Table.Briefing: Africa

Warum Rutos Zugeständnisse nicht genügen + Wie sich die Nato in Afrika neu aufstellt + Warum die Bundeswehr Niger so überstürzt verlässt

Liebe Leserin, lieber Leser,

Als Vorsitzender der Subsahara-Afrika-Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI) und ehemaliger Chairman & Managing Director von Volkswagen South Africa kennt sich Thomas Schäfer, heute CEO der Marke Volkswagen, auf dem Kontinent bestens aus. Am 19. Juli berichtet er im Gespräch mit Table.Briefings über die Erfahrungen, die VW in Afrika gemacht hat, und welche Lehren andere deutsche Unternehmen daraus ziehen können. Zu diesem Gespräch laden wir Sie herzlich ein. Hier können Sie sich kostenlos anmelden.

Während die von Militärjuntas regierten Sahel-Staaten Mali, Burkina Faso und Niger ihren Austritt aus der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas erklären, muss die Bundeswehr in Niger nun doch die Zelte abbrechen. Angesichts der volatilen Sicherheitslage in der Sahelzone sucht auch die Nato nach neuen Ansätzen, wie Lucia Weiß berichtet.

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Wir wünschen eine aufschlussreiche Lektüre.

Ihr
Arne Schütte
Bild von Arne  Schütte

Analyse

Kenia: Rutos halbherzige Zugeständnisse werden nicht genügen

Am Wochenende hat Kenias Präsident William Ruto einen großen Schritt auf die protestierenden Jugendlichen zugemacht. Er habe nicht genügend zugehört, sagte er beispielsweise in einer Online-Debatte. Sogar für das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten entschuldigte er sich nun, nachdem er dies anfangs abgelehnt hatte.

Zuvor hatte Ruto den umstrittenen Haushaltsentwurf zurückgezogen, in dem er über Steuererhöhungen und eine Ausweitung der Steuerbasis die Staatsschulden von rund 80 Milliarden US-Dollar senken wollte. Für die Online-Debatte hatte sogar Rutos Tochter Charlene geworben: “Junge Leute, die Chance Eures Lebens erwartet Euch”, postete sie.

Eine offizielle Zahl der Toten, die während der Proteste ums Leben gekommen sind, ist bis heute nicht veröffentlicht worden. Organisationen aus der kenianischen Zivilgesellschaft schätzen die Zahl auf mehr als 40, nachdem die Sicherheitskräfte zum Teil mit scharfer Munition auf die Demonstranten geschossen hatten.

Scharfe Vorwürfe gegen Ruto

Mehr als 150.000 Zuhörer nahmen an der Online-Diskussion auf “X” teil. Manche warfen Ruto unumwunden vor, er sei ein Lügner. Andere hielten ihm mangelnde Empathie entgegen.

Ruto kündigte an, gegen korrupte Regierungsvertreter und Beamte vorzugehen. “Ich stimme zu, dass einige unserer Beamten einen widerwärtigen Reichtum zur Schau stellen”, sagte Ruto. “Ich habe sie persönlich angerufen und ihnen geraten, wie sie sich zu verhalten haben. Ich werde noch mehr tun.”

Dass ein afrikanischer Staatschef sich derart öffentlich infrage stellt, ist auf dem Kontinent ungewöhnlich. Die große Frage ist, ob Rutos Zugeständnisse der kenianischen Jugend genügen werden.

Jugend stellt Großteil der Bevölkerung

Die Jugend ist ein entscheidender Faktor in Kenia: Die UN schätzen die Bevölkerung auf rund 55 Millionen Kenianer. Das Median-Alter liegt bei 19,6 Jahren. Allerdings ist es stark gestiegen – 1975 lag es bei 13,1 Jahren. Grund für den Anstieg ist, dass die Geburtenrate mit dem Wohlstand rapide sinkt. Sie liegt aktuell bei 3,2 Lebendgeburten je Frau. Bei Kenias Unabhängigkeit 1963 lag sie bei acht Lebendgeburten.

Der Anteil junger Frauen und Mädchen in der Bevölkerung ist hoch. Die Bevölkerung wächst in Kenia weiter mit einer Rate von knapp zwei Prozent jährlich. Dieses Wachstum findet hauptsächlich in den Städten statt, wo heute 31 Prozent der Bevölkerung leben – 1963 lag der Anteil der städtischen Bevölkerung bei weniger als zehn Prozent.

Gleichzeitig wird es schwieriger, die Jugend in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Bis 2016 lag die Jugendarbeitslosigkeit zwischen 6,5 Prozent und 7,4 Prozent. Dann ging sie rapide in die Höhe und erreichte 2020 einen Höchststand von 13,3 Prozent. Im vergangenen Jahr lag die Jugendarbeitslosigkeit bei 12,3 Prozent. In dieser Zahl wird die Zahl der Arbeitssuchenden im Alter von 15 bis 24 Jahren erfasst. Schüler und Studenten gelten nicht als arbeitssuchend.

Rutos Luxusvilla in der Kritik

Nach dem Meeting auf X ging der Protest weiter. So wird Ruto vorgeworfen, Korruption nur bei anderen zu suchen. Die Finanzierung seiner großzügigen Residenz im Edelvorort Karen nahe Nairobi sei bis heute unklar. Die kenianische Presse schätzt die Baukosten auf umgerechnet mehr als 3,2 Millionen Euro. Auch wurde bis heute nicht veröffentlicht, wer die Rechnungen bezahlte und welche Rolle chinesische Stellen beim Bau dieser Luxusresidenz hatten.

Die Villa ist mit Swimming Pool, Sauna, Dampfbad, Fitnessstudio, einem 40.000 Quadratmeter großen Garten und einer Garage für sechs Fahrzeuge ausgestattet. Zahlreiche Nebengebäude für Angestellte und ein Bürogebäude mit Besprechungszimmer, Lounge und Medienzentrum gehören ebenfalls dazu.

Mit den Stimmen der Jugend

Ruto hatte seinen Wahlkampf stark auf die Jugend ausgerichtet. Er stellte sich als einen Politiker dar, der sich der Korruptionsbekämpfung verschrieben hat. Damit wollte er die Jugend umwerben, die aufgrund der grassierenden Korruption besonders verbittert ist. “Die Korrupten haben nur drei Möglichkeiten: Sie ziehen in ein anderes Land, gehen ins Gefängnis oder kommen in den Himmel”, sagte Ruto regelmäßig auf politischen Veranstaltungen.

Allerdings legte jüngst ein Bericht der Public Service Commission (PSC) Schwachstellen im Kampf des Präsidenten gegen die Korruption offen. Laut dem Bericht haben Beamte im Finanzjahr bis Juni 2023 durch korrupte Geschäfte umgerechnet 4,4 Millionen Euro erbeutet. Davon seien 1,6 Millionen Euro wiedergefunden worden.

Wenig Erfolge im Kampf gegen die Korruption

Die Dunkelziffer dürfte jedoch sehr hoch sein. “Uns wurden nur 31 Korruptionsfälle gemeldet, an denen 109 Beamte aus 523 staatlichen Kooperationen beteiligt waren”, heißt es im PSC-Bericht. Von den 109 gemeldeten Beamten hat die Ethik- und Antikorruptionskommission allerdings nur 34 angeklagt. Das Antikorruptionsgericht sprach vier Verurteilungen aus. Viele Fälle sind noch nicht abgeschlossen.

Im Korruptionswahrnehmungsindex 2023 von Transparency International liegt Kenia auf Rang 126 von 180 Ländern. Geht Ruto nicht als glaubwürdiges Beispiel im Kampf gegen die Korruption voran, wird er die Jugend kaum besänftigen können.

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Wie die Nato ihren Einfluss in Afrika sichern will

Die Nato-Intervention 2011 in Libyen hat insbesondere in Westafrika tiefe Ressentiments und Misstrauen gegen das westliche Verteidigungsbündnis geschürt. Der Sturz des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi, der auf dem Kontinent sichtbar investierte – etwa in Hotelanlagen wie in Bamako oder Niamey – und in seinem ölreichen Land Arbeitsplätze bot, wird von vielen als Sündenfall gesehen: Die freigewordenen bewaffneten Kräfte, zum Teil aus den Tuareg-Gemeinschaften im Norden von Mali, haben die Region nachhaltig destabilisiert.

Die Nato will das ändern und ihr Engagement in Afrika ausbauen. “Die Nato hat ein Interesse, die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union (AU) breiter aufzustellen, und auch mit solchen Regierungen auf dem Kontinent, die einen positiven Beitrag für Frieden und Sicherheit leisten”, sagte ein Nato-Beamter Table.Briefings.

Vertiefte Kooperation mit der Afrikanischen Union

Bei der AU in Addis Abeba unterhält die Nato seit 2015 ein Verbindungsbüro. Dahinter steht der Ansatz, afrikanische Akteure bei ihrer Suche nach Lösungen auf Probleme und Konflikte zu unterstützen. Eine Haltung, die sich mit den geopolitischen Verschiebungen auch in der EU – zumindest rhetorisch – immer mehr durchgesetzt hat.

Die Zusammenarbeit mit der AU begann 2005, als die Nato den AU-Darfur-Einsatz unterstützte. Die Nato half der AU beim Aufbau ihrer ständigen Eingreiftruppe (ASF) und unterstützte sie bei ihrer Mission in Somalia (Amisom) im Jahr 2007. Im Rahmen ihrer AU-Kooperation schult die Nato Personal, außerdem treffen sich die militärischen Stäbe halbjährlich zum Austausch.

Mauretanien als zunehmend wichtiger Partner im Mittelmeer-Dialog

Zudem gibt es seit 1994 den Mittelmeer-Dialog, dem neben Israel und Jordanien fünf afrikanische Länder angehören:

  • Ägypten
  • Mauretanien
  • Marokko
  • Tunesien
  • Algerien

Mauretanien als Brückenland zu Subsahara-Afrika und insbesondere der Sahelzone gewinnt für die Nato immer mehr an Bedeutung.

Zuletzt lobte der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, bei einem Besuch im Mai die Demokratie im großflächigen Wüstenstaat an der Atlantikküste. Dass Mauretanien bestenfalls als demokratisch bemüht gelten kann – wie etwa die massive Militärpräsenz am Wahlwochenende Ende Juni zeigte, bei der Amtsinhaber Mohamed Ould Cheikh El Ghazouani vorläufigen Ergebnissen zufolge als Sieger hervorgegangen ist – scheint ein Detail zu sein. Fest steht, dass Mauretanien den dschihadistischen Terror, der das Land Anfang der 2000er-Jahre befallen hatte, zurückdrängen konnte.

