie umstritten eine Verbrauchssteuer auch in der Opposition ist, zeigte sich erst vergangene Woche, als die CDU ihr Stärkungspaket für die Landwirtschaft vorstellte. In dem Zehn-Punkte-Plan, der im Mittelpunkt des Pakets steht, das das CDU-Präsidium beschlossen hat, heißt es zwar: Tierhalter bräuchten Planungssicherheit und finanzielle Unterstützung, denn die Kosten für die gewünschten Verbesserungen beim Tierwohl können unter den aktuellen Wettbewerbsbedingungen nicht am Markt erzielt werden. Aber: Laut der CDU-Bundestagsabgeordneten Gitta Connemann gebe es “ernstzunehmende Argumente gegen eine Verbrauchssteuer“.

  • Agrarpolitik
  • Ampel-Koalition
  • Bauernproteste
  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
  • Haushaltskrise
Translation missing.

Lasche Ernährungsstrategie: Wie die Ampel Cem Özdemirs Pläne zusammenstreicht

Als Cem Özdemir seine Ernährungsstrategie schreiben ließ, dürfte er um potenzielle Streitpunkte innerhalb der Ampel-Koalition gewusst haben. Was der Bundesernährungsminister im November 2023 in die Ressortabstimmung gab, enthielt bereits wenig Kontroverses. Themen wie Tierschutz und Zuckersteuer blieben ganz außen vor. Dennoch redigierten und strichen die anderen Ministerien noch eifrig – das zeigt ein Abgleich des unveröffentlichten BMEL-Entwurfs vom 10. November 2023 mit der beschlossenen Strategie.

Keine Regulierung bei Packungsgrößen und Abfällen

Mehr Markt, weniger Staat: Die Freiheit der Unternehmen solle “nur im erforderlichen Ausmaß beschränkt werden” – diese Maxime kam neu in die Strategie und wurde stellenweise auch durchdekliniert: Kritische Anmerkungen aus Özdemirs Entwurf zur Transparenz der vielen unterschiedlichen privaten Regionalkennzeichen blieben zwar erhalten, nicht aber die Ankündigung, dass das BMEL seinen “Regelungsspielraum” diesbezüglich “prüfen” werde. Die Forderung, dass Unternehmen Packungsgrößen gemäß den Bedürfnissen der Verbraucher gestalten sollten, wurde im Zuge der Ressortabstimmung gestrichen – genauso die Idee, Lebensmittelabfälle und -verluste intensiver “auf Unternehmensebene” zu messen.

Pflanzenbetonte Angebote nur auf Nachfrage

In Sachen Nachhaltigkeit gelangte durch die anderen Ministerien ebenfalls ein neuer Ton in die Strategie. Krittelnde Formulierungen wie jene, dass “pflanzenbetonte Angebotein Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung “noch nicht überall ausreichend verfügbar” seien, verschwanden aus dem Entwurf. “Eine pflanzenbetonte Ernährung zu stärken”, hatte das BMEL darin noch als eigenständiges Ziel benannt. In der beschlossenen Strategie hingegen treibt die Bundesregierung wenig an, sondern reagiert auf eine Marktentwicklung: Die Basis für eine nachhaltige Produktion pflanzlicher Lebensmittel solle “vor dem Hintergrund einer steigenden Nachfrage” gestärkt werden – und Außer-Haus-Anbieter sollten ihre Angebote “entsprechend der steigenden Kundennachfrage” ausbauen. Bloß nicht zu viel Dirigismus also.

Dem Öko-Landbau hatte das BMEL den Titel “Leitbild der Bundesregierung für eine nachhaltigere Landwirtschaft” verpasst. Dies schaffte es ebenso wenig in das finale Papier wie der Hinweis auf die “perspektivische Entwicklung eines Klima-Labels“, wie es der Wissenschaftliche Beirat (WBAE) des BMEL bereits 2020 gefordert hatte. Erhalten blieb die verhaltene Unterstützung für eine mögliche EU-weite “Nachhaltigkeitskennzeichnung”.

Mangelernährung? Die Ampel sieht keinen Handlungsbedarf

Die deutlichsten Änderungen betreffen die Politik zum Thema Mangelernährung. In seinem Entwurf beschrieb das BMEL eine “materielle Ernährungsarmut” von Menschen, denen “die finanziellen Mittel fehlen”, um sich adäquat zu ernähren. Dies wurde gestrichen – wie auch einige Mal der explizite Begriff “Armut”. Selbst die sachlich zutreffende Wiedergabe von Erkenntnissen der eigenen wissenschaftlichen Berater überlebte die Ressortabstimmung nicht: “Laut des WBAE reichen die derzeitigen staatlichen Grundsicherungsleistungen nicht für eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung aus”, hatte das BMEL geschrieben. In der beschlossenen Strategie fehlt dieser Satz. Schwammiger steht dort nur, dass es mit Sozialleistungen “schwieriger” sei, sich gesund zu ernähren. Dass dies auch mit angeblich “mangelnden Ernährungskompetenzen” der Betroffenen zu tun habe, wurde in den Text redigiert.

Der Ernährungswissenschaftler Hans Konrad Biesalski, früheres Mitglied im WBAE und treibende Kraft hinter dessen Gutachten zur Ernährungsarmut, kritisiert, dass die Empfehlungen des Beirats untergingen. Das Problem der Ernährungsarmut bestehe “jetzt”, daher sei Handeln angesagt – insbesondere durch ein kostenfreies, gesundes Mittagessen für alle Kinder. Derart konkrete Maßnahmen fehlen in der Ernährungsstrategie: “Was der Bericht vorlegt, ist Entscheidungsarmut”, so Biesalski.

Ernährungsarmut: Es gründet sich ein Arbeitskreis

Tatsächlich bremsten andere Ministerien Özdemir noch zusätzlich aus. Der Grünen-Politiker wollte laut Entwurf zumindest eine eigenständige “interministerielle Projektgruppe” zum Thema Ernährungsarmut einrichten, die “effektive Maßnahmen” gegen Ernährungsarmut erarbeiten solle. Nicht mehr als ein Arbeitskreis – doch selbst dieser Vorschlag hatte keinen Bestand. Stattdessen kann nun die ohnehin geplante interministerielle Arbeitsgruppe (“IMAG”), die die Umsetzung der Ernährungsstrategie begleiten soll, eine “Untergruppe” zu diesem Thema einrichten. Von “effektiven Maßnahmen” ist keine Rede mehr. Der WBAE-Vorsitzende Achim Spiller lobt, dass die Bundesregierung das Problem Ernährungsarmut breit aufgreife – bei den Maßnahmen aber sei “vieles eher weich formuliert”, so der Agrarökonom: “Klare Zwischenziele auf dem Weg zum formulierten Ziel, dass sich 2050 alle Menschen unabhängig vom Einkommen gesund und nachhaltig ernähren können, fehlen, wären aber wichtig.”

Keine Verpflichtungen mehr für Krankenhäuser

Ähnlich abgeschwächt wurden Passagen zum Ernährungsmanagement im Krankenhaus, durch das sich nach Studienlage Heilungsverläufe und sogar Überlebenschancen von Klinikpatienten signifikant verbessern ließen. Zwar blieb ein Absatz mit “Verpflichtendes Screening auf Mangelernährung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen” überschrieben, wie im BMEL-Entwurf vorgeschlagen. Die weiteren Ausführungen machen jedoch klar, dass die Bundesregierung sich auf eine gesetzliche Pflicht gerade nicht verständigen konnte. “Ziel ist es, verbindliche Vorgaben für flächendeckende Ernährungsscreenings zu schaffen” – dieser Satz aus dem Entwurf wurde getilgt, von neuen “Vorgaben für die Länder” will die Bundesregierung nichts mehr wissen.

Die Strategie verweist stattdessen auf längst bestehende Maßnahmen und auf die Akteure der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, die die Ernährungssituation an Kliniken jederzeit verbessern könnten. Das stößt auf Kritik. Matthias Pirlich, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), sprach gegenüber Table.Media von einem “großen Erfolg”, dass das Problem der Mangelernährung im Krankenhaus adressiert werde. Im Vergleich zum BMEL-Entwurf seien die Maßnahmen jedoch deutlich abgeschwächt worden: “Es gibt offenbar Bestrebungen, die eine verbindliche Regelung für alle Patienten derzeit verhindern wollen.”

  • Cem Özdemir
  • Ernährungspolitik
  • Ernährungsstrategie
  • Handel

News

Agrardiesel droht in Deutschland deutlich teurer zu werden als in Frankreich

Als Reaktion auf die Bauernproteste verfolgen Frankreich und Deutschland gegenläufige Ansätze beim Agrardiesel. Während der französische Premierminister Gabriel Attal ankündigte, die geplante Steuererhöhung auf den Kraftstoff für landwirtschaftliche Fahrzeuge in Frankreich vorerst auszusetzen, hat der Bundestag am vergangenen Freitag den neuen Haushaltsplan im Eilverfahren bewilligt, der einen schrittweisen Wegfall der Agrardieselvergünstigung bis 2026 vorsieht.

Gegenwind kommt hierzulande allerdings vom Bundesrat: Das Haushaltsfinanzierungsgesetz wurde aufgrund der Debatte um die Agrardieselvergünstigung dort vergangenen Freitag von der Tagesordnung gestrichen. Da es sich um kein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, kann der Bundesrat das Verfahren aber lediglich bis zur nächsten Sitzung am 22. März verzögern, sowie gegebenenfalls Einspruch einlegen und den Vermittlungsausschuss anrufen.

Sollte das Ende der Agrardieselsubvention im März beschlossen werden, würde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte auf dem europäischen Markt gefährdet, sagt der Deutsche Bauernverband. Tatsächlich zeigt ein Vergleich, dass deutsche Bauern künftig knapp 50 Prozent mehr für ihren Kraftstoff zahlen könnten als französische.

Französischer Steuersatz ist deutlich niedriger

Zieht man die Rückerstattung für den Agrardiesel ab, zahlen Landwirte in Frankreich nur knapp 4 Cent Energiesteuer pro Liter Diesel. Dabei bleibt es den jüngsten Entscheidungen der französischen Regierung zufolge auch für die nächsten Jahre. In Deutschland zahlten Landwirte trotz Agrardieselbeihilfe bereits 2023 eine deutlich höhere Steuer: rund 21 Cent pro Liter. Durch den geplanten schrittweisen Wegfall der Beihilfe steigt der Satz bis 2026 schrittweise auf den vollen Betrag von rund 47 Cent an.

Basierend auf aktuellen Kraftstoffpreisen der letzten Januarwoche lässt sich grob überschlagen, was das für die Dieselpreise bedeutet, die deutsche und französische Bauern nach Abzug der Rückerstattung zahlen. Für Frankreich liegt dieser Endpreis bei rund 1,11 Euro pro Liter, in Deutschland bei rund 1,57. Geht man – der Einfachheit halber – von stabilen Preisen aus, bliebe der Endpreis in Frankreich über die nächsten Jahre bei diesem Wert, weil auch der Steuersatz stabil bleibt. In Deutschland würde sich jedoch der Preis bis 2026 auf zirka 1,70 Euro erhöhen. Hier würden Landwirte damit 2026 für den Diesel etwa anderthalbmal so viel zahlen wie in Frankreich. Ab Sommer 2024 will die französische Regierung zudem die Rückerstattung direkt vom Kaufpreis abziehen. Das gibt französischen Landwirten einen zusätzlichen Vorteil gegenüber deutschen Landwirten, die eine Rückerstattung erst im Folgejahr beantragen können.  

