der Schutzstatus des Wolfs wird so schnell nicht gelockert. Am Mittwoch haben sich zwar die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten dazu ausgetauscht. Eine Änderung der Berner Konventionen anzustoßen, wurde aber nicht entschieden. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, das internationale Abkommen, das den Schutzstatus des Wolfs über die EU hinaus regelt, gemeinsam mit den weiteren Vertragsstaaten zu überarbeiten. Zwist in der Ampel-Koalition bremst das Vorhaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiterhin aus. Deutschland stellte sich am Mittwoch quer, eine Arbeitsgruppe zum Wolf zu gründen. Der Vorschlag einiger anderer EU-Mitgliedstaaten scheiterte letztlich. Eine Entscheidung des EU-Rates wird nun erst Ende des Jahres erwartet, heißt es in Brüssel.
Vorwärts geht es hingegen beim Ausbau von Agri-PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen. Denn Bundesrat und Bundestag haben Ende April das Solarpaket I verabschiedet. Worauf es künftig ankommt, wenn Landwirte und Landwirtinnen in Agri-PV-Anlagen investieren wollen, erklärt Gawan Heintze vom Beratungsnetzwerk LandSchafftEnergie am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Bayern.
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Sowohl Landwirte als auch Umweltschützer haben hohe Erwartungen an die Agri-Photovoltaik (Agri-PV). Das vom Bundesrat und Bundestag Ende April verabschiedete Solarpaket I enthält eine Reihe neuer Regelungen, die den Ausbau von Agri-PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen beschleunigen sollen. Experten sind zuversichtlich, dass die noch am Anfang der Entwicklung stehende Stromerzeugungsform nun einen Schub erhalten wird.
Die vier wichtigsten Neuregelungen für Agri-PV sind:
“Die Agri-PV-Anlagen werden im Solarpaket I gestärkt, weil sie durch die Nahrungsmittel- und Stromproduktion auf einer Fläche einen Doppelnutzen haben und im Gegensatz zu gewöhnlichen Freiflächen-PV-Anlagen keine zusätzlichen Flächen verbrauchen”, erläutert die Grünen-Bundestagabgeordnete Anne Monika Spallek, die sich bei den Verhandlungen zum Solarpaket I für den Hochlauf der Agri-PV eingesetzt hat, im Gespräch mit Table.Briefings. Sie glaubt, dass vor allem die höheren Fördersätze Landwirte veranlassen werden, in den Bau von Agri-PV-Anlagen zu investieren: “Bei dem niedrigen Technologiebonus im letzten Jahr hat sich das nicht gerechnet. Mit der Verdoppelung des Bonus wird es jetzt erheblich attraktiver.” Bei der Ausschreibung im Dezember 2023 hatte die Bundesnetzagentur 47 Zuschläge mit 530 Megawatt für PV-Anlagen auf Acker- und Grünlandflächen erteilt, darunter waren zehn Agri-PV-Anlagen.
“Wir gehen davon aus, dass jetzt zunehmend mehr – auch kleinere – Agri-PV-Projekte umgesetzt werden”, sagt auch Gawan Heintze vom Beratungsnetzwerk LandSchafftEnergie am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Bayern. Heintze berät Landwirte bei der initialen Entscheidung, ob sie in Agri-PV-Anlagen investieren wollen. “Die Höhe der EEG-Vergütung ist einer der Knackpunkte. In der Vergangenheit haben einige Landwirte Projekte zurückgestellt, weil sie auf das aktuelle Solarpaket und die gesonderte Förderung für besondere Solaranlagen gewartet haben”, erklärt der Berater.
Grundsätzlich müsse jedes Projekt aber weiter individuell kalkuliert werden. “Die Wirtschaftlichkeit hängt davon ab, wie der Flächenzuschnitt ist, wie weit der Netzverknüpfungspunkt von der Projektfläche entfernt ist und welches PV-System der Landwirt nutzen will”, erklärt Heintze. Wer kleinere Agri-PV-Anlagen installieren will, habe seit 2023 auch den Vorteil der “Privilegierung” für Anlagen bis 2,5 Hektar. Das bedeutet, dass ein entsprechender Bauantrag auch ohne vorherige Aufstellung eines Bebauungsplans genehmigt werden kann. Auf Flächen dieser Größenordnung können üblicherweise Anlagen zwischen eins und 1,5 Megawatt Leistung installiert werden.
Viele Landwirte hätten Respekt vor den Investitionssummen, die bei derartigen Projekten im Raum stünden, sagt Heintze: “Da sprechen wir leicht mal von einer Million Euro und mehr. Sie gehen dann nicht das Risiko ein, das Projekt selbst zu stemmen, sondern denken auch über die Möglichkeit von gesicherten Pachteinnahmen über 20 Jahre und länger nach.” Auf der anderen Seite müsse man auch sagen: Wenn ein Landwirt die Wertschöpfung in der eigenen Hand behalte und mit der Stromerzeugung in ein zweites Geschäftsfeld neben der Landbewirtschaftung diversifiziere, könne das auch Mehrwert haben.
Eine zusätzliche Option eröffnet das Solarpaket I dem Agri-PV-Markt mit der Hereinnahme der senkrecht aufgestellten Photovoltaik-Module in das Agri-PV-Segment mit der höheren Förderung. Das war in der ersten Fassung des Gesetzes von Anfang 2023 noch nicht geplant. “Ich bin überzeugt, dass gerade die senkrechten Anlagen eine attraktive Alternative sind”, sagt Anne Monika Spallek.
Bei den auf mindestens 2,1 Meter Höhe aufgeständerten Agri-PV-Anlagen wird die landwirtschaftliche Nutzfläche praktisch überdacht. Bei vertikalen Anlagen wird die Fläche zwischen den PV-Modul-Reihen bewirtschaftet. Sie sind im Vergleich kostengünstiger, produzieren aber auch weniger Strom. “Die hochaufgeständerten Anlagen werden für den Wein- und Obstbau interessant sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die irgendwann über Mais oder Weizen stehen. Da ist der Ausbau begrenzt. Weil die senkrechten Anlagen aber jetzt erstmalig auch als Agri-PV zählen und die höhere Förderung erhalten, sehe ich eine große Chance, dass diese zukünftig vermehrt in der Weidehaltung, aber auch im Acker eingesetzt werden“, beschreibt Spallek das Potenzial. Die Bundesnetzagentur sei auch gerade dabei, eine neue DIN-SPEC zu erarbeiten, die die Anforderungen an Agri-PV in der Nutztierhaltung definiert.
Welch große Synergieeffekte sich für Landwirte mit dem Betrieb von Agri-PV-Anlagen ergeben können, zeigen die im April vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme vorgestellten Ergebnisse eines Forschungsprojekts. Bei einer Pilotanlage über Apfelbäumen in einem Obstbaubetrieb am Bodensee wurden gegenüber der Bewirtschaftung ohne Photovoltaik-Module 70 Prozent der Pflanzenschutzmittel und 50 Prozent der Bewässerung eingespart. Zugleich produzierte die Agri-PV-Anlage 20 Prozent mehr Strom, als es die Forscher auf Basis von Simulationen erwartet hatten.
Die Landwirtschaft verursacht nach Angaben der Europäischen Kommission mehr als zehn Prozent der EU-Treibhausgasemissionen. Der Ausstoß des Sektors sinkt seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Wie angesichts der EU-Klimaziele mit den Emissionen des Sektors umgegangen wird, könnte sich in der kommenden Legislaturperiode zu einer wichtigen Streitfrage entwickeln.
Umstritten ist vor allem, ob und wie die Landwirtschaft in den verpflichtenden EU-Emissionshandel einbezogen werden soll. Derzeit ist der Agrarsektor der einzige klimapolitisch relevante Sektor, dessen Treibhausgas-Ausstoß keiner Bepreisung unterworfen ist. Doch das Thema spaltet die Gemüter, selbst innerhalb der Europäischen Kommission.
Auf der einen Seite steht die Generaldirektion für Klimapolitik (CLIMA). Im vergangenen Jahr stieß sie die Debatte an, indem sie eine Studie zur CO₂-Bepreisung in der Landwirtschaft und ihrer Wertschöpfungskette in Auftrag gab. Die Studie solle auch zur politischen Debatte rund ums Klimaziel für 2040 beitragen, erklärte DG CLIMA zu deren Veröffentlichung im November.