Mit der Nato tauscht Mauretanien auch Erkenntnisse über den Terrorismus in der Sahelzone und in Libyen aus  – im Gegenzug für Trainings und Schulungen in der Terrorismusbekämpfung für mauretanisches Personal.

Bisher erschien der Sahelstaat als logischer Partner unter den G5-Sahel-Ländern, da die Hauptstadt Nouakchott das Sekretariat des westafrikanischen Bündnisses beherbergt. Dadurch sollte auch eine enge Abstimmung mit dem von Frankreich stark gemachten Verteidigungsbündnis gewährleistet werden. Die G5 sind seit dem Rückzug von Mali, Burkina Faso und Niger inzwischen allerdings de facto nicht mehr existent.

Nato will Verbindungen in den Sahel erhalten

Umso wichtiger erscheint es der Nato jetzt, die Partnerschaft mit dem noch immer stabilsten der Sahel-Länder nicht aufzugeben. Denn auch die EU, die mit Ausbildungsmissionen wie der EU Capacity Building Mission EUCAP Sahel bisher aktiv war und an die sich die Nato partnerschaftlich dranklemmte, sind nun Geschichte.

Damit fallen für den Westen wichtige Verbindungen in die Region weg. Über die dramatische Sicherheitslage ist sich die Nato bewusst: “Russland hat diese negativen Trends ausgenutzt und verstärkt, unter anderem durch den Einsatz privater Militärunternehmen und Desinformationskampagnen”, sagt ein Nato-Beamter im Austausch mit Table.Briefings. Terrorgruppen hätten vom Sahel aus ihre Präsenz in Küstenstaaten im Golf von Guinea ausgeweitet und drängten auch in Ost- und Zentralafrika vor, so der Beamte. Und China gewinne ebenfalls an Einfluss durch wirtschaftliche Investitionen in strategische Infrastrukturen wie Häfen.

Die Nato steht zunehmend vor der Aufgabe, ihre Beziehungen zu den afrikanischen Ländern neu beziehungsweise mehr in Richtung Afrikanische Union zu konfigurieren, nachdem sich insbesondere die EU bei Ausbildung weniger engagiert.

In Westafrika zeichnen sich die Kapverden als neuer Partner der Nato ab. Der stellvertretende Nato-Generalsekretär Mircea Geoană traf Verteidigungsministerin Janine Lelis Ende Mai zu Gesprächen in Brüssel. Der kleine Inselstaat, der enge Verbindungen zu den USA pflegt, bietet als Vorposten im Atlantik eine wichtige Position und könnte an Bedeutung gewinnen.

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Interview

BDI-Expertin: China von Vergabeverfahren auszuschließen, wäre nur konsequent

Vanessa Wannicke, Referentin für Internationale Zusammenarbeit beim BDI.

Frau Wannicke, der BDI hat kürzlich ein Positionspapier veröffentlicht, in dem eine Neuausrichtung der deutschen Entwicklungspolitik gefordert wird. Was läuft Ihrer Ansicht nach schief?

Wir finden: Enden die EZ-Projekte, enden zu häufig auch ihre Erfolge. Für mehr Effektivität braucht es langfristigere Programme und Investitionen. Zudem hat sich der Kontext, in dem Entwicklungszusammenarbeit stattfindet, fundamental geändert. Darauf sollten wir reagieren. Es geht beispielsweise um die chinesische Dominanz bei internationalen Projektvergaben. Die Chinesen sind in Afrika sehr offensiv unterwegs und gewinnen zu häufig Ausschreibungen, die mit westlichen Geldern finanziert sind. Für uns stellt sich daher die Frage: Wie können wir die internationalen Vergabeverfahren so gestalten, dass deutsche und europäische Unternehmen im Wettbewerb wieder eine reale Chance haben?

Wie sieht die chinesische Dominanz aus?

Beispielsweise bewerben sich deutsche Unternehmen bei internationalen Vergaben, etwa über die KfW oder die Europäische Investitionsbank EIB. Wenn sie dann im Prozess sehen, dass auch eine gewisse Anzahl chinesischer Staatsunternehmen im Rennen ist, ziehen sie sich teilweise wieder zurück. Grund ist, dass sie mittlerweile aus Erfahrung wissen: Mit den subventionierten Unternehmen, die natürlich ganz andere Kostenstrukturen haben, können sie nicht mithalten.

Wie wollen Sie diese Vormachtstellung aufbrechen?

In unserem aktuellen Positionspapier fordern wir den Ausschluss subventionierter chinesischer Staatsunternehmen von diesen Vergabeprozessen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Eigentümerstrukturen der sich bewerbenden Unternehmen genauer geprüft werden. Darauf sollten wir in Zeiten des globalen Systemwettbewerbs ein deutlich stärkeres Augenmerk legen.

Von deutscher Seite können Sie die Vergabeverfahren in afrikanischen Ländern doch gar nicht beeinflussen?

Wir könnten im Rahmen von Regierungsverhandlungen durchaus darauf bestehen, dass die ausschreibenden Stellen verbindliche Kriterien und Bedingungen einhalten, wenn Gelder aus Deutschland, aus Europa oder von multilateralen Institutionen wie der Weltbank genutzt werden. Generell sollten wir alle Spielräume der OECD für Lieferbindung (“tied aid”) nutzen. Offener Bieterwettbewerb (“untied aid”) ist an vielen Stellen nicht mehr zeitgemäß. Denn er setzt ein globales Level Playing Field voraus, das wir so heute nicht mehr haben.

Sehen Sie keine Risiken? Den Chinesen wird es sicher nicht gefallen, ausgeschlossen zu werden.

Es wäre nur konsequent, denn schließlich bindet auch China selbst seine Ausgaben größtenteils an die eigene Wirtschaft.

Gibt es auch noch weniger direkte Möglichkeiten?

Ein weiterer Hebel wäre, verbindliche Qualitätskriterien in Vergabeverfahren anzusetzen. Wir sind überzeugt, dass deutsche und europäische Unternehmen den Chinesen noch voraus sind, wenn es um Arbeits- und Umweltstandards sowie Lebenszykluskosten geht. Es macht wenig Sinn, europäischen Unternehmen Lieferkettensorgfaltspflichten aufzuerlegen und diese bei europäisch mitfinanzierten internationalen Ausschreibungen nicht oder nur eingeschränkt zu kontrollieren.

Welche Botschaft haben Sie an die Entscheider im BMZ?

Wir wünschen uns eine strategischere Entwicklungspolitik. Natürlich sollten wir den Interessen der Partnerländer dienen. Aber bitte auch unseren eigenen. Angesichts des Systemwettbewerbs, in dem wir uns befinden, ist das dringend nötig. Zudem braucht es eine deutlich engere Zusammenarbeit zwischen BMZ und BMWK, um die Verzahnung zwischen Entwicklungspolitik und Außenwirtschaftsförderung endlich entschlossen voranzutreiben. Wer privates Kapital zur Erreichung der Sustainable Development Goals mobilisieren möchte, muss insbesondere die Finanzierungs- und Absicherungsbedingungen noch wettbewerbsfähiger gestalten.

Vanessa Wannicke ist Referentin für Internationale Zusammenarbeit, Sicherheit, Rohstoffe und Raumfahrt beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

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News

Haushaltsentwurf: Knapp eine Milliarde Euro weniger für BMZ vorgesehen

Laut dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung muss das BMZ im kommenden Jahr mit einem Budget von 10,3 Milliarden Euro planen. Im laufenden Jahr 2024 stehen dem Ministerium 11,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Die deutliche Budgetkürzung bestätigte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage von Table.Briefings. An welchen Stellen das Ministerium künftig sparen will, ist noch nicht bekannt. “Derzeit arbeiten wir an der konkreten Umsetzung“, teilte die Sprecherin mit.

Am Freitag hatten Kanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck die Einigung im Streit um den kommenden Haushalt verkündet. Der Entwurf soll in der kommenden Kabinettssitzung am 17. Juli beschlossen werden. Nach der parlamentarischen Sommerpause wird über den Entwurf der Regierung im Bundestag beraten.

“Deutschland bleibt bei EZ handlungsfähig”

Mit dem Haushaltsentwurf sei es gelungen, handlungsfähig zu bleiben, kommentierte Entwicklungsministerin Svenja Schulze die Ergebnisse der Haushaltsverhandlungen am Montag im Interview mit der Frankfurter Rundschau. Besonders mit Blick auf den Sahel und die dortige Terrorgefahr müsse allerdings eigentlich noch viel mehr getan werden.

Tatsächlich dürfte der Etat kaum für Freude im BMZ gesorgt haben. Zwar hatte Finanzminister Christian Lindner laut Informationen von Table.Briefings für das BMZ ursprünglich einen Etat von 9,9 Milliarden Euro vorgesehen. Im Vergleich zum Haushalt 2024 würde der Etat allerdings erneut um 900 Millionen Euro schrumpfen. Seit 2023 wäre es bereits die dritte deftige Sparrunde in der Entwicklungszusammenarbeit. Bei Hilfsorganisationen ist man über die Entwicklung besorgt. “Es gibt kein anderes Land, das zuletzt so stark bei seinen ODA-Mitteln gekürzt hat. Dabei hat die Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, die internationale Zusammenarbeit auszubauen“, sagt Lukas Goltermann, Haushaltsexperte vom Verband Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe (Venro).

Sorge um Kürzungen mit Signalwirkung

Auch andere NGOs warnen vor übermäßigen Einschnitten bei der EZ. “Deutschland gilt in Kenia, aber auch in anderen Teilen der Welt als einer der großen Unterstützer, wenn es um Entwicklungszusammenarbeit geht, speziell auch für Gesundheitsinitiativen“, sagt Evelyn Samba, die Landesdirektorin Kenia der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW). “Die Kürzungen bereiten uns große Sorgen. Denn es hat eine Signalwirkung für andere Länder, besonders in Europa, wenn Deutschland seine Unterstützung zurückfährt.”

Mit der drohenden Budgetkürzung sei die Finanzierung verschiedener Projekte, die die DSW unter anderem in Kenia realisiert, gefährdet. Dies habe schwerwiegende Folgen insbesondere für Frauen in Kenia, warnt Samba. Mit mehreren Projekten setzt sich die DSW für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte junger Frauen ein. Ohne diese Projektarbeit würden die Fortschritte, die bei der Eindämmung von HIV-Infektionen und Schwangerschaften Minderjähriger erreicht wurden, zunichte gemacht. dre

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Warum Deutschland auf einen Stützpunkt im Sahel verzichtet

Die Bundeswehr wird ihren Lufttransportstützpunkt in Niger nicht wie geplant weiter betreiben und zu Ende August schließen. Grund dafür sind gescheiterte Verhandlungen mit der Militärregierung Nigers über ein Abkommen für die Rechtsstellung der deutschen Soldaten im Land. Das Verteidigungsministerium hatte den Stützpunkt am Flughafen der Hauptstadt Niamey als Basis in Westafrika für eventuelle Evakuierungsmissionen behalten wollen.

