Table.Briefing: Agrifood

EU-Lieferkettengesetz auf der Kippe + Patentdilemma bei EU-Gentechnikrecht + Biokraftstoffe als Agrardiesel-Alternative

Liebe Leserin, lieber Leser,

Proteste und Streiks gelten in Frankreich als besonders beliebtes Mittel der politischen Debatte, und tatsächlich könnten die Bauernproteste der vergangenen Wochen in Deutschland beim Blick ins Nachbarland fast wie nette Sonntagsspaziergänge wirken. 15.000 Polizeikräfte werden nach Angaben des französischen Innenministeriums mobilisiert, um eine Blockade von Paris zu verhindern, wie sie die Landwirte angedroht haben. Trotz verschiedener Zugeständnisse hat es Präsident Emmanuel Macron bisher nicht geschafft, die Gemüter zu beruhigen.

Bei vielen Forderungen der französischen Landwirte geht es um EU-Themen: Sie fürchten die Konkurrenz durch Importe aus Drittstaaten wie der Ukraine oder den Mercosur-Ländern, monieren übermäßige Umweltauflagen innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und zu viel Bürokratie aus Brüssel. Eine Verlängerung der Freihandelsmaßnahmen mit der Ukraine will die EU-Kommission diese Woche vorschlagen, allerdings mit “Schutzmaßnahmen” für Erzeuger in der EU. Der Druck, diese wirkungsvoll auszugestalten, dürfte durch die Protestwelle in Frankreich noch einmal zunehmen.

In Deutschland haben sich die Proteste derweil vorerst etwas beruhigt, man arbeitet an Kompromissen. Neun große Verbände der Landwirtschaft, Ernährungsindustrie und des Lebensmittelhandels haben angekündigt, in Kürze abgestimmte Maßnahmen vorschlagen zu wollen. An Konfliktstoff mangelt es aber auch abseits der Dieseldebatte nicht.

So konnten sich die Agrarminister von Bund und Ländern am Freitag wieder nicht auf Anpassungen der Ökoregelungen innerhalb der GAP einigen. Während im Bundeshaushalt Geld fehlt, geht es hier darum, dass Gelder aus der EU-Agrarpolitik überhaupt abgeschöpft werden. Unmut gibt es auch in Sachen EU-Lieferkettengesetz. Das ist eigentlich schon ausverhandelt, Widerstand kommt jetzt aber von der FDP, und auch Vertreter der Agrar- und Ernährungsindustrie üben deutliche Kritik am Verhandlungsergebnis. Mehr zum Sachstand lesen Sie in der Analyse von Merle Heusmann und Caspar Dohmen.

Ihre
Julia Dahm
Bild von Julia  Dahm

Analyse

Deutsche Wirtschaftsverbände halten EU-Lieferkettenrichtlinie für untragbar

Es ist unklar, ob die EU-Mitgliedstaaten in ausreichendem Maß die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) im Rat unterstützen werden. Die Mehrheit der Staaten steht zwar hinter der Richtlinie, erfuhr Table.Media aus Verhandlungskreisen. Sollten Deutschland und weitere Mitgliedstaaten sich jedoch tatsächlich enthalten, könnte dies für eine Zustimmung im Rat nicht ausreichen.

Bei der Abstimmung gilt das Prinzip der qualifizierten Mehrheit: Dabei müssen mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten für den Vorschlag stimmen – also 15 von 27 Staaten -, und die zustimmenden Staaten müssen mindestens 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung ausmachen. Wenn alle bekannten Wackelkandidaten der Richtlinie ihre Unterstützung entziehen, könnte diese Mehrheit knapp werden. Genannt werden neben Deutschland auch Italien, Estland, Tschechien und Schweden.

Kühnert bekräftigt Unterstützung der SPD für Richtlinie

Am morgigen Mittwoch solle die Richtlinie eigentlich an die EU-Botschafter gehen, sagte ein EU-Diplomat zu Table.Media. Dies könne sich aber verzögern, falls sich eine Sperrminorität abzeichne. Man arbeite aber an einem Konsens, hieß es. Für eine Sperrminorität müssen mindestens vier Ratsmitglieder gegen das Gesetz stimmen oder sich enthalten.

Derzeit spricht wenig dafür, dass die Bundesregierung der Richtlinie zustimmen kann. Dafür sind die SPD und die Grünen, die FDP ist dagegen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte vergangene Woche: “Wir stehen dazu, dass die EU für Lieferkettenverantwortung zu sorgen hat.” Manche seien “allzu vergesslich”, was Missstände wie jene betreffe, gegen die Lkw-Fahrer an der Raststätte Gräfenhausen protestiert hatten.

Trilogergebnis für FDP “nicht zustimmungsfähig”

Der FDP-Bundestagsabgeordnete und mittelstandspolitische Sprecher Carl-Julius Cronenberg hingegen untermauerte im Gespräch mit Table.Media den Beschluss des Parteipräsidiums: “Das Trilogergebnis ist nicht zustimmungsfähig.” Die ablehnende Haltung der FDP dürfe aber niemanden überraschen, schließlich gebe es eine Protokollerklärung der Bundesregierung, “ohne einer Safe-Harbour-Regelung der CSDDD nicht zuzustimmen”. Die Partei werde sich Nachverhandlungen in Brüssel aber nicht verschließen, sollte für die CSDDD im Rat eine Mehrheit fehlen.

Heike Vesper, WWF-Vorständin für Transformation von Wirtschaft und Politik, fürchtet, dass die FDP mit diesem Verhalten die Glaubwürdigkeit Deutschlands über Bord werfe. “Ihre jetzige Kritik steht im Widerspruch zu den Inhalten, die sie selbst in die EU-Verhandlungen eingebracht hat”, so Vesper. Das EU-Lieferkettengesetz sei ein tragender Baustein für den zukunftsfähigen und nachhaltigen Umbau der europäischen Wirtschaft. Es sei erschreckend, dass die Partei den Presslufthammer daran ansetze.

Deutsche Wirtschaftsverbände halten Richtlinie für nicht tragbar

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) veröffentlichte währenddessen die Ergebnisse einer Umfrage unter rund 400 Unternehmen zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Demnach geben 92 Prozent der Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich des LkSG fallen, an, dass der bürokratische Mehraufwand “sehr hoch” oder “hoch” sei.

Birgit Buth, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) und dessen Rechtsexpertin, fürchtet die Überlastung vieler mittelständischer Unternehmen. Für Buth ist das EU-Lieferkettengesetz in dieser Form deshalb “nicht tragbar”. Ganz ähnlich positioniert sich auch Stefanie Sabet, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Das Trilogergebnis erscheine ihr übereilt. Es sei zu weitreichend formuliert. “Wenn es so bleibt, wie es da jetzt steht, ist dem nicht zuzustimmen”, sagt Sabet. Das Thema dürfe zwar nicht tot sein, man könne und müsse es jedoch besser machen, so Sabet weiter.

Abstimmungsergebnis des Rats für Mitte Februar erwartet

Doch so spät noch inhaltliche Änderungen an der EU-Lieferkettenrichtlinie zu verhandeln, halten die SPD und Grünen geführten Bundesministerien für unrealistisch. Entweder das Gesetz werde jetzt verabschiedet, oder es wandere in die nächste Legislaturperiode, heißt es in Berlin. 

Das Ergebnis der Abstimmung im Rat wird voraussichtlich Mitte Februar feststehen. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) werde höchstwahrscheinlich am 9. Februar zusammenkommen, sagte ein Sprecher zu Table.Media. Mit Leonie Düngefeld

  • EU
  • Lieferketten
  • Lieferkettengesetz
  • Sorgfaltspflichten
Translation missing.

EU-Gentechnikrecht: Ausschusstext würde gegen internationales Recht verstoßen

Die Abgeordneten des EU-Umweltausschusses (ENVI) haben vergangene Woche dafür gestimmt, den europäischen Rechtsrahmen zu neuen Züchtungstechniken zu liberalisieren. Der Text des Ausschusses bleibt in Kernpunkten nah am ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission: Für gentechnisch veränderte Pflanzen, die so auch durch konventionelle Züchtung hätten entstehen können (genannt Kategorie 1), sollen laxere Regeln als bisher gelten. Die Abstimmung ist ein Erfolg für die Europäische Volkspartei (EVP) und große Teile der Liberalen (Renew), die sich für die Lockerung des EU-Gentechnikrechts einsetzen. Zu erwarten ist, dass auch das Parlamentsplenum bei seiner nächsten Sitzung Anfang Februar grünes Licht für den Text gibt. Eine Einigung der EU-Mitgliedstaaten steht aber noch aus.

Enttäuscht zeigten sich die Gentechnikkritiker im Ausschuss, allen voran die Grünen, aber auch Sozialdemokraten und Linke. In einzelnen Punkten konnten sie aber Zugeständnisse erreichen. Die größte Änderung im Vergleich zum Kommissionsvorschlag ist eine neue Klausel, die festschreibt: Gentechnisch veränderte Pflanzen und Pflanzenmaterial sowie deren genetische Informationen und Verfahrensmerkmale “sind nicht patentierbar“. Die EU-Kommission hatte die Frage der Patentierbarkeit von gentechnisch veränderten Pflanzen und Saatgut weitgehend offen gelassen und will lediglich nach Inkrafttreten die Auswirkungen möglicher Patente auf den Saatgutmarkt beobachten.

Patentklausel in Konflikt mit internationalem Recht

Aus Sicht von Experten würde die EU jedoch gegen internationales Recht verstoßen, sollte es die Klausel des Umweltausschusses in den finalen Text schaffen. Denn sie steht im Widerspruch zum Europäischen Patentübereinkommen, einem völkerrechtlichen Vertrag, dem neben der EU noch viele weitere Länder angehören. “Die unionsrechtliche Regelung würde mit internationalem Recht nicht mehr übereinstimmen“, meint Kai Purnhagen, Professor für Lebensmittelrecht an der Universität Bayreuth. “Dieser Konflikt müsste dann aufgelöst werden.” Konkret bedeutet das: Die EU müsste die anderen Vertragsländer davon überzeugen, die Konvention entsprechend abzuändern – ein langwieriges Unterfangen. In der Zwischenzeit hätte die EU-rechtliche Regelung nach Einschätzung des Experten aber voraussichtlich Vorrang, das Patentverbot wäre also erst einmal gültig.

Hintergrund der Patentdebatte ist die Sorge, dass die Deregulierung neuer Züchtungstechniken Patenten auf Saatgut und Pflanzenmaterial Tür und Tor öffnen und damit für Landwirte die Auswahl an Saatgut einschränken und verteuern könnte. Die Zusatzklausel zur Patentierbarkeit schaffte es wohl auch deshalb in den ENVI-Text, weil diese Sorge teils auch unter Befürwortern neuer Züchtungstechniken geteilt wird: im Parlament von vielen Liberalen, in der Zivilgesellschaft beispielsweise von Landwirtschaftsvertretern wie dem Deutschen Bauernverband (DBV), der sich klar gegen Patente auf Pflanzen gestellt hat. Auch kleinere Saatguthersteller äußern Sorgen. Große Konzerne wie Corteva und Bayer argumentieren dagegen, Patente seien nötig, um Entwicklungskosten wieder einzufahren und Innovation in dem Sektor lohnenswert zu machen.

