Table.Briefing: Agrifood

BMUV für Aufschub der EU-Entwaldungsregeln + Referentenentwurf zu GMO-Artikel 148

Liebe Leserin, lieber Leser,

dass sich ein grüner Bundeslandwirtschaftsminister für den Aufschub der EU-Entwaldungsverordnung einsetzt, mag überraschen. Noch überraschender dürfte allerdings sein, dass sich nun auch das grün geführte Bundesumweltministerium (BMUV) in die Reihe derjenigen einordnet, die das Verkaufsverbot von Produkten aus illegaler Abholzung auf dem EU-Mark später als geplant in Kraft treten lassen wollen. Warum das BMUV damit der Forderung nachkommt, die zuvor mehrere Agrarverbände an Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir herangetragen hatten, weiß meine Kollegin Julia Dahm.

Eine andere Verordnung, die die EU nach langem Ringen nun auf den Weg gebracht hat, trifft in der Lebensmittel- und Verpackungsindustrie derweil auf ein geteiltes Echo. Zwar muss die Kompromisslösung zur EU-Verpackungsverordnung noch in einen finalen Text gegossen werden. Doch etwa die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie fürchtet bereits den steigenden Bürokratieaufwand, wenn künftig verbindliche Mehrwegziele für Getränke- und Lebensmittelverpackungen eingehalten werden müssen. Wie sich demgegenüber der Mehrwegverband Deutschland zur neuen Verpackungsverordnung positioniert, hat mein Kollege Kai Moll recherchiert.

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Merle Heusmann
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Analyse

Auch Deutschland drängt auf Verzögerung: Diese Hürden muss die EU-Entwaldungsverordnung nehmen

Seit einem Jahr ist die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten beschlossene Sache, trotzdem sind jetzt wieder Diskussionen darüber entbrannt. Die Regeln, die verhindern sollen, dass auf dem EU-Markt Produkte aus Abholzung verkauft werden, treten planmäßig Ende des Jahres in Kraft. Doch neben dem grünen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir stellt sich jetzt auch das BMUV hinter die Forderung, die Übergangsfrist zu verlängern. Beim EU-Agrarrat vergangene Woche hatten sich neben Özdemir auf Initiative Österreichs 20 Minister für einen Aufschub ausgesprochen.

Entscheidend ist aus BMUV-Sicht, ob die EU-Kommission rechtzeitig das sogenannte Länder-Benchmarking veröffentlicht: eine Liste, die jedem Land eine bestimmte Risikostufe für Entwaldung zuweist. Geschehe dies nicht, “befürwortet die Bundesregierung die Verlängerung der Übergangsphase“, sagt ein Sprecher Table.Briefings. Schon während der Verhandlungen zum Gesetz habe sich die Bundesregierung darauf verständigt, dass dieses “nur umsetzbar” sei, wenn das Benchmarking vor Inkrafttreten der Regeln vorliegt.

Länderliste könnte zu spät kommen

Durch das Ranking sollen Behörden und Wirtschaftsakteure bei der Umsetzung der Verordnung besser einschätzen können, in welchen Ländern sie bei Lieferanten auf besonders genaue Nachweise dafür pochen müssen, dass für ein Produkt kein Wald abgeholzt wurde. Die Kommission hatte zuletzt Verzögerungen eingeräumt.

Es sei “möglich“, dass das Benchmarking nicht vor Ende des Jahres bereit sei, erklärte Astrid Schomaker von der Generaldirektion Umwelt kürzlich vor dem EU-Agrarausschuss. Aufgrund von Schwierigkeiten bei der Datenerhebung sei die Vorbereitung komplex, zudem wolle man sich die Zeit für den Austausch mit Behörden vor Ort nehmen, bevor man ein Land als Hochrisikostaat einstufe.

Kommission schließt Aufschub aus

Trotz der Verzögerungen hat die Kommission einen Aufschub der Verordnung bisher ausgeschlossen. “Natürlich hören wir uns die Argumente an, aber ehrlich gesagt sehe ich keine Probleme”, so Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius vergangene Woche. Für einen Aufschub wäre zudem ein vollständiges Gesetzgebungsverfahren unter Beteiligung von Rat und Parlament nötig, um die entsprechenden Passagen zu ändern.

Auch ohne fertiges Länderranking könnten die Regeln aber aus Schomakers Sicht ohne Probleme in Kraft treten: “In diesem Fall würden alle Länder erst einmal automatisch als Standardrisiko eingestuft.” Genau das wäre aus deutscher Sicht jedoch unvorteilhaft. Denn in einem fertigen Länder-Benchmarking würde die Bundesrepublik mit großer Wahrscheinlichkeit als Niedrigrisikoland eingeordnet.

Deutschland pocht auf Status als Niedrigrisikoland

“Ohne das Länder-Benchmarking gelten essenzielle Erleichterungen für Niedrigrisikoländer nicht und die Verordnung ist nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für Wirtschaft und Verwaltung anwendbar”, moniert das BMUV. Waldbesitzer und Rinderhalter in Deutschland – neben Holz fallen unter anderem Rindererzeugnisse unter die Regeln – müssten mehr Aufwand betreiben, um zu belegen, dass ihre Erzeugnisse nicht mit Abholzung in Verbindung stehen, so die Befürchtung.

Während unter anderem Özdemir den geforderten Aufschub auch mit besonderen Belastungen “für Klein- und Kleinstwaldbesitzer” begründet, verweisen Umweltschützer darauf, dass das Gesetz für kleine Betriebe ohnehin eine längere Übergangsfrist vorsehe – erst ab Mitte 2025 gelten die Regeln auch für sie.

Europa-Grüne gegen Verzögerung

Zudem stelle die Verordnung klar, dass Mitgliedstaaten kleinen Betrieben und Höfen technische Unterstützung zur Seite stellen können, sagt Anke Schulmeister-Oldenhove vom Europabüro des WWF. “Auch die EU-Mitgliedstaaten müssen ihren Teil dazu beitragen, dass das Gesetz funktioniert”, betont sie.

Anders als die beiden grünen Bundesministerien sieht es auch der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling. Im Agrarausschuss kritisiert er Bestrebungen, strenge Regeln für heimische Erzeuger abwenden zu wollen, während man diese von Drittländern fordere. “Ich glaube, dass die Umsetzung zu schaffen ist, auch wenn ich zugebe, dass die Kommission ein bisschen spät dran ist”, sagt er.

Grünen-Ministerien auf Industrie-Linie

Unterstützung bekommen BMEL und BMUV dagegen von Vertretern aus Agrarhandel und Ernährungswirtschaft. In einem Brief, der Table.Briefings vorliegt, forderten im Vorfeld des Agrarrats der Deutsche Raiffeisenverband (DRV), der Verein Der Agrarhandel, sowie der Pflanzenöl-Handelsverband Grofor von Özdemir, sich für eine Verschiebung einzusetzen.

Neben dem Länder-Benchmarking verweist der Brief auf weitere “ausstehende Klärungen und fehlende Instrumente”, die für die praktische Umsetzung nötig seien. Liefert die Kommission diese nicht rechtzeitig vor Ende des Jahres, “können wir schwerwiegende Störungen in allen Rohstofflieferketten nicht ausschließen”, so die Verbände. Unter anderem beim IT-System, das für die Umsetzung aufgebaut werden soll, hake es noch.

Ursprungsländer von Kakao und Palmöl betroffen

Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) unterstützt die Forderung nach Aufschub. Geschäftsführer Olivier Kölsch verweist auf den Mehraufwand von Kleinbauern und Händlern in den Hauptursprungsländern vieler betroffener Produkte, wie Kakao, Kaffee oder Palmöl.

Die Verordnung gilt international als politisch heikel, zuletzt tourte Umweltkommissar Sinkevičius immer wieder durch betroffene Länder. Es gehe um “konstruktiven Dialog“, sagt er selbst. Auch hier gibt sich die Kommission jedoch zuversichtlich. Aktuell veröffentliche man laufend neue FAQs, um Unklarheiten internationaler Partner auszuräumen. Vor Ende des Jahres will man zudem einen offiziellen Leitfaden veröffentlichen.

Auch das IT-System soll bis Ende des Jahres stehen, so Schomaker – zumindest in grundsätzlich funktionsfähiger Form. Verbesserungen sollen sukzessive kommen – nach Inkrafttreten.

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BVE fürchtet hohen Bürokratieaufwand durch Verpackungsverordnung

Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) erwartet einen hohen Bürokratieaufwand für Unternehmen durch die geplante EU-Verpackungsverordnung. Befürchtungen des Verbandes, die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) könne zu Störungen bei den etablierten deutschen Mehrweg- und Einwegsystemen führen, konnten dagegen verringert werden, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Peter Feller im Gespräch mit Table.Briefings. Die EU-Staaten hatten sich nach schwierigen Verhandlungen am 15. März auf eine Kompromisslösung zur EU-Verpackungsverordnung geeinigt.

Eine endgültige Bewertung der PPWR kann Feller noch nicht abgeben. Die Verordnung sei schwer zu beurteilen und mit einigen Unwägbarkeiten behaftet. Eine finale Textfassung liege noch nicht vor. “Das Regelwerk bedarf zudem der Konkretisierung durch delegierte Rechtsakte, wobei die EU-Kommission Detailregelungen für unterschiedliche Themenbereiche trifft. Und das sind nicht wenige”, so Feller. Zudem werde sich das Rechtsetzungsverfahren aller Voraussicht nach noch in die nächste Legislaturperiode hineinziehen.

Unternehmen müssen Daten liefern, die die Bundesregierung an die EU übermittelt

“Wir gehen aber jetzt schon davon aus, dass der Bürokratieaufwand für die Unternehmen steigen wird”, sagt Feller. So müsse die Bundesregierung zukünftig regelmäßig Daten an die EU liefern, die von den Unternehmen generiert werden müssten: etwa zu Recycling-, Rezyklateinsatz-, Mehrweg- und Einwegquoten. Darüber hinaus müssten Hersteller künftig für alle Verpackungen, die sie in den Verkehr bringen, Konformitätsbewertungsverfahren durchführen. Darin müssen sie prüfen und dokumentieren, dass die Verpackungen allen Anforderungen der Verordnung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Kennzeichnung entsprechen.

