es sind Szenen, auf die sich die Republik seit Wochen vorbereitet hat: ein Treckerkonvoi vor dem Brandenburger Tor, Kolonnen von Lastwagen und Traktoren, die bundesweit in die Stadtgebiete strömen oder Autobahnauffahrten und ganze Bundesstraßen blockieren. Die angekündigten Kürzungen bei den Agrardieselsubventionen treiben die Bauern in Deutschland in dieser Woche zu Tausenden auf die Straße.
Obwohl die Bundesregierung die Sparpläne mit ihrem gestrigen Kabinettsbeschluss zum Haushalt 2024 bereits in Teilen zurückgenommen hat, hält der Deutsche Bauernverband (DBV) an seiner Aktionswoche fest. Als unzureichend hatte Bauernverbandspräsident Rukwied den Vermittlungsversuch der Ampel-Parteien abgetan und gefordert: “Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch.” Die Bundesregierung aber hat andere Pläne. Das BMEL etwa will die Bauern mit der Förderung von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft weiter besänftigen. Wie das im politischen Berlin diskutiert wird, weiß meine Kollegin Julia Dahm.
In der Politik wächst derweil die Angst, dass die Protestaktionen der Bauern von extremistischen Gruppen missbraucht werden könnten. Bereits am Freitag hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) im ZDF vor einer Unterwanderung der Bauernproteste durch Extremisten gewarnt. “Leute von ganz rechts außen” versuchten, die legitimen Bauernproteste für sich zu nutzen, so der Minister. Deutliche Worte fand gestern auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer Videobotschaft auf X, ehemals Twitter: “Wenn an Traktoren Galgen hängen, wenn Traktorkolonnen zu privaten Häusern fahren, dann ist eine Grenze überschritten.” Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ließ wissen, dass die Sicherheitsbehörden eine Beteiligung von Extremisten am Protestgeschehen genau im Blick hätten.
Bauernpräsident Rukwied hatte die Debatte am Wochenende zum Anlass genommen, um die Aktionswoche von rechten Gruppierungen zu distanzieren und explizit zu friedlichen Protesten aufzurufen. “Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten wollen wir auf unseren Demos nicht haben”, sagte er der Bild am Sonntag. Die befürchtete Eskalation der Proteste ist bislang zwar ausgeblieben, der Höhepunkt der Aktionswoche – angekündigt für kommenden Montag – ist jedoch auch längst noch nicht erreicht.
Nachdem aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) am Freitag Überlegungen zu einer Förderung von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft bekannt wurden, liegen offenbar noch keine handfesten Vorschläge auf dem Tisch. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums konnte bisher keine Gespräche mit dem BMEL bestätigen. Das Bundesfinanzministerium, das in Fragen von Steuererleichterungen für Biokraftstoffe federführend wäre, verweist auf Anfrage von Table.Media lediglich auf die laufende Haushaltsgesetzgebung, nicht aber auf mögliche gesonderte Vorschläge zu Biokraftstoffen.
Klar ist aber: Mit dem Vorstoß rückt der grüne Bundesagrarminister Cem Özdemir teils von seiner früheren Kritik an Biokraftstoffen ab. Dieser Kurswechsel steht im Kontext des jüngsten Haushaltskompromisses: Angesichts des nun anvisierten Auslaufens der Agrardieselbeihilfe will das BMEL durch die Förderung von Biodiesel Alternativen für die Landwirte schaffen. Dies sei notwendig, weil elektrische Antriebe bisher nur für kleine Traktoren und Landmaschinen infrage kommen, argumentiert das Haus.
Drei Ansatzpunkte hat das BMEL ins Gespräch gebracht:
Obwohl Biokraftstoffe eigentlich vor allem für die Grünen ein Reizthema sind, haben die Überlegungen des BMEL offenbar auch in der Grünen-Bundestagsfraktion Rückhalt. So sprach sich der Grünen-Abgeordnete Harald Ebner für die Förderung von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft als Weg aus, Alternativen zum Agrardiesel möglich zu machen. Wichtig sei hierbei, dass die Kraftstoffe auf eigenen Flächen angebaut und nicht importiert werden, sagte er zu Table.Media. Dabei unterschied der Abgeordnete zwischen der Nutzung von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft einerseits und im Verkehr andererseits, und erteilt letzterer weiterhin eine Absage.
Ähnlich begründet auch das BMEL seinen Kurswechsel. Denn noch im vergangenen Jahr hatte Özdemir die Forderung seiner Parteikollegin, Umweltministerin Steffi Lemke, nach einer Absenkung der Beimischungsquote für Biodiesel im Verkehr auf null unterstützt. Auch weiterhin teilt das BMEL eigenen Angaben nach die Vorbehalte darüber, landwirtschaftliche Flächen statt für die Nahrungsmittelproduktion für die Herstellung von Kraftstoffen zu nutzen. Demgegenüber sei der Einsatz in der Landwirtschaft sinnvoll, um lokal geschlossene Produktionskreisläufe aufzubauen, argumentiert das Haus – Landwirte sollen also direkt vor Ort produzierte Biokraftstoffe nutzen.
Lemkes Bundesumweltministerium (BMUV) selbst hält einem Sprecher zufolge weiter an seinem Vorhaben für die Absenkung der Beimischungsquote im Verkehr fest. Für die vom BMEL angedachten Fördermaßnahmen im Agrarbereich wäre das Haus dagegen voraussichtlich nicht zuständig. Im Entwurf der drei von den Grünen geführten Bundesministerien für eine nationale Biomassestrategie, der jüngst bekannt wurde, halten diese entsprechend am Phase-Out von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse in der 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) fest.
Grundsätzlich offen gegenüber den Ideen des Agrarministeriums zeigt sich auch die SPD-Agrarpolitikerin Franziska Kersten – allerdings mit Einschränkungen. Es sei sinnvoll, die nun geplante Übergangsfrist für das Auslaufen der Agrardieselbeihilfe zu nutzen, um ein tragfähiges Modell für Alternativen zu entwickeln, sagte sie zu Table.Media. Dabei müsse es aber darum gehen, ohnehin bei der landwirtschaftlichen Produktion anfallende Reststoffe zu nutzen, es dürfe weder eine Ausweitung der benötigten Fläche noch Importe aus Übersee geben. FDP-Agrarpolitiker wollten sich in der aktuellen Phase der Gespräche noch nicht zum Thema äußern.
Scharfe Kritik kommt dagegen von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Als Alternative zur Agrardiesel-Subvention “nun den Einsatz von Essen im Tank zu fördern, wäre eine fatale Fehlentscheidung mit gravierenden Nebenwirkungen”, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner zu Table.Media. Kraftstoff aus Nahrungsmitteln sei sogar klimaschädlicher als fossiler Kraftstoff, die vermehrte Nutzung hiervon als Lösung zu verkaufen, sei daher “absurd”. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte sich auf Anfrage bis Redaktionsschluss nicht geäußert.
Der afrikanische Zuckermarkt wächst auf dem Kontinent besonders schnell – und weckt damit Begehrlichkeiten in Europa. Lange war Afrika für europäische Unternehmen nur als Rohstofflieferant interessant. Jetzt entdecken die ersten unter ihnen aber auch die Absatzchancen, die die aufstrebende Mittelschicht verschafft. Der französische Rohstoffhändler Sucres et Denrées (Sucden) hat sich gerade am marokkanischen Branchengroßen Cosumar beteiligt.
Dass Sucden sein Glück in Afrika versucht, ist leicht verständlich. Denn Sucden ist in dieser Situation derzeit sicher nicht zu beneiden. Das Unternehmen, das der Familie Varsano gehört, hatte stark in Russland investiert. Sucden kaufte Landwirtschaftsbetriebe für den Anbau von Zuckerrüben und betrieb Zuckerraffinerien. Rund 170.000 Hektar Land gehören Sucden in Russland. Die Franzosen produzieren dort zwischen 500.000 und 600.000 Tonnen Zucker im Jahr. Das sind rund zehn Prozent des Marktes.
Jetzt jedoch ist Serge Varsano, CEO, Großaktionär und Sohn des 1980 gestorbenen Gründers Maurice Varsano, ein schöner Coup gelungen: Er hat einen bedeutenden Anteil an Marokkos führendem Zuckerhersteller Cosumar erworben, der an der Börse Casablanca mit 1,7 Milliarden Euro bewertet wird. Dabei nutzte Varsano die Gelegenheit, dass der asiatische Agrarkonzern Wilmar International, an der Börse Singapurs mit 15 Milliarden Euro bewertet, seinen Anteil an Cosumar von rund 30 Prozent loswerden wollte. Mit diesem Geschäft gelingt Sucden ein interessanter Einstieg in den afrikanischen Konsummarkt.
Serge Varsano, geboren im August 1955, zählte in seiner Jugend zum Pariser Jetset. Dabei half ihm sicher auch, dass sein Vater ein überaus erfolgreiches Handelshaus für Zucker, Kakao, Kaffee und andere Agrarrohstoffe aufgebaut hatte. In den 1970er-Jahren forderte der Senior seinen Sohn auf, in das Unternehmen einzusteigen. Varsano macht sich dort mit dem Zuckerhandel an den Terminbörsen vertraut. Die Aufforderung des Vaters war vorausschauend. Denn schon 1980 starb Maurice Varsano und der 25 Jahre alte Sohn musste die Führung übernehmen.