Die Entscheidung der Bundesregierung fiel am Wochenende, wie das Verteidigungsministerium den Abgeordneten des Bundestages mitteilte. Zwar habe die nigrische Regierung in einem Übergangsabkommen bis zum 31. August der Bundeswehr Immunität für ihre Soldaten zugesichert, heißt es in dem Schreiben. Für die Zeit danach könne jedoch “der von Niger übermittelte Abkommensentwurf … nicht als Grundlage für Verhandlungen über ein Statusabkommen dienen – weder vom Charakter, noch vom Inhalt her. Immunitäten für deutsche Soldatinnen und Soldaten werden darin nicht gewährt”.

Da die Zeit für weitere umfangreiche Verhandlungen zu knapp sei, habe die Bundesregierung entschieden, bis Ende August alle rund 40 Soldaten und Soldatinnen und das Material abzuziehen. Als mögliche andere Basis kommt damit vor allem Dakar im Senegal in Betracht, wo allerdings derzeit keine deutschen Soldaten stationiert sind.

Niger, Mali und Burkina Faso gründen eine Konföderation

Die Basis in Niamey war als Umschlagpunkt für den deutschen Einsatz in der UN-Mission Minusma in Mali eingerichtet worden. Nach der Beendigung der Blauhelmmission auf Druck der malischen Militärregierung hatte der Stützpunkt beibehalten werden sollen. Wie in Mali so regieren auch in Niger Militärs, die durch einen Putsch an die Macht kamen; zudem arbeiten beide Staaten zusammen mit dem benachbarten Burkina Faso an einer Allianz der Sahel-Staaten, die sich auch gegen die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas richtet.

Am Wochenende hatten die drei Länder bei ihrem ersten gemeinsamen Gipfel in Niamey eine Konföderation gegründet und ihre Entscheidung bekräftigt, sich aus der Ecowas zurückzuziehen. Die Sahel-Staaten wollen demnach rechtliche Voraussetzungen schaffen, um weiter die Freizügigkeit zu garantieren und sich ebenso über eine eigene Währung verständigen. tw/lcw

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FDP: Christoph Hoffmann kündigt Rückzug aus Bundestag an

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann wird bei der kommenden Bundestagswahl im September 2025 nicht erneut für ein Mandat kandidieren. Das erfuhr Table.Briefings vom Büro des 66-Jährigen. Grund für seine Entscheidung sei neben seinem Alter vor allem der Wunsch, “sich selbstbestimmten, unternehmerischen Tätigkeiten” in seinen Fachgebieten Kommunales, Wald und Entwicklung zu widmen.

Hoffmann ist seit 2017 für die FDP Mitglied im Bundestag. Aktuell ist er stellvertretender Vorsitzender des Entwicklungsausschusses im Bundestag. Da die von der AfD vorgeschlagenen Kandidaten für den Ausschussvorsitz keine Mehrheit erhalten haben, leitet Hoffmann den Ausschuss kommissarisch. Daneben ist der promovierte Forstwissenschaftler stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe Zentralafrika. Vor seiner Arbeit im Bundestag war Hoffmann zehn Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Bad Bellingen am Rande des südlichen Schwarzwaldes.

Nach Volkmar Klein (CDU) und Karamba Diaby (SPD) ist Hoffmann bereits der dritte erfahrene Entwicklungspolitiker, der seinen Rückzug aus dem Bundestag zum Ende dieser Legislaturperiode angekündigt hat. dre

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Standpunkt

Ohne globale Politikansätze kein Einfluss auf den demografischen Wandel

Von Angela Bähr
Angela Bähr, stellvertretende Geschäftsführerin bei der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW).
Angela Bähr, stellvertretende Geschäftsführerin bei der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW).

Unabhängig davon, ob wir im globalen Norden oder im globalen Süden leben, ist die Alterszusammensetzung und demografische Entwicklung der jeweiligen Bevölkerung ein entscheidender Faktor für die Volkswirtschaft und die sozialen Sicherungssysteme, die Menschen vor extremer Armut in den verschiedensten Lebenslagen schützen sollen.

Der diesjährige Weltbevölkerungstag fällt mitten in die deutsche Haushaltsdebatte und damit in die Diskussion, wie viel Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe wir uns in Deutschland noch leisten können und wollen. Aber was wären die Folgen, wenn die Bundesrepublik ihre Ausgaben in diesen Politikfeldern im geplanten Ausmaß – und im Vergleich zu anderen Sektoren überdurchschnittlich – zurückfahren würde? 

Reproduktive Rechte Teil individueller Würde

Die Bevölkerung in Afrika südlich der Sahara wird sich laut Prognosen der UN bis 2050 von 1,4 Milliarden auf 2,5 Milliarden Menschen fast verdoppeln. Schon heute ist vielerorts ein Drittel der Einwohner und Einwohnerinnen zwischen zehn und 24 Jahre alt und damit mitten im reproduktiven Alter. Sexuelle und Reproduktive Rechte sind ein Teil individueller Würde, Freiheit und Selbstbestimmung, die jedem Menschen zustehen. Und auch Volkswirtschaften im globalen Süden wissen, dass umfassende Sexualaufklärung, Zugang zur Sekundarbildung und verstärkte Geschlechtergerechtigkeit der Schlüssel sind zu mehr reproduktiver Selbstbestimmung und damit zu weniger unbeabsichtigten Schwangerschaften. Staatliche Investitionen in diese Bereiche können die sozioökonomische Entwicklung beschleunigen und gleichzeitig eine nachhaltige, rechtebasierte Bevölkerungsentwicklung sicherstellen.

Nach Jahren des Fortschrittes im Zugang zu Sexualaufklärung, HIV-/AIDS-Prophylaxe und eines steten Rückgangs von Mütter- und Kindersterblichkeit aufgrund von Verbesserung der Qualität und des Zugangs zum Gesundheitswesen, gehen in immer mehr afrikanischen Ländern die rechte basierte Aufklärung und Zugang von jungen Frauen zu Verhütungsmitteln aktuell eher zurück, denn voran. Schuld daran ist eine oft religiös aber auch politisch konservativ motivierte Debatte und Gesetzgebung, die vor allem auf dem Rücken der Mädchen und jungen Frauen und der sexuellen Minderheiten ausgetragen wird: Zugang zu Verhütungsmitteln erst ab 18 Jahren oder mit Zustimmung der Eltern, Strafverfolgung aufgrund sexueller Orientierung und ein extremes Lebensrisiko bei unsicheren Schwangerschaftsabbrüchen gehören in Ostafrika leider zum Alltag.

HIV-Rate steigt wieder an

Die Folgen dieser menschenverachtenden Politik sind absehbar: Ein erneutes Ansteigen der HIV-Rate insbesondere bei jungen Frauen und eine fortwährend hohe Zahl an Teenagerschwangerschaften senden entsprechende Signale aus.

Leider sind auch Deutschlands Ausgaben für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR) laut dem aktuellen “Donors Delivering Report” der DSW im Jahr 2022 um 23 Prozent eingebrochen, womit die Bundesrepublik im Bereich der Geschlechtergleichstellung deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Sollten die geplanten Kürzungen für die Entwicklungszusammenarbeit im Bundeshaushalt realisiert werden, wird sich dieser Negativtrend fortsetzen. Die Investitionen in die ureigenen Rechte von Mädchen und jungen Frauen sowohl auf internationaler Ebene, als auch für fortschrittliche Präventionsmaßnahmen werden im östlichen Afrika zurückgehen.

Nachhaltige Bevölkerungspolitik ist wirtschaftlich

Dabei wären diese Maßnahmen für eine nachhaltige Bevölkerungspolitik sogar wirtschaftlich: laut Weltbevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) könnten mit zusätzlichen Ausgaben von 79 Milliarden US-Dollar in Staaten mit niedrigem und mittleren Einkommen rund 400 Millionen unbeabsichtigte Schwangerschaften verhindert werden. Dann wären diese jungen Frauen in der Lage, sich ein selbstbestimmtes, auskömmliches Leben aufzubauen und damit nicht nur der drohenden Armutsfalle und fortwährenden Diskriminierung zu entrinnen, sondern auch zu wirtschaftlichem Wachstum und gesellschaftlicher Modernisierung beizutragen.

Angela Bähr ist stellvertretende Geschäftsführerin und Abteilungsleiterin Projekte & Programme bei der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW). Bähr ist zudem stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe (VENRO).

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Presseschau

Bloomberg: Senegals Präsident soll Ecowas-Austritt der Sahelstaaten verhindern. Die westafrikanischen Staats- und Regierungschefs haben den senegalesischen Präsidenten Bassirou Diomaye Faye beauftragt, die militärischen Führer dreier Sahelstaaten davon zu überzeugen, nicht aus dem regionalen Wirtschaftsblock Ecowas auszutreten. Faye wurde am Sonntag auf einem Ecowas-Gipfel in der nigerianischen Hauptstadt Abuja zum Gesandten der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten ernannt. Das Treffen fand statt, während die Chefs der Juntas von Mali, Niger und Burkina Faso in der Hauptstadt des benachbarten Niger einen Vertrag über die Gründung einer Konföderation unterzeichneten, die die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen stärken soll.

New York Times: Kenianer berichten nach Protesten von brutalen Entführungen. Dutzende von kenianischen Aktivisten berichten, dass sie von vermummten, bewaffneten Männern aus ihren Häusern oder von der Straße geholt wurden. Sie alle berichten, sie seien in den vergangenen zwei Wochen von Sicherheitskräften der Regierung aufgegriffen worden, nachdem sie sich gegen das umstrittene Gesetz zur Erhöhung der Steuern in dem Land ausgesprochen hatten. Laut Interviews mit Menschenrechtsbeobachtern wurden mindestens 32 Personen, darunter Aktivisten, medizinisches Personal und Social-Media-Akteure, entführt oder willkürlich festgenommen.

Reuters: Uganda unterstützt M23-Rebellen im Ostkongo. Einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge hat die ugandische Armee die im Osten der DR Kongo operierende Rebellengruppe M23 unterstützt. Uganda bestreitet eine Beteiligung und erklärte, es arbeite eng mit den kongolesischen Regierungstruppen zusammen. Die Vereinten Nationen beschuldigen seit langem auch Ruanda, die M23 zu unterstützen, die wiederholt große Teile des an Bodenschätzen reichen Ostkongos erobert hat. Ruanda streitet dies vehement ab.