Positiv bewertet Feller dagegen Veränderungen hinsichtlich von Mehrweg- und Einwegsystemen. Hier habe es im ursprünglichen Verordnungstext der EU-Kommission einige Detailregelungen gegeben, die das reibungslose Funktionieren der etablierten deutschen Systeme hätten beeinträchtigen können. “Da ist unser Eindruck, dass einem erheblichen Teil unserer Bedenken Rechnung getragen wurde. Ob das schlussendlich reicht, um alle Beeinträchtigungen zu vermeiden, muss man abwarten”, erklärt Feller.

“Schnelligkeit vor Gründlichkeit”

Eine Herausforderung sieht die BVE in den vorgesehenen Quoten zum Rezyklateinsatz bei Kunststoffverpackungen. Bei Lebensmittelverpackungen müsse der Rezyklateinsatz vereinbar sein mit dem Aspekt der Lebensmittelsicherheit. “Das ist bisher nur bei PET-Verpackungen gelungen. In allen anderen Bereichen ist der Rezyklateinsatz im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit zurzeit so gut wie unmöglich”, sagt der BVE-Vertreter.

Insgesamt habe man beim BVE den Eindruck, dass bei der PPWR am Ende nach dem Prinzip “Schnelligkeit vor Gründlichkeit” verfahren worden sei, um das Regelwerk der Verabschiedung zuzuführen. “Die Probleme werden sich in der Anwendung und Umsetzung herausstellen. Das ist vorprogrammiert”, sagt Feller voraus.

Mehrwegverband: PPWR ist positives Signal, aber wenig ambitioniert

Der Mehrwegverband Deutschland begrüßt den Durchbruch bei den Verhandlungen zur EU-Verpackungsverordnung als “positives Signal”. Damit sei erstmals auf europäischer Ebene die Zielsetzung der Reduzierung von Verpackungsmüll (15 Prozent bis 2040) unter anderem durch verbindliche Mehrwegquoten gesetzlich für alle Mitgliedstaaten verankert worden. Angesichts des außergewöhnlichen Lobbydrucks seitens der Einwegbranche, den stark divergierenden Interessen der Mitgliedstaaten sowie der Blockadebemühungen der FDP sei dies als wichtiger Schritt zu bewerten. Die Einigung der Ampel-Regierung auf eine Zustimmung zum vorliegenden Entwurf begrüße man ausdrücklich.

“Wir hätten uns allerdings eine deutlich ambitioniertere europäische Verpackungsverordnung gewünscht”, schränkte Mathias Gerspacher vom Mehrwegverband seine Zustimmung gegenüber Table.Briefings ein. Konkret kritisiert der Mehrwegverband die Absenkung von Mehrwegquoten im vorliegenden Text im Vergleich zum Ursprungsentwurf der EU-Kommission. Die PPWR enthält für eine Vielzahl von Produkten unterschiedliche Mehrwegquoten für Verpackungen, die bis 2030 beziehungsweise 2040 erreicht werden sollen. Hier wurden die Anforderungen teilweise gegenüber den Kommissionsplanungen heruntergeschraubt.

“Verwässerungen durch zahlreiche Ausnahmeregelungen”

Außerdem stoßen “starke Verwässerungen durch zahlreiche Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher” auf die Kritik des Verbandes. Als Beispiele nennt Gerspacher:

  • Keine verbindlichen Mehrwegziele für Unternehmen, die weniger als 1.000 Kilogramm an Verpackungen in einem Jahr in den Verkehr bringen oder als Kleinstunternehmen gelten.
  • Streichung von Zielvorgaben für die Wiederverwendung von Kartonverpackungen, wenn sie als Transportverpackungen dienen.

Die Abschwächungen stünden der Einhaltung der Prioritätsreihenfolge der europäischen Abfallhierarchie und somit einer erfolgreichen Reduzierung des Verpackungsmülls diametral entgegen.

Finale Beschlussfassung durch Parlament und Rat vor Europawahl fraglich

Für die Mitglieder des Mehrwegverbands sowie für deren Investoren eröffne die PPWR jedoch laut Gerspacher die große Chance, durch skalierbare Mehrwegsysteme nachhaltig Verpackungsmüll zu reduzieren. “Hier können wir uns an die Spitze des globalen Wettbewerbs stellen und als Vorreiter die dringend notwendige Transformation zur Kreislaufwirtschaft vorantreiben”, meint Gerspacher.

Diesen Monat soll die PPWR im EU-Parlament in erster Lesung verabschiedet werden, was als Formalie gilt. Experten rechnen aber nicht damit, dass eine finale Beschlussfassung durch Parlament und Rat vor der Europawahl im Juni erfolgt.

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News

BMEL-Entwurf lässt Lücken bei Vertragspflicht auf dem Milchmarkt

Molkereien und Milchbauern sollen künftig vertraglich festlegen, wie viel Milch wann und zu welchem Preis abgenommen wird. Das sieht ein Referentenentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) vor, der aktuell zwischen den Ressorts abgestimmt wird. Bislang liefern Milchbauern meistens ihre gesamte Produktion an eine Molkerei, ohne im Vorfeld einen Preis dafür abzustimmen. Dieser wird in flexibler Höhe – in Abhängigkeit vom Verkaufspreis, den die Molkerei am Markt erzielt – gezahlt.

Mit dem Entwurf setzt Deutschland Artikel 148 der EU-Verordnung zur Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) für landwirtschaftliche Erzeugnisse um. Das ist für die einzelnen EU-Mitgliedstaaten freiwillig. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erhofft sich, die Verhandlungsmacht von Milchbauern gegenüber Händlern und Molkereien zu stärken

Nur 80 Prozent der Milchmenge abgedeckt

Entgegenkommen will Ressortchef Özdemir der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, dem Bund deutscher Milchviehhalter und dem MEG Milch Board. Diese Verbände fordern schon lange, dass der Artikel 148 national umgesetzt wird. Aus zwei Gründen stößt der Verordnungsentwurf bei AbL, BDM und MEG Milch Board allerdings nicht auf Gegenliebe. Erstens, der künftig vertraglich zu fixierende Preis soll nämlich nur für 80 Prozent der gelieferten Milchmenge gelten. Zweitens, Genossenschaften, die rund zwei Drittel der deutschen Milch erfassen, sind zwar in die Vertragspflicht einbezogen. Aber sie dürfen die rechtlichen Vorgaben, anstatt über einen Vertragsabschluss vor Lieferung, auch über Lieferordnungen und Satzungen erfüllen.

“Das bietet Schlupflöcher”, sagt Agrarfachfrau Reinhild Benning von der Deutschen Umwelthilfe. Zwar sei der BMEL-Entwurf ein Schritt in die richtige Richtung, “weil hoffentlich weniger Milch unterhalb der Produktionskosten gehandelt wird”. Trotzdem bleibe der Entwurf “halbherzig”, weil Molkereien 20 Prozent der Milchmenge ohne Vertragsbindung weiterhin “verramschen” können.

Innerhalb des Milchsektors ist die Umsetzung des Artikel 148 seit jeher umstritten. Der Milchindustrieverband (MIV) spricht sich, anders als AbL, BDM, und MEG Milch Board, gegen staatliche Eingriffe in Milchlieferbeziehungen aus. Der Verband, der sowohl private als auch Genossenschaftsmolkereien vertritt, erwartet keine positiven Auswirkungen für Milcherzeuger. Stattdessen mehr Bürokratie, “obwohl seit Jahrzehnten ein Bürokratieabbau seitens der Politik versprochen wird”, kritisiert MIV-Geschäftsführer Eckhard Heuser. Die Verordnung wecke “kaum zu realisierende Hoffnungen”, “weltweite Einflüsse auf das Marktgeschehen” würden ausgeblendet. has/jd

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Studie: Gesündere Ernährung “entscheidender Hebel” für 1,5-Grad-Ziel

Halbiert sich der globale Konsum von rotem Fleisch und Zucker und verdoppelt sich zugleich der Konsum von gesunden Produkten wie Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse, würde das helfen, das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Lebensmittel und Energiepreise wären so vergleichsweise günstiger und die Abhängigkeit von CO₂-Entnahmetechnologien würde sinken. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer neuen Studie, die am Mittwoch im Fachmagazine “Science Advances” veröffentlicht wurde.

Die sogenannte Planetary Health Diet der EAT-Lancet-Kommission würde “das globale CO₂-Budget für das 1,5-Grad-Ziel von aktuell 500 Gigatonnen um 125 Gigatonnen erweitern”, so Leitautor Florian Humpenöder, der am PIK zu Transformationspfaden forscht. Durch den geringeren Fleischkonsum und einer weniger intensiven Landwirtschaft werde weniger Methan und Lachgas emittiert, heißt es in der Studie. Beide sind vielfach klimaschädlicher als CO₂ und werden entsprechend ihrer Klimawirksamkeit im CO₂-Budget erfasst.

Gesündere Ernährung senkt CO₂-Preis und Flächenbedarf

Die Studie zeigt auch weitere Vorteile einer gesünderen Ernährung:

  • Ein potenzieller globaler Emissionspreis wäre im Jahr 2030 um 57 Prozent niedriger und im Jahr 2050 um 43 Prozent niedriger, verglichen mit dem 1,5-Grad-Szenario ohne Ernährungswende.
  • Es würde mehr Agrarfläche frei werden, wodurch sich die Landnutzungsintensität verringert und weniger Stickstoff in der Düngung verloren geht.
  • Die Abhängigkeit von CO₂-Entnahmetechnologien im Jahr 2050 wäre um 39 Prozent geringer.
  • Die Lebensmittelpreise wären halb so hoch wie ohne Ernährungswende.