Zurückhaltender zeigt man sich in der Generaldirektion Landwirtschaft (AGRI). Der Druck, die Emissionen des Agrarsektors zu reduzieren, sei hoch. Die Debatte um eine CO₂-Bepreisung nehme langsam Fahrt auf, räumte AGRI-Generaldirektor Wolfgang Burtscher kürzlich bei einer Veranstaltung in Brüssel ein. Aber: “Man kann stichhaltig dagegen argumentieren, dass Emissionen auch reduziert werden können, indem wir über die Gemeinsame Agrarpolitik inkrementelle Maßnahmen anreizen.”
Bisher hat das nicht funktioniert: Ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs von 2021 kommt zu dem Schluss, dass die GAP trotz hoher Fördersummen kaum zur Emissionsreduktion beigetragen hat. Bremsen dürfte die Debatte auch das politische Klima rund um die Bauernproteste. Im Februar hatte die Kommission in ihrer Empfehlung für das EU-Klimaziel 2040 die Passage zum Agrarsektor gegenüber früheren Entwürfen deutlich abgeschwächt. Und die Idee eines verpflichtenden Emissionshandels stößt auf wenig Gegenliebe in der Branche.
Die Einbeziehung in den gesetzlichen Emissionshandel sei “aufgrund der Struktur der Landwirtschaft, der Art der Emissionen auf Basis von natürlichen Prozessen” und administrativer Hürden “nicht möglich“, schreibt der Deutsche Bauernverband (DBV) in einem Positionspapier. Stattdessen setzt die Branche auf die freiwillige Vergütung von CO₂-Senken und auf positive finanzielle Anreize für Emissionsreduktionen. Ähnlich sieht es der EVP-Abgeordnete und Berichterstatter für den Emissionshandel, Peter Liese, der den Nutzen der Landwirte in den Vordergrund rücken will.
Doch die DG CLIMA gibt das Thema nicht auf: Die Generaldirektion hat eine neue Studie in Auftrag gegeben, die ab Mitte des Jahres erarbeitet werden soll. Damit könnten die Ergebnisse rechtzeitig vorliegen, wenn nach der Wahl die Pläne zum Klimaziel 2040 in ein Gesetz gegossen werden sollen und eine Folgenabschätzung für einen CO₂-Preis in der Landwirtschaft gebraucht würde.
Die Debatte ist in vollem Gang, in welcher Form Agraremissionen bepreist werden können, um das Verursacherprinzip auch auf die Landwirtschaft anzuwenden, wie es der Europäische Rechnungshof fordert. Eine Möglichkeit wäre eine CO₂-Steuer – die direkteste Form der CO₂-Bepreisung. Allerdings gilt diese wegen der Länderhoheit bei Steuerfragen als schwer umsetzbar.
Denkbar wäre, die Landwirtschaft in das bestehende Emissionshandelssystem der EU für Industrieanlagen einzubeziehen. Der Markt und die Struktur existieren bereits, die rechtliche Umsetzung wäre vergleichsweise einfach. Allerdings besteht der Agrarsektor aus mehr als neun Millionen landwirtschaftlichen Betrieben mit Emissionen von rund 400 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten. Die Auswirkungen von deren Einbeziehung auf die Preisstabilität im ETS wären nur schwer kalkulierbar und womöglich kontraproduktiv für den Klimaschutz.
Der Anreiz für Emissionsreduzierungen in den Sektoren, die bereits unter das ETS fallen, könnte sich durch sinkende Preise verringern, warnt Hugh McDonald. Er ist Fellow am Ecologic Institute und einer der Autoren der ersten Studie zur CO₂-Bepreisung im Agrarsektor für die DG CLIMA. “2050 ist es vielleicht sinnvoll, einen einzigen Preis für alle zu haben, aber wir sprechen im Moment über die nächsten zehn bis 15 Jahre.“
Außerdem müsse es für Landwirte und Landbesitzer auch Vorteile geben, sagt McDonald. “Sonst wird es schwierig, diese Politik durchzusetzen.” Gemeint ist die Belohnung des Kohlendioxidabbaus durch Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF). Möglich wäre, die Bepreisung von ausgestoßenen Treibhausgasen mit Vergütungen für versenkte Emissionen zu verknüpfen.
Mit einem solchen Modell käme die Kommission auch den Forderungen namhafter Ökonomen sowie des EU-Rechnungshofes nach, Landwirte für den CO₂-Abbau zu belohnen. Und man denkt offenbar auch schon in Brüssel darüber nach. Die Aufträge für die Erarbeitung der beiden Studien für ein Agrar-ETS kamen aus der Abteilung innerhalb der DG CLIMA, die für CO₂-Entnahmen zuständig ist, statt von den Emissionshandelsexperten der Generaldirektion.
Fraglich ist, ob die beiden Aktivitäten – Emittieren und Entnehmen – in einem einzigen System verknüpft werden können oder in zwei separaten. McDonald hält mittelfristig ein getrenntes System für sinnvoller. So könne man zwei getrennte Ziele haben – eins für die Emissionsreduzierung, eins für CO₂-Entnahmen. “Das Risiko bei einem kombinierten System besteht darin, dass es für die Landwirte billiger sein könnte, minderwertige Entnahme-Zertifikate zu kaufen, anstatt ihre eigenen Emissionen zu reduzieren.”
McDonald mahnt jedoch, sich in der Debatte nicht nur auf einen Agrar-ETS zu beschränken. Es gebe eine Reihe anderer politischer Maßnahmen, die einfacher und schneller umzusetzen seien und daher effektiver für die Verringerung der Agrarmissionen. Der Ökonom sieht nach wie vor großes Potenzial in der Neugestaltung der 60 Milliarden Euro schweren GAP-Subventionen als Klimaschutzinstrument. “Änderungen an der GAP sind politisch sehr schwierig, aber auf technischer Ebene haben wir bereits eine Struktur und all das Geld, das in das System fließt.”
Ein neues System wie ein ETS inklusive Vergütung für CO₂-Entnahmen müsste mit den riesigen Summen aus der GAP konkurrieren. Daher käme man ohnehin nicht um die Neugestaltung der GAP herum, wenn man die Emissionen aus der Landwirtschaft reduzieren will, glaubt McDonald. Auch das ist eine Aufgabe der nächsten Legislaturperiode: Im kommenden Jahr werden erste Ideen der Kommission dazu erwartet, wie die GAP nach Ende der aktuellen Förderperiode aussehen soll. Die derzeitige GAP läuft noch bis 2027, könnte aber verlängert werden.
Ein Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Nitratrichtlinie sorgt in der deutschen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft für unterschiedliche Reaktionen. Die Brüsseler Behörde will den Nitratgrenzwert für rückgewonnene Nährstoffe aus Viehdung oder Gülle (Recovered Nitrogen from Manure / RENURE) gegenüber dem geltenden Grenzwert von 170 Kilogramm pro Hektar um 100 Kilogramm erhöhen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) lehnt die Pläne als “nicht sinnvoll und stark gewässerschädlich” ab.
Der aktuell vorliegende Vorschlag setze nicht klar fest, dass es sich bei den zusätzlichen 100 Kilogramm pro Hektar und Jahr um eine Substitution von organischem oder Mineraldünger handeln solle. “Stattdessen kann der Vorschlag dahingehend interpretiert werden, dass bis zu weitere 100 Kilogramm Dünger pro Hektar und Jahr aufgebracht werden sollen“, heißt es im Entwurf einer Table.Briefings vorliegenden BDEW-Stellungnahme an die EU-Kommission. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit RENURE zu einer Reduktion der Gewässerverschmutzung mit Nitrat beitrage. Bereits jetzt sei in der EU eine signifikante Belastung der Böden und Gewässer festzustellen. Das könne sich durch die Ausbringung weiterer nitrathaltiger Düngemitteln noch weiter verschlechtern.
Scharfe Kritik kommt auch von Umweltschützern. Die wissenschaftliche Grundlage für RENURE sei “ungenügend” und dürfe auf keinen Fall eine Aufweichung des Wasserschutzes rechtfertigen, betont Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Trotz bestehender Überdüngung die Ausbringung von mehr organischen Nährstoffen zu erlauben, breche “dem Klima-, Arten- sowie Wasserschutz in der Landwirtschaft das Rückgrat.”
Der Deutsche Bauernverband (DBV) lobt dagegen den Änderungsvorschlag der EU-Kommission gegenüber Table.Briefings als Schritt in die richtige Richtung zur Verringerung der Abhängigkeit von Düngemittelimporten. Er kritisiert aber die eng gesetzten technischen Grenzen bei der Herstellung von RENURE-Düngemitteln. Die EU-Staaten sollen laut Kommissionsvorschlag die Einhaltung von zehn Kriterien bei der Anwendung von RENURE-Düngemitteln sicherstellen, darunter spezielle Behandlungsverfahren, strenge Qualitätsvorgaben sowie kein Anstieg des Viehbestands und der Gülleprodukion.