EU-Standards für Steuerbegünstigungen sind notwendig

Laut Sebastian Lakner, Professor für Agrarökonomie an der Universität Rostock, fallen die künftigen Preisunterschiede für Agrardiesel für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte allerdings nur bedingt ins Gewicht. Im Durchschnitt müssen deutsche Landwirte künftig 2.900 Euro mehr im Jahr für ihre Betriebsmittel ausgeben, das entspricht lediglich vier bis fünf Prozent der gesamten Betriebskosten. Ein größeres Problem seien die gekoppelten Zahlungen aus der GAP, mit denen Frankreich bestimmte Produktionsverfahren wie die Bullenmast oder die Milchviehhaltung deutlich stärker unterstützt als Deutschland. Trotzdem sei es wichtig, “auf dem europäischen Markt ähnliche Bedingungen auch für die Agrardieselsubvention festzulegen”, sagt Lakner. Er schlägt deshalb vor, einen europaweiten Korridor für Steuerbegünstigungen einzuführen. Damit könnten die Preisunterschiede in den EU-Ländern abgedämpft und einheitliche Standards geschaffen werden. ag

  • Agrarpolitik
  • Bauernproteste
  • Deutscher Bauernverband
  • Kraftstoffe
  • Milchviehhaltung

Letzte Änderungen: EU-Abstimmung zu Lockerung bei Brachflächen verschoben

Eigentlich sollten die EU-Staaten am gestrigen Montag über den Vorschlag der Europäischen Kommission abstimmen, für dieses Jahr erneut Ausnahmen von der Brachflächenregelung (GLÖZ 8) innerhalb der GAP zuzulassen. Die Abstimmung wurde aber verschoben, wie eine Kommissionssprecherin bestätigte. Bis zum morgigen Mittwoch sollen sich die Mitgliedstaaten nun schriftlich zu dem Vorschlag äußern. Dass die EU-Länder grünes Licht geben, gilt als wahrscheinlich. Hintergrund der Verzögerung ist, dass die Kommission noch einmal Änderungen an ihrem Vorschlag von vergangener Woche vorgenommen hat.

Dabei geht es um die Vereinbarkeit mit den Ökoregelungen. Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass für 2024 als Alternative zu vier Prozent Brachflächen der GLÖZ 8-Standard auch erfüllt werden kann, indem stattdessen auf sieben Prozent der Fläche Leguminosen oder Zwischenfrüchte angebaut werden können. Dies würde jedoch in einigen Mitgliedstaaten mit Ökoregelungen kollidieren, die auf GLÖZ 8 aufbauen. So auch in Deutschland: Unter anderem die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hatte gewarnt, dass die Nutzung der Ausnahme im Widerspruch zur Förderung des Anbaus von Leguminosen über die Ökoregelungen stehe. Der geänderte Entwurf der Kommission (abrufbar auf Englisch hier) sieht vor, die betreffenden Ökoregelungen übergangsweise anzupassen.

Özdemir für Lockerung

Fällt das Votum der Mitgliedstaaten am Mittwoch positiv aus, hat die Bundesregierung im Anschluss 15 Tage Zeit, der Kommission mitzuteilen, ob sie die Ausnahme umsetzen will. Diese träte dann rückwirkend zum 1. Januar 2024 in Kraft. Trotz seiner früheren Kritik an Lockerungen bei der Flächenstilllegung hat sich Bundesagrarminister Cem Özdemir für die Ausnahmeregelung für 2024 ausgesprochen und will innerhalb der Koalition dafür werben, dass Deutschland in Brüssel zustimmt. In der Vergangenheit hatte Özdemir immer wieder davor gewarnt, Ziele wie Klima- und Artenschutz einerseits und die Ernährungssicherung andererseits gegeneinander auszuspielen.

Auch die EU-Kommission hatte noch vor wenigen Monaten eine Ausnahme bei GLÖZ 8 für 2024 abgelehnt – dass sie diese nun doch vorschlägt, kann als Reaktion auf die Bauernproteste gewertet werden, die zuletzt auch Brüssel erreichten. Allerdings ist die Ausnahme für 2024 enger gefasst als jene, die es bereits im vergangenen Jahr gab. 2023 konnten die Mitgliedstaaten noch den Anbau von Getreide auf den eigentlichen Brachflächen erlauben. Auch das Ziel sei jetzt ein anderes, heißt es von hochrangigen Kommissionsbeamten: Ging es zuvor darum, angesichts hoher Getreidepreise durch den Ukraine-Krieg die heimische Agrarproduktion hochzufahren, stehe jetzt die wirtschaftliche Entlastung der Betriebe im Vordergrund. jd

  • Biodiversität
  • Cem Özdemir
  • Europäische Kommission
  • Gemeinsame Agrarpolitik

EU genehmigt Milliarden für Umbau der Tierhaltung

Die Europäische Kommission hat die staatliche Förderung aus dem Bundesprogramm für mehr Tierwohl genehmigt. Nachdem der Bundestag und Bundesrat am vergangenen Freitag die Förderung im Rahmen des Haushaltsgesetzes bewilligt haben, wird Deutschland künftig mit einer Milliarde Euro kleine und mittlere Tierzuchtbetriebe beim Umbau der Tierhaltung unterstützen. Dabei geht es vor allem um bessere Bedingungen in der Schweinezucht.

Bis 2030 sollen rund 675 Millionen Euro als Investitionszuschuss in die Modernisierung der Schweineställe fließen. Mit den restlichen 325 Millionen Euro sollen bis 2031 die laufenden Kosten, die durch eine besonders tier- und umweltgerechte Haltung entstehen, in Form von Direktzuschüssen abgedeckt werden. Laut der Kommission könnten beide Fördermaßnahmen in Zukunft auch auf andere Nutztiere ausgedehnt werden.

Mehr Tierwohl wird zum Geschäftsmodell

Im Rahmen des Bundesprogramms für mehr Tierwohl wird darüber hinaus die seit August 2023 geltende verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Fleisch ausgeweitet: Ab Februar muss die Herkunft von unverpacktem Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch an Verkaufsstellen gekennzeichnet werden. Damit verschärft Deutschland die bislang geltende Kennzeichnungspflicht unter EU-Recht, unter der die Herkunft von verpacktem Fleisch sowie unverpacktem Rindfleisch gekennzeichnet werden muss.

Mit dieser Bewilligung können die bereits 2022 vom BMEL beschlossenen Förderungen nun in die Praxis umgesetzt werden. “Tierhaltung soll in Deutschland eine Zukunft haben – und das geht nur, wenn wir den Verbraucherwunsch nach mehr Tierwohl zum Geschäftsmodell machen”, sagt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Zusätzliche Fördermittel zum Umbau der Tierhaltung könnten künftig potenziell aus der Tierwohlabgabe kommen, die aktuell innerhalb der Koalition kontrovers debattiert wird. Schätzungen der Borchert-Kommission zufolge würde die Abgabe zusätzliche Mittel in Höhe von 3,6 Millionen Euro einbringen. ag

  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
  • Ernährungspolitik
  • Europäische Kommission
  • Tierzucht

Bauernproteste: Macron wettert gegen Mercosur-Abkommen

Auf dem Sondergipfel in Brüssel hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für Spiegelklauseln starkgemacht und gegen das Handelsabkommen mit Mercosur argumentiert. “Ich bin nicht aus Prinzip gegen Freihandelsverträge”, sagte Macron in einem Pressebriefing. Er sei einfach gegen Freihandel, wenn das “Gesetz des Dschungels” gelte. “Wir können von den europäischen Produzenten nicht verlangen, immer mehr Regeln zu respektieren, und gleichzeitig Freihandelsabkommen verhandeln, wie man das in den 90er-Jahren machte”, sagte Macron.

Der Gipfel in Brüssel war von massiven Bauernprotesten begleitet worden, die auch Gesprächsthema bei den Staats- und Regierungschefs waren. Eine Marktöffnung, ohne von den Handelspartnern Respekt vor den europäischen Regeln einzufordern, gefährdet nach Ansicht von Macron die Existenz der europäischen Landwirte. Wenn man diesem Prinzip folge, werde man zum Schluss zu einem “Kontinent, der Regeln macht für Produzenten, die es gar nicht mehr gibt”.

Handelspartner sollen Nachhaltigkeitskriterien zustimmen

Mit diesem Extrembeispiel warnte Macron, dass Europa durch zu viel Regulierung bei gleichzeitiger Marktöffnung die Kontrolle verliere über die Ernährung und in der Folge minderwertige Ware aus Drittländern konsumieren müsse. Dies bedrohe die Souveränität Europas, meint Macron.

Als positives Beispiel führte der französische Präsident die jüngsten Handelsverträge mit Chile und Neuseeland auf, in denen die Handelspartner zu Nachhaltigkeitskriterien zustimmten. Der kommerziell viel bedeutendere Handelsblock Mercosur will diese Kriterien jedoch nicht akzeptieren. Ähnlich wie bei Macron geht es den südamerikanischen Ländern dabei um ihre Souveränität. jaa

  • Bauernproteste
  • Emmanuel Macron
  • Frankreich
  • Mercosur

Ukraine-Freihandel: Kritik am Kompromiss der EU-Kommission

Bis Anfang Juni sind alle Zölle und Quoten für die Einfuhr ukrainischer Produkte in die EU ausgesetzt. Die EU-Kommission will diese temporären Maßnahmen um ein Jahr verlängern, dabei allerdings “Schutzmaßnahmen” einführen. Den Vorschlag stellte Kommissionsvize Margaritis Schinas vergangene Woche in Brüssel vor. Die Handelserleichterungen, die 2022 erstmals eingeführt wurden, brauche es weiterhin zur wirtschaftlichen Unterstützung der Ukraine, betonte Schinas. Die Entscheidung über den Vorschlag liegt jetzt beim EU-Parlament und den Mitgliedstaaten.

Besonders der große Agrarsektor der Ukraine profitiert vom zollfreien Handel. Viele Erzeuger innerhalb der EU sehen diesen aber genau deshalb kritisch. Sie fürchten, durch billigere Importware vom Markt verdrängt zu werden – eine Sorge, die auch bei den jüngsten Bauernprotesten in Frankreich Thema ist.

Notbremse für Agrarimporte

Bedenken ausräumen will die Kommission durch zwei neue Schutzmechanismen:

  • Für drei “sensible” Produktgruppen – Eier, Hühnerfleisch und Zucker – sollen die Importe aus der Ukraine auf dem Durchschnittsniveau der Jahre 2022 und 2023 gekappt werden. Übersteigen die Einfuhren diesen Wert, werden automatisch Zölle und Quoten wieder eingesetzt. Die Einfuhren für diese drei Produktgruppen aus der Ukraine sind seit Beginn der Handelserleichterungen nach Angaben der Kommission besonders stark gestiegen, für Zucker verzehnfachten sich die Importe.
  • Für alle anderen Produkte soll es der Kommission überlassen bleiben, im Falle von Marktverwerfungen kurzfristig Gegenmaßnahmen zu ergreifen, beispielsweise durch zeitweise Handelseinschränkungen. Neu wäre, dass solche Maßnahmen auch nur für einzelne, besonders betroffene EU-Länder getroffen werden könnten statt für die gesamte Union.