Schon jetzt treibt der Klimawandel die Inflation an, wie eine weitere Studie des PIK zeigt. Um 2035 herum könnten die Lebensmittelpreise durch die höheren Temperaturen um bis zu 3,2 Prozentpunkte pro Jahr steigen.

Wie die Ernährungswende tatsächlich gelingen kann, war nicht Gegenstand der neuen Studie. Die Forschenden merken aber an, dass die Besteuerung von Lamm- und Rindfleisch inklusive sozialer Ausgleichsregelungen, ein gesünderes Angebot in Kantinen und Werbeverbote von gesundheitsschädlichen Produkten hilfreich sein könnten. Ein Hindernis sei, dass die Entscheidungskompetenzen auf verschiedene Institutionen und Ministerien verteilt seien. lb

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EU-Parlament bei Ukraine-Freihandel unter Zugzwang

Dem EU-Parlament bleibt kaum Zeit, den zoll- und quotenfreien Handel zwischen EU und Ukraine zu verlängern, nachdem Vertreter der Mitgliedstaaten den schon gefundenen Kompromiss noch einmal aufgeschnürt haben. Obwohl Parlament und Rat sich bereits auf eine Version geeinigt hatten, nahmen die EU-Botschafter vergangene Woche Änderungen vor. Auf Druck vor allem von Frankreich und Polen schärften sie bei Schutzmaßnahmen für Agrarprodukte nach.

Obwohl es sie nicht mitverhandelt hat, muss das Parlament die Wünsche der Mitgliedstaaten voraussichtlich unverändert annehmen, damit die neuen Freihandelsmaßnahmen rechtzeitig vor Auslaufen der bestehenden implementiert werden. Der zuständige Handelsausschuss dürfte bei seiner nächsten Sitzung am 9. April abstimmen, das Plenum dann bei seiner letzten Sitzung der Legislaturperiode Ende des Monats.

Zölle sollen schneller wieder greifen

Mit dem Kompromiss gehen die EU-Länder allerdings nur teilweise auf die Forderungen von Frankreich und Polen ein: Zwar wird der Schwellenwert, ab dem künftig Quoten und Zölle für bestimmte Agrarprodukte wieder gelten sollen, gesenkt. Statt ihn an den durchschnittlichen Importwert der Jahre 2022 bis 2023 zu knüpfen, soll auch die zweite Hälfte des Jahres 2021 einbezogen werden, als die Ukraine weniger exportierte.

Mit der Forderung, auch Getreide in die Schutzklausel einzubeziehen, kamen die Länder aber nicht durch. Unter anderem Deutschland hatte sich dagegen gestellt. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte beim Agrarrat vergangene Woche die Bestrebungen scharf, den Freihandel auszubremsen. Die Ukraine für Verwerfungen auf den Getreidemärkten verantwortlich zu machen, helfe der “Putinpropaganda“.

Getreide bleibt außen vor

Martin Courbier, Geschäftsführer des Vereins Der Agrarhandel, stimmt zu: Grund für die sinkenden Weltmarktpreise beim Getreide seien gute Ernten. Dass nicht ukrainische Importe dafür entscheidend seien, lasse sich auch daran ablesen, dass die Getreidepreise an der Börse in Chicago ebenso gesunken seien wie in Paris, sagt er Table.Briefings. Die Entscheidung, keine Schutzklausel für Getreide zu verhängen, begrüßt er deshalb.

Anders sieht das der EU-Bauerndachverband Copa Cogeca. Ohne die Ausweitung auf Weizen und Gerste bleibe der Kompromiss “untragbar für Landwirte.” Der Verband fordert auch, das gesamte Jahr 2021 in die Berechnung einzubeziehen, was den Schwellenwert weiter senken würde. jd

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Initiative kritisiert Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitern

Die Initiative Faire Landarbeit hat ihren Jahresbericht 2023 vorgestellt. Demnach wurden Saisonarbeitskräfte in Deutschland auch im vergangenen Jahr unter kritikwürdigen Bedingungen beschäftigt. Größtes Problem sei die Bezahlung unterhalb des Mindestlohns. Außerdem werde ihnen der volle Krankenversicherungsschutz und der Erwerb von Rentenansprüchen in Deutschland verweigert. “Indem wir sie zu Beschäftigten zweiter Klasse machen, untergraben wir bei diesen Menschen und in ihren Herkunftsländern das Vertrauen auf ein solidarisches und sozial gerechtes Europa”, sagt Harald Schaum, Bundesvorsitzender der IG Bau-Agrar-Umwelt. 

Arbeitskräfte aus Osteuropa spielen in der Landwirtschaft eine zentrale Rolle. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2020 insgesamt 274.700 Personen als Saisonarbeitskräfte in Deutschland tätig. Ihr Anteil an allen Beschäftigten in der Landwirtschaft lag bei 30 Prozent. 

Um ihre Situation zu verbessern, fordert die Initiative: 

  • Kurzfristig Beschäftigte in der Landwirtschaft müssen Anspruch auf den vollen Krankenversicherungsschutz erhalten. 
  • Kurzfristig Beschäftigte in der Landwirtschaft müssen sich einen Rentenanspruch erarbeiten können. 
  • Eine deutliche Ausweitung der Betriebsprüfungen und Kontrollen ist notwendig. 
  • Eine manipulationssichere Arbeitszeiterfassung und die rechtzeitige Auszahlung des Arbeitslohns müssen sichergestellt werden. 
  • Die Kosten für die Unterbringung in Gruppenunterkünften müssen vom Arbeitgeber getragen werden. 
  • Mindeststandards in der kontingentierten kurzzeitigen Beschäftigung müssen sichergestellt werden. 

Die Grundlage für den Jahresbericht bildeten 47 Feldaktionen von insgesamt 18 Teams, bei denen die Initiative in direkten Kontakt mit mehr als 3.300 Saisonarbeitskräften kam. 80 Prozent der angetroffenen Beschäftigten waren Frauen und Männer aus Rumänien, darunter ein hoher Anteil von Angehörigen der ungarischsprachigen Minderheit in Rumänien. 

In der Initiative Faire Landwirtschaft haben sich die IG Bau, gewerkschaftliche und kirchliche Beratungsstellen sowie der Europäische Verein für Wanderarbeiterfragen (EVW) zusammengeschlossen. ch 

  • Landwirtschaft

Termine

04.04. – 07.04.2024 / Messe Stuttgart
Messe Fair Handeln – Internationale Messe für Fair Trade und global verantwortungsvolles Handeln
Die Messe bietet eine Plattform für faires und nachhaltiges Handeln in Wirtschaft, Mode, Finanzwesen, Tourismus und Entwicklungszusammenarbeit. Alle, die sich für entwicklungspolitisches Engagement und eine verantwortungsbewusste Lebensweise interessieren, finden hier Produkte und Ideen für eine gerechtere Zukunft auf unserem Planeten – von fair gehandelten Lebensmitteln und Kunsthandwerkartikeln über Future Fashion, Kaffeeverkostungen, Repair Cafés und Klimakompensation. INFO

10.04.2024 – 19.00 – 21.00 Uhr / Landesvertretung des Saarlandes in Berlin
Landwirtschaft im Dialog Diskussionsveranstaltung Milch trinken und das Klima schützen?
Gut ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands ist Dauergrünland. Die Rinderhaltung ist der einzige Weg, diese Flächen für die menschliche Ernährung nutzbar zu machen. Die grasbasierte Milchproduktion gilt als nachhaltigste Variante. Ist Milch also besser als ihr Ruf? INFO & ANMELDUNG

12.04. – 13.04.2024 / Stadthalle Bad Neustadt
Josef Göppel Symposium Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen – vom Spannungsfeld zur Lösungswelt
“Nur Mut” – das war sein Lebensmotto und ganz in diesem Sinne wird das Josef Göppel Symposium 2024 stehen. Zahlreiche Politikerinnen und Politiker, sowie Vertreter*innen von Verbänden werden am Symposium teilnehmen, und das Potential aus Transformationsprozess und gemeinsamen Handelns zu diskutieren. Mit dabei BN-Vorsitzender Richard Mergner, Präsident des BBV Günther Felßner, Vorsitzende des DVL  Maria Noichl (MdEP, SPD), Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz Thorsten Glauber und andere. INFO

22.04. – 23.04. / Neudietendorf Erfurt
Seminar Zweite BZL-Beratertagung: Betriebliche Möglichkeiten für Gewässerschutz und Wassermanagement
Welchen Beitrag hat die Landwirtschaft zum Gewässerschutz? Wie kann eine klimaschonende Landwirtschaft nachhaltig mit der Ressource Wasser umgehen? Auf der Tagung werden Ideen und Beispiele aus den Bereichen Tierproduktion und Pflanzenbau vorgestellt. PROGRAMM

23.04.2024 – 13.00 – 22.00 Uhr / Festsaal Kreuzberg Berlin
Diskussionsforum Zukunftsdialog Agrar und Ernährung 2024
Der Zukunftsdialog Agrar und Ernährung bringt vor dem Hintergrund dieser aktuellen Debatten bei Ernährung, Nachhaltigkeit, Erzeugung und Lebensmittelsicherheit die Agrarbranche mit ihren Kritikern auf Augenhöhe zusammen. Das Event bietet Raum für einen offenen, kritischen und lösungsorientierten Diskurs zwischen allen relevanten und wichtigen Stakeholdern. INFO & ANMELDUNG

23.04. – 24.04.2024 / Hilton Hotel Flughafen München
Kongress 16. Molkerei Kongress
Der Branchentreff der Lebensmittel Zeitung für Milchwirtschaft, milchverarbeitende Unternehmen und Handel. INFO

24.04. – 25.04.2024 / Eichhof in Bad Hersfeld
Tagung 3. BZL-Bildungsforum: “Neue Formate in der landwirtschaftlichen Berufsbildung”
Von Nachhaltigkeit im Unterricht über die Motivation der Schülerschaft bis hin zur Drohnentechnik im Pflanzenbau – um “Neue Formate in der landwirtschaftlichen Berufsbildung” geht es beim 3. Bildungsforum für die berufliche Bildung des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL). INFO & ANMELDUNG