Das machte Serge Varsano überaus erfolgreich. Einen Umsatz von 9,7 Milliarden Dollar erzielte Sucden im Jahr 2022. Das Ergebnis veröffentlicht Sucden nicht. Immerhin gelang es ihm, direkt nach dem Tod des Vaters den Zuckermarkt in der Elfenbeinküste zu erschließen, wo er enge Verbindungen zum damaligen Präsidenten Félix Houphouët-Boigny knüpfte. Doch dabei ging es um den Import von Zucker und nicht – wie im Fall von Cosumar – um die Erschließung des afrikanischen Absatzmarktes.
Weltweit Schlagzeilen machte Varsano, als er 1988 den sogenannten “Kakao-Krieg” lostrat. Mit der Unterstützung von Jean-Christophe Mitterrand, Sohn des damaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand und Leiter des Afrika-Büros im Élysée-Palast, kaufte er dem Präsidenten der Elfenbeinküste 400.000 Tonnen Kakao ab. So wollte er den Preis in die Höhe treiben und Lagerbestände mit Gewinn verkaufen. Doch die Spekulation schlug fehl. Schuld daran war Houphouët-Boigny, der gleichzeitig eine große Menge an Varsanos größten Konkurrenten, das US-Handelshaus Phibro, verkaufte. Varsano erlitt einen schmerzhaften Verlust und musste Hunderte Angestellte entlassen.
Rechtzeitig vor der Transaktion in Marokko hatte sich Varsano die Dienste des früheren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gesichert. Der ehemalige Staatschef soll vor allem die Geschäfte in Russland und Afrika befördern, schreibt die Website L’Informé. Dabei stört es Varsano offenbar nicht, dass Sarkozy im Mai 2023 zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt wurde, gegen die dieser allerdings juristisch vorgeht. Die Website Africa Intelligence hatte darüber hinaus berichtet, Sarkozy fungiere nicht nur als Berater, sondern sei auch Mitglied im Aufsichtsrat von Sucden. Aktuell weist Sucden auf der Unternehmens-Website Sarkozy nicht in dieser Funktion aus. Gesichert dagegen ist die Nachricht, dass Sarkozy für Sucden in der Elfenbeinküste aktiv war und im Juli 2023 dorthin reiste, um dort ein gutes Wort beim Präsidenten Alassane Ouattara einzulegen. Was Sarkozys Intervention in der Elfenbeinküste bewirkt hat, ist nicht bekannt.
Dafür ist Sucden nun mit dem Einstieg bei Cosumar ein kleiner Coup gelungen. Dabei mag geholfen haben, dass König Mohamed VI. und Emmanuel Macron in den vergangenen Wochen hart daran gearbeitet haben, das zeitweise zerrüttete Verhältnis zwischen Frankreich und Marokko wieder zu reparieren.
Mit Cosumar erschließt sich Sucden nicht nur den lukrativen Markt in Marokko. Das Unternehmen expandiert auch in andere Länder Afrikas. So nutzt Cosumar – wie auch El Mada und Holmarcom – die außenpolitische Entspannung zwischen Rabat und Nouakchott, um den Markt in Mauretanien zu erschließen. Das Land, rund dreimal so groß wie Deutschland, zählt zwar weniger als fünf Millionen Einwohner. Doch viele internationale Unternehmen interessieren sich nicht für das aufstrebende Land. Das lässt Cosumar viel Raum.
Sucden kann positive Nachrichten gut gebrauchen, bereitet Varsano, 68 Jahre alt, doch seine Nachfolge vor. Ein Sohn soll das Unternehmen übernehmen, was im Handel mit Agrarrohstoffen nicht so ungewöhnlich ist. Denn in diesem Geschäft befinden sich einige große Akteure seit Generationen unverändert in Familienbesitz, etwa der Marktführer Cargill Inc. aus den USA oder auch Louis Dreyfus Company, die immer noch von Margarita Louis-Dreyfus kontrolliert wird.
Während französische Konsumartikler den Markt in Afrika erschließen, sind deutsche Süßwarenunternehmen bisher kaum auf dem Kontinent aktiv. Produkte von Haribo oder Katjes sind in Südafrika allenfalls in einigen Feinkost-Geschäften erhältlich. Auch Schokolade von Ritter oder Kekse von Bahlsen sind auf dem Kontinent selten zu finden.
Dabei ist der afrikanische Markt für Süßwaren einer der interessantesten der Welt. “Rohstoffhändler betrachten den Kontinent normalerweise als einen wichtigen Treiber für die Zuckernachfrage”, heißt es in einem Bloomberg-Bericht. “Afrika weist unter den Großregionen das höchste Bevölkerungswachstum auf, und sein Anteil an Haushalten mit mittlerem Einkommen steigt.” Allerdings schafften es nur fünf Länder, genug Zucker zu produzieren, um die heimische Nachfrage zu decken, was den Kontinent zu einem attraktiven Exportziel für andere Produzenten mache. Daran ist Sucden-Konkurrent Südzucker offenbar nicht interessiert. Das Mannheimer Unternehmen produziert ausschließlich in Europa.
Um die Finanzierungslücke im Bundeshaushalt zu schließen, wollte die Bundesregierung Unternehmen, die Kunststoffe in den Verkehr bringen, eigentlich bereits ab diesem Jahr mit einer Abgabe belegen, die bislang aus dem Bundeshaushalt an die EU fließt. Nun wird deutlich: Die Plastiksteuer wird erst 2025 umgesetzt. Das teilte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, mit.
Um “mehr Zeit zur Erarbeitung einer effizienten und möglichst bürokratiearmen Lösung zu gewinnen”, haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner darauf verständigt, die Vereinbarung von Mitte Dezember zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 entsprechend zu ändern.
Kritik an der Plastiksteuer hatte es zuvor von allen Seiten gegeben. “Es ist nicht einzusehen, dass gerade die Inverkehrbringer von Kunststoffverpackungen erneut zur Kasse gebeten werden sollen”, kritisierte Peter Feller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Im Rahmen ihrer Herstellerverantwortung müssten die Unternehmen bereits seit Jahren erhebliche Aufwendungen für die Sammlung, Sortierung und Verwertung der von Ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen tätigen, so Feller weiter.
Fünf Verbände der Wertschöpfungskette Kunststoffverpackungen hatten die Bundesregierung zudem dazu aufgerufen, die angekündigte Umlage auf die deutschen Unternehmen zur Deckung des Haushaltslochs zurückzuziehen. Eine Plastiksteuer führe zu einer Verteuerung der Produktpreise und belaste vor allem die unteren Einkommensschichten, die im Vergleich einen weitaus höheren Anteil ihres Einkommens für Konsumprodukte, wie etwa verpackte Lebensmittel, ausgäben, schrieben die Verbände in ihrem Aufruf.
Eine stärkere Belastung der Verbraucher hatte Bundesverbraucherministerin Steffi Lemke hingegen ausgeschlossen. Der Ministerin zufolge müssten Konsumierende keine spürbaren Mehrkosten wegen der geplanten Plastikabgabe fürchten. “Wir haben eine Plastiksteuer vorgeschlagen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher beim einzelnen Produkt nicht merken werden”, sagte die Grünen-Politikerin. Dafür seien die Summen dort zu gering, dafür verteile sich das viel zu stark.
Die Plastiksteuer, die die Bundesregierung Mitte Dezember bei der Vorstellung des neuen Bundeshaushalts ins Spiel gebracht hatte, ist per se nicht neu. Die Europäische Union hatte diese Abgabe bereits 2021 eingeführt und 80 Cent für jedes nicht-recyclebare Kilogramm Plastik veranschlagt. Anders als Italien oder Spanien finanziert Deutschland diese Abgabe bislang über den Staatshaushalt. Ab 2025 sollen für die rund 1,4 Milliarden Euro, die in den vergangenen Jahren jeweils an die EU gezahlt wurden, nun die Unternehmen aufkommen. Die Umlage hatte die Ampel-Regierung bereits im Koalitionsvertrag angekündigt. heu
Die aktuelle Flutkatastrophe in Nord- und Mitteldeutschland beobachtet das niedersächsische Landwirtschaftsministerium mit Blick auf einen möglichen Güllenotstand “sehr genau”, sagt eine Ministeriumssprecherin aus Niedersachsen zu Table.Media. Es sei davon auszugehen, dass die landwirtschaftlichen Flächen auch nach dem Ende der Sperrzeit für die Ausbringung von Gülle, also ab dem 1. Februar, schwer befahrbar sein werden. Im Bundesland habe Dauerregen bereits im Herbst dazu geführt, dass Äcker unbefahrbar wurden, die Böden seien sehr mit Wasser gesättigt. Hinzukomme, dass offene Güllebehälter durch den Regen schneller volllaufen, meint die Sprecherin des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums weiter. Eine Einsturzgefahr von Güllebehältern sieht das Ministerium hingegen nicht. Ab wann Äcker in Niedersachsen wieder befahrbar sein werden, dazu will das Ressort keine “pauschale” Aussage treffen. Dies sei sehr stark von Standort und Witterung abhängig.
