Table.Briefing: Agrifood

EU-Vogelschutzrichtlinie: Nobert Lins fordert Änderungen + Energydrinks: BMEL wartet auf Studienergebnisse

Liebe Leserin, lieber Leser,

in der Landwirtschaftspolitik will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Paradigmenwechsel: Im vergangenen Mandat legte die von ihr geführte Kommission Vorschläge vor, die Klima- und Artenschutz in den Mittelpunkt stellten. Für die nächsten fünf Jahre soll die Anpassung an den Klimawandel in den Fokus rücken.

Im Interview mit Table.Briefings erklärt Agrarpolitiker Norbert Lins (CDU), was die Kommission vorschlagen könnte: etwa Bauern Finanzhilfen für Ernteausfallversicherung zahlen, wie das bereits in Italien und Baden-Württemberg praktiziert wird. Lins, der die letzten fünf Jahre den Agrarausschuss geleitet hat, fordert zudem schnellere Genehmigungsverfahren für Pflanzenschutzmittel.

Und: Erstmals erklärt ein Christdemokrat, welche bislang “streng geschützten Arten im Begriff sind, eine Plage zu werden”. Nicht nur beim Wolf, sondern auch bei Bären, Saatkrähen, Kormoranen, Bibern und Gänsen will er den hohen Schutzstandard senken. Die Kommission soll vorschlagen, einschlägiges EU-Recht dafür zu ändern: die Vogelschutz– sowie die FFH-Richtlinie. Ob die Kommission der Forderung nachkommt, ist ungewiss. Sicher ist jedoch, dass er für den Vorschlag Kritik von Naturschützern ernten wird.

Interview

Norbert Lins (CDU): “Streng geschützte Arten sind dabei, zur Plage zu werden”

Norbert Lins (CDU) ist Agrarpolitiker im Europaparlament.

Herr Lins, Ursula von der Leyen hat deutlich gemacht, dass im nächsten Mandat in der Agrarpolitik Anpassung an den Klimawandel Priorität haben sollte vor Maßnahmen zum Klima- und Artenschutz …

Die Kommissionspräsidentin hat mit diesem Schwerpunkt einen wichtigen Beitrag geleistet zur Entpolarisierung der Debatte um die Landwirtschaft. Dass Klimawandel stattfindet und die Landwirtschaft darauf reagieren muss, das ist breiter Konsens im neuen Europaparlament. Ich möchte noch hervorheben, dass von der Leyen das Augenmerk auf mehr Resilienz in der Landwirtschaft legt. Das ist umfassend zu verstehen.

Und was heißt das für die zu erwartenden Vorschläge?

Ich rechne mit Vorschlägen, die das Risikomanagement stärken und das Problem der Wasserknappheit angehen. Sicherlich wird das Element der Risikoversicherung auch im Rahmen der nächsten GAP gestärkt. Das alles ist nicht komplett neu. Schon heute gibt es Versicherungsbeihilfen, wenn ein Bauer eine Police gegen die Folgen von Frost und Hagel abschließt. In Italien etwa wird das bereits sehr umfangreich genutzt, in Deutschland eher regional.

Was noch?

Ich sehe Bedarf bei den neuen Züchtungstechniken. Sie können noch einen Beitrag zur Klimaanpassung der Landwirtschaft leisten. Dann geht es um die Frage: Wie kann ich das Getreide und die Sonderkulturen besser schützen? Man kann Erdbeeren auf dem Feld mehr einpacken, etwa in Folie, um die Früchte besser gegen Starkregen abzuschirmen. Auch Agriphotovoltaik (Agri-PV) sollte ausgebaut werden, also ein Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung von Flächen für die Photovoltaik-Stromproduktion und die landwirtschaftliche Produktion. Ein Beispiel wären hier Photovoltaik-Flächen über Obstbäumen, wozu es schon vielversprechende Modellprojekte gibt, unter anderem am Bodensee.

Neuer Anlauf bei Pflanzenschutz

Was steht beim Pflanzenschutz an?

Ich erwarte, dass der Instrumentenkasten beim Pflanzenschutz in Ordnung gebracht wird. Dürre oder Starkregen erhöhen den Schädlingsdruck. Hier sollte möglichst viel mit biologischen Schädlingsbekämpfungsmitteln gearbeitet werden. Der chemisch-synthetische Pflanzenschutz spielt aber auch eine unverzichtbare Rolle. Ich erwarte, dass die Kommission dem Umstand Rechnung trägt.

Was erwarten Sie konkret?

Mir geht es nicht darum, pauschal mehr Substanzen zuzulassen. So ist in den letzten vier Jahren kein einziges neues Pflanzenschutzmittel zugelassen worden. Einige Mittel sind wieder zugelassen worden. Das System der Zulassung ist sehr langwierig und sollte überarbeitet werden. Es sollte zudem zu einer Harmonisierung zwischen den Regelungszonen kommen. Sinnvoll wäre daher eine Revision des Rechtstextes, um die Probleme der zonalen Einteilung zu beheben oder abzuschaffen. Doch auch innerhalb der Zonen gibt es gravierende Mängel.

Welche denn?

Das System der gegenseitigen Anerkennung funktioniert nicht. Das heißt: Wenn ein Mitgliedstaat etwas zulässt, heißt dies nicht, dass es auch in anderen Mitgliedstaaten der gleichen Zone zu haben ist.   

Was meint von der Leyen, wenn sie umfassend mehr Resilienz für den Agrarsektor einfordert?

Sie bezieht Resilienz auch auf die Wettbewerbssituation, in der sich unsere Landwirte auf dem Weltmarkt befinden. Wir müssen stärker darauf schauen, was die EU-Agrarpolitik für Folgen auf den internationalen Wettbewerb hat: Wie stehen unsere Bauern im Vergleich zu Bauern aus der Ukraine, aus den USA, Brasilien und Kanada da?  Hier gibt es klar die Notwendigkeit gegenzusteuern. Die EU-Regulierung bürdet der EU-Landwirtschaft viele Maßnahmen auf, die die Konkurrenz anderswo nicht erfüllen muss.

Israel ist Vorbild bei Resilienz gegen Dürre

In Südeuropa fehlt der Landwirtschaft zunehmend Wasser. Ist denkbar, dass künftig dort Ackerbau wegen des Klimawandels gar nicht mehr möglich ist?

In den betroffenen Regionen ist Landwirtschaft sicher einer großen Herausforderung ausgesetzt. In Israel kann man aber sehen, dass Wasserknappheit nicht das Aus für die Landwirtschaft bedeutet: Dort wird in großem Stil Wasser aus Meerwasserentsalzungsanlagen in der Landwirtschaft verwendet. Zunächst wird es als Frischwasser in den Haushalten benutzt, um dann wiederaufbereitet teils in der Landwirtschaft verwendet zu werden. Es gibt also Länder in unserer Nachbarschaft, die sich bereits auf die Probleme eingestellt haben, mit denen unsere südlichen Mitgliedstaaten verstärkt zu kämpfen haben. Auch hier kann die EU sicher einen Beitrag leisten, die Landwirtschaft resilienter gegen Wassermangel zu machen.

Ist die FFH-Richtlinie auch im Blick, wenn es um die Anpassung an den Klimawandel geht?

Die Reform des Artenschutzrechts ist überfällig und gehört selbstverständlich dazu, wenn man sich an die gewandelten Bedingungen anpassen will. Es gilt zu akzeptieren, dass sich die Welt verändert hat, seitdem wir 1979 die Vogelschutz- und 1992 die FFH-Richtlinie geschaffen haben. Die Realität hat sich verändert, dem muss Rechnung getragen werden: Viele Populationen haben sich erholt. Der extrem strenge Artenschutz, der aktuell fatalerweise durch EuGH-Urteile noch einmal zementiert wurde, ist bei einigen Arten zu hinterfragen. Wir brauchen eine moderne Reform des Artenschutzrechts in der EU.

Werden Sie für die Forderung Unterstützung in der Kommission und Rat haben?

Bei der Kommission können wir das erst einschätzen, wenn im Herbst ihre personelle Zusammensetzung feststeht. Im Rat hätten wir es bei den Landwirtschaftsministern sicher leichter als bei den Umweltministern. Mir ist wichtig: In den letzten zwei Jahren stand bei allen Debatten zum Artenschutz immer der Wolf im Mittelpunkt. Er ist sicher die problematischste Spezies. An zweiter Stelle kommt der Bär, der immer wieder den Menschen zunahe kommt, etwa in Italien oder der Slowakei und in Rumänien. Der Schutzstatus des Bibers steht nicht mehr im Einklang mit seinem Erhaltungszustand. Bei den Vögeln gibt es Änderungsbedarf beim Kormoran, der die Fischbestände plündert, Gänsen und Saatkrähen, die etwa die Maisfelder gerade von Ökobauern leer picken, weil der nicht gebeizte Mais für sie ein Leckerbissen ist. Es sind nicht nur Hochwasser oder Dürren, die klimawandelbedingt häufiger auftreten und die Ernten gefährden, sondern eben auch gewisse Tierarten.

Sie wollen den Artenschutz zurückdrehen …

Ich freue mich über jede Spezies, die im Bestand gefährdet war und sich dann erholt hat. Man darf aber die Augen nicht davor verschließen, dass bei einigen Arten die Erholung überhandgenommen hat und sie im Begriff sind, zur Plage zu werden.

  • Agri-PV
  • FFH-Richtlinie
  • Hochwasser
  • Klimaanpassung
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News

Energydrinks: BMEL wartet für Altersgrenze auf Studienergebnisse

Staaten wie Polen, Litauen oder Lettland haben es vorgemacht: Seit einiger Zeit sind Supermärkte in diesen Ländern angehalten, keine Energydrinks mehr an Minderjährige zu verkaufen. Für ein Mindestalter beim Kauf der koffeinhaltigen Getränke haben sich hierzulande auch der Bürgerrat “Ernährung im Wandel” und die Verbraucherschutzminister der Länder ausgesprochen. Letztere haben den Bund aufgefordert, eine Altersgrenze zu prüfen.

