Liebe Leserin, lieber Leser,
die nächste Enthaltung in Brüssel steht bevor: Die FDP will das Verhandlungsergebnis zur Verpackungsverordnung nicht mittragen. Bleibt es beim Nein der Liberalen, müsste sich Deutschland bei der für morgen angesetzten Abstimmung der EU-Botschafter erneut enthalten.
Die nötige Mehrheit unter den Mitgliedstaaten stünde damit infrage. Bei SPD und Grünen war man offenbar bis zuletzt davon ausgegangen, dass Deutschland der Verordnung zustimmen kann.
Politisch verknüpft sind die Gespräche mit jenen zum Lieferkettengesetz, bei dem sich Deutschland ebenfalls aufgrund des Widerstands der FDP enthalten hat.
Denn die belgische Ratspräsidentschaft könnte versuchen, die Zustimmung Italiens zum Lieferkettengesetz durch Zugeständnisse bei der Verpackungsverordnung zu erreichen, heißt es aus gut informierten Kreisen. Alle Einzelheiten lesen Sie in der Analyse von Till Hoppe.
Analyse
Wie der Paketdeal das EU-Lieferkettengesetz und die Verpackungsverordnung retten soll
Die stellvertretenden EU-Botschafter der Mitgliedstaaten stimmen zum dritten Mal über das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (CSDDD) ab und sollen zudem die Verpackungsverordnung absegnen. Obwohl sie inhaltlich nicht zusammenhängen, sind die Dossiers politisch verknüpft worden.
Ob die hochstrittige Lieferkettenrichtlinie diesmal die erforderliche qualifizierte Mehrheit erhält, ist offen. Ausschlaggebend dürften die Voten von Frankreich und Italien sein. Die belgische Ratspräsidentschaft versucht dem Vernehmen nach, insbesondere Rom umzustimmen – und zwar durch Zugeständnisse bei der Verpackungsverordnung, die dem Land große Sorgen bereitet. Ein solcher Paketdeal könnte womöglich den Weg für beide Gesetzesvorhaben ebnen.
Kompromissvorschlag schwächt Lieferkettengesetz ab
Zudem hat die belgische Ratspräsidentschaft am Mittwoch einen neuen Vorschlag verteilt, der Table.Briefings vorliegt und den Text noch einmal in wichtigen Punkten abschwächt:
- So sollen nun Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Millionen Euro Nettoumsatz in den Anwendungsbereich fallen, allerdings erst nach einer fünfjährigen Übergangsfrist. Zuvor lag die Schwelle bei 300 Millionen.
- Gestrichen wurde die Verpflichtung für Unternehmen ab einem bestimmten Schwellenwert, Klimaübergangspläne zu erstellen und diese mit finanziellen Anreizen für das Management zu unterlegen.
- Die Bedingungen für die zivilrechtliche Klagebefugnis wurden angepasst.
- Der Finanzsektor soll weitgehend ausgeklammert bleiben.
Die Bundesregierung wird sich erneut enthalten: Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat klargemacht, dass er sich auch durch solche Zugeständnisse nicht umstimmen lässt.
Wissing stellt sich bei Verpackungsverordnung quer
Auch die qualifizierte Mehrheit für die Verpackungsverordnung wackelt, weil sich erneut die FDP querstellt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die anderen beteiligten Häuser am Donnerstag informiert, das in Brüssel erzielte Verhandlungsergebnis nicht mittragen zu wollen, wie Table.Briefings aus Koalitionskreisen erfuhr. In der Koalition wurde heute unter Hochdruck versucht, doch noch eine Einigung zu erzielen und ein weiteres “German Vote” zu vermeiden. Das Gesetzesvorhaben soll der Reduzierung von Verpackungsmüll dienen.
Die beteiligten Bundesministerien hatten bereits vor längerem verabredet, ihre Zustimmung an eine Reihe von inhaltlichen Bedingungen zu knüpfen, die in die Verhandlungen zwischen Rat und Europaparlament in Brüssel eingespeist wurden. Aus Sicht von SPD und Grünen erfüllt das Verhandlungsergebnis diese Forderungen. Dort war man davon ausgegangen, dass Deutschland der Verordnung zustimmen kann.
FDP meldete Bedenken in letzter Minute an
Erst am gestrigen Mittwoch signalisierte das für die FDP-Seite federführende BMDV Bedenken, heißt es aus Koalitionskreisen. Eine BMDV-Sprecherin sagte, man äußere sich nicht zu laufenden Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung.
Wegen der Uneinigkeit der drei Regierungsparteien hatte sich Berlin zuletzt bei etlichen EU-Gesetzesvorhaben enthalten müssen. Neben der Lieferkettenrichtlinie etwa bei den Regeln für Arbeiter auf digitalen Plattformen oder dem Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit. Bei den CO₂-Flottengrenzwerten für Lkw hatte die Ampel in letzter Minute eine Enthaltung abwenden können, nachdem Wissing kurz vor der Abstimmung Einspruch erhoben hatte.
- Kreislaufwirtschaft
- Lieferkettengesetz
- Nachhaltigkeit
- Verpackungen
Agrifood.Table Redaktion
Liebe Leserin, lieber Leser,
die nächste Enthaltung in Brüssel steht bevor: Die FDP will das Verhandlungsergebnis zur Verpackungsverordnung nicht mittragen. Bleibt es beim Nein der Liberalen, müsste sich Deutschland bei der für morgen angesetzten Abstimmung der EU-Botschafter erneut enthalten.
Die nötige Mehrheit unter den Mitgliedstaaten stünde damit infrage. Bei SPD und Grünen war man offenbar bis zuletzt davon ausgegangen, dass Deutschland der Verordnung zustimmen kann.
Politisch verknüpft sind die Gespräche mit jenen zum Lieferkettengesetz, bei dem sich Deutschland ebenfalls aufgrund des Widerstands der FDP enthalten hat.
Denn die belgische Ratspräsidentschaft könnte versuchen, die Zustimmung Italiens zum Lieferkettengesetz durch Zugeständnisse bei der Verpackungsverordnung zu erreichen, heißt es aus gut informierten Kreisen. Alle Einzelheiten lesen Sie in der Analyse von Till Hoppe.
Analyse
Wie der Paketdeal das EU-Lieferkettengesetz und die Verpackungsverordnung retten soll
Die stellvertretenden EU-Botschafter der Mitgliedstaaten stimmen zum dritten Mal über das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (CSDDD) ab und sollen zudem die Verpackungsverordnung absegnen. Obwohl sie inhaltlich nicht zusammenhängen, sind die Dossiers politisch verknüpft worden.
Ob die hochstrittige Lieferkettenrichtlinie diesmal die erforderliche qualifizierte Mehrheit erhält, ist offen. Ausschlaggebend dürften die Voten von Frankreich und Italien sein. Die belgische Ratspräsidentschaft versucht dem Vernehmen nach, insbesondere Rom umzustimmen – und zwar durch Zugeständnisse bei der Verpackungsverordnung, die dem Land große Sorgen bereitet. Ein solcher Paketdeal könnte womöglich den Weg für beide Gesetzesvorhaben ebnen.
Kompromissvorschlag schwächt Lieferkettengesetz ab
Zudem hat die belgische Ratspräsidentschaft am Mittwoch einen neuen Vorschlag verteilt, der Table.Briefings vorliegt und den Text noch einmal in wichtigen Punkten abschwächt:
- So sollen nun Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Millionen Euro Nettoumsatz in den Anwendungsbereich fallen, allerdings erst nach einer fünfjährigen Übergangsfrist. Zuvor lag die Schwelle bei 300 Millionen.
- Gestrichen wurde die Verpflichtung für Unternehmen ab einem bestimmten Schwellenwert, Klimaübergangspläne zu erstellen und diese mit finanziellen Anreizen für das Management zu unterlegen.
- Die Bedingungen für die zivilrechtliche Klagebefugnis wurden angepasst.
- Der Finanzsektor soll weitgehend ausgeklammert bleiben.
Die Bundesregierung wird sich erneut enthalten: Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat klargemacht, dass er sich auch durch solche Zugeständnisse nicht umstimmen lässt.
Wissing stellt sich bei Verpackungsverordnung quer
Auch die qualifizierte Mehrheit für die Verpackungsverordnung wackelt, weil sich erneut die FDP querstellt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die anderen beteiligten Häuser am Donnerstag informiert, das in Brüssel erzielte Verhandlungsergebnis nicht mittragen zu wollen, wie Table.Briefings aus Koalitionskreisen erfuhr. In der Koalition wurde heute unter Hochdruck versucht, doch noch eine Einigung zu erzielen und ein weiteres “German Vote” zu vermeiden. Das Gesetzesvorhaben soll der Reduzierung von Verpackungsmüll dienen.
Die beteiligten Bundesministerien hatten bereits vor längerem verabredet, ihre Zustimmung an eine Reihe von inhaltlichen Bedingungen zu knüpfen, die in die Verhandlungen zwischen Rat und Europaparlament in Brüssel eingespeist wurden. Aus Sicht von SPD und Grünen erfüllt das Verhandlungsergebnis diese Forderungen. Dort war man davon ausgegangen, dass Deutschland der Verordnung zustimmen kann.
FDP meldete Bedenken in letzter Minute an
Erst am gestrigen Mittwoch signalisierte das für die FDP-Seite federführende BMDV Bedenken, heißt es aus Koalitionskreisen. Eine BMDV-Sprecherin sagte, man äußere sich nicht zu laufenden Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung.
Wegen der Uneinigkeit der drei Regierungsparteien hatte sich Berlin zuletzt bei etlichen EU-Gesetzesvorhaben enthalten müssen. Neben der Lieferkettenrichtlinie etwa bei den Regeln für Arbeiter auf digitalen Plattformen oder dem Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit. Bei den CO₂-Flottengrenzwerten für Lkw hatte die Ampel in letzter Minute eine Enthaltung abwenden können, nachdem Wissing kurz vor der Abstimmung Einspruch erhoben hatte.
- Kreislaufwirtschaft
- Lieferkettengesetz
- Nachhaltigkeit
- Verpackungen
Agrifood.Table Redaktion