Kritik von beiden Seiten

Eine automatische Notbremse für bestimmte Agrarprodukte, wie sie die Kommission vorschlägt, hatten mehrere europäische Agrarverbände gefordert, darunter der EU-Bauerndachverband Copa Cogeca. Trotzdem erklärten ebendiese Verbände in einem gemeinsamen Statement, der Vorschlag der Kommission bringe “keine ausreichende Entlastung” für Erzeuger in der EU. Der Knackpunkt: Die Verbände wollen den Höchstwert für die Einfuhren von Eiern, Hühnerfleisch und Zucker statt an die Jahre 2022/23 an die Durchschnittswerte von 2021 bis 2022 knüpfen, als die Einfuhren noch deutlich niedriger waren. Die Notbremse würde damit bei einem geringeren Importvolumen greifen.

Kritik kommt aber auch aus der Ukraine. Ruslan Illichev, Präsident des ukrainischen Arbeitgeberverbands FEU, begrüßte zwar die vorgeschlagene Verlängerung der Handelserleichterungen als “Zeichen der Unterstützung.” Die Einschränkungen für mehrere Agrarprodukte bedaure der Verband jedoch, sie wirkten als “negativer Präzedenzfall im Freihandel zwischen der Ukraine und der EU”, sagte er zu Table.Media. jd

  • Europäische Kommission
  • Freihandel
  • Ukraine

Biomethan: BMWK sieht Chance für Import aus der Ukraine

Gleichzeitig die Energiewende voranbringen und die Ukraine wirtschaftlich unterstützen: Dieses Ziel verfolgen der Thinktank Liberale Moderne (LibMod) und der Lobby-Verband Zukunft Gas mit einer gemeinsamen Initiative. Sie setzen sich dafür ein, dass Deutschland künftig in großem Stil Biomethan aus der Ukraine importiert.

In einem Policy Paper hatten sie im vergangenen Herbst die Potenziale dieser Zusammenarbeit dargestellt und zudem analysiert, woran ein solcher Import bisher scheitert. Dem Papier zufolge könnte das Land im Jahr 2030 etwa elf Terawattstunden (TWh) Biomethan erzeugen, im Jahr 2050 könnten es 50 TWh sein. Das Gesamtpotenzial wird mit 110 TWh jährlich angegeben. Die notwendige Biomasse würde dabei zu zwei Dritteln aus Ernterückständen und Abfällen bestehen und zu einem Drittel aus Maissilage.

Bei einem parlamentarischen Abend warben die Initiatoren vergangene Woche um Unterstützung für ihr Konzept. Der ehemalige Grünen-Politiker und jetzige LibMod-Geschäftsführer Ralf Fücks betonte, dass die Technik und die Pipelines bereits existierten, sodass Biomethan aus der Ukraine – anders als Wasserstoff – kurzfristig genutzt werden könnte, um fossiles Erdgas zu ersetzen. Für das Projekt, “das ein Stück Hoffnung und Zuversicht stiften kann”, brauche es “mehr Geschwindigkeit”, forderte Fücks.

Zumindest bei den anwesenden Politikern stieß er damit auf Zustimmung. Nicht nur FDP-Klimaexperte und -Fraktionsvize Lukas Köhler und Grünen-Außenpolitiker Robin Wagener stellten sich hinter das Projekt. Auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium kamen positive Signale: Der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner stellte Unterstützung in Aussicht – sofern sichergestellt sei, dass man sich in der Herstellung “auf Rest- und Abfallstoffe fokussiert”, Nachhaltigkeitskriterien eingehalten werden und die lokale Nutzung von Biomethan in der Ukraine mitgedacht werde.

Vorbehalte im Umwelt- und Landwirtschaftsministerium

Bis zu einer Umsetzung ist es aber trotzdem noch ein weiter Weg. Um auch für mit im Ausland produziertem Biomethan erzeugten Strom eine EEG-Vergütung zu erhalten, muss das Gesetz geändert werden. Zudem ist eine offizielle bilaterale Kooperation zwischen Deutschland und der Ukraine notwendig, damit das ukrainische Biogas den notwendigen Herkunftsnachweis erhalten kann.

Im Umwelt- und im Landwirtschaftsministerium gibt es dem Vernehmen nach Vorbehalte, weil man dort die verstärkte Nutzung von Biogas generell skeptisch sieht. Zudem muss die Ukraine den Export von Biomethan über Pipelines noch genehmigen, und die Investitionen müssen abgesichert werden. mkr

  • BMWK
  • Energiewende
  • Methan
  • Ukraine

EU geht gegen Etikettenschwindel bei Honig aus China vor

Die EU will gegen gepanschten Honig aus China vorgehen. Auf Honiggläsern sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Europäischen Union künftig genauere Angaben zum Ursprungsland finden. Die Unterhändler von Europaparlament und Mitgliedstaaten einigten sich darauf, die sogenannten Frühstücksrichtlinien zu verschärfen. Hintergrund sind Vermutungen, dass importierter Honig aus Drittstaaten mit Zucker gestreckt wird. Einen großen Teil des Honigs importiert die EU derzeit etwa aus China, was auf den Etiketten allerdings häufig nicht angegeben wird.

Honig dürfte demnach nicht mehr wie bisweilen üblich als “Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern” gekennzeichnet werden. Das Etikett soll stattdessen eine Liste der Länder enthalten, aus denen der Honig stammt. Die Hersteller sollen zudem angeben, wie viel Prozent am Gewicht des Honigs aus welchem Land stammt. “Sowohl Imker als auch Verbraucher werden besser vor gepanschtem Honig geschützt”, begrüßte der Verhandlungsführer des Europaparlaments, Alexander Bernhuber, die Einigung.

EU-Analyse: Fast die Hälfte des importierten Honigs ist gepanscht

Gepanscht ist ein Honig dann, wenn Händler sein Volumen erhöhen, indem sie Zutaten wie Wasser oder preiswerten Zuckersirup hinzufügen. Honig enthält von Natur aus Zucker und muss nach EU-Vorschriften rein bleiben. Ihm dürfen also keine Zusatzstoffe beigemischt werden.

Die EU-Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hatte im vergangenen Jahr importierten Honig untersuchen lassen: Die Analyse ergab, dass 46 Prozent der 320 Proben importierten Honigs, die zwischen November 2021 und Februar 2022 zufällig entnommen wurden, wahrscheinlich manipuliert waren. Die höchste Zahl verdächtiger Proben stammte aus China und der Türkei.

Derzeit produziert die EU selbst nicht genug Honig, um die Nachfrage zu decken. Rund 40 Prozent werden aus Drittländern importiert. Das führt jedoch dazu, dass europäische Hersteller mit zunehmenden Billigimporten, insbesondere aus China, zu kämpfen haben. Denn mit deren Preisen können europäische Hersteller nur schwer konkurrieren. ari/mit AFP

  • EU
  • Handel
  • Lebensmittel
  • Lebensmittelindustrie

Ernährung: Hohe Gewinne durch gesunde Lebensmittel

Die volkswirtschaftlichen Gewinne einer Transformation der globalen Agrar- und Ernährungssysteme bis 2050 könnten zwischen fünf und zehn Billionen US-Dollar jährlich betragen. Die Kosten hingegen lägen bei nur 200-500 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Das ist das Ergebnis einer Studie der Food System Economics Commission (FSEC), der Institutionen wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die Weltbank und die Weltgesundheitsorganisation angehören. Die Forschungsarbeit dauerte vier Jahre.

Die hohen Gewinne ergeben sich daraus, dass die Agrar- und Ernährungssysteme laut Studie derzeit 15 Billionen US-Dollar pro Jahr an nicht-berücksichtigten Kosten verursachen. Allein rund 11 Billionen US-Dollar davon entfielen auf die ökonomischen Kosten geringerer Produktivität, die eine Folge von Übergewicht und Unterernährung sind.

Gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit priorisieren

Für die Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen auf nationaler Ebene und im lokalen Kontext gebe es fünf Prioritäten, schreiben die Forschenden:

  • Es brauche Maßnahmen dafür, dass Menschen sich gesünder ernähren – etwa ein Verbot von Werbung für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder richtet, klare Informationen auf Verpackungen oder Leitlinien für die öffentliche Beschaffung.
  • Die Förderung von Landwirtschaft müsse umgestellt werden. Bislang würden vielfach große Produzenten und umwelt-, klima- und gesundheitsschädliche Praktiken subventioniert.
  • Steuern auf Kohlenstoffdioxid und Stickstoff-Verschmutzung könnten die Transformation in die gewünschte Richtung lenken, etwa wenn die Einnahmen an Haushalte gehen, die sich gesunde Lebensmittel sonst nicht leisten könnten.
  • Nationale und internationale Institutionen könnten dazu beitragen, dass Innovationen schnell entwickelt werden und sich verbreiten – zum Beispiel bei der ökologischen, biodiversitätsfreundlichen und emissionsarmen Landwirtschaft.
  • Ein Schlüssel liege darin, Unterstützungsangebote für ärmere Menschen zu entwickeln. So ließe sich der Wandel inklusiv und politisch durchsetzbar gestalten.

Eine erfolgreiche Transformation könnte bis 2050 dazu führen, dass Unterernährung überwunden würde und 174 Millionen Menschen nicht an ernährungsbedingten chronischen Krankheiten sterben würden. Gleichzeitig könnte sie helfen, etwa 1,5 Milliarden Hektar mehr Land zu schützen und die Stickstoffüberschüsse fast zu halbieren. Aber: Selbst, wenn alle Staaten ihre aktuellen Strategien umsetzten, würde das laut der Autoren nicht reichen, um die globalen Ernährungssysteme “auf einen nachhaltigen Pfad” zu bringen. nh

  • Ernährung
  • Nachhaltige Ernährungssysteme
  • Öffentliche Beschaffung

Termine

06.02.2024 – 17:30 – 19:00 Uhr / online
Webinar des BZL Private Vorsorge für Frauen in der Landwirtschaft – voller Einsatz, halbe Absicherung?
Die finanzielle Absicherung der Frauen in der Landwirtschaft ist in der Praxis oftmals sehr lückenhaft. Das hat auch die Studie des Thünen-Instituts und der Universität Göttingen “Frauen.Leben.Landwirtschaft” noch einmal verdeutlicht. In diesem BZL-Web-Seminar geht es nicht nur um die Altersversorgung, sondern auch um die Risikoabsicherung bei Scheidung, Tod oder Berufsunfähigkeit. INFO & ANMELDUNG

07.02.2024 – 12:30 – 13-30 Uhr / Brüssel
Plenarabstimmung Mit bestimmten neuen genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel
Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit bestimmten neuen genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel sowie zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/625 INFO

06.02. – 09.02.2024 / Münster
Messe AGRAR Unternehmertage
Regionale Fachmesse für landwirtschaftliche Produktion, Handel und Management. Aussteller präsentieren auf der AGRAR Messe Münster ihre Produkte, Dienstleistungen und Neuheiten wie beispielsweise Maschinen, Anlagen und Betriebsmittel für die gesamte landwirtschaftliche Produktion, Tierzucht, Vermarktung und regenerative Energie. Bei den aktuellen Trends geht es nicht nur um Effizienzsteigerung, sondern vor allem auch um Umwelt und Tier schonendere Verfahren. INFO