Must Reads

Lebensmittelzeitung: Buschmann setzt EU-Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung um

Bundesjustizminister Marco Buschmann hat einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten (CSRD) von Unternehmen veröffentlicht. Der Entwurf ist an das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz gekoppelt und schreibt Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern eine regelmäßige Berichterstattung über Umwelt- und Sozialstandards vor. Bis 2028 werden auch kleinere Betriebe miteinbezogen. Buschmann betont, dass nur der Mindeststandard der EU-Richtlinie übernommen werde. Er hat Bedenken, dass weitere Regelungen die Wirtschaft übermäßig belasten. Zum Artikel

Handelsblatt: Interview: Wie der neue Baywa-Chef Marcus Pöllinger den Konzern aus der Krise führen will

Der neue Baywa-Vorstandsvorsitzende Marcus Pöllinger will das Portfolio Baywas stärker fokussieren. Das Unternehmen habe sich in den letzten 15 Jahren aufgrund der niedrigen Zinsen und Preise vielleicht zu zügig expandiert, so Pöllinger. Er sieht große Wachstumsfelder im internationalen Getreide- und Spezialitätenhandel und erneuerbaren Energien. Im deutschen Landwirtschafts- und Baubereich hingegen sollen die Investitionen gebremst werden. Zum Artikel

Handelsblatt: Die hohen Lebensmittelpreise sind erst der Anfang

Die Lebensmittelpreise etwa für Kakao, Olivenöl und Orangen befinden sich auf mehrjährigen Höchstständen. Grund dafür sind klimabedingte Ernteverluste, sowie gestiegene Produktions- und Transportkosten und der Ukraine-Krieg. Der Agrarökonom und ehemalige OECD-Direktor Stefan Tangermann sieht keine Gefahr der Nahrungsmittelkrise, allerdings müssten Verbraucher künftig mit kurzfristigen Versorgungsschwankungen und Preisanstiegen rechnen. Durch den Klimawandel könnten Preise künftig noch weiter ansteigen. Zum Artikel

AgE: Dänen wollen Abfälle reduzieren

Der dänische Landwirtschaftsminister Jensen hat erstmals eine Strategie vorgestellt, die ausschließlich auf die Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung abzielt. Um die Abfallmenge zu reduzieren, sollen unter anderem Rechtsvorschriften vereinfacht sowie Wissen vermittelt werden. In dem skandinavischen Land werden jedes Jahr fast 900.000 Tonnen genießbare Lebensmittel weggeworfen. Zum Artikel

Politico: UK goods to face new Canadian tariffs in latest blow to Brexit trade agenda

Die Verhandlungen zwischen Großbritannien und Kanada über eine Erneuerung der Handelsregeln sind in letzter Minute gescheitert. Damit werden britische Exporte nach Kanada ab dem 1. April mit neuen Zöllen belegt. Britische Automobil-, Chemie- und Lebensmittelexporteure könnten mit Zöllen bis zu 6,1 Prozent des Verkaufspreises konfrontiert sein, was einem Verlust von etwa 700 Millionen Pfund allein für die Automobilindustrie entspricht. Zum Artikel

Euractiv: Angst vor Instrumentalisierung: Frankreich verschiebt Abstimmung über CETA

Frankreich will das CETA-Handelsabkommen CETA der EU und Kanada nicht vor den Europawahlen im Parlament zur Abstimmung stellen. Bereits vor zwei Wochen hatte der französische Senat die CETA-Ratifizierung abgelehnt. Nun will auch die französische Regierung die Abstimmung aufschieben. Man wolle verhindern, dass bestimmte Oppositionsgruppen diese Debatte für Wahlzwecke instrumentalisieren, sagte der französische Außenhandelsminister Franck Riester. Zum Artikel

The Wall Street Journal: Companies Are Seeking Real-World Supply-Chain Gains in New AI Tools

Unternehmen setzen vermehrt auf generative KI in ihren Lieferketten, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Bayer etwa nutzt ein KI-Tool, um bei Störungen im Roten Meer schnell reagieren zu können, wenn Angriffe auf Containerschiffe durch Huthi-Rebellen längere Versandwege notwendig machen. Der Hersteller Mars nutzt generative KI, um LKW-Ladungen zu kombinieren und die Versandkosten zu senken. Zum Artikel

Spiegel: Kolumne: Spekulationen über Cem Özdemir – Er läuft sich warm

Während seiner Reise durch Baden-Württemberg wird Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit einer immer wiederkehrenden Frage konfrontiert: Strebt er danach, Winfried Kretschmann als führender Politiker des Bundeslandes abzulösen? Kretschmann hat angekündigt, bei der nächsten Wahl 2026 nicht mehr anzutreten. Für die Grünen wäre Özdemir daher ein naheliegender und potenziell aussichtsreicher Kandidat für seine Nachfolge. Die beiden sind zwar unterschiedliche Typen, teilen aber Wirtschaftsnähe und Pragmatismus. Zum Artikel

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Heike Vesper: “Wir versuchen ein Orchester zu sein”

Heike Vesper ist Meeresbiologin und sitzt im Vorstand des WWF.

Sie wollte zunächst eine “tolle Wissenschaftlerin” werden, wie Heike Vesper es beschreibt. Doch das Biologie-Studium in Bremen und Amsterdam eröffnete ihr eine weitere Perspektive: als Brückenbauerin zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischer Politik. Daher verließ sie die Universität und ging zum WWF Deutschland. Dort arbeitet sie nun seit drei Jahrzehnten, mittlerweile als Vorständin für “Transformation Politik & Wirtschaft”.

In dieser Funktion tritt Vesper regelmäßig auf und ist so ein öffentliches Gesicht des deutschen Ablegers des WWF geworden. Internationale und lokale Kampagnen sind eine Spezialität der gemeinnützigen Organisation, für die aktuell fast 500 Menschen tätig sind.

Zurückblicken kann Vesper, die von 1999 bis 2023 den Fachbereich Meeresschutz beim WWF Deutschland leitete, auf die Verbreitung des Begriffs “Überfischung”, an der sie beteiligt war. Obwohl der Tatbestand selbst bereits seit Langem existierte, musste er erst ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Vesper nahm sich dem neuen Arbeitsfeld an und entwickelte das Thema nachhaltiger Fischkonsum. “Als wir damit angefangen haben, Anfang der 2000er-Jahre, gab es dazu gar nichts”, erinnert sie sich. “Der WWF hat deshalb einen Fischratgeber erarbeitet und mit diesem verknüpft eine große wissenschaftliche Datenbank aufgebaut.” Über die Jahre zahlte sich die Beharrlichkeit aus: “Ich würde es als absoluten Erfolg feiern, dass heute so viel mehr Menschen darüber Bescheid wissen, was Überfischung ist.”

Überfischung hat “mit mir zu tun”

Später ging die NGO mit dem Einzelhandel Partnerschaften ein – eine Praxis, für die der WWF über die Jahre immer mal wieder kritisiert wurde. “Wir arbeiten mit Kampagnen, wir arbeiten an Lösungen, wir arbeiten mit der Industrie”, sagt Vesper. “Wir versuchen, ein Orchester zu sein, und nicht nur Einzelspielerinnen und Einzelspieler.”

Doch reicht es, ein Problem in der Öffentlichkeit bekannt zu machen? “Es gibt ein Problem, das heißt Überfischung. Und es hat mit mir zu tun, weil ich Fisch esse. Das ist der Schritt, der gegangen werden musste. Zur Verhaltensänderung ist es dann noch ein langer Weg”, argumentiert sie.

Zuweilen kommt es vor, dass Vesper selbst im Privaten in der Rolle als Expertin wahrgenommen wird. “Bis zu dem Punkt, wo Leute sich im Supermarkt über ihren Einkaufswagen werfen, wenn sie mich sehen und sagen: ‘Nein, du sollst nicht reingucken'”, amüsiert sich Vesper. “Das muss ich auch nicht. Du musst doch selbst wissen, was du einkaufst.”

Die WWF-Verantwortliche will nicht das individuelle Essverhalten regulieren. Aber es bräuchte aus ihrer Sicht Anreize zur Veränderung des Konsumverhaltens. “Die Lebensmittel, die einen besonders geringen ökologischen Fußabdruck haben, und die auch noch gesundheitlich für mich besser sind, sollten zum Beispiel günstiger sein”, erklärt Vesper einen Ansatz. “Das kann man mit Stellschrauben regulieren: indem man zum Beispiel einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf Gemüse, Hülsenfrüchte oder Obst setzt als auf Fleisch.”

Regularien ergänzen Überzeugungsarbeit

Nun brauche es ein noch stärkeres Bewusstsein für die negativen Entwicklungen in der Lebensmittelvermarktung, aber auch gesetzliche Vorschriften. “Die Folie, die die eingeschweißte kleingeschnittene Banane im Supermarkt hat, besteht aus sieben Schichten. Und diese sieben Schichten sind alles unterschiedliche Stoffe”, nennt Vesper ein Beispiel. Daraus könne man nichts Neues mehr machen. “Deshalb braucht es diese ganzen Regulierungen zum Abfall oder zur Herstellung von solchen Produkten, damit man dann eben auch sortenrein recyceln kann.”

Der Grad der Entscheidungsfreiheit sei laut Vesper massiv abhängig vom Grad des Problems und der Zeit, die zur Verfügung stehe, um das Problem zu lösen. “Wenn uns die Zeit davonrennt und wir als gesamte Menschheit agieren müssen, dann wird das nicht allein durch Überzeugung klappen. Deshalb braucht es manchmal auch Regularien”, sagt sie. Constantin Eckner

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    dass sich ein grüner Bundeslandwirtschaftsminister für den Aufschub der EU-Entwaldungsverordnung einsetzt, mag überraschen. Noch überraschender dürfte allerdings sein, dass sich nun auch das grün geführte Bundesumweltministerium (BMUV) in die Reihe derjenigen einordnet, die das Verkaufsverbot von Produkten aus illegaler Abholzung auf dem EU-Mark später als geplant in Kraft treten lassen wollen. Warum das BMUV damit der Forderung nachkommt, die zuvor mehrere Agrarverbände an Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir herangetragen hatten, weiß meine Kollegin Julia Dahm.

