mit Spannung schaut die westliche Welt auf den kommende Woche beginnenden Gipfel der BRICS-Staaten in Johannesburg. Was 2009 als loser Zusammenschluss von Schwellenländern galt – mit Ausnahme Russlands -, hat sich zu einer weltwirtschaftlich potenten Gruppe entwickelt, die das Zeug dazu hat, Wirtschaft wie Geopolitik massiv zu beeinflussen. Und die Organisation ist attraktiv für mehr als zwei Dutzend weitere Staaten, die dabei sein wollen. Andreas Sieren analysiert die Lage wenige Tage vor Konferenzbeginn.
Während sich der Pulverdampf des Putsches im Niger langsam lichtet, stehen in Simbabwe Wahlen an, die für Stabilität, Sicherheit und Wohlergehen im südlichen Afrika von großer Bedeutung sind. Unser Gastautor Farayi Machamire, der selbst aus Simbabwe stammt und zur Zeit in der Redaktion von Africa.Table arbeitet, beleuchtet die Situation gut eine Woche vor den Wahlen.
Unter den Nachrichten dieser Ausgabe sticht eine besonders hervor: Der staatliche chinesische Rüstungskonzern Norinco hat in der senegalesischen Hauptstadt Dakar eine Verkaufsniederlassung eingerichtet. Ein deutliches Zeichen für wachsenden militärischen Einfluss in der Region. China behauptet sich als ernstzunehmender Konkurrent auf dem westafrikanischen Waffenmarkt.
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China hat große wirtschaftliche Interessen in der Sahelzone, die über enorme Vorkommen an Uran, Gold, Eisenerz, Mangan, Öl und vielen anderen Rohstoffen verfügt. Deshalb hat das Land sehr stark in der Region investiert, unter anderem in den Abbau von Lithium in Mali, die industrielle Fischerei in Mauretanien und die Petroleum-Industrie im Tschad.
In Niger ist China der zweitgrößte Investor nach Frankreich, was sich aber bald ändern könnte. Zwei Infrastrukturprojekte, die die Chinesen derzeit durchführen, stechen heraus: Das Kandadji-Wasserkraftwerk am Niger-Fluss, 180 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Niamey, und die 2000 Kilometer lange Pipeline, die Nigers Agadem-Ölfeld mit dem Hafen Cotonou in Benin am Golf von Guinea verbindet und Erdöl an die Exportmärkte bringen soll. China hat Niger, eines der ärmsten Länder der Welt, zu einem Ölförderland gemacht.
Die China Gezhouba Group musste die Bauarbeiten am 728 Millionen Euro teuren Damm vergangene Woche einstellen, da wegen der vom Westen unterstützten Sanktionen kein Geld mehr fließt. Das Wasserkraftwerk soll eine Kapazität von 130 Megawatt haben, für eine bessere Bewässerung der Felder sorgen und damit die Lebensmittelsicherheit erhöhen.
Der Bau der Ölpipeline, das größte Investitionsprojekt in Niger seit der Unabhängigkeit von Frankreich 1960, geht vorerst weiter. Sie soll einmal Afrikas längste Pipeline werden und den Ölexport Nigers verfünffachen. Das erste Öl soll noch vor Ende 2023 fließen und in Zukunft bis zu einem Viertel des BIP sowie die Hälfte der Steuereinnahmen von Niger ausmachen, also lebenswichtige Einnahmen für das Land.
Der Putsch in Niger wird ohne Zweifel das Gefüge in der globalen Weltordnung weiter in Richtung BRICS verschieben und die Machtposition des Westens schwächen. Das wird auch Thema des 15. BRICS-Gipfels sein, der in wenigen Tagen in Johannesburg stattfindet. Die Genugtuung über diesen weiteren Bedeutungszuwachs dürfte in dieser Gruppe überwiegen.
Im Vorfeld machte die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor deutlich, dass BRICS nicht als anti-westlicher und pro-russischer oder chinesischer Block zu verstehen sei und die Frage der Aufnahme von neuen Mitgliedern ganz oben auf der Agenda stehe: “Der aktuelle geopolitische Kontext hat das Interesse an einer Mitgliedschaft in den BRICS-Staaten erneut geweckt, da Länder des globalen Südens nach Alternativen in einer multipolaren Welt suchen.”
Schon jetzt zählt BRICS 42 Prozent der globalen Bevölkerung, fast 30 Prozent der Landfläche, 27 Prozent des Bruttoinlandproduktes und rund 20 Prozent des internationalen Handels. Von den 23 Ländern, die einen Aufnahmeantrag gestellt haben, sind sechs aus Afrika: Ägypten, Algerien, Äthiopien, Marokko, Nigeria, und Senegal. Die letzteren drei haben dies jedoch noch nicht offiziell bestätigt. Die derzeitigen fünf BRICS-Mitglieder haben sich noch nicht auf Aufnahmekriterien geeinigt. China, Russland und Südafrika wird eine positive Haltung gegenüber neuen Kandidaten nachgesagt, Brasilien und Indien zeigen sich zurückhaltend.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der bereits im Juni sein Interesse an einer Teilnahme verkündet hatte, wurde nicht zum Gipfel eingeladen. Die Botschaft ist klar: Die aufsteigenden Länder brauchen Frankreich nicht mehr. Sie wollen ihre Probleme selbst lösen. In diese Richtung argumentiert auch die südafrikanische Außenministerin: “Wir planen den Gipfel mit konkreten, praktischen und umsetzbaren Plänen zur Stärkung der BRICS-Afrika-Partnerschaft. Es geht um die stärkere Einbeziehung des globalen Südens in die Vorteile der globalen Wirtschaftserholung und um eine veränderte globale Ordnung”.
Bei aller Ungewissheit um die weitere Entwicklung rund um das Putschland Niger ist eines gewiss: Die Bemühungen um eine diplomatischen Lösung laufen auf Hochtouren.
Unter Mitarbeit von Andreas Sieren und Lucia Weiß.
Während sich Simbabwe auf die Wahlen am 23. August vorbereitet, wartet das südliche Afrika gespannt. Die Verflechtung der Länder in diesem Teil des Kontinents zeigt sich besonders deutlich im Fall von Simbabwe, wo politische und wirtschaftliche Unruhen Migrationswellen ausgelöst haben, die die Nachbarländer auf tiefgreifende Weise beeinflussen.
Allein in Südafrika haben schätzungsweise 1,5 Millionen Simbabwer aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Unruhen in ihrem Heimatland Zuflucht und die Chance auf eine bessere Zukunft gesucht. Diese Migration stellt für die Länder des südlichen Afrikas eine doppelte Herausforderung dar. Einerseits haben sie damit zu kämpfen, eine so große Zahl von Neuankömmlingen in ihre Gesellschaft zu integrieren. Andererseits hat der Massenexodus der Simbabwer einen immensen Druck auf die Ressourcen und die Infrastruktur der Aufnahmeländer ausgeübt.
Die Dringlichkeit eines stabilen Simbabwe ist in den Ländern des südlichen Afrikas deutlich zu spüren. Das Streben nach Stabilität geht über humanitäre Belange hinaus; es ist ein entscheidendes Element für die regionale Zusammenarbeit, das Wirtschaftswachstum und den sozialen Fortschritt. Regionale Organisationen wie die Afrikanische Union (AU) und der Gemeinsame Markt für das östliche und südliche Afrika (Comesa) sind sich darüber im Klaren, dass ein stabiles Simbabwe von zentraler Bedeutung für die Förderung der Zusammenarbeit und Integration zwischen ihren Mitgliedstaaten ist. Die Ernennung des ehemaligen nigerianischen Präsidenten Goodluck Jonathan zum Leiter der gemeinsamen AU-Comesa-Beobachtermission für die Wahlen unterstreicht das regionale Engagement für Stabilität.
Trotz der wirtschaftlichen Rückschläge könnte Simbabwe florieren, wenn nur seine Ressourcen effektiv verwaltet würden. Die Erkenntnisse der Weltbank über das Potenzial Simbabwes zeichnen das Bild einer Nation mit ungenutzten Rohstoffen und vielversprechendem Humankapital. Mineralischer Reichtum, einschließlich bedeutender Lithium- und Goldreserven, ist ein potenzieller Katalysator für die wirtschaftliche Entwicklung – würde er verantwortungsvoll genutzt.
Um diese wirtschaftliche Entwicklung zu erreichen, sind glaubwürdige und faire Wahlen unabdingbar. Diese Notwendigkeit besteht nicht nur im Land selbst, sondern ist auch auf der internationalen Bühne von Bedeutung. Die Aussicht auf eine Wiederaufnahme Simbabwes in den Commonwealth hängt von der Durchführung freier und fairer Wahlen ab. Darüber hinaus könnten solche Wahlen zu einer Lockerung der Sanktionen beitragen, die das Wachstum und das globale Engagement des Landes bislang behindern.
Der Weg zu glaubwürdigen Wahlen am 23. August ist jedoch mit Hindernissen gespickt. Die Regierungspartei Zanu PF hat die staatlichen Institutionen nach wie vor fest im Griff und nutzt diese zur Benachteiligung der Kandidaten der Opposition. Der Ausschluss potenzieller Kandidaten wie Douglas Mwonzora und Saviour Kasukuwere stellt die Fairness des Wahlprozesses in Frage. Mwonzora begründete seinen Rückzug aus dem Rennen mit “unfairen Wahlbedingungen, voreingenommenen Gerichten und geheimen Absprachen” zwischen Staat und Regierungspartei. Kasukuwere wurde von der Präsidentschaftskandidatur ausgeschlossen, weil er sich mehr als 18 Monate im Ausland aufgehalten hatte.
Der tragische Tod eines Anhängers der Opposition bei Zusammenstößen mit Unterstützern der Regierungspartei verdeutlicht die Volatilität dieser Wahlen. Die Regierungspartei versucht indes weiterhin, mit der Verteilung von Nahrungsmitteln Stimmen zu gewinnen. Inmitten dieser Dynamik kristallisiert sich Nelson Chamisa als Hauptanwärter der Opposition heraus. Trotz aller Widrigkeiten ist er fest entschlossen, Präsident Emmerson Mnangagwa herauszufordern.
Kurz vor dem 23. August hält das südliche Afrika den Atem an und hofft auf einen friedlichen und glaubwürdigen Verlauf der Wahlen in Simbabwe. Der Ausgang dieser Wahlen hat weitreichende Folgen, nicht nur für Simbabwe selbst, sondern auch für die Stabilität, die Zusammenarbeit und die wirtschaftlichen Aussichten in der gesamten Region. Die Augen der Afrikanischen Union, der Comesa und der Weltgemeinschaft sind auf diesen entscheidenden Moment gerichtet, in dem die Menschen in Simbabwe im Streben nach einer besseren Zukunft ihre Stimme abgeben.
Farayi Machamire ist Journalist aus Simbabwe. Derzeit arbeitet er über die Internationalen Journalisten-Programme (IJP) in der Redaktion von Table.Media in Berlin.
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Der britisch-australische Rohstoffkonzern Rio Tinto hat eine Vereinbarung über ein Joint Venture zur erstmaligen Exploration und Erschließung von Lithium in Ruanda unterzeichnet. Es geht um das potenzielle Abbaugebiet HCK, etwa 65 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Kigali. Auf einer Fläche von 2750 Hektar wurden bei Erkundungen 19 vielversprechende Pegmatitzonen mit seltenen Metallen identifiziert, etwa Lithium, Caesium und Tantal.
Rio Tinto hat die Option, 7,5 Millionen Dollar in zwei Stufen zu investieren, um eine Beteiligung von bis zu 75 Prozent an der Lizenz zu erwerben. Partner des Unternehmens sind die an der Londoner Börse gelistete Aterian Plc sowie die in Ruanda registrierte Kinunga Mining Ltd, die die Lizenz für den Standort HCK hält. Aterian hält 70 Prozent an Kinunga, die restlichen 30 Prozent werden von der ruandischen HCK Mining Company gehalten. Neben der Beteiligung am Standort HCK hat Rio Tinto außerdem die Option, in Aterians andere Projekte in Ruanda einzusteigen. Aterian hält zwei weitere potenzielle Abbaugebiete für Tantal in Ruanda – unmittelbar neben dem Standort HCK, sowie im Westen des Landes.
Yamina Karitanyi, Vorsitzende der Aufsichtsbehörde Rwanda Mines, Petroleum and Gas Board (RMB), begrüßte die Entwicklung. Das Joint Venture sei wichtig, da es Investitionen auf die wichtigsten Phasen der Exploration und damit das Rückgrat eines florierenden Bergbausektors konzentriere. “Wir ermutigen zu weiteren ähnlichen Projekten. Damit können wir einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfungskette bei kritischen Mineralien leisten”, so Karitanyi.
Ruandas Bergbausektor war bislang vor allem für den Abbau von Tantal, Zinn und Wolfram bekannt. Im Jahr 2018 rief die ruandische Regierung Investoren dazu auf, in die Exploration und Verarbeitung von Lithium zu investieren, um das Land als Standort für Bergbauinvestitionen zu positionieren. Im Mai 2022 fusionierte die ruandische Regierung drei bestehende Bergbauunternehmen zur Trinity Metals Ltd, an der der Staat nun Anteile hält. Trinity baut bislang vor allem Tantal, Zinn und Wolfram ab, will aber künftig auch auf Lithium setzen. In Ruanda sind bisher sechs Gebiete mit Lithiumvorkommen identifiziert worden.
Der Bergbau ist nach dem Tourismus der exportstärkste Sektor der ruandischen Wirtschaft. Ruanda setzt darauf, durch lokale Verarbeitung mehr Wertschöpfung im eigenen Land zu halten. Neben einer bestehenden Raffinerie für Gold, einer Zinnschmelze und einer Kobaltraffinerie, die auch Tantal verarbeitet, plant Ruanda nun auch den Bau einer Lithiumraffinerie. ajs
Der staatliche chinesische Rüstungskonzern Norinco hat in der senegalesischen Hauptstadt Dakar eine Verkaufsniederlassung eingerichtet. China North Industries Corporation, kurz Norinco, gehört zu den führenden Akteuren in China, vor allem bei landgestützten Waffensystemen. Die neue Außenstelle ist Teil der Strategie des Konzerns, seine Aktivitäten in Westafrika auszuweiten. Norinco unterhält bereits Regionalbüros in Nigeria, Angola sowie Südafrika. Weitere Außenstellen in Westafrika sind geplant.
Die Bemühungen Norincos, seine Präsenz in Westafrika zu verstärken, sind ein Zeichen für den wachsenden militärischen Einfluss Chinas in der Region. Die Verkaufsniederlassung in Dakar wird den Einfluss von Norinco in Westafrika verstärken und möglicherweise zu Veränderungen in der Sicherheitsdynamik der Region führen. China behauptet sich damit als ernstzunehmender Konkurrent auf dem westafrikanischen Waffenmarkt.
Die Expansion von Norinco in Westafrika wird von einigen Ländern der Region unterstützt, die ihre Beschaffungsquellen für Waffen diversifizieren wollen. Andere Länder sehen jedoch die Eskalation der chinesischen militärischen Präsenz in der Region mit Sorge.
Senegal hat von Norinco bereits gepanzerte Fahrzeuge für seine Gendarmerie gekauft. Auch die Ausstattung der senegalesischen Forstwächter mit leichten Waffen und Munition durch Norinco ist im Gespräch. Das Unternehmen ist bereits ein wichtiger Waffenlieferant für Länder wie Algerien, Nigeria und Angola. Zuletzt hatte der Rüstungskonzern auch Gabun, Tansania und Mali beliefert. ajs
Die staatliche Förderbank KfW hat Verträge mit Südafrika und Senegal über die Förderung der lokalen Impfstoffproduktion geschlossen. Beide Länder werden je 20 Millionen Euro erhalten. Insgesamt unterstützt die Bundesregierung den Aufbau der Impfstoff- und Pharmaproduktion auf dem afrikanischen Kontinent mit rund 550 Millionen Euro.
Der Zuschuss für Südafrika soll für die Modernisierung der Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur für Impfstoffe sowie die Stärkung der Arzneimittelaufsicht genutzt werden. Zwei Pilotanlagen werden eingerichtet – eine für mRNA-Impfstoffe und eine für nicht-mRNA-Impfstoffe. Des weiteren sollen medizinische Ausrüstung und Geräte zur Modernisierung der Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur beschafft werden. Eine Unterstützung des von der WHO im April in Kapstadt eingerichteten mRNA-Forschungszentrums ist im Gespräch. Vertragspartner der KfW in Südafrika sind das Wissenschafts- und Innovationsministerium sowie der halbstaatliche South African Medical Research Council.
Mit dem senegalesischen Ministerium für Wirtschaft, Planung und Zusammenarbeit hat die KfW einen Finanzierungsvertrag unterzeichnet. Ziel ist es, wesentliche Reformen im senegalesischen Pharmasektor zu unterstützen:
Die Bestrebungen Senegals betten sich in eine regionale Agenda der Afrikanischen Union (AU) ein. Mit der im April 2021 ins Leben gerufenen Partnership for African Vaccine Manufacturing (PAVM) verfolgen die Africa Centres for Disease Control der AU das Ziel, 60 Prozent der in Afrika benötigten Impfstoffe auf dem Kontinent selbst zu produzieren. Die Zielvorgabe soll bis 2040 erreicht werden. Aktuell werden in Afrika nur ein Prozent der benötigten Impfstoffe lokal hergestellt. Vom globalen Impfstoffangebot werden lediglich etwa 0,1 Prozent in Afrika produziert. ajs
Die Weltbank hat die Finanzierung von neuen Projekten in Uganda ausgesetzt. Das multilaterale Kreditinstitut begründet den Schritt mit den Menschenrechtsverstößen im Rahmen des kürzlich verabschiedeten Anti-LGBTQ-Gesetzes. “Ugandas Anti-Homosexuality Act widerspricht grundlegend den Werten der Weltbankgruppe”, so die Weltbank in einem Statement. “Wir glauben, dass unsere Vision, die Armut auf einem lebenswerten Planeten zu beseitigen, nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie alle Menschen unabhängig von ihrer Rasse, ihrem Geschlecht oder ihrer Sexualität einschließt. Dieses Gesetz untergräbt diese Bemühungen.” Die Bank werde neue Finanzierungen aussetzen, bis sie zusätzliche Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung bei von ihr finanzierten Projekten auf ihre Wirksamkeit überprüft habe.
Zu den bisherigen Engagements der Weltbank in Uganda zählen unter anderem 170 Millionen Dollar für Investitionen und Beratungsdienste, die über den privaten Kreditvergabearm der Bank International Finance Corporation (IFC) bereitgestellt wurden. Im Rahmen der Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA) hatte die Weltbank Ende letzten Jahres eine Bruttoexposition von knapp 464 Millionen Dollar in Uganda. Zu den kürzlich über die International Development Association (IDA) bewilligten Mitteln zählen 566 Millionen Dollar für ein Stadtentwicklungsprogramm, knapp 355 Millionen für ein Klima- und Landwirtschaftsprojekt sowie 217 Millionen zur Unterstützung von durch Frauen geführten Unternehmen. Insgesamt hat die Weltbank über die IDA bis zum Jahresende 2022 rund 5,4 Milliarden für Uganda bereitgestellt. Die Entscheidung der Bank, vorerst keine neuen Mittel aufzulegen, gefährdet damit den Plan Ugandas, seine Wirtschaft zu transformieren und bis 2040 ein Land mit mittlerem Einkommen zu werden.
Ugandas Präsident Yoweri Museveni kritisierte die Entscheidung der Weltbank und gab sich unnachgiebig. Sein Land werde sich dem Druck von außen nicht beugen, so der Präsident in einem Statement. Uganda werde weniger Kredite aufnehmen. Sollte das Land dennoch Kredite benötigen, könne es auch andere Quellen anzapfen, so Museveni. Die Ölförderung, die bis 2025 anlaufen soll, werde zusätzliche Einnahmen bringen.
Das ugandische Gesetz, das international heftig kritisiert wurde, kriminalisiert etwa das Vermieten von Wohnraum an Homosexuelle. Auf die “Förderung von Homosexualität” steht eine Gefängnisstrafe von 20 Jahren. Wer gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr hat, muss mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen, in einigen Fällen sogar mit der Todesstrafe.
In Afrika sind LGBTQ-Rechte umstritten. Einige Länder haben zuletzt gleichgeschlechtliche Beziehungen entkriminalisiert, etwa Angola, Botswana, Mosambik und die Seychellen. Südafrika ist das einzige Land, in dem homosexuelle Paare heiraten können. In Ghana hingegen wird derzeit ein Anti-LGBTQ-Gesetz im Parlament bearbeitet, in Kenia wurde ein ähnliches Gesetz vorgeschlagen. Äthiopische Behörden durchsuchen dieser Tage Hotels auf der Suche nach “homosexuellen Handlungen”. In Mauretanien und Teilen Nigerias gilt sogar die Todesstrafe für gleichgeschlechtlichen Sex.
Neben der schwerwiegenden Missachtung der Menschenrechte haben Anti-LGBTQ-Gesetze auch negative Auswirkungen auf die Wirtschaft, etwa auf den Tourismus. Laut einem Report der Initiative Open for Business aus dem Jahr 2019 entgehen der kenianischen Wirtschaft aufgrund der repressiven Gesetzgebung jährlich bis zu 1,3 Milliarden Dollar. 102 Millionen davon entfallen auf die Tourismusbranche. Die englischsprachigen karibischen Inseln verlieren jährlich sogar 4,2 Milliarden, wie aus einem Open for Business-Report aus dem Jahr 2021 hervorgeht. Davon entfallen allein 689 Millionen auf den Tourismus. ajs
Nach dem blutigen Bürgerkrieg in Tigray wendet sich Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed nun gegen die Amharen und richtet unter ihnen mithilfe der Armee, Militärflugzeugen und Drohnen ein wahres Massaker an. Das Mindeste was der der Westen jetzt tun sollte, ist das Eingeständnis, sich in Abiy getäuscht zu haben. Er ist nicht der Reformpolitiker, der Äthiopien in eine neue, friedliche Zeit führen wird. Auch sollte der Westen erkennen, dass es voreilig war, ihm 2019 gleich nach Beginn seiner ersten Amtszeit den Friedensnobelpreis zu verleihen.
In Europa, auch in Deutschland, wird häufig so getan, als seien die ethnischen Konflikte in Äthiopien etwas Unvermeidliches, ja sogar etwas typisch Afrikanisches. Das ist mitnichten der Fall. Auch Afrikaner ziehen den Frieden dem Krieg vor. Die afrikanischen Ethnien leben zum Großteil sehr friedlich beieinander. Äthiopien zählt mehr als 90 ethnische Gruppen. Die großen unter ihnen sind die Amharen und die Oromo. Auch leben in Äthiopien äthiopisch-orthodoxe Christen, Muslime und Juden seit Jahrhunderten miteinander in friedlicher Koexistenz. Gleich aus welcher Ethnie die Äthiopier stammen, es eint sie das Gefühl, dass sie alle zum äthiopischen Volk gehören.
Ich selbst lebe mit einer dreifachen Identität: Ich fühle mich als Amhare, als Äthiopier und natürlich auch als Afrikaner. Zudem verschwinden die ethnischen Grenzen, da Äthiopier zunehmend Angehörige einer anderen Ethnie heiraten und Familien gründen. Auch der letzte äthiopische Kaiser, mein Großonkel Haile Selassie, war nur zu einem Drittel Amhare.
Woher kommt also diese Gewalt in Äthiopien, die soviel Leid über das Land bringt? Im Bürgerkrieg gegen die Tigray hatte sich die Regierung Abiy noch mit den Amharen, auf deren Territorium sich die meisten Kriegsschauplätze befanden, verbündet, um gemeinsam die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) niederzuwerfen. Dieser Krieg war schrecklich und kostete Hunderttausende Menschen das Leben.
Nun wendet sich Abiy gegen seine Verbündeten und massakriert seit dem 7. August Zivilisten in Amhara. Die Vorstöße der äthiopischen Armee, die mehr als 130.000 aktive Soldaten, mehr als 450 Kampfpanzer und eine schlagkräftige Luftwaffe zählt, richten sich offiziell nicht nur gegen die Fano, eine Miliz der Amharen, sondern auch gegen die zivile Bevölkerung dieser Region.
Besonders betroffen von Drohnen- und Bomben-Anschlägen sind die Städte Debre Birhan, Gondar und Finote Selam. Dabei nutzt die Armee unter Verletzung sämtlicher internationaler Konventionen Flugzeuge der zivilen Fluggesellschaft Ethiopian Airlines zum Transport von Truppen und Waffen nach Bahir Dar, der Hauptstadt des Bundesstaates Amhara.
Die Ursache dieser Konflikte liegt in ethnischen Spaltungen. Abiy selbst lässt seine Herkunft weitgehend im Ungewissen. Sein Vater ist wohl Angehöriger der muslimischen Oromo, seine Mutter vermutlich christliche Amharin. Abiy selbst gehört der pfingstkirchlichen “Ethiopian Full Gospel Church” an. Das alles sollte zweitrangig sein. Doch Abiy betreibt eine Politik, die zum Ziel hat, die Oromo zulasten aller anderen Ethnien zur herrschenden Volksgruppe zu machen.
Ich appelliere an die internationale Staatengemeinschaft, das Massaker an den Amharen zu verurteilen und auf die Regierung Abiy einzuwirken, damit dieses sinnlose Töten unverzüglich beendet wird.