07.02. – 09.02.2024 / Messe Berlin
Messe Fruit Logistica
Auf der FRUIT LOGISTICA finden Sie das komplette Angebot an Produkten, Dienstleistungen und technischen Lösungen – ob bei der Entwicklung von Saatgütern, Früchten und Gemüse oder bei Verpackung und Automatisierung. Die Messe bildet das gesamte Spektrum der Wertschöpfungskette ab – vom Erzeuger zum Verbraucher. INFO & ANMELDUNG

13.02. – 16.02.2024 / Messe Nürnberg
Messe BIOFACH – Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel
Erleben Sie Bio in seiner reinsten Form auf der weltweit führenden Bio-Messe in Nürnberg. Seit 1990 ist die BIOFACH der unverzichtbare Treffpunkt für Pioniere und Newcomer, die ihre Leidenschaft für Bio-Lebensmittel und den Bio-Markt teilen und sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit Gleichgesinnten austauschen möchten. INFO

20.02. – 21.02.2024 – 10.00 – 17.00 Uhr / Grebenstein
Seminar Ackern in Zeiten des Klimawandels – welche Potenziale haben neue und alternative Kulturarten?
Das Seminar zeigt den Teilnehmenden neue Möglichkeiten in der Kulturartenwahl und Fruchtfolgegestaltung auf und nimmt dabei Anbaumethoden, Absatzmöglichkeiten und Aspekte des Betriebsmanagements unter die Lupe. INFO

20.02.- 22.02.2024 / Augsburg
Fachmesse RegioAgrar Bayern 2024
Die Messe RegioAgrar Bayern in Augsburg ist eine Landwirtschaftsmesse und regionale Fachmesse für landwirtschaftliche Produktion, Handel und Management. INFO

21.02.2024 – 16.00 – 18.00 Uhr / Hotel Aquino, Hannoversche Straße 5b, 10115 Berlin-Mitte
Podiumsdiskussion Bodenforum 2024: Agrarstrukturgesetze – Jetzt oder nie!
mit Wolfram Günther, Sächsischer Landwirtschaftsminister (Bündnis 90/Die Grünen)
Susanna Karawanskij, Thüringer Landwirtschaftsministerin (Die Linke)
Prof. Dr. José Martínez, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Landwirtschaftsrecht, Universität Göttingen
Hans-Jürgen Thies (MdB), Bodenmarktpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
ANMELDUNG

26.02.2024 / Brüssel
Tagung Rat für Landwirtschaft und Fischerei der Europäischen Union INFO

Presseschau

Interview: Köchin und EU-Abgeordnete Sarah Wiener über ihren Ausstieg aus der EU-Agrarpolitik Der Tagesspiegel
Bauernproteste: HDE weist Vorwurf der übermäßigen Marktmacht des Einzelhandels zurück top agrar
Interview: HDE-Präsident Alexander von Preen fordert mehr Flexibilität und weniger Bürokratie für den Handel Lebensmittelzeitung
Bauernproteste in Frankreich: Zugeständnisse der Regierung ernten Kritik von Klein- und Biobauern AgE
Bauern in Spanien demonstrieren wegen unfairer Konkurrenz durch Billigimporte FAZ
Wie englische Bauern auch ohne EU-Subventionen auskommen FAZ
Scheitern der EU-Pestizidverordnung: Welche Rolle die Agrarlobby gespielt hat Handelsblatt
Süßwarenhändler Arko, Husserl und Eilles melden Insolvenz an Die Zeit
Interview: Marktforscher Frédéric Vallette sieht Potenzial für Lidl und Aldi auf dem französischen Markt Lebensmittelzeitung
Münchner Unternehmen Farminsect stellt Tierfutter aus Insekten her Handelsblatt
Growing demand for milk alternatives is driving new investments Financial Times
Landtechnikhersteller Fendt testet ferngesteuerten Traktor top agrar


Heads

Johanna Kühner – Diese Frau will die Lebensmittelindustrie revolutionieren

Johanna Kühner hat SuperCoop mitgegründet: Den ersten Supermarkt Deutschlands, der seinen Kunden selbst gehört.

Johanna Kühner hatte eigentlich nie wirklich etwas mit der Lebensmittelindustrie zu tun. Sieht man von dem Sommer ab, den sie nach dem Abitur bei der Viernheimer Tafel aushalf. Während ihres Politik- und Wirtschaftsstudiums in Mannheim und Berlin frustrierte sie es aber zunehmend, nicht nachvollziehen zu können, wo Lebensmittel herkamen und wie sich die Preise zusammensetzten. 2020 kam die heute 26-Jährige gemeinsam mit anderen auf eine Idee: Einen kooperativen Supermarkt zu gründen, bei dem die Kunden gleichzeitig die Inhaber sind. Und die somit nicht nur die Lieferanten selbst auswählen, sondern auch bestimmen können, wie teuer die Produkte sind. “Wir waren nicht zufrieden damit, wie andere Supermärkte funktionieren. Wir wollten anders einkaufen und regionale Händler anders unterstützen”, erklärt Kühner. 

Als der Supermarkt 2021 in Berlin-Wedding eröffnete, stand dahinter eine Genossenschaft mit 40 Mitgliedern, heute sind es fast 1.300. Auf 350 Quadratkilometern bietet der Laden rund 4.000 Produkte an – vornehmlich Bio-Ware, die jedoch im Schnitt 15 bis 30 Prozent günstiger ist als herkömmliche Bio-Produkte. “Somit machen wir gute, nachhaltige Lebensmittel für mehr Menschen zugänglich”, sagt Kühner.  

Mitglieder beeinflussen die Wertschöpfungskette

Mitglieder haben bei SuperCoop direkt Einfluss auf die Wertschöpfungskette: Für einen einmaligen Beitrag von 100 Euro erwerben sie Anteile am Supermarkt, zudem zahlen sie 10 Euro “Eintrittsgeld”. Alle Einnahmen werden in den Supermarkt reinvestiert. Jedes Mitglied hilft im Monat drei Stunden im Laden aus – entweder an der Kasse oder beim Waren einräumen. Nur Mitglieder können bei SuperCoop einkaufen. Kühner ist neben drei anderen Frauen im Vorstand tätig, kümmert sich dort um Finanzierung, PR und Ladenbau.  

Mit diesem Konzept ist SuperCoop der erste kooperative Supermarkt Deutschlands – ähnliche Konzepte gibt es in New York, Paris, Brüssel und München. “Im Moment ist es so, dass wenige Großkonzerne den Markt dominieren. Das führt zu einem extremen Preisdruck für Erzeuger“, sagt Kühner. Nahrungsmittelpreise sind zwischen Juli 2021 und Juli 2023 um 27,2 Prozent gestiegen. Gerade die großen Bio-Ketten wie Alnatura oder Denns mussten deshalb schon 2022 einen Umsatzeinbruch vermelden. SuperCoop will eine Alternative zum bisherigen Supermarktangebot bieten: “Wir möchten einen fairen Umgang mit den Erzeugern auf Augenhöhe und damit die Erzeuger und Konsumenten wieder näher zusammenbringen”, sagt Kühner. 

Mittlerweile ist SuperCoop zu einer Begegnungsstätte für Menschen aus dem Kiez geworden, die meisten Mitglieder kommen aus Wedding. Es sind gerade diese Momente, die Kühner im Gedächtnis geblieben sind: “Wenn ein Mitglied von unserem Supermarkt spricht und aktiv das ‘Wir’ betont, wenn es darum geht, neue Produkte einzukaufen – dann macht mich das sehr glücklich.” Mirjam Ratmann

  • Lebensmittel
  • Nachhaltigkeit

Agrifood.Table Redaktion

AGRIFOOD.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    eigentlich stand beim Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag nur ein Thema auf der Tagesordnung: die Finanzhilfe für die Ukraine. Informell aber war in Brüssel auch die Landwirtschaft klar im Fokus. So erreichten die Bauernproteste am Gipfeltag auch Brüssel. Vor allem aber war es der französische Präsident Emmanuel Macron, der das Thema auf die höchste politische Ebene hievte, getrieben von den Protesten im eigenen Land. Auf die Europäische Kommission macht der Druck aus Paris offenbar Eindruck – anders als die deutschen Bauernproteste, die sich auf die EU-Politik nicht weiter ausgewirkt haben.

    Bereits am Mittwoch hatte die Kommission Lockerungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgeschlagen. Bei einem Treffen mit Kommissionspräsidentin von der Leyen am Rande des Gipfels forderte Macron weitere Maßnahmen, darunter Bürokratieabbau. Letzteren versprach von der Leyen dann auch prompt: Die Kommission werde noch vor dem nächsten EU-Agrarrat am 26. Februar einen Vorschlag vorlegen, um den Verwaltungsaufwand für Landwirte zu reduzieren, kündigte sie am selben Abend an. Wie substanziell der Vorschlag wird, bleibt abzuwarten, zumal in Sachen GAP vieles den Mitgliedstaaten obliegt.

    Was von der Leyen lieber unerwähnt ließ: Im Zuge der Haushaltsänderungen zur Finanzierung der Ukraine-Hilfe, auf die sich Mitgliedstaaten und Kommission am Donnerstag einigten, werden Gelder auch aus der GAP abgezogen. 1,1 Billionen Euro sollen von 2024 bis 2027 aus GAP und Kohäsionsfonds eingespart werden, die Aufteilung zwischen den beiden Posten ist noch nicht entschieden. Auf die Fördergelder für die Betriebe haben die Kürzungen aber keine Auswirkungen. Sie sollen stattdessen beispielsweise Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit betreffen, die direkt von der Kommission finanziert und umgesetzt werden.

    Auch in Berlin wird derweil weiter um Entlastungen für die Landwirtschaft gerungen, unter anderem das Thema Tierwohlabgabe wird wieder diskutiert. Hierzu hat das BMEL den Ampel-Fraktionen nun ein Konzept für eine Verbrauchssteuer vorgelegt, wie meine Kollegin Merle Heusmann exklusiv erfahren hat. Was das Haus plant, erklärt sie in ihrer Analyse.

    Ihre
    Julia Dahm
    Bild von Julia  Dahm

    Analyse

    Tierwohlabgabe: BMEL schlägt nicht-harmonisierte Verbrauchssteuer auf tierische Produkte vor

    Nach dem Debakel um die Agrardieselkürzungen will Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir den Landwirten Zugeständnisse machen. Um den Tierhaltern beim Stallumbau finanziell unter die Arme zu greifen, plant er – so hat er es in den vergangenen Wochen immer wieder angekündigt – einen Tierwohl-Cent einzuführen. Lange war nicht klar, wie eine solche Abgabe auf tierische Produkte im Detail aussehen könnte. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das von den Fraktionen beauftragt worden war, ein Konzept für eine Verbrauchssteuer auf tierische Produkte auszuarbeiten, hielt sich bedeckt. Wie Table.Media nun aber exklusiv erfuhr, hat das BMEL den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP vergangene Woche Eckpunkte hierzu vorgelegt.

    “Wir brauchen das Rad dabei nicht neu erfinden, sondern müssen es nur endlich einbauen”, ließ Özdemir im Zusammenhang mit der Tierwohlabgabe in den vergangenen Wochen immer wieder wissen. Das Rad nicht neu zu erfinden, heißt in diesem Fall: Die Überlegung einer Abgabe auf Fleisch und andere tierische Produkte der Borchert-Kommission soll die Grundlage bilden für das, was Özdemir mittlerweile Tierwohl-Cent nennt. Um den umzusetzen, hatte die Borchert-Kommission damals drei Möglichkeiten in den Raum geworfen: eine Sonderabgabe Tierwohl, die Anhebung des Umsatzsteuersatzes auf tierische Produkte von sieben auf 19 Prozent sowie eine Verbrauchssteuer auf tierische Produkte.