New York Times: Migranten in Nordafrika sind tödlichen Gefahren ausgesetzt. Die Gefahren, denen Migranten bei der Überquerung des Mittelmeers ausgesetzt sind, sind hinlänglich bekannt. Doch eine frühere Phase ihrer Reise, nämlich durch die Sahelzone und die Sahara, ist noch tödlicher, wie Forscher in einem neuen Bericht feststellen. Wenn sie nicht an Dehydrierung oder Krankheit sterben, riskieren die Migranten auf den gefährlichen Landrouten durch Nordafrika Vergewaltigung, Folter, Menschenhandel, Zwangsprostitution und Organdiebstahl.

Financial Times: Eskom erwartet Verluste, aber keine weiteren Stromausfälle. Der staatliche südafrikanische Stromversorger Eskom wird Zahlen veröffentlichen, die einen Jahresverlust von 15 Milliarden Rand (820 Millionen US-Dollar) ausweisen. Das Unternehmen hat nun 100 Tage ohne Stromausfälle überstanden. CEO Dan Marokane sagte, das Ende der Stromausfälle bedeute, dass Eskom im nächsten Jahr zum ersten Mal seit 2016 wieder profitabel sein könnte.

Africa Intelligence: Äthiopien will ausländische Konzerne stärker besteuern. Die äthiopische Regierung leidet unter hohen Einnahmeausfällen. Deshalb verschärft sie die Besteuerung ausländischer Investoren. Dies sieht der neue Haushalt vor, den Premierminister Abiy Ahmed am Donnerstag vorstellte.

African Business: EV-Produktion in Afrika ist vielversprechend. Mehrere afrikanische Start-ups für Elektrofahrzeuge unterhalten Produktionsstätten auf dem Kontinent: Das äthiopische Unternehmen Phibela Industrial hat Anfang Juni das erste Montagewerk für Elektrofahrzeuge im Land in Betrieb genommen. Im benachbarten Kenia weihte Präsident William Ruto schon im Juli 2023 die größte Montageanlage für Elektromotorräder in der Region ein. Auch in Marokko haben mehrere Unternehmen Investitionen in Elektrofahrzeuge und ihre Lieferketten angekündigt. Dies sind vielversprechende Entwicklungen, doch damit der Sektor floriert, sind weitaus größere Investitionen erforderlich.

IWF: DR Kongo schließt erstes Darlehen mit dem IWF ab. Der IWF hat die letzte Tranche von 225 Millionen Dollar des Kredits über 1,5 Milliarden Dollar an die Regierung der DR Kongo ausbezahlt. Das Darlehen wurde vor drei Jahren vereinbart. Es ist das erste Kreditprogramm, das die DR Kongo mit dem IWF abgeschlossen hat. Allerdings fügte der stellvertretende Generaldirektor des IWF, Kenji Okamura, hinzu: “Während die Wachstumsaussichten im Allgemeinen günstig aussehen, sind die Risiken aufgrund des anhaltenden bewaffneten Konflikts im Osten und des weiteren Inflationsdrucks angesichts der Volatilität der Öl- und Nahrungsmittelpreise nach unten gerichtet.”

The Guardian: Trophäenjäger lösen Debatte über Elefantenschutz aus. Eine Serie von Elefantentötungen im Grenzgebiet zwischen Kenia und Tansania hat einen erbitterten internationalen Streit über die Trophäenjagd und ihre umstrittene, manchmal kontraintuitive Rolle im Naturschutz ausgelöst. Einige Naturschützer sind der Meinung, dass die Tötung dieser außergewöhnlichen Tiere nicht erlaubt sein sollte. Andere sind der Meinung, dass eine kontrollierte, regulierte Jagd tatsächlich zum langfristigen Überleben der Elefanten beitragen kann, da sie Arbeitsplätze für die örtliche Bevölkerung schafft und Anreize für die Erhaltung der Lebensräume bietet.

Heads

KfW-Chef Stefan Wintels: “Wir sind im Jahrzehnt der Entscheidungen”

Stefan Wintels ist Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe.

Stefan Wintels kommt eigentlich aus der Privatwirtschaft. Doch sein aktueller Job als Vorstandsvorsitzender der KfW-Bankengruppe bereitet ihm große Freude, wie er beim Besuch der Table.Briefings-Redaktion in Berlin erzählt. Die Arbeit bei der KfW sei ihm besonders wichtig, denn “wir sind im Jahrzehnt der Entscheidung“, sagt er. “Der Umgang mit dem Globalen Süden in dieser Dekade wird wesentlichen Einfluss darauf haben, welche Rolle Deutschland in der internationalen Gemeinschaft in Zukunft spielt.”

Erfolgreicher Banker

Der 57 Jahre alte Niedersachse hat bereits eine erfolgreiche Karriere im Bankenwesen hinter sich. Nach der Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank, einem BWL-Studium an der TU Berlin und einem MBA-Programm an der University of Illinois in Urbana-Champaign stieg Wintels zum Manager auf und machte bei der Citigroup Karriere. 2014 wurde Wintels Deutschlandchef und Vorstandsvorsitzender der Citigroup Global Markets Deutschland AG und stieg später in das globale Board für Banking und Capital Markets auf.

2021 folgte der Wechsel zur KfW. Seither ist Wintels Vorstandsvorsitzender der Förderbank und hat sich große Ziele gesteckt: “Ich möchte ein guter, verantwortungsvoller Treuhänder sein”, erzählt er. Obwohl die KfW ihren Sitz in Frankfurt am Main hat, versuche er regelmäßig nach Berlin zu kommen, um näher am politischen Geschehen zu sein. Am Gendarmenmarkt hat die KfW in einem Bankgebäude mit großer Historie ihren Berliner Sitz.

KfW soll fit für das 21. Jahrhundert werden

Der KfW-Chef hat sich vorgenommen, die Bank noch stärker an den Anforderungen des 21. Jahrhunderts auszurichten: “Unser Ziel ist es, uns in diesem Jahrzehnt zur digitalen Transformations- und Förderbank zu entwickeln.” Dabei geht es besonders um die Bereiche Umwelt und Klima sowie Digitalisierung und Innovation. Die Bank werde ihr Förderangebot künftig noch gezielter darauf ausrichten, die nachhaltige Transformation der Wirtschaft voranzutreiben, so Wintels. Durch den Einsatz neuer Technologien will die KfW effizienter, wirksamer und schneller in ihrer Förderung werden, etwa durch die intelligente Nutzung von Wirkungsdaten. Anhand dieser wird überprüft, ob und wie stark geförderte Projekte das Erreichen der UN-Entwicklungsziele unterstützen.

Die KfW trage erheblich dazu bei, deutsche Entwicklungsprojekte im Ausland noch effektiver zu gestalten, meint Wintels. Zum einen sei das Monitoring der Bank unerlässlich, um die Wirkung und den Erfolg von Projekten zu messen, zu vergleichen und auszuwerten. Außerdem könne die Bank zusätzliche Mittel mobilisieren, und zwar auch für Projekte, die andernfalls nicht finanzierbar wären. Weiterhin seien die Möglichkeiten der KfW, intelligente Kooperationen mit anderen Partnern einzugehen, von besonderer Bedeutung, erklärt der KfW-Chef weiter. “Wenn ich im Ausland bin, spüre ich oft, dass man auf die KfW schaut. Diese globale Relevanz bedeutet auch ein hohes Maß an Verantwortung”, sagt Wintels.

Globale Relevanz bedeutet hohe Verantwortung

Angesprochen auf die für ihn wichtigsten Arbeitsfelder der KfW in Afrika zählt Wintels fünf Punkte auf, die auf dem Kontinent besonders triftig sind:

  • ​die Sicherstellung von globalen Gütern wie beispielsweise Biodiversität,
  • Energiesicherheit,
  • Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe,
  • der Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit sowie
  • präventive Klimapolitik.

Mehr auf europäischer Ebene bündeln

Doch Wintels, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der KfW Capital ist, wünscht sich in diesen Feldern teilweise mehr Engagement nicht nur aus Deutschland, sondern vor allem auf europäischer Ebene. Mit Blick auf die Global Gateway Initiative der Europäischen Union plädiert er für einen starken Fokus auf die Bereiche, die strategisch von besonderer Bedeutung für Europa sind. “Mehr Bündelung und Skalierung auf Ebene der großen Institutionen könnte Europa im internationalen Wettbewerb einen Vorteil verschaffen”, so der KfW-Chef.

Aktuell werden alle fünf deutschen Flagship-Projekte im Rahmen von Global Gateway von der KfW unterstützt. Insgesamt umfasst das EU-Programm bislang 225 Projekte mit einem Volumen von rund 300 Milliarden Euro. Das Geld steht für Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländer bereit – als strategische Antwort auf die sogenannte “Neue Seidenstraße” von China. “Im globalen Wettbewerb genügt es nicht, über Demokratie zu sprechen und anderen das Feld zu überlassen. Partnerschaften auf Augenhöhe – unter anderem in Afrika – sind für Europa wichtiger denn je”, sagt Wintels. Arne Schütte

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Dessert

Gleisdreieckpark Berlin
Hier findet am Wochenende das African Food Festival statt: Gleisdreieckpark in Berlin.

Fufu, Jollof, Poulet biciclette, Injera – alles wohlbekannte Gerichte der afrikanischen Küche, die Besucher auf dem African Food Festival in Berlin probieren können. Am Samstag, 13. Juli, und Sonntag, 14. Juli, gibt es Street Food im Überfluss, im Gleisdreieckpark in Kreuzberg. Dieses Jahr soll es außerdem neue Gerichte zu entdecken geben, auch vegane afrikanische Kreationen.

Traditionell ist das Festival in Berlin ein Treffpunkt für Menschen aus der afrikanischen Diaspora, für Familien, Kulturinteressierte und alle Neugierigen.

Begleitet wird das Food Festival von afrikanischer Musik. Die Veranstalter wollen sich auf Afro House und Afrobeats konzentrieren. Zum African Food Festival lohnt es sich, nicht nur hungrig zu kommen, sondern auch mit ein paar Einkaufstaschen. In einem extra Bereich stellt der Designer-Nachwuchs vom Kontinent seine Produkte vor. Auch hier soll es klassische Spezialitäten geben wie Schokolade und Tee, aber auch neue Mode sowie Schmuck, Taschen und Accessoires. Der Schwerpunkt soll auf Marken liegen, die in ihrem eigenen Land Vorprodukte einkaufen und produzieren. lcw

  • Berlin
  • Kultur

Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Als Vorsitzender der Subsahara-Afrika-Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI) und ehemaliger Chairman & Managing Director von Volkswagen South Africa kennt sich Thomas Schäfer, heute CEO der Marke Volkswagen, auf dem Kontinent bestens aus. Am 19. Juli berichtet er im Gespräch mit Table.Briefings über die Erfahrungen, die VW in Afrika gemacht hat, und welche Lehren andere deutsche Unternehmen daraus ziehen können. Zu diesem Gespräch laden wir Sie herzlich ein. Hier können Sie sich kostenlos anmelden.