Darauf, dass die Bundesregierung den Verkauf von Energydrinks zeitnah regulieren wird, deutet bislang jedoch wenig hin. Eine wissenschaftlich fundierte Bewertung sei Voraussetzung für eine derartige Regulierung, betonte Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), beim Frühjahrstreffen der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreier Getränke (wafg) vor einigen Wochen. Neue Erkenntnisse soll die sogenannte EDKAR-Studie liefern, die das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Auftrag des BMEL derzeit gemeinsam mit der Berliner Charité durchführt.

Datenauswertung der EDKAR-Studie soll bis März 2025 abgeschlossen sein

Die Studie soll Erkenntnisse darüber liefern, wie häufig und in welchen Mengen einige Jugendliche Energydrinks konsumieren und ob sich ein übermäßiger, langanhaltender Konsum von Energydrinks auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Die Datenerhebung sei bereits abgeschlossen, die Auswertung erfolge bis März 2025, teilt ein Sprecher des BMEL auf Anfrage von Table.Briefings mit.  

Für Rebekka Siegmann von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch ist das Warten auf die Auswertung der EDKAR-Studie “eine gute Ausrede, nicht aktiv werden zu müssen”. Länder wie Litauen oder Polen hätten gesetzliche Altersgrenzen für den Verkauf von Energydrinks festgelegt, ohne vorher nationale Studien in Auftrag gegeben zu haben. Zudem lägen Zahlen zum Konsum durch Kinder und Jugendliche in Europa seit über zehn Jahren vor, sagt Siegmann mit Verweis auf eine Studie der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Auch für Deutschland habe das Robert-Koch-Institut Zahlen geliefert. “Die gesundheitlichen Auswirkungen von Energydrinks sind nach unserer Auffassung gut bekannt, sodass politisch reguliert werden kann”, hält Siegmann fest.

Münchener Kinderkardiologen haben akute Auswirkungen des Energydrink-Konsums untersucht

Einer, der die gesundheitlichen Auswirkungen von Energydrinks für Kinder und Jugendliche in der Vergangenheit bereits erforscht hat, ist der Mediziner Felix Oberhoffer von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). In der sogenannten EDUCATE-Studie haben er und andere Kinderkardiologen vor mehr als zwei Jahren erstmals untersucht, wie sich der Energydrink-Konsum auf die Herz-Kreislauf-Funktion bei jungen Menschen akut auswirkt. Dafür hätten sie eine Gruppe von 27 gesunden Kindern und Jugendlichen eingeladen, welche an einem Tag einen Energydrink und an einem anderen Tag ein Placebo-Getränk zu sich nahmen, berichtet Oberhoffer. Vor und nach dem Konsum seien die Probanden untersucht worden.

Das Ergebnis habe ihn erstaunt, erinnert sich der Kardiologe. Der 24-Stunden-Blutdruck sei nach dem Energydrink-Konsum signifikant erhöht gewesen. Die Kinder und Jugendlichen hätten danach auch deutlich kürzer geschlafen als nach dem Konsum des Placebo-Getränks. “Die Ergebnisse der EDUCATE-Studie legen nahe, dass der akute Energydrink-Konsum mit negativen Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Funktion bei Kindern und Jugendlichen einhergehen kann”, schreiben Oberhoffer und seine Kollegen in einem wissenschaftlichen Paper zur Studie. Die Forschenden empfehlen, Kindern und Jugendlichen vom Energydrink-Konsum abzuraten – insbesondere, wenn Risiken wie Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Zuckerstoffwechselstörungen oder Übergewicht vorlägen. heu

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EU-Renaturierungsgesetz tritt in Kraft

Die umkämpfte EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur ist am Wochenende in Kraft getreten. Das Gesetz besagt unter anderem, dass auf 20 Prozent der Landflächen und 20 Prozent der Meeresflächen in der EU bis 2030 Schutzmaßnahmen durchgeführt werden sollen.

Dazu zählt etwa, dass Moore wiedervernässt, mehr Bäume in Städten gepflanzt oder Flüsse wieder in ihren natürlichen Zustand versetzt werden sollen. «Die Mitgliedstaaten entscheiden selbst, welche spezifischen Maßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführt werden sollen», so die Kommission.

Deutsche Umweltministerin lobt

«Ich freue mich sehr», sagte Deutschlands Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zum Inkrafttreten des Gesetzes. Das Vorhaben sei ein großer Fortschritt. «Intakte Natur ist gerade in der Klimakrise besonders wichtig», so die Grünen-Politikerin. Diese könne klimaschädliches CO2 speichern. Gesunde Natur sei auch widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen der Klimakrise.

Die EU-Staaten haben nun zwei Jahre Zeit, der EU-Kommission einen Plan vorzulegen, was sie unternehmen wollen. Umweltorganisationen wie der WWF und der Naturschutzbund Deutschland begrüßen das neue Gesetz. «In Deutschland liegt es jetzt an der aktuellen und kommenden Bundesregierung, aus dieser Chance eine Erfolgsstory zu machen», sagte Kathrin Samson vom WWF.

Heftiger Streit um das Vorhaben

Lange und deutlich war vorher über das Gesetz gestritten worden. Auch Klimaaktivistin Greta Thunberg war während der Verhandlungen eigens nach Straßburg gereist, um sich vor und im EU-Parlament für das Vorhaben starkzumachen. Am Ende gab es eine knappe Mehrheit für eine abgeschwächte Variante des Rechtstextes. Im EU-Rat konnte das Gesetz nur verabschiedet werden, weil die grüne österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler dafür stimmte – gegen den Willen ihres konservativen Koalitionspartners.

Vor allem Konservative und Landwirte hatten sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Sie befürchteten unter anderem zu große Einschränkungen für die Landwirtschaft. Im Zuge dieses Gegenwindes wurde etwa gestrichen, dass Landwirte auf einem bestimmten Prozentsatz ihrer Ackerfläche umweltschonende Maßnahmen durchführen müssen. dpa

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Weizenhandel: Warum sich Ägypten bei einem großen Kauf verzockt hat

Ägypten ist mit seinem Versuch gescheitert, am Weltmarkt eine riesige Weizenmenge einzukaufen, mit der ein großer Teil des Bedarfs bis zur nächsten Ernte im kommenden Jahr gedeckt werden sollte. Das nordafrikanische Land gehört – mit einer jährlichen Importmenge von zwölf Millionen Tonnen – neben China und Indonesien zu den drei größten Weizenimporteuren der Welt. Anfang August hatte die Staatliche Getreideagentur GASC in einer internationalen Ausschreibung 3,8 Millionen Tonnen Weizen gesucht, die zwischen Oktober 2024 und April 2025 geliefert werden sollen. Der Markt zeigte sich von der Nachricht überrascht, denn in der Vergangenheit hatten ägyptische Weizenkäufe nur selten einen Umfang von mehr als einer Million Tonnen und bewegten sich meist in einem Umfang zwischen 500.000 und 800.000 Tonnen. Auch beim Lieferzeitraum wich die GASC von ihrem bisherigen Vorgehen ab, denn die Ware musste bisher in der Regel zwei bis drei Monate nach dem Kauf in den Häfen des Landes eintreffen. Für Verwunderung sorgte auch das lange Zahlungsziel, das Ägypten zum Begleichen der Rechnung eine Frist von bis zu 270 Tagen ermöglichen würde.

Internationale Händler reichten zwar in großem Umfang Angebote ein, die die Menge von 3,8 Millionen Tonnen bei weitem überschritten. Aber die GASC kaufte am Ende nur eine Menge von 280.000 Tonnen, von denen im Oktober 180.000 Tonnen aus der Ukraine und 100.000 Tonnen aus Bulgarien geliefert werden sollen. Die Preise lagen einschließlich der Frachtkosten bei 260 bis 270 US-Dollar pro Tonne und damit um rund 20 US-Dollar pro Tonne höher als die aktuellen Weltmarktpreise. Die Händler berechneten hohe Prämien, um die langen Finanzierungskosten und das Preisrisiko wegen der langen Lieferfrist abzufedern, was die Angebote letztendlich relativ unattraktiv machte. In der vergangenen Woche versuchte die GASC laut Berichten von Reuters, in bilateralen Gesprächen außerhalb der offiziellen Ausschreibung bessere Preise auszuhandeln, was offenbar nicht gelang. Bis zum Wochenende wurden jedenfalls keine neuen Verkäufe gemeldet.

Subventioniertes Brot soll Inflationsfolgen abmildern

Die GASC hatte für das Wirtschaftsjahr 2024/25 das Ziel ausgegeben, 8,25 Millionen Tonnen Weizen zu beschaffen. 3,6 Millionen Tonnen wurden aus der lokalen Ernte eingekauft. Mit den bereits erfolgten Importen und den 3,8 Millionen Tonnen in der großen Ausschreibung hätte der Bedarf bis zum Start der neuen Ernte im April 2025 gedeckt werden können.

Das Land subventioniert Brot, um für die Bevölkerung die Folgen der Inflation abzumildern. Bei der Finanzierung der Importe ist das Land wegen des anhaltenden Devisenmangels auf internationale Hilfe angewiesen, wie zum Beispiel durch die Weltbank oder die Islamische Entwicklungsbank, die ihren Sitz in Saudi-Arabien hat. SB

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GAP: Wie die Direktzahlungen zum Frust der Bauern beitragen

Anfang des Jahres zeigten die Bauernproteste in Deutschland und Europa, wie viel Frust sich in der Branche angestaut hat. Ein Faktor dahinter könnte eine veränderte Beziehung der Landwirte zum Staat sein, die mit den jüngsten Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) einhergehe. Zu dem Ergebnis kommen die Agrarpolitologen Pascal Grohmann und Peter Feindt in einem wissenschaftlichen Artikel, der im Journal of Rural Studies erschienen ist. Seitdem die GAP-Direktzahlungen verstärkt an Bedingungen und Gemeinwohlleistungen geknüpft werden, sei das Verhältnis zwischen Staat und Landwirten stärker hierarchisch geprägt, so das Fazit.