Auch die EU-Kommission argumentiert in der Begründung ihres Änderungsvorschlags vor allem mit dem Bestreben, die Abhängigkeit der EU von Düngemittelimporten zu verringern: “Ein breiterer Einsatz von organischen Düngemitteln und Nährstoffen aus recycelten Abfallströmen könnte die strategische Autonomie der Union und die Ernährungssicherheit stärken.” Zudem könne sie die Abhängigkeit der Landwirte von den schwankenden Preisen für Mineraldünger verringern.
Zu den Auswirkungen von RENURE-Düngemitteln auf Boden und Gewässer verweist die Brüsseler Behörde auf die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission. Diese habe festgestellt, dass RENURE im Vergleich zu Gülle die Gefahr von Nitratverlusten im Wasser verringere und deshalb über die für Viehdung festgelegte Höchstmenge hinaus ausgebracht werden könne.
Stakeholder sind noch bis zum heutigen Freitag aufgerufen, ihre Stellungnahmen zu dem Änderungsentwurf abzugeben. Die EU-Kommission will das Feedback bei der Finalisierung ihre Initiative berücksichtigen. Danach kann der Entwurf im zuständigen Kommissionsausschuss mit den Mitgliedstaaten beraten werden. mo
Mindestens 58 bis 60 Prozent der Fördermittel aus der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) seien als schädlich für die Biodiversität zu bewerten, moniert eine neue Studie der Beratungsfirma Trinomics im Auftrag der Umweltorganisation WWF. Mehr als 30 Milliarden Euro entspreche das jedes Jahr in der laufenden GAP-Förderperiode. Insbesondere die flächenbasierten Direktzahlungen böten Anreize für eine Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft, die der Umwelt schade, so die Autoren.
Die Europäische Kommission rechnet optimistischer: Sie wertet die Direktzahlungen wegen der Konditionalitätsregeln, die Landwirte erfüllen müssen, zumindest teilweise als förderlich für die Biodiversität. Trotzdem räumt auch sie ein: Die EU läuft Gefahr, ihr eigenes Ziel zu verfehlen, dass mindestens zehn Prozent des Budgets der Biodiversität zuträglich sein sollen. Für die Jahre 2026 und 2027 bleibe der EU-Finanzplan dahinter zurück, sagte ein Kommissionsvertreter vergangenen Monat vor dem EU-Haushaltsausschuss. Auch auf den gesamten mehrjährigen Finanzrahmen (2021 bis 2027) gerechnet könnte die EU das Ziel demnach reißen.
Das liegt laut Kommission neben der Kohäsionspolitik vor allem an der GAP. Die Brüsseler Behörde sieht die Mitgliedstaaten in der Verantwortung: Diese hätten bei der nationalen Umsetzung der EU-Agrarförderung nicht genügend Mittel für die Biodiversität eingeplant, so der Beamte. Doch auch die EU-weiten Ausnahmen bei GLÖZ-Standards trüben die Bilanz. So sollten eigentlich seit Beginn der aktuellen GAP Förderperiode vergangenes Jahr die Direktzahlungen zu 40 Prozent auf das Biodiversitätsziel angerechnet werden.
Dazu kam es aber nie: Wegen der Ausnahmeregelung bei GLÖZ 7 und 8 musste der Prozentsatz für 2023 reduziert werden. Ein ähnlicher Abschlag dürfte wegen der nun beschlossenen neuen GAP-Lockerungen auch in diesem und den kommenden Jahren nötig werden und so den Betrag für die Biodiversität weiter mindern. Die Kommission argumentiert: Weil die Ökoregelungen zu 100 Prozent in das Ziel einfließen, falle die Minderung bei den Direktzahlungen nicht so sehr ins Gewicht. Konkrete Zahlen dazu, um wie viel sich die EU-Ausgaben für Biodiversität durch die GAP-Lockerungen vermindern, will sie im Juni vorlegen. jd
In dieser Legislaturperiode scheiterte die EU-Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden (SUR), nach der Europawahl soll es aber einen neuen Anlauf geben. Dafür sprach sich Manfred Weber, EVP-Chef und CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, am Donnerstag im Europe.Table Live Briefing aus. “Wir brauchen für die nächste Legislaturperiode einen neuen Vorschlag zur Pestizidreduktion.” Seine Partei bekenne sich zu internationalen Vereinbarungen zur Biodiversität, es brauche eine neue Herangehensweise: “Der Fehler war bei dieser Regulierung, dass es ein rein prozentualer Ansatz der Reduktion war.”
Die Europäische Kommission hatte in ihrem Vorschlag zur SUR eine Halbierung der Menge und des Risikos ausgebrachter Pestizide vorgesehen. “Das wird den spezifischen Anforderungen nicht gerecht”, meint Weber. So sei die Pestizidreduktion von 50 Prozent zum Beispiel im deutschen Weinbau teils nicht umsetzbar. Stattdessen forderte der CSU-Politiker einen “subsidiären Ansatz“, bei dem man gezielt und angepasst an die jeweilige Situation vorgehe.
Ähnlich hatte sich Kommissionspräsidentin und EVP-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen im Februar geäußert, als sie bekannt gab, den SUR-Vorschlag zurückzuziehen. Das Ziel der Pestizidreduktion bleibe bestehen, die Kommission könnte später einen neuen, “weitaus ausgereifteren” Vorschlag vorlegen, sagte sie damals. Die Rücknahme galt als Zugeständnis an die protestierenden Landwirte, der umstrittene Vorschlag war aber wegen der Ablehnung im EU-Parlament – auch durch die EVP – schon früher in eine Sackgasse geraten.
Derweil sprach sich Weber dafür aus, Landwirte für CO₂-Entnahmen aus der Atmosphäre zu entlohnen. Klimawirksame Maßnahmen wie das Anlegen von Mooren müssten für Land- und Forstwirtschaft ökonomisch rentabel gemacht werden. Gleichzeitig könne so der ländliche Raum profitieren, der die Hauptlast der Energiewende zu tragen habe. Im Februar hatten sich EU-Rat und -Parlament auf Regeln zur Zertifizierung von CO₂-Entnahmen geeinigt. Das Gesetz soll auch Landwirten den Zugang zu freiwilligen CO₂-Märkten besser ermöglichen, sieht aber keine öffentlichen Finanzierungsinstrumente vor. jd
Die Europäischen Grünen haben keine großen Erwartungen an die Ergebnisse des von Kommissionschefin Ursula von der Leyen initiierten Strategiedialogs Landwirtschaft. “Dialoge sind immer gut, aber man muss sicher sein, dass sie zu Ergebnissen führen”, betonte der niederländische Europaabgeordnete Bas Eickhout, der gemeinsam mit Terry Reintke die Liste der Grünen anführt, bei einer kürzlichen Wahlkampfveranstaltung.
Er warnte auch, das Format dürfe nicht dazu genutzt werden, den Green Deal zu verwässern. “In den Niederlanden haben wir viele Dialoge geführt, und am Ende gab es nur Untätigkeit. Die Dialoge führten zu anderen Dialogen”, so Eickhout weiter. Die Debatte um die Tierhaltung und die Minderung der Nitratbelastung hatte in dem Land in den vergangenen Jahren immer wieder zu massiven Protesten geführt – trotz der Bemühungen der Regierung um Dialog mit den Landwirten.
Auf Erfahrungen aus ihrem Heimatland verweist auch die französische Senatorin und Co-Vorsitzende der Europäischen Grünen Mélanie Vogel im Gespräch mit Table.Briefings. So sei in Frankreich das politische Umfeld aktuell stark von den heftigen Bauernprotesten geprägt. Vor einem solchen Hintergrund stelle sich die Frage, wie ein Dialog funktionieren könne, ohne zu Konfrontationen zu führen. Umweltregeln zur Ursache der Agrarkrise zu erklären, sei falsch, betont Vogel, vielmehr müsse es um faire Einkommen für Landwirte gehen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bei einer EU-Wahldebatte Ende April angekündigt, im Falle ihrer Wiederwahl einen Fokus auf die Agrarpolitik zu setzen und die Ergebnisse des Strategiedialogs zum Programm der nächsten Amtszeit zu machen. “Wie sie glaube ich, dass Landwirte Teil der Lösung sind, um die Natur und das Klima zu schützen”, entgegnete sie während der Debatte ihrem grünen Gegenkandidaten Eickhout. cst
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat die Streichung der sogenannten “Rauschklausel” für Industriehanf aus dem Cannabisgesetz (CanG) angekündigt. Diese deutsche Sonderregel führte bislang dazu, dass der Anbau und Vertrieb von Nutzhanf mit einem geringen THC-Gehalt von weniger als 0,3 Prozent nur dann legal war, wenn ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen werden konnte.