    BMF für Gesetzentwurf zuständig

    Für letztere Variante hat das BMEL jetzt das Konzept entwickelt. Aus Fraktionskreisen heißt es dazu, das BMEL schlage in dem Papier eine sogenannte nicht-harmonisierte Verbrauchssteuer auf bestimmte tierische Produkte vor. Das Konzept wollen die Fraktionen im nächsten Schritt diskutieren. Bei den Beratungen sollen auch Verbände angehört werden. Als Haushaltsgesetzgeber müssten die Ampel-Fraktionen dann über die weiteren Schritte entscheiden, lässt ein Sprecher aus dem BMEL wissen.

    Für die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs wäre im Anschluss das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zuständig. Dessen Leiter, Bundesfinanzminister Christian Lindner, reagierte jedoch zuletzt eher verhalten auf eine mögliche Tierwohlabgabe. Im Interview mit top agrar Mitte Januar machte er deutlich, es sei wichtig zu klären, ob dies europarechtlich möglich sei.

    Vereinbarkeit mit europäischem Recht fraglich

    Die Vereinbarkeit mit europäischem Recht will das BMEL mit seinem Konzept für die Verbrauchssteuer auf tierische Produkte gewährleisten. Dem Vernehmen nach soll die Abgabe – ähnlich wie die in Deutschland geltende Kaffeesteuer – von der EU-Harmonisierung ausgenommen werden. Genaue europarechtliche Vorgaben, wie es sie zum Beispiel bei der Kraftstoffsteuer gibt, würden in dem Fall nicht gelten.

    Steuerrechtler Till Valentin Meickmann von der Universität Passau bezweifelt aber, dass das Finanzierungskonzept des Tierwohl-Cents europarechtlich wasserdicht ist. “Erhebliche europarechtliche Risiken” sieht er vor allem darin, dass die zusätzlichen Einnahmen aus der Steuer für die Umgestaltung der Nutztierhaltung hin zu mehr Tierwohl eingesetzt werden soll. “Eine Steuer, bei der die zusätzliche Belastung wirtschaftlich für inländische Produzenten zumindest teilweise ausgeglichen wird, würde voraussichtlich gegen das europarechtliche Verbot diskriminierender Abgaben verstoßen“, erläutert Meickmann. EU-Staaten dürften das Aufkommen einer auf in- und ausländische Produkte erhobenen Steuer grundsätzlich nicht dafür einsetzen, die inländische Produktion dieser Produkte zu fördern.

    Rechtssicher wäre dieses Problem nur dadurch zu lösen, dass die Steuer allein auf Produkte aus dem Inland erhoben wird, sagt Meickmann. Er bezweifelt aber, dass die Tierwohlsteuer dann auf den Endverbraucher abgewälzt werden kann. “Letztlich könnte eine Tierwohlsteuer allein auf inländische Produkte dazu führen, dass die inländischen Tierhalter wirtschaftlich auf der zusätzlichen Steuerlast sitzen bleiben“, befürchtet der Steuerrechtler. Damit würde ein Tierwohl-Cent seinen eigentlichen Zweck aber verfehlen.

    Widerstand seitens der FDP möglich

    Auch politisch dürfte es schwierig werden, die Koalitionspartner für das Finanzierungsinstrument zu begeistern, das das BMEL nun ins Spiel gebracht hat. Denn: Steuererhöhungen, wie sie das BMEL in dem Papier skizziert, sind mit der FDP nicht zu machen. Erst im Dezember hatte Bundesfinanzminister Lindner Steuererhöhungen zur roten Linie in der Ampel erklärt.

    Wie umstritten eine Verbrauchssteuer auch in der Opposition ist, zeigte sich erst vergangene Woche, als die CDU ihr Stärkungspaket für die Landwirtschaft vorstellte. In dem Zehn-Punkte-Plan, der im Mittelpunkt des Pakets steht, das das CDU-Präsidium beschlossen hat, heißt es zwar: Tierhalter bräuchten Planungssicherheit und finanzielle Unterstützung, denn die Kosten für die gewünschten Verbesserungen beim Tierwohl können unter den aktuellen Wettbewerbsbedingungen nicht am Markt erzielt werden. Aber: Laut der CDU-Bundestagsabgeordneten Gitta Connemann gebe es “ernstzunehmende Argumente gegen eine Verbrauchssteuer“.

    • Agrarpolitik
    • Ampel-Koalition
    • Bauernproteste
    • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
    • Haushaltskrise
    Translation missing.

    Lasche Ernährungsstrategie: Wie die Ampel Cem Özdemirs Pläne zusammenstreicht

    Als Cem Özdemir seine Ernährungsstrategie schreiben ließ, dürfte er um potenzielle Streitpunkte innerhalb der Ampel-Koalition gewusst haben. Was der Bundesernährungsminister im November 2023 in die Ressortabstimmung gab, enthielt bereits wenig Kontroverses. Themen wie Tierschutz und Zuckersteuer blieben ganz außen vor. Dennoch redigierten und strichen die anderen Ministerien noch eifrig – das zeigt ein Abgleich des unveröffentlichten BMEL-Entwurfs vom 10. November 2023 mit der beschlossenen Strategie.

    Keine Regulierung bei Packungsgrößen und Abfällen

    Mehr Markt, weniger Staat: Die Freiheit der Unternehmen solle “nur im erforderlichen Ausmaß beschränkt werden” – diese Maxime kam neu in die Strategie und wurde stellenweise auch durchdekliniert: Kritische Anmerkungen aus Özdemirs Entwurf zur Transparenz der vielen unterschiedlichen privaten Regionalkennzeichen blieben zwar erhalten, nicht aber die Ankündigung, dass das BMEL seinen “Regelungsspielraum” diesbezüglich “prüfen” werde. Die Forderung, dass Unternehmen Packungsgrößen gemäß den Bedürfnissen der Verbraucher gestalten sollten, wurde im Zuge der Ressortabstimmung gestrichen – genauso die Idee, Lebensmittelabfälle und -verluste intensiver “auf Unternehmensebene” zu messen.

    Pflanzenbetonte Angebote nur auf Nachfrage

    In Sachen Nachhaltigkeit gelangte durch die anderen Ministerien ebenfalls ein neuer Ton in die Strategie. Krittelnde Formulierungen wie jene, dass “pflanzenbetonte Angebotein Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung “noch nicht überall ausreichend verfügbar” seien, verschwanden aus dem Entwurf. “Eine pflanzenbetonte Ernährung zu stärken”, hatte das BMEL darin noch als eigenständiges Ziel benannt. In der beschlossenen Strategie hingegen treibt die Bundesregierung wenig an, sondern reagiert auf eine Marktentwicklung: Die Basis für eine nachhaltige Produktion pflanzlicher Lebensmittel solle “vor dem Hintergrund einer steigenden Nachfrage” gestärkt werden – und Außer-Haus-Anbieter sollten ihre Angebote “entsprechend der steigenden Kundennachfrage” ausbauen. Bloß nicht zu viel Dirigismus also.

    Dem Öko-Landbau hatte das BMEL den Titel “Leitbild der Bundesregierung für eine nachhaltigere Landwirtschaft” verpasst. Dies schaffte es ebenso wenig in das finale Papier wie der Hinweis auf die “perspektivische Entwicklung eines Klima-Labels“, wie es der Wissenschaftliche Beirat (WBAE) des BMEL bereits 2020 gefordert hatte. Erhalten blieb die verhaltene Unterstützung für eine mögliche EU-weite “Nachhaltigkeitskennzeichnung”.

    Mangelernährung? Die Ampel sieht keinen Handlungsbedarf

    Die deutlichsten Änderungen betreffen die Politik zum Thema Mangelernährung. In seinem Entwurf beschrieb das BMEL eine “materielle Ernährungsarmut” von Menschen, denen “die finanziellen Mittel fehlen”, um sich adäquat zu ernähren. Dies wurde gestrichen – wie auch einige Mal der explizite Begriff “Armut”. Selbst die sachlich zutreffende Wiedergabe von Erkenntnissen der eigenen wissenschaftlichen Berater überlebte die Ressortabstimmung nicht: “Laut des WBAE reichen die derzeitigen staatlichen Grundsicherungsleistungen nicht für eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung aus”, hatte das BMEL geschrieben. In der beschlossenen Strategie fehlt dieser Satz. Schwammiger steht dort nur, dass es mit Sozialleistungen “schwieriger” sei, sich gesund zu ernähren. Dass dies auch mit angeblich “mangelnden Ernährungskompetenzen” der Betroffenen zu tun habe, wurde in den Text redigiert.

    Der Ernährungswissenschaftler Hans Konrad Biesalski, früheres Mitglied im WBAE und treibende Kraft hinter dessen Gutachten zur Ernährungsarmut, kritisiert, dass die Empfehlungen des Beirats untergingen. Das Problem der Ernährungsarmut bestehe “jetzt”, daher sei Handeln angesagt – insbesondere durch ein kostenfreies, gesundes Mittagessen für alle Kinder. Derart konkrete Maßnahmen fehlen in der Ernährungsstrategie: “Was der Bericht vorlegt, ist Entscheidungsarmut”, so Biesalski.

    Ernährungsarmut: Es gründet sich ein Arbeitskreis

    Tatsächlich bremsten andere Ministerien Özdemir noch zusätzlich aus. Der Grünen-Politiker wollte laut Entwurf zumindest eine eigenständige “interministerielle Projektgruppe” zum Thema Ernährungsarmut einrichten, die “effektive Maßnahmen” gegen Ernährungsarmut erarbeiten solle. Nicht mehr als ein Arbeitskreis – doch selbst dieser Vorschlag hatte keinen Bestand. Stattdessen kann nun die ohnehin geplante interministerielle Arbeitsgruppe (“IMAG”), die die Umsetzung der Ernährungsstrategie begleiten soll, eine “Untergruppe” zu diesem Thema einrichten. Von “effektiven Maßnahmen” ist keine Rede mehr. Der WBAE-Vorsitzende Achim Spiller lobt, dass die Bundesregierung das Problem Ernährungsarmut breit aufgreife – bei den Maßnahmen aber sei “vieles eher weich formuliert”, so der Agrarökonom: “Klare Zwischenziele auf dem Weg zum formulierten Ziel, dass sich 2050 alle Menschen unabhängig vom Einkommen gesund und nachhaltig ernähren können, fehlen, wären aber wichtig.”

    Keine Verpflichtungen mehr für Krankenhäuser

    Ähnlich abgeschwächt wurden Passagen zum Ernährungsmanagement im Krankenhaus, durch das sich nach Studienlage Heilungsverläufe und sogar Überlebenschancen von Klinikpatienten signifikant verbessern ließen. Zwar blieb ein Absatz mit “Verpflichtendes Screening auf Mangelernährung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen” überschrieben, wie im BMEL-Entwurf vorgeschlagen. Die weiteren Ausführungen machen jedoch klar, dass die Bundesregierung sich auf eine gesetzliche Pflicht gerade nicht verständigen konnte. “Ziel ist es, verbindliche Vorgaben für flächendeckende Ernährungsscreenings zu schaffen” – dieser Satz aus dem Entwurf wurde getilgt, von neuen “Vorgaben für die Länder” will die Bundesregierung nichts mehr wissen.