    Eine andere Verordnung, die die EU nach langem Ringen nun auf den Weg gebracht hat, trifft in der Lebensmittel- und Verpackungsindustrie derweil auf ein geteiltes Echo. Zwar muss die Kompromisslösung zur EU-Verpackungsverordnung noch in einen finalen Text gegossen werden. Doch etwa die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie fürchtet bereits den steigenden Bürokratieaufwand, wenn künftig verbindliche Mehrwegziele für Getränke- und Lebensmittelverpackungen eingehalten werden müssen. Wie sich demgegenüber der Mehrwegverband Deutschland zur neuen Verpackungsverordnung positioniert, hat mein Kollege Kai Moll recherchiert.

    Ihre
    Merle Heusmann
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    Analyse

    Auch Deutschland drängt auf Verzögerung: Diese Hürden muss die EU-Entwaldungsverordnung nehmen

    Seit einem Jahr ist die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten beschlossene Sache, trotzdem sind jetzt wieder Diskussionen darüber entbrannt. Die Regeln, die verhindern sollen, dass auf dem EU-Markt Produkte aus Abholzung verkauft werden, treten planmäßig Ende des Jahres in Kraft. Doch neben dem grünen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir stellt sich jetzt auch das BMUV hinter die Forderung, die Übergangsfrist zu verlängern. Beim EU-Agrarrat vergangene Woche hatten sich neben Özdemir auf Initiative Österreichs 20 Minister für einen Aufschub ausgesprochen.

    Entscheidend ist aus BMUV-Sicht, ob die EU-Kommission rechtzeitig das sogenannte Länder-Benchmarking veröffentlicht: eine Liste, die jedem Land eine bestimmte Risikostufe für Entwaldung zuweist. Geschehe dies nicht, “befürwortet die Bundesregierung die Verlängerung der Übergangsphase“, sagt ein Sprecher Table.Briefings. Schon während der Verhandlungen zum Gesetz habe sich die Bundesregierung darauf verständigt, dass dieses “nur umsetzbar” sei, wenn das Benchmarking vor Inkrafttreten der Regeln vorliegt.

    Länderliste könnte zu spät kommen

    Durch das Ranking sollen Behörden und Wirtschaftsakteure bei der Umsetzung der Verordnung besser einschätzen können, in welchen Ländern sie bei Lieferanten auf besonders genaue Nachweise dafür pochen müssen, dass für ein Produkt kein Wald abgeholzt wurde. Die Kommission hatte zuletzt Verzögerungen eingeräumt.

    Es sei “möglich“, dass das Benchmarking nicht vor Ende des Jahres bereit sei, erklärte Astrid Schomaker von der Generaldirektion Umwelt kürzlich vor dem EU-Agrarausschuss. Aufgrund von Schwierigkeiten bei der Datenerhebung sei die Vorbereitung komplex, zudem wolle man sich die Zeit für den Austausch mit Behörden vor Ort nehmen, bevor man ein Land als Hochrisikostaat einstufe.

    Kommission schließt Aufschub aus

    Trotz der Verzögerungen hat die Kommission einen Aufschub der Verordnung bisher ausgeschlossen. “Natürlich hören wir uns die Argumente an, aber ehrlich gesagt sehe ich keine Probleme”, so Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius vergangene Woche. Für einen Aufschub wäre zudem ein vollständiges Gesetzgebungsverfahren unter Beteiligung von Rat und Parlament nötig, um die entsprechenden Passagen zu ändern.

    Auch ohne fertiges Länderranking könnten die Regeln aber aus Schomakers Sicht ohne Probleme in Kraft treten: “In diesem Fall würden alle Länder erst einmal automatisch als Standardrisiko eingestuft.” Genau das wäre aus deutscher Sicht jedoch unvorteilhaft. Denn in einem fertigen Länder-Benchmarking würde die Bundesrepublik mit großer Wahrscheinlichkeit als Niedrigrisikoland eingeordnet.

    Deutschland pocht auf Status als Niedrigrisikoland

    “Ohne das Länder-Benchmarking gelten essenzielle Erleichterungen für Niedrigrisikoländer nicht und die Verordnung ist nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für Wirtschaft und Verwaltung anwendbar”, moniert das BMUV. Waldbesitzer und Rinderhalter in Deutschland – neben Holz fallen unter anderem Rindererzeugnisse unter die Regeln – müssten mehr Aufwand betreiben, um zu belegen, dass ihre Erzeugnisse nicht mit Abholzung in Verbindung stehen, so die Befürchtung.

    Während unter anderem Özdemir den geforderten Aufschub auch mit besonderen Belastungen “für Klein- und Kleinstwaldbesitzer” begründet, verweisen Umweltschützer darauf, dass das Gesetz für kleine Betriebe ohnehin eine längere Übergangsfrist vorsehe – erst ab Mitte 2025 gelten die Regeln auch für sie.

    Europa-Grüne gegen Verzögerung

    Zudem stelle die Verordnung klar, dass Mitgliedstaaten kleinen Betrieben und Höfen technische Unterstützung zur Seite stellen können, sagt Anke Schulmeister-Oldenhove vom Europabüro des WWF. “Auch die EU-Mitgliedstaaten müssen ihren Teil dazu beitragen, dass das Gesetz funktioniert”, betont sie.

    Anders als die beiden grünen Bundesministerien sieht es auch der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling. Im Agrarausschuss kritisiert er Bestrebungen, strenge Regeln für heimische Erzeuger abwenden zu wollen, während man diese von Drittländern fordere. “Ich glaube, dass die Umsetzung zu schaffen ist, auch wenn ich zugebe, dass die Kommission ein bisschen spät dran ist”, sagt er.

    Grünen-Ministerien auf Industrie-Linie

    Unterstützung bekommen BMEL und BMUV dagegen von Vertretern aus Agrarhandel und Ernährungswirtschaft. In einem Brief, der Table.Briefings vorliegt, forderten im Vorfeld des Agrarrats der Deutsche Raiffeisenverband (DRV), der Verein Der Agrarhandel, sowie der Pflanzenöl-Handelsverband Grofor von Özdemir, sich für eine Verschiebung einzusetzen.

    Neben dem Länder-Benchmarking verweist der Brief auf weitere “ausstehende Klärungen und fehlende Instrumente”, die für die praktische Umsetzung nötig seien. Liefert die Kommission diese nicht rechtzeitig vor Ende des Jahres, “können wir schwerwiegende Störungen in allen Rohstofflieferketten nicht ausschließen”, so die Verbände. Unter anderem beim IT-System, das für die Umsetzung aufgebaut werden soll, hake es noch.

    Ursprungsländer von Kakao und Palmöl betroffen

    Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) unterstützt die Forderung nach Aufschub. Geschäftsführer Olivier Kölsch verweist auf den Mehraufwand von Kleinbauern und Händlern in den Hauptursprungsländern vieler betroffener Produkte, wie Kakao, Kaffee oder Palmöl.

    Die Verordnung gilt international als politisch heikel, zuletzt tourte Umweltkommissar Sinkevičius immer wieder durch betroffene Länder. Es gehe um “konstruktiven Dialog“, sagt er selbst. Auch hier gibt sich die Kommission jedoch zuversichtlich. Aktuell veröffentliche man laufend neue FAQs, um Unklarheiten internationaler Partner auszuräumen. Vor Ende des Jahres will man zudem einen offiziellen Leitfaden veröffentlichen.

    Auch das IT-System soll bis Ende des Jahres stehen, so Schomaker – zumindest in grundsätzlich funktionsfähiger Form. Verbesserungen sollen sukzessive kommen – nach Inkrafttreten.

    • Agrarhandel
    • Entwaldung
    • Lieferketten
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    BVE fürchtet hohen Bürokratieaufwand durch Verpackungsverordnung

    Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) erwartet einen hohen Bürokratieaufwand für Unternehmen durch die geplante EU-Verpackungsverordnung. Befürchtungen des Verbandes, die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) könne zu Störungen bei den etablierten deutschen Mehrweg- und Einwegsystemen führen, konnten dagegen verringert werden, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Peter Feller im Gespräch mit Table.Briefings. Die EU-Staaten hatten sich nach schwierigen Verhandlungen am 15. März auf eine Kompromisslösung zur EU-Verpackungsverordnung geeinigt.

    Eine endgültige Bewertung der PPWR kann Feller noch nicht abgeben. Die Verordnung sei schwer zu beurteilen und mit einigen Unwägbarkeiten behaftet. Eine finale Textfassung liege noch nicht vor. “Das Regelwerk bedarf zudem der Konkretisierung durch delegierte Rechtsakte, wobei die EU-Kommission Detailregelungen für unterschiedliche Themenbereiche trifft. Und das sind nicht wenige”, so Feller. Zudem werde sich das Rechtsetzungsverfahren aller Voraussicht nach noch in die nächste Legislaturperiode hineinziehen.

    Unternehmen müssen Daten liefern, die die Bundesregierung an die EU übermittelt

    “Wir gehen aber jetzt schon davon aus, dass der Bürokratieaufwand für die Unternehmen steigen wird”, sagt Feller. So müsse die Bundesregierung zukünftig regelmäßig Daten an die EU liefern, die von den Unternehmen generiert werden müssten: etwa zu Recycling-, Rezyklateinsatz-, Mehrweg- und Einwegquoten. Darüber hinaus müssten Hersteller künftig für alle Verpackungen, die sie in den Verkehr bringen, Konformitätsbewertungsverfahren durchführen. Darin müssen sie prüfen und dokumentieren, dass die Verpackungen allen Anforderungen der Verordnung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Kennzeichnung entsprechen.

    Positiv bewertet Feller dagegen Veränderungen hinsichtlich von Mehrweg- und Einwegsystemen. Hier habe es im ursprünglichen Verordnungstext der EU-Kommission einige Detailregelungen gegeben, die das reibungslose Funktionieren der etablierten deutschen Systeme hätten beeinträchtigen können. “Da ist unser Eindruck, dass einem erheblichen Teil unserer Bedenken Rechnung getragen wurde. Ob das schlussendlich reicht, um alle Beeinträchtigungen zu vermeiden, muss man abwarten”, erklärt Feller.

    “Schnelligkeit vor Gründlichkeit”

    Eine Herausforderung sieht die BVE in den vorgesehenen Quoten zum Rezyklateinsatz bei Kunststoffverpackungen. Bei Lebensmittelverpackungen müsse der Rezyklateinsatz vereinbar sein mit dem Aspekt der Lebensmittelsicherheit. “Das ist bisher nur bei PET-Verpackungen gelungen. In allen anderen Bereichen ist der Rezyklateinsatz im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit zurzeit so gut wie unmöglich”, sagt der BVE-Vertreter.

    Insgesamt habe man beim BVE den Eindruck, dass bei der PPWR am Ende nach dem Prinzip “Schnelligkeit vor Gründlichkeit” verfahren worden sei, um das Regelwerk der Verabschiedung zuzuführen. “Die Probleme werden sich in der Anwendung und Umsetzung herausstellen. Das ist vorprogrammiert”, sagt Feller voraus.

    Mehrwegverband: PPWR ist positives Signal, aber wenig ambitioniert

    Der Mehrwegverband Deutschland begrüßt den Durchbruch bei den Verhandlungen zur EU-Verpackungsverordnung als “positives Signal”. Damit sei erstmals auf europäischer Ebene die Zielsetzung der Reduzierung von Verpackungsmüll (15 Prozent bis 2040) unter anderem durch verbindliche Mehrwegquoten gesetzlich für alle Mitgliedstaaten verankert worden. Angesichts des außergewöhnlichen Lobbydrucks seitens der Einwegbranche, den stark divergierenden Interessen der Mitgliedstaaten sowie der Blockadebemühungen der FDP sei dies als wichtiger Schritt zu bewerten. Die Einigung der Ampel-Regierung auf eine Zustimmung zum vorliegenden Entwurf begrüße man ausdrücklich.

    “Wir hätten uns allerdings eine deutlich ambitioniertere europäische Verpackungsverordnung gewünscht”, schränkte Mathias Gerspacher vom Mehrwegverband seine Zustimmung gegenüber Table.Briefings ein. Konkret kritisiert der Mehrwegverband die Absenkung von Mehrwegquoten im vorliegenden Text im Vergleich zum Ursprungsentwurf der EU-Kommission. Die PPWR enthält für eine Vielzahl von Produkten unterschiedliche Mehrwegquoten für Verpackungen, die bis 2030 beziehungsweise 2040 erreicht werden sollen. Hier wurden die Anforderungen teilweise gegenüber den Kommissionsplanungen heruntergeschraubt.

    “Verwässerungen durch zahlreiche Ausnahmeregelungen”

    Außerdem stoßen “starke Verwässerungen durch zahlreiche Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher” auf die Kritik des Verbandes. Als Beispiele nennt Gerspacher:

    • Keine verbindlichen Mehrwegziele für Unternehmen, die weniger als 1.000 Kilogramm an Verpackungen in einem Jahr in den Verkehr bringen oder als Kleinstunternehmen gelten.
    • Streichung von Zielvorgaben für die Wiederverwendung von Kartonverpackungen, wenn sie als Transportverpackungen dienen.

    Die Abschwächungen stünden der Einhaltung der Prioritätsreihenfolge der europäischen Abfallhierarchie und somit einer erfolgreichen Reduzierung des Verpackungsmülls diametral entgegen.

    Finale Beschlussfassung durch Parlament und Rat vor Europawahl fraglich

    Für die Mitglieder des Mehrwegverbands sowie für deren Investoren eröffne die PPWR jedoch laut Gerspacher die große Chance, durch skalierbare Mehrwegsysteme nachhaltig Verpackungsmüll zu reduzieren. “Hier können wir uns an die Spitze des globalen Wettbewerbs stellen und als Vorreiter die dringend notwendige Transformation zur Kreislaufwirtschaft vorantreiben”, meint Gerspacher.

    Diesen Monat soll die PPWR im EU-Parlament in erster Lesung verabschiedet werden, was als Formalie gilt. Experten rechnen aber nicht damit, dass eine finale Beschlussfassung durch Parlament und Rat vor der Europawahl im Juni erfolgt.

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    News

    BMEL-Entwurf lässt Lücken bei Vertragspflicht auf dem Milchmarkt

    Molkereien und Milchbauern sollen künftig vertraglich festlegen, wie viel Milch wann und zu welchem Preis abgenommen wird. Das sieht ein Referentenentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) vor, der aktuell zwischen den Ressorts abgestimmt wird. Bislang liefern Milchbauern meistens ihre gesamte Produktion an eine Molkerei, ohne im Vorfeld einen Preis dafür abzustimmen. Dieser wird in flexibler Höhe – in Abhängigkeit vom Verkaufspreis, den die Molkerei am Markt erzielt – gezahlt.

    Mit dem Entwurf setzt Deutschland Artikel 148 der EU-Verordnung zur Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) für landwirtschaftliche Erzeugnisse um. Das ist für die einzelnen EU-Mitgliedstaaten freiwillig. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erhofft sich, die Verhandlungsmacht von Milchbauern gegenüber Händlern und Molkereien zu stärken

    Nur 80 Prozent der Milchmenge abgedeckt

    Entgegenkommen will Ressortchef Özdemir der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, dem Bund deutscher Milchviehhalter und dem MEG Milch Board. Diese Verbände fordern schon lange, dass der Artikel 148 national umgesetzt wird. Aus zwei Gründen stößt der Verordnungsentwurf bei AbL, BDM und MEG Milch Board allerdings nicht auf Gegenliebe. Erstens, der künftig vertraglich zu fixierende Preis soll nämlich nur für 80 Prozent der gelieferten Milchmenge gelten. Zweitens, Genossenschaften, die rund zwei Drittel der deutschen Milch erfassen, sind zwar in die Vertragspflicht einbezogen. Aber sie dürfen die rechtlichen Vorgaben, anstatt über einen Vertragsabschluss vor Lieferung, auch über Lieferordnungen und Satzungen erfüllen.

    “Das bietet Schlupflöcher”, sagt Agrarfachfrau Reinhild Benning von der Deutschen Umwelthilfe. Zwar sei der BMEL-Entwurf ein Schritt in die richtige Richtung, “weil hoffentlich weniger Milch unterhalb der Produktionskosten gehandelt wird”. Trotzdem bleibe der Entwurf “halbherzig”, weil Molkereien 20 Prozent der Milchmenge ohne Vertragsbindung weiterhin “verramschen” können.

    Innerhalb des Milchsektors ist die Umsetzung des Artikel 148 seit jeher umstritten. Der Milchindustrieverband (MIV) spricht sich, anders als AbL, BDM, und MEG Milch Board, gegen staatliche Eingriffe in Milchlieferbeziehungen aus. Der Verband, der sowohl private als auch Genossenschaftsmolkereien vertritt, erwartet keine positiven Auswirkungen für Milcherzeuger. Stattdessen mehr Bürokratie, “obwohl seit Jahrzehnten ein Bürokratieabbau seitens der Politik versprochen wird”, kritisiert MIV-Geschäftsführer Eckhard Heuser. Die Verordnung wecke “kaum zu realisierende Hoffnungen”, “weltweite Einflüsse auf das Marktgeschehen” würden ausgeblendet. has/jd

    • Agrarpolitik
    • Bürokratie
    • Landwirtschaft

    Studie: Gesündere Ernährung “entscheidender Hebel” für 1,5-Grad-Ziel

    Halbiert sich der globale Konsum von rotem Fleisch und Zucker und verdoppelt sich zugleich der Konsum von gesunden Produkten wie Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse, würde das helfen, das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Lebensmittel und Energiepreise wären so vergleichsweise günstiger und die Abhängigkeit von CO₂-Entnahmetechnologien würde sinken. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer neuen Studie, die am Mittwoch im Fachmagazine “Science Advances” veröffentlicht wurde.

    Die sogenannte Planetary Health Diet der EAT-Lancet-Kommission würde “das globale CO₂-Budget für das 1,5-Grad-Ziel von aktuell 500 Gigatonnen um 125 Gigatonnen erweitern”, so Leitautor Florian Humpenöder, der am PIK zu Transformationspfaden forscht. Durch den geringeren Fleischkonsum und einer weniger intensiven Landwirtschaft werde weniger Methan und Lachgas emittiert, heißt es in der Studie. Beide sind vielfach klimaschädlicher als CO₂ und werden entsprechend ihrer Klimawirksamkeit im CO₂-Budget erfasst.

    Gesündere Ernährung senkt CO₂-Preis und Flächenbedarf

    Die Studie zeigt auch weitere Vorteile einer gesünderen Ernährung:

    • Ein potenzieller globaler Emissionspreis wäre im Jahr 2030 um 57 Prozent niedriger und im Jahr 2050 um 43 Prozent niedriger, verglichen mit dem 1,5-Grad-Szenario ohne Ernährungswende.
    • Es würde mehr Agrarfläche frei werden, wodurch sich die Landnutzungsintensität verringert und weniger Stickstoff in der Düngung verloren geht.
    • Die Abhängigkeit von CO₂-Entnahmetechnologien im Jahr 2050 wäre um 39 Prozent geringer.
    • Die Lebensmittelpreise wären halb so hoch wie ohne Ernährungswende.

    Schon jetzt treibt der Klimawandel die Inflation an, wie eine weitere Studie des PIK zeigt. Um 2035 herum könnten die Lebensmittelpreise durch die höheren Temperaturen um bis zu 3,2 Prozentpunkte pro Jahr steigen.

    Wie die Ernährungswende tatsächlich gelingen kann, war nicht Gegenstand der neuen Studie. Die Forschenden merken aber an, dass die Besteuerung von Lamm- und Rindfleisch inklusive sozialer Ausgleichsregelungen, ein gesünderes Angebot in Kantinen und Werbeverbote von gesundheitsschädlichen Produkten hilfreich sein könnten. Ein Hindernis sei, dass die Entscheidungskompetenzen auf verschiedene Institutionen und Ministerien verteilt seien. lb

    • Ernährung
    • Gesundheit
    • Klimaziele

    EU-Parlament bei Ukraine-Freihandel unter Zugzwang

    Dem EU-Parlament bleibt kaum Zeit, den zoll- und quotenfreien Handel zwischen EU und Ukraine zu verlängern, nachdem Vertreter der Mitgliedstaaten den schon gefundenen Kompromiss noch einmal aufgeschnürt haben. Obwohl Parlament und Rat sich bereits auf eine Version geeinigt hatten, nahmen die EU-Botschafter vergangene Woche Änderungen vor. Auf Druck vor allem von Frankreich und Polen schärften sie bei Schutzmaßnahmen für Agrarprodukte nach.

    Obwohl es sie nicht mitverhandelt hat, muss das Parlament die Wünsche der Mitgliedstaaten voraussichtlich unverändert annehmen, damit die neuen Freihandelsmaßnahmen rechtzeitig vor Auslaufen der bestehenden implementiert werden. Der zuständige Handelsausschuss dürfte bei seiner nächsten Sitzung am 9. April abstimmen, das Plenum dann bei seiner letzten Sitzung der Legislaturperiode Ende des Monats.

    Zölle sollen schneller wieder greifen

    Mit dem Kompromiss gehen die EU-Länder allerdings nur teilweise auf die Forderungen von Frankreich und Polen ein: Zwar wird der Schwellenwert, ab dem künftig Quoten und Zölle für bestimmte Agrarprodukte wieder gelten sollen, gesenkt. Statt ihn an den durchschnittlichen Importwert der Jahre 2022 bis 2023 zu knüpfen, soll auch die zweite Hälfte des Jahres 2021 einbezogen werden, als die Ukraine weniger exportierte.

    Mit der Forderung, auch Getreide in die Schutzklausel einzubeziehen, kamen die Länder aber nicht durch. Unter anderem Deutschland hatte sich dagegen gestellt. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte beim Agrarrat vergangene Woche die Bestrebungen scharf, den Freihandel auszubremsen. Die Ukraine für Verwerfungen auf den Getreidemärkten verantwortlich zu machen, helfe der “Putinpropaganda“.

    Getreide bleibt außen vor

    Martin Courbier, Geschäftsführer des Vereins Der Agrarhandel, stimmt zu: Grund für die sinkenden Weltmarktpreise beim Getreide seien gute Ernten. Dass nicht ukrainische Importe dafür entscheidend seien, lasse sich auch daran ablesen, dass die Getreidepreise an der Börse in Chicago ebenso gesunken seien wie in Paris, sagt er Table.Briefings. Die Entscheidung, keine Schutzklausel für Getreide zu verhängen, begrüßt er deshalb.

    Anders sieht das der EU-Bauerndachverband Copa Cogeca. Ohne die Ausweitung auf Weizen und Gerste bleibe der Kompromiss “untragbar für Landwirte.” Der Verband fordert auch, das gesamte Jahr 2021 in die Berechnung einzubeziehen, was den Schwellenwert weiter senken würde. jd

    • Handelspolitik
    • Ukraine

    Initiative kritisiert Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitern

    Die Initiative Faire Landarbeit hat ihren Jahresbericht 2023 vorgestellt. Demnach wurden Saisonarbeitskräfte in Deutschland auch im vergangenen Jahr unter kritikwürdigen Bedingungen beschäftigt. Größtes Problem sei die Bezahlung unterhalb des Mindestlohns. Außerdem werde ihnen der volle Krankenversicherungsschutz und der Erwerb von Rentenansprüchen in Deutschland verweigert. “Indem wir sie zu Beschäftigten zweiter Klasse machen, untergraben wir bei diesen Menschen und in ihren Herkunftsländern das Vertrauen auf ein solidarisches und sozial gerechtes Europa”, sagt Harald Schaum, Bundesvorsitzender der IG Bau-Agrar-Umwelt. 

    Arbeitskräfte aus Osteuropa spielen in der Landwirtschaft eine zentrale Rolle. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2020 insgesamt 274.700 Personen als Saisonarbeitskräfte in Deutschland tätig. Ihr Anteil an allen Beschäftigten in der Landwirtschaft lag bei 30 Prozent. 

    Um ihre Situation zu verbessern, fordert die Initiative: 

    • Kurzfristig Beschäftigte in der Landwirtschaft müssen Anspruch auf den vollen Krankenversicherungsschutz erhalten. 
    • Kurzfristig Beschäftigte in der Landwirtschaft müssen sich einen Rentenanspruch erarbeiten können. 
    • Eine deutliche Ausweitung der Betriebsprüfungen und Kontrollen ist notwendig. 
    • Eine manipulationssichere Arbeitszeiterfassung und die rechtzeitige Auszahlung des Arbeitslohns müssen sichergestellt werden. 
    • Die Kosten für die Unterbringung in Gruppenunterkünften müssen vom Arbeitgeber getragen werden. 
    • Mindeststandards in der kontingentierten kurzzeitigen Beschäftigung müssen sichergestellt werden. 

    Die Grundlage für den Jahresbericht bildeten 47 Feldaktionen von insgesamt 18 Teams, bei denen die Initiative in direkten Kontakt mit mehr als 3.300 Saisonarbeitskräften kam. 80 Prozent der angetroffenen Beschäftigten waren Frauen und Männer aus Rumänien, darunter ein hoher Anteil von Angehörigen der ungarischsprachigen Minderheit in Rumänien. 

    In der Initiative Faire Landwirtschaft haben sich die IG Bau, gewerkschaftliche und kirchliche Beratungsstellen sowie der Europäische Verein für Wanderarbeiterfragen (EVW) zusammengeschlossen. ch 

    • Landwirtschaft

    Termine

    04.04. – 07.04.2024 / Messe Stuttgart
    Messe Fair Handeln – Internationale Messe für Fair Trade und global verantwortungsvolles Handeln
    Die Messe bietet eine Plattform für faires und nachhaltiges Handeln in Wirtschaft, Mode, Finanzwesen, Tourismus und Entwicklungszusammenarbeit. Alle, die sich für entwicklungspolitisches Engagement und eine verantwortungsbewusste Lebensweise interessieren, finden hier Produkte und Ideen für eine gerechtere Zukunft auf unserem Planeten – von fair gehandelten Lebensmitteln und Kunsthandwerkartikeln über Future Fashion, Kaffeeverkostungen, Repair Cafés und Klimakompensation. INFO

    10.04.2024 – 19.00 – 21.00 Uhr / Landesvertretung des Saarlandes in Berlin
    Landwirtschaft im Dialog Diskussionsveranstaltung Milch trinken und das Klima schützen?
    Gut ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands ist Dauergrünland. Die Rinderhaltung ist der einzige Weg, diese Flächen für die menschliche Ernährung nutzbar zu machen. Die grasbasierte Milchproduktion gilt als nachhaltigste Variante. Ist Milch also besser als ihr Ruf? INFO & ANMELDUNG

    12.04. – 13.04.2024 / Stadthalle Bad Neustadt
    Josef Göppel Symposium Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen – vom Spannungsfeld zur Lösungswelt
    “Nur Mut” – das war sein Lebensmotto und ganz in diesem Sinne wird das Josef Göppel Symposium 2024 stehen. Zahlreiche Politikerinnen und Politiker, sowie Vertreter*innen von Verbänden werden am Symposium teilnehmen, und das Potential aus Transformationsprozess und gemeinsamen Handelns zu diskutieren. Mit dabei BN-Vorsitzender Richard Mergner, Präsident des BBV Günther Felßner, Vorsitzende des DVL  Maria Noichl (MdEP, SPD), Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz Thorsten Glauber und andere. INFO

    22.04. – 23.04. / Neudietendorf Erfurt
    Seminar Zweite BZL-Beratertagung: Betriebliche Möglichkeiten für Gewässerschutz und Wassermanagement
    Welchen Beitrag hat die Landwirtschaft zum Gewässerschutz? Wie kann eine klimaschonende Landwirtschaft nachhaltig mit der Ressource Wasser umgehen? Auf der Tagung werden Ideen und Beispiele aus den Bereichen Tierproduktion und Pflanzenbau vorgestellt. PROGRAMM

    23.04.2024 – 13.00 – 22.00 Uhr / Festsaal Kreuzberg Berlin
    Diskussionsforum Zukunftsdialog Agrar und Ernährung 2024
    Der Zukunftsdialog Agrar und Ernährung bringt vor dem Hintergrund dieser aktuellen Debatten bei Ernährung, Nachhaltigkeit, Erzeugung und Lebensmittelsicherheit die Agrarbranche mit ihren Kritikern auf Augenhöhe zusammen. Das Event bietet Raum für einen offenen, kritischen und lösungsorientierten Diskurs zwischen allen relevanten und wichtigen Stakeholdern. INFO & ANMELDUNG

    23.04. – 24.04.2024 / Hilton Hotel Flughafen München
    Kongress 16. Molkerei Kongress
    Der Branchentreff der Lebensmittel Zeitung für Milchwirtschaft, milchverarbeitende Unternehmen und Handel. INFO

    24.04. – 25.04.2024 / Eichhof in Bad Hersfeld
    Tagung 3. BZL-Bildungsforum: “Neue Formate in der landwirtschaftlichen Berufsbildung”
    Von Nachhaltigkeit im Unterricht über die Motivation der Schülerschaft bis hin zur Drohnentechnik im Pflanzenbau – um “Neue Formate in der landwirtschaftlichen Berufsbildung” geht es beim 3. Bildungsforum für die berufliche Bildung des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL). INFO & ANMELDUNG

    Must Reads

    Lebensmittelzeitung: Buschmann setzt EU-Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung um

    Bundesjustizminister Marco Buschmann hat einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten (CSRD) von Unternehmen veröffentlicht. Der Entwurf ist an das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz gekoppelt und schreibt Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern eine regelmäßige Berichterstattung über Umwelt- und Sozialstandards vor. Bis 2028 werden auch kleinere Betriebe miteinbezogen. Buschmann betont, dass nur der Mindeststandard der EU-Richtlinie übernommen werde. Er hat Bedenken, dass weitere Regelungen die Wirtschaft übermäßig belasten. Zum Artikel

    Handelsblatt: Interview: Wie der neue Baywa-Chef Marcus Pöllinger den Konzern aus der Krise führen will

    Der neue Baywa-Vorstandsvorsitzende Marcus Pöllinger will das Portfolio Baywas stärker fokussieren. Das Unternehmen habe sich in den letzten 15 Jahren aufgrund der niedrigen Zinsen und Preise vielleicht zu zügig expandiert, so Pöllinger. Er sieht große Wachstumsfelder im internationalen Getreide- und Spezialitätenhandel und erneuerbaren Energien. Im deutschen Landwirtschafts- und Baubereich hingegen sollen die Investitionen gebremst werden. Zum Artikel

    Handelsblatt: Die hohen Lebensmittelpreise sind erst der Anfang

    Die Lebensmittelpreise etwa für Kakao, Olivenöl und Orangen befinden sich auf mehrjährigen Höchstständen. Grund dafür sind klimabedingte Ernteverluste, sowie gestiegene Produktions- und Transportkosten und der Ukraine-Krieg. Der Agrarökonom und ehemalige OECD-Direktor Stefan Tangermann sieht keine Gefahr der Nahrungsmittelkrise, allerdings müssten Verbraucher künftig mit kurzfristigen Versorgungsschwankungen und Preisanstiegen rechnen. Durch den Klimawandel könnten Preise künftig noch weiter ansteigen. Zum Artikel

    AgE: Dänen wollen Abfälle reduzieren

    Der dänische Landwirtschaftsminister Jensen hat erstmals eine Strategie vorgestellt, die ausschließlich auf die Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung abzielt. Um die Abfallmenge zu reduzieren, sollen unter anderem Rechtsvorschriften vereinfacht sowie Wissen vermittelt werden. In dem skandinavischen Land werden jedes Jahr fast 900.000 Tonnen genießbare Lebensmittel weggeworfen. Zum Artikel

    Politico: UK goods to face new Canadian tariffs in latest blow to Brexit trade agenda

    Die Verhandlungen zwischen Großbritannien und Kanada über eine Erneuerung der Handelsregeln sind in letzter Minute gescheitert. Damit werden britische Exporte nach Kanada ab dem 1. April mit neuen Zöllen belegt. Britische Automobil-, Chemie- und Lebensmittelexporteure könnten mit Zöllen bis zu 6,1 Prozent des Verkaufspreises konfrontiert sein, was einem Verlust von etwa 700 Millionen Pfund allein für die Automobilindustrie entspricht. Zum Artikel

    Euractiv: Angst vor Instrumentalisierung: Frankreich verschiebt Abstimmung über CETA

    Frankreich will das CETA-Handelsabkommen CETA der EU und Kanada nicht vor den Europawahlen im Parlament zur Abstimmung stellen. Bereits vor zwei Wochen hatte der französische Senat die CETA-Ratifizierung abgelehnt. Nun will auch die französische Regierung die Abstimmung aufschieben. Man wolle verhindern, dass bestimmte Oppositionsgruppen diese Debatte für Wahlzwecke instrumentalisieren, sagte der französische Außenhandelsminister Franck Riester. Zum Artikel

    The Wall Street Journal: Companies Are Seeking Real-World Supply-Chain Gains in New AI Tools

    Unternehmen setzen vermehrt auf generative KI in ihren Lieferketten, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Bayer etwa nutzt ein KI-Tool, um bei Störungen im Roten Meer schnell reagieren zu können, wenn Angriffe auf Containerschiffe durch Huthi-Rebellen längere Versandwege notwendig machen. Der Hersteller Mars nutzt generative KI, um LKW-Ladungen zu kombinieren und die Versandkosten zu senken. Zum Artikel

    Spiegel: Kolumne: Spekulationen über Cem Özdemir – Er läuft sich warm

    Während seiner Reise durch Baden-Württemberg wird Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit einer immer wiederkehrenden Frage konfrontiert: Strebt er danach, Winfried Kretschmann als führender Politiker des Bundeslandes abzulösen? Kretschmann hat angekündigt, bei der nächsten Wahl 2026 nicht mehr anzutreten. Für die Grünen wäre Özdemir daher ein naheliegender und potenziell aussichtsreicher Kandidat für seine Nachfolge. Die beiden sind zwar unterschiedliche Typen, teilen aber Wirtschaftsnähe und Pragmatismus. Zum Artikel

    Heads

    Heike Vesper: “Wir versuchen ein Orchester zu sein”

    Heike Vesper ist Meeresbiologin und sitzt im Vorstand des WWF.

    Sie wollte zunächst eine “tolle Wissenschaftlerin” werden, wie Heike Vesper es beschreibt. Doch das Biologie-Studium in Bremen und Amsterdam eröffnete ihr eine weitere Perspektive: als Brückenbauerin zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischer Politik. Daher verließ sie die Universität und ging zum WWF Deutschland. Dort arbeitet sie nun seit drei Jahrzehnten, mittlerweile als Vorständin für “Transformation Politik & Wirtschaft”.

    In dieser Funktion tritt Vesper regelmäßig auf und ist so ein öffentliches Gesicht des deutschen Ablegers des WWF geworden. Internationale und lokale Kampagnen sind eine Spezialität der gemeinnützigen Organisation, für die aktuell fast 500 Menschen tätig sind.

    Zurückblicken kann Vesper, die von 1999 bis 2023 den Fachbereich Meeresschutz beim WWF Deutschland leitete, auf die Verbreitung des Begriffs “Überfischung”, an der sie beteiligt war. Obwohl der Tatbestand selbst bereits seit Langem existierte, musste er erst ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Vesper nahm sich dem neuen Arbeitsfeld an und entwickelte das Thema nachhaltiger Fischkonsum. “Als wir damit angefangen haben, Anfang der 2000er-Jahre, gab es dazu gar nichts”, erinnert sie sich. “Der WWF hat deshalb einen Fischratgeber erarbeitet und mit diesem verknüpft eine große wissenschaftliche Datenbank aufgebaut.” Über die Jahre zahlte sich die Beharrlichkeit aus: “Ich würde es als absoluten Erfolg feiern, dass heute so viel mehr Menschen darüber Bescheid wissen, was Überfischung ist.”

    Überfischung hat “mit mir zu tun”

    Später ging die NGO mit dem Einzelhandel Partnerschaften ein – eine Praxis, für die der WWF über die Jahre immer mal wieder kritisiert wurde. “Wir arbeiten mit Kampagnen, wir arbeiten an Lösungen, wir arbeiten mit der Industrie”, sagt Vesper. “Wir versuchen, ein Orchester zu sein, und nicht nur Einzelspielerinnen und Einzelspieler.”

    Doch reicht es, ein Problem in der Öffentlichkeit bekannt zu machen? “Es gibt ein Problem, das heißt Überfischung. Und es hat mit mir zu tun, weil ich Fisch esse. Das ist der Schritt, der gegangen werden musste. Zur Verhaltensänderung ist es dann noch ein langer Weg”, argumentiert sie.

    Zuweilen kommt es vor, dass Vesper selbst im Privaten in der Rolle als Expertin wahrgenommen wird. “Bis zu dem Punkt, wo Leute sich im Supermarkt über ihren Einkaufswagen werfen, wenn sie mich sehen und sagen: ‘Nein, du sollst nicht reingucken'”, amüsiert sich Vesper. “Das muss ich auch nicht. Du musst doch selbst wissen, was du einkaufst.”

    Die WWF-Verantwortliche will nicht das individuelle Essverhalten regulieren. Aber es bräuchte aus ihrer Sicht Anreize zur Veränderung des Konsumverhaltens. “Die Lebensmittel, die einen besonders geringen ökologischen Fußabdruck haben, und die auch noch gesundheitlich für mich besser sind, sollten zum Beispiel günstiger sein”, erklärt Vesper einen Ansatz. “Das kann man mit Stellschrauben regulieren: indem man zum Beispiel einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf Gemüse, Hülsenfrüchte oder Obst setzt als auf Fleisch.”

    Regularien ergänzen Überzeugungsarbeit

    Nun brauche es ein noch stärkeres Bewusstsein für die negativen Entwicklungen in der Lebensmittelvermarktung, aber auch gesetzliche Vorschriften. “Die Folie, die die eingeschweißte kleingeschnittene Banane im Supermarkt hat, besteht aus sieben Schichten. Und diese sieben Schichten sind alles unterschiedliche Stoffe”, nennt Vesper ein Beispiel. Daraus könne man nichts Neues mehr machen. “Deshalb braucht es diese ganzen Regulierungen zum Abfall oder zur Herstellung von solchen Produkten, damit man dann eben auch sortenrein recyceln kann.”

    Der Grad der Entscheidungsfreiheit sei laut Vesper massiv abhängig vom Grad des Problems und der Zeit, die zur Verfügung stehe, um das Problem zu lösen. “Wenn uns die Zeit davonrennt und wir als gesamte Menschheit agieren müssen, dann wird das nicht allein durch Überzeugung klappen. Deshalb braucht es manchmal auch Regularien”, sagt sie. Constantin Eckner

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