Özdemir betonte in seiner Rede auf einem parlamentarischen Abend des Branchenverbands Cannabiswirtschaft, dass Hanf in der Vergangenheit in vielen Bereichen wie dem Schiffsbau oder der Automobilindustrie eine wichtige Rolle gespielt habe. Heute könne Hanf als widerstandsfähiger und nachwachsender Rohstoff eine klimafreundliche Alternative zu Plastik und Stahl darstellen.
Das bekräftigte auch Marijn Roersch van der Hoogte, Vizepräsident des Branchenverbands Cannabiswirtschaft: “Ob als Faserverbundstoff in der Automobilindustrie, Dämmstoff und Hanfbeton auf dem Bau oder biologisch abbaubares Plastik – die nachhaltigen Potenziale sind vielfältig.” Der Verband ist der größte Interessensvertreter der Cannabisbranche und setzt sich seit 2019 für Reformen in der Cannabisregulierung ein. Neben Industriehanf hat er in der Vergangenheit auch die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel und zu medizinischen Zwecken unterstützt.
In seiner Rede kündigte Özdemir außerdem an, den Anbau von Industriehanf in Gewächshäusern durch Bürokratieabbau vereinfachen zu wollen. Der Indoor-Anbau bietet unter anderem den Vorteil, dass der Hanf meist eine deutlich geringere Pestizid-Menge aufweist.
In Zukunft solle außerdem eine mögliche Erhöhung des zulässigen THC-Grenzwerts im CanG diskutiert werden, so Özdemir. Im vergangenen Jahr hatte das BMEL den Grenzwert bereits von 0,2 auf 0,3 Prozent THC erhöht, um ihn an den zulässigen THC-Grenzwert nach EU-Recht anzugleichen. Diese Änderungen müssten laut Özdemir “Schritt für Schritt” erfolgen, um auch diejenigen einzubeziehen, die der Nutzung von Cannabis skeptisch gegenüberstehen.
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland beim Hanfanbau im Mittelfeld. Statistiken zufolge betrug die Anbaufläche von Nutzhanf in Deutschland im Jahr 2022 rund 5.600 Hektar. Insgesamt wurden in der Europäischen Union 2022 rund 33.000 Hektar Nutzhanf angebaut. Davon wächst über die Hälfte – knapp 19.500 Hektar – in Frankreich. ag
Euractiv: EU to tighten grip on emergency pesticide use with new guidance on derogations
Die Europäische Kommission will den Mitgliedstaaten den Einsatz von Pestiziden, die in der EU ausdrücklich verboten sind, auch über die Ausnahmeregelung nicht länger erlauben. Einen entsprechenden Vorschlag für aktualisierte Leitlinien will sie am 22. und 23. Mai mit Vertretern der EU-Länder diskutieren. Mitgliedstaaten umgingen Verbote von Pestiziden bisher teils, indem sie sich auf Artikel 53 der Verordnung 1107/2009 beriefen, der “Notfall”-Zulassungen für bis zu 120 Tagen erlaubt. 2023 hatte der EuGH gegen die Zulassung von mit Neonicotinoiden beschichtetem Saatgut geurteilt, dennoch ließen Länder den Wirkstoff Anfang dieses Jahres weiterhin über die Ausnahmeregelung zu. In den neuen Leitlinien wird dies nun ausgeschlossen. Zum Artikel
EFSA: Epidemiological analysis of African swine fever in the European Union during 2023
Im Jahr 2023 gab es laut dem neuen Bericht der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit in der EU die höchste Zahl von Ausbrüchen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Hausschweinen seit 2014, wobei 96 Prozent der 1.929 Ausbrüche auf Kroatien und Rumänien entfielen. Die Ausbrüche bei Wildschweinen nahmen um zehn Prozent zu, mit neuen Fällen in Schweden, Kroatien und Italien und einem erneuten Auftreten in Griechenland. In Deutschland, Ungarn und der Slowakei kam es zu einer Verbesserung mit weniger Wildschweinausbrüchen. Die passive Überwachung, insbesondere das Erkennen klinischer Krankheitsanzeichen, ist nach wie vor die wichtigste Methode zum Nachweis der ASP bei Hausschweinen. Daher kommt Landwirten und Tierärzten eine besonders wichtige Rolle bei der Meldung von Verdachtsfällen zu. Zum Bericht
Die Zeit: Aldi in den USA: Hier billo, dort öko
Aldi Süd wächst in den USA schneller als jede andere Supermarktkette. Der Discounter zählt inzwischen knapp 2.500 Filialen in fast 40 Bundesstaaten, im vergangenen Jahr wurden über 100 neue Filialen eröffnet. Der Anstieg der Inflation in den USA auf 3,5 Prozent hat zu anhaltend hohen Lebensmittelpreisen geführt. Dies hat viele US-Amerikaner zu Aldi gelockt, da sie dort für weniger Geld mehr Lebensmittel erhalten. Der Discounter punktet nicht nur mit niedrigen Preisen, sondern auch mit Eigenmarken wie dem Bio-Label Simply Nature, welche dem Markt einen nachhaltigen Anstrich verleihen. Selbst Walmart sieht Aldi inzwischen als Hauptkonkurrenten an. Aldi Süd plant, bis 2028 weitere 800 Filialen zu eröffnen. Zum Artikel
Die Kontroverse um die Trophäenjagd erreicht erneut die Schlagzeilen, und ich, Klemens Fischer als Vorstand der ökologischen Stiftung K21 in Namibia, möchte dazu beitragen, eine ausgewogene Betrachtung dieses komplexen Themas zu ermöglichen.
Heute prangt die Casa Jagd auf Elefanten, Symbol des Kampfes für den Artenschutz, auf den Titelseiten der Zeitungen. An dieser Debatte möchte ich mich nicht beteiligen. Die jüngste Debatte betrifft uns aber, da bei der Einfuhr von Bergzebra-Trophäen einige von unserer Farm Krumhuk in Namibia stammen. Trotz unserer Trophäenjagd haben wir eine Zunahme unserer Bergzebra-Population zu verzeichnen. Unsere Farm Krumhuk ist ohne Zäune gestaltet, was den Tieren ermöglicht, sich frei über die Farmgrenzen hinaus zu bewegen. Wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Praktiken im Einklang mit der Natur und dem Artenschutz stehen.
Die Trophäenjagd ist für uns nur ein Mittel zum Zweck. Als ökologisch soziale Stiftung liegt unser Hauptaugenmerk auf der Unterstützung von Menschen, Kindern und Frauen in ländlichen Gebieten. Unsere Arbeit konzentriert sich auf die Verbesserung der Lebens- und Bildungsbedingungen dieser Bevölkerungsgruppen. Mit den Einnahmen aus der Trophäenjagd und anderen Quellen betreiben wir eine Internatsschule mit etwa 150 Kindern.
Die Eltern dieser Kinder arbeiten oft auf entlegenen Farmen, ohne Zugang zu Bildung oder medizinischer Versorgung. Die finanzielle Unterstützung durch die Trophäenjagd ermöglicht es uns, die Schule, das Internat und die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. Zusätzlich zu den direkten Einnahmen aus der Jagd helfen uns Jäger auch durch Spenden.
Namibia verfügt über mehrere größere landwirtschaftliche Betriebe, die oft in abgelegenen Gebieten liegen. Die Viehzucht wird aufgrund zunehmender Dürren durch den Klimawandel immer unrentabler. Im Gegensatz dazu ist die Jagd eine widerstandsfähigere und ökologischere Form der Landwirtschaft. Die gejagten Tiere sind oft besser an die klimatischen Bedingungen, insbesondere an Dürren, angepasst als Rinder. Die Trophäenjagd findet in von Menschen geschaffenen Kulturlandschaften statt und trägt somit zur ökologischen Vielfalt bei.
Letztlich steht für uns der Mensch im Mittelpunkt. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen, insbesondere von Frauen und Kindern in ländlichen Gebieten, sollten oberste Priorität haben. Die Trophäenjagd bietet einen alternativen Lebensunterhalt für Teile der ländlichen Bevölkerung und verhindert die Abwanderung in die städtischen Slums.
Insgesamt betrachtet ist die Trophäenjagd für uns eine ökologisch vertretbare und sozial wichtige Praxis. Wir sind fest entschlossen, unsere Arbeit im Einklang mit dem Artenschutz und der sozialen Entwicklung fortzusetzen.