Auch ENVI für weniger Kennzeichnungspflichten

Eine weitere Änderung im Sinne der Gentechnikskeptiker betrifft die Züchtung herbizidtoleranter Pflanzen. Pflanzen, die mithilfe gentechnischer Verfahren unempfindlich gegen Unkrautvernichter gemacht wurden, sollen dem Umweltausschuss zufolge nicht unter Kategorie 1 fallen, also weiterhin strengeren Regeln unterworfen sein. Herbizidtolerante Pflanzen könnten sonst dazu genutzt werden, mehr Pestizide auszubringen, statt deren Einsatz zu reduzieren, argumentieren zum Beispiel die Grünen.

Nah am Kommissionsvorschlag bleibt der ENVI-Ausschuss dagegen bei folgenden Kernpunkten:

  • Kennzeichnungspflichten: Auch der Ausschuss sieht vor, dass gentechnisch veränderte Pflanzen der Kategorie 1 nicht mehr entlang der gesamten Lieferkette als solche gekennzeichnet werden müssen. Nur noch für Saatgut soll die Kennzeichnung Pflicht sein. Verarbeitete Produkte dieser Kategorie müssten nicht mehr als gentechnisch verändert deklariert werden und wären beispielsweise im Supermarkt nicht mehr zu erkennen.
  • Keine Gentechnik im Biolandbau: Ebenfalls beibehalten wird das Verbot der Nutzung neuer Züchtungstechniken im Biolandbau. Zusätzliche Maßnahmen zur Ermöglichung einer garantiert gentechnikfreien Produktion – auch Koexistenzmaßnahmen genannt -, wie sie unter anderem Grüne und Bioverbände gefordert hatten, nahm der Ausschuss nicht auf.

Enger Zeitplan vor der Europawahl

Derweil dürfte das positive Votum in dem Parlamentsausschuss den Druck auf die belgische EU-Ratspräsidentschaft erhöhen, einen Kompromiss unter den Mitgliedstaaten zu erreichen. Nachdem der Versuch einer Einigung unter den EU-Agrarministern im Dezember gescheitert war, versuchen die Belgier aktuell auf Arbeitsebene, zusätzliche Mitgliedstaaten zu überzeugen. Fortschritte gab es hier dem Vernehmen nach jedoch zuletzt nicht. Zusätzlich müssen sich Parlament und Mitgliedstaaten auch noch untereinander einigen.

Trotzdem hofft die Ratspräsidentschaft noch auf einen Abschluss des Dossiers vor der Wahl. Hierzu müssen eigentlich die Verhandlungen zwischen Rat und Parlament bis 9. Februar abgeschlossen sein. Eine Fristverlängerung bis März ist aber möglich – und wäre in der Praxis wohl die einzige Chance auf eine Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode.

  • EU-Gentechnik
  • EU-Gentechnikrecht
  • EVP
  • Grüne Gentechnik
  • NGT

News

Öko-Regelungen spalten Agrarministerkonferenz

Die Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) hat am Freitag kein Ergebnis zu der Frage gebracht, wie das Gesetz der Direktzahlungen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) 2025 angepasst werden kann. Statt sich geeint zu dem Vorschlag zu positionieren, den das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Ende Oktober vorgelegt hatte, beschlossen die Agrarminister der Länder, die Antragsstellungen für die Öko-Regelungen in diesem Jahr abzuwarten. “Wir schauen uns die Resonanz auf die Öko-Regelungen in diesem Jahr an, bevor voreilig Entscheidungen zur Kompensation getroffen werden”, ließ Thüringens Landwirtschaftsministerin und AMK-Vorsitzende Susanna Karawanskij wissen.

Um die Öko-Regelungen für die Landwirte attraktiver zu machen, hatte das BMEL vorgeschlagen, zwei neue Öko-Regelungen in den nationalen Strategieplan aufzunehmen. Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen sich dies offenhalten. Bei den von CDU/CSU, SPD, Linke und FDP geführten Ländern trifft der Ansatz jedoch auf keine Gegenliebe. Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk (CDU) etwa lehnt weitere Öko-Regelungen “klipp und klar” ab. Die Beiträge der bestehenden Öko-Regelungen müssten vielmehr so angepasst werden, dass sie auch von den Landwirten akzeptiert würden, forderte Hauk.

Özdemir: “Brüssel erwartet, dass wir liefern.”

Deutschland ist aufgefordert das GAP-Direktzahlungsgesetz anzupassen, um das EU-Fördergeld in den kommenden Jahren voll ausschöpfen zu können. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) appellierte deshalb an die Landesagrarminister der anderen Parteien: “Brüssel erwartet, dass wir liefern: Wir haben Kompensationsverpflichtungen, denen wir dauerhaft und gesichert nachkommen müssen – andernfalls droht, dass EU-Mittel liegen bleiben.” Im Interesse der Landwirte müsse die nationale Obergrenze bei den Direktzahlungen vollständig ausgeschöpft werden, so Özdemir weiter. Eine Kompensationsmöglichkeit in der ersten Säule durch eine neue Öko-Regelung würden sie deshalb weiter ins Auge fassen, dabei jedoch die Antragsstellungen im Jahr 2024 berücksichtigen.

Was das konkret heißt, wird sich spätestens am 27. März zeigen, dann wird das Bundeskabinett über die Anpassung des GAP-Direktzahlungsgesetzes entscheiden. Für Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) steht bereits fest: “Der Bund ist jetzt gefordert, das Gesetz vorzulegen. Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Hinweise sich darin wiederfinden werden.” heu

  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
  • Europapolitik
  • GAP-Reform
  • Gemeinsame Agrarpolitik

Abmahnung gegen Edeka wegen Palmöl aus Guatemala

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und die Verbraucherorganisation Foodwatch werfen der Handelskette Edeka Kundentäuschung vor. Stein des Anstoßes: Edeka verwendet das Siegel des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) auf Pflanzenfett und Margarine der Eigenmarke Gut & Günstig. Die Produkte werden von einer in Niedersachsen ansässigen Firma für Edeka hergestellt.

Laut ECCHR und Foodwatch stammt das darin verwendete Palmöl von Plantagen der Firma NaturAceites in Guatemala. Dort komme es systematisch zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen. Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte seien an der Tagesordnung, darunter exzessive Arbeitsaufträge und unzureichende Löhne. Auch die Bildung von Gewerkschaften sei nicht möglich.

Zudem würden Kritiker des Palmölanbaus bedroht und Proteste der dort ansässigen indigenen Bevölkerung für ihre Landrechte gewaltsam unterdrückt. Der Einsatz von Pestiziden auf den Plantagen führe zu einer Belastung des Trinkwassers umliegender Gemeinden.

Proteste der indigenen Bevölkerung werden unterdrückt

“Mangelnder Respekt für indigene Landrechte, Verletzung von Arbeitsrechten und Umweltverschmutzung sind Standardzutaten der Palmölproduktion und müssen von deutschen Supermärkten wie Edeka priorisiert und bekämpft werden”, fordert Christian Schliemann-Radbruch vom ECCHR.

Seine Organisation und Foodwatch haben das für Edeka tätige Unternehmen deshalb abgemahnt, die irreführende Werbung zu unterlassen und das RSPO-Siegel von den Produkten zu entfernen. Außerdem wurde eine Beschwerde nach dem Lieferkettengesetz (LkSG) eingereicht.

Auf Anfrage von Table.Media distanzierte sich Edeka grundsätzlich von jeglichen Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen. Man sei sehr daran interessiert, dass “etwaige Missstände zur Kenntnis gebracht werden, um diesen umfassend nachzugehen”, hieß es. Man werde daher auch die von ECCHR und Foodwatch vorgebrachten Punkte sehr genau prüfen. ch

  • Arbeitnehmerrechte
  • Globaler Süden
  • Menschenrechte

Von der Leyen startet Strategiedialog Landwirtschaft

Wenige Monate vor Ende der Legislaturperiode will Kommissionspräsidentin von der Leyen in Sachen Landwirtschaft erst einmal reden. Im Rahmen des “Strategiedialogs zur Zukunft der Landwirtschaft”, der am Donnerstag erstmals tagte, sollen Vertreter aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft, Umwelt- und Tierschutzverbänden sowie Verbraucherschützer eine gemeinsame Zukunftsvision erarbeiten. Von der Leyen hatte den Dialog im September in ihrer Rede zur Lage der Union (SOTEU) angekündigt. Das Gremium solle die “wachsende Spaltung und Polarisierung” in dem Bereich überwinden, betonte die Kommissionspräsidentin bei der Eröffnungssitzung. Einen Abschlussbericht soll es im Spätsommer geben – nach der Europawahl und dem Beginn des Mandats der nächsten Kommission.

Vielen in Deutschland dürfte das Konzept bekannt vorkommen: 2019 hatte auf Bundesebene von der Leyens Parteikollegin, Kanzlerin Angela Merkel, als Reaktion auf damalige Bauernproteste die Zukunftskommission Landwirtschaft initiiert. Hieran knüpft von der Leyen auch personell an: Peter Strohschneider, der Vorsitzende der deutschen Zukunftskommission, leitet auch den neuen Strategiedialog. Übergangsweise vertreten wird Strohschneider in Deutschland als Vorsitzender der Zukunftskommission Berichten zufolge von den Agrarwissenschaftlern Achim Spiller und Regina Birner.

Auftrag für die nächste Kommission

Inhaltlich könnten die Ergebnisse den Beteiligten zufolge unter anderem in die Vorbereitung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) nach 2027 einfließen. Ein erstes Ideenpapier hierzu wollte die Kommission eigentlich noch vor der Wahl vorlegen. Aus Kommissionskreisen ist zuletzt aber zu hören, dass die Arbeit an der Zukunft der GAP erst unter der neuen Kommission nach der Wahl ins Rollen kommen soll. Die Kommissionspräsidentin versicherte den Teilnehmern bei der Auftaktveranstaltung, dass die Vision und Empfehlungen des Gremiums “die Arbeit der kommenden Jahre beeinflussen werden.” Von der Leyens Amtszeit endet im November. Dass die EVP-Politikerin wieder antritt, gilt als wahrscheinlich. Kritiker wittern in dem Strategiedialog vor diesem Hintergrund ein Wahlkampfmanöver, um die Landbevölkerung zu umwerben.

Kritik kommt vor allem von Umwelt- und Tierschützern, auch in Bezug auf den Zeitpunkt der Initiative. Denn an Ideen mangelt es kurz vor dem Ende der Wahlperiode nicht, eher an der Umsetzung: Viele eigentlich im Rahmen der Farm-to-Fork-Strategie geplanten Dossiers sind noch offen oder wurden gar nicht vorgelegt. Aus Kommissionskreisen ist dagegen die Argumentation zu hören, die Zeiten hätten sich seit dem Entwurf der Strategie geändert: Krisen wie der Ukrainekrieg oder die Corona-Pandemie hätten die Landwirtschaft zusätzlich zur notwendigen Transformation des Sektors herausgefordert. Hier brauche es nun einen neuen Ansatz, den der Strategiedialog liefern soll. jd

  • Europäische Kommission
  • Landwirtschaft
  • SOTEU
  • Strategiedialog Landwirtschaft

Agrardiesel-Alternative: Landtechnikhersteller investieren in Biokraftstoffe

Wegen der geplanten Kürzungen der Agrardieselbeihilfe gewinnt das Thema Biokraftstoffe in der Landwirtschaft an Bedeutung. Führende Landtechnikhersteller wie Fendt, Claas und John Deere investieren seit Jahren in Kraftstoffalternativen oder testen diese. Allerdings wird der Marktzugang durch zu hohe Zulassungsvoraussetzungen und fehlende Investitionsbeihilfen erschwert.