    Während die von Militärjuntas regierten Sahel-Staaten Mali, Burkina Faso und Niger ihren Austritt aus der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas erklären, muss die Bundeswehr in Niger nun doch die Zelte abbrechen. Angesichts der volatilen Sicherheitslage in der Sahelzone sucht auch die Nato nach neuen Ansätzen, wie Lucia Weiß berichtet.

    Daneben haben wir weitere interessante Analysen und Nachrichten für Sie.

    Wir wünschen eine aufschlussreiche Lektüre.

    Ihr
    Arne Schütte
    Bild von Arne  Schütte

    Analyse

    Kenia: Rutos halbherzige Zugeständnisse werden nicht genügen

    Am Wochenende hat Kenias Präsident William Ruto einen großen Schritt auf die protestierenden Jugendlichen zugemacht. Er habe nicht genügend zugehört, sagte er beispielsweise in einer Online-Debatte. Sogar für das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten entschuldigte er sich nun, nachdem er dies anfangs abgelehnt hatte.

    Zuvor hatte Ruto den umstrittenen Haushaltsentwurf zurückgezogen, in dem er über Steuererhöhungen und eine Ausweitung der Steuerbasis die Staatsschulden von rund 80 Milliarden US-Dollar senken wollte. Für die Online-Debatte hatte sogar Rutos Tochter Charlene geworben: “Junge Leute, die Chance Eures Lebens erwartet Euch”, postete sie.

    Eine offizielle Zahl der Toten, die während der Proteste ums Leben gekommen sind, ist bis heute nicht veröffentlicht worden. Organisationen aus der kenianischen Zivilgesellschaft schätzen die Zahl auf mehr als 40, nachdem die Sicherheitskräfte zum Teil mit scharfer Munition auf die Demonstranten geschossen hatten.

    Scharfe Vorwürfe gegen Ruto

    Mehr als 150.000 Zuhörer nahmen an der Online-Diskussion auf “X” teil. Manche warfen Ruto unumwunden vor, er sei ein Lügner. Andere hielten ihm mangelnde Empathie entgegen.

    Ruto kündigte an, gegen korrupte Regierungsvertreter und Beamte vorzugehen. “Ich stimme zu, dass einige unserer Beamten einen widerwärtigen Reichtum zur Schau stellen”, sagte Ruto. “Ich habe sie persönlich angerufen und ihnen geraten, wie sie sich zu verhalten haben. Ich werde noch mehr tun.”

    Dass ein afrikanischer Staatschef sich derart öffentlich infrage stellt, ist auf dem Kontinent ungewöhnlich. Die große Frage ist, ob Rutos Zugeständnisse der kenianischen Jugend genügen werden.

    Jugend stellt Großteil der Bevölkerung

    Die Jugend ist ein entscheidender Faktor in Kenia: Die UN schätzen die Bevölkerung auf rund 55 Millionen Kenianer. Das Median-Alter liegt bei 19,6 Jahren. Allerdings ist es stark gestiegen – 1975 lag es bei 13,1 Jahren. Grund für den Anstieg ist, dass die Geburtenrate mit dem Wohlstand rapide sinkt. Sie liegt aktuell bei 3,2 Lebendgeburten je Frau. Bei Kenias Unabhängigkeit 1963 lag sie bei acht Lebendgeburten.

    Der Anteil junger Frauen und Mädchen in der Bevölkerung ist hoch. Die Bevölkerung wächst in Kenia weiter mit einer Rate von knapp zwei Prozent jährlich. Dieses Wachstum findet hauptsächlich in den Städten statt, wo heute 31 Prozent der Bevölkerung leben – 1963 lag der Anteil der städtischen Bevölkerung bei weniger als zehn Prozent.

    Gleichzeitig wird es schwieriger, die Jugend in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Bis 2016 lag die Jugendarbeitslosigkeit zwischen 6,5 Prozent und 7,4 Prozent. Dann ging sie rapide in die Höhe und erreichte 2020 einen Höchststand von 13,3 Prozent. Im vergangenen Jahr lag die Jugendarbeitslosigkeit bei 12,3 Prozent. In dieser Zahl wird die Zahl der Arbeitssuchenden im Alter von 15 bis 24 Jahren erfasst. Schüler und Studenten gelten nicht als arbeitssuchend.

    Rutos Luxusvilla in der Kritik

    Nach dem Meeting auf X ging der Protest weiter. So wird Ruto vorgeworfen, Korruption nur bei anderen zu suchen. Die Finanzierung seiner großzügigen Residenz im Edelvorort Karen nahe Nairobi sei bis heute unklar. Die kenianische Presse schätzt die Baukosten auf umgerechnet mehr als 3,2 Millionen Euro. Auch wurde bis heute nicht veröffentlicht, wer die Rechnungen bezahlte und welche Rolle chinesische Stellen beim Bau dieser Luxusresidenz hatten.

    Die Villa ist mit Swimming Pool, Sauna, Dampfbad, Fitnessstudio, einem 40.000 Quadratmeter großen Garten und einer Garage für sechs Fahrzeuge ausgestattet. Zahlreiche Nebengebäude für Angestellte und ein Bürogebäude mit Besprechungszimmer, Lounge und Medienzentrum gehören ebenfalls dazu.

    Mit den Stimmen der Jugend

    Ruto hatte seinen Wahlkampf stark auf die Jugend ausgerichtet. Er stellte sich als einen Politiker dar, der sich der Korruptionsbekämpfung verschrieben hat. Damit wollte er die Jugend umwerben, die aufgrund der grassierenden Korruption besonders verbittert ist. “Die Korrupten haben nur drei Möglichkeiten: Sie ziehen in ein anderes Land, gehen ins Gefängnis oder kommen in den Himmel”, sagte Ruto regelmäßig auf politischen Veranstaltungen.

    Allerdings legte jüngst ein Bericht der Public Service Commission (PSC) Schwachstellen im Kampf des Präsidenten gegen die Korruption offen. Laut dem Bericht haben Beamte im Finanzjahr bis Juni 2023 durch korrupte Geschäfte umgerechnet 4,4 Millionen Euro erbeutet. Davon seien 1,6 Millionen Euro wiedergefunden worden.

    Wenig Erfolge im Kampf gegen die Korruption

    Die Dunkelziffer dürfte jedoch sehr hoch sein. “Uns wurden nur 31 Korruptionsfälle gemeldet, an denen 109 Beamte aus 523 staatlichen Kooperationen beteiligt waren”, heißt es im PSC-Bericht. Von den 109 gemeldeten Beamten hat die Ethik- und Antikorruptionskommission allerdings nur 34 angeklagt. Das Antikorruptionsgericht sprach vier Verurteilungen aus. Viele Fälle sind noch nicht abgeschlossen.

    Im Korruptionswahrnehmungsindex 2023 von Transparency International liegt Kenia auf Rang 126 von 180 Ländern. Geht Ruto nicht als glaubwürdiges Beispiel im Kampf gegen die Korruption voran, wird er die Jugend kaum besänftigen können.

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    Wie die Nato ihren Einfluss in Afrika sichern will

    Die Nato-Intervention 2011 in Libyen hat insbesondere in Westafrika tiefe Ressentiments und Misstrauen gegen das westliche Verteidigungsbündnis geschürt. Der Sturz des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi, der auf dem Kontinent sichtbar investierte – etwa in Hotelanlagen wie in Bamako oder Niamey – und in seinem ölreichen Land Arbeitsplätze bot, wird von vielen als Sündenfall gesehen: Die freigewordenen bewaffneten Kräfte, zum Teil aus den Tuareg-Gemeinschaften im Norden von Mali, haben die Region nachhaltig destabilisiert.

    Die Nato will das ändern und ihr Engagement in Afrika ausbauen. “Die Nato hat ein Interesse, die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union (AU) breiter aufzustellen, und auch mit solchen Regierungen auf dem Kontinent, die einen positiven Beitrag für Frieden und Sicherheit leisten”, sagte ein Nato-Beamter Table.Briefings.

    Vertiefte Kooperation mit der Afrikanischen Union

    Bei der AU in Addis Abeba unterhält die Nato seit 2015 ein Verbindungsbüro. Dahinter steht der Ansatz, afrikanische Akteure bei ihrer Suche nach Lösungen auf Probleme und Konflikte zu unterstützen. Eine Haltung, die sich mit den geopolitischen Verschiebungen auch in der EU – zumindest rhetorisch – immer mehr durchgesetzt hat.

    Die Zusammenarbeit mit der AU begann 2005, als die Nato den AU-Darfur-Einsatz unterstützte. Die Nato half der AU beim Aufbau ihrer ständigen Eingreiftruppe (ASF) und unterstützte sie bei ihrer Mission in Somalia (Amisom) im Jahr 2007. Im Rahmen ihrer AU-Kooperation schult die Nato Personal, außerdem treffen sich die militärischen Stäbe halbjährlich zum Austausch.

    Mauretanien als zunehmend wichtiger Partner im Mittelmeer-Dialog

    Zudem gibt es seit 1994 den Mittelmeer-Dialog, dem neben Israel und Jordanien fünf afrikanische Länder angehören:

    • Ägypten
    • Mauretanien
    • Marokko
    • Tunesien
    • Algerien

    Mauretanien als Brückenland zu Subsahara-Afrika und insbesondere der Sahelzone gewinnt für die Nato immer mehr an Bedeutung.

    Zuletzt lobte der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, bei einem Besuch im Mai die Demokratie im großflächigen Wüstenstaat an der Atlantikküste. Dass Mauretanien bestenfalls als demokratisch bemüht gelten kann – wie etwa die massive Militärpräsenz am Wahlwochenende Ende Juni zeigte, bei der Amtsinhaber Mohamed Ould Cheikh El Ghazouani vorläufigen Ergebnissen zufolge als Sieger hervorgegangen ist – scheint ein Detail zu sein. Fest steht, dass Mauretanien den dschihadistischen Terror, der das Land Anfang der 2000er-Jahre befallen hatte, zurückdrängen konnte.

    Mit der Nato tauscht Mauretanien auch Erkenntnisse über den Terrorismus in der Sahelzone und in Libyen aus  – im Gegenzug für Trainings und Schulungen in der Terrorismusbekämpfung für mauretanisches Personal.