Die Situation erinnert zwar an Zustände im Bundesland Schleswig-Holstein im Jahr 2017. Der ehemalige Landwirtschaftsminister Robert Habeck rief dort damals den Güllenotstand aus, weil Güllefässer drohten überzulaufen. Die Gülle konnte auf zu nassen Feldern nicht ausgebracht werden. Doch laut der Sprecherin aus Niedersachsen gebe es diesmal mehr Lagerkapazitäten. Dennoch rät das Ministerium Betrieben in Niedersachsen dazu, bei knappen eigenen Ressourcen alternative Güllelager in Betracht zu ziehen. Um drohende Havarien zu verhindern, schließt das niedersächsische Landwirtschaftsministerium nicht aus, Gegenmaßnahmen ergreifen zu müssen. Habeck erlaubte den Bauern 2017, provisorische Jauchegruben auszuheben, in denen die Gülle zwischengelagert werden konnte. Er befürchtete, dass Oberflächengewässer und Grundwasser geschädigt werden würden, falls die Güllebehälter überlaufen. has
Die Böden in der Europäischen Union und weltweit werden zu wenig geschützt. Zu dem Ergebnis kommen die Heinrich-Böll-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der TMG Think Tank im sogenannten Bodenatlas. Den haben die drei Akteure an diesem Dienstag veröffentlicht. Zum ersten Mal seit 2015 legen sie damit ein Dokument vor, das unter anderem den Zustand landwirtschaftlicher Böden in den Blick nimmt und den Ruf nach einer EU-weiten Rechtsform für den Bodenschutz lauter werden lässt.
“Nachhaltige Bodennutzung darf kein Lippenbekenntnis bleiben, sondern muss konkret durchgesetzt werden, beispielsweise durch verbindliche Definitionen und strengere Kontrollen der ‘guten fachlichen Praxis’ in der Landwirtschaft”, heißt es im Bodenatlas. Die EU brauche ein eigenständiges europäisches Bodenschutzrecht und dürfe sich nicht nur auf ein Gesetz für das Monitoring des Bodens beschränken, fordern die Autoren.
Mit Blick auf den im Sommer 2023 vorgestellten Gesetzentwurf des Soil Monitoring Law der EU-Kommission kritisieren Heinrich-Böll-Stiftung, BUND und TMG Think Tank, dass dieser weder quantitative Ziele noch konkrete Maßnahmen beinhalte. Statt auf Bodenschutz ziele das Gesetz lediglich darauf ab, die europaweite Bestandsaufnahme der Bodengesundheit zu vereinheitlichen. Kritik üben die Autoren auch am einzigen einheitlichen Rechtsrahmen für Bodenschutz auf EU-Ebene – der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). So seien auch die Bodenschutzmaßnahmen innerhalb der GAP unzureichend und brächten zu wenig Veränderung, monieren die Autoren.
Die anstehende Reformrunde der GAP müsse dem Bodenschutz deshalb mehr Gewicht verleihen, heißt es im Bodenatlas. “Landwirtschaftliche Praktiken, um Böden zu schützen und nachhaltiger zu nutzen, müssen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und des deutschen Bodenschutzrechts stärker gefördert werden”, fordern die Autoren. Für die neue Förderperiode der GAP, die 2028 beginnt, sollten deshalb verpflichtende Mindeststandards zum Schutz der Böden beitragen und Schlupflöcher und Ausnahmeregelungen eingeschränkt werden.
Neben der Forderung nach mehr Bodenschutz auf EU-Ebene blicken die Organisationen im Bodenatlas auch auf Themen wie Desertifikation oder Stickstoffdünger, die die Böden aktuell belasten. Außerdem erörtern sie, was der großflächige Ankauf von Ackerland für kleine und mittlere Betriebe bedeutet. heu
Argentiniens neuer Präsident Javier Milei hatte den gemeinsamen südamerikanischen Markt Mercosur zunächst als sinnlos bezeichnet. Doch nun steht er einem Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union wohl doch nicht ablehnend gegenüber. “Argentinien scheint heute eher bereit zu sein, eine Einigung zu erzielen“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch auf einer Veranstaltung in Lissabon.
Handelsexperten zufolge schließt sich das Zeitfenster für den Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens und die Ratifizierung in Kürze. Denn im Juni stehen die Europawahlen an. Ende Januar trifft sich die Gemeinsame Marktgruppe des Mercosur in Asunción in Paraguay.
Anfang Dezember 2023 waren in Rio de Janeiro die Staatschefs von Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay zu einem Mercosur-Gipfel zusammengekommen. Ursprünglich hatte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei dem Treffen einen Durchbruch bei den Verhandlungen verkünden wollen. Der war aber vor allem am Widerstand von Frankreich und dem bevorstehenden Regierungswechsel in Argentinien gescheitert. Nachdem die EU-Delegation ihre Reise zur Unterzeichnung des Abkommens abgesagt hatte, betonte sie weiter Gesprächsbereitschaft.
Die Gespräche der EU mit den Mercosur-Staaten über die Freihandelszone laufen bereits seit 23 Jahren. Eine Grundsatzeinigung aus dem Jahr 2019 wird wegen anhaltender Bedenken etwa beim Schutz des Regenwaldes nicht umgesetzt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisierte zuletzt, dass Industriebetriebe und Landwirte in Europa künftig strengen Umweltauflagen unterworfen seien. Nach Abschluss des Freihandelsabkommens müssten sie mit Anbietern in Südamerika konkurrieren, die solche Vorgaben nicht zu erfüllen hätten. vis/rtr
08.01. – 15.01.2024 / Bundesweit
DBV Veranstaltung Aktionswoche zu Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung
Der DBV ruft zu Protesten gegen die geplante Streichung des Agrardiesels und der Kfz-Steuerbefreiung auf. Ab dem 08.01. Demonstrationen und Aktionen im ganzen Land. Am 15.01. soll eine Großdemo in Berlin stattfinden. INFO
11.01.2024 – 10:45-12:45 Uhr / Brüssel
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) Abstimmungen zu den Trilogergebnisen zur Verbringung von Abfällen, zu Industrieemissionen, zur Verpackungs-Verordnung, zur Ökodesign-Verordnung, zu Euro7; Berichtsentwurf zu Mikroplastik TAGESORDNUNG
14.01.2024 – 12.00 – 13.00 Uhr / Paul-Löbe-Haus Berlin
Vorstellung der Empfehlungen Bürgerrat “Ernährung im Wandel”
Die Teilnehmenden des Bürgerrats werden ihre Empfehlungen der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas vorstellen. INFO & ANMELDUNG
16.01.2024 – 10.00 – 17.30 / dbb forum Berlin, online
Kongress Agrarkongress 2024: Natürlicher Klimaschutz und Klimaanpassung in Partnerschaft mit der Landwirtschaft
Mit Expertinnen und Expert aus der Praxis, der Wissenschaft, von Verbänden und der Politik diskutieren und reflektieren wir: Wie kann die Landwirtschaft fit für eine Zukunft in Zeiten der Klimakrise werden? Welche neuen Kooperationen können diesen Weg ebnen? INFO & ANMELDUNG
17.01.2024 – 10.00 – 18.00 Uhr / BMEL
Forum The International Young Farmers’ Forum at GFFA
The young farmers actively contribute to the GFFA by sharing the experiences gained on their own farms or from their work in national farming organizations. Their role is decisive in shaping the global food supply of the future. The YFF and the GFFA offer them the opportunity to be heard at international level. Two representatives of the group will present a statement on the GFFA topic commonly drafted by the group to the GFFA agriculture ministers’ conference on Saturday 20th January 2024. INFO & ANMELDUNG
17.01.2024 – 19.00 Uhr / Vertretung des Landes Hessen in Berlin
Podiumsdiskussion Klimabilanz im LEH: Jetzt kommt’s auf die Bauern an!
Welchen Einfluss hat die Wertschöpfungskette Lebensmittel auf die Klimaziele? Welche Strategien gibt es, um die Bilanz zu verbessern? Bietet das Thema Klima für Bauern neue Einkommenschancen? INFO & ANMELDUNG
17.01.2024 – 20.01.2024 / Berlin
Konferenz 16. Global Forum for Food and Agriculture – Ernährungssysteme der Zukunft: Gemeinsam für eine Welt ohne Hunger
Um die Ernährungssysteme für unsere Zukunft fit zu machen und die Agenda 2030 umzusetzen, sind enorme Anstrengungen erforderlich. Der internationalen Gemeinschaft – uns allen – bleiben nur noch sieben Jahre, um die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu erreichen. Laut den jüngsten Zahlen hungert jedoch jeder zehnte Mensch auf dieser Erde. Mehr als zwei Milliarden Menschen können sich keine gesunde Ernährung leisten. ANMELDUNG
18.01.2024 – 14:00 – 15:30 / GFFA
GFFA Opening Kick-off Event
The Kick-off Event marks the official start of the GFFA with an exchange between high-level experts of the global agri-food sector from politics, industry, science, and civil society under the guiding theme “Food Systems for Our Future: Joining Forces for a Zero Hunger World!”. INFO
18.01.2024 – 16.00 – 17.30 Uhr / GFFA
High Level Panel Ernährung, Klima und Sicherheit: Gemeinsam für eine sichere Zukunft
Das Bundeslandwirtschaftsministerium richtet erstmals mit der Münchner Sicherheitskonferenz eine gemeinsame “High Level Debate” zur Verbindung Klimakrise, Ernährungssicherheit sowie Kriege und Konflikte auf dem 16. Global Forum for Food and Agriculture aus. INFO
18.01.2024 – 20.00 Uhr / BMEL Halle 23a, City Cube Berlin
Empfang BMEL Empfang für ausländische Ehrengäste auf dem 16. Global Forum for Food and Agriculture PROGRAMM
19.01.2024 – 13:30 – 15:00 Uhr / GFFA
High Level Panel Realizing the Right to Adequate Food: Ending hunger and leaving no one behind
Discussion of the event: a) Interventions that bring the Right to Adequate Food more prominently into legal and policy frameworks, including national constitutions and framework laws;
b) Examples of the establishment of multistakeholder mechanisms, platforms and councils that are intended to ensure coordination and policy coherence across different sectors as a way to address the various dimensions of the right to food in an integrated manner;
c) Initiatives to monitor and assess progress and gaps in the implementation of the Voluntary Guidelines on the Right to Food and their impact at country level;
d) Main challenges and constraints faced at country level that impede the realization of the Right to Adequate food, including financial and capacity gaps, and how they are being addressed. INFO
19.01.2024 – 14:00 / Deutscher Bundestag, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (Anhörungssaal 3.101)
Hybrides Fachgespräch Ernährung sichern – agrarökologisch, pflanzenbasiert, regional
Wie sichern wir eine gesunde Ernährung in Deutschland in den kommenden 30 Jahren? Die Grünen laden anlässlich der Grünen Woche ein, mit Ihnen und mit Expert:innen über diese Fragen ins Gespräch zukommen. INFO
19.01.2024 – 15:30 – 17:00 Uhr / GFFA
High Level Panel Squaring the Circle: Towards Sustainable Agriculture and Food Supply Chains
Food security and environmental sustainability are two key policy objectives for the agricultural sector. This panel explores how agri-food trade can continue to ensure global food security and enhance its contribution to environmental sustainability. INFO
20.01.2024 – 09:00 – 15:00 Uhr / Berlin
Konferenz Berliner Agrarministerkonferenz auf dem 16. Global Forum for Food and Agriculture
Themen: Nachhaltige Produktion und Ernährungssouveränität stärken; resiliente und nachhaltige Lieferketten fördern; Lebensmittelverluste und -verschwendung reduzieren; vulnerable Gruppen stärken. PROGRAMM
19.01.2024 – 28.01.2024 / Messe Berlin
Messe Internationale Grüne Woche
Die internationale Leitmesse für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Aussteller aus aller Welt präsentieren an zehn Veranstaltungstagen ein umfangreiches Produktangebot. Zudem gibt die Grüne Woche aktuellen gesellschaftlichen Fragen wie Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und nachhaltige Landnutzung eine Bühne. INFO
22.01.2024 – 23.01.2024 / Brüssel
Tagung Rat für Landwirtschaft und Fischerei der Europäischen Union INFO
24.01. – 25.01.2024 / Berlin
Forum 17. Zukunftsforum Ländliche Entwicklung
Unter dem Motto “Land.schöpft.Wert. – Starke ländliche Regionen” wird sich das Zukunftsforum 2024 dem Thema Regionaler Wertschöpfung widmen. Bundesminister Cem Özdemir wird die Veranstaltung am 24. Januar 2024 auf dem Berliner Messegelände eröffnen. INFO
Die Regelungswut und das Misstrauen gegenüber der Bioenergie manifestiert sich nun auch im Entwurf der drei federführenden Ministerien (Wirtschaft, Landwirtschaft und Umwelt) zur Biomassestrategie der Bundesregierung. Abgezeichnet hatte sich dies bereits im Oktober 2022, als die Eckpunkte für die Strategie von den drei Ministerien veröffentlicht wurden. Zum einen bestätigt der Entwurf, ein ständiges Mantra, dass Klimaschutz mit Alternativen zur Biomasse umgesetzt werden soll. Zum anderen wiederholt der Entwurf den Duktus, dass Erzeugung und Nutzung von Biomasse weder “nachhaltig” noch “konsistent” geregelt seien.
Dabei wird zweierlei ignoriert: Erstens steht aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen oft keine andere erneuerbare Energieform außer der Biomasse für die relevanten Sektoren zur Verfügung. Man denke hier beispielsweise an Prozesswärme in der Industrie oder Biokraftstoffe in Land- und Forstwirtschaft oder im Schwerlastbereich. Entfiele diese Möglichkeit künftig, weil der Einsatz von Biomasse ordnungsrechtlich untersagt oder schlicht durch Vorgaben unwirtschaftlich gemacht würde, unterbleibt Klimaschutz entweder oder wird unnötig teuer. Zweitens ist das Letzte, woran die Bioenergiebranche krankt, ein Mangel an Regelungen. Jedes Detail der Biomasseerzeugung – von der land- und forstwirtschaftlichen Primärproduktion bis hin zu Anlagenbau, Genehmigung und Energieerzeugung -, ist durch eine Fülle ineinander verschränkter Bestimmungen geregelt.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Bioenergie ist außerdem, dass die Erneuerbare Energien Richtlinie der EU (RED) explizit die Zertifizierung der Nachhaltigkeit und die Bilanzierung von Treibhausgasen für Bioenergie vorschreibt. Geradezu absurd mutet es an, wenn im aktuellen Entwurf zur Biomassestrategie behauptet wird, dass die Klimawirkung der Biomassenutzung nicht realistisch bewertet werde. Ein Blick in die Bilanzierungsregeln des Weltklimarats IPCC reicht aus, um diesen Punkt als erledigt abzuhaken. Das heißt, eine umfangreiche Treibhausgaserfassung der Biomassenutzung erfolgt bereits.
Es ist erstaunlich dreist und auch naiv, dass der Entwurf bei den Maßnahmen dann wiederholt mit kruden Ideen aufwartet, die bereits von den Koalitionspartnern abgeräumt wurden. Zu nennen wäre beispielsweise ein CO₂-Preis auf Biokraftstoffe im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) oder das Phase-Out von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse in der 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV). Es stellt sich die Frage, was Ideen aus der ideologischen Mottenkiste in einer zukunftsgerichteten Strategie zu suchen haben. Treibt die Verfasser hier Profilierungssucht und die Aussicht auf den nächsten Streit mit den Koalitionspartnern an?
Ein weiteres Beispiel aus dem wirren Ideenkasten ist ein CO₂-Preis auf Holz im EU-Emissionshandel ETS. Damit würde sich Deutschland im Alleingang gegen die RED stellen, die erst Ende vergangenen Jahres auf EU-Ebene bestätigte, dass nachhaltige Holzenergie natürlich auch weiterhin nicht vom CO₂-Preis erfasst wird. Mit solchen Vorschlägen mag man sich vielleicht den Applaus einiger Umweltaktivisten sichern, isoliert sich aber innerhalb des Binnenmarkts der EU, stellt sich gegen die internationalen Klima-Bilanzierungsregeln des IPCC und verteuert letztlich auch den Klimaschutz über alle Wirtschaftssektoren hinweg.
Zu den wenigen positiven Punkten des Entwurfs gehört die Erkenntnis, dass Agroforstsysteme gestärkt werden sollten und Biokohle erhebliches Potenzial für den Klimaschutz bietet. Gleiches gilt für die Anerkennung des Beitrags der Bioenergie zu Negativemissionen.
Doch was müsste eine Biomassestrategie stattdessen umfassen? Worauf die Branche wartet, sind Planungs- und Investitionssicherheit und ein Bekenntnis zu bereits Erreichtem. In einem Umfeld, in dem regelmäßig der gültige Rechtsrahmen für den Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe infrage gestellt wird, werden auch keine Investitionen für fortschrittliche erneuerbare Kraftstoffe erfolgen. Besonders die Holzenergiebranche erwartet, dass ihr nach dem Bekenntnis seitens der EU und der Bundesregierung als erneuerbare Energieform anerkannt zu sein, nun keine weiteren Steine in den Weg gelegt werden. Wenn die Bundesregierung, wie vereinbart, in den kommenden zwei Jahrzehnten tatsächlich Klimaneutralität erreichen will, muss sie jetzt die Potenziale der Bioenergie dafür nutzen.
Gerolf Bücheler ist Geschäftsführer des Bundesverbands Bioenergie (BBE) mit Sitz in Bonn. Der BBE fordert, dass Bioenergie als relevante erneuerbare Energie wahrgenommen wird.
es sind Szenen, auf die sich die Republik seit Wochen vorbereitet hat: ein Treckerkonvoi vor dem Brandenburger Tor, Kolonnen von Lastwagen und Traktoren, die bundesweit in die Stadtgebiete strömen oder Autobahnauffahrten und ganze Bundesstraßen blockieren. Die angekündigten Kürzungen bei den Agrardieselsubventionen treiben die Bauern in Deutschland in dieser Woche zu Tausenden auf die Straße.
Obwohl die Bundesregierung die Sparpläne mit ihrem gestrigen Kabinettsbeschluss zum Haushalt 2024 bereits in Teilen zurückgenommen hat, hält der Deutsche Bauernverband (DBV) an seiner Aktionswoche fest. Als unzureichend hatte Bauernverbandspräsident Rukwied den Vermittlungsversuch der Ampel-Parteien abgetan und gefordert: “Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch.” Die Bundesregierung aber hat andere Pläne. Das BMEL etwa will die Bauern mit der Förderung von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft weiter besänftigen. Wie das im politischen Berlin diskutiert wird, weiß meine Kollegin Julia Dahm.
In der Politik wächst derweil die Angst, dass die Protestaktionen der Bauern von extremistischen Gruppen missbraucht werden könnten. Bereits am Freitag hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) im ZDF vor einer Unterwanderung der Bauernproteste durch Extremisten gewarnt. “Leute von ganz rechts außen” versuchten, die legitimen Bauernproteste für sich zu nutzen, so der Minister. Deutliche Worte fand gestern auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer Videobotschaft auf X, ehemals Twitter: “Wenn an Traktoren Galgen hängen, wenn Traktorkolonnen zu privaten Häusern fahren, dann ist eine Grenze überschritten.” Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ließ wissen, dass die Sicherheitsbehörden eine Beteiligung von Extremisten am Protestgeschehen genau im Blick hätten.
Bauernpräsident Rukwied hatte die Debatte am Wochenende zum Anlass genommen, um die Aktionswoche von rechten Gruppierungen zu distanzieren und explizit zu friedlichen Protesten aufzurufen. “Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten wollen wir auf unseren Demos nicht haben”, sagte er der Bild am Sonntag. Die befürchtete Eskalation der Proteste ist bislang zwar ausgeblieben, der Höhepunkt der Aktionswoche – angekündigt für kommenden Montag – ist jedoch auch längst noch nicht erreicht.
Nachdem aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) am Freitag Überlegungen zu einer Förderung von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft bekannt wurden, liegen offenbar noch keine handfesten Vorschläge auf dem Tisch. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums konnte bisher keine Gespräche mit dem BMEL bestätigen. Das Bundesfinanzministerium, das in Fragen von Steuererleichterungen für Biokraftstoffe federführend wäre, verweist auf Anfrage von Table.Media lediglich auf die laufende Haushaltsgesetzgebung, nicht aber auf mögliche gesonderte Vorschläge zu Biokraftstoffen.
Klar ist aber: Mit dem Vorstoß rückt der grüne Bundesagrarminister Cem Özdemir teils von seiner früheren Kritik an Biokraftstoffen ab. Dieser Kurswechsel steht im Kontext des jüngsten Haushaltskompromisses: Angesichts des nun anvisierten Auslaufens der Agrardieselbeihilfe will das BMEL durch die Förderung von Biodiesel Alternativen für die Landwirte schaffen. Dies sei notwendig, weil elektrische Antriebe bisher nur für kleine Traktoren und Landmaschinen infrage kommen, argumentiert das Haus.
Drei Ansatzpunkte hat das BMEL ins Gespräch gebracht:
Obwohl Biokraftstoffe eigentlich vor allem für die Grünen ein Reizthema sind, haben die Überlegungen des BMEL offenbar auch in der Grünen-Bundestagsfraktion Rückhalt. So sprach sich der Grünen-Abgeordnete Harald Ebner für die Förderung von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft als Weg aus, Alternativen zum Agrardiesel möglich zu machen. Wichtig sei hierbei, dass die Kraftstoffe auf eigenen Flächen angebaut und nicht importiert werden, sagte er zu Table.Media. Dabei unterschied der Abgeordnete zwischen der Nutzung von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft einerseits und im Verkehr andererseits, und erteilt letzterer weiterhin eine Absage.
Ähnlich begründet auch das BMEL seinen Kurswechsel. Denn noch im vergangenen Jahr hatte Özdemir die Forderung seiner Parteikollegin, Umweltministerin Steffi Lemke, nach einer Absenkung der Beimischungsquote für Biodiesel im Verkehr auf null unterstützt. Auch weiterhin teilt das BMEL eigenen Angaben nach die Vorbehalte darüber, landwirtschaftliche Flächen statt für die Nahrungsmittelproduktion für die Herstellung von Kraftstoffen zu nutzen. Demgegenüber sei der Einsatz in der Landwirtschaft sinnvoll, um lokal geschlossene Produktionskreisläufe aufzubauen, argumentiert das Haus – Landwirte sollen also direkt vor Ort produzierte Biokraftstoffe nutzen.
Lemkes Bundesumweltministerium (BMUV) selbst hält einem Sprecher zufolge weiter an seinem Vorhaben für die Absenkung der Beimischungsquote im Verkehr fest. Für die vom BMEL angedachten Fördermaßnahmen im Agrarbereich wäre das Haus dagegen voraussichtlich nicht zuständig. Im Entwurf der drei von den Grünen geführten Bundesministerien für eine nationale Biomassestrategie, der jüngst bekannt wurde, halten diese entsprechend am Phase-Out von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse in der 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) fest.
Grundsätzlich offen gegenüber den Ideen des Agrarministeriums zeigt sich auch die SPD-Agrarpolitikerin Franziska Kersten – allerdings mit Einschränkungen. Es sei sinnvoll, die nun geplante Übergangsfrist für das Auslaufen der Agrardieselbeihilfe zu nutzen, um ein tragfähiges Modell für Alternativen zu entwickeln, sagte sie zu Table.Media. Dabei müsse es aber darum gehen, ohnehin bei der landwirtschaftlichen Produktion anfallende Reststoffe zu nutzen, es dürfe weder eine Ausweitung der benötigten Fläche noch Importe aus Übersee geben. FDP-Agrarpolitiker wollten sich in der aktuellen Phase der Gespräche noch nicht zum Thema äußern.
Scharfe Kritik kommt dagegen von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Als Alternative zur Agrardiesel-Subvention “nun den Einsatz von Essen im Tank zu fördern, wäre eine fatale Fehlentscheidung mit gravierenden Nebenwirkungen”, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner zu Table.Media. Kraftstoff aus Nahrungsmitteln sei sogar klimaschädlicher als fossiler Kraftstoff, die vermehrte Nutzung hiervon als Lösung zu verkaufen, sei daher “absurd”. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte sich auf Anfrage bis Redaktionsschluss nicht geäußert.
Der afrikanische Zuckermarkt wächst auf dem Kontinent besonders schnell – und weckt damit Begehrlichkeiten in Europa. Lange war Afrika für europäische Unternehmen nur als Rohstofflieferant interessant. Jetzt entdecken die ersten unter ihnen aber auch die Absatzchancen, die die aufstrebende Mittelschicht verschafft. Der französische Rohstoffhändler Sucres et Denrées (Sucden) hat sich gerade am marokkanischen Branchengroßen Cosumar beteiligt.
Dass Sucden sein Glück in Afrika versucht, ist leicht verständlich. Denn Sucden ist in dieser Situation derzeit sicher nicht zu beneiden. Das Unternehmen, das der Familie Varsano gehört, hatte stark in Russland investiert. Sucden kaufte Landwirtschaftsbetriebe für den Anbau von Zuckerrüben und betrieb Zuckerraffinerien. Rund 170.000 Hektar Land gehören Sucden in Russland. Die Franzosen produzieren dort zwischen 500.000 und 600.000 Tonnen Zucker im Jahr. Das sind rund zehn Prozent des Marktes.
Jetzt jedoch ist Serge Varsano, CEO, Großaktionär und Sohn des 1980 gestorbenen Gründers Maurice Varsano, ein schöner Coup gelungen: Er hat einen bedeutenden Anteil an Marokkos führendem Zuckerhersteller Cosumar erworben, der an der Börse Casablanca mit 1,7 Milliarden Euro bewertet wird. Dabei nutzte Varsano die Gelegenheit, dass der asiatische Agrarkonzern Wilmar International, an der Börse Singapurs mit 15 Milliarden Euro bewertet, seinen Anteil an Cosumar von rund 30 Prozent loswerden wollte. Mit diesem Geschäft gelingt Sucden ein interessanter Einstieg in den afrikanischen Konsummarkt.
Serge Varsano, geboren im August 1955, zählte in seiner Jugend zum Pariser Jetset. Dabei half ihm sicher auch, dass sein Vater ein überaus erfolgreiches Handelshaus für Zucker, Kakao, Kaffee und andere Agrarrohstoffe aufgebaut hatte. In den 1970er-Jahren forderte der Senior seinen Sohn auf, in das Unternehmen einzusteigen. Varsano macht sich dort mit dem Zuckerhandel an den Terminbörsen vertraut. Die Aufforderung des Vaters war vorausschauend. Denn schon 1980 starb Maurice Varsano und der 25 Jahre alte Sohn musste die Führung übernehmen.
Das machte Serge Varsano überaus erfolgreich. Einen Umsatz von 9,7 Milliarden Dollar erzielte Sucden im Jahr 2022. Das Ergebnis veröffentlicht Sucden nicht. Immerhin gelang es ihm, direkt nach dem Tod des Vaters den Zuckermarkt in der Elfenbeinküste zu erschließen, wo er enge Verbindungen zum damaligen Präsidenten Félix Houphouët-Boigny knüpfte. Doch dabei ging es um den Import von Zucker und nicht – wie im Fall von Cosumar – um die Erschließung des afrikanischen Absatzmarktes.
Weltweit Schlagzeilen machte Varsano, als er 1988 den sogenannten “Kakao-Krieg” lostrat. Mit der Unterstützung von Jean-Christophe Mitterrand, Sohn des damaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand und Leiter des Afrika-Büros im Élysée-Palast, kaufte er dem Präsidenten der Elfenbeinküste 400.000 Tonnen Kakao ab. So wollte er den Preis in die Höhe treiben und Lagerbestände mit Gewinn verkaufen. Doch die Spekulation schlug fehl. Schuld daran war Houphouët-Boigny, der gleichzeitig eine große Menge an Varsanos größten Konkurrenten, das US-Handelshaus Phibro, verkaufte. Varsano erlitt einen schmerzhaften Verlust und musste Hunderte Angestellte entlassen.
Rechtzeitig vor der Transaktion in Marokko hatte sich Varsano die Dienste des früheren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gesichert. Der ehemalige Staatschef soll vor allem die Geschäfte in Russland und Afrika befördern, schreibt die Website L’Informé. Dabei stört es Varsano offenbar nicht, dass Sarkozy im Mai 2023 zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt wurde, gegen die dieser allerdings juristisch vorgeht. Die Website Africa Intelligence hatte darüber hinaus berichtet, Sarkozy fungiere nicht nur als Berater, sondern sei auch Mitglied im Aufsichtsrat von Sucden. Aktuell weist Sucden auf der Unternehmens-Website Sarkozy nicht in dieser Funktion aus. Gesichert dagegen ist die Nachricht, dass Sarkozy für Sucden in der Elfenbeinküste aktiv war und im Juli 2023 dorthin reiste, um dort ein gutes Wort beim Präsidenten Alassane Ouattara einzulegen. Was Sarkozys Intervention in der Elfenbeinküste bewirkt hat, ist nicht bekannt.
Dafür ist Sucden nun mit dem Einstieg bei Cosumar ein kleiner Coup gelungen. Dabei mag geholfen haben, dass König Mohamed VI. und Emmanuel Macron in den vergangenen Wochen hart daran gearbeitet haben, das zeitweise zerrüttete Verhältnis zwischen Frankreich und Marokko wieder zu reparieren.
Mit Cosumar erschließt sich Sucden nicht nur den lukrativen Markt in Marokko. Das Unternehmen expandiert auch in andere Länder Afrikas. So nutzt Cosumar – wie auch El Mada und Holmarcom – die außenpolitische Entspannung zwischen Rabat und Nouakchott, um den Markt in Mauretanien zu erschließen. Das Land, rund dreimal so groß wie Deutschland, zählt zwar weniger als fünf Millionen Einwohner. Doch viele internationale Unternehmen interessieren sich nicht für das aufstrebende Land. Das lässt Cosumar viel Raum.
Sucden kann positive Nachrichten gut gebrauchen, bereitet Varsano, 68 Jahre alt, doch seine Nachfolge vor. Ein Sohn soll das Unternehmen übernehmen, was im Handel mit Agrarrohstoffen nicht so ungewöhnlich ist. Denn in diesem Geschäft befinden sich einige große Akteure seit Generationen unverändert in Familienbesitz, etwa der Marktführer Cargill Inc. aus den USA oder auch Louis Dreyfus Company, die immer noch von Margarita Louis-Dreyfus kontrolliert wird.
Während französische Konsumartikler den Markt in Afrika erschließen, sind deutsche Süßwarenunternehmen bisher kaum auf dem Kontinent aktiv. Produkte von Haribo oder Katjes sind in Südafrika allenfalls in einigen Feinkost-Geschäften erhältlich. Auch Schokolade von Ritter oder Kekse von Bahlsen sind auf dem Kontinent selten zu finden.
Dabei ist der afrikanische Markt für Süßwaren einer der interessantesten der Welt. “Rohstoffhändler betrachten den Kontinent normalerweise als einen wichtigen Treiber für die Zuckernachfrage”, heißt es in einem Bloomberg-Bericht. “Afrika weist unter den Großregionen das höchste Bevölkerungswachstum auf, und sein Anteil an Haushalten mit mittlerem Einkommen steigt.” Allerdings schafften es nur fünf Länder, genug Zucker zu produzieren, um die heimische Nachfrage zu decken, was den Kontinent zu einem attraktiven Exportziel für andere Produzenten mache. Daran ist Sucden-Konkurrent Südzucker offenbar nicht interessiert. Das Mannheimer Unternehmen produziert ausschließlich in Europa.
Um die Finanzierungslücke im Bundeshaushalt zu schließen, wollte die Bundesregierung Unternehmen, die Kunststoffe in den Verkehr bringen, eigentlich bereits ab diesem Jahr mit einer Abgabe belegen, die bislang aus dem Bundeshaushalt an die EU fließt. Nun wird deutlich: Die Plastiksteuer wird erst 2025 umgesetzt. Das teilte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, mit.
Um “mehr Zeit zur Erarbeitung einer effizienten und möglichst bürokratiearmen Lösung zu gewinnen”, haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner darauf verständigt, die Vereinbarung von Mitte Dezember zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 entsprechend zu ändern.
Kritik an der Plastiksteuer hatte es zuvor von allen Seiten gegeben. “Es ist nicht einzusehen, dass gerade die Inverkehrbringer von Kunststoffverpackungen erneut zur Kasse gebeten werden sollen”, kritisierte Peter Feller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Im Rahmen ihrer Herstellerverantwortung müssten die Unternehmen bereits seit Jahren erhebliche Aufwendungen für die Sammlung, Sortierung und Verwertung der von Ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen tätigen, so Feller weiter.
Fünf Verbände der Wertschöpfungskette Kunststoffverpackungen hatten die Bundesregierung zudem dazu aufgerufen, die angekündigte Umlage auf die deutschen Unternehmen zur Deckung des Haushaltslochs zurückzuziehen. Eine Plastiksteuer führe zu einer Verteuerung der Produktpreise und belaste vor allem die unteren Einkommensschichten, die im Vergleich einen weitaus höheren Anteil ihres Einkommens für Konsumprodukte, wie etwa verpackte Lebensmittel, ausgäben, schrieben die Verbände in ihrem Aufruf.
Eine stärkere Belastung der Verbraucher hatte Bundesverbraucherministerin Steffi Lemke hingegen ausgeschlossen. Der Ministerin zufolge müssten Konsumierende keine spürbaren Mehrkosten wegen der geplanten Plastikabgabe fürchten. “Wir haben eine Plastiksteuer vorgeschlagen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher beim einzelnen Produkt nicht merken werden”, sagte die Grünen-Politikerin. Dafür seien die Summen dort zu gering, dafür verteile sich das viel zu stark.
Die Plastiksteuer, die die Bundesregierung Mitte Dezember bei der Vorstellung des neuen Bundeshaushalts ins Spiel gebracht hatte, ist per se nicht neu. Die Europäische Union hatte diese Abgabe bereits 2021 eingeführt und 80 Cent für jedes nicht-recyclebare Kilogramm Plastik veranschlagt. Anders als Italien oder Spanien finanziert Deutschland diese Abgabe bislang über den Staatshaushalt. Ab 2025 sollen für die rund 1,4 Milliarden Euro, die in den vergangenen Jahren jeweils an die EU gezahlt wurden, nun die Unternehmen aufkommen. Die Umlage hatte die Ampel-Regierung bereits im Koalitionsvertrag angekündigt. heu
Die aktuelle Flutkatastrophe in Nord- und Mitteldeutschland beobachtet das niedersächsische Landwirtschaftsministerium mit Blick auf einen möglichen Güllenotstand “sehr genau”, sagt eine Ministeriumssprecherin aus Niedersachsen zu Table.Media. Es sei davon auszugehen, dass die landwirtschaftlichen Flächen auch nach dem Ende der Sperrzeit für die Ausbringung von Gülle, also ab dem 1. Februar, schwer befahrbar sein werden. Im Bundesland habe Dauerregen bereits im Herbst dazu geführt, dass Äcker unbefahrbar wurden, die Böden seien sehr mit Wasser gesättigt. Hinzukomme, dass offene Güllebehälter durch den Regen schneller volllaufen, meint die Sprecherin des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums weiter. Eine Einsturzgefahr von Güllebehältern sieht das Ministerium hingegen nicht. Ab wann Äcker in Niedersachsen wieder befahrbar sein werden, dazu will das Ressort keine “pauschale” Aussage treffen. Dies sei sehr stark von Standort und Witterung abhängig.
