Liebe Leserin, lieber Leser,
Kremlchef Wladimir Putin diente der Brics-Gipfel in der russischen Stadt Kasan in vielerlei Hinsicht als perfekte Propaganda-Bühne. Mit Blick auf globale Agrarmärkte ist es Putins langfristiges Ziel, die Einflüsse großer internationaler Börsen wie der Chicago Board of Trade (Cbot) in den USA und der Euronext in der EU zurückzudrängen. Bislang trug sein Engagement für eine eigene Handelsplattform aber keine Früchte. Warum das so ist, hat Marktanalyst Steffen Bach von Kaack Terminhandel für uns aufgeschrieben.
Offene Baustellen hat auch die EU, wenngleich ganz anders gelagert. Ein neuer Bericht der EU-Kommission mahnt großen Handlungsbedarf beim Bodenschutz in Europa an. Dieser Notwendigkeit wird das geplante EU-Bodenüberwachungsgesetz zwar nicht gerecht, aber immerhin: Es sei ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, so das Fazit von Zalf-Forscherin Katharina Helming. Wo Bodenkundlerin Helming noch viel Luft nach oben sieht, hat meine Brüsseler Kollegin Julia Dahm zusammengefasst.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!
Analyse
Brics-Gipfel: Wieso Russlands Wunsch nach einer Getreidebörse auf ein verhaltenes Echo stößt
Gastgeber Russland hat beim Brics-Gipfel in der russischen Stadt Kasan erneut vergeblich für eine gemeinsame Getreidebörse geworben. “Die Brics-Länder gehören zu den weltweit größten Produzenten von Getreide, Hülsenfrüchten und Ölsaaten”, betonte Putin während des Treffens in der vergangenen Woche. Das Projekt ist Teil seiner Bemühungen, die Staatengemeinschaft unabhängiger von dem – wie zumindest Russland es sieht – westlich dominierten globalen Wirtschaftssystem zu machen. Putins Vorschlag stößt bislang auf wenig Interesse.
Für die Zurückhaltung gibt es mehrere Gründe. Zwar eint die Brics-Gemeinschaft das Ziel, die Folge westlicher Sanktionen abzumildern. Dafür feilt das Bündnis an eigenen Lösungen für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr, um das SWIFT-System ergänzen zu können. Aber Agrarrohstoffe waren bisher ausdrücklich von westlichen Sanktionen ausgenommen und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich daran etwas ändern könnte. Zweifellos sind die Brics-Mitglieder Schwergewichte im globalen Agrarhandel. Aber andere wichtige Akteure wie die USA, die EU, Kanada, Australien und Argentinien werden sich wohl kaum an der von Putin gewünschten Handelsplattform beteiligen. Hinzukommt, lediglich Russland hat unter den ürsprünglichen Brics-Staaten keine eigene Börse für Getreide und Ölsaaten.
Preisgestaltung aufgrund unterschiedlicher Interessen schwierig
Zudem sind die Rollen innerhalb der Brics-Länder unterschiedlich verteilt. Russland und Brasilien sind große Exporteure. China ist der größte Importeur und Indien ist darauf bedacht, sich mit den wichtigsten Agrargütern selbst zu versorgen. Die zum Jahresbeginn 2024 beigetretenen Mitglieder Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate sind, wie die meisten anderen potenziellen Mitglieder, ebenfalls eher auf den Import von Lebensmitteln angewiesen.
Wichtigstes Interesse aller Länder ist eine stabile und kostengünstige Versorgung der eigenen Bevölkerung. Die Preisgestaltung dürfte sich deshalb als schwierig erweisen. Die Importeure werden auch in Zukunft versuchen, möglichst billig einzukaufen, während die Exporteure hohe Preise erzielen wollen. In Zeiten eines knappen Angebots werden zudem gerne die Exporte gedrosselt oder gestoppt, um die Versorgung im Inland zu sichern. Letztlich ist sich jeder selbst der Nächste – auch Russland, das in der Vergangenheit nach kleinen Ernten des Öfteren die Weizenexporte beschränkte, um zu verhindern, dass die Preise für die heimische Bevölkerung zu stark steigen.
Mangelnde Glaubwürdigkeit verglichen mit dem USDA
Auch Russlands Argument, mehr Transparenz herzustellen, dürfte nicht so einfach umzusetzen sein. In China und Indien werden zwar offizielle Statistiken zu Ernteergebnissen und Lagerbeständen veröffentlicht. Aber Experten bezweifeln, dass die angegebenen Mengen realistisch sind. Der internationale Agrarhandel orientiert sich in seinen Einschätzungen vor allem an den globalen Bilanzen, die das Agrarministerium der USA (USDA) monatlich veröffentlicht. Selbst wenn es den Brics gelingen sollte, ähnliche Berichte zu produzieren, wäre es fraglich, ob die Marktbeteiligten den Zahlen Glauben schenken würden. Und es würde wahrscheinlich Jahre dauern, das notwendige Vertrauen zu gewinnen.
Dennoch dürfte die Diskussion in den Brics-Staaten dazu führen, dass sich Warenströme im internationalen Agrarhandel weiter verschieben. China hat seit dem Handelskrieg mit den USA während der Präsidentschaft Donald Trumps seine Sojabohnenimporte aus Brasilien massiv gesteigert, was wiederum das Wachstum der Produktion in Brasilien angekurbelt hat. Russland gewann in den vergangen zwei Jahren dank Rekordernten bei Weizen Marktanteile auf dem traditionellen EU-Absatzmarkt Nordafrika hinzu und will diese Position behaupten. Dies war allerdings nur möglich, weil russischer Weizen deutlich billiger angeboten wurde als Ware aus den EU-Staaten.
Putin macht Cbot und Euronext für Preisverfall verantwortlich
Putin suggerierte auf dem Gipfel in Kasan, dass für den Preisverfall auf den globalen Agrarmärkten in den vergangenen zwei Jahren Spekulanten an den westlichen Börsen verantwortlich waren. Mit Blick auf den globalen Weizenmarkt ist das eine verzerrte Wahrnehmung. Haupttreiber für die sinkenden Börsenkurse waren die großen russischen Exportmengen, die zu immer niedrigeren Preisen auf den Weltmarkt geworfen wurden und so das gesamte Preisniveau nach unten zogen.
Nach Putins Vorstellung soll die von ihm vorgeschlagene Börse “die nationalen Märkte vor negativer externer Einflussnahme, Spekulation und Versuchen, eine künstliche Lebensmittelknappheit zu erzeugen, schützen”. In einem von der russischen Zentralbank und dem Finanzministerium vor dem Gipfel verfassten Arbeitspapier wird eine Brics-Preisagentur, die Preisfestsetzungsmethoden und Marktanalysen bereitstellen soll, vorgeschlagen. Putin hofft, die preisbildenden Einflüsse großer westlicher Börsen wie der Cbot in den USA und der Euronext in der EU zurückzudrängen. Fazit: Selbst wenn es den Brics gelingen sollte, eine eigene Handelsplattform zu etablieren, werden auch dort Angebot und Nachfrage die Preise bilden – oder die Initiative wird scheitern.
- Agrarhandel
- Brics
- Nordafrika
- Russland
- Wladimir Putin
Translation missing.
News
Bodenschutz: Weshalb ZALF-Forscherin Helming vom geplanten EU-Gesetz enttäuscht ist
Ein neuer Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) und des Joint Research Centre (JRC) der EU-Kommission sieht dringenden Handlungsbedarf beim Bodenschutz. Der Zustand von 60 Prozent der Böden in der EU verschlechtere sich derzeit, mit Folgen auch für die Ernährungssicherheit, heißt es. Zwar nennt der kommissionseigene Bericht das geplante EU-Gesetz zur Bodenüberwachung als Maßnahme, mit der Brüssel dem Problem bereits begegne. Doch wird es aus Sicht der Bodenkundlerin Katharina Helming vom Leipzig-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung der Problemlage nicht gerecht.
“Ursprünglich sollte ein Bodenschutzgesetz vorgelegt werden, doch es wurde stark verwässert – das ist enttäuschend”, sagt sie zu Table.Briefings. “Die Ressource Boden gesetzlich zu schützen, wäre wichtig gewesen, denn gesunde Böden sichern unsere Nahrung, sie entnehmen für den aktiven Klimaschutz CO₂ aus der Luft, und sie speichern Wasser, was angesichts zunehmender Wetterextreme immer wichtiger wird.” In ihrer Bodenstrategie für 2030 hatte die EU-Kommission einen ähnlichen EU-rechtlichen Schutz für Böden anvisiert, wie er für Luft und Wasser gilt. Doch letztlich beschränkte sich die Brüsseler Behörde auf ein Bodenüberwachungsgesetz, das die Datenlage zum Thema verbessern soll.
Helming: Auch GAP muss an Bodenschutz angepasst werden
Trotzdem sei es gut, dass immerhin das Bodenmonitoringgesetz nun diskutiert und hoffentlich bald verabschiedet werde, betont Helming. Denn es wäre das erste Mal, dass das Thema überhaupt auf europäischer Ebene reguliert würde. Und tatsächlich mangle es noch erheblich an Daten zum Bodenzustand, vor allem an kleinräumigen Erhebungen und solchen, die es ermöglichten, Veränderungen über einen Zeitraum zu verfolgen.
Stärker einbezogen werden sollten aus Sicht der Forscherin Indikatoren zur Bodenbiodiversität. Dass EU-Parlament und Rat in den soeben gestarteten Trilogverhandlungen noch nachschärfen, ist allerdings unwahrscheinlich: Beide haben den Vorschlag in ihren Verhandlungspositionen abgeschwächt.
Um Böden besser zu schützen, müsse die EU zudem schädliche Subventionen abbauen, fordert Helming. Dazu gehört aus ihrer Sicht etwa die Flächenprämie in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die an eine bodenfreundliche Bewirtschaftungsweise geknüpft werden müsste. Daneben könne die Politik technische Lösungen fördern, an denen bereits gearbeitet werde. Zum Beispiel Ackergeräte, die den Reifendruck anpassen können, um Bodenverdichtung zu minimieren. jd
- Agrobiodiversität
- Daten
- Dürre
- EU-Bodenüberwachungsgesetz
- GAP
- Gemeinsame Agrarpolitik
- Umweltschutz
Baumwolle: Fairer und biologischer Anbau verbraucht weniger Ressourcen
Baumwolle hat einen großen ökologischen Fußabdruck, gerade beim Wasserverbrauch. Daher ist es wichtig zu wissen, ob Bauern durch bestimmte Anbauweisen weniger Ressourcen benötigen. Verglichen mit den Varianten “konventionell” oder “biologisch” schneidet die Kombination “biologisch und fair” besser ab. Das geht aus einer von Fairtrade India bei dem Beratungsunternehmen Global Agrisysteme in Auftrag gegebenen Studie hervor. Sie vergleicht Bauern in sechs Bundesstaaten auf dem Subkontinent. Ihre Ergebnisse:
- Fairtrade-Bio-Baumwolle verursacht 45 Prozent weniger Treibhausgase als nicht fair gehandelte Baumwolle (862 kg CO₂ pro Hektar im Vergleich zu 1.563 kg CO₂ pro Hektar)
- 96 Prozent der Landwirte, die fair und biologisch anbauen, verzichten auf den Einsatz chemischer Mittel. Unter konventionellen Bauern sind es nur 60 Prozent.
- Fairtrade-Bio-Baumwollfarmer verbrauchen je Kilogramm Baumwolle im Schnitt 4.410 Liter Wasser, konventionelle Farmer 5.156 Liter, also 14 Prozent mehr.
- 76 Prozent der Fairtrade-Biobauern setzen organische Düngemittel ein, die die Bodengesundheit verbessern.
Mit der fairen und biologischen Vorgehensweise verdienen Bauern im Schnitt auch mehr Geld. Der Unterschied zu konventionell wirtschaftenden Bauern betrage im Schnitt fünf Prozent je Tonne Saatbaumwolle (898,80 US-Dollar versus 858 US-Dollar). Entscheidend ist für die Bauern mit einer fairen und biologischen Anbauweise, welche Menge Baumwolle sie zu dem höheren Preis absetzen können. Der Faire Handel gibt keine Absatzgarantien für Bauern – sie müssen zudem Geld für die Zertifizierung zahlen. cd
Termine
Politische Woche
Veranstaltungen
Presseschau
L’Opinion: Frankreich könnte Kuhhandel zu Mercosur eingehen. Frankreich könnte seinen Widerstand gegen das EU-Mercosur-Handelsabkommen im Gegenzug für Zugeständnisse in anderen Bereichen aufgeben, meint John Clarke, der als ehemaliger hoher Beamter in der EU-Kommission lange selbst an den Verhandlungen beteiligt war. Grund für die Abwehrhaltung in Paris seien die Sorgen der Landwirtschaft, die er aber für unbegründet halte. Aus seiner Sicht halten sich Nachteile für Erzeuger von Rind- und Kalbfleisch die Waage mit Vorteilen durch die Erschließung neuer Märkte für Milchprodukte, Wein und Spirituosen sowie verarbeitete Produkte. (“John Clarke: “La France peut accepter le Mercosur mais se faire payer dans d’autres domaines“)
RND: Landwirte sollen weniger Nitrat einsetzen. Verschiedene Verbände und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordern, das neue Düngegesetz zügig auf den Weg zu bringen, welches der Bundesrat im Sommer blockiert hat. Die Verbraucher sollen nicht mehr länger für die Kosten des mit Nitrat belasteten Grundwassers aufkommen. Stattdessen sollen die Landwirte weniger Nitrat beim Düngen verwenden. (“Verbände fordern strikte Düngeregeln wegen gefährlichen Nitrats”)
Top Agrar: Streit um EU-Haushalt. Massive Konflikte bei den Verhandlungen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU sind zu erwarten, so Peter Hefele, Policy Director des Wilfried Martens Centre for European Studies. Um die europäische Verteidigung und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit finanziell angemessen zu unterstützen, seien deutliche Umschichtungen innerhalb des Budgets erforderlich. (“Politikexperte zum EU-Haushalt: “Es wird massive Konflikte geben””)
Euractiv: Ungarn hofft auf Rumäniens Kompromissbereitschaft. Rumänien war der einzige EU-Staat, der die Schlussfolgerungen des Rates zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht unterstützte. Am Donnerstag trafen sich der ungarische Landwirtschaftsminister István Nagy und sein rumänischer Amtskollege Florin Barbu, um eine Lösung für die Unstimmigkeiten zu finden. (“Ungarn hofft auf Unterstützung Rumäniens bei EU-Agrarpolitik nach 2027”)
Agrarzeitung: Polnische Landwirtschaft in der Krise. Die polnischen Landwirte haben Probleme mit dem Preisrückgang bei Weizen und anderen Agrarprodukten. Auch die Folgen der immer häufiger auftretenden Hochwasser bekommen die Bauern zu spüren. Polen erwartet von der EU mehr Geld für Schutzmaßnahmen. (“Vom Markt überrollt”)
Lebensmittelzeitung: EuGH entscheidet über alkoholfreien Gin. Der Europäische Gerichtshof prüft, ob das Verbot der EU-Spirituosenverordnung, alkoholfreie Gin-Imitate als “alkoholfreien Gin” zu bezeichnen, gegen die unternehmerische Freiheit verstößt. Das Landgericht Potsdam hat diesbezüglich ein Vorabentscheidungsersuchen an die Luxemburger Richter gerichtet. (“EuGH entscheidet über “alkoholfreien Gin””)
Proplanta: Ukraine steigert Agrarexporte. Die Ukraine konnte in diesem Jahr ihre Agrarexporte um mehr als 25 Prozent auf 48,9 Millionen Tonnen steigern. Dieser Zuwachs wurde hauptsächlich durch die Wiederaufnahme der Schiffstransporte über das Schwarze Meer ermöglicht. Etwa 89 Prozent der Agrarlieferungen wurden auf dem Seeweg transportiert. (“Ukraine hat Agrarexporte kräftig gesteigert”)
Stern: Mehr Geld für Umweltschutz. Fast die Hälfte der 4.750 landwirtschaftlichen Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern hat die erhaltenen EU-Fördermittel in den zurückliegenden drei Jahren auch für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen eingesetzt. Ein Grund ist, dass die Vergabe der Gelder immer häufiger an Umweltauflagen geknüpft ist. (“Bauern nutzen EU-Gelder auch für Umwelt- und Klimaschutz”)
Handelsblatt: Mit Saft ist nichts mehr zu verdienen. Lars Wagener, der Chef von Eckes-Granini, geht davon aus, dass mittelständische Unternehmen aufgeben, weil sie nicht in der Lage sind, die gestiegenen Preis zum Beispiel für Orangen an den Handel weiterzugeben. Sein eigenes Unternehmen, Europas größter Safthersteller, macht in Deutschland keinen Gewinn mehr. (“Eckes-Granini-Chef: “In Deutschland verdienen wir kein Geld”)
Africa.Table: Diese Faktoren bremsen die Bio-Ökonomie in Ostafrika
Obwohl es Potenzial gibt, können die ostafrikanischen Länder ihre Bioressourcen laut einem aktuellen Bericht nicht in ausreichendem Maße für nachhaltiges Wirtschaftswachstum nutzen. Die Transformation hin zu einer nachhaltigen Bio-Ökonomie böte Chancen zur Schaffung von Jobs und zur Stärkung von Ernährungssicherheit und Gesundheit. Der Bericht wurde im Rahmen des Global Bioeconomy Summit in Nairobi vorgestellt. Vor Ort nahm die parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Claudia Müller, teil. Sie kam im Rahmen ihres Besuchs in Kenia zu bilateralen Gesprächen mit Vertretern des kenianischen Landwirtschaftsministeriums sowie Mitgliedern des kenianischen Landfrauen- und Bauernverbands zusammen. Zum Artikel
Agrifood.Table Redaktion
Liebe Leserin, lieber Leser,
Kremlchef Wladimir Putin diente der Brics-Gipfel in der russischen Stadt Kasan in vielerlei Hinsicht als perfekte Propaganda-Bühne. Mit Blick auf globale Agrarmärkte ist es Putins langfristiges Ziel, die Einflüsse großer internationaler Börsen wie der Chicago Board of Trade (Cbot) in den USA und der Euronext in der EU zurückzudrängen. Bislang trug sein Engagement für eine eigene Handelsplattform aber keine Früchte. Warum das so ist, hat Marktanalyst Steffen Bach von Kaack Terminhandel für uns aufgeschrieben.
Offene Baustellen hat auch die EU, wenngleich ganz anders gelagert. Ein neuer Bericht der EU-Kommission mahnt großen Handlungsbedarf beim Bodenschutz in Europa an. Dieser Notwendigkeit wird das geplante EU-Bodenüberwachungsgesetz zwar nicht gerecht, aber immerhin: Es sei ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, so das Fazit von Zalf-Forscherin Katharina Helming. Wo Bodenkundlerin Helming noch viel Luft nach oben sieht, hat meine Brüsseler Kollegin Julia Dahm zusammengefasst.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!
Analyse
Brics-Gipfel: Wieso Russlands Wunsch nach einer Getreidebörse auf ein verhaltenes Echo stößt
Gastgeber Russland hat beim Brics-Gipfel in der russischen Stadt Kasan erneut vergeblich für eine gemeinsame Getreidebörse geworben. “Die Brics-Länder gehören zu den weltweit größten Produzenten von Getreide, Hülsenfrüchten und Ölsaaten”, betonte Putin während des Treffens in der vergangenen Woche. Das Projekt ist Teil seiner Bemühungen, die Staatengemeinschaft unabhängiger von dem – wie zumindest Russland es sieht – westlich dominierten globalen Wirtschaftssystem zu machen. Putins Vorschlag stößt bislang auf wenig Interesse.
Für die Zurückhaltung gibt es mehrere Gründe. Zwar eint die Brics-Gemeinschaft das Ziel, die Folge westlicher Sanktionen abzumildern. Dafür feilt das Bündnis an eigenen Lösungen für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr, um das SWIFT-System ergänzen zu können. Aber Agrarrohstoffe waren bisher ausdrücklich von westlichen Sanktionen ausgenommen und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich daran etwas ändern könnte. Zweifellos sind die Brics-Mitglieder Schwergewichte im globalen Agrarhandel. Aber andere wichtige Akteure wie die USA, die EU, Kanada, Australien und Argentinien werden sich wohl kaum an der von Putin gewünschten Handelsplattform beteiligen. Hinzukommt, lediglich Russland hat unter den ürsprünglichen Brics-Staaten keine eigene Börse für Getreide und Ölsaaten.
Preisgestaltung aufgrund unterschiedlicher Interessen schwierig
Zudem sind die Rollen innerhalb der Brics-Länder unterschiedlich verteilt. Russland und Brasilien sind große Exporteure. China ist der größte Importeur und Indien ist darauf bedacht, sich mit den wichtigsten Agrargütern selbst zu versorgen. Die zum Jahresbeginn 2024 beigetretenen Mitglieder Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate sind, wie die meisten anderen potenziellen Mitglieder, ebenfalls eher auf den Import von Lebensmitteln angewiesen.
Wichtigstes Interesse aller Länder ist eine stabile und kostengünstige Versorgung der eigenen Bevölkerung. Die Preisgestaltung dürfte sich deshalb als schwierig erweisen. Die Importeure werden auch in Zukunft versuchen, möglichst billig einzukaufen, während die Exporteure hohe Preise erzielen wollen. In Zeiten eines knappen Angebots werden zudem gerne die Exporte gedrosselt oder gestoppt, um die Versorgung im Inland zu sichern. Letztlich ist sich jeder selbst der Nächste – auch Russland, das in der Vergangenheit nach kleinen Ernten des Öfteren die Weizenexporte beschränkte, um zu verhindern, dass die Preise für die heimische Bevölkerung zu stark steigen.
Mangelnde Glaubwürdigkeit verglichen mit dem USDA
Auch Russlands Argument, mehr Transparenz herzustellen, dürfte nicht so einfach umzusetzen sein. In China und Indien werden zwar offizielle Statistiken zu Ernteergebnissen und Lagerbeständen veröffentlicht. Aber Experten bezweifeln, dass die angegebenen Mengen realistisch sind. Der internationale Agrarhandel orientiert sich in seinen Einschätzungen vor allem an den globalen Bilanzen, die das Agrarministerium der USA (USDA) monatlich veröffentlicht. Selbst wenn es den Brics gelingen sollte, ähnliche Berichte zu produzieren, wäre es fraglich, ob die Marktbeteiligten den Zahlen Glauben schenken würden. Und es würde wahrscheinlich Jahre dauern, das notwendige Vertrauen zu gewinnen.
Dennoch dürfte die Diskussion in den Brics-Staaten dazu führen, dass sich Warenströme im internationalen Agrarhandel weiter verschieben. China hat seit dem Handelskrieg mit den USA während der Präsidentschaft Donald Trumps seine Sojabohnenimporte aus Brasilien massiv gesteigert, was wiederum das Wachstum der Produktion in Brasilien angekurbelt hat. Russland gewann in den vergangen zwei Jahren dank Rekordernten bei Weizen Marktanteile auf dem traditionellen EU-Absatzmarkt Nordafrika hinzu und will diese Position behaupten. Dies war allerdings nur möglich, weil russischer Weizen deutlich billiger angeboten wurde als Ware aus den EU-Staaten.
Putin macht Cbot und Euronext für Preisverfall verantwortlich
Putin suggerierte auf dem Gipfel in Kasan, dass für den Preisverfall auf den globalen Agrarmärkten in den vergangenen zwei Jahren Spekulanten an den westlichen Börsen verantwortlich waren. Mit Blick auf den globalen Weizenmarkt ist das eine verzerrte Wahrnehmung. Haupttreiber für die sinkenden Börsenkurse waren die großen russischen Exportmengen, die zu immer niedrigeren Preisen auf den Weltmarkt geworfen wurden und so das gesamte Preisniveau nach unten zogen.
Nach Putins Vorstellung soll die von ihm vorgeschlagene Börse “die nationalen Märkte vor negativer externer Einflussnahme, Spekulation und Versuchen, eine künstliche Lebensmittelknappheit zu erzeugen, schützen”. In einem von der russischen Zentralbank und dem Finanzministerium vor dem Gipfel verfassten Arbeitspapier wird eine Brics-Preisagentur, die Preisfestsetzungsmethoden und Marktanalysen bereitstellen soll, vorgeschlagen. Putin hofft, die preisbildenden Einflüsse großer westlicher Börsen wie der Cbot in den USA und der Euronext in der EU zurückzudrängen. Fazit: Selbst wenn es den Brics gelingen sollte, eine eigene Handelsplattform zu etablieren, werden auch dort Angebot und Nachfrage die Preise bilden – oder die Initiative wird scheitern.
- Agrarhandel
- Brics
- Nordafrika
- Russland
- Wladimir Putin
Translation missing.
News
Bodenschutz: Weshalb ZALF-Forscherin Helming vom geplanten EU-Gesetz enttäuscht ist
Ein neuer Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) und des Joint Research Centre (JRC) der EU-Kommission sieht dringenden Handlungsbedarf beim Bodenschutz. Der Zustand von 60 Prozent der Böden in der EU verschlechtere sich derzeit, mit Folgen auch für die Ernährungssicherheit, heißt es. Zwar nennt der kommissionseigene Bericht das geplante EU-Gesetz zur Bodenüberwachung als Maßnahme, mit der Brüssel dem Problem bereits begegne. Doch wird es aus Sicht der Bodenkundlerin Katharina Helming vom Leipzig-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung der Problemlage nicht gerecht.
“Ursprünglich sollte ein Bodenschutzgesetz vorgelegt werden, doch es wurde stark verwässert – das ist enttäuschend”, sagt sie zu Table.Briefings. “Die Ressource Boden gesetzlich zu schützen, wäre wichtig gewesen, denn gesunde Böden sichern unsere Nahrung, sie entnehmen für den aktiven Klimaschutz CO₂ aus der Luft, und sie speichern Wasser, was angesichts zunehmender Wetterextreme immer wichtiger wird.” In ihrer Bodenstrategie für 2030 hatte die EU-Kommission einen ähnlichen EU-rechtlichen Schutz für Böden anvisiert, wie er für Luft und Wasser gilt. Doch letztlich beschränkte sich die Brüsseler Behörde auf ein Bodenüberwachungsgesetz, das die Datenlage zum Thema verbessern soll.
Helming: Auch GAP muss an Bodenschutz angepasst werden
Trotzdem sei es gut, dass immerhin das Bodenmonitoringgesetz nun diskutiert und hoffentlich bald verabschiedet werde, betont Helming. Denn es wäre das erste Mal, dass das Thema überhaupt auf europäischer Ebene reguliert würde. Und tatsächlich mangle es noch erheblich an Daten zum Bodenzustand, vor allem an kleinräumigen Erhebungen und solchen, die es ermöglichten, Veränderungen über einen Zeitraum zu verfolgen.
Stärker einbezogen werden sollten aus Sicht der Forscherin Indikatoren zur Bodenbiodiversität. Dass EU-Parlament und Rat in den soeben gestarteten Trilogverhandlungen noch nachschärfen, ist allerdings unwahrscheinlich: Beide haben den Vorschlag in ihren Verhandlungspositionen abgeschwächt.
Um Böden besser zu schützen, müsse die EU zudem schädliche Subventionen abbauen, fordert Helming. Dazu gehört aus ihrer Sicht etwa die Flächenprämie in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die an eine bodenfreundliche Bewirtschaftungsweise geknüpft werden müsste. Daneben könne die Politik technische Lösungen fördern, an denen bereits gearbeitet werde. Zum Beispiel Ackergeräte, die den Reifendruck anpassen können, um Bodenverdichtung zu minimieren. jd
- Agrobiodiversität
- Daten
- Dürre
- EU-Bodenüberwachungsgesetz
- GAP
- Gemeinsame Agrarpolitik
- Umweltschutz
Baumwolle: Fairer und biologischer Anbau verbraucht weniger Ressourcen
Baumwolle hat einen großen ökologischen Fußabdruck, gerade beim Wasserverbrauch. Daher ist es wichtig zu wissen, ob Bauern durch bestimmte Anbauweisen weniger Ressourcen benötigen. Verglichen mit den Varianten “konventionell” oder “biologisch” schneidet die Kombination “biologisch und fair” besser ab. Das geht aus einer von Fairtrade India bei dem Beratungsunternehmen Global Agrisysteme in Auftrag gegebenen Studie hervor. Sie vergleicht Bauern in sechs Bundesstaaten auf dem Subkontinent. Ihre Ergebnisse:
- Fairtrade-Bio-Baumwolle verursacht 45 Prozent weniger Treibhausgase als nicht fair gehandelte Baumwolle (862 kg CO₂ pro Hektar im Vergleich zu 1.563 kg CO₂ pro Hektar)
- 96 Prozent der Landwirte, die fair und biologisch anbauen, verzichten auf den Einsatz chemischer Mittel. Unter konventionellen Bauern sind es nur 60 Prozent.
- Fairtrade-Bio-Baumwollfarmer verbrauchen je Kilogramm Baumwolle im Schnitt 4.410 Liter Wasser, konventionelle Farmer 5.156 Liter, also 14 Prozent mehr.
- 76 Prozent der Fairtrade-Biobauern setzen organische Düngemittel ein, die die Bodengesundheit verbessern.
Mit der fairen und biologischen Vorgehensweise verdienen Bauern im Schnitt auch mehr Geld. Der Unterschied zu konventionell wirtschaftenden Bauern betrage im Schnitt fünf Prozent je Tonne Saatbaumwolle (898,80 US-Dollar versus 858 US-Dollar). Entscheidend ist für die Bauern mit einer fairen und biologischen Anbauweise, welche Menge Baumwolle sie zu dem höheren Preis absetzen können. Der Faire Handel gibt keine Absatzgarantien für Bauern – sie müssen zudem Geld für die Zertifizierung zahlen. cd
Termine
Politische Woche
Veranstaltungen
Presseschau
L’Opinion: Frankreich könnte Kuhhandel zu Mercosur eingehen. Frankreich könnte seinen Widerstand gegen das EU-Mercosur-Handelsabkommen im Gegenzug für Zugeständnisse in anderen Bereichen aufgeben, meint John Clarke, der als ehemaliger hoher Beamter in der EU-Kommission lange selbst an den Verhandlungen beteiligt war. Grund für die Abwehrhaltung in Paris seien die Sorgen der Landwirtschaft, die er aber für unbegründet halte. Aus seiner Sicht halten sich Nachteile für Erzeuger von Rind- und Kalbfleisch die Waage mit Vorteilen durch die Erschließung neuer Märkte für Milchprodukte, Wein und Spirituosen sowie verarbeitete Produkte. (“John Clarke: “La France peut accepter le Mercosur mais se faire payer dans d’autres domaines“)
RND: Landwirte sollen weniger Nitrat einsetzen. Verschiedene Verbände und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordern, das neue Düngegesetz zügig auf den Weg zu bringen, welches der Bundesrat im Sommer blockiert hat. Die Verbraucher sollen nicht mehr länger für die Kosten des mit Nitrat belasteten Grundwassers aufkommen. Stattdessen sollen die Landwirte weniger Nitrat beim Düngen verwenden. (“Verbände fordern strikte Düngeregeln wegen gefährlichen Nitrats”)
Top Agrar: Streit um EU-Haushalt. Massive Konflikte bei den Verhandlungen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU sind zu erwarten, so Peter Hefele, Policy Director des Wilfried Martens Centre for European Studies. Um die europäische Verteidigung und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit finanziell angemessen zu unterstützen, seien deutliche Umschichtungen innerhalb des Budgets erforderlich. (“Politikexperte zum EU-Haushalt: “Es wird massive Konflikte geben””)
Euractiv: Ungarn hofft auf Rumäniens Kompromissbereitschaft. Rumänien war der einzige EU-Staat, der die Schlussfolgerungen des Rates zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht unterstützte. Am Donnerstag trafen sich der ungarische Landwirtschaftsminister István Nagy und sein rumänischer Amtskollege Florin Barbu, um eine Lösung für die Unstimmigkeiten zu finden. (“Ungarn hofft auf Unterstützung Rumäniens bei EU-Agrarpolitik nach 2027”)
Agrarzeitung: Polnische Landwirtschaft in der Krise. Die polnischen Landwirte haben Probleme mit dem Preisrückgang bei Weizen und anderen Agrarprodukten. Auch die Folgen der immer häufiger auftretenden Hochwasser bekommen die Bauern zu spüren. Polen erwartet von der EU mehr Geld für Schutzmaßnahmen. (“Vom Markt überrollt”)
Lebensmittelzeitung: EuGH entscheidet über alkoholfreien Gin. Der Europäische Gerichtshof prüft, ob das Verbot der EU-Spirituosenverordnung, alkoholfreie Gin-Imitate als “alkoholfreien Gin” zu bezeichnen, gegen die unternehmerische Freiheit verstößt. Das Landgericht Potsdam hat diesbezüglich ein Vorabentscheidungsersuchen an die Luxemburger Richter gerichtet. (“EuGH entscheidet über “alkoholfreien Gin””)
Proplanta: Ukraine steigert Agrarexporte. Die Ukraine konnte in diesem Jahr ihre Agrarexporte um mehr als 25 Prozent auf 48,9 Millionen Tonnen steigern. Dieser Zuwachs wurde hauptsächlich durch die Wiederaufnahme der Schiffstransporte über das Schwarze Meer ermöglicht. Etwa 89 Prozent der Agrarlieferungen wurden auf dem Seeweg transportiert. (“Ukraine hat Agrarexporte kräftig gesteigert”)
Stern: Mehr Geld für Umweltschutz. Fast die Hälfte der 4.750 landwirtschaftlichen Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern hat die erhaltenen EU-Fördermittel in den zurückliegenden drei Jahren auch für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen eingesetzt. Ein Grund ist, dass die Vergabe der Gelder immer häufiger an Umweltauflagen geknüpft ist. (“Bauern nutzen EU-Gelder auch für Umwelt- und Klimaschutz”)
Handelsblatt: Mit Saft ist nichts mehr zu verdienen. Lars Wagener, der Chef von Eckes-Granini, geht davon aus, dass mittelständische Unternehmen aufgeben, weil sie nicht in der Lage sind, die gestiegenen Preis zum Beispiel für Orangen an den Handel weiterzugeben. Sein eigenes Unternehmen, Europas größter Safthersteller, macht in Deutschland keinen Gewinn mehr. (“Eckes-Granini-Chef: “In Deutschland verdienen wir kein Geld”)
Africa.Table: Diese Faktoren bremsen die Bio-Ökonomie in Ostafrika
Obwohl es Potenzial gibt, können die ostafrikanischen Länder ihre Bioressourcen laut einem aktuellen Bericht nicht in ausreichendem Maße für nachhaltiges Wirtschaftswachstum nutzen. Die Transformation hin zu einer nachhaltigen Bio-Ökonomie böte Chancen zur Schaffung von Jobs und zur Stärkung von Ernährungssicherheit und Gesundheit. Der Bericht wurde im Rahmen des Global Bioeconomy Summit in Nairobi vorgestellt. Vor Ort nahm die parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Claudia Müller, teil. Sie kam im Rahmen ihres Besuchs in Kenia zu bilateralen Gesprächen mit Vertretern des kenianischen Landwirtschaftsministeriums sowie Mitgliedern des kenianischen Landfrauen- und Bauernverbands zusammen. Zum Artikel
Agrifood.Table Redaktion