    Bisher erschien der Sahelstaat als logischer Partner unter den G5-Sahel-Ländern, da die Hauptstadt Nouakchott das Sekretariat des westafrikanischen Bündnisses beherbergt. Dadurch sollte auch eine enge Abstimmung mit dem von Frankreich stark gemachten Verteidigungsbündnis gewährleistet werden. Die G5 sind seit dem Rückzug von Mali, Burkina Faso und Niger inzwischen allerdings de facto nicht mehr existent.

    Nato will Verbindungen in den Sahel erhalten

    Umso wichtiger erscheint es der Nato jetzt, die Partnerschaft mit dem noch immer stabilsten der Sahel-Länder nicht aufzugeben. Denn auch die EU, die mit Ausbildungsmissionen wie der EU Capacity Building Mission EUCAP Sahel bisher aktiv war und an die sich die Nato partnerschaftlich dranklemmte, sind nun Geschichte.

    Damit fallen für den Westen wichtige Verbindungen in die Region weg. Über die dramatische Sicherheitslage ist sich die Nato bewusst: “Russland hat diese negativen Trends ausgenutzt und verstärkt, unter anderem durch den Einsatz privater Militärunternehmen und Desinformationskampagnen”, sagt ein Nato-Beamter im Austausch mit Table.Briefings. Terrorgruppen hätten vom Sahel aus ihre Präsenz in Küstenstaaten im Golf von Guinea ausgeweitet und drängten auch in Ost- und Zentralafrika vor, so der Beamte. Und China gewinne ebenfalls an Einfluss durch wirtschaftliche Investitionen in strategische Infrastrukturen wie Häfen.

    Die Nato steht zunehmend vor der Aufgabe, ihre Beziehungen zu den afrikanischen Ländern neu beziehungsweise mehr in Richtung Afrikanische Union zu konfigurieren, nachdem sich insbesondere die EU bei Ausbildung weniger engagiert.

    In Westafrika zeichnen sich die Kapverden als neuer Partner der Nato ab. Der stellvertretende Nato-Generalsekretär Mircea Geoană traf Verteidigungsministerin Janine Lelis Ende Mai zu Gesprächen in Brüssel. Der kleine Inselstaat, der enge Verbindungen zu den USA pflegt, bietet als Vorposten im Atlantik eine wichtige Position und könnte an Bedeutung gewinnen.

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    Interview

    BDI-Expertin: China von Vergabeverfahren auszuschließen, wäre nur konsequent

    Vanessa Wannicke, Referentin für Internationale Zusammenarbeit beim BDI.

    Frau Wannicke, der BDI hat kürzlich ein Positionspapier veröffentlicht, in dem eine Neuausrichtung der deutschen Entwicklungspolitik gefordert wird. Was läuft Ihrer Ansicht nach schief?

    Wir finden: Enden die EZ-Projekte, enden zu häufig auch ihre Erfolge. Für mehr Effektivität braucht es langfristigere Programme und Investitionen. Zudem hat sich der Kontext, in dem Entwicklungszusammenarbeit stattfindet, fundamental geändert. Darauf sollten wir reagieren. Es geht beispielsweise um die chinesische Dominanz bei internationalen Projektvergaben. Die Chinesen sind in Afrika sehr offensiv unterwegs und gewinnen zu häufig Ausschreibungen, die mit westlichen Geldern finanziert sind. Für uns stellt sich daher die Frage: Wie können wir die internationalen Vergabeverfahren so gestalten, dass deutsche und europäische Unternehmen im Wettbewerb wieder eine reale Chance haben?

    Wie sieht die chinesische Dominanz aus?

    Beispielsweise bewerben sich deutsche Unternehmen bei internationalen Vergaben, etwa über die KfW oder die Europäische Investitionsbank EIB. Wenn sie dann im Prozess sehen, dass auch eine gewisse Anzahl chinesischer Staatsunternehmen im Rennen ist, ziehen sie sich teilweise wieder zurück. Grund ist, dass sie mittlerweile aus Erfahrung wissen: Mit den subventionierten Unternehmen, die natürlich ganz andere Kostenstrukturen haben, können sie nicht mithalten.

    Wie wollen Sie diese Vormachtstellung aufbrechen?

    In unserem aktuellen Positionspapier fordern wir den Ausschluss subventionierter chinesischer Staatsunternehmen von diesen Vergabeprozessen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Eigentümerstrukturen der sich bewerbenden Unternehmen genauer geprüft werden. Darauf sollten wir in Zeiten des globalen Systemwettbewerbs ein deutlich stärkeres Augenmerk legen.

    Von deutscher Seite können Sie die Vergabeverfahren in afrikanischen Ländern doch gar nicht beeinflussen?

    Wir könnten im Rahmen von Regierungsverhandlungen durchaus darauf bestehen, dass die ausschreibenden Stellen verbindliche Kriterien und Bedingungen einhalten, wenn Gelder aus Deutschland, aus Europa oder von multilateralen Institutionen wie der Weltbank genutzt werden. Generell sollten wir alle Spielräume der OECD für Lieferbindung (“tied aid”) nutzen. Offener Bieterwettbewerb (“untied aid”) ist an vielen Stellen nicht mehr zeitgemäß. Denn er setzt ein globales Level Playing Field voraus, das wir so heute nicht mehr haben.

    Sehen Sie keine Risiken? Den Chinesen wird es sicher nicht gefallen, ausgeschlossen zu werden.

    Es wäre nur konsequent, denn schließlich bindet auch China selbst seine Ausgaben größtenteils an die eigene Wirtschaft.

    Gibt es auch noch weniger direkte Möglichkeiten?

    Ein weiterer Hebel wäre, verbindliche Qualitätskriterien in Vergabeverfahren anzusetzen. Wir sind überzeugt, dass deutsche und europäische Unternehmen den Chinesen noch voraus sind, wenn es um Arbeits- und Umweltstandards sowie Lebenszykluskosten geht. Es macht wenig Sinn, europäischen Unternehmen Lieferkettensorgfaltspflichten aufzuerlegen und diese bei europäisch mitfinanzierten internationalen Ausschreibungen nicht oder nur eingeschränkt zu kontrollieren.

    Welche Botschaft haben Sie an die Entscheider im BMZ?

    Wir wünschen uns eine strategischere Entwicklungspolitik. Natürlich sollten wir den Interessen der Partnerländer dienen. Aber bitte auch unseren eigenen. Angesichts des Systemwettbewerbs, in dem wir uns befinden, ist das dringend nötig. Zudem braucht es eine deutlich engere Zusammenarbeit zwischen BMZ und BMWK, um die Verzahnung zwischen Entwicklungspolitik und Außenwirtschaftsförderung endlich entschlossen voranzutreiben. Wer privates Kapital zur Erreichung der Sustainable Development Goals mobilisieren möchte, muss insbesondere die Finanzierungs- und Absicherungsbedingungen noch wettbewerbsfähiger gestalten.

    Vanessa Wannicke ist Referentin für Internationale Zusammenarbeit, Sicherheit, Rohstoffe und Raumfahrt beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

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    News

    Haushaltsentwurf: Knapp eine Milliarde Euro weniger für BMZ vorgesehen

    Laut dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung muss das BMZ im kommenden Jahr mit einem Budget von 10,3 Milliarden Euro planen. Im laufenden Jahr 2024 stehen dem Ministerium 11,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Die deutliche Budgetkürzung bestätigte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage von Table.Briefings. An welchen Stellen das Ministerium künftig sparen will, ist noch nicht bekannt. “Derzeit arbeiten wir an der konkreten Umsetzung“, teilte die Sprecherin mit.

    Am Freitag hatten Kanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck die Einigung im Streit um den kommenden Haushalt verkündet. Der Entwurf soll in der kommenden Kabinettssitzung am 17. Juli beschlossen werden. Nach der parlamentarischen Sommerpause wird über den Entwurf der Regierung im Bundestag beraten.

    “Deutschland bleibt bei EZ handlungsfähig”

    Mit dem Haushaltsentwurf sei es gelungen, handlungsfähig zu bleiben, kommentierte Entwicklungsministerin Svenja Schulze die Ergebnisse der Haushaltsverhandlungen am Montag im Interview mit der Frankfurter Rundschau. Besonders mit Blick auf den Sahel und die dortige Terrorgefahr müsse allerdings eigentlich noch viel mehr getan werden.

    Tatsächlich dürfte der Etat kaum für Freude im BMZ gesorgt haben. Zwar hatte Finanzminister Christian Lindner laut Informationen von Table.Briefings für das BMZ ursprünglich einen Etat von 9,9 Milliarden Euro vorgesehen. Im Vergleich zum Haushalt 2024 würde der Etat allerdings erneut um 900 Millionen Euro schrumpfen. Seit 2023 wäre es bereits die dritte deftige Sparrunde in der Entwicklungszusammenarbeit. Bei Hilfsorganisationen ist man über die Entwicklung besorgt. “Es gibt kein anderes Land, das zuletzt so stark bei seinen ODA-Mitteln gekürzt hat. Dabei hat die Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, die internationale Zusammenarbeit auszubauen“, sagt Lukas Goltermann, Haushaltsexperte vom Verband Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe (Venro).

    Sorge um Kürzungen mit Signalwirkung

    Auch andere NGOs warnen vor übermäßigen Einschnitten bei der EZ. “Deutschland gilt in Kenia, aber auch in anderen Teilen der Welt als einer der großen Unterstützer, wenn es um Entwicklungszusammenarbeit geht, speziell auch für Gesundheitsinitiativen“, sagt Evelyn Samba, die Landesdirektorin Kenia der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW). “Die Kürzungen bereiten uns große Sorgen. Denn es hat eine Signalwirkung für andere Länder, besonders in Europa, wenn Deutschland seine Unterstützung zurückfährt.”

    Mit der drohenden Budgetkürzung sei die Finanzierung verschiedener Projekte, die die DSW unter anderem in Kenia realisiert, gefährdet. Dies habe schwerwiegende Folgen insbesondere für Frauen in Kenia, warnt Samba. Mit mehreren Projekten setzt sich die DSW für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte junger Frauen ein. Ohne diese Projektarbeit würden die Fortschritte, die bei der Eindämmung von HIV-Infektionen und Schwangerschaften Minderjähriger erreicht wurden, zunichte gemacht. dre

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    Warum Deutschland auf einen Stützpunkt im Sahel verzichtet

    Die Bundeswehr wird ihren Lufttransportstützpunkt in Niger nicht wie geplant weiter betreiben und zu Ende August schließen. Grund dafür sind gescheiterte Verhandlungen mit der Militärregierung Nigers über ein Abkommen für die Rechtsstellung der deutschen Soldaten im Land. Das Verteidigungsministerium hatte den Stützpunkt am Flughafen der Hauptstadt Niamey als Basis in Westafrika für eventuelle Evakuierungsmissionen behalten wollen.