Klemens Fischer betreibt die Farm Krumhuk in Namibia und ist Vorstand der Stiftung Twenty-One Krumhuk for Agriculture and Social Development.
der Schutzstatus des Wolfs wird so schnell nicht gelockert. Am Mittwoch haben sich zwar die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten dazu ausgetauscht. Eine Änderung der Berner Konventionen anzustoßen, wurde aber nicht entschieden. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, das internationale Abkommen, das den Schutzstatus des Wolfs über die EU hinaus regelt, gemeinsam mit den weiteren Vertragsstaaten zu überarbeiten. Zwist in der Ampel-Koalition bremst das Vorhaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiterhin aus. Deutschland stellte sich am Mittwoch quer, eine Arbeitsgruppe zum Wolf zu gründen. Der Vorschlag einiger anderer EU-Mitgliedstaaten scheiterte letztlich. Eine Entscheidung des EU-Rates wird nun erst Ende des Jahres erwartet, heißt es in Brüssel.
Vorwärts geht es hingegen beim Ausbau von Agri-PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen. Denn Bundesrat und Bundestag haben Ende April das Solarpaket I verabschiedet. Worauf es künftig ankommt, wenn Landwirte und Landwirtinnen in Agri-PV-Anlagen investieren wollen, erklärt Gawan Heintze vom Beratungsnetzwerk LandSchafftEnergie am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Bayern.
Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre!
Sowohl Landwirte als auch Umweltschützer haben hohe Erwartungen an die Agri-Photovoltaik (Agri-PV). Das vom Bundesrat und Bundestag Ende April verabschiedete Solarpaket I enthält eine Reihe neuer Regelungen, die den Ausbau von Agri-PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen beschleunigen sollen. Experten sind zuversichtlich, dass die noch am Anfang der Entwicklung stehende Stromerzeugungsform nun einen Schub erhalten wird.
Die vier wichtigsten Neuregelungen für Agri-PV sind:
“Die Agri-PV-Anlagen werden im Solarpaket I gestärkt, weil sie durch die Nahrungsmittel- und Stromproduktion auf einer Fläche einen Doppelnutzen haben und im Gegensatz zu gewöhnlichen Freiflächen-PV-Anlagen keine zusätzlichen Flächen verbrauchen”, erläutert die Grünen-Bundestagabgeordnete Anne Monika Spallek, die sich bei den Verhandlungen zum Solarpaket I für den Hochlauf der Agri-PV eingesetzt hat, im Gespräch mit Table.Briefings. Sie glaubt, dass vor allem die höheren Fördersätze Landwirte veranlassen werden, in den Bau von Agri-PV-Anlagen zu investieren: “Bei dem niedrigen Technologiebonus im letzten Jahr hat sich das nicht gerechnet. Mit der Verdoppelung des Bonus wird es jetzt erheblich attraktiver.” Bei der Ausschreibung im Dezember 2023 hatte die Bundesnetzagentur 47 Zuschläge mit 530 Megawatt für PV-Anlagen auf Acker- und Grünlandflächen erteilt, darunter waren zehn Agri-PV-Anlagen.
“Wir gehen davon aus, dass jetzt zunehmend mehr – auch kleinere – Agri-PV-Projekte umgesetzt werden”, sagt auch Gawan Heintze vom Beratungsnetzwerk LandSchafftEnergie am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Bayern. Heintze berät Landwirte bei der initialen Entscheidung, ob sie in Agri-PV-Anlagen investieren wollen. “Die Höhe der EEG-Vergütung ist einer der Knackpunkte. In der Vergangenheit haben einige Landwirte Projekte zurückgestellt, weil sie auf das aktuelle Solarpaket und die gesonderte Förderung für besondere Solaranlagen gewartet haben”, erklärt der Berater.
Grundsätzlich müsse jedes Projekt aber weiter individuell kalkuliert werden. “Die Wirtschaftlichkeit hängt davon ab, wie der Flächenzuschnitt ist, wie weit der Netzverknüpfungspunkt von der Projektfläche entfernt ist und welches PV-System der Landwirt nutzen will”, erklärt Heintze. Wer kleinere Agri-PV-Anlagen installieren will, habe seit 2023 auch den Vorteil der “Privilegierung” für Anlagen bis 2,5 Hektar. Das bedeutet, dass ein entsprechender Bauantrag auch ohne vorherige Aufstellung eines Bebauungsplans genehmigt werden kann. Auf Flächen dieser Größenordnung können üblicherweise Anlagen zwischen eins und 1,5 Megawatt Leistung installiert werden.
Viele Landwirte hätten Respekt vor den Investitionssummen, die bei derartigen Projekten im Raum stünden, sagt Heintze: “Da sprechen wir leicht mal von einer Million Euro und mehr. Sie gehen dann nicht das Risiko ein, das Projekt selbst zu stemmen, sondern denken auch über die Möglichkeit von gesicherten Pachteinnahmen über 20 Jahre und länger nach.” Auf der anderen Seite müsse man auch sagen: Wenn ein Landwirt die Wertschöpfung in der eigenen Hand behalte und mit der Stromerzeugung in ein zweites Geschäftsfeld neben der Landbewirtschaftung diversifiziere, könne das auch Mehrwert haben.
Eine zusätzliche Option eröffnet das Solarpaket I dem Agri-PV-Markt mit der Hereinnahme der senkrecht aufgestellten Photovoltaik-Module in das Agri-PV-Segment mit der höheren Förderung. Das war in der ersten Fassung des Gesetzes von Anfang 2023 noch nicht geplant. “Ich bin überzeugt, dass gerade die senkrechten Anlagen eine attraktive Alternative sind”, sagt Anne Monika Spallek.
Bei den auf mindestens 2,1 Meter Höhe aufgeständerten Agri-PV-Anlagen wird die landwirtschaftliche Nutzfläche praktisch überdacht. Bei vertikalen Anlagen wird die Fläche zwischen den PV-Modul-Reihen bewirtschaftet. Sie sind im Vergleich kostengünstiger, produzieren aber auch weniger Strom. “Die hochaufgeständerten Anlagen werden für den Wein- und Obstbau interessant sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die irgendwann über Mais oder Weizen stehen. Da ist der Ausbau begrenzt. Weil die senkrechten Anlagen aber jetzt erstmalig auch als Agri-PV zählen und die höhere Förderung erhalten, sehe ich eine große Chance, dass diese zukünftig vermehrt in der Weidehaltung, aber auch im Acker eingesetzt werden“, beschreibt Spallek das Potenzial. Die Bundesnetzagentur sei auch gerade dabei, eine neue DIN-SPEC zu erarbeiten, die die Anforderungen an Agri-PV in der Nutztierhaltung definiert.
Welch große Synergieeffekte sich für Landwirte mit dem Betrieb von Agri-PV-Anlagen ergeben können, zeigen die im April vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme vorgestellten Ergebnisse eines Forschungsprojekts. Bei einer Pilotanlage über Apfelbäumen in einem Obstbaubetrieb am Bodensee wurden gegenüber der Bewirtschaftung ohne Photovoltaik-Module 70 Prozent der Pflanzenschutzmittel und 50 Prozent der Bewässerung eingespart. Zugleich produzierte die Agri-PV-Anlage 20 Prozent mehr Strom, als es die Forscher auf Basis von Simulationen erwartet hatten.
Die Landwirtschaft verursacht nach Angaben der Europäischen Kommission mehr als zehn Prozent der EU-Treibhausgasemissionen. Der Ausstoß des Sektors sinkt seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Wie angesichts der EU-Klimaziele mit den Emissionen des Sektors umgegangen wird, könnte sich in der kommenden Legislaturperiode zu einer wichtigen Streitfrage entwickeln.
Umstritten ist vor allem, ob und wie die Landwirtschaft in den verpflichtenden EU-Emissionshandel einbezogen werden soll. Derzeit ist der Agrarsektor der einzige klimapolitisch relevante Sektor, dessen Treibhausgas-Ausstoß keiner Bepreisung unterworfen ist. Doch das Thema spaltet die Gemüter, selbst innerhalb der Europäischen Kommission.
Auf der einen Seite steht die Generaldirektion für Klimapolitik (CLIMA). Im vergangenen Jahr stieß sie die Debatte an, indem sie eine Studie zur CO₂-Bepreisung in der Landwirtschaft und ihrer Wertschöpfungskette in Auftrag gab. Die Studie solle auch zur politischen Debatte rund ums Klimaziel für 2040 beitragen, erklärte DG CLIMA zu deren Veröffentlichung im November.