Die Situation erinnert zwar an Zustände im Bundesland Schleswig-Holstein im Jahr 2017. Der ehemalige Landwirtschaftsminister Robert Habeck rief dort damals den Güllenotstand aus, weil Güllefässer drohten überzulaufen. Die Gülle konnte auf zu nassen Feldern nicht ausgebracht werden. Doch laut der Sprecherin aus Niedersachsen gebe es diesmal mehr Lagerkapazitäten. Dennoch rät das Ministerium Betrieben in Niedersachsen dazu, bei knappen eigenen Ressourcen alternative Güllelager in Betracht zu ziehen. Um drohende Havarien zu verhindern, schließt das niedersächsische Landwirtschaftsministerium nicht aus, Gegenmaßnahmen ergreifen zu müssen. Habeck erlaubte den Bauern 2017, provisorische Jauchegruben auszuheben, in denen die Gülle zwischengelagert werden konnte. Er befürchtete, dass Oberflächengewässer und Grundwasser geschädigt werden würden, falls die Güllebehälter überlaufen. has
Die Böden in der Europäischen Union und weltweit werden zu wenig geschützt. Zu dem Ergebnis kommen die Heinrich-Böll-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der TMG Think Tank im sogenannten Bodenatlas. Den haben die drei Akteure an diesem Dienstag veröffentlicht. Zum ersten Mal seit 2015 legen sie damit ein Dokument vor, das unter anderem den Zustand landwirtschaftlicher Böden in den Blick nimmt und den Ruf nach einer EU-weiten Rechtsform für den Bodenschutz lauter werden lässt.
“Nachhaltige Bodennutzung darf kein Lippenbekenntnis bleiben, sondern muss konkret durchgesetzt werden, beispielsweise durch verbindliche Definitionen und strengere Kontrollen der ‘guten fachlichen Praxis’ in der Landwirtschaft”, heißt es im Bodenatlas. Die EU brauche ein eigenständiges europäisches Bodenschutzrecht und dürfe sich nicht nur auf ein Gesetz für das Monitoring des Bodens beschränken, fordern die Autoren.
Mit Blick auf den im Sommer 2023 vorgestellten Gesetzentwurf des Soil Monitoring Law der EU-Kommission kritisieren Heinrich-Böll-Stiftung, BUND und TMG Think Tank, dass dieser weder quantitative Ziele noch konkrete Maßnahmen beinhalte. Statt auf Bodenschutz ziele das Gesetz lediglich darauf ab, die europaweite Bestandsaufnahme der Bodengesundheit zu vereinheitlichen. Kritik üben die Autoren auch am einzigen einheitlichen Rechtsrahmen für Bodenschutz auf EU-Ebene – der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). So seien auch die Bodenschutzmaßnahmen innerhalb der GAP unzureichend und brächten zu wenig Veränderung, monieren die Autoren.
Die anstehende Reformrunde der GAP müsse dem Bodenschutz deshalb mehr Gewicht verleihen, heißt es im Bodenatlas. “Landwirtschaftliche Praktiken, um Böden zu schützen und nachhaltiger zu nutzen, müssen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und des deutschen Bodenschutzrechts stärker gefördert werden”, fordern die Autoren. Für die neue Förderperiode der GAP, die 2028 beginnt, sollten deshalb verpflichtende Mindeststandards zum Schutz der Böden beitragen und Schlupflöcher und Ausnahmeregelungen eingeschränkt werden.
Neben der Forderung nach mehr Bodenschutz auf EU-Ebene blicken die Organisationen im Bodenatlas auch auf Themen wie Desertifikation oder Stickstoffdünger, die die Böden aktuell belasten. Außerdem erörtern sie, was der großflächige Ankauf von Ackerland für kleine und mittlere Betriebe bedeutet. heu
Argentiniens neuer Präsident Javier Milei hatte den gemeinsamen südamerikanischen Markt Mercosur zunächst als sinnlos bezeichnet. Doch nun steht er einem Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union wohl doch nicht ablehnend gegenüber. “Argentinien scheint heute eher bereit zu sein, eine Einigung zu erzielen“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch auf einer Veranstaltung in Lissabon.
Handelsexperten zufolge schließt sich das Zeitfenster für den Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens und die Ratifizierung in Kürze. Denn im Juni stehen die Europawahlen an. Ende Januar trifft sich die Gemeinsame Marktgruppe des Mercosur in Asunción in Paraguay.
Anfang Dezember 2023 waren in Rio de Janeiro die Staatschefs von Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay zu einem Mercosur-Gipfel zusammengekommen. Ursprünglich hatte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei dem Treffen einen Durchbruch bei den Verhandlungen verkünden wollen. Der war aber vor allem am Widerstand von Frankreich und dem bevorstehenden Regierungswechsel in Argentinien gescheitert. Nachdem die EU-Delegation ihre Reise zur Unterzeichnung des Abkommens abgesagt hatte, betonte sie weiter Gesprächsbereitschaft.
Die Gespräche der EU mit den Mercosur-Staaten über die Freihandelszone laufen bereits seit 23 Jahren. Eine Grundsatzeinigung aus dem Jahr 2019 wird wegen anhaltender Bedenken etwa beim Schutz des Regenwaldes nicht umgesetzt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisierte zuletzt, dass Industriebetriebe und Landwirte in Europa künftig strengen Umweltauflagen unterworfen seien. Nach Abschluss des Freihandelsabkommens müssten sie mit Anbietern in Südamerika konkurrieren, die solche Vorgaben nicht zu erfüllen hätten. vis/rtr
08.01. – 15.01.2024 / Bundesweit
DBV Veranstaltung Aktionswoche zu Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung
Der DBV ruft zu Protesten gegen die geplante Streichung des Agrardiesels und der Kfz-Steuerbefreiung auf. Ab dem 08.01. Demonstrationen und Aktionen im ganzen Land. Am 15.01. soll eine Großdemo in Berlin stattfinden. INFO
11.01.2024 – 10:45-12:45 Uhr / Brüssel
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) Abstimmungen zu den Trilogergebnisen zur Verbringung von Abfällen, zu Industrieemissionen, zur Verpackungs-Verordnung, zur Ökodesign-Verordnung, zu Euro7; Berichtsentwurf zu Mikroplastik TAGESORDNUNG
14.01.2024 – 12.00 – 13.00 Uhr / Paul-Löbe-Haus Berlin
Vorstellung der Empfehlungen Bürgerrat “Ernährung im Wandel”
Die Teilnehmenden des Bürgerrats werden ihre Empfehlungen der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas vorstellen. INFO & ANMELDUNG
16.01.2024 – 10.00 – 17.30 / dbb forum Berlin, online
Kongress Agrarkongress 2024: Natürlicher Klimaschutz und Klimaanpassung in Partnerschaft mit der Landwirtschaft
Mit Expertinnen und Expert aus der Praxis, der Wissenschaft, von Verbänden und der Politik diskutieren und reflektieren wir: Wie kann die Landwirtschaft fit für eine Zukunft in Zeiten der Klimakrise werden? Welche neuen Kooperationen können diesen Weg ebnen? INFO & ANMELDUNG
17.01.2024 – 10.00 – 18.00 Uhr / BMEL
Forum The International Young Farmers’ Forum at GFFA
The young farmers actively contribute to the GFFA by sharing the experiences gained on their own farms or from their work in national farming organizations. Their role is decisive in shaping the global food supply of the future. The YFF and the GFFA offer them the opportunity to be heard at international level. Two representatives of the group will present a statement on the GFFA topic commonly drafted by the group to the GFFA agriculture ministers’ conference on Saturday 20th January 2024. INFO & ANMELDUNG
17.01.2024 – 19.00 Uhr / Vertretung des Landes Hessen in Berlin
Podiumsdiskussion Klimabilanz im LEH: Jetzt kommt’s auf die Bauern an!
Welchen Einfluss hat die Wertschöpfungskette Lebensmittel auf die Klimaziele? Welche Strategien gibt es, um die Bilanz zu verbessern? Bietet das Thema Klima für Bauern neue Einkommenschancen? INFO & ANMELDUNG
17.01.2024 – 20.01.2024 / Berlin
Konferenz 16. Global Forum for Food and Agriculture – Ernährungssysteme der Zukunft: Gemeinsam für eine Welt ohne Hunger
Um die Ernährungssysteme für unsere Zukunft fit zu machen und die Agenda 2030 umzusetzen, sind enorme Anstrengungen erforderlich. Der internationalen Gemeinschaft – uns allen – bleiben nur noch sieben Jahre, um die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu erreichen. Laut den jüngsten Zahlen hungert jedoch jeder zehnte Mensch auf dieser Erde. Mehr als zwei Milliarden Menschen können sich keine gesunde Ernährung leisten. ANMELDUNG
18.01.2024 – 14:00 – 15:30 / GFFA
GFFA Opening Kick-off Event
The Kick-off Event marks the official start of the GFFA with an exchange between high-level experts of the global agri-food sector from politics, industry, science, and civil society under the guiding theme “Food Systems for Our Future: Joining Forces for a Zero Hunger World!”. INFO
18.01.2024 – 16.00 – 17.30 Uhr / GFFA
High Level Panel Ernährung, Klima und Sicherheit: Gemeinsam für eine sichere Zukunft
Das Bundeslandwirtschaftsministerium richtet erstmals mit der Münchner Sicherheitskonferenz eine gemeinsame “High Level Debate” zur Verbindung Klimakrise, Ernährungssicherheit sowie Kriege und Konflikte auf dem 16. Global Forum for Food and Agriculture aus. INFO
18.01.2024 – 20.00 Uhr / BMEL Halle 23a, City Cube Berlin
Empfang BMEL Empfang für ausländische Ehrengäste auf dem 16. Global Forum for Food and Agriculture PROGRAMM
19.01.2024 – 13:30 – 15:00 Uhr / GFFA
High Level Panel Realizing the Right to Adequate Food: Ending hunger and leaving no one behind
Discussion of the event: a) Interventions that bring the Right to Adequate Food more prominently into legal and policy frameworks, including national constitutions and framework laws;
b) Examples of the establishment of multistakeholder mechanisms, platforms and councils that are intended to ensure coordination and policy coherence across different sectors as a way to address the various dimensions of the right to food in an integrated manner;
c) Initiatives to monitor and assess progress and gaps in the implementation of the Voluntary Guidelines on the Right to Food and their impact at country level;
d) Main challenges and constraints faced at country level that impede the realization of the Right to Adequate food, including financial and capacity gaps, and how they are being addressed. INFO
19.01.2024 – 14:00 / Deutscher Bundestag, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (Anhörungssaal 3.101)
Hybrides Fachgespräch Ernährung sichern – agrarökologisch, pflanzenbasiert, regional
Wie sichern wir eine gesunde Ernährung in Deutschland in den kommenden 30 Jahren? Die Grünen laden anlässlich der Grünen Woche ein, mit Ihnen und mit Expert:innen über diese Fragen ins Gespräch zukommen. INFO
19.01.2024 – 15:30 – 17:00 Uhr / GFFA
High Level Panel Squaring the Circle: Towards Sustainable Agriculture and Food Supply Chains
Food security and environmental sustainability are two key policy objectives for the agricultural sector. This panel explores how agri-food trade can continue to ensure global food security and enhance its contribution to environmental sustainability. INFO
20.01.2024 – 09:00 – 15:00 Uhr / Berlin
Konferenz Berliner Agrarministerkonferenz auf dem 16. Global Forum for Food and Agriculture
Themen: Nachhaltige Produktion und Ernährungssouveränität stärken; resiliente und nachhaltige Lieferketten fördern; Lebensmittelverluste und -verschwendung reduzieren; vulnerable Gruppen stärken. PROGRAMM
19.01.2024 – 28.01.2024 / Messe Berlin
Messe Internationale Grüne Woche
Die internationale Leitmesse für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Aussteller aus aller Welt präsentieren an zehn Veranstaltungstagen ein umfangreiches Produktangebot. Zudem gibt die Grüne Woche aktuellen gesellschaftlichen Fragen wie Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und nachhaltige Landnutzung eine Bühne. INFO
22.01.2024 – 23.01.2024 / Brüssel
Tagung Rat für Landwirtschaft und Fischerei der Europäischen Union INFO
24.01. – 25.01.2024 / Berlin
Forum 17. Zukunftsforum Ländliche Entwicklung
Unter dem Motto “Land.schöpft.Wert. – Starke ländliche Regionen” wird sich das Zukunftsforum 2024 dem Thema Regionaler Wertschöpfung widmen. Bundesminister Cem Özdemir wird die Veranstaltung am 24. Januar 2024 auf dem Berliner Messegelände eröffnen. INFO
Die Regelungswut und das Misstrauen gegenüber der Bioenergie manifestiert sich nun auch im Entwurf der drei federführenden Ministerien (Wirtschaft, Landwirtschaft und Umwelt) zur Biomassestrategie der Bundesregierung. Abgezeichnet hatte sich dies bereits im Oktober 2022, als die Eckpunkte für die Strategie von den drei Ministerien veröffentlicht wurden. Zum einen bestätigt der Entwurf, ein ständiges Mantra, dass Klimaschutz mit Alternativen zur Biomasse umgesetzt werden soll. Zum anderen wiederholt der Entwurf den Duktus, dass Erzeugung und Nutzung von Biomasse weder “nachhaltig” noch “konsistent” geregelt seien.
Dabei wird zweierlei ignoriert: Erstens steht aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen oft keine andere erneuerbare Energieform außer der Biomasse für die relevanten Sektoren zur Verfügung. Man denke hier beispielsweise an Prozesswärme in der Industrie oder Biokraftstoffe in Land- und Forstwirtschaft oder im Schwerlastbereich. Entfiele diese Möglichkeit künftig, weil der Einsatz von Biomasse ordnungsrechtlich untersagt oder schlicht durch Vorgaben unwirtschaftlich gemacht würde, unterbleibt Klimaschutz entweder oder wird unnötig teuer. Zweitens ist das Letzte, woran die Bioenergiebranche krankt, ein Mangel an Regelungen. Jedes Detail der Biomasseerzeugung – von der land- und forstwirtschaftlichen Primärproduktion bis hin zu Anlagenbau, Genehmigung und Energieerzeugung -, ist durch eine Fülle ineinander verschränkter Bestimmungen geregelt.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Bioenergie ist außerdem, dass die Erneuerbare Energien Richtlinie der EU (RED) explizit die Zertifizierung der Nachhaltigkeit und die Bilanzierung von Treibhausgasen für Bioenergie vorschreibt. Geradezu absurd mutet es an, wenn im aktuellen Entwurf zur Biomassestrategie behauptet wird, dass die Klimawirkung der Biomassenutzung nicht realistisch bewertet werde. Ein Blick in die Bilanzierungsregeln des Weltklimarats IPCC reicht aus, um diesen Punkt als erledigt abzuhaken. Das heißt, eine umfangreiche Treibhausgaserfassung der Biomassenutzung erfolgt bereits.
Es ist erstaunlich dreist und auch naiv, dass der Entwurf bei den Maßnahmen dann wiederholt mit kruden Ideen aufwartet, die bereits von den Koalitionspartnern abgeräumt wurden. Zu nennen wäre beispielsweise ein CO₂-Preis auf Biokraftstoffe im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) oder das Phase-Out von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse in der 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV). Es stellt sich die Frage, was Ideen aus der ideologischen Mottenkiste in einer zukunftsgerichteten Strategie zu suchen haben. Treibt die Verfasser hier Profilierungssucht und die Aussicht auf den nächsten Streit mit den Koalitionspartnern an?
Ein weiteres Beispiel aus dem wirren Ideenkasten ist ein CO₂-Preis auf Holz im EU-Emissionshandel ETS. Damit würde sich Deutschland im Alleingang gegen die RED stellen, die erst Ende vergangenen Jahres auf EU-Ebene bestätigte, dass nachhaltige Holzenergie natürlich auch weiterhin nicht vom CO₂-Preis erfasst wird. Mit solchen Vorschlägen mag man sich vielleicht den Applaus einiger Umweltaktivisten sichern, isoliert sich aber innerhalb des Binnenmarkts der EU, stellt sich gegen die internationalen Klima-Bilanzierungsregeln des IPCC und verteuert letztlich auch den Klimaschutz über alle Wirtschaftssektoren hinweg.
Zu den wenigen positiven Punkten des Entwurfs gehört die Erkenntnis, dass Agroforstsysteme gestärkt werden sollten und Biokohle erhebliches Potenzial für den Klimaschutz bietet. Gleiches gilt für die Anerkennung des Beitrags der Bioenergie zu Negativemissionen.
Doch was müsste eine Biomassestrategie stattdessen umfassen? Worauf die Branche wartet, sind Planungs- und Investitionssicherheit und ein Bekenntnis zu bereits Erreichtem. In einem Umfeld, in dem regelmäßig der gültige Rechtsrahmen für den Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe infrage gestellt wird, werden auch keine Investitionen für fortschrittliche erneuerbare Kraftstoffe erfolgen. Besonders die Holzenergiebranche erwartet, dass ihr nach dem Bekenntnis seitens der EU und der Bundesregierung als erneuerbare Energieform anerkannt zu sein, nun keine weiteren Steine in den Weg gelegt werden. Wenn die Bundesregierung, wie vereinbart, in den kommenden zwei Jahrzehnten tatsächlich Klimaneutralität erreichen will, muss sie jetzt die Potenziale der Bioenergie dafür nutzen.
Gerolf Bücheler ist Geschäftsführer des Bundesverbands Bioenergie (BBE) mit Sitz in Bonn. Der BBE fordert, dass Bioenergie als relevante erneuerbare Energie wahrgenommen wird.