    Die Entscheidung der Bundesregierung fiel am Wochenende, wie das Verteidigungsministerium den Abgeordneten des Bundestages mitteilte. Zwar habe die nigrische Regierung in einem Übergangsabkommen bis zum 31. August der Bundeswehr Immunität für ihre Soldaten zugesichert, heißt es in dem Schreiben. Für die Zeit danach könne jedoch “der von Niger übermittelte Abkommensentwurf … nicht als Grundlage für Verhandlungen über ein Statusabkommen dienen – weder vom Charakter, noch vom Inhalt her. Immunitäten für deutsche Soldatinnen und Soldaten werden darin nicht gewährt”.

    Da die Zeit für weitere umfangreiche Verhandlungen zu knapp sei, habe die Bundesregierung entschieden, bis Ende August alle rund 40 Soldaten und Soldatinnen und das Material abzuziehen. Als mögliche andere Basis kommt damit vor allem Dakar im Senegal in Betracht, wo allerdings derzeit keine deutschen Soldaten stationiert sind.

    Niger, Mali und Burkina Faso gründen eine Konföderation

    Die Basis in Niamey war als Umschlagpunkt für den deutschen Einsatz in der UN-Mission Minusma in Mali eingerichtet worden. Nach der Beendigung der Blauhelmmission auf Druck der malischen Militärregierung hatte der Stützpunkt beibehalten werden sollen. Wie in Mali so regieren auch in Niger Militärs, die durch einen Putsch an die Macht kamen; zudem arbeiten beide Staaten zusammen mit dem benachbarten Burkina Faso an einer Allianz der Sahel-Staaten, die sich auch gegen die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas richtet.

    Am Wochenende hatten die drei Länder bei ihrem ersten gemeinsamen Gipfel in Niamey eine Konföderation gegründet und ihre Entscheidung bekräftigt, sich aus der Ecowas zurückzuziehen. Die Sahel-Staaten wollen demnach rechtliche Voraussetzungen schaffen, um weiter die Freizügigkeit zu garantieren und sich ebenso über eine eigene Währung verständigen. tw/lcw

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    FDP: Christoph Hoffmann kündigt Rückzug aus Bundestag an

    Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann wird bei der kommenden Bundestagswahl im September 2025 nicht erneut für ein Mandat kandidieren. Das erfuhr Table.Briefings vom Büro des 66-Jährigen. Grund für seine Entscheidung sei neben seinem Alter vor allem der Wunsch, “sich selbstbestimmten, unternehmerischen Tätigkeiten” in seinen Fachgebieten Kommunales, Wald und Entwicklung zu widmen.

    Hoffmann ist seit 2017 für die FDP Mitglied im Bundestag. Aktuell ist er stellvertretender Vorsitzender des Entwicklungsausschusses im Bundestag. Da die von der AfD vorgeschlagenen Kandidaten für den Ausschussvorsitz keine Mehrheit erhalten haben, leitet Hoffmann den Ausschuss kommissarisch. Daneben ist der promovierte Forstwissenschaftler stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe Zentralafrika. Vor seiner Arbeit im Bundestag war Hoffmann zehn Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Bad Bellingen am Rande des südlichen Schwarzwaldes.

    Nach Volkmar Klein (CDU) und Karamba Diaby (SPD) ist Hoffmann bereits der dritte erfahrene Entwicklungspolitiker, der seinen Rückzug aus dem Bundestag zum Ende dieser Legislaturperiode angekündigt hat. dre

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    Standpunkt

    Ohne globale Politikansätze kein Einfluss auf den demografischen Wandel

    Von Angela Bähr
    Angela Bähr, stellvertretende Geschäftsführerin bei der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW).
    Angela Bähr, stellvertretende Geschäftsführerin bei der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW).

    Unabhängig davon, ob wir im globalen Norden oder im globalen Süden leben, ist die Alterszusammensetzung und demografische Entwicklung der jeweiligen Bevölkerung ein entscheidender Faktor für die Volkswirtschaft und die sozialen Sicherungssysteme, die Menschen vor extremer Armut in den verschiedensten Lebenslagen schützen sollen.

    Der diesjährige Weltbevölkerungstag fällt mitten in die deutsche Haushaltsdebatte und damit in die Diskussion, wie viel Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe wir uns in Deutschland noch leisten können und wollen. Aber was wären die Folgen, wenn die Bundesrepublik ihre Ausgaben in diesen Politikfeldern im geplanten Ausmaß – und im Vergleich zu anderen Sektoren überdurchschnittlich – zurückfahren würde? 

    Reproduktive Rechte Teil individueller Würde

    Die Bevölkerung in Afrika südlich der Sahara wird sich laut Prognosen der UN bis 2050 von 1,4 Milliarden auf 2,5 Milliarden Menschen fast verdoppeln. Schon heute ist vielerorts ein Drittel der Einwohner und Einwohnerinnen zwischen zehn und 24 Jahre alt und damit mitten im reproduktiven Alter. Sexuelle und Reproduktive Rechte sind ein Teil individueller Würde, Freiheit und Selbstbestimmung, die jedem Menschen zustehen. Und auch Volkswirtschaften im globalen Süden wissen, dass umfassende Sexualaufklärung, Zugang zur Sekundarbildung und verstärkte Geschlechtergerechtigkeit der Schlüssel sind zu mehr reproduktiver Selbstbestimmung und damit zu weniger unbeabsichtigten Schwangerschaften. Staatliche Investitionen in diese Bereiche können die sozioökonomische Entwicklung beschleunigen und gleichzeitig eine nachhaltige, rechtebasierte Bevölkerungsentwicklung sicherstellen.

    Nach Jahren des Fortschrittes im Zugang zu Sexualaufklärung, HIV-/AIDS-Prophylaxe und eines steten Rückgangs von Mütter- und Kindersterblichkeit aufgrund von Verbesserung der Qualität und des Zugangs zum Gesundheitswesen, gehen in immer mehr afrikanischen Ländern die rechte basierte Aufklärung und Zugang von jungen Frauen zu Verhütungsmitteln aktuell eher zurück, denn voran. Schuld daran ist eine oft religiös aber auch politisch konservativ motivierte Debatte und Gesetzgebung, die vor allem auf dem Rücken der Mädchen und jungen Frauen und der sexuellen Minderheiten ausgetragen wird: Zugang zu Verhütungsmitteln erst ab 18 Jahren oder mit Zustimmung der Eltern, Strafverfolgung aufgrund sexueller Orientierung und ein extremes Lebensrisiko bei unsicheren Schwangerschaftsabbrüchen gehören in Ostafrika leider zum Alltag.

    HIV-Rate steigt wieder an

    Die Folgen dieser menschenverachtenden Politik sind absehbar: Ein erneutes Ansteigen der HIV-Rate insbesondere bei jungen Frauen und eine fortwährend hohe Zahl an Teenagerschwangerschaften senden entsprechende Signale aus.

    Leider sind auch Deutschlands Ausgaben für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR) laut dem aktuellen “Donors Delivering Report” der DSW im Jahr 2022 um 23 Prozent eingebrochen, womit die Bundesrepublik im Bereich der Geschlechtergleichstellung deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Sollten die geplanten Kürzungen für die Entwicklungszusammenarbeit im Bundeshaushalt realisiert werden, wird sich dieser Negativtrend fortsetzen. Die Investitionen in die ureigenen Rechte von Mädchen und jungen Frauen sowohl auf internationaler Ebene, als auch für fortschrittliche Präventionsmaßnahmen werden im östlichen Afrika zurückgehen.

    Nachhaltige Bevölkerungspolitik ist wirtschaftlich

    Dabei wären diese Maßnahmen für eine nachhaltige Bevölkerungspolitik sogar wirtschaftlich: laut Weltbevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) könnten mit zusätzlichen Ausgaben von 79 Milliarden US-Dollar in Staaten mit niedrigem und mittleren Einkommen rund 400 Millionen unbeabsichtigte Schwangerschaften verhindert werden. Dann wären diese jungen Frauen in der Lage, sich ein selbstbestimmtes, auskömmliches Leben aufzubauen und damit nicht nur der drohenden Armutsfalle und fortwährenden Diskriminierung zu entrinnen, sondern auch zu wirtschaftlichem Wachstum und gesellschaftlicher Modernisierung beizutragen.

    Angela Bähr ist stellvertretende Geschäftsführerin und Abteilungsleiterin Projekte & Programme bei der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW). Bähr ist zudem stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe (VENRO).

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    Presseschau

    Bloomberg: Senegals Präsident soll Ecowas-Austritt der Sahelstaaten verhindern. Die westafrikanischen Staats- und Regierungschefs haben den senegalesischen Präsidenten Bassirou Diomaye Faye beauftragt, die militärischen Führer dreier Sahelstaaten davon zu überzeugen, nicht aus dem regionalen Wirtschaftsblock Ecowas auszutreten. Faye wurde am Sonntag auf einem Ecowas-Gipfel in der nigerianischen Hauptstadt Abuja zum Gesandten der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten ernannt. Das Treffen fand statt, während die Chefs der Juntas von Mali, Niger und Burkina Faso in der Hauptstadt des benachbarten Niger einen Vertrag über die Gründung einer Konföderation unterzeichneten, die die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen stärken soll.

    New York Times: Kenianer berichten nach Protesten von brutalen Entführungen. Dutzende von kenianischen Aktivisten berichten, dass sie von vermummten, bewaffneten Männern aus ihren Häusern oder von der Straße geholt wurden. Sie alle berichten, sie seien in den vergangenen zwei Wochen von Sicherheitskräften der Regierung aufgegriffen worden, nachdem sie sich gegen das umstrittene Gesetz zur Erhöhung der Steuern in dem Land ausgesprochen hatten. Laut Interviews mit Menschenrechtsbeobachtern wurden mindestens 32 Personen, darunter Aktivisten, medizinisches Personal und Social-Media-Akteure, entführt oder willkürlich festgenommen.

    Reuters: Uganda unterstützt M23-Rebellen im Ostkongo. Einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge hat die ugandische Armee die im Osten der DR Kongo operierende Rebellengruppe M23 unterstützt. Uganda bestreitet eine Beteiligung und erklärte, es arbeite eng mit den kongolesischen Regierungstruppen zusammen. Die Vereinten Nationen beschuldigen seit langem auch Ruanda, die M23 zu unterstützen, die wiederholt große Teile des an Bodenschätzen reichen Ostkongos erobert hat. Ruanda streitet dies vehement ab.