“Die Direktzahlungen, wie sie in den 1990er-Jahren eingeführt wurden, dienen primär der Einkommensstützung – verbunden mit der Vorstellung, dass Landwirte als Gruppe diesen Support brauchen und verdienen”, sagt Erstautor Grohmann zu Table.Briefings. Seitdem seien Elemente wie Junglandwirteprämie, Förderung kleiner Betriebe, GLÖZ-Standards und Eco-Schemes dazugekommen. Dadurch gehe von den Direktzahlungen verstärkt eine andere Botschaft aus: dass nur Landwirte Unterstützung verdienten, die einer bestimmten Gruppe angehören oder bestimmte Verhaltensregeln erfüllen.

Landwirte in Ausgestaltung der GAP-Maßnahmen einbeziehen

“Solche Regeln kollidieren mit dem Selbstverständnis vieler Landwirte als unabhängige Unternehmer, die ihre Aufgabe oftmals primär in der Produktion sehen”, so Grohmann. Weil beinahe alle Betriebe in Deutschland Direktzahlungen bezögen und viele wirtschaftlich nicht darauf verzichten könnten, wirke es de facto wie Ordnungsrecht, wenn an den Erhalt Bedingungen geknüpft werden. Und auch das staatliche Kontroll- und Sanktionssystem, mit dem der Staat deren Einhaltung überwache, könne als Signal des Misstrauens gegenüber den Landwirten gedeutet werden und so zu Unmut führen. “All das trägt dazu bei, dass Landwirte sich gegängelt fühlen“, resümiert Grohmann.

Dass der aus seiner Sicht notwendige Wandel der GAP hin zur Honorierung von Gemeinwohlleistungen zu Spannungen führe, lasse sich angesichts all dessen nicht grundsätzlich vermeiden, räumt der Wissenschaftler ein. Es gelte aber, besser damit umzugehen, ohne, wie bei den GAP-Lockerungen in diesem Jahr, Umweltstandards abzubauen.

“Bei der Umsetzung der GAP stärker einen Bottom-up-Ansatz zu verfolgen und Landwirte systematisch in die Ausgestaltung von Maßnahmen einzubeziehen, könnte dazu beitragen, dass sie sich weniger bevormundet fühlen”, schlägt Grohmann vor. Auch eine ergebnisorientierte Herangehensweise, bei der Betriebe die Wahl haben, wie sie zum Beispiel Umweltziele erreichen, könne Abhilfe schaffen, meint er. “So stünde die unternehmerische Freiheit weiter im Vordergrund.” jd

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  • GAP
  • Gemeinsame Agrarpolitik

Time.Table

22.08.2024 / online
Pressekonferenz DBV-Erntebericht INFO

23.08.2024 / Leipzig
Veranstaltung Ernährungscluster Leipzig
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir besucht das Ernährungscluster Leipzig, gemeinsam mit dem Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (Sachsen), Wolfram Günther. Thema: Regionale Wertschöpfung in der Land- und Ernährungswirtschaft, Regional- und Direktvermarktung, Bio-Regio-Modellregionen, solidarische Landwirtschaft und Außer-Haus-Verpflegung. Anmeldung bis zum 22.8. um 15.00 Uhr möglich. ANMELDUNG

23.08.2024 – 11.00 Uhr / landwirtschaftlicher Obstbaubetrieb von Andreas Beck in Eberdingen
Pressekonferenz Erntebericht des LBV
Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg und frisch wieder gewählter Präsident des Deutschen Bauernverbandes, sprechen sowie Betriebsinhaber und Landwirt Andreas Beck werden vor Ort sein. Zusätzlich stehen Fachreferenten des LBV für Ihre Rückfragen bereit.
Nach der Pressekonferenz gibt es eine kurze Betriebsbesichtigung vor Ort
INFO

27. – 29.08.2024 / Brüssel
Plenarsitzung Strategischer Dialog zur Zukunft der EU-Landwirtschaft
Zum letzten Mal kommen die Teilnehmenden des Strategischen Dialogs über die Zukunft der Landwirtschaft in der EU zur Plenarsitzung zusammen. Der Abschlussbericht des Stakeholder-Gremiums, auf dessen Basis die wiedergewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein politisches Visionspapier erstellen will, wird zum Ende des Sommers erwartet. INFO

29.08.2024 – 08:30 – 17:00 Uhr / Hof Schlamann in Lengerich
Messe Agri Idea Sprout
Das Format integriert interaktive Open Sessions zu verschiedenen Themenfeldern wie Agrartechnologien, Energiesysteme, Kreislaufwirtschaft und alternative Geschäftsmodelle. Gepaart mit inspirierenden Keynotes und Networking-Möglichkeiten fördert die Agri Idea Sprout spannende Impulse und intensiviert den Austausch zwischen relevanten Stakeholdern. Ziel ist es, gemeinsam holistische Lösungsansätze zu entwickeln, um die Herausforderungen der Agrarwirtschaft anzugehen und neue Wege für nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Entwicklung zu ebnen. INFO

04.09. – 06.09.2024 / Wir bauen Zukunft, Mecklenburg-Vorpommern
Festival Farm-Food-Climate Festival
Das Farm-Food-Climate Festival auf dem Gelände von “Wir bauen Zukunft” in Mecklenburg-Vorpommern bringt 250 Changemaker:innen und Akteur:innen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammen, um die Ernährungs- und Landwirtschaft in eine lebenswerte Zukunft steuern.
Themenschwerpunkte: Verwaltungsstrukturen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft, zukunftsfähige Anbauformen und Betriebszweige, konstruktive und verbindende Narrative, Wertschaffung in resilienten Landschaften, Gestaltungskraft des Lebensmitteleinzelhandels, öffentlich und private Finanzmittel für die Transformation
INFO

05.09.2024 – 11.00 Uhr / online
Podcast LZ Coffee Break Food Report 2025
Die Food-Trend-Forscherin Hanni Rützler sieht in ihrem 12. Food Report Nachhaltigkeit als die zentrale Herausforderung für das gesamte Ernährungssystem. Mit innovativen Lösungen und Best Practices bietet sie den Unternehmen der Branche Anregungen für erfolgreiche Zukunftsstrategien. Der LZ Coffee Break mit Autorin Hanni Rützler gewährt Ihnen einen exklusiven Einblick in den Food Report 2025. Moderiert wird der LZ Coffee Break von Sven Lang, Verlagsleiter der LZ MEDIEN. INFO & ANMELDUNG

05. – 08.09.2024 / Messe Wels, Österreich
Fachmesse AgroTier 2024
Die AgroTier ist die wichtigste und größte Fachmesse Österreichs rund um die Innenwirtschaft und Grünlandbewirtschaftung. Diese Fachmesse richtet sich somit fokussiert an alle Tierhalter und Gemischtbetriebe in Österreich und dem angrenzenden Bayern. INFO

Must-Reads

Lebensmittelzeitung: Henning Bergmann vom Mittelstandsverbund: “Es braucht einen wirksamen Stopp zusätzlicher Berichtspflichten”

Die Berichtspflichten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes sollten ausgesetzt werden, bis die Richtlinie über unternehmerische Nachhaltigkeitspflichten (CSDDD) vollständig umgesetzt ist, sagt Henning Bergmann vom Mittelstandsverbund im Interview mit der LZ. Dies würde eine bessere Planbarkeit für Unternehmen gewährleisten. Weiterhin fordert er die EU-Kommission auf, Ankündigungen zum Bürokratieabbau auch wirklich umzusetzen. Der Geschäftsführer des Mittelstandverbunds hält eine landesweite Öffnung vollautomatisierter Supermärkte an Sonn- und Feiertagen für überfällig. Kürzlich hatte der hessische Landtag den Weg für das Modell freigemacht. Ein Konzept, das begrüßenswert sei, so Bergmann. Durch das Fehlen von Personal vor Ort laufen die üblichen Argumente gegen eine Öffnung an diesen Tagen ins Leere.” Um Ungleichbehandlungen zu vermeiden, brauche es jedoch bundesweit einheitliche Regelungen. Zum Interview

agrarzeitung: Habeck will Biomasse-Förderung reformieren

Energie aus Biomasse könnte helfen, Schwankungen bei der Stromerzeugung künftig auszugleichen, gibt Robert Habeck an und verspricht ein “umfassendes Biomassepaket”. Der Bundeswirtschaftsminister plant eine Reform des sogenannten Energiewirtschaftsgesetzes. Demnach soll die Biomasse-Förderung effizienter und flexibler gestaltet werden. Im ersten Halbjahr 2024 stammten neun Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland aus Biomasse. 58 Prozent des Stroms wurden insgesamt durch erneuerbare Energien gedeckt. Die Reform sieht vor, Biomasse zum Ausgleich von Schwankungen bei Wind- und Solarenergie zu nutzen und bevorzugt Anlagen zu fördern, die an Wärmenetze angeschlossen sind oder flexibel produzieren. Zudem sollen Betreiber die Möglichkeit erhalten, während laufender Förderperioden in das neue Fördersystem zu wechseln. “Biogas kann im zukünftigen Energiesystem weiter eine wichtige Rolle spielen”, sagte der Grünen-Politiker gegenüber dpa. Zum Artikel

Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt: Özdemir will nun Gelder zum Waldumbau auszahlen

Mit der Einigung zum Bundeshaushalt 2025 am vergangenen Freitag sind auch die Mittel für den Waldumbau und Moorschutz freigegeben worden. Bundesagrarminister Cem Özdemir kündigte an, dass Waldbauern nun mit Fördergeldern aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) rechnen könnten. Insgesamt werden bis zu 100 Millionen Euro aus dem KTF für den Waldumbau bereitgestellt, ergänzt durch Landesmittel. Damit liegt der Betrag nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums fast auf dem Niveau, das in den letzten Jahren abgerufen wurde. Der Entwurf des Agrarhaushalts, der eine Kürzung um rund 68 Millionen Euro auf 6,86 Milliarden Euro vorsieht, geht nach der Sommerpause in die Beratungen im Bundestag. Zum Artikel

Heads

Hubert Bernhard: Mit PV-Modulen zu Mehrerträgen

Landwirt Hubert Bernhard in seiner Agri-Photovoltaikanlage.