    Die Strategie verweist stattdessen auf längst bestehende Maßnahmen und auf die Akteure der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, die die Ernährungssituation an Kliniken jederzeit verbessern könnten. Das stößt auf Kritik. Matthias Pirlich, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), sprach gegenüber Table.Media von einem “großen Erfolg”, dass das Problem der Mangelernährung im Krankenhaus adressiert werde. Im Vergleich zum BMEL-Entwurf seien die Maßnahmen jedoch deutlich abgeschwächt worden: “Es gibt offenbar Bestrebungen, die eine verbindliche Regelung für alle Patienten derzeit verhindern wollen.”

    • Cem Özdemir
    • Ernährungspolitik
    • Ernährungsstrategie
    • Handel

    News

    Agrardiesel droht in Deutschland deutlich teurer zu werden als in Frankreich

    Als Reaktion auf die Bauernproteste verfolgen Frankreich und Deutschland gegenläufige Ansätze beim Agrardiesel. Während der französische Premierminister Gabriel Attal ankündigte, die geplante Steuererhöhung auf den Kraftstoff für landwirtschaftliche Fahrzeuge in Frankreich vorerst auszusetzen, hat der Bundestag am vergangenen Freitag den neuen Haushaltsplan im Eilverfahren bewilligt, der einen schrittweisen Wegfall der Agrardieselvergünstigung bis 2026 vorsieht.

    Gegenwind kommt hierzulande allerdings vom Bundesrat: Das Haushaltsfinanzierungsgesetz wurde aufgrund der Debatte um die Agrardieselvergünstigung dort vergangenen Freitag von der Tagesordnung gestrichen. Da es sich um kein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, kann der Bundesrat das Verfahren aber lediglich bis zur nächsten Sitzung am 22. März verzögern, sowie gegebenenfalls Einspruch einlegen und den Vermittlungsausschuss anrufen.

    Sollte das Ende der Agrardieselsubvention im März beschlossen werden, würde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte auf dem europäischen Markt gefährdet, sagt der Deutsche Bauernverband. Tatsächlich zeigt ein Vergleich, dass deutsche Bauern künftig knapp 50 Prozent mehr für ihren Kraftstoff zahlen könnten als französische.

    Französischer Steuersatz ist deutlich niedriger

    Zieht man die Rückerstattung für den Agrardiesel ab, zahlen Landwirte in Frankreich nur knapp 4 Cent Energiesteuer pro Liter Diesel. Dabei bleibt es den jüngsten Entscheidungen der französischen Regierung zufolge auch für die nächsten Jahre. In Deutschland zahlten Landwirte trotz Agrardieselbeihilfe bereits 2023 eine deutlich höhere Steuer: rund 21 Cent pro Liter. Durch den geplanten schrittweisen Wegfall der Beihilfe steigt der Satz bis 2026 schrittweise auf den vollen Betrag von rund 47 Cent an.

    Basierend auf aktuellen Kraftstoffpreisen der letzten Januarwoche lässt sich grob überschlagen, was das für die Dieselpreise bedeutet, die deutsche und französische Bauern nach Abzug der Rückerstattung zahlen. Für Frankreich liegt dieser Endpreis bei rund 1,11 Euro pro Liter, in Deutschland bei rund 1,57. Geht man – der Einfachheit halber – von stabilen Preisen aus, bliebe der Endpreis in Frankreich über die nächsten Jahre bei diesem Wert, weil auch der Steuersatz stabil bleibt. In Deutschland würde sich jedoch der Preis bis 2026 auf zirka 1,70 Euro erhöhen. Hier würden Landwirte damit 2026 für den Diesel etwa anderthalbmal so viel zahlen wie in Frankreich. Ab Sommer 2024 will die französische Regierung zudem die Rückerstattung direkt vom Kaufpreis abziehen. Das gibt französischen Landwirten einen zusätzlichen Vorteil gegenüber deutschen Landwirten, die eine Rückerstattung erst im Folgejahr beantragen können.  

    EU-Standards für Steuerbegünstigungen sind notwendig

    Laut Sebastian Lakner, Professor für Agrarökonomie an der Universität Rostock, fallen die künftigen Preisunterschiede für Agrardiesel für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte allerdings nur bedingt ins Gewicht. Im Durchschnitt müssen deutsche Landwirte künftig 2.900 Euro mehr im Jahr für ihre Betriebsmittel ausgeben, das entspricht lediglich vier bis fünf Prozent der gesamten Betriebskosten. Ein größeres Problem seien die gekoppelten Zahlungen aus der GAP, mit denen Frankreich bestimmte Produktionsverfahren wie die Bullenmast oder die Milchviehhaltung deutlich stärker unterstützt als Deutschland. Trotzdem sei es wichtig, “auf dem europäischen Markt ähnliche Bedingungen auch für die Agrardieselsubvention festzulegen”, sagt Lakner. Er schlägt deshalb vor, einen europaweiten Korridor für Steuerbegünstigungen einzuführen. Damit könnten die Preisunterschiede in den EU-Ländern abgedämpft und einheitliche Standards geschaffen werden. ag

    • Agrarpolitik
    • Bauernproteste
    • Deutscher Bauernverband
    • Kraftstoffe
    • Milchviehhaltung

    Letzte Änderungen: EU-Abstimmung zu Lockerung bei Brachflächen verschoben

    Eigentlich sollten die EU-Staaten am gestrigen Montag über den Vorschlag der Europäischen Kommission abstimmen, für dieses Jahr erneut Ausnahmen von der Brachflächenregelung (GLÖZ 8) innerhalb der GAP zuzulassen. Die Abstimmung wurde aber verschoben, wie eine Kommissionssprecherin bestätigte. Bis zum morgigen Mittwoch sollen sich die Mitgliedstaaten nun schriftlich zu dem Vorschlag äußern. Dass die EU-Länder grünes Licht geben, gilt als wahrscheinlich. Hintergrund der Verzögerung ist, dass die Kommission noch einmal Änderungen an ihrem Vorschlag von vergangener Woche vorgenommen hat.

    Dabei geht es um die Vereinbarkeit mit den Ökoregelungen. Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass für 2024 als Alternative zu vier Prozent Brachflächen der GLÖZ 8-Standard auch erfüllt werden kann, indem stattdessen auf sieben Prozent der Fläche Leguminosen oder Zwischenfrüchte angebaut werden können. Dies würde jedoch in einigen Mitgliedstaaten mit Ökoregelungen kollidieren, die auf GLÖZ 8 aufbauen. So auch in Deutschland: Unter anderem die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hatte gewarnt, dass die Nutzung der Ausnahme im Widerspruch zur Förderung des Anbaus von Leguminosen über die Ökoregelungen stehe. Der geänderte Entwurf der Kommission (abrufbar auf Englisch hier) sieht vor, die betreffenden Ökoregelungen übergangsweise anzupassen.

    Özdemir für Lockerung

    Fällt das Votum der Mitgliedstaaten am Mittwoch positiv aus, hat die Bundesregierung im Anschluss 15 Tage Zeit, der Kommission mitzuteilen, ob sie die Ausnahme umsetzen will. Diese träte dann rückwirkend zum 1. Januar 2024 in Kraft. Trotz seiner früheren Kritik an Lockerungen bei der Flächenstilllegung hat sich Bundesagrarminister Cem Özdemir für die Ausnahmeregelung für 2024 ausgesprochen und will innerhalb der Koalition dafür werben, dass Deutschland in Brüssel zustimmt. In der Vergangenheit hatte Özdemir immer wieder davor gewarnt, Ziele wie Klima- und Artenschutz einerseits und die Ernährungssicherung andererseits gegeneinander auszuspielen.

    Auch die EU-Kommission hatte noch vor wenigen Monaten eine Ausnahme bei GLÖZ 8 für 2024 abgelehnt – dass sie diese nun doch vorschlägt, kann als Reaktion auf die Bauernproteste gewertet werden, die zuletzt auch Brüssel erreichten. Allerdings ist die Ausnahme für 2024 enger gefasst als jene, die es bereits im vergangenen Jahr gab. 2023 konnten die Mitgliedstaaten noch den Anbau von Getreide auf den eigentlichen Brachflächen erlauben. Auch das Ziel sei jetzt ein anderes, heißt es von hochrangigen Kommissionsbeamten: Ging es zuvor darum, angesichts hoher Getreidepreise durch den Ukraine-Krieg die heimische Agrarproduktion hochzufahren, stehe jetzt die wirtschaftliche Entlastung der Betriebe im Vordergrund. jd

    • Biodiversität
    • Cem Özdemir
    • Europäische Kommission
    • Gemeinsame Agrarpolitik

    EU genehmigt Milliarden für Umbau der Tierhaltung

    Die Europäische Kommission hat die staatliche Förderung aus dem Bundesprogramm für mehr Tierwohl genehmigt. Nachdem der Bundestag und Bundesrat am vergangenen Freitag die Förderung im Rahmen des Haushaltsgesetzes bewilligt haben, wird Deutschland künftig mit einer Milliarde Euro kleine und mittlere Tierzuchtbetriebe beim Umbau der Tierhaltung unterstützen. Dabei geht es vor allem um bessere Bedingungen in der Schweinezucht.

    Bis 2030 sollen rund 675 Millionen Euro als Investitionszuschuss in die Modernisierung der Schweineställe fließen. Mit den restlichen 325 Millionen Euro sollen bis 2031 die laufenden Kosten, die durch eine besonders tier- und umweltgerechte Haltung entstehen, in Form von Direktzuschüssen abgedeckt werden. Laut der Kommission könnten beide Fördermaßnahmen in Zukunft auch auf andere Nutztiere ausgedehnt werden.

    Mehr Tierwohl wird zum Geschäftsmodell

    Im Rahmen des Bundesprogramms für mehr Tierwohl wird darüber hinaus die seit August 2023 geltende verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Fleisch ausgeweitet: Ab Februar muss die Herkunft von unverpacktem Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch an Verkaufsstellen gekennzeichnet werden. Damit verschärft Deutschland die bislang geltende Kennzeichnungspflicht unter EU-Recht, unter der die Herkunft von verpacktem Fleisch sowie unverpacktem Rindfleisch gekennzeichnet werden muss.

    Mit dieser Bewilligung können die bereits 2022 vom BMEL beschlossenen Förderungen nun in die Praxis umgesetzt werden. “Tierhaltung soll in Deutschland eine Zukunft haben – und das geht nur, wenn wir den Verbraucherwunsch nach mehr Tierwohl zum Geschäftsmodell machen”, sagt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Zusätzliche Fördermittel zum Umbau der Tierhaltung könnten künftig potenziell aus der Tierwohlabgabe kommen, die aktuell innerhalb der Koalition kontrovers debattiert wird. Schätzungen der Borchert-Kommission zufolge würde die Abgabe zusätzliche Mittel in Höhe von 3,6 Millionen Euro einbringen. ag

    • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
    • Ernährungspolitik
    • Europäische Kommission
    • Tierzucht

    Bauernproteste: Macron wettert gegen Mercosur-Abkommen

    Auf dem Sondergipfel in Brüssel hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für Spiegelklauseln starkgemacht und gegen das Handelsabkommen mit Mercosur argumentiert. “Ich bin nicht aus Prinzip gegen Freihandelsverträge”, sagte Macron in einem Pressebriefing. Er sei einfach gegen Freihandel, wenn das “Gesetz des Dschungels” gelte. “Wir können von den europäischen Produzenten nicht verlangen, immer mehr Regeln zu respektieren, und gleichzeitig Freihandelsabkommen verhandeln, wie man das in den 90er-Jahren machte”, sagte Macron.