    New York Times: Migranten in Nordafrika sind tödlichen Gefahren ausgesetzt. Die Gefahren, denen Migranten bei der Überquerung des Mittelmeers ausgesetzt sind, sind hinlänglich bekannt. Doch eine frühere Phase ihrer Reise, nämlich durch die Sahelzone und die Sahara, ist noch tödlicher, wie Forscher in einem neuen Bericht feststellen. Wenn sie nicht an Dehydrierung oder Krankheit sterben, riskieren die Migranten auf den gefährlichen Landrouten durch Nordafrika Vergewaltigung, Folter, Menschenhandel, Zwangsprostitution und Organdiebstahl.

    Financial Times: Eskom erwartet Verluste, aber keine weiteren Stromausfälle. Der staatliche südafrikanische Stromversorger Eskom wird Zahlen veröffentlichen, die einen Jahresverlust von 15 Milliarden Rand (820 Millionen US-Dollar) ausweisen. Das Unternehmen hat nun 100 Tage ohne Stromausfälle überstanden. CEO Dan Marokane sagte, das Ende der Stromausfälle bedeute, dass Eskom im nächsten Jahr zum ersten Mal seit 2016 wieder profitabel sein könnte.

    Africa Intelligence: Äthiopien will ausländische Konzerne stärker besteuern. Die äthiopische Regierung leidet unter hohen Einnahmeausfällen. Deshalb verschärft sie die Besteuerung ausländischer Investoren. Dies sieht der neue Haushalt vor, den Premierminister Abiy Ahmed am Donnerstag vorstellte.

    African Business: EV-Produktion in Afrika ist vielversprechend. Mehrere afrikanische Start-ups für Elektrofahrzeuge unterhalten Produktionsstätten auf dem Kontinent: Das äthiopische Unternehmen Phibela Industrial hat Anfang Juni das erste Montagewerk für Elektrofahrzeuge im Land in Betrieb genommen. Im benachbarten Kenia weihte Präsident William Ruto schon im Juli 2023 die größte Montageanlage für Elektromotorräder in der Region ein. Auch in Marokko haben mehrere Unternehmen Investitionen in Elektrofahrzeuge und ihre Lieferketten angekündigt. Dies sind vielversprechende Entwicklungen, doch damit der Sektor floriert, sind weitaus größere Investitionen erforderlich.

    IWF: DR Kongo schließt erstes Darlehen mit dem IWF ab. Der IWF hat die letzte Tranche von 225 Millionen Dollar des Kredits über 1,5 Milliarden Dollar an die Regierung der DR Kongo ausbezahlt. Das Darlehen wurde vor drei Jahren vereinbart. Es ist das erste Kreditprogramm, das die DR Kongo mit dem IWF abgeschlossen hat. Allerdings fügte der stellvertretende Generaldirektor des IWF, Kenji Okamura, hinzu: “Während die Wachstumsaussichten im Allgemeinen günstig aussehen, sind die Risiken aufgrund des anhaltenden bewaffneten Konflikts im Osten und des weiteren Inflationsdrucks angesichts der Volatilität der Öl- und Nahrungsmittelpreise nach unten gerichtet.”

    The Guardian: Trophäenjäger lösen Debatte über Elefantenschutz aus. Eine Serie von Elefantentötungen im Grenzgebiet zwischen Kenia und Tansania hat einen erbitterten internationalen Streit über die Trophäenjagd und ihre umstrittene, manchmal kontraintuitive Rolle im Naturschutz ausgelöst. Einige Naturschützer sind der Meinung, dass die Tötung dieser außergewöhnlichen Tiere nicht erlaubt sein sollte. Andere sind der Meinung, dass eine kontrollierte, regulierte Jagd tatsächlich zum langfristigen Überleben der Elefanten beitragen kann, da sie Arbeitsplätze für die örtliche Bevölkerung schafft und Anreize für die Erhaltung der Lebensräume bietet.

    Heads

    KfW-Chef Stefan Wintels: “Wir sind im Jahrzehnt der Entscheidungen”

    Stefan Wintels ist Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe.

    Stefan Wintels kommt eigentlich aus der Privatwirtschaft. Doch sein aktueller Job als Vorstandsvorsitzender der KfW-Bankengruppe bereitet ihm große Freude, wie er beim Besuch der Table.Briefings-Redaktion in Berlin erzählt. Die Arbeit bei der KfW sei ihm besonders wichtig, denn “wir sind im Jahrzehnt der Entscheidung“, sagt er. “Der Umgang mit dem Globalen Süden in dieser Dekade wird wesentlichen Einfluss darauf haben, welche Rolle Deutschland in der internationalen Gemeinschaft in Zukunft spielt.”

    Erfolgreicher Banker

    Der 57 Jahre alte Niedersachse hat bereits eine erfolgreiche Karriere im Bankenwesen hinter sich. Nach der Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank, einem BWL-Studium an der TU Berlin und einem MBA-Programm an der University of Illinois in Urbana-Champaign stieg Wintels zum Manager auf und machte bei der Citigroup Karriere. 2014 wurde Wintels Deutschlandchef und Vorstandsvorsitzender der Citigroup Global Markets Deutschland AG und stieg später in das globale Board für Banking und Capital Markets auf.

    2021 folgte der Wechsel zur KfW. Seither ist Wintels Vorstandsvorsitzender der Förderbank und hat sich große Ziele gesteckt: “Ich möchte ein guter, verantwortungsvoller Treuhänder sein”, erzählt er. Obwohl die KfW ihren Sitz in Frankfurt am Main hat, versuche er regelmäßig nach Berlin zu kommen, um näher am politischen Geschehen zu sein. Am Gendarmenmarkt hat die KfW in einem Bankgebäude mit großer Historie ihren Berliner Sitz.

    KfW soll fit für das 21. Jahrhundert werden

    Der KfW-Chef hat sich vorgenommen, die Bank noch stärker an den Anforderungen des 21. Jahrhunderts auszurichten: “Unser Ziel ist es, uns in diesem Jahrzehnt zur digitalen Transformations- und Förderbank zu entwickeln.” Dabei geht es besonders um die Bereiche Umwelt und Klima sowie Digitalisierung und Innovation. Die Bank werde ihr Förderangebot künftig noch gezielter darauf ausrichten, die nachhaltige Transformation der Wirtschaft voranzutreiben, so Wintels. Durch den Einsatz neuer Technologien will die KfW effizienter, wirksamer und schneller in ihrer Förderung werden, etwa durch die intelligente Nutzung von Wirkungsdaten. Anhand dieser wird überprüft, ob und wie stark geförderte Projekte das Erreichen der UN-Entwicklungsziele unterstützen.

    Die KfW trage erheblich dazu bei, deutsche Entwicklungsprojekte im Ausland noch effektiver zu gestalten, meint Wintels. Zum einen sei das Monitoring der Bank unerlässlich, um die Wirkung und den Erfolg von Projekten zu messen, zu vergleichen und auszuwerten. Außerdem könne die Bank zusätzliche Mittel mobilisieren, und zwar auch für Projekte, die andernfalls nicht finanzierbar wären. Weiterhin seien die Möglichkeiten der KfW, intelligente Kooperationen mit anderen Partnern einzugehen, von besonderer Bedeutung, erklärt der KfW-Chef weiter. “Wenn ich im Ausland bin, spüre ich oft, dass man auf die KfW schaut. Diese globale Relevanz bedeutet auch ein hohes Maß an Verantwortung”, sagt Wintels.

    Globale Relevanz bedeutet hohe Verantwortung

    Angesprochen auf die für ihn wichtigsten Arbeitsfelder der KfW in Afrika zählt Wintels fünf Punkte auf, die auf dem Kontinent besonders triftig sind:

    • ​die Sicherstellung von globalen Gütern wie beispielsweise Biodiversität,
    • Energiesicherheit,
    • Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe,
    • der Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit sowie
    • präventive Klimapolitik.

    Mehr auf europäischer Ebene bündeln

    Doch Wintels, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der KfW Capital ist, wünscht sich in diesen Feldern teilweise mehr Engagement nicht nur aus Deutschland, sondern vor allem auf europäischer Ebene. Mit Blick auf die Global Gateway Initiative der Europäischen Union plädiert er für einen starken Fokus auf die Bereiche, die strategisch von besonderer Bedeutung für Europa sind. “Mehr Bündelung und Skalierung auf Ebene der großen Institutionen könnte Europa im internationalen Wettbewerb einen Vorteil verschaffen”, so der KfW-Chef.

    Aktuell werden alle fünf deutschen Flagship-Projekte im Rahmen von Global Gateway von der KfW unterstützt. Insgesamt umfasst das EU-Programm bislang 225 Projekte mit einem Volumen von rund 300 Milliarden Euro. Das Geld steht für Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländer bereit – als strategische Antwort auf die sogenannte “Neue Seidenstraße” von China. “Im globalen Wettbewerb genügt es nicht, über Demokratie zu sprechen und anderen das Feld zu überlassen. Partnerschaften auf Augenhöhe – unter anderem in Afrika – sind für Europa wichtiger denn je”, sagt Wintels. Arne Schütte

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    Dessert

    Gleisdreieckpark Berlin
    Hier findet am Wochenende das African Food Festival statt: Gleisdreieckpark in Berlin.

    Fufu, Jollof, Poulet biciclette, Injera – alles wohlbekannte Gerichte der afrikanischen Küche, die Besucher auf dem African Food Festival in Berlin probieren können. Am Samstag, 13. Juli, und Sonntag, 14. Juli, gibt es Street Food im Überfluss, im Gleisdreieckpark in Kreuzberg. Dieses Jahr soll es außerdem neue Gerichte zu entdecken geben, auch vegane afrikanische Kreationen.

    Traditionell ist das Festival in Berlin ein Treffpunkt für Menschen aus der afrikanischen Diaspora, für Familien, Kulturinteressierte und alle Neugierigen.

    Begleitet wird das Food Festival von afrikanischer Musik. Die Veranstalter wollen sich auf Afro House und Afrobeats konzentrieren. Zum African Food Festival lohnt es sich, nicht nur hungrig zu kommen, sondern auch mit ein paar Einkaufstaschen. In einem extra Bereich stellt der Designer-Nachwuchs vom Kontinent seine Produkte vor. Auch hier soll es klassische Spezialitäten geben wie Schokolade und Tee, aber auch neue Mode sowie Schmuck, Taschen und Accessoires. Der Schwerpunkt soll auf Marken liegen, die in ihrem eigenen Land Vorprodukte einkaufen und produzieren. lcw

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    Africa.Table Redaktion

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