Landtechnikhersteller und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sind sich einig, dass Biokraftstoffe in der Landwirtschaft vorerst gebraucht werden und ein Umstieg auf E-Traktoren derzeit nur für kleinere Traktoren (bis 100 PS) denkbar ist. Kritik kommt derweil von Umweltschützern, die eine Flächenkonkurrenz mit bestehenden Anbauflächen sehen. Ein vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) in Auftrag gegebener Bericht nennt folgende Kraftstoffalternativen zum herkömmlichen Agrardiesel:

  • Reines Pflanzenöl, das vorwiegend aus Rapssaat gewonnen wird. Bei der Verarbeitung wird neben dem Rapsöl ein Rapspresskuchen hergestellt, der sich als Eiweißfuttermittel in der Tierhaltung eignet;
  • Biodiesel, bei dem das Pflanzenöl unter Zugabe von Methanol chemisch aufbereitet wird;
  • Hydriertes Pflanzenöl oder HVO, für das Abfallfette sowie Öle und Fette aus Reststoffen, wie beispielsweise gebrauchtes Speiseöl, chemisch aufbereitet werden;
  • Biomethan, das aus vergorenen Pflanzenresten sowie Gülle auf vielen Höfen gewonnen wird.

Pflanzenöl und Biodiesel sind besonders nachhaltig

Pflanzenölkraftstoff und Biodiesel können mit wenig Ressourcen besonders kostengünstig und regional produziert werden. “Reines Pflanzenöl ist der Kraftstoff, über den die Landwirtschaft selbst verfügen kann”, sagt Peter Pickel, Experte für Zukunftstechnologien und Antriebsalternativen bei John Deere zu Table.Media. Aktuell testet John Deere zehn Traktoren, die ausschließlich mit Pflanzenöl betankt werden und in etwa sechs bis 12 Monaten lieferbar wären. Das BMEL unterstützt diese Alternative über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, ein Projektträger des BMEL. Der Hersteller entwickelt außerdem sogenannte “Multifuel-Motoren”, die sowohl mit Pflanzenöl, Biodiesel, als auch konventionellen Diesel angetrieben werden und in zwei Jahren zum Einsatz kommen könnten. Damit könnten Landwirte je nach Marktsituation und Verfügbarkeit zwischen den Kraftstoffen wählen. HVO wird von diversen Landtechnikherstellern seit Kurzem bereits als Kraftstoff eingesetzt.

Zu teurer und komplizierter Zulassungsprozess

Der Einsatz alternativer Kraftstoffe sei also bereits jetzt technisch möglich – das Problem bestehe bei der Zulassung, betont Peter Pickel. Für neue Landmaschinen müssen laut EU-Recht eigene Typgenehmigungen für alternative Kraftstoffe eingeholt werden, was den Zulassungsprozess für reines Pflanzenöl und Biodiesel als Reinkraftstoff deutlich erschwert. Für HVO, das chemisch dem herkömmlichen Agrardiesel ähnelt, kann die Genehmigung gleichzeitig mit dem fossilen Diesel eingeholt werden.

Während sich Biodiesel und HVO grundsätzlich auch in herkömmliche Dieselmotoren füllen lassen, erfordert Pflanzenöl eine Umrüstung der Traktoren, was wiederum mit einem Investitionsaufwand verbunden ist. Über das Bundesprogramm Energieeffizienz hat die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in der Vergangenheit Klein- und Mittelunternehmen bei der Neuanschaffung und Umrüstung ihrer Landmaschinen auf nachhaltige Biokraftstoffe gefördert. Allerdings wurde die Förderung mit der Haushaltssperre vorerst auf Eis gelegt. Am kommenden Donnerstag wird sich entscheiden, wie und in welcher Höhe die Förderung im neuen Haushaltsplan berücksichtigt wird. Eine mögliche Steuerbegünstigung oder gar eine Steuerbefreiung für Biodiesel und andere Biokraftstoffe wird laut einem Sprecher des BMEL ebenfalls mit dem Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV), dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und dem Bundesfinanzministerium (BMF) diskutiert. ag

  • Bauernproteste
  • CO2-Emissionen
  • Haushalt 2024
  • John Deere
  • Kraftstoffe
  • Landwirtschaftsministerium

Behörden erteilen Lizenzen für gentechnisch veränderten Mais und Soja

China hat eine erste Serie von Lizenzen für die Produktion und den Verkauf von gentechnisch veränderten Mais- und Sojabohnensorten erteilt. Damit habe das Landwirtschaftsministerium den Weg für die Kommerzialisierung dieser Kulturen geebnet, berichtete das Wirtschaftsmagazin Caixin. Insgesamt gibt es demnach nun Lizenzen zur Herstellung von Saatgut für 36 Genmais- und 10 Gensoja-Varianten. Sie gingen laut Caixin vor allem an drei Firmen: die staatliche China National Seed Group sowie Agrartochterfirmen von Beijing Dabeinong Technology und Yuan Longping High-Tech Agriculture.

Die Anpflanzung werde unter staatlicher Aufsicht erfolgen und sich auf bestimmte Gebiete beschränken, so der Bericht. Die Lizenzen werden demnach zunächst bis zum 24. Dezember 2028 in 13 Regionen auf Provinzebene gültig sein – darunter Peking und wichtige Getreide produzierende Provinzen wie Hebei, Liaoning, Jilin und die Innere Mongolei.

In China gibt es seit 2021 Pilotprojekte zum Anbau gentechnisch veränderter Mais- und Sojabohnensorten. Peking will mithilfe der Gentechnik die Erträge steigern, mit einem Fokus auf heimische Produktion und Ernährungssicherheit. Das Land hat bisher aber noch keine gentechnisch veränderten Pflanzen zum Markt zugelassen. Auch der Bayer-Konzern in Leverkusen hofft auf eine Zulassung. Mit der Übernahme des US-Agrarriesen Monsanto ist Bayer zu einem der größten Anbieter von grüner Gentechnik aufgestiegen.  ck

  • China
  • Grüne Gentechnik
  • Landwirtschaft

Studie: Ernährungsindustrie fordert Planungssicherheit bei Nachhaltigkeit

Die Nahrungsgüterwirtschaft gerät zunehmend unter Druck, weil Gesetzgeber auf nationaler und europäischer Ebene zu viele und vor allem zu unübersichtliche Anforderungen an sie stellen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Beratungsunternehmens Ebner Stolz, die die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) in Auftrag gegeben hat. An der Studie nahmen 145 Unternehmen aller Größen teil. Die Verfasser befragten die Unternehmen nach ihren Plänen zur Nachhaltigkeitstransformation und ihren Erfahrungen. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen geraten unter Wettbewerbsdruck bei der Umstellung auf Nachhaltigkeit, die in großen Unternehmen weiter fortgeschritten ist.

Eine Nachhaltigkeitsstrategie ist unumgänglich

Die Studie belegt große Unsicherheit, Investitionszurückhaltung und absehbare Engpässe in Rohwaren und Verpackungsmaterialien. Eine Reihe der Studienteilnehmer fordert deshalb Unterstützung durch Politik und Einzelhandel, um mehr Planungssicherheit zu haben und einen Teil der Mehrkosten abzudecken. “Trotz aller Unsicherheiten und Hindernisse müssen die Unternehmen jetzt Investitionen und Maßnahmen zum nachhaltigen Umbau angehen“, fasst Jens Petersen, Partner bei Ebner Stolz und einer der Verfasser der Studie, zusammen. “Dabei braucht es einen Schulterschluss zwischen Politik, Handel und Industrie.” Nur so könne sichergestellt werden, dass der zügige Umbau hin zu einer nachhaltigen Ernährungsindustrie gelingt. Erschwert wird dies offensichtlich durch die steigenden Anforderungen aus der Politik: Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) müssen Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern seit Januar 2024 die nachhaltige Wertschöpfung entlang der gesamten Wertschöpfungskette garantieren. Auch auf EU-Ebene nehmen die gesetzlichen Anforderungen zu.

Einheitliche Standards fehlen

Der Weg zu einer nachhaltigen Transformation gestaltet sich vor allem aufgrund der Vielzahl neuer Gesetze und fehlender einheitlicher Standards nach Ansicht der Befragten als unübersichtlich. Außerdem führt die Einführung von Nachhaltigkeitsstandards zu deutlich mehr Bürokratie und höheren Investitionen, die sowohl der Handel als auch die Verbraucher aktuell nicht bereit sind mitzufinanzieren. Besonders mittelständisch geprägte Unternehmen zögern deshalb noch mit der Einführung einer Nachhaltigkeitsstrategie. Bislang haben über 60 Prozent der Studienteilnehmer eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt, ein Großteil davon sind große, teils international tätige Unternehmen mit über 250 Millionen Euro Umsatz. “Mehr Nachhaltigkeit funktioniert nur unter gleichen Wettbewerbsbedingungen in der EU und diese müssen mittelstandstauglich sein”, betont Stefanie Sabet, BVE-Geschäftsführerin. “Höhere Standards, die nur noch von wenigen Unternehmen erfüllt werden können, sind nicht nachhaltig.” ag

  • Ernährungspolitik
  • Lieferkettengesetz
  • Nachhaltigkeitsstandards

Presseschau

Interview: Bundesfinanzminister Lindner will Landwirte durch Risikoausgleich und Tarifglättung unterstützen top agrar
Wieso die Sofortmaßnahmen der französischen Regierung vielen Landwirten nicht ausreichen NZZ
Interview: Präsident des Bundeskartellamts Mundt über die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels Lebensmittelzeitung
Lobbyvorwürfe gegen Gero Hocker (FDP), Vize-Vorsitzender des Agrarausschusses Der Spiegel
EVP fordert Zollkontingente für ukrainische Agrarimporte top agrar
Nach der Haushaltssperre: Rentenbank setzt Investitions- und Zukunftsprogramm der Landwirtschaft fort top agrar
Glyphosat-Prozesse gegen Bayer: US-Gericht verhängt Rekordstrafe von 2,25 Milliarden Euro Handelsblatt
How the Belgian Presidency of the EU Council wants to step up animal welfare Euractiv
Wie die “Wahre Preise”-Aktion bei Penny das Verbraucherverhalten beeinflusst hat FAZ
Österreich will Vollspaltböden in Schweinehaltung bereits 2030 verbieten AgE
Rewe und Haribo-Gesellschafter investieren in Pilz-Start-up manager magazin



Termine

31.01. – 1.02.2024 – 10.00 – 17.00 Uhr / Messe Ulm
Fachmesse Biogas Infotag 2024
Vom Planer über den Anlagenbauer bis hin zum Betreiber; Vom Forscher über den Entwickler bis hin zum Anwender – An den Infotagen 2024 in der Messe Ulm treffen die Biogas-Experten aus Wissenschaft, Industrie und Praxis aufeinander. INFO & ANMELDUNG

01.02.2024 – 18.40 / Bundestag Berlin
151. Sitzung des Bundestags Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Der Bundestag stimmt am Donnerstag nach 90-minütiger Aussprache in zweiter Beratung über den Etat des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ab. Der Einzelplan 10 des Haushaltsgesetzes 2024 (20/7800, 20/7802) umfasst in der vom Haushaltsausschuss geänderten Fassung (20/8610) Ausgaben von 6,93 Milliarden Euro im Vergleich zu 7,25 Milliarden Euro 2023 und 6,83 Milliarden Euro im Regierungsentwurf.
INFO

02.02.2024 / Berlin
1041. Sitzung des Bundesrates
Top 2: 2/24 Gesetz zur Änderung des Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetzes und des Tierarzneimittelgesetzes
Top 8: 8/24 Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 184 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 2001 über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft
Top 13: 628/23 Entschließung des Bundesrates: Tierschutz stärken – Onlinehandel mit Wirbeltieren stärker reglementieren
Top 14: 638/23 Entschließung des Bundesrates zum Schutz der bäuerlichen Rinderhaltung
Top 32: 586/23 Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2023
Top 39: 660/23 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Monitoringrahmen für widerstandsfähige europäische Wälder
Top 40: 679/23 Verordnung zur Änderung der GAP-Ausnahmen-Verordnung und zur Entfristung der Verordnungen über außergewöhnliche Anpassungsbeihilfen für Erzeuger in bestimmten Agrarsektoren
Top 41: 680/23 Verordnung zur Neuordnung der Vorschriften über die Verbringung von Lebensmitteln und Futtermitteln in die Europäische Union
TAGESORDNUNG

06.02.2024 – 17:30 – 19:00 Uhr / online
Webinar des BZL Private Vorsorge für Frauen in der Landwirtschaft – voller Einsatz, halbe Absicherung?
Die finanzielle Absicherung der Frauen in der Landwirtschaft ist in der Praxis oftmals sehr lückenhaft. Das hat auch die Studie des Thünen-Instituts und der Universität Göttingen “Frauen.Leben.Landwirtschaft” noch einmal verdeutlicht. In diesem BZL-Web-Seminar geht es nicht nur um die Altersversorgung, sondern auch um die Risikoabsicherung bei Scheidung, Tod oder Berufsunfähigkeit. INFO & ANMELDUNG

06. – 09.02.2024 / Münster
Messe AGRAR Unternehmertage
Regionale Fachmesse für landwirtschaftliche Produktion, Handel und Management. Aussteller präsentieren auf der AGRAR Messe Münster ihre Produkte, Dienstleistungen und Neuheiten wie beispielsweise Maschinen, Anlagen und Betriebsmittel für die gesamte landwirtschaftliche Produktion, Tierzucht, Vermarktung und regenerative Energie. Bei den aktuellen Trends geht es nicht nur um Effizienzsteigerung, sondern vor allem auch um Umwelt und Tier schonendere Verfahren. INFO

07.02. – 09.02.2024 / Messe Berlin
Messe Fruit Logistica
Auf der FRUIT LOGISTICA finden Sie das komplette Angebot an Produkten, Dienstleistungen und technischen Lösungen – ob bei der Entwicklung von Saatgütern, Früchten und Gemüse oder bei Verpackung und Automatisierung. Die Messe bildet das gesamte Spektrum der Wertschöpfungskette ab – vom Erzeuger zum Verbraucher. INFO & ANMELDUNG

13.02. – 16.02.2024 / Messe Nürnberg
Messe BIOFACH – Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel
Erleben Sie Bio in seiner reinsten Form auf der weltweit führenden Bio-Messe in Nürnberg. Seit 1990 ist die BIOFACH der unverzichtbare Treffpunkt für Pioniere und Newcomer, die ihre Leidenschaft für Bio-Lebensmittel und den Bio-Markt teilen und sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit Gleichgesinnten austauschen möchten. INFO

21.02.2024 – 16.00 – 18.00 Uhr / Hotel Aquino, Hannoversche Straße 5b, 10115 Berlin-Mitte
Podiumsdiskussion Bodenforum 2024: Agrarstrukturgesetze – Jetzt oder nie!
mit Wolfram Günther, Sächsischer Landwirtschaftsminister (Bündnis 90/Die Grünen)
Susanna Karawanskij, Thüringer Landwirtschaftsministerin (Die Linke)
Prof. Dr. José Martínez, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Landwirtschaftsrecht, Universität Göttingen
Hans-Jürgen Thies (MdB), Bodenmarktpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
ANMELDUNG

26.02.2024 / Brüssel
Tagung Rat für Landwirtschaft und Fischerei der Europäischen Union INFO

Standpunkt

Berninger über Landwirtschaft im Klimawandel: Afrika braucht die Biotechnologie

Von Matthias Berninger
Matthias Berninger, Bayer AG.

Für das Überleben der Menschheit war stets entscheidend, ob die Bevölkerung oder die Produktivität der Landwirtschaft stärker wächst. In den meisten Teilen der Welt nahm in den vergangenen 100 Jahren die Agrarproduktivität stärker zu. Das ist ein Hauptgrund, warum wir heute acht Milliarden Menschen ernähren können. Auf dem afrikanischen Kontinent liegt hingegen das Wachstum der Bevölkerung weit über dem der landwirtschaftlichen Produktivität. Viele Länder versuchen dies durch Nahrungsmittelimporte auszugleichen. Doch das ist kein langfristig tragfähiges Modell.

Die Ursachen für die Situation sind vielfältig. Die mangelnde Produktivität aufgrund überholter Praktiken zählt ebenso dazu wie die begrenzten Möglichkeiten zur Bewässerung oder Finanzierung. Dramatisch verschärft wird die Lage durch die massiven Folgen des Klimawandels in Form von Dürren, Starkregen oder steigendem Schädlingsdruck.

Eine aktuelle Umfrage von Bayer unter Landwirten hat ergeben, dass 87 Prozent der kenianischen Landwirte deutlich mehr Hitze und Trockenheit erfahren als früher. Ganze 97 Prozent bestätigen, dass der Klimawandel schon heute große Auswirkungen auf ihren Feldern zeigt, bis hin zum Ernteausfall. All das spüren die Menschen in Form von rasant steigenden Lebensmittelpreisen. In Äthiopien oder Nigeria sind Lebensmittel seit 2020 um mehr als 100 Prozent teurer geworden, im Sudan sogar um über 1.000 Prozent.

Klimaanpassung mit Wissen, Technologien, Investitionen

Damit die afrikanische Landwirtschaft den Klimawandel bewältigen kann, braucht sie besseren Zugang zu Wissen und Technologien, aber auch Investitionen. Deshalb müssen Entwicklungspolitik und Wirtschaft enger zusammenarbeiten.

Bayer unterstützt die vom U.S. Department of State geleitete Initiative VACS zur Züchtung klimaangepasster Pflanzensorten. Wir sind auch von Anfang an Teil der von den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA ins Leben gerufenen AIM for Climate Initiative, die bereits mehr als 17 Milliarden US-Dollar für eine klimafreundliche Landwirtschaft mobilisieren konnte. Dieser ist nun auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beigetreten, vielleicht ein erster Schritt hin zu einem Strategiewechsel, der auf Innovationen setzt, die Nachhaltigkeit und Intensivierung zugleich ermöglichen.

Neue EU-Regeln zur Gen-Editierung

Was braucht Afrika technologisch konkret? Unstrittig sollte es sein, den Zugang zu modernem konventionellem Saatgut, auch für die auf dem Kontinent heimischen Pflanzen, zu verbessern. Darüber hinaus brauchen wir angesichts des Tempos von Klimawandel und Bevölkerungswachstums die Biotechnologie. Mit ihrer Hilfe lassen sich Pflanzen widerstandsfähiger gegen die erwähnten Auswirkungen des Klimawandels machen.

Die USA haben das ebenso erkannt wie China. Auch die EU-Kommission arbeitet an einem neuen Regelwerk zur Gen-Editierung. Demnach sollen auch in der EU Pflanzen, die mit neuen genomischen Techniken wie CRISPR/Cas gezüchtet werden, konventionell gezüchteten Pflanzen praktisch gleichgestellt werden.

Gen-Saatgut in Kenia, TELA-Mais in Nigeria

In Afrika selbst hat Kenia jüngst entschieden, gentechnisch verändertes Saatgut einzuführen. In einer wegweisenden Entscheidung hat Nigeria Anfang Januar die kommerzielle Freigabe von transgenen, insektenresistenten und trockenheitstoleranten Maissorten, bekannt als TELA-Mais, genehmigt. Diese Freigabe von TELA-Mais schafft wesentliche Voraussetzungen dafür, dass nigerianische Kleinbauernbetriebe rentabel arbeiten können und mehr Menschen in Nigeria eine sichere Nahrungsmittelversorgung haben.

Es findet also ein Umdenken statt, von dem Afrika überdurchschnittlich profitieren kann. Vor allem sind die Vorteile der Biotechnologie in tropischen Gefilden für Afrika von Bedeutung. Bayer hat schon 2020 entschieden, den ärmsten Kleinbauern freien Zugang zu unserem patentierten Saatgut zu ermöglichen, um so den Zugang für afrikanische Bauern zu verbessern.

Agrarökologie ist nicht ausreichend produktiv

Dennoch haben nicht alle diese Chance erkannt. Immer noch gibt es Stimmen, die den afrikanischen Kontinent vor allem mit Methoden aus dem ideologischen Arsenal der Agrarökologie beglücken wollen. Doch es ist ein Fakt, dass wir aufgrund der nicht ausreichenden Produktivität mit solchen Ansätzen oder gar reinem Biolandbau eine wachsende Weltbevölkerung nicht ernähren können. Die Agrarökologie allein wird die Produktivitätslücke in der afrikanischen Landwirtschaft nicht schließen.

Auch der Flächenbedarf für eine rein agrarökologische Landwirtschaft ist viel zu hoch. Die damit verbundene Abholzung können wir uns nicht leisten. Das gilt vor allem für die tropischen Regenwälder, aber auch für viele andere Gebiete. Mehr Flächenverbrauch bedeutet einen weiteren Verlust an Biodiversität, den wir vermeiden müssen. Wir müssen mehr auf weniger Fläche produzieren, nicht weniger auf mehr Fläche. Auch der IPCC spricht sich für eine nachhaltige Intensivierung aus.

Raus aus der Polarisierung

Der Vordenker des Biolandbaus Urs Niggli hat in einem Interview erneut betont, dass wir dringend aus der Polarisierung “ökologische versus konventionelle Landwirtschaft” herausmüssen. Recht hat er. Wenn wir den Klimawandel bekämpfen und gleichzeitig auf möglichst vielen zusätzlichen Flächen Biodiversität schützen wollen, müssen wir auf weniger Land mehr Lebensmittel produzieren. Das geht nur mit Biotechnologie.

Groß bleibt für den Kampf der afrikanischen Landwirtschaft gegen den Klimawandel auch die Bedeutung von effektiven und sicheren Pflanzenschutzprodukten. Ohne sie droht die Vernichtung vieler Ernten durch den zunehmenden Schädlingsbefall. Jüngste Beispiele sind die Ausbreitung des Herbstheerwurms oder die Heuschreckenplage vor einigen Jahren. Hier haben wir uns als Bayer selbst hohe Standards gesetzt (wie in einem früheren Interview mit Table.Media ausführlich erläutert). Wir verkaufen seit 2012 keine Pflanzenschutzmittel mehr, die von der Weltgesundheitsorganisation als besonders toxisch (Gefahrenkategorie Tox 1) eingestuft werden. Außerdem vertreiben wir nur Wirkstoffe, die in mindestens einem OECD-Land zugelassen sind.

Zusammengefasst: Afrika braucht die komplette technologische und wissenschaftsbasierte Bandbreite, um die Lücke zwischen Bevölkerungswachstum und Produktivität der Landwirtschaft zu schließen. Diese Erwartung teilen auch afrikanische Landwirte, mit denen ich spreche. Es ist eine Erwartung an uns alle.

Matthias Berninger ist Global Head of Public Affairs, Science, Sustainability, Health, Safety & Environment der Bayer AG. Ein Contra zu seinem Standpunkt hat Mariam Mayet verfasst, Exekutivdirektorin des African Centre for Biodiversity (ACB) in Johannesburg, Südafrika. Ihr Plädoyer für eine agrarökologische Wende können sie hier lesen.

  • BMZ
  • NGT
  • Ökologische Landwirtschaft
  • Urs Niggli

Agrifood.Table Redaktion

AGRIFOOD.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Proteste und Streiks gelten in Frankreich als besonders beliebtes Mittel der politischen Debatte, und tatsächlich könnten die Bauernproteste der vergangenen Wochen in Deutschland beim Blick ins Nachbarland fast wie nette Sonntagsspaziergänge wirken. 15.000 Polizeikräfte werden nach Angaben des französischen Innenministeriums mobilisiert, um eine Blockade von Paris zu verhindern, wie sie die Landwirte angedroht haben. Trotz verschiedener Zugeständnisse hat es Präsident Emmanuel Macron bisher nicht geschafft, die Gemüter zu beruhigen.

    Bei vielen Forderungen der französischen Landwirte geht es um EU-Themen: Sie fürchten die Konkurrenz durch Importe aus Drittstaaten wie der Ukraine oder den Mercosur-Ländern, monieren übermäßige Umweltauflagen innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und zu viel Bürokratie aus Brüssel. Eine Verlängerung der Freihandelsmaßnahmen mit der Ukraine will die EU-Kommission diese Woche vorschlagen, allerdings mit “Schutzmaßnahmen” für Erzeuger in der EU. Der Druck, diese wirkungsvoll auszugestalten, dürfte durch die Protestwelle in Frankreich noch einmal zunehmen.

    In Deutschland haben sich die Proteste derweil vorerst etwas beruhigt, man arbeitet an Kompromissen. Neun große Verbände der Landwirtschaft, Ernährungsindustrie und des Lebensmittelhandels haben angekündigt, in Kürze abgestimmte Maßnahmen vorschlagen zu wollen. An Konfliktstoff mangelt es aber auch abseits der Dieseldebatte nicht.

    So konnten sich die Agrarminister von Bund und Ländern am Freitag wieder nicht auf Anpassungen der Ökoregelungen innerhalb der GAP einigen. Während im Bundeshaushalt Geld fehlt, geht es hier darum, dass Gelder aus der EU-Agrarpolitik überhaupt abgeschöpft werden. Unmut gibt es auch in Sachen EU-Lieferkettengesetz. Das ist eigentlich schon ausverhandelt, Widerstand kommt jetzt aber von der FDP, und auch Vertreter der Agrar- und Ernährungsindustrie üben deutliche Kritik am Verhandlungsergebnis. Mehr zum Sachstand lesen Sie in der Analyse von Merle Heusmann und Caspar Dohmen.

    Ihre
    Julia Dahm
    Bild von Julia  Dahm

    Analyse

    Deutsche Wirtschaftsverbände halten EU-Lieferkettenrichtlinie für untragbar

    Es ist unklar, ob die EU-Mitgliedstaaten in ausreichendem Maß die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) im Rat unterstützen werden. Die Mehrheit der Staaten steht zwar hinter der Richtlinie, erfuhr Table.Media aus Verhandlungskreisen. Sollten Deutschland und weitere Mitgliedstaaten sich jedoch tatsächlich enthalten, könnte dies für eine Zustimmung im Rat nicht ausreichen.

    Bei der Abstimmung gilt das Prinzip der qualifizierten Mehrheit: Dabei müssen mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten für den Vorschlag stimmen – also 15 von 27 Staaten -, und die zustimmenden Staaten müssen mindestens 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung ausmachen. Wenn alle bekannten Wackelkandidaten der Richtlinie ihre Unterstützung entziehen, könnte diese Mehrheit knapp werden. Genannt werden neben Deutschland auch Italien, Estland, Tschechien und Schweden.

    Kühnert bekräftigt Unterstützung der SPD für Richtlinie

    Am morgigen Mittwoch solle die Richtlinie eigentlich an die EU-Botschafter gehen, sagte ein EU-Diplomat zu Table.Media. Dies könne sich aber verzögern, falls sich eine Sperrminorität abzeichne. Man arbeite aber an einem Konsens, hieß es. Für eine Sperrminorität müssen mindestens vier Ratsmitglieder gegen das Gesetz stimmen oder sich enthalten.

    Derzeit spricht wenig dafür, dass die Bundesregierung der Richtlinie zustimmen kann. Dafür sind die SPD und die Grünen, die FDP ist dagegen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte vergangene Woche: “Wir stehen dazu, dass die EU für Lieferkettenverantwortung zu sorgen hat.” Manche seien “allzu vergesslich”, was Missstände wie jene betreffe, gegen die Lkw-Fahrer an der Raststätte Gräfenhausen protestiert hatten.

    Trilogergebnis für FDP “nicht zustimmungsfähig”

    Der FDP-Bundestagsabgeordnete und mittelstandspolitische Sprecher Carl-Julius Cronenberg hingegen untermauerte im Gespräch mit Table.Media den Beschluss des Parteipräsidiums: “Das Trilogergebnis ist nicht zustimmungsfähig.” Die ablehnende Haltung der FDP dürfe aber niemanden überraschen, schließlich gebe es eine Protokollerklärung der Bundesregierung, “ohne einer Safe-Harbour-Regelung der CSDDD nicht zuzustimmen”. Die Partei werde sich Nachverhandlungen in Brüssel aber nicht verschließen, sollte für die CSDDD im Rat eine Mehrheit fehlen.

    Heike Vesper, WWF-Vorständin für Transformation von Wirtschaft und Politik, fürchtet, dass die FDP mit diesem Verhalten die Glaubwürdigkeit Deutschlands über Bord werfe. “Ihre jetzige Kritik steht im Widerspruch zu den Inhalten, die sie selbst in die EU-Verhandlungen eingebracht hat”, so Vesper. Das EU-Lieferkettengesetz sei ein tragender Baustein für den zukunftsfähigen und nachhaltigen Umbau der europäischen Wirtschaft. Es sei erschreckend, dass die Partei den Presslufthammer daran ansetze.

    Deutsche Wirtschaftsverbände halten Richtlinie für nicht tragbar

    Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) veröffentlichte währenddessen die Ergebnisse einer Umfrage unter rund 400 Unternehmen zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Demnach geben 92 Prozent der Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich des LkSG fallen, an, dass der bürokratische Mehraufwand “sehr hoch” oder “hoch” sei.

    Birgit Buth, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) und dessen Rechtsexpertin, fürchtet die Überlastung vieler mittelständischer Unternehmen. Für Buth ist das EU-Lieferkettengesetz in dieser Form deshalb “nicht tragbar”. Ganz ähnlich positioniert sich auch Stefanie Sabet, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Das Trilogergebnis erscheine ihr übereilt. Es sei zu weitreichend formuliert. “Wenn es so bleibt, wie es da jetzt steht, ist dem nicht zuzustimmen”, sagt Sabet. Das Thema dürfe zwar nicht tot sein, man könne und müsse es jedoch besser machen, so Sabet weiter.

    Abstimmungsergebnis des Rats für Mitte Februar erwartet

    Doch so spät noch inhaltliche Änderungen an der EU-Lieferkettenrichtlinie zu verhandeln, halten die SPD und Grünen geführten Bundesministerien für unrealistisch. Entweder das Gesetz werde jetzt verabschiedet, oder es wandere in die nächste Legislaturperiode, heißt es in Berlin. 

    Das Ergebnis der Abstimmung im Rat wird voraussichtlich Mitte Februar feststehen. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) werde höchstwahrscheinlich am 9. Februar zusammenkommen, sagte ein Sprecher zu Table.Media. Mit Leonie Düngefeld

    • EU
    • Lieferketten
    • Lieferkettengesetz
    • Sorgfaltspflichten
    Translation missing.

    EU-Gentechnikrecht: Ausschusstext würde gegen internationales Recht verstoßen

    Die Abgeordneten des EU-Umweltausschusses (ENVI) haben vergangene Woche dafür gestimmt, den europäischen Rechtsrahmen zu neuen Züchtungstechniken zu liberalisieren. Der Text des Ausschusses bleibt in Kernpunkten nah am ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission: Für gentechnisch veränderte Pflanzen, die so auch durch konventionelle Züchtung hätten entstehen können (genannt Kategorie 1), sollen laxere Regeln als bisher gelten. Die Abstimmung ist ein Erfolg für die Europäische Volkspartei (EVP) und große Teile der Liberalen (Renew), die sich für die Lockerung des EU-Gentechnikrechts einsetzen. Zu erwarten ist, dass auch das Parlamentsplenum bei seiner nächsten Sitzung Anfang Februar grünes Licht für den Text gibt. Eine Einigung der EU-Mitgliedstaaten steht aber noch aus.

    Enttäuscht zeigten sich die Gentechnikkritiker im Ausschuss, allen voran die Grünen, aber auch Sozialdemokraten und Linke. In einzelnen Punkten konnten sie aber Zugeständnisse erreichen. Die größte Änderung im Vergleich zum Kommissionsvorschlag ist eine neue Klausel, die festschreibt: Gentechnisch veränderte Pflanzen und Pflanzenmaterial sowie deren genetische Informationen und Verfahrensmerkmale “sind nicht patentierbar“. Die EU-Kommission hatte die Frage der Patentierbarkeit von gentechnisch veränderten Pflanzen und Saatgut weitgehend offen gelassen und will lediglich nach Inkrafttreten die Auswirkungen möglicher Patente auf den Saatgutmarkt beobachten.

    Patentklausel in Konflikt mit internationalem Recht

    Aus Sicht von Experten würde die EU jedoch gegen internationales Recht verstoßen, sollte es die Klausel des Umweltausschusses in den finalen Text schaffen. Denn sie steht im Widerspruch zum Europäischen Patentübereinkommen, einem völkerrechtlichen Vertrag, dem neben der EU noch viele weitere Länder angehören. “Die unionsrechtliche Regelung würde mit internationalem Recht nicht mehr übereinstimmen“, meint Kai Purnhagen, Professor für Lebensmittelrecht an der Universität Bayreuth. “Dieser Konflikt müsste dann aufgelöst werden.” Konkret bedeutet das: Die EU müsste die anderen Vertragsländer davon überzeugen, die Konvention entsprechend abzuändern – ein langwieriges Unterfangen. In der Zwischenzeit hätte die EU-rechtliche Regelung nach Einschätzung des Experten aber voraussichtlich Vorrang, das Patentverbot wäre also erst einmal gültig.

    Hintergrund der Patentdebatte ist die Sorge, dass die Deregulierung neuer Züchtungstechniken Patenten auf Saatgut und Pflanzenmaterial Tür und Tor öffnen und damit für Landwirte die Auswahl an Saatgut einschränken und verteuern könnte. Die Zusatzklausel zur Patentierbarkeit schaffte es wohl auch deshalb in den ENVI-Text, weil diese Sorge teils auch unter Befürwortern neuer Züchtungstechniken geteilt wird: im Parlament von vielen Liberalen, in der Zivilgesellschaft beispielsweise von Landwirtschaftsvertretern wie dem Deutschen Bauernverband (DBV), der sich klar gegen Patente auf Pflanzen gestellt hat. Auch kleinere Saatguthersteller äußern Sorgen. Große Konzerne wie Corteva und Bayer argumentieren dagegen, Patente seien nötig, um Entwicklungskosten wieder einzufahren und Innovation in dem Sektor lohnenswert zu machen.

    Auch ENVI für weniger Kennzeichnungspflichten

    Eine weitere Änderung im Sinne der Gentechnikskeptiker betrifft die Züchtung herbizidtoleranter Pflanzen. Pflanzen, die mithilfe gentechnischer Verfahren unempfindlich gegen Unkrautvernichter gemacht wurden, sollen dem Umweltausschuss zufolge nicht unter Kategorie 1 fallen, also weiterhin strengeren Regeln unterworfen sein. Herbizidtolerante Pflanzen könnten sonst dazu genutzt werden, mehr Pestizide auszubringen, statt deren Einsatz zu reduzieren, argumentieren zum Beispiel die Grünen.

    Nah am Kommissionsvorschlag bleibt der ENVI-Ausschuss dagegen bei folgenden Kernpunkten:

    • Kennzeichnungspflichten: Auch der Ausschuss sieht vor, dass gentechnisch veränderte Pflanzen der Kategorie 1 nicht mehr entlang der gesamten Lieferkette als solche gekennzeichnet werden müssen. Nur noch für Saatgut soll die Kennzeichnung Pflicht sein. Verarbeitete Produkte dieser Kategorie müssten nicht mehr als gentechnisch verändert deklariert werden und wären beispielsweise im Supermarkt nicht mehr zu erkennen.
    • Keine Gentechnik im Biolandbau: Ebenfalls beibehalten wird das Verbot der Nutzung neuer Züchtungstechniken im Biolandbau. Zusätzliche Maßnahmen zur Ermöglichung einer garantiert gentechnikfreien Produktion – auch Koexistenzmaßnahmen genannt -, wie sie unter anderem Grüne und Bioverbände gefordert hatten, nahm der Ausschuss nicht auf.

    Enger Zeitplan vor der Europawahl

    Derweil dürfte das positive Votum in dem Parlamentsausschuss den Druck auf die belgische EU-Ratspräsidentschaft erhöhen, einen Kompromiss unter den Mitgliedstaaten zu erreichen. Nachdem der Versuch einer Einigung unter den EU-Agrarministern im Dezember gescheitert war, versuchen die Belgier aktuell auf Arbeitsebene, zusätzliche Mitgliedstaaten zu überzeugen. Fortschritte gab es hier dem Vernehmen nach jedoch zuletzt nicht. Zusätzlich müssen sich Parlament und Mitgliedstaaten auch noch untereinander einigen.

    Trotzdem hofft die Ratspräsidentschaft noch auf einen Abschluss des Dossiers vor der Wahl. Hierzu müssen eigentlich die Verhandlungen zwischen Rat und Parlament bis 9. Februar abgeschlossen sein. Eine Fristverlängerung bis März ist aber möglich – und wäre in der Praxis wohl die einzige Chance auf eine Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode.

    • EU-Gentechnik
    • EU-Gentechnikrecht
    • EVP
    • Grüne Gentechnik
    • NGT

    News

    Öko-Regelungen spalten Agrarministerkonferenz

    Die Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) hat am Freitag kein Ergebnis zu der Frage gebracht, wie das Gesetz der Direktzahlungen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) 2025 angepasst werden kann. Statt sich geeint zu dem Vorschlag zu positionieren, den das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Ende Oktober vorgelegt hatte, beschlossen die Agrarminister der Länder, die Antragsstellungen für die Öko-Regelungen in diesem Jahr abzuwarten. “Wir schauen uns die Resonanz auf die Öko-Regelungen in diesem Jahr an, bevor voreilig Entscheidungen zur Kompensation getroffen werden”, ließ Thüringens Landwirtschaftsministerin und AMK-Vorsitzende Susanna Karawanskij wissen.

    Um die Öko-Regelungen für die Landwirte attraktiver zu machen, hatte das BMEL vorgeschlagen, zwei neue Öko-Regelungen in den nationalen Strategieplan aufzunehmen. Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen sich dies offenhalten. Bei den von CDU/CSU, SPD, Linke und FDP geführten Ländern trifft der Ansatz jedoch auf keine Gegenliebe. Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk (CDU) etwa lehnt weitere Öko-Regelungen “klipp und klar” ab. Die Beiträge der bestehenden Öko-Regelungen müssten vielmehr so angepasst werden, dass sie auch von den Landwirten akzeptiert würden, forderte Hauk.

    Özdemir: “Brüssel erwartet, dass wir liefern.”

    Deutschland ist aufgefordert das GAP-Direktzahlungsgesetz anzupassen, um das EU-Fördergeld in den kommenden Jahren voll ausschöpfen zu können. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) appellierte deshalb an die Landesagrarminister der anderen Parteien: “Brüssel erwartet, dass wir liefern: Wir haben Kompensationsverpflichtungen, denen wir dauerhaft und gesichert nachkommen müssen – andernfalls droht, dass EU-Mittel liegen bleiben.” Im Interesse der Landwirte müsse die nationale Obergrenze bei den Direktzahlungen vollständig ausgeschöpft werden, so Özdemir weiter. Eine Kompensationsmöglichkeit in der ersten Säule durch eine neue Öko-Regelung würden sie deshalb weiter ins Auge fassen, dabei jedoch die Antragsstellungen im Jahr 2024 berücksichtigen.

    Was das konkret heißt, wird sich spätestens am 27. März zeigen, dann wird das Bundeskabinett über die Anpassung des GAP-Direktzahlungsgesetzes entscheiden. Für Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) steht bereits fest: “Der Bund ist jetzt gefordert, das Gesetz vorzulegen. Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Hinweise sich darin wiederfinden werden.” heu

    • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
    • Europapolitik
    • GAP-Reform
    • Gemeinsame Agrarpolitik

    Abmahnung gegen Edeka wegen Palmöl aus Guatemala

    Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und die Verbraucherorganisation Foodwatch werfen der Handelskette Edeka Kundentäuschung vor. Stein des Anstoßes: Edeka verwendet das Siegel des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) auf Pflanzenfett und Margarine der Eigenmarke Gut & Günstig. Die Produkte werden von einer in Niedersachsen ansässigen Firma für Edeka hergestellt.

    Laut ECCHR und Foodwatch stammt das darin verwendete Palmöl von Plantagen der Firma NaturAceites in Guatemala. Dort komme es systematisch zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen. Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte seien an der Tagesordnung, darunter exzessive Arbeitsaufträge und unzureichende Löhne. Auch die Bildung von Gewerkschaften sei nicht möglich.

    Zudem würden Kritiker des Palmölanbaus bedroht und Proteste der dort ansässigen indigenen Bevölkerung für ihre Landrechte gewaltsam unterdrückt. Der Einsatz von Pestiziden auf den Plantagen führe zu einer Belastung des Trinkwassers umliegender Gemeinden.

    Proteste der indigenen Bevölkerung werden unterdrückt

    “Mangelnder Respekt für indigene Landrechte, Verletzung von Arbeitsrechten und Umweltverschmutzung sind Standardzutaten der Palmölproduktion und müssen von deutschen Supermärkten wie Edeka priorisiert und bekämpft werden”, fordert Christian Schliemann-Radbruch vom ECCHR.

    Seine Organisation und Foodwatch haben das für Edeka tätige Unternehmen deshalb abgemahnt, die irreführende Werbung zu unterlassen und das RSPO-Siegel von den Produkten zu entfernen. Außerdem wurde eine Beschwerde nach dem Lieferkettengesetz (LkSG) eingereicht.

    Auf Anfrage von Table.Media distanzierte sich Edeka grundsätzlich von jeglichen Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen. Man sei sehr daran interessiert, dass “etwaige Missstände zur Kenntnis gebracht werden, um diesen umfassend nachzugehen”, hieß es. Man werde daher auch die von ECCHR und Foodwatch vorgebrachten Punkte sehr genau prüfen. ch

    • Arbeitnehmerrechte
    • Globaler Süden
    • Menschenrechte

    Von der Leyen startet Strategiedialog Landwirtschaft

    Wenige Monate vor Ende der Legislaturperiode will Kommissionspräsidentin von der Leyen in Sachen Landwirtschaft erst einmal reden. Im Rahmen des “Strategiedialogs zur Zukunft der Landwirtschaft”, der am Donnerstag erstmals tagte, sollen Vertreter aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft, Umwelt- und Tierschutzverbänden sowie Verbraucherschützer eine gemeinsame Zukunftsvision erarbeiten. Von der Leyen hatte den Dialog im September in ihrer Rede zur Lage der Union (SOTEU) angekündigt. Das Gremium solle die “wachsende Spaltung und Polarisierung” in dem Bereich überwinden, betonte die Kommissionspräsidentin bei der Eröffnungssitzung. Einen Abschlussbericht soll es im Spätsommer geben – nach der Europawahl und dem Beginn des Mandats der nächsten Kommission.

    Vielen in Deutschland dürfte das Konzept bekannt vorkommen: 2019 hatte auf Bundesebene von der Leyens Parteikollegin, Kanzlerin Angela Merkel, als Reaktion auf damalige Bauernproteste die Zukunftskommission Landwirtschaft initiiert. Hieran knüpft von der Leyen auch personell an: Peter Strohschneider, der Vorsitzende der deutschen Zukunftskommission, leitet auch den neuen Strategiedialog. Übergangsweise vertreten wird Strohschneider in Deutschland als Vorsitzender der Zukunftskommission Berichten zufolge von den Agrarwissenschaftlern Achim Spiller und Regina Birner.

    Auftrag für die nächste Kommission

    Inhaltlich könnten die Ergebnisse den Beteiligten zufolge unter anderem in die Vorbereitung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) nach 2027 einfließen. Ein erstes Ideenpapier hierzu wollte die Kommission eigentlich noch vor der Wahl vorlegen. Aus Kommissionskreisen ist zuletzt aber zu hören, dass die Arbeit an der Zukunft der GAP erst unter der neuen Kommission nach der Wahl ins Rollen kommen soll. Die Kommissionspräsidentin versicherte den Teilnehmern bei der Auftaktveranstaltung, dass die Vision und Empfehlungen des Gremiums “die Arbeit der kommenden Jahre beeinflussen werden.” Von der Leyens Amtszeit endet im November. Dass die EVP-Politikerin wieder antritt, gilt als wahrscheinlich. Kritiker wittern in dem Strategiedialog vor diesem Hintergrund ein Wahlkampfmanöver, um die Landbevölkerung zu umwerben.

    Kritik kommt vor allem von Umwelt- und Tierschützern, auch in Bezug auf den Zeitpunkt der Initiative. Denn an Ideen mangelt es kurz vor dem Ende der Wahlperiode nicht, eher an der Umsetzung: Viele eigentlich im Rahmen der Farm-to-Fork-Strategie geplanten Dossiers sind noch offen oder wurden gar nicht vorgelegt. Aus Kommissionskreisen ist dagegen die Argumentation zu hören, die Zeiten hätten sich seit dem Entwurf der Strategie geändert: Krisen wie der Ukrainekrieg oder die Corona-Pandemie hätten die Landwirtschaft zusätzlich zur notwendigen Transformation des Sektors herausgefordert. Hier brauche es nun einen neuen Ansatz, den der Strategiedialog liefern soll. jd

    • Europäische Kommission
    • Landwirtschaft
    • SOTEU
    • Strategiedialog Landwirtschaft

    Agrardiesel-Alternative: Landtechnikhersteller investieren in Biokraftstoffe

    Wegen der geplanten Kürzungen der Agrardieselbeihilfe gewinnt das Thema Biokraftstoffe in der Landwirtschaft an Bedeutung. Führende Landtechnikhersteller wie Fendt, Claas und John Deere investieren seit Jahren in Kraftstoffalternativen oder testen diese. Allerdings wird der Marktzugang durch zu hohe Zulassungsvoraussetzungen und fehlende Investitionsbeihilfen erschwert.

    Landtechnikhersteller und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sind sich einig, dass Biokraftstoffe in der Landwirtschaft vorerst gebraucht werden und ein Umstieg auf E-Traktoren derzeit nur für kleinere Traktoren (bis 100 PS) denkbar ist. Kritik kommt derweil von Umweltschützern, die eine Flächenkonkurrenz mit bestehenden Anbauflächen sehen. Ein vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) in Auftrag gegebener Bericht nennt folgende Kraftstoffalternativen zum herkömmlichen Agrardiesel:

    • Reines Pflanzenöl, das vorwiegend aus Rapssaat gewonnen wird. Bei der Verarbeitung wird neben dem Rapsöl ein Rapspresskuchen hergestellt, der sich als Eiweißfuttermittel in der Tierhaltung eignet;
    • Biodiesel, bei dem das Pflanzenöl unter Zugabe von Methanol chemisch aufbereitet wird;
    • Hydriertes Pflanzenöl oder HVO, für das Abfallfette sowie Öle und Fette aus Reststoffen, wie beispielsweise gebrauchtes Speiseöl, chemisch aufbereitet werden;
    • Biomethan, das aus vergorenen Pflanzenresten sowie Gülle auf vielen Höfen gewonnen wird.

    Pflanzenöl und Biodiesel sind besonders nachhaltig

    Pflanzenölkraftstoff und Biodiesel können mit wenig Ressourcen besonders kostengünstig und regional produziert werden. “Reines Pflanzenöl ist der Kraftstoff, über den die Landwirtschaft selbst verfügen kann”, sagt Peter Pickel, Experte für Zukunftstechnologien und Antriebsalternativen bei John Deere zu Table.Media. Aktuell testet John Deere zehn Traktoren, die ausschließlich mit Pflanzenöl betankt werden und in etwa sechs bis 12 Monaten lieferbar wären. Das BMEL unterstützt diese Alternative über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, ein Projektträger des BMEL. Der Hersteller entwickelt außerdem sogenannte “Multifuel-Motoren”, die sowohl mit Pflanzenöl, Biodiesel, als auch konventionellen Diesel angetrieben werden und in zwei Jahren zum Einsatz kommen könnten. Damit könnten Landwirte je nach Marktsituation und Verfügbarkeit zwischen den Kraftstoffen wählen. HVO wird von diversen Landtechnikherstellern seit Kurzem bereits als Kraftstoff eingesetzt.

    Zu teurer und komplizierter Zulassungsprozess

    Der Einsatz alternativer Kraftstoffe sei also bereits jetzt technisch möglich – das Problem bestehe bei der Zulassung, betont Peter Pickel. Für neue Landmaschinen müssen laut EU-Recht eigene Typgenehmigungen für alternative Kraftstoffe eingeholt werden, was den Zulassungsprozess für reines Pflanzenöl und Biodiesel als Reinkraftstoff deutlich erschwert. Für HVO, das chemisch dem herkömmlichen Agrardiesel ähnelt, kann die Genehmigung gleichzeitig mit dem fossilen Diesel eingeholt werden.

    Während sich Biodiesel und HVO grundsätzlich auch in herkömmliche Dieselmotoren füllen lassen, erfordert Pflanzenöl eine Umrüstung der Traktoren, was wiederum mit einem Investitionsaufwand verbunden ist. Über das Bundesprogramm Energieeffizienz hat die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in der Vergangenheit Klein- und Mittelunternehmen bei der Neuanschaffung und Umrüstung ihrer Landmaschinen auf nachhaltige Biokraftstoffe gefördert. Allerdings wurde die Förderung mit der Haushaltssperre vorerst auf Eis gelegt. Am kommenden Donnerstag wird sich entscheiden, wie und in welcher Höhe die Förderung im neuen Haushaltsplan berücksichtigt wird. Eine mögliche Steuerbegünstigung oder gar eine Steuerbefreiung für Biodiesel und andere Biokraftstoffe wird laut einem Sprecher des BMEL ebenfalls mit dem Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV), dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und dem Bundesfinanzministerium (BMF) diskutiert. ag

    • Bauernproteste
    • CO2-Emissionen
    • Haushalt 2024
    • John Deere
    • Kraftstoffe
    • Landwirtschaftsministerium

    Behörden erteilen Lizenzen für gentechnisch veränderten Mais und Soja

    China hat eine erste Serie von Lizenzen für die Produktion und den Verkauf von gentechnisch veränderten Mais- und Sojabohnensorten erteilt. Damit habe das Landwirtschaftsministerium den Weg für die Kommerzialisierung dieser Kulturen geebnet, berichtete das Wirtschaftsmagazin Caixin. Insgesamt gibt es demnach nun Lizenzen zur Herstellung von Saatgut für 36 Genmais- und 10 Gensoja-Varianten. Sie gingen laut Caixin vor allem an drei Firmen: die staatliche China National Seed Group sowie Agrartochterfirmen von Beijing Dabeinong Technology und Yuan Longping High-Tech Agriculture.

    Die Anpflanzung werde unter staatlicher Aufsicht erfolgen und sich auf bestimmte Gebiete beschränken, so der Bericht. Die Lizenzen werden demnach zunächst bis zum 24. Dezember 2028 in 13 Regionen auf Provinzebene gültig sein – darunter Peking und wichtige Getreide produzierende Provinzen wie Hebei, Liaoning, Jilin und die Innere Mongolei.

    In China gibt es seit 2021 Pilotprojekte zum Anbau gentechnisch veränderter Mais- und Sojabohnensorten. Peking will mithilfe der Gentechnik die Erträge steigern, mit einem Fokus auf heimische Produktion und Ernährungssicherheit. Das Land hat bisher aber noch keine gentechnisch veränderten Pflanzen zum Markt zugelassen. Auch der Bayer-Konzern in Leverkusen hofft auf eine Zulassung. Mit der Übernahme des US-Agrarriesen Monsanto ist Bayer zu einem der größten Anbieter von grüner Gentechnik aufgestiegen.  ck

    • China
    • Grüne Gentechnik
    • Landwirtschaft

    Studie: Ernährungsindustrie fordert Planungssicherheit bei Nachhaltigkeit

    Die Nahrungsgüterwirtschaft gerät zunehmend unter Druck, weil Gesetzgeber auf nationaler und europäischer Ebene zu viele und vor allem zu unübersichtliche Anforderungen an sie stellen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Beratungsunternehmens Ebner Stolz, die die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) in Auftrag gegeben hat. An der Studie nahmen 145 Unternehmen aller Größen teil. Die Verfasser befragten die Unternehmen nach ihren Plänen zur Nachhaltigkeitstransformation und ihren Erfahrungen. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen geraten unter Wettbewerbsdruck bei der Umstellung auf Nachhaltigkeit, die in großen Unternehmen weiter fortgeschritten ist.

    Eine Nachhaltigkeitsstrategie ist unumgänglich

    Die Studie belegt große Unsicherheit, Investitionszurückhaltung und absehbare Engpässe in Rohwaren und Verpackungsmaterialien. Eine Reihe der Studienteilnehmer fordert deshalb Unterstützung durch Politik und Einzelhandel, um mehr Planungssicherheit zu haben und einen Teil der Mehrkosten abzudecken. “Trotz aller Unsicherheiten und Hindernisse müssen die Unternehmen jetzt Investitionen und Maßnahmen zum nachhaltigen Umbau angehen“, fasst Jens Petersen, Partner bei Ebner Stolz und einer der Verfasser der Studie, zusammen. “Dabei braucht es einen Schulterschluss zwischen Politik, Handel und Industrie.” Nur so könne sichergestellt werden, dass der zügige Umbau hin zu einer nachhaltigen Ernährungsindustrie gelingt. Erschwert wird dies offensichtlich durch die steigenden Anforderungen aus der Politik: Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) müssen Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern seit Januar 2024 die nachhaltige Wertschöpfung entlang der gesamten Wertschöpfungskette garantieren. Auch auf EU-Ebene nehmen die gesetzlichen Anforderungen zu.

    Einheitliche Standards fehlen

    Der Weg zu einer nachhaltigen Transformation gestaltet sich vor allem aufgrund der Vielzahl neuer Gesetze und fehlender einheitlicher Standards nach Ansicht der Befragten als unübersichtlich. Außerdem führt die Einführung von Nachhaltigkeitsstandards zu deutlich mehr Bürokratie und höheren Investitionen, die sowohl der Handel als auch die Verbraucher aktuell nicht bereit sind mitzufinanzieren. Besonders mittelständisch geprägte Unternehmen zögern deshalb noch mit der Einführung einer Nachhaltigkeitsstrategie. Bislang haben über 60 Prozent der Studienteilnehmer eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt, ein Großteil davon sind große, teils international tätige Unternehmen mit über 250 Millionen Euro Umsatz. “Mehr Nachhaltigkeit funktioniert nur unter gleichen Wettbewerbsbedingungen in der EU und diese müssen mittelstandstauglich sein”, betont Stefanie Sabet, BVE-Geschäftsführerin. “Höhere Standards, die nur noch von wenigen Unternehmen erfüllt werden können, sind nicht nachhaltig.” ag

    • Ernährungspolitik
    • Lieferkettengesetz
    • Nachhaltigkeitsstandards

    Presseschau

    Interview: Bundesfinanzminister Lindner will Landwirte durch Risikoausgleich und Tarifglättung unterstützen top agrar
    Wieso die Sofortmaßnahmen der französischen Regierung vielen Landwirten nicht ausreichen NZZ
    Interview: Präsident des Bundeskartellamts Mundt über die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels Lebensmittelzeitung
    Lobbyvorwürfe gegen Gero Hocker (FDP), Vize-Vorsitzender des Agrarausschusses Der Spiegel
    EVP fordert Zollkontingente für ukrainische Agrarimporte top agrar
    Nach der Haushaltssperre: Rentenbank setzt Investitions- und Zukunftsprogramm der Landwirtschaft fort top agrar
    Glyphosat-Prozesse gegen Bayer: US-Gericht verhängt Rekordstrafe von 2,25 Milliarden Euro Handelsblatt
    How the Belgian Presidency of the EU Council wants to step up animal welfare Euractiv
    Wie die “Wahre Preise”-Aktion bei Penny das Verbraucherverhalten beeinflusst hat FAZ
    Österreich will Vollspaltböden in Schweinehaltung bereits 2030 verbieten AgE
    Rewe und Haribo-Gesellschafter investieren in Pilz-Start-up manager magazin



    Termine

    31.01. – 1.02.2024 – 10.00 – 17.00 Uhr / Messe Ulm
    Fachmesse Biogas Infotag 2024
    Vom Planer über den Anlagenbauer bis hin zum Betreiber; Vom Forscher über den Entwickler bis hin zum Anwender – An den Infotagen 2024 in der Messe Ulm treffen die Biogas-Experten aus Wissenschaft, Industrie und Praxis aufeinander. INFO & ANMELDUNG

    01.02.2024 – 18.40 / Bundestag Berlin
    151. Sitzung des Bundestags Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
    Der Bundestag stimmt am Donnerstag nach 90-minütiger Aussprache in zweiter Beratung über den Etat des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ab. Der Einzelplan 10 des Haushaltsgesetzes 2024 (20/7800, 20/7802) umfasst in der vom Haushaltsausschuss geänderten Fassung (20/8610) Ausgaben von 6,93 Milliarden Euro im Vergleich zu 7,25 Milliarden Euro 2023 und 6,83 Milliarden Euro im Regierungsentwurf.
    INFO

    02.02.2024 / Berlin
    1041. Sitzung des Bundesrates
    Top 2: 2/24 Gesetz zur Änderung des Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetzes und des Tierarzneimittelgesetzes
    Top 8: 8/24 Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 184 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 2001 über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft
    Top 13: 628/23 Entschließung des Bundesrates: Tierschutz stärken – Onlinehandel mit Wirbeltieren stärker reglementieren
    Top 14: 638/23 Entschließung des Bundesrates zum Schutz der bäuerlichen Rinderhaltung
    Top 32: 586/23 Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2023
    Top 39: 660/23 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Monitoringrahmen für widerstandsfähige europäische Wälder
    Top 40: 679/23 Verordnung zur Änderung der GAP-Ausnahmen-Verordnung und zur Entfristung der Verordnungen über außergewöhnliche Anpassungsbeihilfen für Erzeuger in bestimmten Agrarsektoren
    Top 41: 680/23 Verordnung zur Neuordnung der Vorschriften über die Verbringung von Lebensmitteln und Futtermitteln in die Europäische Union
    TAGESORDNUNG

    06.02.2024 – 17:30 – 19:00 Uhr / online
    Webinar des BZL Private Vorsorge für Frauen in der Landwirtschaft – voller Einsatz, halbe Absicherung?
    Die finanzielle Absicherung der Frauen in der Landwirtschaft ist in der Praxis oftmals sehr lückenhaft. Das hat auch die Studie des Thünen-Instituts und der Universität Göttingen “Frauen.Leben.Landwirtschaft” noch einmal verdeutlicht. In diesem BZL-Web-Seminar geht es nicht nur um die Altersversorgung, sondern auch um die Risikoabsicherung bei Scheidung, Tod oder Berufsunfähigkeit. INFO & ANMELDUNG

    06. – 09.02.2024 / Münster
    Messe AGRAR Unternehmertage
    Regionale Fachmesse für landwirtschaftliche Produktion, Handel und Management. Aussteller präsentieren auf der AGRAR Messe Münster ihre Produkte, Dienstleistungen und Neuheiten wie beispielsweise Maschinen, Anlagen und Betriebsmittel für die gesamte landwirtschaftliche Produktion, Tierzucht, Vermarktung und regenerative Energie. Bei den aktuellen Trends geht es nicht nur um Effizienzsteigerung, sondern vor allem auch um Umwelt und Tier schonendere Verfahren. INFO

    07.02. – 09.02.2024 / Messe Berlin
    Messe Fruit Logistica
    Auf der FRUIT LOGISTICA finden Sie das komplette Angebot an Produkten, Dienstleistungen und technischen Lösungen – ob bei der Entwicklung von Saatgütern, Früchten und Gemüse oder bei Verpackung und Automatisierung. Die Messe bildet das gesamte Spektrum der Wertschöpfungskette ab – vom Erzeuger zum Verbraucher. INFO & ANMELDUNG

    13.02. – 16.02.2024 / Messe Nürnberg
    Messe BIOFACH – Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel
    Erleben Sie Bio in seiner reinsten Form auf der weltweit führenden Bio-Messe in Nürnberg. Seit 1990 ist die BIOFACH der unverzichtbare Treffpunkt für Pioniere und Newcomer, die ihre Leidenschaft für Bio-Lebensmittel und den Bio-Markt teilen und sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit Gleichgesinnten austauschen möchten. INFO

    21.02.2024 – 16.00 – 18.00 Uhr / Hotel Aquino, Hannoversche Straße 5b, 10115 Berlin-Mitte
    Podiumsdiskussion Bodenforum 2024: Agrarstrukturgesetze – Jetzt oder nie!
    mit Wolfram Günther, Sächsischer Landwirtschaftsminister (Bündnis 90/Die Grünen)
    Susanna Karawanskij, Thüringer Landwirtschaftsministerin (Die Linke)
    Prof. Dr. José Martínez, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Landwirtschaftsrecht, Universität Göttingen
    Hans-Jürgen Thies (MdB), Bodenmarktpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
    ANMELDUNG

    26.02.2024 / Brüssel
    Tagung Rat für Landwirtschaft und Fischerei der Europäischen Union INFO

    Standpunkt

    Berninger über Landwirtschaft im Klimawandel: Afrika braucht die Biotechnologie

    Von Matthias Berninger
    Matthias Berninger, Bayer AG.

    Für das Überleben der Menschheit war stets entscheidend, ob die Bevölkerung oder die Produktivität der Landwirtschaft stärker wächst. In den meisten Teilen der Welt nahm in den vergangenen 100 Jahren die Agrarproduktivität stärker zu. Das ist ein Hauptgrund, warum wir heute acht Milliarden Menschen ernähren können. Auf dem afrikanischen Kontinent liegt hingegen das Wachstum der Bevölkerung weit über dem der landwirtschaftlichen Produktivität. Viele Länder versuchen dies durch Nahrungsmittelimporte auszugleichen. Doch das ist kein langfristig tragfähiges Modell.

    Die Ursachen für die Situation sind vielfältig. Die mangelnde Produktivität aufgrund überholter Praktiken zählt ebenso dazu wie die begrenzten Möglichkeiten zur Bewässerung oder Finanzierung. Dramatisch verschärft wird die Lage durch die massiven Folgen des Klimawandels in Form von Dürren, Starkregen oder steigendem Schädlingsdruck.

    Eine aktuelle Umfrage von Bayer unter Landwirten hat ergeben, dass 87 Prozent der kenianischen Landwirte deutlich mehr Hitze und Trockenheit erfahren als früher. Ganze 97 Prozent bestätigen, dass der Klimawandel schon heute große Auswirkungen auf ihren Feldern zeigt, bis hin zum Ernteausfall. All das spüren die Menschen in Form von rasant steigenden Lebensmittelpreisen. In Äthiopien oder Nigeria sind Lebensmittel seit 2020 um mehr als 100 Prozent teurer geworden, im Sudan sogar um über 1.000 Prozent.

    Klimaanpassung mit Wissen, Technologien, Investitionen

    Damit die afrikanische Landwirtschaft den Klimawandel bewältigen kann, braucht sie besseren Zugang zu Wissen und Technologien, aber auch Investitionen. Deshalb müssen Entwicklungspolitik und Wirtschaft enger zusammenarbeiten.

    Bayer unterstützt die vom U.S. Department of State geleitete Initiative VACS zur Züchtung klimaangepasster Pflanzensorten. Wir sind auch von Anfang an Teil der von den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA ins Leben gerufenen AIM for Climate Initiative, die bereits mehr als 17 Milliarden US-Dollar für eine klimafreundliche Landwirtschaft mobilisieren konnte. Dieser ist nun auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beigetreten, vielleicht ein erster Schritt hin zu einem Strategiewechsel, der auf Innovationen setzt, die Nachhaltigkeit und Intensivierung zugleich ermöglichen.

    Neue EU-Regeln zur Gen-Editierung

    Was braucht Afrika technologisch konkret? Unstrittig sollte es sein, den Zugang zu modernem konventionellem Saatgut, auch für die auf dem Kontinent heimischen Pflanzen, zu verbessern. Darüber hinaus brauchen wir angesichts des Tempos von Klimawandel und Bevölkerungswachstums die Biotechnologie. Mit ihrer Hilfe lassen sich Pflanzen widerstandsfähiger gegen die erwähnten Auswirkungen des Klimawandels machen.

    Die USA haben das ebenso erkannt wie China. Auch die EU-Kommission arbeitet an einem neuen Regelwerk zur Gen-Editierung. Demnach sollen auch in der EU Pflanzen, die mit neuen genomischen Techniken wie CRISPR/Cas gezüchtet werden, konventionell gezüchteten Pflanzen praktisch gleichgestellt werden.

    Gen-Saatgut in Kenia, TELA-Mais in Nigeria

    In Afrika selbst hat Kenia jüngst entschieden, gentechnisch verändertes Saatgut einzuführen. In einer wegweisenden Entscheidung hat Nigeria Anfang Januar die kommerzielle Freigabe von transgenen, insektenresistenten und trockenheitstoleranten Maissorten, bekannt als TELA-Mais, genehmigt. Diese Freigabe von TELA-Mais schafft wesentliche Voraussetzungen dafür, dass nigerianische Kleinbauernbetriebe rentabel arbeiten können und mehr Menschen in Nigeria eine sichere Nahrungsmittelversorgung haben.

    Es findet also ein Umdenken statt, von dem Afrika überdurchschnittlich profitieren kann. Vor allem sind die Vorteile der Biotechnologie in tropischen Gefilden für Afrika von Bedeutung. Bayer hat schon 2020 entschieden, den ärmsten Kleinbauern freien Zugang zu unserem patentierten Saatgut zu ermöglichen, um so den Zugang für afrikanische Bauern zu verbessern.

    Agrarökologie ist nicht ausreichend produktiv

    Dennoch haben nicht alle diese Chance erkannt. Immer noch gibt es Stimmen, die den afrikanischen Kontinent vor allem mit Methoden aus dem ideologischen Arsenal der Agrarökologie beglücken wollen. Doch es ist ein Fakt, dass wir aufgrund der nicht ausreichenden Produktivität mit solchen Ansätzen oder gar reinem Biolandbau eine wachsende Weltbevölkerung nicht ernähren können. Die Agrarökologie allein wird die Produktivitätslücke in der afrikanischen Landwirtschaft nicht schließen.

    Auch der Flächenbedarf für eine rein agrarökologische Landwirtschaft ist viel zu hoch. Die damit verbundene Abholzung können wir uns nicht leisten. Das gilt vor allem für die tropischen Regenwälder, aber auch für viele andere Gebiete. Mehr Flächenverbrauch bedeutet einen weiteren Verlust an Biodiversität, den wir vermeiden müssen. Wir müssen mehr auf weniger Fläche produzieren, nicht weniger auf mehr Fläche. Auch der IPCC spricht sich für eine nachhaltige Intensivierung aus.

    Raus aus der Polarisierung

    Der Vordenker des Biolandbaus Urs Niggli hat in einem Interview erneut betont, dass wir dringend aus der Polarisierung “ökologische versus konventionelle Landwirtschaft” herausmüssen. Recht hat er. Wenn wir den Klimawandel bekämpfen und gleichzeitig auf möglichst vielen zusätzlichen Flächen Biodiversität schützen wollen, müssen wir auf weniger Land mehr Lebensmittel produzieren. Das geht nur mit Biotechnologie.

    Groß bleibt für den Kampf der afrikanischen Landwirtschaft gegen den Klimawandel auch die Bedeutung von effektiven und sicheren Pflanzenschutzprodukten. Ohne sie droht die Vernichtung vieler Ernten durch den zunehmenden Schädlingsbefall. Jüngste Beispiele sind die Ausbreitung des Herbstheerwurms oder die Heuschreckenplage vor einigen Jahren. Hier haben wir uns als Bayer selbst hohe Standards gesetzt (wie in einem früheren Interview mit Table.Media ausführlich erläutert). Wir verkaufen seit 2012 keine Pflanzenschutzmittel mehr, die von der Weltgesundheitsorganisation als besonders toxisch (Gefahrenkategorie Tox 1) eingestuft werden. Außerdem vertreiben wir nur Wirkstoffe, die in mindestens einem OECD-Land zugelassen sind.

    Zusammengefasst: Afrika braucht die komplette technologische und wissenschaftsbasierte Bandbreite, um die Lücke zwischen Bevölkerungswachstum und Produktivität der Landwirtschaft zu schließen. Diese Erwartung teilen auch afrikanische Landwirte, mit denen ich spreche. Es ist eine Erwartung an uns alle.

    Matthias Berninger ist Global Head of Public Affairs, Science, Sustainability, Health, Safety & Environment der Bayer AG. Ein Contra zu seinem Standpunkt hat Mariam Mayet verfasst, Exekutivdirektorin des African Centre for Biodiversity (ACB) in Johannesburg, Südafrika. Ihr Plädoyer für eine agrarökologische Wende können sie hier lesen.

    • BMZ
    • NGT
    • Ökologische Landwirtschaft
    • Urs Niggli

    Agrifood.Table Redaktion

    AGRIFOOD.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen