Table.Briefing: Africa

Wirtschaft fordert Afrika-Staatsminister + Deutsche laut Umfrage skeptisch + Stromkrise beschleunigt Energiewende

  • Wirtschaft fordert zentralen Afrika-Staatsminister
  • Mehrheit zweifelt an Wirtschaftsaufschwung in Afrika
  • Mercedes setzt auf Solar in Südafrikas Stromkrise
  • Africa CDC: Mehr Impfstoffe sollen aus Afrika kommen
  • China modernisiert Eisenbahn in Namibia
  • Standpunkt: Abzug aus Mali darf kein Rückzug aus dem Sahel sein
  • Mehdi Alj will mit Fischkonserven Verantwortung übernehmen
Liebe Leserin, lieber Leser,

Es ist drei Wochen her, dass Entwicklungsministerin Svenja Schulze die neue Afrika-Strategie des BMZ vorstellte. Noch immer ruft das Papier Widerspruch in der deutschen Wirtschaft hervor. Die Antwort des Top-Managers Karl-Heinz Große lautet: Afrika wird noch viel zu sehr als Absatzmarkt gesehen. Diese Antwort dürfte auch vielen anderen Managern und Unternehmern nicht gefallen.

Mitten in Südafrikas großer Stromkrise haben die deutschen Autobauer Mercedes-Benz, VW und BMW zur großen Vertriebsoffensive auf dem Markt geblasen – ausgerechnet mit Elektroautos. Andreas Sieren schreibt aus Johannesburg, wie die Käufer deutscher Elektroautos an Strom für ihre Fahrzeuge kommen sollen.

Frankreich hat den Abzug seiner Truppen aus Mali längst beschlossen. Die Bundeswehr ist noch vor Ort. Katja Leikert, die Afrika-Expertin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, schreibt in einem Gastbeitrag, wie sich die Bundesregierung ihrer Meinung jetzt verhalten soll.

Der marokkanische Unternehmer Mehdi Alj zählt zu den interessantesten Führungspersönlichkeiten in Afrika. Wir stellen den jungen Chef des börsennotierten Unternehmens Unimer vor.

Ihr
Christian von Hiller
Bild von Christian  von Hiller
  • Afrika

Analyse

Wirtschaft fordert zentralen Afrika-Staatsminister

Heinz-Walter Große, SAFRI-Vorsitzender und ehemaliger CEO von B.Braun.

Afrika ist für Heinz-Walter Große ein bekanntes Terrain. Seit über 60 Jahren macht er Geschäfte auf dem Kontinent. Die Medizinprodukte von B.Braun gehen in fast alle Länder. Schwerpunkte sind Infusionslösungen und Desinfektionsmittel, in den Tochtergesellschaften sind über 1.000 Mitarbeiter beschäftigt. B.Braun betreibt auch eigene Dialysezentren, unter anderem in Afrika.

Die Verantwortung als CEO hat Große vor vier Jahren an seine Nachfolgerin übergeben, dem Thema Afrika aber ist er treu geblieben. Als SAFRI-Vorsitzender fördert er seit Jahren intensivere Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und den afrikanischen Ländern.

Mittelständler brauchen Risikoabsicherung

Mit den Erfolgen ist er allenfalls zufrieden, aber nicht glücklich. Auch in der neuen Strategie des BMZ werde zwar vom Zukunftskontinent Afrika geschwärmt, in den Vorstandsetagen der großen deutschen Unternehmen aber sei das noch nicht wirklich angekommen, sagt er.

Afrika werde noch immer vor allem als Absatzmarkt gesehen. Große Investitionen und wertschöpfende Prozesse deutscher Unternehmen würden dem Kontinent aber langfristig deutlich mehr helfen, so der langjährige B.Braun-Chef.

Für kleinere und mittlere Unternehmen  brauche es vor allem mehr Risikoabsicherung, also zum Beispiel Bürgschaften bei Exporten und Investitionen. Wenn ein kleineres Unternehmen beim Zahlungsausfall einer Millioneninvestition allein gelassen werde, sei das unter Umständen schwer zu schultern.

Für noch viel wichtiger hält Große aber endlich eine bessere Koordination und Bündelung der Entwicklungszusammenarbeit. Die neue BMZ-Strategie stehe ebenso weitgehend isoliert da, wie die Programme anderer Ministerien. So dürfe eine ressortübergreifende Afrika-Strategie der Bundesregierung einfach nicht aussehen.

Zentrale Koordination notwendig

Wenn im BMZ-Papier etwa die Rede davon sei, dass jährlich rund 25 Millionen neue Arbeitsplätze für junge Afrikaner geschaffen werden müssten, warum werde die Strategie dann an dieser Stelle nicht konkret? Man spürt im Gespräch, dass Große sehr gerne eine afrikanische und deutsche Wirtschaftsvertreterin an der Seite der Ministerin gesehen hätte bei der Vorstellung des Papiers. Flankiert wurde Svenja Schulze dagegen von zwei Vertreterinnen des UN-Entwicklungsprogramms und der Afrikanischen Union.

Große sieht in der Strategie auch durchaus richtige Ansätze. Insgesamt aber sei das Papier an vielen Stellen “so richtig, dass es gar nicht falsch sein kann”. Auf vielen Afrika-Reisen hat er leistungsbereite und lernwillige Menschen getroffen, die vor allem eines wollen: “Jobs, Jobs, Jobs! Investiert bei uns!” Eine Strategie, die sozial-ökologischen Wandel, feministische Entwicklungspolitik und Geschlechtergerechtigkeit nach vorne stelle, wirtschaftliches Engagement aber hintan, werde den Erwartungen Afrikas an eine partnerschaftliche Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe nicht gerecht.

An einem zentralen Koordinator im Kanzleramt führt für den Afrikakenner Große wie auch viele andere deutsche Unternehmer kein Weg vorbei. “Und wir müssen schneller werden, große Infrastrukturprojekte in Gang bekommen. Unser deutsches Tempo wird den Herausforderungen Afrikas nicht gerecht.

  • Afrika-Strategie
  • BMZ
  • Investitionen
  • Wirtschaftspolitik

Zweifel am Aufschwung in Afrika

Eine Mehrheit der Bundesbürger hält einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung auf dem afrikanischen Kontinent für unwahrscheinlich. Dies geht aus einer laufenden Umfrage hervor, die Civey im Auftrag von Table.Media durchführt. Demnach antworten 44 Prozent der befragten Bundesbürger die Frage, ob Afrika in den kommenden zehn Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben werde, entweder mit “Eher nein” oder mit “Nein, auf keinen Fall”.

Zwar rechnen 34 Prozent der Befragten mit einem Boom. Der Anteil jener, die den Aufschwung für sicher halten, liegt jedoch nur bei zehn Prozent. Die Ergebnisse fallen auch nach Wahlabsicht der Befragten unterschiedlich aus: Einen Boom in Afrika halten knapp die Hälfte der Anhänger der FDP und der Grünen für wahrscheinlich. Sie bilden damit die afrika-optimistischste Gruppe. Bei Sympathisanten der SPD und der Linken halten sich Zuversicht und Skepsis mit je knapp 40 Prozent die Waage. Im konservativen Lager überwiegt Zurückhaltung: Etwa die Hälfte der Unionsanhänger glaubt nicht an einen afrikanischen Aufschwung. Diese Meinung teilen knapp zwei Drittel der AfD-Sympathisanten.

Auch die Haltung der Deutschen zur Leistung von Entwicklungshilfe wurde abgefragt. Mehr als die Hälfte der Befragten bewerten Entwicklungsarbeit in Afrika als “Eindeutig richtig” oder “Eher richtig”. Der Anteil derjenigen, die Entwicklungsarbeit für “Eindeutig falsch” oder “Eher falsch” halten, liegt bei knapp einem Drittel. Anhänger der Grünen und der SPD hegen die größten Sympathien für Entwicklungsarbeit, gefolgt mit etwas Abstand von Unterstützern der Linken und schließlich der FDP und der Unionsparteien. Einzig AfD-Sympathisanten lehnen das deutsche Engagement in Afrika mehrheitlich ab (67 Prozent).

Die grundsätzliche Befürwortung der klassischen Entwicklungsarbeit bedeutet jedoch nicht, dass die Deutschen das Konzept privater Auslandsinvestitionen ablehnen. Im Gegenteil, mehr als die Hälfte der Befragten sind der Meinung, dass deutsche Unternehmen verstärkt in Afrika investieren sollten. Nur etwa ein Viertel lehnt dies ab. Die Unterstützer der Ampel-Regierungskoalition sind die größten Befürworter privater Investitionen in Afrika: Die Zustimmung liegt hier bei 64 (FDP) beziehungsweise 66 Prozent (SPD und Grüne). Auch bei Linke und CDU/CSU überwiegt die Zustimmung mit 47 beziehungsweise 45 Prozent. Jedoch zeigt sich hier ein ausgeglicheneres Bild: Ein Viertel der Linke-Anhänger und ein Drittel der Unions-Unterstützer lehnen mehr private Investitionen ab. Die AfD ist die einzige Partei, deren Anhänger eine Ausweitung von Investitionen in Afrika überwiegend ablehnen (53 Prozent).

Für die ausschließlich online durchgeführte Umfrage befragt Civey seit dem 1. Februar 2023 etwa 5.000 Bundesbürger ab 18 Jahren. Die Befragung wird bis zum 31.1.2024 fortgeführt. Table.Media berichtet laufend über die Ergebnisse. Im vorliegenden Text wird auf den Stand vom 12. Februar 2023 Bezug genommen.  

  • Afrika
  • Entwicklungsarbeit
  • Investitionen

Mercedes setzt auf Solar in Südafrikas Stromkrise

Die Stromversorgung in Südafrika verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Seit rund 15 Jahren schon leidet Südafrika unter regelmäßigen Stromausfällen. Immer wenn die Nachfrage die verfügbaren Kapazitäten übersteigt, wird der Strom kontrolliert abgeschaltet. 2022 war in dieser Hinsicht das bisher schlimmste Jahr: An fast jedem zweiten Tag kam es zu Stromausfällen. Insgesamt 3776 Stunden war Südafrika ohne Strom, an manchen Tagen mehr als zehn Stunden. Der Grund: Über Jahrzehnte schlecht gewartete Kohlekraftwerke, die zum Teil nur zu 60 Prozent einsatzbereit sind. Und drückende Schuldenlasten lassen dem staatlichen Energiekonzern Eskom keinen Spielraum für Investitionen.

Am Donnerstagabend hat Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, den nationalen Notstand ausgerufen. Der Unmut in der Wirtschaft und in der Bevölkerung über den mangelnden Strom war der Regierung zu groß geworden. Auch kündigte Ramaphosa an, einen Minister für Energie zu ernennen. Der Notstand könnte den Reformen einen großen Schub verleihen. Er macht den Weg frei zur Schaffung eines nationalen Notfallmanagement-Zentrums, das mit Sonderbefugnissen ausgestattet Prioritäten setzt.

Der Notstand ermöglicht auch eine zügige Umschichtung des Staatsbudgets: Nicht ausgegebene Mittel können schnell und gezielt gegen die Stromkrise eingesetzt werden, etwa bei der dringenden Wartung der Kraftwerke. Andere wichtige Maßnahmen umfassen Notfallpläne für die Wasserversorgung, finanzielle Unterstützung des Mittelstandes und der zügige Ausbau von erneuerbaren Energien. Allerdings rief die Ausrufung des Notstands auch scharfen Widerspruch bei den Oppositionsparteien hervor. Einige kritisieren die Aussetzung grundlegender Freiheiten, anderen befürchten eine Zunahme der Korruption.

Modelle aus der Oberklasse für kaufkräftige Kunden

Jedoch sieht Mercedes-Benz Südafrika in der Krise eine Chance: Der Autokonzern erwartet in diesem Jahr eine starke Zunahme des Verkaufs von E-Autos am Kap, die mit Solarstrom geladen werden. Das Netzwerk von Ladestationen wird gerade ausgebaut. Denn jetzt ist nach Meinung des Herstellers ein idealer Augenblick gekommen, um den Vertrieb von Elektrofahrzeugen in Südafrika voranzutreiben. “Warum? Weil wir uns in den vergangenen Jahren mit den Herausforderungen der Elektrizität auseinandergesetzt haben”, sagte kürzlich Mark Raine, Co-CEO von Mercedes-Benz Südafrika.

Mit Modellen aus allen Preisklassen will Mercedes auf dem Markt punkten. Sogar für die Luxuslimousine EQS sieht der Konzern Verkaufschancen im südlichen Afrika. Und auch das in Bremen produzierte Edelmodell EQE, auf das Mercedes weltweit große Hoffnungen setzt, kommt in Südafrika bald auf den Markt. “Diese Business-Limousine festigt unseren Ruf als Hersteller von führenden, technologisch fortschrittlichen Luxusfahrzeugen im Bereich der Elektrofahrzeuge”, sagte Raine.

Auch die beiden anderen deutschen Hersteller, die ebenfalls auf dem südafrikanischen Markt stark vertreten sind, drängen in den Markt für Elektroautos. Der VW-Konzern schiebt die Elektromodelle von Audi nach vorne und hat sogar den Sportwagen e-tron GT im Vertrieb. BMW drängt ebenfalls in die Oberklasse mit schicken Limousinen und schnellen Sportwagen. Südafrika hat wenig Strom, aber genug zahlungskräftige Kunden.

Allerdings vertrauen die Hersteller nicht auf Strom aus dem öffentlichen Netz. Ihre Energie sollen die deutschen Fahrzeuge aus erneuerbaren Energiequellen, etwa Solarstrom, bekommen. “Vor allem im Mercedes-Segment hat sich ein größerer Teil der Kunden vom Stromnetz getrennt oder denkt darüber nach, sich vom Stromnetz zu trennen”, sagte Raine. “In Südafrika macht das Konzept eines Elektroautos mit einer eigenen Solaranlage aufgrund der Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, viel Sinn.”

Noch hängt die Stromproduktion von der Kohle ab

Der Druck, sauberen Strom zu produzieren, nimmt zu. Südafrikas Strom wird zu gut 84 Prozent aus Kohle produziert, erneuerbare Energien machen rund 13 Prozent aus. Die Kohlegebiete in der Provinz Mpumalanga östlich des Wirtschaftszentrums Johannesburg zählen zu den am stärksten verschmutzten Regionen der Welt. Die alten Kraftwerke sollen abgestellt werden, und die Region soll ein Zentrum der erneuerbaren Energie werden. Doch nun ist klar: Es muss schnell gehen.

Nicht nur der Klimawandel, auch der immense Schaden für die Wirtschaft drängt zu einer schnellen Lösung. Südafrikas Zentralbank schätzt, dass die Stromausfälle jährlich zwei Prozent des BIP kosten. Das würde das vom IWF vorausgesagte Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent für 2023 eliminieren.

Tausende mittelständische Betriebe leiden unter der Stromkrise, die ähnlich wie in Deutschland den wichtigen Unterbau der Wirtschaft bilden. Sie verlieren bis zu 50 Prozent ihrer Produktionskapazität und haben meist nicht genug Kapital, um die Stromausfälle zu kompensieren. Dafür boomt das Geschäft mit Solarzellen und Batterien. Doch während Privatpersonen ihre Häuser mit Solaranlagen ausrüsten, sind solche Lösungen für Unternehmen oft zu teuer. Die Regierung sucht deshalb nach Möglichkeiten, Unternehmen finanziell unter die Arme zu greifen. Steuerermäßigungen für Solarzellen sind bereits zugesagt.

Angesichts der Stromausfälle verkündete Ramaphosa bereits auf dem COP 26-Gipfel in Glasgow im November 2021 die neue “Just Energy Transition”. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die USA und die Europäische Union sagten daraufhin 7,9 Milliarden Euro Hilfe zu. Der ambitionierte Plan sieht die sozialverträgliche Dekarbonisierung der südafrikanischen Wirtschaft bis 2030 vor. Die dreckige Kohle soll reduziert werden und durch saubere erneuerbare Energien ersetzt werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck setzte sich bei seinem Besuch in Südafrika im Dezember für eine Energiewende, vor allem mit grünem Wasserstoff, ein.

Langfristig soll der Notstand die Umsetzung der “Just Energy Transition” beschleunigen. Der Notstand werde Südafrika helfen “schnell zu handeln”, sagte der Generalsekretär der Regierungspartei ANC, Fikile Mbalula. Schon während der COVID-Pandemie bewahrte der Notstand das Land vor einer Gesundheitskrise.

Andreas Sieren, Johannesburg

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News

Africa CDC: Mehr Impfstoffe sollen aus Afrika kommen

Die Africa Centres for Disease Control der Afrikanischen Union haben angekündigt, künftig 60 Prozent der in Afrika benötigten Impfstoffe auf dem Kontinent selbst zu produzieren. Vertreter der Gesundheitsbehörde teilten dies bei einer Veranstaltung in Dakar mit. Die Zielvorgabe soll bis 2040 erreicht werden und bis zu 7.000 qualifizierte Arbeitsplätze schaffen. Vom globalen Impfstoffangebot werden aktuell lediglich etwa 0,1 Prozent in Afrika produziert.  ajs

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  • Gesundheit

China modernisiert Eisenbahn in Namibia

Die China Gezhouba Group Corporation hat einen knapp 110 Kilometer langen Streckenabschnitt der namibischen Eisenbahn modernisiert. Dies meldete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Die Eisenbahnstrecke verbindet die Bergbaustadt Arandis mit der Walfischbucht. Wo bisher nur 40 Stundenkilometer Reisegeschwindigkeit möglich waren, ist die Bahn nun doppelt so schnell unterwegs. Derzeit wird ein weiterer Abschnitt zwischen Arandis und Kranzberg modernisiert. Der Streckenausbau ist Teil des Vision 2030 Programms der namibischen Regierung.  ajs

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  • Transport

Teile Somalilands wollen zurück nach Somalia

Die Regionen Sool, Sanaag und Ceyn wollen nicht länger Teil Somalilands sein, sondern künftig wieder von Somalia verwaltet werden, meldet die dpa. Der Ältestenrat der Provinzen hatte dies verkündet und somaliländische Streitkräfte zum sofortigen Abzug aufgefordert. In der Folge kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit mehr als 70 Toten. Nach internationalem Recht ist Somaliland zwar Teil Somalias, de facto aber seit 1991 unabhängig und begreift sich als eigener Staat. International wird Somaliland nicht anerkannt.  ajs

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  • Somalia

Armut treibt junge Afrikaner oft zum Extremismus

Schlechte wirtschaftliche Perspektiven treiben junge Afrikaner immer wieder in die Arme bewaffneter Gruppen. Die geht aus einem Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) hervor. Der Report stützt sich auf Interviews mit ehemaligen Kämpfern. Ein Viertel der Befragten nannte finanzielle Schwierigkeiten als Hauptgrund dafür, sich einer solchen Gruppe anzuschließen. Für 22 Prozent der Befragten war die Mitgliedschaft von Freunden und Familienangehörigen ausschlaggebend. Nur 17 Prozent sind aus religiöser Überzeugung einer solchen Gruppe beigetreten.  ajs

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  • Sicherheit

Standpunkt

Abzug aus Mali darf kein Rückzug aus dem Sahel sein

Katja Leiker, MdB
Katja Leikert, MdB.

Der Besuch des russischen Außenministers Sergei Lawrow in Mali vergangene Woche hat vor Augen geführt, was schon lange offensichtlich ist: Der präferierte Partner der Militärjunta in Bamako sitzt nun in Moskau. Der Westen ist auf dem Abstellgleis. Unsere Truppen dürfen im Land zwar weiterhin aushelfen, doch erfahren immer mehr Schikanen. Zugegeben, der Einsatz in Mali war nie einfach. Doch im vergangenen Jahr haben sich die Bedingungen für unseren Einsatz nochmal deutlich zum Schlechteren gewandt. Die eigentlichen Aufgaben können nicht mehr erfüllt werden.

Das traurige Fazit lautet daher, dass ein Weiter so unter den aktuellen Bedingungen keinen Sinn macht. Die malische Junta ist kein Partner, mit dem wir vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Und unsere Bundesregierung hat gleichzeitig keinen überzeugenden Plan, wie wir den Einsatz unserer Truppen vor Ort wieder besser aufstellen können.

Sollten sich diese Umstände nicht rasch ändern, bleibt ein Abzug die richtige, wenn auch frustrierende, Lösung.

Deutschland muss in der Sahelzone präsent bleiben

Doch müssen wir hierbei Vorsicht walten lassen. Ein militärischer Abzug aus Mali darf keine keinen Rückzug Deutschlands aus dem Sahel bedeutet. Das muss die Bundesregierung unseren Partnern überzeugend klarmachen. Wir sollten in der Region weiterhin aktiv bleiben: wirtschafts-, entwicklungs-, klima- und sicherheitspolitisch.

Denn es geht nicht nur um die Sicherheitslage und Stabilität in Mali. Die ganze Region ist bedroht. Burkina Faso, das vor kurzem den zweiten Putsch innerhalb eines Jahres erlebte, sieht sich immer größeren Problemen durch Rebellen und Dschihadisten ausgesetzt.

Auch nebenan, im Niger, wird die Lage schwerer. Doch bietet dort die pro-westliche eingestellte Regierung noch Hoffnung auf einen relativen Stabilitätsanker. Die Verschiebung europäischer Truppen – unter anderem von der französischen Miltärmission Barkhane, aber auch der neuen EU-Ausbildungsmission – aus Mali und Burkina Faso dorthin ist deshalb erst einmal sinnvoll.

Unkoordinierte Verteilung von Hilfen fördert Korruption

Wenn wir dort jedoch mittelfristig erfolgreicher sein wollen, müssen wir aus unseren Fehlern lernen. Das heißt unter anderem, dass wir eine kohärente und ressortübergreifende Strategie für unsere Präsenz vor Ort brauchen. Fehler wie in Mali vor zehn Jahren, wo zum Beispiel die unkoordinierte Verteilung von Hilfsgeldern zu wachsender Korruption bei oft ausbleibenden Erfolgen führte, müssen wir in Niger vermeiden.

Hier ist die Bundesregierung gefragt, zügig Antworten vorzulegen. Eine solche Strategie muss nicht nur unsere Ziele vor Ort konkret benennen, sondern klare Konditionen setzen unter denen wir Truppen entsenden und finanzielle Unterstützung gewähren. Die Kooperation zwischen uns Europäern wird hier entscheidend sein.

Gleichzeitig muss die Strategie auch Antworten darauf geben, wie wir mit der wachsenden Präsenz Russlands in der Region umgehen wollen. Eine vernünftige Antwort zu finden auf die höchst effektiven russisch-gesteuerten Desinformationskampagnen gegen westliche Staaten in der Region ist hier essentiell.

Dabei muss aber auch schon über den Sahel hinaus gedacht werden. Denn die Gefahren, die dort wachsen, schwappen schon lange in benachbarte Länder über. Insbesondere die Küstenstaaten Westafrikas sind betroffen. Ghana und Togo sind bereits heute Ziele bewaffneter Gruppen aus dem Sahel, die dort nicht nur Angriffe verüben, sondern die Staaten auch zur Rekrutierung und als strategische Rückzugsorte nutzen. Auch Benin und die Elfenbeinküste spüren die Bedrohung.

Ein Übergreifen des Flächenbrandes im Sahel auf die Küstenstaaten Westafrikas käme einer Katastrophe gleich. Er würde zur weiteren Destabilisierung einer bereits jetzt in Teilen fragilen Region führen, die doch so viel Potenzial und Wachstumsmöglichkeiten hat. Deutschland wird dies nicht alleine leisten können. Doch wir sollten unser Bestes geben, einen größtmöglichen Beitrag dazu zu leisten. Das geht nur, indem wir aus unseren Fehlern lernen und uns neu aufstellen.

Katja Leikert ist Mitglied des Deutschen Bundestages und für die CDU/CSU-Fraktion Berichterstatterin zu Grundsatzfragen der deutschen Afrika-Politik im Auswärtigen Ausschuss.

  • Afrika
  • Mali
  • Russland
  • Sahel

Presseschau

Financial Times: Moskaus wachsender Einfluss im Sahel. Russland konzentriert sein Engagement auf die Sahelzone. Dort helfen Wagner-Söldner bereits schwachen Regierungen dabei, ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. Außerdem sichert sich Russland so Zugang zu wichtigen Ressourcen.

Foreign Policy: Untersuchung zu Zwangsabtreibungen durch nigerianisches Militär. Ein von Reuters veröffentlichter Bericht beschuldigt das nigerianische Militär zahlloser Zwangsabtreibungen. Mindestens 10.000 Frauen und Mädchen sollen Opfer dieser Praktiken geworden sein. Befürworter der Untersuchung, darunter auch Bundesaußenministerin Baerbock, befürchten Vertuschung durch die nigerianischen Behörden.

Africa Intelligence: Netanjahu bereitet Israels Comeback in Afrika vor. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu will die Kontakte Israels nach Afrika wieder intensivieren. Dabei hat er besonders seine historischen Verbündeten in Westafrika im Blick. Zu diesen zählt auch Marokko.

Bloomberg: Afrika braucht Finanzierung für die grüne Transformation. Von Sonne über seltene Mineralien bis hin zu einer jungen Bevölkerung – Afrika hat die Zutaten für einen grünen Wandel. Die Transformation wird jedoch durch fehlende Klimafinanzierung ausgebremst, schreibt Bloomberg. 

Heads

Mehdi Alj – Mit Fischkonserven Verantwortung übernehmen

Mehdi Alj, Eigentümer von Unimer.

Der Besuch beginnt mit einem Missverständnis. Der Taxifahrer fährt von der Innenstadt von Casablanca in ein Industriegebiet hinaus. Dort hält er vor einem gepflegten Betrieb, dem Sitz des marokkanischen Unternehmens Unimer. Doch der Unternehmer Mehdi Alj wartete am Sitz seiner Holding in einer diskreten Villa, gelegen am Boulevard Moulay Youssef, einer der vornehmsten Adressen in Casablanca.

Mit einem fröhlichen Lächeln empfängt uns ein entspannter Enddreißiger mit Dreitagebart und offenem Hemd. Mehdi Alj leitet Unimer, den größten Verarbeiter von Fisch in Marokko. Rund 76,5 Prozent hält die Familie, seitdem sie Unimer vor knapp zwei Jahren an der Börse Casablanca geführt hat.

Mit 250 Millionen verkauften Konserven im Jahr ist Unimer wohl Afrikas größter Verarbeiter von Fisch. Die Hälfte der Produktion wird in Afrika verkauft, der Rest vor allem in Europa und den USA. Dass die marokkanische Diaspora über den ganzen Erdball verstreut lebt, hilft dabei. Immerhin ist Unimer mit gut 170 Millionen Euro an der Börse bewertet.

Mehdi Alj wurde 1983 in die Oberschicht Casablancas geboren. Wie viele Kinder vermögender Marokkaner besuchte Mehdi Alj die französische Schule Lycée Lyautey. Nach dem Abitur ging er nach Frankreich an die Paris Business School. Dort hatte schon sein Vater Saïd Alj studiert.

Wichtige Berufserfahrung in Ghana

Bevor er in das elterliche Imperium ging, sammelte er erste Berufserfahrungen in Ghana. Das war eine wertvolle Erfahrung für ihn. “Der afrikanische Markt wird für marokkanische Unternehmen immer wichtiger”, sagt Mehdi Alj. Dieser Zwischenschritt in Aljs Karriere zeigt, wie sehr sich Marokko gewandelt hat. Früher orientierte sich die Oberschicht an Europa. Heute nimmt sie stärker Afrika in den Blick.

Im Jahr 2009 kehrte Mehdi Alj nach Marokko zurück und übernahm 2016 die Führung der Sanam Holding, in der die verschiedenen Beteiligungen der Familie gebündelt sind.

Neben Unimer hält Sanam Anteile an der Supermarktkette Label Vie, am Importeur von Baumaschinen Stokvis, am Versicherer Sanlam Maroc, an Restaurants, Kinos und Immobilien. Kinos? Die sind eine große Leidenschaft seines Vaters, antwortet der Sohn auf die überraschte Nachfrage. Der Vater hatte auch die Filmstudios CLA Studio in der Stadt Ouarzazate gegründet. Dort drehte Ridley Scott den Monumentalfilm “Königreich der Himmel” mit Orlando Bloom in der Hauptrolle.

Früh übergibt der Vater die Verantwortung

Im Alter von 65 Jahren, ungewöhnlich früh für afrikanische Unternehmer, begann Saïd Alj im Jahr 2019, die Führungsrolle seinem Sohn zu übergeben. “Ich habe in meinem Leben genug gearbeitet”, zitiert der Sohn den Vater. Nach ersten Aufgaben in der Holding wurde Mehdi Alj im vergangenen Jahr Vorstandsvorsitzender von Unimer. Seine jüngere Schwester Kenza Alj, eine Absolventin der London Business School, ist unter anderem für die Immobilien verantwortlich.

Unimer sei an einem Wendepunkt angelangt, meint Mehdi Alj. Der Fischfang vor den Küsten Marokkos sei rückläufig. Das betreffe vor allem Sardinen. Um einer Überfischung des Atlantiks zuvorzukommen, hat Mehdi Alj auch eine 160 Hektar große Aquakultur in Dakhla aufgebaut, an der Küste der Westsahara, um dort Fische zu züchten.

Um auch auf hoher See Fisch zu fangen, hat Unimer zwei moderne Hochseeschiffe angeschafft, auf denen der Fang schockgefroren wird. Überhaupt setzt Alj auf Tiefkühlung und investiert stark in diesen Bereich.

Wird die Tiefkühlung die Konserve ablösen? Nein, sicher nicht, meint Alj. Mit steigendem Wohlstand werde sich zwar auch in Westafrika der Markt für gefrorenen Edelfisch entwickeln. Doch die Konserve werde für Massenfisch wie die Sardine weiter die Grundlage bilden. Dosen hätten den Vorteil, Soßen zu ermöglichen, die an den Geschmack der lokalen Kundschaft angepasst werden können.

Mehdi Alj hat Unimer dazu verpflichtet, stärker Verantwortung zu übernehmen – “gegenüber der Gesellschaft, der Umwelt, den Kunden, den Mitarbeitern und den Aktionären”. So hat sich Unimer für viele westliche Gütesiegel qualifiziert, aber auch für Halal, Produkte, die nach islamischem Recht zulässig sind. Zur Unternehmensverantwortung zählt Alj auch, die Fischreste zu Fischmehl zu verarbeiten und als Proteinquelle wieder der Nahrungsmittelkette zuzuführen. Christian von Hiller

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  • Marokko
  • Unternehmensverantwortung

Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

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    • Mercedes setzt auf Solar in Südafrikas Stromkrise
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    • Standpunkt: Abzug aus Mali darf kein Rückzug aus dem Sahel sein
    • Mehdi Alj will mit Fischkonserven Verantwortung übernehmen
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Es ist drei Wochen her, dass Entwicklungsministerin Svenja Schulze die neue Afrika-Strategie des BMZ vorstellte. Noch immer ruft das Papier Widerspruch in der deutschen Wirtschaft hervor. Die Antwort des Top-Managers Karl-Heinz Große lautet: Afrika wird noch viel zu sehr als Absatzmarkt gesehen. Diese Antwort dürfte auch vielen anderen Managern und Unternehmern nicht gefallen.

    Mitten in Südafrikas großer Stromkrise haben die deutschen Autobauer Mercedes-Benz, VW und BMW zur großen Vertriebsoffensive auf dem Markt geblasen – ausgerechnet mit Elektroautos. Andreas Sieren schreibt aus Johannesburg, wie die Käufer deutscher Elektroautos an Strom für ihre Fahrzeuge kommen sollen.

    Frankreich hat den Abzug seiner Truppen aus Mali längst beschlossen. Die Bundeswehr ist noch vor Ort. Katja Leikert, die Afrika-Expertin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, schreibt in einem Gastbeitrag, wie sich die Bundesregierung ihrer Meinung jetzt verhalten soll.

    Der marokkanische Unternehmer Mehdi Alj zählt zu den interessantesten Führungspersönlichkeiten in Afrika. Wir stellen den jungen Chef des börsennotierten Unternehmens Unimer vor.

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    Christian von Hiller
    Bild von Christian  von Hiller
    • Afrika

    Analyse

    Wirtschaft fordert zentralen Afrika-Staatsminister

    Heinz-Walter Große, SAFRI-Vorsitzender und ehemaliger CEO von B.Braun.

    Afrika ist für Heinz-Walter Große ein bekanntes Terrain. Seit über 60 Jahren macht er Geschäfte auf dem Kontinent. Die Medizinprodukte von B.Braun gehen in fast alle Länder. Schwerpunkte sind Infusionslösungen und Desinfektionsmittel, in den Tochtergesellschaften sind über 1.000 Mitarbeiter beschäftigt. B.Braun betreibt auch eigene Dialysezentren, unter anderem in Afrika.

    Die Verantwortung als CEO hat Große vor vier Jahren an seine Nachfolgerin übergeben, dem Thema Afrika aber ist er treu geblieben. Als SAFRI-Vorsitzender fördert er seit Jahren intensivere Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und den afrikanischen Ländern.

    Mittelständler brauchen Risikoabsicherung

    Mit den Erfolgen ist er allenfalls zufrieden, aber nicht glücklich. Auch in der neuen Strategie des BMZ werde zwar vom Zukunftskontinent Afrika geschwärmt, in den Vorstandsetagen der großen deutschen Unternehmen aber sei das noch nicht wirklich angekommen, sagt er.

    Afrika werde noch immer vor allem als Absatzmarkt gesehen. Große Investitionen und wertschöpfende Prozesse deutscher Unternehmen würden dem Kontinent aber langfristig deutlich mehr helfen, so der langjährige B.Braun-Chef.

    Für kleinere und mittlere Unternehmen  brauche es vor allem mehr Risikoabsicherung, also zum Beispiel Bürgschaften bei Exporten und Investitionen. Wenn ein kleineres Unternehmen beim Zahlungsausfall einer Millioneninvestition allein gelassen werde, sei das unter Umständen schwer zu schultern.

    Für noch viel wichtiger hält Große aber endlich eine bessere Koordination und Bündelung der Entwicklungszusammenarbeit. Die neue BMZ-Strategie stehe ebenso weitgehend isoliert da, wie die Programme anderer Ministerien. So dürfe eine ressortübergreifende Afrika-Strategie der Bundesregierung einfach nicht aussehen.

    Zentrale Koordination notwendig

    Wenn im BMZ-Papier etwa die Rede davon sei, dass jährlich rund 25 Millionen neue Arbeitsplätze für junge Afrikaner geschaffen werden müssten, warum werde die Strategie dann an dieser Stelle nicht konkret? Man spürt im Gespräch, dass Große sehr gerne eine afrikanische und deutsche Wirtschaftsvertreterin an der Seite der Ministerin gesehen hätte bei der Vorstellung des Papiers. Flankiert wurde Svenja Schulze dagegen von zwei Vertreterinnen des UN-Entwicklungsprogramms und der Afrikanischen Union.

    Große sieht in der Strategie auch durchaus richtige Ansätze. Insgesamt aber sei das Papier an vielen Stellen “so richtig, dass es gar nicht falsch sein kann”. Auf vielen Afrika-Reisen hat er leistungsbereite und lernwillige Menschen getroffen, die vor allem eines wollen: “Jobs, Jobs, Jobs! Investiert bei uns!” Eine Strategie, die sozial-ökologischen Wandel, feministische Entwicklungspolitik und Geschlechtergerechtigkeit nach vorne stelle, wirtschaftliches Engagement aber hintan, werde den Erwartungen Afrikas an eine partnerschaftliche Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe nicht gerecht.

    An einem zentralen Koordinator im Kanzleramt führt für den Afrikakenner Große wie auch viele andere deutsche Unternehmer kein Weg vorbei. “Und wir müssen schneller werden, große Infrastrukturprojekte in Gang bekommen. Unser deutsches Tempo wird den Herausforderungen Afrikas nicht gerecht.

    • Afrika-Strategie
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    • Investitionen
    • Wirtschaftspolitik

    Zweifel am Aufschwung in Afrika

    Eine Mehrheit der Bundesbürger hält einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung auf dem afrikanischen Kontinent für unwahrscheinlich. Dies geht aus einer laufenden Umfrage hervor, die Civey im Auftrag von Table.Media durchführt. Demnach antworten 44 Prozent der befragten Bundesbürger die Frage, ob Afrika in den kommenden zehn Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben werde, entweder mit “Eher nein” oder mit “Nein, auf keinen Fall”.

    Zwar rechnen 34 Prozent der Befragten mit einem Boom. Der Anteil jener, die den Aufschwung für sicher halten, liegt jedoch nur bei zehn Prozent. Die Ergebnisse fallen auch nach Wahlabsicht der Befragten unterschiedlich aus: Einen Boom in Afrika halten knapp die Hälfte der Anhänger der FDP und der Grünen für wahrscheinlich. Sie bilden damit die afrika-optimistischste Gruppe. Bei Sympathisanten der SPD und der Linken halten sich Zuversicht und Skepsis mit je knapp 40 Prozent die Waage. Im konservativen Lager überwiegt Zurückhaltung: Etwa die Hälfte der Unionsanhänger glaubt nicht an einen afrikanischen Aufschwung. Diese Meinung teilen knapp zwei Drittel der AfD-Sympathisanten.

    Auch die Haltung der Deutschen zur Leistung von Entwicklungshilfe wurde abgefragt. Mehr als die Hälfte der Befragten bewerten Entwicklungsarbeit in Afrika als “Eindeutig richtig” oder “Eher richtig”. Der Anteil derjenigen, die Entwicklungsarbeit für “Eindeutig falsch” oder “Eher falsch” halten, liegt bei knapp einem Drittel. Anhänger der Grünen und der SPD hegen die größten Sympathien für Entwicklungsarbeit, gefolgt mit etwas Abstand von Unterstützern der Linken und schließlich der FDP und der Unionsparteien. Einzig AfD-Sympathisanten lehnen das deutsche Engagement in Afrika mehrheitlich ab (67 Prozent).

    Die grundsätzliche Befürwortung der klassischen Entwicklungsarbeit bedeutet jedoch nicht, dass die Deutschen das Konzept privater Auslandsinvestitionen ablehnen. Im Gegenteil, mehr als die Hälfte der Befragten sind der Meinung, dass deutsche Unternehmen verstärkt in Afrika investieren sollten. Nur etwa ein Viertel lehnt dies ab. Die Unterstützer der Ampel-Regierungskoalition sind die größten Befürworter privater Investitionen in Afrika: Die Zustimmung liegt hier bei 64 (FDP) beziehungsweise 66 Prozent (SPD und Grüne). Auch bei Linke und CDU/CSU überwiegt die Zustimmung mit 47 beziehungsweise 45 Prozent. Jedoch zeigt sich hier ein ausgeglicheneres Bild: Ein Viertel der Linke-Anhänger und ein Drittel der Unions-Unterstützer lehnen mehr private Investitionen ab. Die AfD ist die einzige Partei, deren Anhänger eine Ausweitung von Investitionen in Afrika überwiegend ablehnen (53 Prozent).

    Für die ausschließlich online durchgeführte Umfrage befragt Civey seit dem 1. Februar 2023 etwa 5.000 Bundesbürger ab 18 Jahren. Die Befragung wird bis zum 31.1.2024 fortgeführt. Table.Media berichtet laufend über die Ergebnisse. Im vorliegenden Text wird auf den Stand vom 12. Februar 2023 Bezug genommen.  

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    • Entwicklungsarbeit
    • Investitionen

    Mercedes setzt auf Solar in Südafrikas Stromkrise

    Die Stromversorgung in Südafrika verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Seit rund 15 Jahren schon leidet Südafrika unter regelmäßigen Stromausfällen. Immer wenn die Nachfrage die verfügbaren Kapazitäten übersteigt, wird der Strom kontrolliert abgeschaltet. 2022 war in dieser Hinsicht das bisher schlimmste Jahr: An fast jedem zweiten Tag kam es zu Stromausfällen. Insgesamt 3776 Stunden war Südafrika ohne Strom, an manchen Tagen mehr als zehn Stunden. Der Grund: Über Jahrzehnte schlecht gewartete Kohlekraftwerke, die zum Teil nur zu 60 Prozent einsatzbereit sind. Und drückende Schuldenlasten lassen dem staatlichen Energiekonzern Eskom keinen Spielraum für Investitionen.

    Am Donnerstagabend hat Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, den nationalen Notstand ausgerufen. Der Unmut in der Wirtschaft und in der Bevölkerung über den mangelnden Strom war der Regierung zu groß geworden. Auch kündigte Ramaphosa an, einen Minister für Energie zu ernennen. Der Notstand könnte den Reformen einen großen Schub verleihen. Er macht den Weg frei zur Schaffung eines nationalen Notfallmanagement-Zentrums, das mit Sonderbefugnissen ausgestattet Prioritäten setzt.

    Der Notstand ermöglicht auch eine zügige Umschichtung des Staatsbudgets: Nicht ausgegebene Mittel können schnell und gezielt gegen die Stromkrise eingesetzt werden, etwa bei der dringenden Wartung der Kraftwerke. Andere wichtige Maßnahmen umfassen Notfallpläne für die Wasserversorgung, finanzielle Unterstützung des Mittelstandes und der zügige Ausbau von erneuerbaren Energien. Allerdings rief die Ausrufung des Notstands auch scharfen Widerspruch bei den Oppositionsparteien hervor. Einige kritisieren die Aussetzung grundlegender Freiheiten, anderen befürchten eine Zunahme der Korruption.

    Modelle aus der Oberklasse für kaufkräftige Kunden

    Jedoch sieht Mercedes-Benz Südafrika in der Krise eine Chance: Der Autokonzern erwartet in diesem Jahr eine starke Zunahme des Verkaufs von E-Autos am Kap, die mit Solarstrom geladen werden. Das Netzwerk von Ladestationen wird gerade ausgebaut. Denn jetzt ist nach Meinung des Herstellers ein idealer Augenblick gekommen, um den Vertrieb von Elektrofahrzeugen in Südafrika voranzutreiben. “Warum? Weil wir uns in den vergangenen Jahren mit den Herausforderungen der Elektrizität auseinandergesetzt haben”, sagte kürzlich Mark Raine, Co-CEO von Mercedes-Benz Südafrika.

    Mit Modellen aus allen Preisklassen will Mercedes auf dem Markt punkten. Sogar für die Luxuslimousine EQS sieht der Konzern Verkaufschancen im südlichen Afrika. Und auch das in Bremen produzierte Edelmodell EQE, auf das Mercedes weltweit große Hoffnungen setzt, kommt in Südafrika bald auf den Markt. “Diese Business-Limousine festigt unseren Ruf als Hersteller von führenden, technologisch fortschrittlichen Luxusfahrzeugen im Bereich der Elektrofahrzeuge”, sagte Raine.

    Auch die beiden anderen deutschen Hersteller, die ebenfalls auf dem südafrikanischen Markt stark vertreten sind, drängen in den Markt für Elektroautos. Der VW-Konzern schiebt die Elektromodelle von Audi nach vorne und hat sogar den Sportwagen e-tron GT im Vertrieb. BMW drängt ebenfalls in die Oberklasse mit schicken Limousinen und schnellen Sportwagen. Südafrika hat wenig Strom, aber genug zahlungskräftige Kunden.

    Allerdings vertrauen die Hersteller nicht auf Strom aus dem öffentlichen Netz. Ihre Energie sollen die deutschen Fahrzeuge aus erneuerbaren Energiequellen, etwa Solarstrom, bekommen. “Vor allem im Mercedes-Segment hat sich ein größerer Teil der Kunden vom Stromnetz getrennt oder denkt darüber nach, sich vom Stromnetz zu trennen”, sagte Raine. “In Südafrika macht das Konzept eines Elektroautos mit einer eigenen Solaranlage aufgrund der Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, viel Sinn.”

    Noch hängt die Stromproduktion von der Kohle ab

    Der Druck, sauberen Strom zu produzieren, nimmt zu. Südafrikas Strom wird zu gut 84 Prozent aus Kohle produziert, erneuerbare Energien machen rund 13 Prozent aus. Die Kohlegebiete in der Provinz Mpumalanga östlich des Wirtschaftszentrums Johannesburg zählen zu den am stärksten verschmutzten Regionen der Welt. Die alten Kraftwerke sollen abgestellt werden, und die Region soll ein Zentrum der erneuerbaren Energie werden. Doch nun ist klar: Es muss schnell gehen.

    Nicht nur der Klimawandel, auch der immense Schaden für die Wirtschaft drängt zu einer schnellen Lösung. Südafrikas Zentralbank schätzt, dass die Stromausfälle jährlich zwei Prozent des BIP kosten. Das würde das vom IWF vorausgesagte Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent für 2023 eliminieren.

    Tausende mittelständische Betriebe leiden unter der Stromkrise, die ähnlich wie in Deutschland den wichtigen Unterbau der Wirtschaft bilden. Sie verlieren bis zu 50 Prozent ihrer Produktionskapazität und haben meist nicht genug Kapital, um die Stromausfälle zu kompensieren. Dafür boomt das Geschäft mit Solarzellen und Batterien. Doch während Privatpersonen ihre Häuser mit Solaranlagen ausrüsten, sind solche Lösungen für Unternehmen oft zu teuer. Die Regierung sucht deshalb nach Möglichkeiten, Unternehmen finanziell unter die Arme zu greifen. Steuerermäßigungen für Solarzellen sind bereits zugesagt.

    Angesichts der Stromausfälle verkündete Ramaphosa bereits auf dem COP 26-Gipfel in Glasgow im November 2021 die neue “Just Energy Transition”. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die USA und die Europäische Union sagten daraufhin 7,9 Milliarden Euro Hilfe zu. Der ambitionierte Plan sieht die sozialverträgliche Dekarbonisierung der südafrikanischen Wirtschaft bis 2030 vor. Die dreckige Kohle soll reduziert werden und durch saubere erneuerbare Energien ersetzt werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck setzte sich bei seinem Besuch in Südafrika im Dezember für eine Energiewende, vor allem mit grünem Wasserstoff, ein.

    Langfristig soll der Notstand die Umsetzung der “Just Energy Transition” beschleunigen. Der Notstand werde Südafrika helfen “schnell zu handeln”, sagte der Generalsekretär der Regierungspartei ANC, Fikile Mbalula. Schon während der COVID-Pandemie bewahrte der Notstand das Land vor einer Gesundheitskrise.

    Andreas Sieren, Johannesburg

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    Africa CDC: Mehr Impfstoffe sollen aus Afrika kommen

    Die Africa Centres for Disease Control der Afrikanischen Union haben angekündigt, künftig 60 Prozent der in Afrika benötigten Impfstoffe auf dem Kontinent selbst zu produzieren. Vertreter der Gesundheitsbehörde teilten dies bei einer Veranstaltung in Dakar mit. Die Zielvorgabe soll bis 2040 erreicht werden und bis zu 7.000 qualifizierte Arbeitsplätze schaffen. Vom globalen Impfstoffangebot werden aktuell lediglich etwa 0,1 Prozent in Afrika produziert.  ajs

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    China modernisiert Eisenbahn in Namibia

    Die China Gezhouba Group Corporation hat einen knapp 110 Kilometer langen Streckenabschnitt der namibischen Eisenbahn modernisiert. Dies meldete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Die Eisenbahnstrecke verbindet die Bergbaustadt Arandis mit der Walfischbucht. Wo bisher nur 40 Stundenkilometer Reisegeschwindigkeit möglich waren, ist die Bahn nun doppelt so schnell unterwegs. Derzeit wird ein weiterer Abschnitt zwischen Arandis und Kranzberg modernisiert. Der Streckenausbau ist Teil des Vision 2030 Programms der namibischen Regierung.  ajs

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    Teile Somalilands wollen zurück nach Somalia

    Die Regionen Sool, Sanaag und Ceyn wollen nicht länger Teil Somalilands sein, sondern künftig wieder von Somalia verwaltet werden, meldet die dpa. Der Ältestenrat der Provinzen hatte dies verkündet und somaliländische Streitkräfte zum sofortigen Abzug aufgefordert. In der Folge kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit mehr als 70 Toten. Nach internationalem Recht ist Somaliland zwar Teil Somalias, de facto aber seit 1991 unabhängig und begreift sich als eigener Staat. International wird Somaliland nicht anerkannt.  ajs

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    Armut treibt junge Afrikaner oft zum Extremismus

    Schlechte wirtschaftliche Perspektiven treiben junge Afrikaner immer wieder in die Arme bewaffneter Gruppen. Die geht aus einem Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) hervor. Der Report stützt sich auf Interviews mit ehemaligen Kämpfern. Ein Viertel der Befragten nannte finanzielle Schwierigkeiten als Hauptgrund dafür, sich einer solchen Gruppe anzuschließen. Für 22 Prozent der Befragten war die Mitgliedschaft von Freunden und Familienangehörigen ausschlaggebend. Nur 17 Prozent sind aus religiöser Überzeugung einer solchen Gruppe beigetreten.  ajs

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    Standpunkt

    Abzug aus Mali darf kein Rückzug aus dem Sahel sein

    Katja Leiker, MdB
    Katja Leikert, MdB.

    Der Besuch des russischen Außenministers Sergei Lawrow in Mali vergangene Woche hat vor Augen geführt, was schon lange offensichtlich ist: Der präferierte Partner der Militärjunta in Bamako sitzt nun in Moskau. Der Westen ist auf dem Abstellgleis. Unsere Truppen dürfen im Land zwar weiterhin aushelfen, doch erfahren immer mehr Schikanen. Zugegeben, der Einsatz in Mali war nie einfach. Doch im vergangenen Jahr haben sich die Bedingungen für unseren Einsatz nochmal deutlich zum Schlechteren gewandt. Die eigentlichen Aufgaben können nicht mehr erfüllt werden.

    Das traurige Fazit lautet daher, dass ein Weiter so unter den aktuellen Bedingungen keinen Sinn macht. Die malische Junta ist kein Partner, mit dem wir vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Und unsere Bundesregierung hat gleichzeitig keinen überzeugenden Plan, wie wir den Einsatz unserer Truppen vor Ort wieder besser aufstellen können.

    Sollten sich diese Umstände nicht rasch ändern, bleibt ein Abzug die richtige, wenn auch frustrierende, Lösung.

    Deutschland muss in der Sahelzone präsent bleiben

    Doch müssen wir hierbei Vorsicht walten lassen. Ein militärischer Abzug aus Mali darf keine keinen Rückzug Deutschlands aus dem Sahel bedeutet. Das muss die Bundesregierung unseren Partnern überzeugend klarmachen. Wir sollten in der Region weiterhin aktiv bleiben: wirtschafts-, entwicklungs-, klima- und sicherheitspolitisch.

    Denn es geht nicht nur um die Sicherheitslage und Stabilität in Mali. Die ganze Region ist bedroht. Burkina Faso, das vor kurzem den zweiten Putsch innerhalb eines Jahres erlebte, sieht sich immer größeren Problemen durch Rebellen und Dschihadisten ausgesetzt.

    Auch nebenan, im Niger, wird die Lage schwerer. Doch bietet dort die pro-westliche eingestellte Regierung noch Hoffnung auf einen relativen Stabilitätsanker. Die Verschiebung europäischer Truppen – unter anderem von der französischen Miltärmission Barkhane, aber auch der neuen EU-Ausbildungsmission – aus Mali und Burkina Faso dorthin ist deshalb erst einmal sinnvoll.

    Unkoordinierte Verteilung von Hilfen fördert Korruption

    Wenn wir dort jedoch mittelfristig erfolgreicher sein wollen, müssen wir aus unseren Fehlern lernen. Das heißt unter anderem, dass wir eine kohärente und ressortübergreifende Strategie für unsere Präsenz vor Ort brauchen. Fehler wie in Mali vor zehn Jahren, wo zum Beispiel die unkoordinierte Verteilung von Hilfsgeldern zu wachsender Korruption bei oft ausbleibenden Erfolgen führte, müssen wir in Niger vermeiden.

    Hier ist die Bundesregierung gefragt, zügig Antworten vorzulegen. Eine solche Strategie muss nicht nur unsere Ziele vor Ort konkret benennen, sondern klare Konditionen setzen unter denen wir Truppen entsenden und finanzielle Unterstützung gewähren. Die Kooperation zwischen uns Europäern wird hier entscheidend sein.

    Gleichzeitig muss die Strategie auch Antworten darauf geben, wie wir mit der wachsenden Präsenz Russlands in der Region umgehen wollen. Eine vernünftige Antwort zu finden auf die höchst effektiven russisch-gesteuerten Desinformationskampagnen gegen westliche Staaten in der Region ist hier essentiell.

    Dabei muss aber auch schon über den Sahel hinaus gedacht werden. Denn die Gefahren, die dort wachsen, schwappen schon lange in benachbarte Länder über. Insbesondere die Küstenstaaten Westafrikas sind betroffen. Ghana und Togo sind bereits heute Ziele bewaffneter Gruppen aus dem Sahel, die dort nicht nur Angriffe verüben, sondern die Staaten auch zur Rekrutierung und als strategische Rückzugsorte nutzen. Auch Benin und die Elfenbeinküste spüren die Bedrohung.

    Ein Übergreifen des Flächenbrandes im Sahel auf die Küstenstaaten Westafrikas käme einer Katastrophe gleich. Er würde zur weiteren Destabilisierung einer bereits jetzt in Teilen fragilen Region führen, die doch so viel Potenzial und Wachstumsmöglichkeiten hat. Deutschland wird dies nicht alleine leisten können. Doch wir sollten unser Bestes geben, einen größtmöglichen Beitrag dazu zu leisten. Das geht nur, indem wir aus unseren Fehlern lernen und uns neu aufstellen.

    Katja Leikert ist Mitglied des Deutschen Bundestages und für die CDU/CSU-Fraktion Berichterstatterin zu Grundsatzfragen der deutschen Afrika-Politik im Auswärtigen Ausschuss.

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    Financial Times: Moskaus wachsender Einfluss im Sahel. Russland konzentriert sein Engagement auf die Sahelzone. Dort helfen Wagner-Söldner bereits schwachen Regierungen dabei, ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. Außerdem sichert sich Russland so Zugang zu wichtigen Ressourcen.

    Foreign Policy: Untersuchung zu Zwangsabtreibungen durch nigerianisches Militär. Ein von Reuters veröffentlichter Bericht beschuldigt das nigerianische Militär zahlloser Zwangsabtreibungen. Mindestens 10.000 Frauen und Mädchen sollen Opfer dieser Praktiken geworden sein. Befürworter der Untersuchung, darunter auch Bundesaußenministerin Baerbock, befürchten Vertuschung durch die nigerianischen Behörden.

    Africa Intelligence: Netanjahu bereitet Israels Comeback in Afrika vor. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu will die Kontakte Israels nach Afrika wieder intensivieren. Dabei hat er besonders seine historischen Verbündeten in Westafrika im Blick. Zu diesen zählt auch Marokko.

    Bloomberg: Afrika braucht Finanzierung für die grüne Transformation. Von Sonne über seltene Mineralien bis hin zu einer jungen Bevölkerung – Afrika hat die Zutaten für einen grünen Wandel. Die Transformation wird jedoch durch fehlende Klimafinanzierung ausgebremst, schreibt Bloomberg. 

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    Mehdi Alj – Mit Fischkonserven Verantwortung übernehmen

    Mehdi Alj, Eigentümer von Unimer.

    Der Besuch beginnt mit einem Missverständnis. Der Taxifahrer fährt von der Innenstadt von Casablanca in ein Industriegebiet hinaus. Dort hält er vor einem gepflegten Betrieb, dem Sitz des marokkanischen Unternehmens Unimer. Doch der Unternehmer Mehdi Alj wartete am Sitz seiner Holding in einer diskreten Villa, gelegen am Boulevard Moulay Youssef, einer der vornehmsten Adressen in Casablanca.

    Mit einem fröhlichen Lächeln empfängt uns ein entspannter Enddreißiger mit Dreitagebart und offenem Hemd. Mehdi Alj leitet Unimer, den größten Verarbeiter von Fisch in Marokko. Rund 76,5 Prozent hält die Familie, seitdem sie Unimer vor knapp zwei Jahren an der Börse Casablanca geführt hat.

    Mit 250 Millionen verkauften Konserven im Jahr ist Unimer wohl Afrikas größter Verarbeiter von Fisch. Die Hälfte der Produktion wird in Afrika verkauft, der Rest vor allem in Europa und den USA. Dass die marokkanische Diaspora über den ganzen Erdball verstreut lebt, hilft dabei. Immerhin ist Unimer mit gut 170 Millionen Euro an der Börse bewertet.

    Mehdi Alj wurde 1983 in die Oberschicht Casablancas geboren. Wie viele Kinder vermögender Marokkaner besuchte Mehdi Alj die französische Schule Lycée Lyautey. Nach dem Abitur ging er nach Frankreich an die Paris Business School. Dort hatte schon sein Vater Saïd Alj studiert.

    Wichtige Berufserfahrung in Ghana

    Bevor er in das elterliche Imperium ging, sammelte er erste Berufserfahrungen in Ghana. Das war eine wertvolle Erfahrung für ihn. “Der afrikanische Markt wird für marokkanische Unternehmen immer wichtiger”, sagt Mehdi Alj. Dieser Zwischenschritt in Aljs Karriere zeigt, wie sehr sich Marokko gewandelt hat. Früher orientierte sich die Oberschicht an Europa. Heute nimmt sie stärker Afrika in den Blick.

    Im Jahr 2009 kehrte Mehdi Alj nach Marokko zurück und übernahm 2016 die Führung der Sanam Holding, in der die verschiedenen Beteiligungen der Familie gebündelt sind.

    Neben Unimer hält Sanam Anteile an der Supermarktkette Label Vie, am Importeur von Baumaschinen Stokvis, am Versicherer Sanlam Maroc, an Restaurants, Kinos und Immobilien. Kinos? Die sind eine große Leidenschaft seines Vaters, antwortet der Sohn auf die überraschte Nachfrage. Der Vater hatte auch die Filmstudios CLA Studio in der Stadt Ouarzazate gegründet. Dort drehte Ridley Scott den Monumentalfilm “Königreich der Himmel” mit Orlando Bloom in der Hauptrolle.

    Früh übergibt der Vater die Verantwortung

    Im Alter von 65 Jahren, ungewöhnlich früh für afrikanische Unternehmer, begann Saïd Alj im Jahr 2019, die Führungsrolle seinem Sohn zu übergeben. “Ich habe in meinem Leben genug gearbeitet”, zitiert der Sohn den Vater. Nach ersten Aufgaben in der Holding wurde Mehdi Alj im vergangenen Jahr Vorstandsvorsitzender von Unimer. Seine jüngere Schwester Kenza Alj, eine Absolventin der London Business School, ist unter anderem für die Immobilien verantwortlich.

    Unimer sei an einem Wendepunkt angelangt, meint Mehdi Alj. Der Fischfang vor den Küsten Marokkos sei rückläufig. Das betreffe vor allem Sardinen. Um einer Überfischung des Atlantiks zuvorzukommen, hat Mehdi Alj auch eine 160 Hektar große Aquakultur in Dakhla aufgebaut, an der Küste der Westsahara, um dort Fische zu züchten.

    Um auch auf hoher See Fisch zu fangen, hat Unimer zwei moderne Hochseeschiffe angeschafft, auf denen der Fang schockgefroren wird. Überhaupt setzt Alj auf Tiefkühlung und investiert stark in diesen Bereich.

    Wird die Tiefkühlung die Konserve ablösen? Nein, sicher nicht, meint Alj. Mit steigendem Wohlstand werde sich zwar auch in Westafrika der Markt für gefrorenen Edelfisch entwickeln. Doch die Konserve werde für Massenfisch wie die Sardine weiter die Grundlage bilden. Dosen hätten den Vorteil, Soßen zu ermöglichen, die an den Geschmack der lokalen Kundschaft angepasst werden können.

    Mehdi Alj hat Unimer dazu verpflichtet, stärker Verantwortung zu übernehmen – “gegenüber der Gesellschaft, der Umwelt, den Kunden, den Mitarbeitern und den Aktionären”. So hat sich Unimer für viele westliche Gütesiegel qualifiziert, aber auch für Halal, Produkte, die nach islamischem Recht zulässig sind. Zur Unternehmensverantwortung zählt Alj auch, die Fischreste zu Fischmehl zu verarbeiten und als Proteinquelle wieder der Nahrungsmittelkette zuzuführen. Christian von Hiller

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    Africa.Table Redaktion

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