Zurückhaltender zeigt man sich in der Generaldirektion Landwirtschaft (AGRI). Der Druck, die Emissionen des Agrarsektors zu reduzieren, sei hoch. Die Debatte um eine CO₂-Bepreisung nehme langsam Fahrt auf, räumte AGRI-Generaldirektor Wolfgang Burtscher kürzlich bei einer Veranstaltung in Brüssel ein. Aber: “Man kann stichhaltig dagegen argumentieren, dass Emissionen auch reduziert werden können, indem wir über die Gemeinsame Agrarpolitik inkrementelle Maßnahmen anreizen.”
Bisher hat das nicht funktioniert: Ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs von 2021 kommt zu dem Schluss, dass die GAP trotz hoher Fördersummen kaum zur Emissionsreduktion beigetragen hat. Bremsen dürfte die Debatte auch das politische Klima rund um die Bauernproteste. Im Februar hatte die Kommission in ihrer Empfehlung für das EU-Klimaziel 2040 die Passage zum Agrarsektor gegenüber früheren Entwürfen deutlich abgeschwächt. Und die Idee eines verpflichtenden Emissionshandels stößt auf wenig Gegenliebe in der Branche.
Die Einbeziehung in den gesetzlichen Emissionshandel sei “aufgrund der Struktur der Landwirtschaft, der Art der Emissionen auf Basis von natürlichen Prozessen” und administrativer Hürden “nicht möglich“, schreibt der Deutsche Bauernverband (DBV) in einem Positionspapier. Stattdessen setzt die Branche auf die freiwillige Vergütung von CO₂-Senken und auf positive finanzielle Anreize für Emissionsreduktionen. Ähnlich sieht es der EVP-Abgeordnete und Berichterstatter für den Emissionshandel, Peter Liese, der den Nutzen der Landwirte in den Vordergrund rücken will.
Doch die DG CLIMA gibt das Thema nicht auf: Die Generaldirektion hat eine neue Studie in Auftrag gegeben, die ab Mitte des Jahres erarbeitet werden soll. Damit könnten die Ergebnisse rechtzeitig vorliegen, wenn nach der Wahl die Pläne zum Klimaziel 2040 in ein Gesetz gegossen werden sollen und eine Folgenabschätzung für einen CO₂-Preis in der Landwirtschaft gebraucht würde.
Die Debatte ist in vollem Gang, in welcher Form Agraremissionen bepreist werden können, um das Verursacherprinzip auch auf die Landwirtschaft anzuwenden, wie es der Europäische Rechnungshof fordert. Eine Möglichkeit wäre eine CO₂-Steuer – die direkteste Form der CO₂-Bepreisung. Allerdings gilt diese wegen der Länderhoheit bei Steuerfragen als schwer umsetzbar.
Denkbar wäre, die Landwirtschaft in das bestehende Emissionshandelssystem der EU für Industrieanlagen einzubeziehen. Der Markt und die Struktur existieren bereits, die rechtliche Umsetzung wäre vergleichsweise einfach. Allerdings besteht der Agrarsektor aus mehr als neun Millionen landwirtschaftlichen Betrieben mit Emissionen von rund 400 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten. Die Auswirkungen von deren Einbeziehung auf die Preisstabilität im ETS wären nur schwer kalkulierbar und womöglich kontraproduktiv für den Klimaschutz.
Der Anreiz für Emissionsreduzierungen in den Sektoren, die bereits unter das ETS fallen, könnte sich durch sinkende Preise verringern, warnt Hugh McDonald. Er ist Fellow am Ecologic Institute und einer der Autoren der ersten Studie zur CO₂-Bepreisung im Agrarsektor für die DG CLIMA. “2050 ist es vielleicht sinnvoll, einen einzigen Preis für alle zu haben, aber wir sprechen im Moment über die nächsten zehn bis 15 Jahre.“
Außerdem müsse es für Landwirte und Landbesitzer auch Vorteile geben, sagt McDonald. “Sonst wird es schwierig, diese Politik durchzusetzen.” Gemeint ist die Belohnung des Kohlendioxidabbaus durch Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF). Möglich wäre, die Bepreisung von ausgestoßenen Treibhausgasen mit Vergütungen für versenkte Emissionen zu verknüpfen.
Mit einem solchen Modell käme die Kommission auch den Forderungen namhafter Ökonomen sowie des EU-Rechnungshofes nach, Landwirte für den CO₂-Abbau zu belohnen. Und man denkt offenbar auch schon in Brüssel darüber nach. Die Aufträge für die Erarbeitung der beiden Studien für ein Agrar-ETS kamen aus der Abteilung innerhalb der DG CLIMA, die für CO₂-Entnahmen zuständig ist, statt von den Emissionshandelsexperten der Generaldirektion.
Fraglich ist, ob die beiden Aktivitäten – Emittieren und Entnehmen – in einem einzigen System verknüpft werden können oder in zwei separaten. McDonald hält mittelfristig ein getrenntes System für sinnvoller. So könne man zwei getrennte Ziele haben – eins für die Emissionsreduzierung, eins für CO₂-Entnahmen. “Das Risiko bei einem kombinierten System besteht darin, dass es für die Landwirte billiger sein könnte, minderwertige Entnahme-Zertifikate zu kaufen, anstatt ihre eigenen Emissionen zu reduzieren.”
McDonald mahnt jedoch, sich in der Debatte nicht nur auf einen Agrar-ETS zu beschränken. Es gebe eine Reihe anderer politischer Maßnahmen, die einfacher und schneller umzusetzen seien und daher effektiver für die Verringerung der Agrarmissionen. Der Ökonom sieht nach wie vor großes Potenzial in der Neugestaltung der 60 Milliarden Euro schweren GAP-Subventionen als Klimaschutzinstrument. “Änderungen an der GAP sind politisch sehr schwierig, aber auf technischer Ebene haben wir bereits eine Struktur und all das Geld, das in das System fließt.”
Ein neues System wie ein ETS inklusive Vergütung für CO₂-Entnahmen müsste mit den riesigen Summen aus der GAP konkurrieren. Daher käme man ohnehin nicht um die Neugestaltung der GAP herum, wenn man die Emissionen aus der Landwirtschaft reduzieren will, glaubt McDonald. Auch das ist eine Aufgabe der nächsten Legislaturperiode: Im kommenden Jahr werden erste Ideen der Kommission dazu erwartet, wie die GAP nach Ende der aktuellen Förderperiode aussehen soll. Die derzeitige GAP läuft noch bis 2027, könnte aber verlängert werden.
Ein Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Nitratrichtlinie sorgt in der deutschen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft für unterschiedliche Reaktionen. Die Brüsseler Behörde will den Nitratgrenzwert für rückgewonnene Nährstoffe aus Viehdung oder Gülle (Recovered Nitrogen from Manure / RENURE) gegenüber dem geltenden Grenzwert von 170 Kilogramm pro Hektar um 100 Kilogramm erhöhen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) lehnt die Pläne als “nicht sinnvoll und stark gewässerschädlich” ab.
Der aktuell vorliegende Vorschlag setze nicht klar fest, dass es sich bei den zusätzlichen 100 Kilogramm pro Hektar und Jahr um eine Substitution von organischem oder Mineraldünger handeln solle. “Stattdessen kann der Vorschlag dahingehend interpretiert werden, dass bis zu weitere 100 Kilogramm Dünger pro Hektar und Jahr aufgebracht werden sollen“, heißt es im Entwurf einer Table.Briefings vorliegenden BDEW-Stellungnahme an die EU-Kommission. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit RENURE zu einer Reduktion der Gewässerverschmutzung mit Nitrat beitrage. Bereits jetzt sei in der EU eine signifikante Belastung der Böden und Gewässer festzustellen. Das könne sich durch die Ausbringung weiterer nitrathaltiger Düngemitteln noch weiter verschlechtern.
Scharfe Kritik kommt auch von Umweltschützern. Die wissenschaftliche Grundlage für RENURE sei “ungenügend” und dürfe auf keinen Fall eine Aufweichung des Wasserschutzes rechtfertigen, betont Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Trotz bestehender Überdüngung die Ausbringung von mehr organischen Nährstoffen zu erlauben, breche “dem Klima-, Arten- sowie Wasserschutz in der Landwirtschaft das Rückgrat.”
Der Deutsche Bauernverband (DBV) lobt dagegen den Änderungsvorschlag der EU-Kommission gegenüber Table.Briefings als Schritt in die richtige Richtung zur Verringerung der Abhängigkeit von Düngemittelimporten. Er kritisiert aber die eng gesetzten technischen Grenzen bei der Herstellung von RENURE-Düngemitteln. Die EU-Staaten sollen laut Kommissionsvorschlag die Einhaltung von zehn Kriterien bei der Anwendung von RENURE-Düngemitteln sicherstellen, darunter spezielle Behandlungsverfahren, strenge Qualitätsvorgaben sowie kein Anstieg des Viehbestands und der Gülleprodukion.