    Der Gipfel in Brüssel war von massiven Bauernprotesten begleitet worden, die auch Gesprächsthema bei den Staats- und Regierungschefs waren. Eine Marktöffnung, ohne von den Handelspartnern Respekt vor den europäischen Regeln einzufordern, gefährdet nach Ansicht von Macron die Existenz der europäischen Landwirte. Wenn man diesem Prinzip folge, werde man zum Schluss zu einem “Kontinent, der Regeln macht für Produzenten, die es gar nicht mehr gibt”.

    Handelspartner sollen Nachhaltigkeitskriterien zustimmen

    Mit diesem Extrembeispiel warnte Macron, dass Europa durch zu viel Regulierung bei gleichzeitiger Marktöffnung die Kontrolle verliere über die Ernährung und in der Folge minderwertige Ware aus Drittländern konsumieren müsse. Dies bedrohe die Souveränität Europas, meint Macron.

    Als positives Beispiel führte der französische Präsident die jüngsten Handelsverträge mit Chile und Neuseeland auf, in denen die Handelspartner zu Nachhaltigkeitskriterien zustimmten. Der kommerziell viel bedeutendere Handelsblock Mercosur will diese Kriterien jedoch nicht akzeptieren. Ähnlich wie bei Macron geht es den südamerikanischen Ländern dabei um ihre Souveränität. jaa

    • Bauernproteste
    • Emmanuel Macron
    • Frankreich
    • Mercosur

    Ukraine-Freihandel: Kritik am Kompromiss der EU-Kommission

    Bis Anfang Juni sind alle Zölle und Quoten für die Einfuhr ukrainischer Produkte in die EU ausgesetzt. Die EU-Kommission will diese temporären Maßnahmen um ein Jahr verlängern, dabei allerdings “Schutzmaßnahmen” einführen. Den Vorschlag stellte Kommissionsvize Margaritis Schinas vergangene Woche in Brüssel vor. Die Handelserleichterungen, die 2022 erstmals eingeführt wurden, brauche es weiterhin zur wirtschaftlichen Unterstützung der Ukraine, betonte Schinas. Die Entscheidung über den Vorschlag liegt jetzt beim EU-Parlament und den Mitgliedstaaten.

    Besonders der große Agrarsektor der Ukraine profitiert vom zollfreien Handel. Viele Erzeuger innerhalb der EU sehen diesen aber genau deshalb kritisch. Sie fürchten, durch billigere Importware vom Markt verdrängt zu werden – eine Sorge, die auch bei den jüngsten Bauernprotesten in Frankreich Thema ist.

    Notbremse für Agrarimporte

    Bedenken ausräumen will die Kommission durch zwei neue Schutzmechanismen:

    • Für drei “sensible” Produktgruppen – Eier, Hühnerfleisch und Zucker – sollen die Importe aus der Ukraine auf dem Durchschnittsniveau der Jahre 2022 und 2023 gekappt werden. Übersteigen die Einfuhren diesen Wert, werden automatisch Zölle und Quoten wieder eingesetzt. Die Einfuhren für diese drei Produktgruppen aus der Ukraine sind seit Beginn der Handelserleichterungen nach Angaben der Kommission besonders stark gestiegen, für Zucker verzehnfachten sich die Importe.
    • Für alle anderen Produkte soll es der Kommission überlassen bleiben, im Falle von Marktverwerfungen kurzfristig Gegenmaßnahmen zu ergreifen, beispielsweise durch zeitweise Handelseinschränkungen. Neu wäre, dass solche Maßnahmen auch nur für einzelne, besonders betroffene EU-Länder getroffen werden könnten statt für die gesamte Union.

    Kritik von beiden Seiten

    Eine automatische Notbremse für bestimmte Agrarprodukte, wie sie die Kommission vorschlägt, hatten mehrere europäische Agrarverbände gefordert, darunter der EU-Bauerndachverband Copa Cogeca. Trotzdem erklärten ebendiese Verbände in einem gemeinsamen Statement, der Vorschlag der Kommission bringe “keine ausreichende Entlastung” für Erzeuger in der EU. Der Knackpunkt: Die Verbände wollen den Höchstwert für die Einfuhren von Eiern, Hühnerfleisch und Zucker statt an die Jahre 2022/23 an die Durchschnittswerte von 2021 bis 2022 knüpfen, als die Einfuhren noch deutlich niedriger waren. Die Notbremse würde damit bei einem geringeren Importvolumen greifen.

    Kritik kommt aber auch aus der Ukraine. Ruslan Illichev, Präsident des ukrainischen Arbeitgeberverbands FEU, begrüßte zwar die vorgeschlagene Verlängerung der Handelserleichterungen als “Zeichen der Unterstützung.” Die Einschränkungen für mehrere Agrarprodukte bedaure der Verband jedoch, sie wirkten als “negativer Präzedenzfall im Freihandel zwischen der Ukraine und der EU”, sagte er zu Table.Media. jd

    • Europäische Kommission
    • Freihandel
    • Ukraine

    Biomethan: BMWK sieht Chance für Import aus der Ukraine

    Gleichzeitig die Energiewende voranbringen und die Ukraine wirtschaftlich unterstützen: Dieses Ziel verfolgen der Thinktank Liberale Moderne (LibMod) und der Lobby-Verband Zukunft Gas mit einer gemeinsamen Initiative. Sie setzen sich dafür ein, dass Deutschland künftig in großem Stil Biomethan aus der Ukraine importiert.

    In einem Policy Paper hatten sie im vergangenen Herbst die Potenziale dieser Zusammenarbeit dargestellt und zudem analysiert, woran ein solcher Import bisher scheitert. Dem Papier zufolge könnte das Land im Jahr 2030 etwa elf Terawattstunden (TWh) Biomethan erzeugen, im Jahr 2050 könnten es 50 TWh sein. Das Gesamtpotenzial wird mit 110 TWh jährlich angegeben. Die notwendige Biomasse würde dabei zu zwei Dritteln aus Ernterückständen und Abfällen bestehen und zu einem Drittel aus Maissilage.

    Bei einem parlamentarischen Abend warben die Initiatoren vergangene Woche um Unterstützung für ihr Konzept. Der ehemalige Grünen-Politiker und jetzige LibMod-Geschäftsführer Ralf Fücks betonte, dass die Technik und die Pipelines bereits existierten, sodass Biomethan aus der Ukraine – anders als Wasserstoff – kurzfristig genutzt werden könnte, um fossiles Erdgas zu ersetzen. Für das Projekt, “das ein Stück Hoffnung und Zuversicht stiften kann”, brauche es “mehr Geschwindigkeit”, forderte Fücks.

    Zumindest bei den anwesenden Politikern stieß er damit auf Zustimmung. Nicht nur FDP-Klimaexperte und -Fraktionsvize Lukas Köhler und Grünen-Außenpolitiker Robin Wagener stellten sich hinter das Projekt. Auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium kamen positive Signale: Der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner stellte Unterstützung in Aussicht – sofern sichergestellt sei, dass man sich in der Herstellung “auf Rest- und Abfallstoffe fokussiert”, Nachhaltigkeitskriterien eingehalten werden und die lokale Nutzung von Biomethan in der Ukraine mitgedacht werde.

    Vorbehalte im Umwelt- und Landwirtschaftsministerium

    Bis zu einer Umsetzung ist es aber trotzdem noch ein weiter Weg. Um auch für mit im Ausland produziertem Biomethan erzeugten Strom eine EEG-Vergütung zu erhalten, muss das Gesetz geändert werden. Zudem ist eine offizielle bilaterale Kooperation zwischen Deutschland und der Ukraine notwendig, damit das ukrainische Biogas den notwendigen Herkunftsnachweis erhalten kann.

    Im Umwelt- und im Landwirtschaftsministerium gibt es dem Vernehmen nach Vorbehalte, weil man dort die verstärkte Nutzung von Biogas generell skeptisch sieht. Zudem muss die Ukraine den Export von Biomethan über Pipelines noch genehmigen, und die Investitionen müssen abgesichert werden. mkr

    • BMWK
    • Energiewende
    • Methan
    • Ukraine

    EU geht gegen Etikettenschwindel bei Honig aus China vor

    Die EU will gegen gepanschten Honig aus China vorgehen. Auf Honiggläsern sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Europäischen Union künftig genauere Angaben zum Ursprungsland finden. Die Unterhändler von Europaparlament und Mitgliedstaaten einigten sich darauf, die sogenannten Frühstücksrichtlinien zu verschärfen. Hintergrund sind Vermutungen, dass importierter Honig aus Drittstaaten mit Zucker gestreckt wird. Einen großen Teil des Honigs importiert die EU derzeit etwa aus China, was auf den Etiketten allerdings häufig nicht angegeben wird.

    Honig dürfte demnach nicht mehr wie bisweilen üblich als “Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern” gekennzeichnet werden. Das Etikett soll stattdessen eine Liste der Länder enthalten, aus denen der Honig stammt. Die Hersteller sollen zudem angeben, wie viel Prozent am Gewicht des Honigs aus welchem Land stammt. “Sowohl Imker als auch Verbraucher werden besser vor gepanschtem Honig geschützt”, begrüßte der Verhandlungsführer des Europaparlaments, Alexander Bernhuber, die Einigung.

    EU-Analyse: Fast die Hälfte des importierten Honigs ist gepanscht

    Gepanscht ist ein Honig dann, wenn Händler sein Volumen erhöhen, indem sie Zutaten wie Wasser oder preiswerten Zuckersirup hinzufügen. Honig enthält von Natur aus Zucker und muss nach EU-Vorschriften rein bleiben. Ihm dürfen also keine Zusatzstoffe beigemischt werden.

    Die EU-Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hatte im vergangenen Jahr importierten Honig untersuchen lassen: Die Analyse ergab, dass 46 Prozent der 320 Proben importierten Honigs, die zwischen November 2021 und Februar 2022 zufällig entnommen wurden, wahrscheinlich manipuliert waren. Die höchste Zahl verdächtiger Proben stammte aus China und der Türkei.

    Derzeit produziert die EU selbst nicht genug Honig, um die Nachfrage zu decken. Rund 40 Prozent werden aus Drittländern importiert. Das führt jedoch dazu, dass europäische Hersteller mit zunehmenden Billigimporten, insbesondere aus China, zu kämpfen haben. Denn mit deren Preisen können europäische Hersteller nur schwer konkurrieren. ari/mit AFP

    • EU
    • Handel
    • Lebensmittel
    • Lebensmittelindustrie

    Ernährung: Hohe Gewinne durch gesunde Lebensmittel

    Die volkswirtschaftlichen Gewinne einer Transformation der globalen Agrar- und Ernährungssysteme bis 2050 könnten zwischen fünf und zehn Billionen US-Dollar jährlich betragen. Die Kosten hingegen lägen bei nur 200-500 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Das ist das Ergebnis einer Studie der Food System Economics Commission (FSEC), der Institutionen wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die Weltbank und die Weltgesundheitsorganisation angehören. Die Forschungsarbeit dauerte vier Jahre.

    Die hohen Gewinne ergeben sich daraus, dass die Agrar- und Ernährungssysteme laut Studie derzeit 15 Billionen US-Dollar pro Jahr an nicht-berücksichtigten Kosten verursachen. Allein rund 11 Billionen US-Dollar davon entfielen auf die ökonomischen Kosten geringerer Produktivität, die eine Folge von Übergewicht und Unterernährung sind.

    Gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit priorisieren

    Für die Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen auf nationaler Ebene und im lokalen Kontext gebe es fünf Prioritäten, schreiben die Forschenden:

    • Es brauche Maßnahmen dafür, dass Menschen sich gesünder ernähren – etwa ein Verbot von Werbung für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder richtet, klare Informationen auf Verpackungen oder Leitlinien für die öffentliche Beschaffung.
    • Die Förderung von Landwirtschaft müsse umgestellt werden. Bislang würden vielfach große Produzenten und umwelt-, klima- und gesundheitsschädliche Praktiken subventioniert.
    • Steuern auf Kohlenstoffdioxid und Stickstoff-Verschmutzung könnten die Transformation in die gewünschte Richtung lenken, etwa wenn die Einnahmen an Haushalte gehen, die sich gesunde Lebensmittel sonst nicht leisten könnten.
    • Nationale und internationale Institutionen könnten dazu beitragen, dass Innovationen schnell entwickelt werden und sich verbreiten – zum Beispiel bei der ökologischen, biodiversitätsfreundlichen und emissionsarmen Landwirtschaft.
    • Ein Schlüssel liege darin, Unterstützungsangebote für ärmere Menschen zu entwickeln. So ließe sich der Wandel inklusiv und politisch durchsetzbar gestalten.

    Eine erfolgreiche Transformation könnte bis 2050 dazu führen, dass Unterernährung überwunden würde und 174 Millionen Menschen nicht an ernährungsbedingten chronischen Krankheiten sterben würden. Gleichzeitig könnte sie helfen, etwa 1,5 Milliarden Hektar mehr Land zu schützen und die Stickstoffüberschüsse fast zu halbieren. Aber: Selbst, wenn alle Staaten ihre aktuellen Strategien umsetzten, würde das laut der Autoren nicht reichen, um die globalen Ernährungssysteme “auf einen nachhaltigen Pfad” zu bringen. nh

    • Ernährung
    • Nachhaltige Ernährungssysteme
    • Öffentliche Beschaffung

    Termine

    06.02.2024 – 17:30 – 19:00 Uhr / online
    Webinar des BZL Private Vorsorge für Frauen in der Landwirtschaft – voller Einsatz, halbe Absicherung?
    Die finanzielle Absicherung der Frauen in der Landwirtschaft ist in der Praxis oftmals sehr lückenhaft. Das hat auch die Studie des Thünen-Instituts und der Universität Göttingen “Frauen.Leben.Landwirtschaft” noch einmal verdeutlicht. In diesem BZL-Web-Seminar geht es nicht nur um die Altersversorgung, sondern auch um die Risikoabsicherung bei Scheidung, Tod oder Berufsunfähigkeit. INFO & ANMELDUNG

    07.02.2024 – 12:30 – 13-30 Uhr / Brüssel
    Plenarabstimmung Mit bestimmten neuen genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel
    Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit bestimmten neuen genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel sowie zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/625 INFO

    06.02. – 09.02.2024 / Münster
    Messe AGRAR Unternehmertage
    Regionale Fachmesse für landwirtschaftliche Produktion, Handel und Management. Aussteller präsentieren auf der AGRAR Messe Münster ihre Produkte, Dienstleistungen und Neuheiten wie beispielsweise Maschinen, Anlagen und Betriebsmittel für die gesamte landwirtschaftliche Produktion, Tierzucht, Vermarktung und regenerative Energie. Bei den aktuellen Trends geht es nicht nur um Effizienzsteigerung, sondern vor allem auch um Umwelt und Tier schonendere Verfahren. INFO

    07.02. – 09.02.2024 / Messe Berlin
    Messe Fruit Logistica
    Auf der FRUIT LOGISTICA finden Sie das komplette Angebot an Produkten, Dienstleistungen und technischen Lösungen – ob bei der Entwicklung von Saatgütern, Früchten und Gemüse oder bei Verpackung und Automatisierung. Die Messe bildet das gesamte Spektrum der Wertschöpfungskette ab – vom Erzeuger zum Verbraucher. INFO & ANMELDUNG

    13.02. – 16.02.2024 / Messe Nürnberg
    Messe BIOFACH – Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel
    Erleben Sie Bio in seiner reinsten Form auf der weltweit führenden Bio-Messe in Nürnberg. Seit 1990 ist die BIOFACH der unverzichtbare Treffpunkt für Pioniere und Newcomer, die ihre Leidenschaft für Bio-Lebensmittel und den Bio-Markt teilen und sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit Gleichgesinnten austauschen möchten. INFO

    20.02. – 21.02.2024 – 10.00 – 17.00 Uhr / Grebenstein
    Seminar Ackern in Zeiten des Klimawandels – welche Potenziale haben neue und alternative Kulturarten?
    Das Seminar zeigt den Teilnehmenden neue Möglichkeiten in der Kulturartenwahl und Fruchtfolgegestaltung auf und nimmt dabei Anbaumethoden, Absatzmöglichkeiten und Aspekte des Betriebsmanagements unter die Lupe. INFO

    20.02.- 22.02.2024 / Augsburg
    Fachmesse RegioAgrar Bayern 2024
    Die Messe RegioAgrar Bayern in Augsburg ist eine Landwirtschaftsmesse und regionale Fachmesse für landwirtschaftliche Produktion, Handel und Management. INFO

    21.02.2024 – 16.00 – 18.00 Uhr / Hotel Aquino, Hannoversche Straße 5b, 10115 Berlin-Mitte
    Podiumsdiskussion Bodenforum 2024: Agrarstrukturgesetze – Jetzt oder nie!
    mit Wolfram Günther, Sächsischer Landwirtschaftsminister (Bündnis 90/Die Grünen)
    Susanna Karawanskij, Thüringer Landwirtschaftsministerin (Die Linke)
    Prof. Dr. José Martínez, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Landwirtschaftsrecht, Universität Göttingen
    Hans-Jürgen Thies (MdB), Bodenmarktpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
    ANMELDUNG

    26.02.2024 / Brüssel
    Tagung Rat für Landwirtschaft und Fischerei der Europäischen Union INFO

    Presseschau

    Interview: Köchin und EU-Abgeordnete Sarah Wiener über ihren Ausstieg aus der EU-Agrarpolitik Der Tagesspiegel
    Bauernproteste: HDE weist Vorwurf der übermäßigen Marktmacht des Einzelhandels zurück top agrar
    Interview: HDE-Präsident Alexander von Preen fordert mehr Flexibilität und weniger Bürokratie für den Handel Lebensmittelzeitung
    Bauernproteste in Frankreich: Zugeständnisse der Regierung ernten Kritik von Klein- und Biobauern AgE
    Bauern in Spanien demonstrieren wegen unfairer Konkurrenz durch Billigimporte FAZ
    Wie englische Bauern auch ohne EU-Subventionen auskommen FAZ
    Scheitern der EU-Pestizidverordnung: Welche Rolle die Agrarlobby gespielt hat Handelsblatt
    Süßwarenhändler Arko, Husserl und Eilles melden Insolvenz an Die Zeit
    Interview: Marktforscher Frédéric Vallette sieht Potenzial für Lidl und Aldi auf dem französischen Markt Lebensmittelzeitung
    Münchner Unternehmen Farminsect stellt Tierfutter aus Insekten her Handelsblatt
    Growing demand for milk alternatives is driving new investments Financial Times
    Landtechnikhersteller Fendt testet ferngesteuerten Traktor top agrar


    Heads

    Johanna Kühner – Diese Frau will die Lebensmittelindustrie revolutionieren

    Johanna Kühner hat SuperCoop mitgegründet: Den ersten Supermarkt Deutschlands, der seinen Kunden selbst gehört.

    Johanna Kühner hatte eigentlich nie wirklich etwas mit der Lebensmittelindustrie zu tun. Sieht man von dem Sommer ab, den sie nach dem Abitur bei der Viernheimer Tafel aushalf. Während ihres Politik- und Wirtschaftsstudiums in Mannheim und Berlin frustrierte sie es aber zunehmend, nicht nachvollziehen zu können, wo Lebensmittel herkamen und wie sich die Preise zusammensetzten. 2020 kam die heute 26-Jährige gemeinsam mit anderen auf eine Idee: Einen kooperativen Supermarkt zu gründen, bei dem die Kunden gleichzeitig die Inhaber sind. Und die somit nicht nur die Lieferanten selbst auswählen, sondern auch bestimmen können, wie teuer die Produkte sind. “Wir waren nicht zufrieden damit, wie andere Supermärkte funktionieren. Wir wollten anders einkaufen und regionale Händler anders unterstützen”, erklärt Kühner. 

    Als der Supermarkt 2021 in Berlin-Wedding eröffnete, stand dahinter eine Genossenschaft mit 40 Mitgliedern, heute sind es fast 1.300. Auf 350 Quadratkilometern bietet der Laden rund 4.000 Produkte an – vornehmlich Bio-Ware, die jedoch im Schnitt 15 bis 30 Prozent günstiger ist als herkömmliche Bio-Produkte. “Somit machen wir gute, nachhaltige Lebensmittel für mehr Menschen zugänglich”, sagt Kühner.  

    Mitglieder beeinflussen die Wertschöpfungskette

    Mitglieder haben bei SuperCoop direkt Einfluss auf die Wertschöpfungskette: Für einen einmaligen Beitrag von 100 Euro erwerben sie Anteile am Supermarkt, zudem zahlen sie 10 Euro “Eintrittsgeld”. Alle Einnahmen werden in den Supermarkt reinvestiert. Jedes Mitglied hilft im Monat drei Stunden im Laden aus – entweder an der Kasse oder beim Waren einräumen. Nur Mitglieder können bei SuperCoop einkaufen. Kühner ist neben drei anderen Frauen im Vorstand tätig, kümmert sich dort um Finanzierung, PR und Ladenbau.  

    Mit diesem Konzept ist SuperCoop der erste kooperative Supermarkt Deutschlands – ähnliche Konzepte gibt es in New York, Paris, Brüssel und München. “Im Moment ist es so, dass wenige Großkonzerne den Markt dominieren. Das führt zu einem extremen Preisdruck für Erzeuger“, sagt Kühner. Nahrungsmittelpreise sind zwischen Juli 2021 und Juli 2023 um 27,2 Prozent gestiegen. Gerade die großen Bio-Ketten wie Alnatura oder Denns mussten deshalb schon 2022 einen Umsatzeinbruch vermelden. SuperCoop will eine Alternative zum bisherigen Supermarktangebot bieten: “Wir möchten einen fairen Umgang mit den Erzeugern auf Augenhöhe und damit die Erzeuger und Konsumenten wieder näher zusammenbringen”, sagt Kühner. 

    Mittlerweile ist SuperCoop zu einer Begegnungsstätte für Menschen aus dem Kiez geworden, die meisten Mitglieder kommen aus Wedding. Es sind gerade diese Momente, die Kühner im Gedächtnis geblieben sind: “Wenn ein Mitglied von unserem Supermarkt spricht und aktiv das ‘Wir’ betont, wenn es darum geht, neue Produkte einzukaufen – dann macht mich das sehr glücklich.” Mirjam Ratmann

    • Lebensmittel
    • Nachhaltigkeit

    Agrifood.Table Redaktion

    AGRIFOOD.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen