Table.Briefing: Agrifood

Macrons Mindestpreis überzeugt Bauern nicht + GAP-Entlastung im Eiltempo

Liebe Leserin, lieber Leser,

nach einem Telefonat mit dem polnischen Premier Donald Tusk kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag an, Importbeschränkungen für russisches Getreide zu prüfen. In Kürze werde die Kommission einen Vorschlag vorlegen.

Befürworter solcher Beschränkungen argumentieren, gesunkene Getreidepreise auf dem europäischen Markt seien auch auf russische Importe zurückzuführen. Agrarprodukte sind bisher von den EU-Sanktionen gegen Moskau ausgenommen, um die internationalen Lebensmittelpreise nicht in die Höhe zu treiben und dem Kreml keine Angriffsfläche für sein Narrativ zu liefern, die westlichen Sanktionen gefährdeten die Ernährungssicherheit. Auch die Kommission war bei dem Thema deshalb bisher sehr vorsichtig.

Aus Kommissionskreisen heißt es zwar, dass Russland durch günstige Agrarexporte Druck ausübe, die Auswirkungen auf den Markt seien aber bisher begrenzt. Dass von der Leyen trotzdem in die Offensive geht, dürfte wahlkampftaktische Gründe haben. Denn durch Beschränkungen russischer Importe kann sie sich gleichzeitig als Unterstützerin der Bauern und der Ukraine präsentieren. Ganz anders als beim Agrarhandel mit der Ukraine, wo sich diese beiden Interessen entgegenstehen.

Auch in Deutschland geht die Debatte um Entlastungen für die Landwirte weiter – zuletzt bei der Agrarministerkonferenz. Alle Einzelheiten lesen Sie im Briefing.

Ihre
Julia Dahm
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Analyse

Macron nutzt Bauernproteste, um Egalim als EU-Standard durchzusetzen

Es war eines der Versprechen, die Macron Ende Februar beim Salon d’Agriculture, der größten Landwirtschaftsmesse im Land, an die protestierenden Bauern machte: Für landwirtschaftliche Erzeugnisse solle künftig ein “Mindestpreis” gelten, um Landwirten ein faires Einkommen zu garantieren. Dieser soll laut Agrarminister Marc Fesneau auf den Produktionskosten basieren.

Wie genau das definiert wird, ist aber bisher offen. Schließlich variieren die Produktionskosten auch innerhalb eines Sektors je nach Betriebsgröße, Standort oder Art der Landwirtschaft. Entsprechend wenig beeindruckt zeigen sich Landwirtschaftsverbände – sie fordern Klarheit.

Geltungsbereich und Berechnung ungeklärt

“Für einen Milchbauern, der seine Tiere in den Bergen hält, sind die Kosten nicht dieselben wie für einen anderen auf dem flachen Land. Wie entscheiden wir, welche Zahl gilt?”, fragt Sébastien Poutreau, Getreidebauer und Vorstandsmitglied beim französischen Bauernverband FNSEA, in der Zeitung “Le Figaro”. “Sie werden uns erklären müssen, was dieser Mindestpreis ist”, betont auch Eric Thirouin, Präsident des Verbands der Weizenerzeuger, in der Zeitung “Le Monde”.

Offen bleibt auch, für welche landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Mindestpreis gelten soll. Für Getreide wäre das aus Thirouins Sicht zum Beispiel schwierig. Denn Getreideerzeuger seien – auf eigenen Wunsch – von vielen Vorschriften in Sachen Preisbildung und Marktmacht ausgenommen, an die der neue Mindestpreis anknüpfen soll. Stattdessen sind sie Teil eines liberalisierten Marktes, auf dem Preise europaweit über Handelsplätze wie Euronext gebildet werden.

Gesetzesänderung für Sommer geplant

Zeit, all das zu klären, hat die Regierung in Paris bis zum Sommer. Dann soll der Mindestpreis Teil der dritten Reform von Egalim werden, dem französischen Pendant zum deutschen Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG). Bisher legt Egalim eine Preisspanne fest: Mindest- und Höchstgrenzen, zwischen denen der Verkaufspreis schwanken kann, wobei theoretisch die Erzeugerpreise berücksichtigt werden.

Das gilt jedoch vorerst nur für Rind- und Schweinefleisch sowie für die Milchwirtschaft. Erzeuger kritisieren, dass sie an der jährlichen Festlegung der Preisspannen nicht beteiligt sind und beklagen weiterhin Preisdruck durch Händler. Zudem bemängelte der französische Rechnungshof im Februar das Fehlen von Sanktionen

Macron fordert europäisches Egalim

Trotzdem sieht Macron Egalim als Vorbild für die EU und fordert eine europäische Version des Gesetzes. In gewissem Maße gibt es das bereits: Die EU-Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken (UTP) gibt den Rahmen für nationale Gesetze wie Egalim oder AgrarOLkG vor. Sie geht Macron aber nicht weit genug.

“Der Grund, warum Macron für ein europäisches Egalim-Gesetz plädiert, ist, um gegen europäische Einkaufszentralen vorzugehen“, sagt der Europaabgeordnete und Parteikollege Macrons, Pascal Canfin zu Table.Briefings. In Frankreich umgehe eine Reihe von Akteuren das Egalim-Gesetz, indem sie bei Einkaufszentralen in anderen EU-Ländern einkaufen. Eine EU-weite Regelung würde das unmöglich machen, so Canfin.

EU-Kommission will Regeln besser durchsetzen

Auch die EU-Kommission nimmt das Problem in den Blick. In einem nichtbindenden Papier zur Stärkung der Bauern in der Lieferkette, das Table.Briefings vorliegt, visiert sie als kurzfristige Maßnahme eine bessere grenzüberschreitende Durchsetzung der Regeln zu unlauteren Handelspraktiken an. Erreichen will sie das durch einen Gesetzesvorschlag, der die UTP-Richtlinie ergänzen und die Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden stärken soll.

Eine Reform der UTP-Richtlinie selbst dürfte sie frühestens im kommenden Jahr vorschlagen. Denn erst einmal sollen auf die laufende öffentliche Umfrage zu dem Gesetz ein Bewertungsbericht im April und weitere Schritte zum Verbändedialog im Laufe des Jahres folgen.

Strengere Regeln für verpflichtende Verträge

Kurzfristig erwägt die Kommission auch Änderungen bei den EU-Regeln zur Vertragsgestaltung zwischen Bauern und Händlern. Auf dem Tisch liegen zum Beispiel strengere Vorschriften, um Verträge in mehr Fällen verpflichtend zu machen. Dass Verträge, die Liefermenge und -preis festschreiben, vorab verhandelt werden, ist beispielsweise auf dem Milchmarkt nicht selbstverständlich.

Zudem will sie eine Beobachtungsstelle zur Preisentwicklung im Sektor einrichten. Diese solle die Preisgestaltung transparenter machen.

  • AgrarOLkG
  • Bauernproteste
  • Emmanuel Macron
  • Frankreich
  • UTP-Richtlinie
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News

GAP-Lockerungen der Kommission könnten im Schnellverfahren beschlossen werden

Den Gesetzesvorschlag für Lockerungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), den die Europäische Kommission am Freitag kurzfristig präsentiert hat, wollen auch Parlament und Mitgliedstaaten zügig verabschieden. Eine Annahme noch vor der Europawahl Anfang Juni ist möglich. Die Zeit ist knapp, der politische Wille aber groß, denn Entlastungen für die Bauern sind ein wichtiges Wahlkampfthema.

Im EU-Agrarausschuss soll am heutigen Dienstag über ein Dringlichkeitsverfahren entschieden werden, berichten gut informierte Kreise. So könnte das Dossier direkt ans Plenum zur Abstimmung weitergeleitet werden. 

Unterstützung im EU-Rat gilt als sicher

Damit der Vorschlag vor der EU-Wahl verabschiedet werden kann, müsste das Parlament ihn spätestens in seiner letzten Plenarsitzung Ende April final annehmen. Voraussetzung ist auch, dass weder Rat noch Parlament größere Änderungen vornehmen. Die belgische Ratspräsidentschaft strebt eine Verabschiedung ohne jegliche Änderungen an, wie sie bei einem internen Treffen am Montag erklärte. Die EU-Agrarminister wollen bei ihrem nächsten Treffen am 26. März darüber sprechen.

Mit Unterstützung durch einen Großteil der Länder ist zu rechnen, denn sie hatten viele der Lockerungen selbst gefordert. Unter anderem das französische Landwirtschaftsministerium begrüßte den Vorschlag. Bundesminister Cem Özdemir (Grüne) kritisiert dagegen die “Absenkung von Umweltstandards“. Er will sich für Anpassungen am Gesetzentwurf starkmachen und das bisherige Ambitionsniveau beim Umweltschutz beibehalten, dürfte aber wenig Verbündete finden.

Özdemir und Umweltverbände kritisieren fehlende Folgenabschätzung

Die Kommission hatte den Vorschlag als Antwort auf die Bauernproteste im Eilverfahren erarbeitet. Von einer Studie über die Folgen der geplanten Lockerungen für den Umweltschutz und die Wirtschaftlichkeit sowie von einer Verbändebeteiligung sah sie ab, obwohl die Verfahrensstandards der EU das normalerweise verlangen. Kommissionskreise begründen das mit einer “Notsituation” und verweisen auf Corona-Pandemie und Ukrainekrieg. Warum die Notlage gerade jetzt akut sei, beantwortete ein hoher Beamter am Freitag auf Nachfrage von Journalisten nicht. Kritik an der fehlenden Folgenabschätzung kommt von Umweltverbänden und von Özdemir.

Die Kommission schlägt unter anderem Lockerungen mehrerer GLÖZ-Standards vor. Die Pflichtbrache im Rahmen von GLÖZ 8 soll bis 2027 ganz wegfallen. Stattdessen müssen die Mitgliedstaaten aber eine entsprechende Ökoregelung anbieten – Anreiz statt Zwang, so die Begründung. EU-Ländern soll es zusätzlich freigestellt werden, im Rahmen von GLÖZ 7 Nutzpflanzenvielfalt zu erlauben, anstatt Fruchtwechsel vorzuschreiben. Zudem sollen die EU-Mitgliedstaaten künftig selbst festlegen, in welchem Zeitraum Bodenbedeckung Pflicht ist (GLÖZ 6).

DBV begrüßt Wegfall der verpflichtenden Brache

Letzteres sei wegen variierender Vegetationsperioden sinnvoll, sagt Laura Henningson, Referentin für Agrobiodiversität beim NABU. Die Lockerungen bei GLÖZ 7 und 8 kritisiert sie dagegen: Bürokratieabbau sei grundsätzlich sinnvoll, nicht aber durch den Abbau von Umweltstandards. Setze man statt verpflichtender Regeln auf Ökoregelungen, brauche es wenigstens deutlich mehr Budget. Das sieht die Kommission aber nicht vor.

DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken sieht das anders. Er begrüße die “punktuelle Entlastung” bei GLÖZ 8, mahnt zugleich aber einen “fortwährenden politischen Dialog über weitere Entlastungen” an, sagt er zu Table.Briefings – besonders mit Blick auf umweltbezogene Fördermittel. jd

  • Agrobiodiversität
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Bund will Vorschläge für Bürokratieabbau bis Ostern prüfen

Die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern haben sich bei der Agrarministerkonferenz am vergangenen Freitag darauf verständigt, den bürokratischen Aufwand für Landwirte zu verringern. Erste Schritte sollen bis Mitte 2024 umgesetzt werden, teilte die Vorsitzende der Agrarministerkonferenz (AMK), Thüringers Agrarministerin Susanna Karawanskij (Linke), mit.

Bis Ostern will der Bund die Vorschläge prüfen und bewerten. Wie es aus dem Landwirtschaftsministerium in Thüringen heißt, werde es dann bis Ende April eine Zusammenkunft der Agrarstaatssekretäre geben. Diese würden entscheiden, ob die Vorschläge vom Bund anzunehmen seien oder es Anpassungen brauche.

Länder machen 194 Vorschläge zum Bürokratieabbau

Die Bundesländer fordern, mehrfache Dokumentationspflichten abzuschaffen, die Umsetzung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) zu vereinfachen und das Steuerrecht abzubauen. Die Länder hatten Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir dazu im Vorfeld insgesamt 194 Vorschläge vorgelegt.

Darin adressieren sie unter anderem die Bereiche Düngerecht und Pflanzenschutz. Die Dokumentationspflicht beim Düngerecht wollen die Länder vereinfachen sowie die Auflagen für die Anwendung von Pflanzenschutz reduzieren. Die Vorschläge erstrecken sich aber über viele weitere Felder. Eine Prioritätenliste und einen Zeitplan gebe es bereits, so Karawanskij.

Umweltverbände befürchten Aufweichung ökologischer Standards

In Bezug auf die Pflicht zur Flächenstillegung (GLÖZ 8) sind sich die Länder einig, dass die Ausnahmeregelung bis 2027 verlängert werden soll, so Karanwanskij. Am vergangenen Freitag hat die EU-Kommission angekündigt, die Ausnahmeregelung bis 2027 fortzusetzen.

Umweltverbände kritisieren, dass die Abschwächung der Umweltauflagen auf EU-Ebene keinen Eingang in das Ergebnisprotokoll der AMK gefunden hätten. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) warf der AMK vor, beim “Ausverkauf von Natur- und Klimaschutz” zuzusehen. Zudem kritisierte der NABU, dass die Einführung neuer Ökoregelungen auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.

Weitere Entlastungen im Zusammenhang mit Wachstumschancengesetz

Im Anschluss an die AMK stellte Özdemir weitere Vorschläge zur Entlastung landwirtschaftlicher Betriebe in Aussicht. Dazu gebe es Gespräche der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen im Bundestag, so der Bundeslandwirtschaftsminister. Diese Beratungen stehen im Zusammenhang mit dem Wachstumschancengesetz, das am Freitag (22. März 2024) in den Bundesrat kommt.

Um hier auch die Opposition zur Zustimmung zu bewegen, hatten die Ampel-Fraktionen bis Ende März Zugeständnisse angekündigt – unter anderem Entlastungen für die Landwirte. Er sei zuversichtlich, dass es zu einer Verständigung komme, so Özdemir. ag, heu

  • Agrarpolitik
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DRV kritisiert Klausel zur zivilrechtlichen Haftung in EU-Lieferkettenrichtlinie

“Trotz wichtiger Nachbesserungen bleibt das EU-Lieferkettengesetz unpraktikabel“, sagt Jörg Migende, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV). Den Verband treibt beispielsweise um, dass weiterhin ein zivilrechtlicher Haftungstatbestand eingeführt werden soll. Dies führe lediglich zum Rückzug von Unternehmen aus riskanten Regionen und Branchen. Im deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gibt es keine zivilrechtliche Haftung. “Die Politik wälzt die Verantwortung auf die Unternehmen ab und belastet sie mit einem riesigen bürokratischen Aufwand”, sagt Migende.

Die stark angepasste EU-Lieferkettenrichtlinie muss noch vom EU-Parlament gutgeheißen werden. Die Abstimmung im Parlament steht am 24. April an. Seine Position war weit ambitionierter als das Resultat, auf das sich die stellvertretenden EU-Botschafter am Freitag (15. März) einigen konnten.

Eingeschränkter Anwendungsbereich

Der Kompromissvorschlag, der im Ausschuss der stellvertretenden EU-Botschafter die qualifizierte Mehrheit erreicht hat, schwächt die Lieferkettenrichtlinie in mehreren Punkten ab:

  • Der Anwendungsbereich wird auf Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von über 450 Millionen Euro eingeschränkt. Im Kompromissvorschlag vom Februar lag die Schwelle bei 300 Millionen Euro, in der Ratsposition vom Dezember bei 150 Millionen Euro.
  • Der strenger formulierte Anwendungsbereich für Risikosektoren wurde gestrichen.
  • Eine zeitlich gestaffelte Einführung soll Unternehmen mehr Zeit geben, sich auf die Bestimmungen vorzubereiten. Je nach Größe müssen Unternehmen die Bestimmungen erst drei, vier oder fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie anwenden.
  • Gestrichen wurde die Verpflichtung für Unternehmen ab einem bestimmten Schwellenwert, Klimaübergangspläne zu erstellen und diese mit finanziellen Anreizen für das Management zu unterlegen.
  • Die Bedingungen für die zivilrechtliche Klagebefugnis wurden angepasst.
  • Der Finanzsektor soll weitgehend ausgeklammert bleiben.

Die mit dem Parlament ausgehandelten Trilogergebnisse waren zuvor zweimal am Widerstand unter anderem Deutschlands, Frankreichs und Italiens gescheitert. Deutschland enthielt sich auch am Freitag der Stimme, weil sich die Ampelkoalition nicht auf eine Position einigen konnte. Neben Deutschland enthielten sich auch acht weitere Mitgliedstaaten: Österreich, Bulgarien, Tschechien, Litauen, Estland, Malta, Ungarn und die Slowakei. Schweden beanspruchte mehr Zeit für die Prüfung.

17 Mitgliedstaaten trugen den Kompromiss aber mit, und sie erfüllten auch das nötige Quorum von 65 Prozent der EU-Bevölkerung. Die belgische Ratspräsidentschaft sicherte die nötige Mehrheit im dritten Anlauf dank eines neuen Kompromissvorschlags, der Italien und Frankreich umzustimmen vermochte.

Die italienische Regierung dürfte ihre Meinung aber nicht nur wegen des veränderten Textes zur Lieferkettenrichtlinie geändert haben. In der wenige Minuten zuvor abgestimmten Verpackungsverordnung hatte die belgische Ratspräsidentschaft Konzessionen für die italienische Regierung eingebaut.

Erfolg für belgische Ratspräsidentschaft

Die Einigung bei diesem Dossier ist ein Erfolg für die belgische Ratspräsidentschaft. Sie erweist sich als sehr begabt dabei, die Enthaltungen des größten Mitgliedstaates – das German Vote – diplomatisch zu umschiffen.

Die FDP lobt sich unterdessen dafür, dass es vor allem ihr zu verdanken sei, dass es überhaupt zu diesen Veränderungen gekommen ist. “Es ist der klaren Haltung der FDP zu verdanken, dass das Gesetz an vielen Stellen verbessert wurde”, meinte die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn. jaa, has

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  • Lieferkettengesetz

Bürgerrat-Empfehlungen polarisieren im Bundestag

An der Diskussion um den Vorschlag eines kostenlosen Mittagessens an Schulen und Kitas wurde vergangene Woche im Bundestag deutlich, wie schwierig die Umsetzung der Empfehlungen des Bürgerrats Ernährung werden dürfte. Gero Hocker, agrarpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, stellte während der Bundestagsdebatte zur Beratung dieser und anderer Vorschläge des Gremiums heraus, dass es unfair sei, wenn Kinderlose das Mittagessen der Kinder von Anwälten und Ärzten zahlten. Matthias Miersch (SPD) gab als Kinderloser zu verstehen, er sei mehr als bereit, mit seinen Steuergeldern das Kantinenessen in Schulen zu finanzieren – “auch das von Kindern reicher Eltern”. Um dies auszugleichen, seien Reichere eben steuerlich stärker zu belasten, so Miesch.

Damit sind selbst Vertreter der Ampel-Koalition, die sich den Einsatz von Bürgerräten in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, höchst gespalten in der Frage, wie ernst die Forderungen dieses Gremiums zu nehmen sind. Sehr ernst nimmt sie vor allem Renate Künast: “Sie haben uns etwas ins Hausaufgabenheft geschrieben“, so die Grünen-Politikerin. Sie finde ein kostenloses Mittagessen in den Schulen richtig. Kritik hagelte es derweil aus der Opposition. Philipp Amthor (CDU) äußerte im Plenum grundsätzliche “Zweifel an der Eignung eines parlamentarischen Bürgerrats” und sprach von “minderqualifizierten Eingaben”.

Beratung im Landwirtschaftsausschuss folgt

Alle Kinder gesund und vor allem kostenlos zu verpflegen, war dem Bürgerrat Ernährung, dessen Einsatz der Bundestag bereits im Mai 2023 beschlossen hatte, das wichtigste Anliegen. Diese und weitere acht Empfehlungen – darunter die Neugestaltung der Mehrwertsteuer-Sätze für Lebensmittel – hatten die 160 ausgelosten Bürger dem Bundestag Anfang des Jahres mit auf den Weg gegeben. Auch wenn diese politisch nicht umgesetzt werden müssen, hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas angekündigt, dass sich der Bundestag ernsthaft mit den Forderungen auseinandersetzen werde.

Mit der Bundestagsdebatte vergangene Woche hat dieser Prozess begonnen. Als Nächstes wird sich der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestags mit den Empfehlungen beschäftigen. Ob die Fraktionen im Nachgang Gesetzentwürfe aus den Empfehlungen entwickeln werden, ist nach wie vor offen. An dem Gremium jedenfalls will man festhalten. Der Bundestag plant, nach der Sommerpause voraussichtlich einen zweiten Bürgerrat einzusetzen. Über das Thema wird noch beraten. heu

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  • Bürgerrat Ernährung
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  • Ernährungspolitik

EU-Staaten beschließen neue Verpackungsregeln – selbst Deutschland stimmt nach inhaltlichen Änderungen zu

Die EU-Staaten haben ein neues Gesetz zur Reduzierung von Verpackungsmüll auf den Weg gebracht. Die nötige qualifizierte Mehrheit der Vize-Botschafter stimmte der Verpackungsverordnung am Freitag zu. Lediglich Österreich und Malta trugen den Kompromiss nicht mit, wie es in Brüssel hieß.

Der belgischen Ratspräsidentschaft war es zuvor gelungen, mit inhaltlichen Änderungen zögernde Staaten wie Italien umzustimmen. Auch Deutschland stimmte nach intensiven Verhandlungen in der Koalition schließlich für die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR). Zuvor hatte sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing quergestellt. Er machte Einwände gegen die Mehrwegquoten und die sogenannten Spiegelklauseln zum Einsatz von Rezyklaten geltend.

“Aus handelspolitischer Sicht problematisch”

Um den Bedenken Rechnung zu tragen, hinterlegte die Bundesregierung eine Protokollnotiz, wonach die Spiegelklausel “aus handelspolitischer Sicht problematisch sei, da sie als protektionistisches Instrument Handelshemmnisse schafft“. Eine Aufnahme der Klausel in die Verordnung dürfe “keine Präzedenz für zukünftige Gesetzgebung oder Freihandelsabkommen” darstellen.

Handelskommissar Valdis Dombrovskis hatte ähnliche Bedenken geäußert, die Behörde trägt den Kompromissvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft aber ebenfalls mit. Nun fehlt noch die finale Zustimmung des Europaparlaments, damit die Verpackungsverordnung in Kraft treten kann.

Durch die Einigung in letzter Minute vermied es die Bundesregierung, bereits zum dritten Mal in dieser Woche von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt zu werden. Die Ampelkoalition hatte sich zuvor auch bei den Regeln für Arbeiter auf digitalen Plattformen und dem Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit in der Minderheit wiedergefunden. Bei den Plattformen war nur Frankreich, bei der Zwangsarbeit Lettland und Ungarn im gleichen Lager wie Deutschland.

Bis 2030 sollen alle Verpackungen recycelbar sein

Laut dem mit dem Europaparlament verhandelten Gesetzestext sollen Verpackungen generell reduziert werden (um fünf Prozent bis 2030, zehn Prozent bis 2035 und 15 Prozent bis 2040). Bis 2030 sollen alle Verpackungen zudem recycelbar sein. Ausnahmen sind für leichtes Holz, Kork, Textilien, Gummi, Keramik, Porzellan und Wachs vorgesehen. Anhand von Mindestzielvorgaben soll laut dem Gesetz auch der Rezyklatanteil von Verpackungen erhöht werden. Rat und Parlament legten zudem verbindliche Mehrwegziele für 2030 und Richtziele für 2040 fest.

Ab 2030 sollen Verbote für bestimmte Einweg-Plastikverpackungen gelten, etwa für Verpackungen für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse, für Lebensmittel und Getränke, die in Cafés und Restaurants abgefüllt und konsumiert werden, Einzelportionen, Miniaturverpackungen für Toilettenartikel und Schrumpffolien für Koffer in Flughäfen. Auch sehr leichte Plastiktüten sollen vom EU-Binnenmarkt verbannt werden. tho/leo

  • EU-Verpackungsverordnung
  • Kreislaufwirtschaft
  • Nachhaltigkeit
  • Verpackungen
  • Zwangsarbeit

Termine

19.03.2024 – 19:00 – 21.00 Uhr / Landesvertretung des Saarlandes in Berlin & online
Diskussion Pflanzenbau im Wandel – Wie werden wir Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen gerecht?
Wie geht das zusammen mit immer weniger zugelassenen Pflanzenschutzmitteln und gleichzeitig höheren Bewirtschaftungsauflagen? Inwieweit hilft dabei der integrierte Pflanzenschutz? Was erwarten Praktiker und Politiker voneinander? Und welche Lösungsansätze bringen die Branche nach vorne? Diese Fragen wwerden mit vier Politikern und einem Pflanzenschutzexperten diskutiert werden. INFO

19.03. – 22.03.2024 / Köln
Messe Anuga FoodTec
Die Anuga FoodTec ist eine Informations- und Businessplattform für neue Konzepte und innovative Entwicklungen in der internationalen Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Sie deckt alle Aspekte der Lebensmittel- und Getränkeproduktion ab – von Prozesstechnologie sowie Abfüll- und Verpackungstechnik über Lebensmittelsicherheit und Verpackungen bis hin zur Digitalisierung und Intralogistik. Als neuen Sektor gibt es 2024 erstmals einen Ausstellungbereich für Umwelttechnologie und Energie. INFO

21.03. – 22.03.2024 / Berlin
14. Berliner Milchforum Zeitenwende in der Milchwirtschaft: Wie geht es weiter?
Die heutige Zeit wird von vielen als “Zeitenwende” benannt, da sie von zahlreichen Herausforderungen und tiefgreifenden Veränderungen geprägt ist, wie Klimawandel, geopolitischen Umbrüche und gesellschaftlichen Veränderungen, aber auch technologischem Fortschritt. Die deutsche Milchwirtschaft will sich auch in diesen anspruchsvollen Zeiten des Wandels bewähren, die Herausforderungen und Chancen für die gesamte Kette mit sich bringen. Diese sollen auf dem 14. Berliner Milchforum diskutiert und herausgearbeitet werden. INFO & ANMELDUNG

22.03.2024 – 9.30 Uhr / Berlin
Sitzung 1042. Sitzung des Bundesrates
TOP 39: Verordnung zur Neuordnung der Vorschriften über die Verbringung von Lebensmitteln und Futtermitteln in die Europäische Union
TOP 40: Vierte Verordnung zur Änderung der Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Verordnung
TOP 41: Fünfte Verordnung zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts
TOP 43: Verordnung zur Durchführung der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik geltenden Ausnahmeregelung hinsichtlich der Anwendung des Standards Nummer 8 für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand für das Antragsjahr 2024 (Zweite GAP-Ausnahme-Verordnung – 2. GAPAusnV)
Tagesordnung

25.03.2024 / Brüssel
Tagung Umweltrat der EU
EU environment ministers will hold a policy debate on the Commission’s proposal to revise the waste framework directive, focusing on the textile and food sectors. The overall aim of the proposal is to reduce the environmental and climate impacts associated with textile and food waste generation and management. AGENDA

26.03.2024 / Brüssel
Tagung Rat für Landwirtschaft und Fischerei
The Council will discuss the current situation on the EU’s agricultural markets, in particular following Russia’s war of aggression against Ukraine. The exchange of views will be based on information from the European Commission and member states. The Ukrainian Minister for Agrarian Policy and Food, Mykola Solskyi, will address the Council before the ministers’ exchange of views. AGENDA

27.03.2024 / Berlin
Sitzungswoche im Bundestag BMEL: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des GAP-Direktzahlungen-Gesetzes INFO

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Agrifood.Table Redaktion

AGRIFOOD.TABLE REDAKTION

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    nach einem Telefonat mit dem polnischen Premier Donald Tusk kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag an, Importbeschränkungen für russisches Getreide zu prüfen. In Kürze werde die Kommission einen Vorschlag vorlegen.

    Befürworter solcher Beschränkungen argumentieren, gesunkene Getreidepreise auf dem europäischen Markt seien auch auf russische Importe zurückzuführen. Agrarprodukte sind bisher von den EU-Sanktionen gegen Moskau ausgenommen, um die internationalen Lebensmittelpreise nicht in die Höhe zu treiben und dem Kreml keine Angriffsfläche für sein Narrativ zu liefern, die westlichen Sanktionen gefährdeten die Ernährungssicherheit. Auch die Kommission war bei dem Thema deshalb bisher sehr vorsichtig.

    Aus Kommissionskreisen heißt es zwar, dass Russland durch günstige Agrarexporte Druck ausübe, die Auswirkungen auf den Markt seien aber bisher begrenzt. Dass von der Leyen trotzdem in die Offensive geht, dürfte wahlkampftaktische Gründe haben. Denn durch Beschränkungen russischer Importe kann sie sich gleichzeitig als Unterstützerin der Bauern und der Ukraine präsentieren. Ganz anders als beim Agrarhandel mit der Ukraine, wo sich diese beiden Interessen entgegenstehen.

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    Macron nutzt Bauernproteste, um Egalim als EU-Standard durchzusetzen

    Es war eines der Versprechen, die Macron Ende Februar beim Salon d’Agriculture, der größten Landwirtschaftsmesse im Land, an die protestierenden Bauern machte: Für landwirtschaftliche Erzeugnisse solle künftig ein “Mindestpreis” gelten, um Landwirten ein faires Einkommen zu garantieren. Dieser soll laut Agrarminister Marc Fesneau auf den Produktionskosten basieren.

    Wie genau das definiert wird, ist aber bisher offen. Schließlich variieren die Produktionskosten auch innerhalb eines Sektors je nach Betriebsgröße, Standort oder Art der Landwirtschaft. Entsprechend wenig beeindruckt zeigen sich Landwirtschaftsverbände – sie fordern Klarheit.

    Geltungsbereich und Berechnung ungeklärt

    “Für einen Milchbauern, der seine Tiere in den Bergen hält, sind die Kosten nicht dieselben wie für einen anderen auf dem flachen Land. Wie entscheiden wir, welche Zahl gilt?”, fragt Sébastien Poutreau, Getreidebauer und Vorstandsmitglied beim französischen Bauernverband FNSEA, in der Zeitung “Le Figaro”. “Sie werden uns erklären müssen, was dieser Mindestpreis ist”, betont auch Eric Thirouin, Präsident des Verbands der Weizenerzeuger, in der Zeitung “Le Monde”.

    Offen bleibt auch, für welche landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Mindestpreis gelten soll. Für Getreide wäre das aus Thirouins Sicht zum Beispiel schwierig. Denn Getreideerzeuger seien – auf eigenen Wunsch – von vielen Vorschriften in Sachen Preisbildung und Marktmacht ausgenommen, an die der neue Mindestpreis anknüpfen soll. Stattdessen sind sie Teil eines liberalisierten Marktes, auf dem Preise europaweit über Handelsplätze wie Euronext gebildet werden.

    Gesetzesänderung für Sommer geplant

    Zeit, all das zu klären, hat die Regierung in Paris bis zum Sommer. Dann soll der Mindestpreis Teil der dritten Reform von Egalim werden, dem französischen Pendant zum deutschen Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG). Bisher legt Egalim eine Preisspanne fest: Mindest- und Höchstgrenzen, zwischen denen der Verkaufspreis schwanken kann, wobei theoretisch die Erzeugerpreise berücksichtigt werden.

    Das gilt jedoch vorerst nur für Rind- und Schweinefleisch sowie für die Milchwirtschaft. Erzeuger kritisieren, dass sie an der jährlichen Festlegung der Preisspannen nicht beteiligt sind und beklagen weiterhin Preisdruck durch Händler. Zudem bemängelte der französische Rechnungshof im Februar das Fehlen von Sanktionen

    Macron fordert europäisches Egalim

    Trotzdem sieht Macron Egalim als Vorbild für die EU und fordert eine europäische Version des Gesetzes. In gewissem Maße gibt es das bereits: Die EU-Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken (UTP) gibt den Rahmen für nationale Gesetze wie Egalim oder AgrarOLkG vor. Sie geht Macron aber nicht weit genug.

    “Der Grund, warum Macron für ein europäisches Egalim-Gesetz plädiert, ist, um gegen europäische Einkaufszentralen vorzugehen“, sagt der Europaabgeordnete und Parteikollege Macrons, Pascal Canfin zu Table.Briefings. In Frankreich umgehe eine Reihe von Akteuren das Egalim-Gesetz, indem sie bei Einkaufszentralen in anderen EU-Ländern einkaufen. Eine EU-weite Regelung würde das unmöglich machen, so Canfin.

    EU-Kommission will Regeln besser durchsetzen

    Auch die EU-Kommission nimmt das Problem in den Blick. In einem nichtbindenden Papier zur Stärkung der Bauern in der Lieferkette, das Table.Briefings vorliegt, visiert sie als kurzfristige Maßnahme eine bessere grenzüberschreitende Durchsetzung der Regeln zu unlauteren Handelspraktiken an. Erreichen will sie das durch einen Gesetzesvorschlag, der die UTP-Richtlinie ergänzen und die Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden stärken soll.

    Eine Reform der UTP-Richtlinie selbst dürfte sie frühestens im kommenden Jahr vorschlagen. Denn erst einmal sollen auf die laufende öffentliche Umfrage zu dem Gesetz ein Bewertungsbericht im April und weitere Schritte zum Verbändedialog im Laufe des Jahres folgen.

    Strengere Regeln für verpflichtende Verträge

    Kurzfristig erwägt die Kommission auch Änderungen bei den EU-Regeln zur Vertragsgestaltung zwischen Bauern und Händlern. Auf dem Tisch liegen zum Beispiel strengere Vorschriften, um Verträge in mehr Fällen verpflichtend zu machen. Dass Verträge, die Liefermenge und -preis festschreiben, vorab verhandelt werden, ist beispielsweise auf dem Milchmarkt nicht selbstverständlich.

    Zudem will sie eine Beobachtungsstelle zur Preisentwicklung im Sektor einrichten. Diese solle die Preisgestaltung transparenter machen.

    • AgrarOLkG
    • Bauernproteste
    • Emmanuel Macron
    • Frankreich
    • UTP-Richtlinie
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    GAP-Lockerungen der Kommission könnten im Schnellverfahren beschlossen werden

    Den Gesetzesvorschlag für Lockerungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), den die Europäische Kommission am Freitag kurzfristig präsentiert hat, wollen auch Parlament und Mitgliedstaaten zügig verabschieden. Eine Annahme noch vor der Europawahl Anfang Juni ist möglich. Die Zeit ist knapp, der politische Wille aber groß, denn Entlastungen für die Bauern sind ein wichtiges Wahlkampfthema.

    Im EU-Agrarausschuss soll am heutigen Dienstag über ein Dringlichkeitsverfahren entschieden werden, berichten gut informierte Kreise. So könnte das Dossier direkt ans Plenum zur Abstimmung weitergeleitet werden. 

    Unterstützung im EU-Rat gilt als sicher

    Damit der Vorschlag vor der EU-Wahl verabschiedet werden kann, müsste das Parlament ihn spätestens in seiner letzten Plenarsitzung Ende April final annehmen. Voraussetzung ist auch, dass weder Rat noch Parlament größere Änderungen vornehmen. Die belgische Ratspräsidentschaft strebt eine Verabschiedung ohne jegliche Änderungen an, wie sie bei einem internen Treffen am Montag erklärte. Die EU-Agrarminister wollen bei ihrem nächsten Treffen am 26. März darüber sprechen.

    Mit Unterstützung durch einen Großteil der Länder ist zu rechnen, denn sie hatten viele der Lockerungen selbst gefordert. Unter anderem das französische Landwirtschaftsministerium begrüßte den Vorschlag. Bundesminister Cem Özdemir (Grüne) kritisiert dagegen die “Absenkung von Umweltstandards“. Er will sich für Anpassungen am Gesetzentwurf starkmachen und das bisherige Ambitionsniveau beim Umweltschutz beibehalten, dürfte aber wenig Verbündete finden.

    Özdemir und Umweltverbände kritisieren fehlende Folgenabschätzung

    Die Kommission hatte den Vorschlag als Antwort auf die Bauernproteste im Eilverfahren erarbeitet. Von einer Studie über die Folgen der geplanten Lockerungen für den Umweltschutz und die Wirtschaftlichkeit sowie von einer Verbändebeteiligung sah sie ab, obwohl die Verfahrensstandards der EU das normalerweise verlangen. Kommissionskreise begründen das mit einer “Notsituation” und verweisen auf Corona-Pandemie und Ukrainekrieg. Warum die Notlage gerade jetzt akut sei, beantwortete ein hoher Beamter am Freitag auf Nachfrage von Journalisten nicht. Kritik an der fehlenden Folgenabschätzung kommt von Umweltverbänden und von Özdemir.

    Die Kommission schlägt unter anderem Lockerungen mehrerer GLÖZ-Standards vor. Die Pflichtbrache im Rahmen von GLÖZ 8 soll bis 2027 ganz wegfallen. Stattdessen müssen die Mitgliedstaaten aber eine entsprechende Ökoregelung anbieten – Anreiz statt Zwang, so die Begründung. EU-Ländern soll es zusätzlich freigestellt werden, im Rahmen von GLÖZ 7 Nutzpflanzenvielfalt zu erlauben, anstatt Fruchtwechsel vorzuschreiben. Zudem sollen die EU-Mitgliedstaaten künftig selbst festlegen, in welchem Zeitraum Bodenbedeckung Pflicht ist (GLÖZ 6).

    DBV begrüßt Wegfall der verpflichtenden Brache

    Letzteres sei wegen variierender Vegetationsperioden sinnvoll, sagt Laura Henningson, Referentin für Agrobiodiversität beim NABU. Die Lockerungen bei GLÖZ 7 und 8 kritisiert sie dagegen: Bürokratieabbau sei grundsätzlich sinnvoll, nicht aber durch den Abbau von Umweltstandards. Setze man statt verpflichtender Regeln auf Ökoregelungen, brauche es wenigstens deutlich mehr Budget. Das sieht die Kommission aber nicht vor.

    DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken sieht das anders. Er begrüße die “punktuelle Entlastung” bei GLÖZ 8, mahnt zugleich aber einen “fortwährenden politischen Dialog über weitere Entlastungen” an, sagt er zu Table.Briefings – besonders mit Blick auf umweltbezogene Fördermittel. jd

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    Bund will Vorschläge für Bürokratieabbau bis Ostern prüfen

    Die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern haben sich bei der Agrarministerkonferenz am vergangenen Freitag darauf verständigt, den bürokratischen Aufwand für Landwirte zu verringern. Erste Schritte sollen bis Mitte 2024 umgesetzt werden, teilte die Vorsitzende der Agrarministerkonferenz (AMK), Thüringers Agrarministerin Susanna Karawanskij (Linke), mit.

    Bis Ostern will der Bund die Vorschläge prüfen und bewerten. Wie es aus dem Landwirtschaftsministerium in Thüringen heißt, werde es dann bis Ende April eine Zusammenkunft der Agrarstaatssekretäre geben. Diese würden entscheiden, ob die Vorschläge vom Bund anzunehmen seien oder es Anpassungen brauche.

    Länder machen 194 Vorschläge zum Bürokratieabbau

    Die Bundesländer fordern, mehrfache Dokumentationspflichten abzuschaffen, die Umsetzung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) zu vereinfachen und das Steuerrecht abzubauen. Die Länder hatten Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir dazu im Vorfeld insgesamt 194 Vorschläge vorgelegt.

    Darin adressieren sie unter anderem die Bereiche Düngerecht und Pflanzenschutz. Die Dokumentationspflicht beim Düngerecht wollen die Länder vereinfachen sowie die Auflagen für die Anwendung von Pflanzenschutz reduzieren. Die Vorschläge erstrecken sich aber über viele weitere Felder. Eine Prioritätenliste und einen Zeitplan gebe es bereits, so Karawanskij.

    Umweltverbände befürchten Aufweichung ökologischer Standards

    In Bezug auf die Pflicht zur Flächenstillegung (GLÖZ 8) sind sich die Länder einig, dass die Ausnahmeregelung bis 2027 verlängert werden soll, so Karanwanskij. Am vergangenen Freitag hat die EU-Kommission angekündigt, die Ausnahmeregelung bis 2027 fortzusetzen.

    Umweltverbände kritisieren, dass die Abschwächung der Umweltauflagen auf EU-Ebene keinen Eingang in das Ergebnisprotokoll der AMK gefunden hätten. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) warf der AMK vor, beim “Ausverkauf von Natur- und Klimaschutz” zuzusehen. Zudem kritisierte der NABU, dass die Einführung neuer Ökoregelungen auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.

    Weitere Entlastungen im Zusammenhang mit Wachstumschancengesetz

    Im Anschluss an die AMK stellte Özdemir weitere Vorschläge zur Entlastung landwirtschaftlicher Betriebe in Aussicht. Dazu gebe es Gespräche der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen im Bundestag, so der Bundeslandwirtschaftsminister. Diese Beratungen stehen im Zusammenhang mit dem Wachstumschancengesetz, das am Freitag (22. März 2024) in den Bundesrat kommt.

    Um hier auch die Opposition zur Zustimmung zu bewegen, hatten die Ampel-Fraktionen bis Ende März Zugeständnisse angekündigt – unter anderem Entlastungen für die Landwirte. Er sei zuversichtlich, dass es zu einer Verständigung komme, so Özdemir. ag, heu

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    DRV kritisiert Klausel zur zivilrechtlichen Haftung in EU-Lieferkettenrichtlinie

    “Trotz wichtiger Nachbesserungen bleibt das EU-Lieferkettengesetz unpraktikabel“, sagt Jörg Migende, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV). Den Verband treibt beispielsweise um, dass weiterhin ein zivilrechtlicher Haftungstatbestand eingeführt werden soll. Dies führe lediglich zum Rückzug von Unternehmen aus riskanten Regionen und Branchen. Im deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gibt es keine zivilrechtliche Haftung. “Die Politik wälzt die Verantwortung auf die Unternehmen ab und belastet sie mit einem riesigen bürokratischen Aufwand”, sagt Migende.

    Die stark angepasste EU-Lieferkettenrichtlinie muss noch vom EU-Parlament gutgeheißen werden. Die Abstimmung im Parlament steht am 24. April an. Seine Position war weit ambitionierter als das Resultat, auf das sich die stellvertretenden EU-Botschafter am Freitag (15. März) einigen konnten.

    Eingeschränkter Anwendungsbereich

    Der Kompromissvorschlag, der im Ausschuss der stellvertretenden EU-Botschafter die qualifizierte Mehrheit erreicht hat, schwächt die Lieferkettenrichtlinie in mehreren Punkten ab:

    • Der Anwendungsbereich wird auf Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von über 450 Millionen Euro eingeschränkt. Im Kompromissvorschlag vom Februar lag die Schwelle bei 300 Millionen Euro, in der Ratsposition vom Dezember bei 150 Millionen Euro.
    • Der strenger formulierte Anwendungsbereich für Risikosektoren wurde gestrichen.
    • Eine zeitlich gestaffelte Einführung soll Unternehmen mehr Zeit geben, sich auf die Bestimmungen vorzubereiten. Je nach Größe müssen Unternehmen die Bestimmungen erst drei, vier oder fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie anwenden.
    • Gestrichen wurde die Verpflichtung für Unternehmen ab einem bestimmten Schwellenwert, Klimaübergangspläne zu erstellen und diese mit finanziellen Anreizen für das Management zu unterlegen.
    • Die Bedingungen für die zivilrechtliche Klagebefugnis wurden angepasst.
    • Der Finanzsektor soll weitgehend ausgeklammert bleiben.

    Die mit dem Parlament ausgehandelten Trilogergebnisse waren zuvor zweimal am Widerstand unter anderem Deutschlands, Frankreichs und Italiens gescheitert. Deutschland enthielt sich auch am Freitag der Stimme, weil sich die Ampelkoalition nicht auf eine Position einigen konnte. Neben Deutschland enthielten sich auch acht weitere Mitgliedstaaten: Österreich, Bulgarien, Tschechien, Litauen, Estland, Malta, Ungarn und die Slowakei. Schweden beanspruchte mehr Zeit für die Prüfung.

    17 Mitgliedstaaten trugen den Kompromiss aber mit, und sie erfüllten auch das nötige Quorum von 65 Prozent der EU-Bevölkerung. Die belgische Ratspräsidentschaft sicherte die nötige Mehrheit im dritten Anlauf dank eines neuen Kompromissvorschlags, der Italien und Frankreich umzustimmen vermochte.

    Die italienische Regierung dürfte ihre Meinung aber nicht nur wegen des veränderten Textes zur Lieferkettenrichtlinie geändert haben. In der wenige Minuten zuvor abgestimmten Verpackungsverordnung hatte die belgische Ratspräsidentschaft Konzessionen für die italienische Regierung eingebaut.

    Erfolg für belgische Ratspräsidentschaft

    Die Einigung bei diesem Dossier ist ein Erfolg für die belgische Ratspräsidentschaft. Sie erweist sich als sehr begabt dabei, die Enthaltungen des größten Mitgliedstaates – das German Vote – diplomatisch zu umschiffen.

    Die FDP lobt sich unterdessen dafür, dass es vor allem ihr zu verdanken sei, dass es überhaupt zu diesen Veränderungen gekommen ist. “Es ist der klaren Haltung der FDP zu verdanken, dass das Gesetz an vielen Stellen verbessert wurde”, meinte die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn. jaa, has

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    Bürgerrat-Empfehlungen polarisieren im Bundestag

    An der Diskussion um den Vorschlag eines kostenlosen Mittagessens an Schulen und Kitas wurde vergangene Woche im Bundestag deutlich, wie schwierig die Umsetzung der Empfehlungen des Bürgerrats Ernährung werden dürfte. Gero Hocker, agrarpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, stellte während der Bundestagsdebatte zur Beratung dieser und anderer Vorschläge des Gremiums heraus, dass es unfair sei, wenn Kinderlose das Mittagessen der Kinder von Anwälten und Ärzten zahlten. Matthias Miersch (SPD) gab als Kinderloser zu verstehen, er sei mehr als bereit, mit seinen Steuergeldern das Kantinenessen in Schulen zu finanzieren – “auch das von Kindern reicher Eltern”. Um dies auszugleichen, seien Reichere eben steuerlich stärker zu belasten, so Miesch.

    Damit sind selbst Vertreter der Ampel-Koalition, die sich den Einsatz von Bürgerräten in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, höchst gespalten in der Frage, wie ernst die Forderungen dieses Gremiums zu nehmen sind. Sehr ernst nimmt sie vor allem Renate Künast: “Sie haben uns etwas ins Hausaufgabenheft geschrieben“, so die Grünen-Politikerin. Sie finde ein kostenloses Mittagessen in den Schulen richtig. Kritik hagelte es derweil aus der Opposition. Philipp Amthor (CDU) äußerte im Plenum grundsätzliche “Zweifel an der Eignung eines parlamentarischen Bürgerrats” und sprach von “minderqualifizierten Eingaben”.

    Beratung im Landwirtschaftsausschuss folgt

    Alle Kinder gesund und vor allem kostenlos zu verpflegen, war dem Bürgerrat Ernährung, dessen Einsatz der Bundestag bereits im Mai 2023 beschlossen hatte, das wichtigste Anliegen. Diese und weitere acht Empfehlungen – darunter die Neugestaltung der Mehrwertsteuer-Sätze für Lebensmittel – hatten die 160 ausgelosten Bürger dem Bundestag Anfang des Jahres mit auf den Weg gegeben. Auch wenn diese politisch nicht umgesetzt werden müssen, hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas angekündigt, dass sich der Bundestag ernsthaft mit den Forderungen auseinandersetzen werde.

    Mit der Bundestagsdebatte vergangene Woche hat dieser Prozess begonnen. Als Nächstes wird sich der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestags mit den Empfehlungen beschäftigen. Ob die Fraktionen im Nachgang Gesetzentwürfe aus den Empfehlungen entwickeln werden, ist nach wie vor offen. An dem Gremium jedenfalls will man festhalten. Der Bundestag plant, nach der Sommerpause voraussichtlich einen zweiten Bürgerrat einzusetzen. Über das Thema wird noch beraten. heu

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    EU-Staaten beschließen neue Verpackungsregeln – selbst Deutschland stimmt nach inhaltlichen Änderungen zu

    Die EU-Staaten haben ein neues Gesetz zur Reduzierung von Verpackungsmüll auf den Weg gebracht. Die nötige qualifizierte Mehrheit der Vize-Botschafter stimmte der Verpackungsverordnung am Freitag zu. Lediglich Österreich und Malta trugen den Kompromiss nicht mit, wie es in Brüssel hieß.

    Der belgischen Ratspräsidentschaft war es zuvor gelungen, mit inhaltlichen Änderungen zögernde Staaten wie Italien umzustimmen. Auch Deutschland stimmte nach intensiven Verhandlungen in der Koalition schließlich für die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR). Zuvor hatte sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing quergestellt. Er machte Einwände gegen die Mehrwegquoten und die sogenannten Spiegelklauseln zum Einsatz von Rezyklaten geltend.

    “Aus handelspolitischer Sicht problematisch”

    Um den Bedenken Rechnung zu tragen, hinterlegte die Bundesregierung eine Protokollnotiz, wonach die Spiegelklausel “aus handelspolitischer Sicht problematisch sei, da sie als protektionistisches Instrument Handelshemmnisse schafft“. Eine Aufnahme der Klausel in die Verordnung dürfe “keine Präzedenz für zukünftige Gesetzgebung oder Freihandelsabkommen” darstellen.

    Handelskommissar Valdis Dombrovskis hatte ähnliche Bedenken geäußert, die Behörde trägt den Kompromissvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft aber ebenfalls mit. Nun fehlt noch die finale Zustimmung des Europaparlaments, damit die Verpackungsverordnung in Kraft treten kann.

    Durch die Einigung in letzter Minute vermied es die Bundesregierung, bereits zum dritten Mal in dieser Woche von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt zu werden. Die Ampelkoalition hatte sich zuvor auch bei den Regeln für Arbeiter auf digitalen Plattformen und dem Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit in der Minderheit wiedergefunden. Bei den Plattformen war nur Frankreich, bei der Zwangsarbeit Lettland und Ungarn im gleichen Lager wie Deutschland.

    Bis 2030 sollen alle Verpackungen recycelbar sein

    Laut dem mit dem Europaparlament verhandelten Gesetzestext sollen Verpackungen generell reduziert werden (um fünf Prozent bis 2030, zehn Prozent bis 2035 und 15 Prozent bis 2040). Bis 2030 sollen alle Verpackungen zudem recycelbar sein. Ausnahmen sind für leichtes Holz, Kork, Textilien, Gummi, Keramik, Porzellan und Wachs vorgesehen. Anhand von Mindestzielvorgaben soll laut dem Gesetz auch der Rezyklatanteil von Verpackungen erhöht werden. Rat und Parlament legten zudem verbindliche Mehrwegziele für 2030 und Richtziele für 2040 fest.

    Ab 2030 sollen Verbote für bestimmte Einweg-Plastikverpackungen gelten, etwa für Verpackungen für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse, für Lebensmittel und Getränke, die in Cafés und Restaurants abgefüllt und konsumiert werden, Einzelportionen, Miniaturverpackungen für Toilettenartikel und Schrumpffolien für Koffer in Flughäfen. Auch sehr leichte Plastiktüten sollen vom EU-Binnenmarkt verbannt werden. tho/leo

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    Termine

    19.03.2024 – 19:00 – 21.00 Uhr / Landesvertretung des Saarlandes in Berlin & online
    Diskussion Pflanzenbau im Wandel – Wie werden wir Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen gerecht?
    Wie geht das zusammen mit immer weniger zugelassenen Pflanzenschutzmitteln und gleichzeitig höheren Bewirtschaftungsauflagen? Inwieweit hilft dabei der integrierte Pflanzenschutz? Was erwarten Praktiker und Politiker voneinander? Und welche Lösungsansätze bringen die Branche nach vorne? Diese Fragen wwerden mit vier Politikern und einem Pflanzenschutzexperten diskutiert werden. INFO

    19.03. – 22.03.2024 / Köln
    Messe Anuga FoodTec
    Die Anuga FoodTec ist eine Informations- und Businessplattform für neue Konzepte und innovative Entwicklungen in der internationalen Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Sie deckt alle Aspekte der Lebensmittel- und Getränkeproduktion ab – von Prozesstechnologie sowie Abfüll- und Verpackungstechnik über Lebensmittelsicherheit und Verpackungen bis hin zur Digitalisierung und Intralogistik. Als neuen Sektor gibt es 2024 erstmals einen Ausstellungbereich für Umwelttechnologie und Energie. INFO

    21.03. – 22.03.2024 / Berlin
    14. Berliner Milchforum Zeitenwende in der Milchwirtschaft: Wie geht es weiter?
    Die heutige Zeit wird von vielen als “Zeitenwende” benannt, da sie von zahlreichen Herausforderungen und tiefgreifenden Veränderungen geprägt ist, wie Klimawandel, geopolitischen Umbrüche und gesellschaftlichen Veränderungen, aber auch technologischem Fortschritt. Die deutsche Milchwirtschaft will sich auch in diesen anspruchsvollen Zeiten des Wandels bewähren, die Herausforderungen und Chancen für die gesamte Kette mit sich bringen. Diese sollen auf dem 14. Berliner Milchforum diskutiert und herausgearbeitet werden. INFO & ANMELDUNG

    22.03.2024 – 9.30 Uhr / Berlin
    Sitzung 1042. Sitzung des Bundesrates
    TOP 39: Verordnung zur Neuordnung der Vorschriften über die Verbringung von Lebensmitteln und Futtermitteln in die Europäische Union
    TOP 40: Vierte Verordnung zur Änderung der Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Verordnung
    TOP 41: Fünfte Verordnung zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts
    TOP 43: Verordnung zur Durchführung der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik geltenden Ausnahmeregelung hinsichtlich der Anwendung des Standards Nummer 8 für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand für das Antragsjahr 2024 (Zweite GAP-Ausnahme-Verordnung – 2. GAPAusnV)
    Tagesordnung

    25.03.2024 / Brüssel
    Tagung Umweltrat der EU
    EU environment ministers will hold a policy debate on the Commission’s proposal to revise the waste framework directive, focusing on the textile and food sectors. The overall aim of the proposal is to reduce the environmental and climate impacts associated with textile and food waste generation and management. AGENDA

    26.03.2024 / Brüssel
    Tagung Rat für Landwirtschaft und Fischerei
    The Council will discuss the current situation on the EU’s agricultural markets, in particular following Russia’s war of aggression against Ukraine. The exchange of views will be based on information from the European Commission and member states. The Ukrainian Minister for Agrarian Policy and Food, Mykola Solskyi, will address the Council before the ministers’ exchange of views. AGENDA

    27.03.2024 / Berlin
    Sitzungswoche im Bundestag BMEL: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des GAP-Direktzahlungen-Gesetzes INFO

    Must Reads

    top agrar: Getreideanbaufläche erreicht historischen Tiefstand

    Laut einer Prognose des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) wird die Getreideanbaufläche in Deutschland im Jahr 2024 ein Rekordtief von weniger als 5,9 Millionen Hektar erreichen. Als Grund sieht der Verband die zunehmende Konkurrenz um Ackerflächen und die EU-Vorgaben zu Flächenstilllegungen. Die Getreideernte im Jahr 2024 soll demzufolge auf rund 41 Millionen Tonnen und die Rapsernte auf 3,9 Millionen Tonnen schrumpfen. Zum Artikel

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    Agrifood.Table Redaktion

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