Auch die EU-Kommission argumentiert in der Begründung ihres Änderungsvorschlags vor allem mit dem Bestreben, die Abhängigkeit der EU von Düngemittelimporten zu verringern: “Ein breiterer Einsatz von organischen Düngemitteln und Nährstoffen aus recycelten Abfallströmen könnte die strategische Autonomie der Union und die Ernährungssicherheit stärken.” Zudem könne sie die Abhängigkeit der Landwirte von den schwankenden Preisen für Mineraldünger verringern.
Zu den Auswirkungen von RENURE-Düngemitteln auf Boden und Gewässer verweist die Brüsseler Behörde auf die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission. Diese habe festgestellt, dass RENURE im Vergleich zu Gülle die Gefahr von Nitratverlusten im Wasser verringere und deshalb über die für Viehdung festgelegte Höchstmenge hinaus ausgebracht werden könne.
Stakeholder sind noch bis zum heutigen Freitag aufgerufen, ihre Stellungnahmen zu dem Änderungsentwurf abzugeben. Die EU-Kommission will das Feedback bei der Finalisierung ihre Initiative berücksichtigen. Danach kann der Entwurf im zuständigen Kommissionsausschuss mit den Mitgliedstaaten beraten werden. mo
Mindestens 58 bis 60 Prozent der Fördermittel aus der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) seien als schädlich für die Biodiversität zu bewerten, moniert eine neue Studie der Beratungsfirma Trinomics im Auftrag der Umweltorganisation WWF. Mehr als 30 Milliarden Euro entspreche das jedes Jahr in der laufenden GAP-Förderperiode. Insbesondere die flächenbasierten Direktzahlungen böten Anreize für eine Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft, die der Umwelt schade, so die Autoren.
Die Europäische Kommission rechnet optimistischer: Sie wertet die Direktzahlungen wegen der Konditionalitätsregeln, die Landwirte erfüllen müssen, zumindest teilweise als förderlich für die Biodiversität. Trotzdem räumt auch sie ein: Die EU läuft Gefahr, ihr eigenes Ziel zu verfehlen, dass mindestens zehn Prozent des Budgets der Biodiversität zuträglich sein sollen. Für die Jahre 2026 und 2027 bleibe der EU-Finanzplan dahinter zurück, sagte ein Kommissionsvertreter vergangenen Monat vor dem EU-Haushaltsausschuss. Auch auf den gesamten mehrjährigen Finanzrahmen (2021 bis 2027) gerechnet könnte die EU das Ziel demnach reißen.
Das liegt laut Kommission neben der Kohäsionspolitik vor allem an der GAP. Die Brüsseler Behörde sieht die Mitgliedstaaten in der Verantwortung: Diese hätten bei der nationalen Umsetzung der EU-Agrarförderung nicht genügend Mittel für die Biodiversität eingeplant, so der Beamte. Doch auch die EU-weiten Ausnahmen bei GLÖZ-Standards trüben die Bilanz. So sollten eigentlich seit Beginn der aktuellen GAP Förderperiode vergangenes Jahr die Direktzahlungen zu 40 Prozent auf das Biodiversitätsziel angerechnet werden.
Dazu kam es aber nie: Wegen der Ausnahmeregelung bei GLÖZ 7 und 8 musste der Prozentsatz für 2023 reduziert werden. Ein ähnlicher Abschlag dürfte wegen der nun beschlossenen neuen GAP-Lockerungen auch in diesem und den kommenden Jahren nötig werden und so den Betrag für die Biodiversität weiter mindern. Die Kommission argumentiert: Weil die Ökoregelungen zu 100 Prozent in das Ziel einfließen, falle die Minderung bei den Direktzahlungen nicht so sehr ins Gewicht. Konkrete Zahlen dazu, um wie viel sich die EU-Ausgaben für Biodiversität durch die GAP-Lockerungen vermindern, will sie im Juni vorlegen. jd
In dieser Legislaturperiode scheiterte die EU-Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden (SUR), nach der Europawahl soll es aber einen neuen Anlauf geben. Dafür sprach sich Manfred Weber, EVP-Chef und CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, am Donnerstag im Europe.Table Live Briefing aus. “Wir brauchen für die nächste Legislaturperiode einen neuen Vorschlag zur Pestizidreduktion.” Seine Partei bekenne sich zu internationalen Vereinbarungen zur Biodiversität, es brauche eine neue Herangehensweise: “Der Fehler war bei dieser Regulierung, dass es ein rein prozentualer Ansatz der Reduktion war.”
Die Europäische Kommission hatte in ihrem Vorschlag zur SUR eine Halbierung der Menge und des Risikos ausgebrachter Pestizide vorgesehen. “Das wird den spezifischen Anforderungen nicht gerecht”, meint Weber. So sei die Pestizidreduktion von 50 Prozent zum Beispiel im deutschen Weinbau teils nicht umsetzbar. Stattdessen forderte der CSU-Politiker einen “subsidiären Ansatz“, bei dem man gezielt und angepasst an die jeweilige Situation vorgehe.
Ähnlich hatte sich Kommissionspräsidentin und EVP-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen im Februar geäußert, als sie bekannt gab, den SUR-Vorschlag zurückzuziehen. Das Ziel der Pestizidreduktion bleibe bestehen, die Kommission könnte später einen neuen, “weitaus ausgereifteren” Vorschlag vorlegen, sagte sie damals. Die Rücknahme galt als Zugeständnis an die protestierenden Landwirte, der umstrittene Vorschlag war aber wegen der Ablehnung im EU-Parlament – auch durch die EVP – schon früher in eine Sackgasse geraten.
Derweil sprach sich Weber dafür aus, Landwirte für CO₂-Entnahmen aus der Atmosphäre zu entlohnen. Klimawirksame Maßnahmen wie das Anlegen von Mooren müssten für Land- und Forstwirtschaft ökonomisch rentabel gemacht werden. Gleichzeitig könne so der ländliche Raum profitieren, der die Hauptlast der Energiewende zu tragen habe. Im Februar hatten sich EU-Rat und -Parlament auf Regeln zur Zertifizierung von CO₂-Entnahmen geeinigt. Das Gesetz soll auch Landwirten den Zugang zu freiwilligen CO₂-Märkten besser ermöglichen, sieht aber keine öffentlichen Finanzierungsinstrumente vor. jd
Die Europäischen Grünen haben keine großen Erwartungen an die Ergebnisse des von Kommissionschefin Ursula von der Leyen initiierten Strategiedialogs Landwirtschaft. “Dialoge sind immer gut, aber man muss sicher sein, dass sie zu Ergebnissen führen”, betonte der niederländische Europaabgeordnete Bas Eickhout, der gemeinsam mit Terry Reintke die Liste der Grünen anführt, bei einer kürzlichen Wahlkampfveranstaltung.
Er warnte auch, das Format dürfe nicht dazu genutzt werden, den Green Deal zu verwässern. “In den Niederlanden haben wir viele Dialoge geführt, und am Ende gab es nur Untätigkeit. Die Dialoge führten zu anderen Dialogen”, so Eickhout weiter. Die Debatte um die Tierhaltung und die Minderung der Nitratbelastung hatte in dem Land in den vergangenen Jahren immer wieder zu massiven Protesten geführt – trotz der Bemühungen der Regierung um Dialog mit den Landwirten.
Auf Erfahrungen aus ihrem Heimatland verweist auch die französische Senatorin und Co-Vorsitzende der Europäischen Grünen Mélanie Vogel im Gespräch mit Table.Briefings. So sei in Frankreich das politische Umfeld aktuell stark von den heftigen Bauernprotesten geprägt. Vor einem solchen Hintergrund stelle sich die Frage, wie ein Dialog funktionieren könne, ohne zu Konfrontationen zu führen. Umweltregeln zur Ursache der Agrarkrise zu erklären, sei falsch, betont Vogel, vielmehr müsse es um faire Einkommen für Landwirte gehen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bei einer EU-Wahldebatte Ende April angekündigt, im Falle ihrer Wiederwahl einen Fokus auf die Agrarpolitik zu setzen und die Ergebnisse des Strategiedialogs zum Programm der nächsten Amtszeit zu machen. “Wie sie glaube ich, dass Landwirte Teil der Lösung sind, um die Natur und das Klima zu schützen”, entgegnete sie während der Debatte ihrem grünen Gegenkandidaten Eickhout. cst
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat die Streichung der sogenannten “Rauschklausel” für Industriehanf aus dem Cannabisgesetz (CanG) angekündigt. Diese deutsche Sonderregel führte bislang dazu, dass der Anbau und Vertrieb von Nutzhanf mit einem geringen THC-Gehalt von weniger als 0,3 Prozent nur dann legal war, wenn ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen werden konnte.