Ein bisschen stolz ist Hubert Bernhard dann doch. Minister schauen bei ihm im baden-württembergischen Kressbronn vorbei. Aus Deutschland, aber selbst aus Äthiopien, kommen sie an den Bodensee, um sich seine Agri-PV-Anlage anzusehen. Auch der Botschafter aus Indien war schon da. Bernhard ist ohne Zweifel eine Art Wegbereiter, seiner Zeit voraus.

Hubert Bernhard ist Landwirt, er bearbeitet Sonderkulturen – in Baden-Württemberg keine Seltenheit. Am Rande von Kressbronn hat er eine Agri-PV-Anlage auf 4.000 Quadratmetern installiert, in 4,20 Metern Höhe knapp 1.000 Module stabil aufgeständert, darunter Apfelbäumchen, Sorte Gala. Bernhards Anlage ist eine von fünf Modellanlagen in Baden-Württemberg, die die Landesregierung mit rund 2,5 Millionen Euro fördert. Das Ziel: Potenziale und Schwierigkeiten der Agri-PV zu identifizieren und die Entwicklung der innovativen Technologie landesweit voranzutreiben.

Aber Bernhard ist auch Pionier. 2019 fuhr er in die Niederlande, um sich bei einem Kollegen eine PV-Anlage über Himbeerstauden anzuschauen: “Der hat mir gesagt, der Ertrag steigt um 15 bis 20 Prozent.” Beeindruckt kehrte er zurück, schrieb dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier einen Brief, kontaktierte das Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg.

Altmaier vertröstete ihn, aber die Agrar-Beamten in Stuttgart erkannten die Chance. Das Landesministerium legte ein dreijähriges Modellprojekt auf. Bedingung: Obstbau und Stromerzeugung sollten eine wissenschaftliche Begleitung erfahren. Seither kommen Forschende des Freiburger Fraunhofer-Instituts ISE und des Ravensburger Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee regelmäßig auf Bernhards Hof. Sie zeichnen Sonneneinstrahlung und Energiegewinn, Temperaturen und Feuchtegrade, Blütenbeginn und Ernteerträge auf. Alles wird protokolliert und abgespeichert.

Weniger Schäden und weniger Pestizideinsatz

Ende 2024 nun soll eine erste Bilanz gezogen werden. So viel lässt sich bereits sagen: Agri-PV ist auf dem Weg, eine Erfolgsgeschichte zu werden. Nicht ohne Grund hat Apfelbauer Bernhard so viele Besucher. Wenn er Vorträge hält, um über seine Erfahrungen zu berichten, kommen schon mal 350 Interessenten, überwiegend Landwirte.

Und dann berichtet Bernhard von seinen Erfahrungen. Dass er gleich im ersten Jahr Supererträge hatte, deutlich mehr als eine Referenzfläche ohne PV: gleiche Böden, gleiche Sorte, gleiche Bedingungen, nur ohne PV-Module. Er berichtet, dass er unter den Solarmodulen bis zu 80 Prozent an Pflanzenschutzmitteln spart, da er weniger Feuchteschäden verzeichnet, weil die Module den Regen abhalten und für eine bessere Durchlüftung sorgen. Dass er keine Hageleinschläge mehr hat, die auch in der Bodenseeregion dramatisch zugenommen haben. Dass er seinen Apfelbäumen Sonnenbrand erspart und dass er weniger Frostschäden verbucht, weil es bei klarem Himmel unter seinen Modulen zwischen einem halben und bis zu zwei Grad wärmer ist – was ein entscheidender Unterschied sein kann zwischen Superertrag und Totalausfall.

Noch ist es zu früh für eine belastbare Bilanz, aber die Zahl der Missernten ist unter den Modulen geringer. Zudem reduzieren sich die Kosten für Pestizide, Plastikfolien- und Netze, Wasser und Personal. “Ich spare 20 bis 30 Prozent der Einsatzkosten”, resümiert Bernhard. Wenn er normalerweise für den Hektar Apfelbäume 15.000 Euro an Investitionskosten einkalkulieren muss, kommt er inzwischen mit weniger als 11.000 Euro aus.

Regionale Energieversorger bremsen Ausbau von Agri-PV

Landwirte kennen sich aus mit Fruchtfolgen und Düngereinsatz, mit Bodenfeuchten, Vegetationsperioden und den Auswirkungen des Klimawandels. Was sie nicht kennen: Wie man eine PV-Anlage plant, auf Mängelbeseitigung achtet, Durchleitungsverträge verhandelt, Bauämter vom Sinn der Anlagen überzeugt und sich vom Stromversorger nicht über den Tisch ziehen lässt. Denn Bauämter haben viele Fragen, die Akzeptanz ist oft ein Problem, Banken zögern mit den Krediten, das Stromnetz kann den Strom nicht durchleiten, regionale Energieversorger bremsen.

400.000 Euro kosteten die Module inklusive Installation vor drei Jahren, die Hälfte hat das Land übernommen. “Heute kostet es noch die Hälfte”, sagt Bernhard. Für die Startphase hatte er mit seinem Energieversorger einen sehr auskömmlichen Einspeisetarif ausgehandelt. Inzwischen ist der Tarif gesunken. Maximal 9,5 Cent pro Kilowattstunde schreibt das Solarpaket I fest. Was selbst für Bauer Bernhard mit seiner aufwendigen Aufständerung rentabel wäre und hochrentabel für Freiflächenanlagen ohne landwirtschaftliche Nutzung darunter. Bernhard ist erst einmal zufrieden. Nach etwa 13 Jahren, so seine Kalkulation, sollte sich die Investition amortisiert haben. Außerdem: Weil die Module gut belüftet sind, liegt der Energieertrag insbesondere an heißen Tagen deutlich über gleichen Modellen, die auf Hausdächern montiert sind.

Und doch ist speziell der Energiebereich die Problemzone der Agri-PV-Pioniere. Auch Bernhard hat allerhand Probleme, seinen Sonnenstrom abzusetzen. Am liebsten würde er seinen Strom direkt verkaufen. Die Netzbetreiber wiederum wollen ihre Verteilernetze nicht mit fremdem, günstigem Sonnenstrom fluten, sie wollen lieber eigene Energie verkaufen. “Die Netze sind unser Hauptproblem“, sagt Bernhard, “die großen Energieversorger wollen das nicht.”

Banken scheuen die Vergabe von Krediten

Eine andere Hürde: Die Banken. Eine Agri-PV-Anlage verschlingt Investitionen im sechsstelligen Bereich. Ohne einen Kredit kann kaum ein Landwirt die Investition stemmen. Doch eine vollständige Tilgung später als nach zwölf Jahren ist den meisten Banken zu heikel, sie lehnen ab.

Auch sonst wurde Bernhard einiges abverlangt: Geduld, Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen. Die Gemeinde, der Kreis, der Regionalverband und das Regierungspräsidium mischten mit. Von Ausgleichsmaßnahmen war die Rede, weil die PV-Module und ihre Aufständerungen dem Baugesetzbuch unterliegen und laut Gesetz einer Versiegelung gleichkommen. Landschaftsbild und Wasserhaushaltsgesetz galt es zu berücksichtigen, Bau- und Umweltämter warteten mit Auflagen auf.

Doch die Perspektive ist klar. Auch die Bundesregierung hat das Potenzial von Agri-PV und ihrer Doppelnutzung erkannt. Hubertus Heil und Cem Özdemir waren unabhängig voneinander gerade im Badischen, um sich Anlagen vor Ort anzuschauen. Man sehe hier “den Weg in die Zukunft”, befand Özdemir in Freiburg. Bauer Bernhard wird es freuen. Horand Knaup

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ESG.Table. Lieferkettengesetze: Menschenrechtsverletzungen als Warnsignal für andere Probleme

Kinderarbeit in der Saatgut-Lieferkette ließe sich nie völlig ausschließen, sagt der Bayer-Menschenrechtsbeauftragte und Leiter des Nachhaltigkeitsbereichs, Matthias Berninger, im Interview mit Table.Briefings. Im Bereich der Saatgutproduktion sei das Risiko, Menschenrechte zu verletzen, am größten. Das Problem der Kinderarbeit, so Berninger, ließe sich jedoch nicht durch Gesetze lösen. Die Aufgabe von Unternehmen sei es nicht, sich völlig aus Ländern zurückzuziehen, in welchen Kinderarbeit endemisch vorkomme. Stattdessen solle man bei der Ursache für Kinderarbeit ansetzen. Dafür müsse vor Ort geprüft werden, welche Bildungseinrichtungen es gebe und wie sich die Attraktivität von diesen erhöhen ließe. Der Konzern Bayer stand vor zehn Jahren wegen Kinderarbeit in der indischen Saatgut-Lieferkette in der Kritik. Laut Berninger seien seit damals Maßnahmen ergriffen worden, welche sich positiv auf die gesamte Lieferkette ausgewirkt hätten. “Wenn Zulieferer Menschenrechte achten, liefern sie oft auch die bessere Produktqualität.” Zum Interview

Agrifood.Table Redaktion

AGRIFOOD.TABLE REDAKTION

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    in der Landwirtschaftspolitik will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Paradigmenwechsel: Im vergangenen Mandat legte die von ihr geführte Kommission Vorschläge vor, die Klima- und Artenschutz in den Mittelpunkt stellten. Für die nächsten fünf Jahre soll die Anpassung an den Klimawandel in den Fokus rücken.

    Im Interview mit Table.Briefings erklärt Agrarpolitiker Norbert Lins (CDU), was die Kommission vorschlagen könnte: etwa Bauern Finanzhilfen für Ernteausfallversicherung zahlen, wie das bereits in Italien und Baden-Württemberg praktiziert wird. Lins, der die letzten fünf Jahre den Agrarausschuss geleitet hat, fordert zudem schnellere Genehmigungsverfahren für Pflanzenschutzmittel.

    Und: Erstmals erklärt ein Christdemokrat, welche bislang “streng geschützten Arten im Begriff sind, eine Plage zu werden”. Nicht nur beim Wolf, sondern auch bei Bären, Saatkrähen, Kormoranen, Bibern und Gänsen will er den hohen Schutzstandard senken. Die Kommission soll vorschlagen, einschlägiges EU-Recht dafür zu ändern: die Vogelschutz– sowie die FFH-Richtlinie. Ob die Kommission der Forderung nachkommt, ist ungewiss. Sicher ist jedoch, dass er für den Vorschlag Kritik von Naturschützern ernten wird.

    Interview

    Norbert Lins (CDU): “Streng geschützte Arten sind dabei, zur Plage zu werden”

    Norbert Lins (CDU) ist Agrarpolitiker im Europaparlament.

    Herr Lins, Ursula von der Leyen hat deutlich gemacht, dass im nächsten Mandat in der Agrarpolitik Anpassung an den Klimawandel Priorität haben sollte vor Maßnahmen zum Klima- und Artenschutz …

    Die Kommissionspräsidentin hat mit diesem Schwerpunkt einen wichtigen Beitrag geleistet zur Entpolarisierung der Debatte um die Landwirtschaft. Dass Klimawandel stattfindet und die Landwirtschaft darauf reagieren muss, das ist breiter Konsens im neuen Europaparlament. Ich möchte noch hervorheben, dass von der Leyen das Augenmerk auf mehr Resilienz in der Landwirtschaft legt. Das ist umfassend zu verstehen.

    Und was heißt das für die zu erwartenden Vorschläge?

    Ich rechne mit Vorschlägen, die das Risikomanagement stärken und das Problem der Wasserknappheit angehen. Sicherlich wird das Element der Risikoversicherung auch im Rahmen der nächsten GAP gestärkt. Das alles ist nicht komplett neu. Schon heute gibt es Versicherungsbeihilfen, wenn ein Bauer eine Police gegen die Folgen von Frost und Hagel abschließt. In Italien etwa wird das bereits sehr umfangreich genutzt, in Deutschland eher regional.

    Was noch?

    Ich sehe Bedarf bei den neuen Züchtungstechniken. Sie können noch einen Beitrag zur Klimaanpassung der Landwirtschaft leisten. Dann geht es um die Frage: Wie kann ich das Getreide und die Sonderkulturen besser schützen? Man kann Erdbeeren auf dem Feld mehr einpacken, etwa in Folie, um die Früchte besser gegen Starkregen abzuschirmen. Auch Agriphotovoltaik (Agri-PV) sollte ausgebaut werden, also ein Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung von Flächen für die Photovoltaik-Stromproduktion und die landwirtschaftliche Produktion. Ein Beispiel wären hier Photovoltaik-Flächen über Obstbäumen, wozu es schon vielversprechende Modellprojekte gibt, unter anderem am Bodensee.

    Neuer Anlauf bei Pflanzenschutz

    Was steht beim Pflanzenschutz an?

    Ich erwarte, dass der Instrumentenkasten beim Pflanzenschutz in Ordnung gebracht wird. Dürre oder Starkregen erhöhen den Schädlingsdruck. Hier sollte möglichst viel mit biologischen Schädlingsbekämpfungsmitteln gearbeitet werden. Der chemisch-synthetische Pflanzenschutz spielt aber auch eine unverzichtbare Rolle. Ich erwarte, dass die Kommission dem Umstand Rechnung trägt.

    Was erwarten Sie konkret?

    Mir geht es nicht darum, pauschal mehr Substanzen zuzulassen. So ist in den letzten vier Jahren kein einziges neues Pflanzenschutzmittel zugelassen worden. Einige Mittel sind wieder zugelassen worden. Das System der Zulassung ist sehr langwierig und sollte überarbeitet werden. Es sollte zudem zu einer Harmonisierung zwischen den Regelungszonen kommen. Sinnvoll wäre daher eine Revision des Rechtstextes, um die Probleme der zonalen Einteilung zu beheben oder abzuschaffen. Doch auch innerhalb der Zonen gibt es gravierende Mängel.

    Welche denn?

    Das System der gegenseitigen Anerkennung funktioniert nicht. Das heißt: Wenn ein Mitgliedstaat etwas zulässt, heißt dies nicht, dass es auch in anderen Mitgliedstaaten der gleichen Zone zu haben ist.   

    Was meint von der Leyen, wenn sie umfassend mehr Resilienz für den Agrarsektor einfordert?

    Sie bezieht Resilienz auch auf die Wettbewerbssituation, in der sich unsere Landwirte auf dem Weltmarkt befinden. Wir müssen stärker darauf schauen, was die EU-Agrarpolitik für Folgen auf den internationalen Wettbewerb hat: Wie stehen unsere Bauern im Vergleich zu Bauern aus der Ukraine, aus den USA, Brasilien und Kanada da?  Hier gibt es klar die Notwendigkeit gegenzusteuern. Die EU-Regulierung bürdet der EU-Landwirtschaft viele Maßnahmen auf, die die Konkurrenz anderswo nicht erfüllen muss.

    Israel ist Vorbild bei Resilienz gegen Dürre

    In Südeuropa fehlt der Landwirtschaft zunehmend Wasser. Ist denkbar, dass künftig dort Ackerbau wegen des Klimawandels gar nicht mehr möglich ist?

    In den betroffenen Regionen ist Landwirtschaft sicher einer großen Herausforderung ausgesetzt. In Israel kann man aber sehen, dass Wasserknappheit nicht das Aus für die Landwirtschaft bedeutet: Dort wird in großem Stil Wasser aus Meerwasserentsalzungsanlagen in der Landwirtschaft verwendet. Zunächst wird es als Frischwasser in den Haushalten benutzt, um dann wiederaufbereitet teils in der Landwirtschaft verwendet zu werden. Es gibt also Länder in unserer Nachbarschaft, die sich bereits auf die Probleme eingestellt haben, mit denen unsere südlichen Mitgliedstaaten verstärkt zu kämpfen haben. Auch hier kann die EU sicher einen Beitrag leisten, die Landwirtschaft resilienter gegen Wassermangel zu machen.

    Ist die FFH-Richtlinie auch im Blick, wenn es um die Anpassung an den Klimawandel geht?

    Die Reform des Artenschutzrechts ist überfällig und gehört selbstverständlich dazu, wenn man sich an die gewandelten Bedingungen anpassen will. Es gilt zu akzeptieren, dass sich die Welt verändert hat, seitdem wir 1979 die Vogelschutz- und 1992 die FFH-Richtlinie geschaffen haben. Die Realität hat sich verändert, dem muss Rechnung getragen werden: Viele Populationen haben sich erholt. Der extrem strenge Artenschutz, der aktuell fatalerweise durch EuGH-Urteile noch einmal zementiert wurde, ist bei einigen Arten zu hinterfragen. Wir brauchen eine moderne Reform des Artenschutzrechts in der EU.

    Werden Sie für die Forderung Unterstützung in der Kommission und Rat haben?

    Bei der Kommission können wir das erst einschätzen, wenn im Herbst ihre personelle Zusammensetzung feststeht. Im Rat hätten wir es bei den Landwirtschaftsministern sicher leichter als bei den Umweltministern. Mir ist wichtig: In den letzten zwei Jahren stand bei allen Debatten zum Artenschutz immer der Wolf im Mittelpunkt. Er ist sicher die problematischste Spezies. An zweiter Stelle kommt der Bär, der immer wieder den Menschen zunahe kommt, etwa in Italien oder der Slowakei und in Rumänien. Der Schutzstatus des Bibers steht nicht mehr im Einklang mit seinem Erhaltungszustand. Bei den Vögeln gibt es Änderungsbedarf beim Kormoran, der die Fischbestände plündert, Gänsen und Saatkrähen, die etwa die Maisfelder gerade von Ökobauern leer picken, weil der nicht gebeizte Mais für sie ein Leckerbissen ist. Es sind nicht nur Hochwasser oder Dürren, die klimawandelbedingt häufiger auftreten und die Ernten gefährden, sondern eben auch gewisse Tierarten.

    Sie wollen den Artenschutz zurückdrehen …

    Ich freue mich über jede Spezies, die im Bestand gefährdet war und sich dann erholt hat. Man darf aber die Augen nicht davor verschließen, dass bei einigen Arten die Erholung überhandgenommen hat und sie im Begriff sind, zur Plage zu werden.

    • Agri-PV
    • FFH-Richtlinie
    • Hochwasser
    • Klimaanpassung
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    News

    Energydrinks: BMEL wartet für Altersgrenze auf Studienergebnisse

    Staaten wie Polen, Litauen oder Lettland haben es vorgemacht: Seit einiger Zeit sind Supermärkte in diesen Ländern angehalten, keine Energydrinks mehr an Minderjährige zu verkaufen. Für ein Mindestalter beim Kauf der koffeinhaltigen Getränke haben sich hierzulande auch der Bürgerrat “Ernährung im Wandel” und die Verbraucherschutzminister der Länder ausgesprochen. Letztere haben den Bund aufgefordert, eine Altersgrenze zu prüfen.

    Darauf, dass die Bundesregierung den Verkauf von Energydrinks zeitnah regulieren wird, deutet bislang jedoch wenig hin. Eine wissenschaftlich fundierte Bewertung sei Voraussetzung für eine derartige Regulierung, betonte Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), beim Frühjahrstreffen der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreier Getränke (wafg) vor einigen Wochen. Neue Erkenntnisse soll die sogenannte EDKAR-Studie liefern, die das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Auftrag des BMEL derzeit gemeinsam mit der Berliner Charité durchführt.

    Datenauswertung der EDKAR-Studie soll bis März 2025 abgeschlossen sein

    Die Studie soll Erkenntnisse darüber liefern, wie häufig und in welchen Mengen einige Jugendliche Energydrinks konsumieren und ob sich ein übermäßiger, langanhaltender Konsum von Energydrinks auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Die Datenerhebung sei bereits abgeschlossen, die Auswertung erfolge bis März 2025, teilt ein Sprecher des BMEL auf Anfrage von Table.Briefings mit.  

    Für Rebekka Siegmann von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch ist das Warten auf die Auswertung der EDKAR-Studie “eine gute Ausrede, nicht aktiv werden zu müssen”. Länder wie Litauen oder Polen hätten gesetzliche Altersgrenzen für den Verkauf von Energydrinks festgelegt, ohne vorher nationale Studien in Auftrag gegeben zu haben. Zudem lägen Zahlen zum Konsum durch Kinder und Jugendliche in Europa seit über zehn Jahren vor, sagt Siegmann mit Verweis auf eine Studie der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Auch für Deutschland habe das Robert-Koch-Institut Zahlen geliefert. “Die gesundheitlichen Auswirkungen von Energydrinks sind nach unserer Auffassung gut bekannt, sodass politisch reguliert werden kann”, hält Siegmann fest.

    Münchener Kinderkardiologen haben akute Auswirkungen des Energydrink-Konsums untersucht

    Einer, der die gesundheitlichen Auswirkungen von Energydrinks für Kinder und Jugendliche in der Vergangenheit bereits erforscht hat, ist der Mediziner Felix Oberhoffer von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). In der sogenannten EDUCATE-Studie haben er und andere Kinderkardiologen vor mehr als zwei Jahren erstmals untersucht, wie sich der Energydrink-Konsum auf die Herz-Kreislauf-Funktion bei jungen Menschen akut auswirkt. Dafür hätten sie eine Gruppe von 27 gesunden Kindern und Jugendlichen eingeladen, welche an einem Tag einen Energydrink und an einem anderen Tag ein Placebo-Getränk zu sich nahmen, berichtet Oberhoffer. Vor und nach dem Konsum seien die Probanden untersucht worden.

    Das Ergebnis habe ihn erstaunt, erinnert sich der Kardiologe. Der 24-Stunden-Blutdruck sei nach dem Energydrink-Konsum signifikant erhöht gewesen. Die Kinder und Jugendlichen hätten danach auch deutlich kürzer geschlafen als nach dem Konsum des Placebo-Getränks. “Die Ergebnisse der EDUCATE-Studie legen nahe, dass der akute Energydrink-Konsum mit negativen Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Funktion bei Kindern und Jugendlichen einhergehen kann”, schreiben Oberhoffer und seine Kollegen in einem wissenschaftlichen Paper zur Studie. Die Forschenden empfehlen, Kindern und Jugendlichen vom Energydrink-Konsum abzuraten – insbesondere, wenn Risiken wie Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Zuckerstoffwechselstörungen oder Übergewicht vorlägen. heu

    • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
    • Lebensmittel
    • Lebensmittelindustrie
    • Studie

    EU-Renaturierungsgesetz tritt in Kraft

    Die umkämpfte EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur ist am Wochenende in Kraft getreten. Das Gesetz besagt unter anderem, dass auf 20 Prozent der Landflächen und 20 Prozent der Meeresflächen in der EU bis 2030 Schutzmaßnahmen durchgeführt werden sollen.

    Dazu zählt etwa, dass Moore wiedervernässt, mehr Bäume in Städten gepflanzt oder Flüsse wieder in ihren natürlichen Zustand versetzt werden sollen. «Die Mitgliedstaaten entscheiden selbst, welche spezifischen Maßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführt werden sollen», so die Kommission.

    Deutsche Umweltministerin lobt

    «Ich freue mich sehr», sagte Deutschlands Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zum Inkrafttreten des Gesetzes. Das Vorhaben sei ein großer Fortschritt. «Intakte Natur ist gerade in der Klimakrise besonders wichtig», so die Grünen-Politikerin. Diese könne klimaschädliches CO2 speichern. Gesunde Natur sei auch widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen der Klimakrise.

    Die EU-Staaten haben nun zwei Jahre Zeit, der EU-Kommission einen Plan vorzulegen, was sie unternehmen wollen. Umweltorganisationen wie der WWF und der Naturschutzbund Deutschland begrüßen das neue Gesetz. «In Deutschland liegt es jetzt an der aktuellen und kommenden Bundesregierung, aus dieser Chance eine Erfolgsstory zu machen», sagte Kathrin Samson vom WWF.

    Heftiger Streit um das Vorhaben

    Lange und deutlich war vorher über das Gesetz gestritten worden. Auch Klimaaktivistin Greta Thunberg war während der Verhandlungen eigens nach Straßburg gereist, um sich vor und im EU-Parlament für das Vorhaben starkzumachen. Am Ende gab es eine knappe Mehrheit für eine abgeschwächte Variante des Rechtstextes. Im EU-Rat konnte das Gesetz nur verabschiedet werden, weil die grüne österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler dafür stimmte – gegen den Willen ihres konservativen Koalitionspartners.

    Vor allem Konservative und Landwirte hatten sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Sie befürchteten unter anderem zu große Einschränkungen für die Landwirtschaft. Im Zuge dieses Gegenwindes wurde etwa gestrichen, dass Landwirte auf einem bestimmten Prozentsatz ihrer Ackerfläche umweltschonende Maßnahmen durchführen müssen. dpa

    • EU-Renaturierungsgesetz
    • Klima & Umwelt
    • Nature Restoration Law
    • Naturschutz
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    Weizenhandel: Warum sich Ägypten bei einem großen Kauf verzockt hat

    Ägypten ist mit seinem Versuch gescheitert, am Weltmarkt eine riesige Weizenmenge einzukaufen, mit der ein großer Teil des Bedarfs bis zur nächsten Ernte im kommenden Jahr gedeckt werden sollte. Das nordafrikanische Land gehört – mit einer jährlichen Importmenge von zwölf Millionen Tonnen – neben China und Indonesien zu den drei größten Weizenimporteuren der Welt. Anfang August hatte die Staatliche Getreideagentur GASC in einer internationalen Ausschreibung 3,8 Millionen Tonnen Weizen gesucht, die zwischen Oktober 2024 und April 2025 geliefert werden sollen. Der Markt zeigte sich von der Nachricht überrascht, denn in der Vergangenheit hatten ägyptische Weizenkäufe nur selten einen Umfang von mehr als einer Million Tonnen und bewegten sich meist in einem Umfang zwischen 500.000 und 800.000 Tonnen. Auch beim Lieferzeitraum wich die GASC von ihrem bisherigen Vorgehen ab, denn die Ware musste bisher in der Regel zwei bis drei Monate nach dem Kauf in den Häfen des Landes eintreffen. Für Verwunderung sorgte auch das lange Zahlungsziel, das Ägypten zum Begleichen der Rechnung eine Frist von bis zu 270 Tagen ermöglichen würde.

    Internationale Händler reichten zwar in großem Umfang Angebote ein, die die Menge von 3,8 Millionen Tonnen bei weitem überschritten. Aber die GASC kaufte am Ende nur eine Menge von 280.000 Tonnen, von denen im Oktober 180.000 Tonnen aus der Ukraine und 100.000 Tonnen aus Bulgarien geliefert werden sollen. Die Preise lagen einschließlich der Frachtkosten bei 260 bis 270 US-Dollar pro Tonne und damit um rund 20 US-Dollar pro Tonne höher als die aktuellen Weltmarktpreise. Die Händler berechneten hohe Prämien, um die langen Finanzierungskosten und das Preisrisiko wegen der langen Lieferfrist abzufedern, was die Angebote letztendlich relativ unattraktiv machte. In der vergangenen Woche versuchte die GASC laut Berichten von Reuters, in bilateralen Gesprächen außerhalb der offiziellen Ausschreibung bessere Preise auszuhandeln, was offenbar nicht gelang. Bis zum Wochenende wurden jedenfalls keine neuen Verkäufe gemeldet.

    Subventioniertes Brot soll Inflationsfolgen abmildern

    Die GASC hatte für das Wirtschaftsjahr 2024/25 das Ziel ausgegeben, 8,25 Millionen Tonnen Weizen zu beschaffen. 3,6 Millionen Tonnen wurden aus der lokalen Ernte eingekauft. Mit den bereits erfolgten Importen und den 3,8 Millionen Tonnen in der großen Ausschreibung hätte der Bedarf bis zum Start der neuen Ernte im April 2025 gedeckt werden können.

    Das Land subventioniert Brot, um für die Bevölkerung die Folgen der Inflation abzumildern. Bei der Finanzierung der Importe ist das Land wegen des anhaltenden Devisenmangels auf internationale Hilfe angewiesen, wie zum Beispiel durch die Weltbank oder die Islamische Entwicklungsbank, die ihren Sitz in Saudi-Arabien hat. SB

    • Agrarpolitik
    • Ägypten
    • Handelspolitik
    • Landwirtschaft

    GAP: Wie die Direktzahlungen zum Frust der Bauern beitragen

    Anfang des Jahres zeigten die Bauernproteste in Deutschland und Europa, wie viel Frust sich in der Branche angestaut hat. Ein Faktor dahinter könnte eine veränderte Beziehung der Landwirte zum Staat sein, die mit den jüngsten Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) einhergehe. Zu dem Ergebnis kommen die Agrarpolitologen Pascal Grohmann und Peter Feindt in einem wissenschaftlichen Artikel, der im Journal of Rural Studies erschienen ist. Seitdem die GAP-Direktzahlungen verstärkt an Bedingungen und Gemeinwohlleistungen geknüpft werden, sei das Verhältnis zwischen Staat und Landwirten stärker hierarchisch geprägt, so das Fazit.

    “Die Direktzahlungen, wie sie in den 1990er-Jahren eingeführt wurden, dienen primär der Einkommensstützung – verbunden mit der Vorstellung, dass Landwirte als Gruppe diesen Support brauchen und verdienen”, sagt Erstautor Grohmann zu Table.Briefings. Seitdem seien Elemente wie Junglandwirteprämie, Förderung kleiner Betriebe, GLÖZ-Standards und Eco-Schemes dazugekommen. Dadurch gehe von den Direktzahlungen verstärkt eine andere Botschaft aus: dass nur Landwirte Unterstützung verdienten, die einer bestimmten Gruppe angehören oder bestimmte Verhaltensregeln erfüllen.

    Landwirte in Ausgestaltung der GAP-Maßnahmen einbeziehen

    “Solche Regeln kollidieren mit dem Selbstverständnis vieler Landwirte als unabhängige Unternehmer, die ihre Aufgabe oftmals primär in der Produktion sehen”, so Grohmann. Weil beinahe alle Betriebe in Deutschland Direktzahlungen bezögen und viele wirtschaftlich nicht darauf verzichten könnten, wirke es de facto wie Ordnungsrecht, wenn an den Erhalt Bedingungen geknüpft werden. Und auch das staatliche Kontroll- und Sanktionssystem, mit dem der Staat deren Einhaltung überwache, könne als Signal des Misstrauens gegenüber den Landwirten gedeutet werden und so zu Unmut führen. “All das trägt dazu bei, dass Landwirte sich gegängelt fühlen“, resümiert Grohmann.

    Dass der aus seiner Sicht notwendige Wandel der GAP hin zur Honorierung von Gemeinwohlleistungen zu Spannungen führe, lasse sich angesichts all dessen nicht grundsätzlich vermeiden, räumt der Wissenschaftler ein. Es gelte aber, besser damit umzugehen, ohne, wie bei den GAP-Lockerungen in diesem Jahr, Umweltstandards abzubauen.

    “Bei der Umsetzung der GAP stärker einen Bottom-up-Ansatz zu verfolgen und Landwirte systematisch in die Ausgestaltung von Maßnahmen einzubeziehen, könnte dazu beitragen, dass sie sich weniger bevormundet fühlen”, schlägt Grohmann vor. Auch eine ergebnisorientierte Herangehensweise, bei der Betriebe die Wahl haben, wie sie zum Beispiel Umweltziele erreichen, könne Abhilfe schaffen, meint er. “So stünde die unternehmerische Freiheit weiter im Vordergrund.” jd

    • Bauernproteste
    • GAP
    • Gemeinsame Agrarpolitik

    Time.Table

    22.08.2024 / online
    Pressekonferenz DBV-Erntebericht INFO

    23.08.2024 / Leipzig
    Veranstaltung Ernährungscluster Leipzig
    Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir besucht das Ernährungscluster Leipzig, gemeinsam mit dem Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (Sachsen), Wolfram Günther. Thema: Regionale Wertschöpfung in der Land- und Ernährungswirtschaft, Regional- und Direktvermarktung, Bio-Regio-Modellregionen, solidarische Landwirtschaft und Außer-Haus-Verpflegung. Anmeldung bis zum 22.8. um 15.00 Uhr möglich. ANMELDUNG

    23.08.2024 – 11.00 Uhr / landwirtschaftlicher Obstbaubetrieb von Andreas Beck in Eberdingen
    Pressekonferenz Erntebericht des LBV
    Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg und frisch wieder gewählter Präsident des Deutschen Bauernverbandes, sprechen sowie Betriebsinhaber und Landwirt Andreas Beck werden vor Ort sein. Zusätzlich stehen Fachreferenten des LBV für Ihre Rückfragen bereit.
    Nach der Pressekonferenz gibt es eine kurze Betriebsbesichtigung vor Ort
    INFO

    27. – 29.08.2024 / Brüssel
    Plenarsitzung Strategischer Dialog zur Zukunft der EU-Landwirtschaft
    Zum letzten Mal kommen die Teilnehmenden des Strategischen Dialogs über die Zukunft der Landwirtschaft in der EU zur Plenarsitzung zusammen. Der Abschlussbericht des Stakeholder-Gremiums, auf dessen Basis die wiedergewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein politisches Visionspapier erstellen will, wird zum Ende des Sommers erwartet. INFO

    29.08.2024 – 08:30 – 17:00 Uhr / Hof Schlamann in Lengerich
    Messe Agri Idea Sprout
    Das Format integriert interaktive Open Sessions zu verschiedenen Themenfeldern wie Agrartechnologien, Energiesysteme, Kreislaufwirtschaft und alternative Geschäftsmodelle. Gepaart mit inspirierenden Keynotes und Networking-Möglichkeiten fördert die Agri Idea Sprout spannende Impulse und intensiviert den Austausch zwischen relevanten Stakeholdern. Ziel ist es, gemeinsam holistische Lösungsansätze zu entwickeln, um die Herausforderungen der Agrarwirtschaft anzugehen und neue Wege für nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Entwicklung zu ebnen. INFO

    04.09. – 06.09.2024 / Wir bauen Zukunft, Mecklenburg-Vorpommern
    Festival Farm-Food-Climate Festival
    Das Farm-Food-Climate Festival auf dem Gelände von “Wir bauen Zukunft” in Mecklenburg-Vorpommern bringt 250 Changemaker:innen und Akteur:innen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammen, um die Ernährungs- und Landwirtschaft in eine lebenswerte Zukunft steuern.
    Themenschwerpunkte: Verwaltungsstrukturen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft, zukunftsfähige Anbauformen und Betriebszweige, konstruktive und verbindende Narrative, Wertschaffung in resilienten Landschaften, Gestaltungskraft des Lebensmitteleinzelhandels, öffentlich und private Finanzmittel für die Transformation
    INFO

    05.09.2024 – 11.00 Uhr / online
    Podcast LZ Coffee Break Food Report 2025
    Die Food-Trend-Forscherin Hanni Rützler sieht in ihrem 12. Food Report Nachhaltigkeit als die zentrale Herausforderung für das gesamte Ernährungssystem. Mit innovativen Lösungen und Best Practices bietet sie den Unternehmen der Branche Anregungen für erfolgreiche Zukunftsstrategien. Der LZ Coffee Break mit Autorin Hanni Rützler gewährt Ihnen einen exklusiven Einblick in den Food Report 2025. Moderiert wird der LZ Coffee Break von Sven Lang, Verlagsleiter der LZ MEDIEN. INFO & ANMELDUNG

    05. – 08.09.2024 / Messe Wels, Österreich
    Fachmesse AgroTier 2024
    Die AgroTier ist die wichtigste und größte Fachmesse Österreichs rund um die Innenwirtschaft und Grünlandbewirtschaftung. Diese Fachmesse richtet sich somit fokussiert an alle Tierhalter und Gemischtbetriebe in Österreich und dem angrenzenden Bayern. INFO

    Must-Reads

    Lebensmittelzeitung: Henning Bergmann vom Mittelstandsverbund: “Es braucht einen wirksamen Stopp zusätzlicher Berichtspflichten”

    Die Berichtspflichten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes sollten ausgesetzt werden, bis die Richtlinie über unternehmerische Nachhaltigkeitspflichten (CSDDD) vollständig umgesetzt ist, sagt Henning Bergmann vom Mittelstandsverbund im Interview mit der LZ. Dies würde eine bessere Planbarkeit für Unternehmen gewährleisten. Weiterhin fordert er die EU-Kommission auf, Ankündigungen zum Bürokratieabbau auch wirklich umzusetzen. Der Geschäftsführer des Mittelstandverbunds hält eine landesweite Öffnung vollautomatisierter Supermärkte an Sonn- und Feiertagen für überfällig. Kürzlich hatte der hessische Landtag den Weg für das Modell freigemacht. Ein Konzept, das begrüßenswert sei, so Bergmann. Durch das Fehlen von Personal vor Ort laufen die üblichen Argumente gegen eine Öffnung an diesen Tagen ins Leere.” Um Ungleichbehandlungen zu vermeiden, brauche es jedoch bundesweit einheitliche Regelungen. Zum Interview

    agrarzeitung: Habeck will Biomasse-Förderung reformieren

    Energie aus Biomasse könnte helfen, Schwankungen bei der Stromerzeugung künftig auszugleichen, gibt Robert Habeck an und verspricht ein “umfassendes Biomassepaket”. Der Bundeswirtschaftsminister plant eine Reform des sogenannten Energiewirtschaftsgesetzes. Demnach soll die Biomasse-Förderung effizienter und flexibler gestaltet werden. Im ersten Halbjahr 2024 stammten neun Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland aus Biomasse. 58 Prozent des Stroms wurden insgesamt durch erneuerbare Energien gedeckt. Die Reform sieht vor, Biomasse zum Ausgleich von Schwankungen bei Wind- und Solarenergie zu nutzen und bevorzugt Anlagen zu fördern, die an Wärmenetze angeschlossen sind oder flexibel produzieren. Zudem sollen Betreiber die Möglichkeit erhalten, während laufender Förderperioden in das neue Fördersystem zu wechseln. “Biogas kann im zukünftigen Energiesystem weiter eine wichtige Rolle spielen”, sagte der Grünen-Politiker gegenüber dpa. Zum Artikel

    Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt: Özdemir will nun Gelder zum Waldumbau auszahlen

    Mit der Einigung zum Bundeshaushalt 2025 am vergangenen Freitag sind auch die Mittel für den Waldumbau und Moorschutz freigegeben worden. Bundesagrarminister Cem Özdemir kündigte an, dass Waldbauern nun mit Fördergeldern aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) rechnen könnten. Insgesamt werden bis zu 100 Millionen Euro aus dem KTF für den Waldumbau bereitgestellt, ergänzt durch Landesmittel. Damit liegt der Betrag nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums fast auf dem Niveau, das in den letzten Jahren abgerufen wurde. Der Entwurf des Agrarhaushalts, der eine Kürzung um rund 68 Millionen Euro auf 6,86 Milliarden Euro vorsieht, geht nach der Sommerpause in die Beratungen im Bundestag. Zum Artikel

    Heads

    Hubert Bernhard: Mit PV-Modulen zu Mehrerträgen

    Landwirt Hubert Bernhard in seiner Agri-Photovoltaikanlage.

    Ein bisschen stolz ist Hubert Bernhard dann doch. Minister schauen bei ihm im baden-württembergischen Kressbronn vorbei. Aus Deutschland, aber selbst aus Äthiopien, kommen sie an den Bodensee, um sich seine Agri-PV-Anlage anzusehen. Auch der Botschafter aus Indien war schon da. Bernhard ist ohne Zweifel eine Art Wegbereiter, seiner Zeit voraus.

    Hubert Bernhard ist Landwirt, er bearbeitet Sonderkulturen – in Baden-Württemberg keine Seltenheit. Am Rande von Kressbronn hat er eine Agri-PV-Anlage auf 4.000 Quadratmetern installiert, in 4,20 Metern Höhe knapp 1.000 Module stabil aufgeständert, darunter Apfelbäumchen, Sorte Gala. Bernhards Anlage ist eine von fünf Modellanlagen in Baden-Württemberg, die die Landesregierung mit rund 2,5 Millionen Euro fördert. Das Ziel: Potenziale und Schwierigkeiten der Agri-PV zu identifizieren und die Entwicklung der innovativen Technologie landesweit voranzutreiben.

    Aber Bernhard ist auch Pionier. 2019 fuhr er in die Niederlande, um sich bei einem Kollegen eine PV-Anlage über Himbeerstauden anzuschauen: “Der hat mir gesagt, der Ertrag steigt um 15 bis 20 Prozent.” Beeindruckt kehrte er zurück, schrieb dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier einen Brief, kontaktierte das Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg.

    Altmaier vertröstete ihn, aber die Agrar-Beamten in Stuttgart erkannten die Chance. Das Landesministerium legte ein dreijähriges Modellprojekt auf. Bedingung: Obstbau und Stromerzeugung sollten eine wissenschaftliche Begleitung erfahren. Seither kommen Forschende des Freiburger Fraunhofer-Instituts ISE und des Ravensburger Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee regelmäßig auf Bernhards Hof. Sie zeichnen Sonneneinstrahlung und Energiegewinn, Temperaturen und Feuchtegrade, Blütenbeginn und Ernteerträge auf. Alles wird protokolliert und abgespeichert.

    Weniger Schäden und weniger Pestizideinsatz

    Ende 2024 nun soll eine erste Bilanz gezogen werden. So viel lässt sich bereits sagen: Agri-PV ist auf dem Weg, eine Erfolgsgeschichte zu werden. Nicht ohne Grund hat Apfelbauer Bernhard so viele Besucher. Wenn er Vorträge hält, um über seine Erfahrungen zu berichten, kommen schon mal 350 Interessenten, überwiegend Landwirte.

    Und dann berichtet Bernhard von seinen Erfahrungen. Dass er gleich im ersten Jahr Supererträge hatte, deutlich mehr als eine Referenzfläche ohne PV: gleiche Böden, gleiche Sorte, gleiche Bedingungen, nur ohne PV-Module. Er berichtet, dass er unter den Solarmodulen bis zu 80 Prozent an Pflanzenschutzmitteln spart, da er weniger Feuchteschäden verzeichnet, weil die Module den Regen abhalten und für eine bessere Durchlüftung sorgen. Dass er keine Hageleinschläge mehr hat, die auch in der Bodenseeregion dramatisch zugenommen haben. Dass er seinen Apfelbäumen Sonnenbrand erspart und dass er weniger Frostschäden verbucht, weil es bei klarem Himmel unter seinen Modulen zwischen einem halben und bis zu zwei Grad wärmer ist – was ein entscheidender Unterschied sein kann zwischen Superertrag und Totalausfall.

    Noch ist es zu früh für eine belastbare Bilanz, aber die Zahl der Missernten ist unter den Modulen geringer. Zudem reduzieren sich die Kosten für Pestizide, Plastikfolien- und Netze, Wasser und Personal. “Ich spare 20 bis 30 Prozent der Einsatzkosten”, resümiert Bernhard. Wenn er normalerweise für den Hektar Apfelbäume 15.000 Euro an Investitionskosten einkalkulieren muss, kommt er inzwischen mit weniger als 11.000 Euro aus.

    Regionale Energieversorger bremsen Ausbau von Agri-PV

    Landwirte kennen sich aus mit Fruchtfolgen und Düngereinsatz, mit Bodenfeuchten, Vegetationsperioden und den Auswirkungen des Klimawandels. Was sie nicht kennen: Wie man eine PV-Anlage plant, auf Mängelbeseitigung achtet, Durchleitungsverträge verhandelt, Bauämter vom Sinn der Anlagen überzeugt und sich vom Stromversorger nicht über den Tisch ziehen lässt. Denn Bauämter haben viele Fragen, die Akzeptanz ist oft ein Problem, Banken zögern mit den Krediten, das Stromnetz kann den Strom nicht durchleiten, regionale Energieversorger bremsen.

    400.000 Euro kosteten die Module inklusive Installation vor drei Jahren, die Hälfte hat das Land übernommen. “Heute kostet es noch die Hälfte”, sagt Bernhard. Für die Startphase hatte er mit seinem Energieversorger einen sehr auskömmlichen Einspeisetarif ausgehandelt. Inzwischen ist der Tarif gesunken. Maximal 9,5 Cent pro Kilowattstunde schreibt das Solarpaket I fest. Was selbst für Bauer Bernhard mit seiner aufwendigen Aufständerung rentabel wäre und hochrentabel für Freiflächenanlagen ohne landwirtschaftliche Nutzung darunter. Bernhard ist erst einmal zufrieden. Nach etwa 13 Jahren, so seine Kalkulation, sollte sich die Investition amortisiert haben. Außerdem: Weil die Module gut belüftet sind, liegt der Energieertrag insbesondere an heißen Tagen deutlich über gleichen Modellen, die auf Hausdächern montiert sind.

    Und doch ist speziell der Energiebereich die Problemzone der Agri-PV-Pioniere. Auch Bernhard hat allerhand Probleme, seinen Sonnenstrom abzusetzen. Am liebsten würde er seinen Strom direkt verkaufen. Die Netzbetreiber wiederum wollen ihre Verteilernetze nicht mit fremdem, günstigem Sonnenstrom fluten, sie wollen lieber eigene Energie verkaufen. “Die Netze sind unser Hauptproblem“, sagt Bernhard, “die großen Energieversorger wollen das nicht.”

    Banken scheuen die Vergabe von Krediten

    Eine andere Hürde: Die Banken. Eine Agri-PV-Anlage verschlingt Investitionen im sechsstelligen Bereich. Ohne einen Kredit kann kaum ein Landwirt die Investition stemmen. Doch eine vollständige Tilgung später als nach zwölf Jahren ist den meisten Banken zu heikel, sie lehnen ab.

    Auch sonst wurde Bernhard einiges abverlangt: Geduld, Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen. Die Gemeinde, der Kreis, der Regionalverband und das Regierungspräsidium mischten mit. Von Ausgleichsmaßnahmen war die Rede, weil die PV-Module und ihre Aufständerungen dem Baugesetzbuch unterliegen und laut Gesetz einer Versiegelung gleichkommen. Landschaftsbild und Wasserhaushaltsgesetz galt es zu berücksichtigen, Bau- und Umweltämter warteten mit Auflagen auf.

    Doch die Perspektive ist klar. Auch die Bundesregierung hat das Potenzial von Agri-PV und ihrer Doppelnutzung erkannt. Hubertus Heil und Cem Özdemir waren unabhängig voneinander gerade im Badischen, um sich Anlagen vor Ort anzuschauen. Man sehe hier “den Weg in die Zukunft”, befand Özdemir in Freiburg. Bauer Bernhard wird es freuen. Horand Knaup

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    ESG.Table. Lieferkettengesetze: Menschenrechtsverletzungen als Warnsignal für andere Probleme

    Kinderarbeit in der Saatgut-Lieferkette ließe sich nie völlig ausschließen, sagt der Bayer-Menschenrechtsbeauftragte und Leiter des Nachhaltigkeitsbereichs, Matthias Berninger, im Interview mit Table.Briefings. Im Bereich der Saatgutproduktion sei das Risiko, Menschenrechte zu verletzen, am größten. Das Problem der Kinderarbeit, so Berninger, ließe sich jedoch nicht durch Gesetze lösen. Die Aufgabe von Unternehmen sei es nicht, sich völlig aus Ländern zurückzuziehen, in welchen Kinderarbeit endemisch vorkomme. Stattdessen solle man bei der Ursache für Kinderarbeit ansetzen. Dafür müsse vor Ort geprüft werden, welche Bildungseinrichtungen es gebe und wie sich die Attraktivität von diesen erhöhen ließe. Der Konzern Bayer stand vor zehn Jahren wegen Kinderarbeit in der indischen Saatgut-Lieferkette in der Kritik. Laut Berninger seien seit damals Maßnahmen ergriffen worden, welche sich positiv auf die gesamte Lieferkette ausgewirkt hätten. “Wenn Zulieferer Menschenrechte achten, liefern sie oft auch die bessere Produktqualität.” Zum Interview

    Agrifood.Table Redaktion

    AGRIFOOD.TABLE REDAKTION

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