Özdemir betonte in seiner Rede auf einem parlamentarischen Abend des Branchenverbands Cannabiswirtschaft, dass Hanf in der Vergangenheit in vielen Bereichen wie dem Schiffsbau oder der Automobilindustrie eine wichtige Rolle gespielt habe. Heute könne Hanf als widerstandsfähiger und nachwachsender Rohstoff eine klimafreundliche Alternative zu Plastik und Stahl darstellen.
Das bekräftigte auch Marijn Roersch van der Hoogte, Vizepräsident des Branchenverbands Cannabiswirtschaft: “Ob als Faserverbundstoff in der Automobilindustrie, Dämmstoff und Hanfbeton auf dem Bau oder biologisch abbaubares Plastik – die nachhaltigen Potenziale sind vielfältig.” Der Verband ist der größte Interessensvertreter der Cannabisbranche und setzt sich seit 2019 für Reformen in der Cannabisregulierung ein. Neben Industriehanf hat er in der Vergangenheit auch die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel und zu medizinischen Zwecken unterstützt.
In seiner Rede kündigte Özdemir außerdem an, den Anbau von Industriehanf in Gewächshäusern durch Bürokratieabbau vereinfachen zu wollen. Der Indoor-Anbau bietet unter anderem den Vorteil, dass der Hanf meist eine deutlich geringere Pestizid-Menge aufweist.
In Zukunft solle außerdem eine mögliche Erhöhung des zulässigen THC-Grenzwerts im CanG diskutiert werden, so Özdemir. Im vergangenen Jahr hatte das BMEL den Grenzwert bereits von 0,2 auf 0,3 Prozent THC erhöht, um ihn an den zulässigen THC-Grenzwert nach EU-Recht anzugleichen. Diese Änderungen müssten laut Özdemir “Schritt für Schritt” erfolgen, um auch diejenigen einzubeziehen, die der Nutzung von Cannabis skeptisch gegenüberstehen.
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland beim Hanfanbau im Mittelfeld. Statistiken zufolge betrug die Anbaufläche von Nutzhanf in Deutschland im Jahr 2022 rund 5.600 Hektar. Insgesamt wurden in der Europäischen Union 2022 rund 33.000 Hektar Nutzhanf angebaut. Davon wächst über die Hälfte – knapp 19.500 Hektar – in Frankreich. ag
Euractiv: EU to tighten grip on emergency pesticide use with new guidance on derogations
Die Europäische Kommission will den Mitgliedstaaten den Einsatz von Pestiziden, die in der EU ausdrücklich verboten sind, auch über die Ausnahmeregelung nicht länger erlauben. Einen entsprechenden Vorschlag für aktualisierte Leitlinien will sie am 22. und 23. Mai mit Vertretern der EU-Länder diskutieren. Mitgliedstaaten umgingen Verbote von Pestiziden bisher teils, indem sie sich auf Artikel 53 der Verordnung 1107/2009 beriefen, der “Notfall”-Zulassungen für bis zu 120 Tagen erlaubt. 2023 hatte der EuGH gegen die Zulassung von mit Neonicotinoiden beschichtetem Saatgut geurteilt, dennoch ließen Länder den Wirkstoff Anfang dieses Jahres weiterhin über die Ausnahmeregelung zu. In den neuen Leitlinien wird dies nun ausgeschlossen. Zum Artikel
EFSA: Epidemiological analysis of African swine fever in the European Union during 2023
Im Jahr 2023 gab es laut dem neuen Bericht der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit in der EU die höchste Zahl von Ausbrüchen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Hausschweinen seit 2014, wobei 96 Prozent der 1.929 Ausbrüche auf Kroatien und Rumänien entfielen. Die Ausbrüche bei Wildschweinen nahmen um zehn Prozent zu, mit neuen Fällen in Schweden, Kroatien und Italien und einem erneuten Auftreten in Griechenland. In Deutschland, Ungarn und der Slowakei kam es zu einer Verbesserung mit weniger Wildschweinausbrüchen. Die passive Überwachung, insbesondere das Erkennen klinischer Krankheitsanzeichen, ist nach wie vor die wichtigste Methode zum Nachweis der ASP bei Hausschweinen. Daher kommt Landwirten und Tierärzten eine besonders wichtige Rolle bei der Meldung von Verdachtsfällen zu. Zum Bericht
Die Zeit: Aldi in den USA: Hier billo, dort öko
Aldi Süd wächst in den USA schneller als jede andere Supermarktkette. Der Discounter zählt inzwischen knapp 2.500 Filialen in fast 40 Bundesstaaten, im vergangenen Jahr wurden über 100 neue Filialen eröffnet. Der Anstieg der Inflation in den USA auf 3,5 Prozent hat zu anhaltend hohen Lebensmittelpreisen geführt. Dies hat viele US-Amerikaner zu Aldi gelockt, da sie dort für weniger Geld mehr Lebensmittel erhalten. Der Discounter punktet nicht nur mit niedrigen Preisen, sondern auch mit Eigenmarken wie dem Bio-Label Simply Nature, welche dem Markt einen nachhaltigen Anstrich verleihen. Selbst Walmart sieht Aldi inzwischen als Hauptkonkurrenten an. Aldi Süd plant, bis 2028 weitere 800 Filialen zu eröffnen. Zum Artikel
Die Kontroverse um die Trophäenjagd erreicht erneut die Schlagzeilen, und ich, Klemens Fischer als Vorstand der ökologischen Stiftung K21 in Namibia, möchte dazu beitragen, eine ausgewogene Betrachtung dieses komplexen Themas zu ermöglichen.
Heute prangt die Casa Jagd auf Elefanten, Symbol des Kampfes für den Artenschutz, auf den Titelseiten der Zeitungen. An dieser Debatte möchte ich mich nicht beteiligen. Die jüngste Debatte betrifft uns aber, da bei der Einfuhr von Bergzebra-Trophäen einige von unserer Farm Krumhuk in Namibia stammen. Trotz unserer Trophäenjagd haben wir eine Zunahme unserer Bergzebra-Population zu verzeichnen. Unsere Farm Krumhuk ist ohne Zäune gestaltet, was den Tieren ermöglicht, sich frei über die Farmgrenzen hinaus zu bewegen. Wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Praktiken im Einklang mit der Natur und dem Artenschutz stehen.
Die Trophäenjagd ist für uns nur ein Mittel zum Zweck. Als ökologisch soziale Stiftung liegt unser Hauptaugenmerk auf der Unterstützung von Menschen, Kindern und Frauen in ländlichen Gebieten. Unsere Arbeit konzentriert sich auf die Verbesserung der Lebens- und Bildungsbedingungen dieser Bevölkerungsgruppen. Mit den Einnahmen aus der Trophäenjagd und anderen Quellen betreiben wir eine Internatsschule mit etwa 150 Kindern.
Die Eltern dieser Kinder arbeiten oft auf entlegenen Farmen, ohne Zugang zu Bildung oder medizinischer Versorgung. Die finanzielle Unterstützung durch die Trophäenjagd ermöglicht es uns, die Schule, das Internat und die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. Zusätzlich zu den direkten Einnahmen aus der Jagd helfen uns Jäger auch durch Spenden.
Namibia verfügt über mehrere größere landwirtschaftliche Betriebe, die oft in abgelegenen Gebieten liegen. Die Viehzucht wird aufgrund zunehmender Dürren durch den Klimawandel immer unrentabler. Im Gegensatz dazu ist die Jagd eine widerstandsfähigere und ökologischere Form der Landwirtschaft. Die gejagten Tiere sind oft besser an die klimatischen Bedingungen, insbesondere an Dürren, angepasst als Rinder. Die Trophäenjagd findet in von Menschen geschaffenen Kulturlandschaften statt und trägt somit zur ökologischen Vielfalt bei.
Letztlich steht für uns der Mensch im Mittelpunkt. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen, insbesondere von Frauen und Kindern in ländlichen Gebieten, sollten oberste Priorität haben. Die Trophäenjagd bietet einen alternativen Lebensunterhalt für Teile der ländlichen Bevölkerung und verhindert die Abwanderung in die städtischen Slums.
Insgesamt betrachtet ist die Trophäenjagd für uns eine ökologisch vertretbare und sozial wichtige Praxis. Wir sind fest entschlossen, unsere Arbeit im Einklang mit dem Artenschutz und der sozialen Entwicklung fortzusetzen.
Klemens Fischer betreibt die Farm Krumhuk in Namibia und ist Vorstand der Stiftung Twenty-One Krumhuk for Agriculture and Social Development.