Die entscheidende Frage ist nur: Wie lässt sich dieser Konflikt langfristig überwinden? Die Wurzeln der Blutbäder in Tigray und Amhara reichen tief. Sie liegen in der äthiopischen Verfassung, die vor dreißig Jahren die sozialistische TPLF-Regierung an die Verfassung der UdSSR angelehnt hatte. Und so schreibt Artikel 39 auch in Äthiopien das Recht für jeden Bundesstaat fest, aus der Föderation Äthiopien auszutreten. Der Föderalstaat Äthiopien basiert auf den Ethnien und spaltet auf diese Weise das Land. Die ethnozentrische Verfassung von Äthiopien ist die Wurzel allen Übels im Land. Sie führt dazu, dass das Land stets nur von einer Ethnie dominiert wird. Auf die Hegemonie der Tigray folgte 2018 mit der Wahl Abiys die Hegemonie der Oromo.
Äthiopien braucht eine neue Verfassung. Diese kann nur föderal sein und sollte sowohl die Religionsfreiheit wie auch die Zugehörigkeit zu einer Ethnie anerkennen und respektieren. Aber sie darf nicht mehr dazu führen, so wie heute, dass eine Ethnie qua Verfassung über alle anderen herrschen und diese nach Belieben unterdrücken darf. Nur eine demokratische Föderation wie in Nigeria oder Indien kann die bisherige ethnische Hegemonialordnung überwinden.
Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate ist ein Mitglied der kaiserlichen Familie von Äthiopien und Autor mehrerer Bestseller. Seine Lebenserinnerungen erschienen unter dem Titel “Ein Prinz aus dem Hause David”. Er ist nun auch Europa-Repräsentant der vor kurzem gegründeten Amhara-Volksfront.
The Intercept: Mindestens fünf Mitglieder von Nigers Militärjunta von USA ausgebildet. Die USA haben mindestens fünf Mitglieder der nigrischen Junta militärisch ausgebildet. Dies ist nur das jüngste Beispiel für die Beteiligung von durch die USA ausgebildeten Offizieren an Militärputschen. Allein in Westafrika waren solche Militärs seit 2008 an elf Staatsstreichen beteiligt.
Foreign Policy: Warum Wagner Afrika nicht verlassen wird. Die Söldnertruppe ist ein Produkt des Systems, das Putin aufgebaut hat. Er kann sie nicht auflösen, ohne den weltweiten Einfluss Moskaus zu untergraben. In Afrika brauche der russische Staat die Söldner mehr als Wagner den Staat braucht, schreiben ein ehemaliger Wagner-Kommandeur und ein Experte.
Bloomberg: Südafrika und China vertiefen Handelsbeziehungen. Während eines Besuchs des chinesischen Handelsministers Wang Wentao schlossen Unternehmen aus Südafrika Handelsverträge im Wert von knapp 2,2 Milliarden Dollar ab. Anglo American Platinum, Glencore, Sappi und Pioneer Fishing waren unter den südafrikanischen Unternehmen, die an dem Treffen mit 50 chinesischen Konzernen teilnahmen.
Bloomberg: JETP-Auszahlungen an Südafrika verzögern sich weiter. Die südafrikanische Regierung braucht weitere zwei bis drei Monate, um einen Plan zur Umsetzung der Energiewende fertigzustellen. Dadurch verspätet sich der Geldfluss aus der 8,5 Milliarden Dollar schweren Just Energy Transition Partnership mit einigen der reichsten Länder der Welt.
Business Insider: Mastercard schlägt Wellen in der afrikanischen Fintech-Branche. Der Zahlungsdienstleister hat für 5,2 Milliarden Dollar eine Beteiligung von zehn Prozent an der Fintech-Tochtergesellschaft des südafrikanischen Telekommunikationsunternehmens MTN erworben. Dieser Schritt hat einen bemerkenswerten Anstieg der MTN-Aktie ausgelöst, was die Bedeutung der Zusammenarbeit unterstreicht.
Reuters: Zuversicht über Ghanas erste Lithiummine. Das australische Bergbauunternehmen Atlantic Lithium ist in Gesprächen mit der ghanaischen Mineralienkommission. Der Konzern ist optimistisch, eine Lizenz zum Betrieb der ersten Lithiummine des Landes zu erhalten.
Financial Times: Sambia setzt auf Revival im Kupferbergbau. Nach einem Staatsbankrott im Jahr 2020, vermurksten Verstaatlichungen und einem Investitionsstau in den Minen unter seinem Vorgänger will Präsident Hakainde Hichilema die sambische Kupferproduktion bis 2032 mehr als verdreifachen. Unterstützung kommt von einigen der mächtigsten Risikokapitalgeber der Welt.
Reuters: China renoviert Eisenbahn in Uganda. Die China Bridge and Road Corporation wird einen alten Streckenabschnitt zwischen der kenianischen Grenze und der Stadt Gulu im Norden Ugandas sanieren. Der anvisierte Ausbau des ugandischen Schienennetzes auf Normalspur stockt jedoch weiterhin.
Semafor: Betrüger in Malawi – Die dunkle Seite mobiler Bezahlsysteme. Malawier verlieren jeden Monat rund 117.000 Dollar an professionelle Betrüger. Die nutzen Schwachstellen im mobilen Geldsystem und haben dafür ein beeindruckendes Netzwerk aufgebaut.
Foreign Affairs: Künstliche Intelligenz für den globalen Süden. Die transformativsten KI-Anwendungen in den Entwicklungsländern werden wahrscheinlich nicht jene sein, die Menschen ersetzen, sondern die, die ihnen neue Möglichkeiten eröffnen. Großes Potenzial bieten etwa Kreditvergabe, Gesundheit und Bildung.
Als die Politologin Melanie Müller ihre Forschung zur Klimakonferenz 2011 in Südafrika begann, galt in Fachkreisen: Afrika hat andere Probleme als das Klima. Dabei wird die afrikanische Umweltbewegung oft unterschätzt. In Südafrika ist zum Beispiel das Recht auf eine saubere Umwelt in der Verfassung verankert.” Mit ihrer Promotion, die sie 2016 an der Freien Universität in Berlin abschloss, wurde Melanie Müller zur Afrika-Expertin. Heute arbeitet sie in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Ihre Spezialgebiete sind die Lieferkettenverantwortung afrikanischer Staaten südlich der Sahara und Rohstoff-Governance – das Zusammenspiel von Unternehmen, Initiativen und Regierungen bei der Gewinnung und dem Handel von Rohstoffen. Müller findet bei ihrer Arbeit immer wieder Mängel in der Zusammenarbeit zwischen globalem Norden und den afrikanischen Staaten. Das zeige sich zum Beispiel an Nachhaltigkeitsstandards, die Europa von afrikanischen Staaten fordert, die diese aber nicht ohne weiteres umsetzen können.
“Wir haben versäumt, Länder des globalen Südens frühzeitig in unsere Diskussionen über Nachhaltigkeit und Handel einzubinden”, sagt sie. Das ist auch für Lieferketten nach Deutschland relevant. Werden die Standards zu hoch, als dass sie von den Ursprungsländern überwacht werden können, erschwert das den Export zu uns.
In ihrer Forschung zu Rohstofflieferketten entdeckt Müller Parallelen zur deutschen Energiewende. In der südafrikanischen Region Mpumalanga sind Menschen und Industrie genauso abhängig vom Kohleabbau wie es in Nordrhein-Westfalen lange der Fall war. “Die Menschen stellen sich dort die gleichen Fragen: Wie kann eine Transformation weg von der Kohle klappen und gleichzeitig neue Arbeitsplätze geschaffen werden?”, sagt Müller. Der Unterschied zwischen Deutschland und Südafrika bestehe darin, dass diese Fragen durch eine höhere Arbeitslosenquote dort noch härter umkämpft seien.
Trotz internationaler Leitlinien der OECD, freiwilliger Initiativen und Zertifizierungen ist im Bergbau das Risiko nach wie vor groß, dass Nachhaltigkeitsprinzipien oder Menschenrechte verletzt werden, allein schon weil er tiefgreifende Eingriffe in die Natur mit sich bringt und die Arbeit oft hart ist. “Der dreckigste Teil bei Lieferketten von Metallen ist der Abbau – der findet meist im globalen Süden statt”, so Müller.
Die Risiken lassen sich durch kontinuierliche, staatliche Kontrollen der Sicherheits- und Arbeitsbedingungen aber minimieren. Nachhaltige Lieferketten könnten zudem den Anreiz schaffen, auch den Abbau von Rohstoffen ökologisch verträglich zu gestalten. Das kann durchaus geschäftsfördernd sein, denn wer Bodenschätze möglichst sozial- und umweltverträglich abbaut, ist für internationale Handelspartner attraktiver.
Um Staaten wie Südafrika zu fördern, müssten Lieferketten verkürzt werden. Dafür müsste allerdings die Weiterverarbeitung von Rohstoffen vor Ort gefördert werden. “So könnten afrikanische Länder nicht nur den Rohstoff abbauen, sondern auch solche weiterverarbeiteten Produkte auf dem globalen Markt anbieten”, sagt Müller. Das Problem: Dieser Ausbau kostet Geld. Chinesische Unternehmen investieren bereits seit Jahren in afrikanische Transformationsvorhaben.
Nach zögerlichen Investments Europas ist der Konkurrenzdruck inzwischen hoch. Doch Müller sieht weiterhin Chancen für europäische Investoren. “Bei afrikanischen Bergbaumessen erlebe ich immer wieder: Die Nachfrage nach europäischem Know-How und europäischer Qualität ist groß.” Svenja Schlicht
mit Spannung schaut die westliche Welt auf den kommende Woche beginnenden Gipfel der BRICS-Staaten in Johannesburg. Was 2009 als loser Zusammenschluss von Schwellenländern galt – mit Ausnahme Russlands -, hat sich zu einer weltwirtschaftlich potenten Gruppe entwickelt, die das Zeug dazu hat, Wirtschaft wie Geopolitik massiv zu beeinflussen. Und die Organisation ist attraktiv für mehr als zwei Dutzend weitere Staaten, die dabei sein wollen. Andreas Sieren analysiert die Lage wenige Tage vor Konferenzbeginn.
Während sich der Pulverdampf des Putsches im Niger langsam lichtet, stehen in Simbabwe Wahlen an, die für Stabilität, Sicherheit und Wohlergehen im südlichen Afrika von großer Bedeutung sind. Unser Gastautor Farayi Machamire, der selbst aus Simbabwe stammt und zur Zeit in der Redaktion von Africa.Table arbeitet, beleuchtet die Situation gut eine Woche vor den Wahlen.
Unter den Nachrichten dieser Ausgabe sticht eine besonders hervor: Der staatliche chinesische Rüstungskonzern Norinco hat in der senegalesischen Hauptstadt Dakar eine Verkaufsniederlassung eingerichtet. Ein deutliches Zeichen für wachsenden militärischen Einfluss in der Region. China behauptet sich als ernstzunehmender Konkurrent auf dem westafrikanischen Waffenmarkt.
Wenn Ihnen der Africa.Table gefällt, leiten Sie uns bitte weiter. Und falls Ihnen diese Mail selbst weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich für den Africa.Table und weitere Themen anmelden.
China hat große wirtschaftliche Interessen in der Sahelzone, die über enorme Vorkommen an Uran, Gold, Eisenerz, Mangan, Öl und vielen anderen Rohstoffen verfügt. Deshalb hat das Land sehr stark in der Region investiert, unter anderem in den Abbau von Lithium in Mali, die industrielle Fischerei in Mauretanien und die Petroleum-Industrie im Tschad.
In Niger ist China der zweitgrößte Investor nach Frankreich, was sich aber bald ändern könnte. Zwei Infrastrukturprojekte, die die Chinesen derzeit durchführen, stechen heraus: Das Kandadji-Wasserkraftwerk am Niger-Fluss, 180 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Niamey, und die 2000 Kilometer lange Pipeline, die Nigers Agadem-Ölfeld mit dem Hafen Cotonou in Benin am Golf von Guinea verbindet und Erdöl an die Exportmärkte bringen soll. China hat Niger, eines der ärmsten Länder der Welt, zu einem Ölförderland gemacht.
Die China Gezhouba Group musste die Bauarbeiten am 728 Millionen Euro teuren Damm vergangene Woche einstellen, da wegen der vom Westen unterstützten Sanktionen kein Geld mehr fließt. Das Wasserkraftwerk soll eine Kapazität von 130 Megawatt haben, für eine bessere Bewässerung der Felder sorgen und damit die Lebensmittelsicherheit erhöhen.
Der Bau der Ölpipeline, das größte Investitionsprojekt in Niger seit der Unabhängigkeit von Frankreich 1960, geht vorerst weiter. Sie soll einmal Afrikas längste Pipeline werden und den Ölexport Nigers verfünffachen. Das erste Öl soll noch vor Ende 2023 fließen und in Zukunft bis zu einem Viertel des BIP sowie die Hälfte der Steuereinnahmen von Niger ausmachen, also lebenswichtige Einnahmen für das Land.
Der Putsch in Niger wird ohne Zweifel das Gefüge in der globalen Weltordnung weiter in Richtung BRICS verschieben und die Machtposition des Westens schwächen. Das wird auch Thema des 15. BRICS-Gipfels sein, der in wenigen Tagen in Johannesburg stattfindet. Die Genugtuung über diesen weiteren Bedeutungszuwachs dürfte in dieser Gruppe überwiegen.
Im Vorfeld machte die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor deutlich, dass BRICS nicht als anti-westlicher und pro-russischer oder chinesischer Block zu verstehen sei und die Frage der Aufnahme von neuen Mitgliedern ganz oben auf der Agenda stehe: “Der aktuelle geopolitische Kontext hat das Interesse an einer Mitgliedschaft in den BRICS-Staaten erneut geweckt, da Länder des globalen Südens nach Alternativen in einer multipolaren Welt suchen.”
Schon jetzt zählt BRICS 42 Prozent der globalen Bevölkerung, fast 30 Prozent der Landfläche, 27 Prozent des Bruttoinlandproduktes und rund 20 Prozent des internationalen Handels. Von den 23 Ländern, die einen Aufnahmeantrag gestellt haben, sind sechs aus Afrika: Ägypten, Algerien, Äthiopien, Marokko, Nigeria, und Senegal. Die letzteren drei haben dies jedoch noch nicht offiziell bestätigt. Die derzeitigen fünf BRICS-Mitglieder haben sich noch nicht auf Aufnahmekriterien geeinigt. China, Russland und Südafrika wird eine positive Haltung gegenüber neuen Kandidaten nachgesagt, Brasilien und Indien zeigen sich zurückhaltend.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der bereits im Juni sein Interesse an einer Teilnahme verkündet hatte, wurde nicht zum Gipfel eingeladen. Die Botschaft ist klar: Die aufsteigenden Länder brauchen Frankreich nicht mehr. Sie wollen ihre Probleme selbst lösen. In diese Richtung argumentiert auch die südafrikanische Außenministerin: “Wir planen den Gipfel mit konkreten, praktischen und umsetzbaren Plänen zur Stärkung der BRICS-Afrika-Partnerschaft. Es geht um die stärkere Einbeziehung des globalen Südens in die Vorteile der globalen Wirtschaftserholung und um eine veränderte globale Ordnung”.
Bei aller Ungewissheit um die weitere Entwicklung rund um das Putschland Niger ist eines gewiss: Die Bemühungen um eine diplomatischen Lösung laufen auf Hochtouren.
Unter Mitarbeit von Andreas Sieren und Lucia Weiß.
Während sich Simbabwe auf die Wahlen am 23. August vorbereitet, wartet das südliche Afrika gespannt. Die Verflechtung der Länder in diesem Teil des Kontinents zeigt sich besonders deutlich im Fall von Simbabwe, wo politische und wirtschaftliche Unruhen Migrationswellen ausgelöst haben, die die Nachbarländer auf tiefgreifende Weise beeinflussen.
Allein in Südafrika haben schätzungsweise 1,5 Millionen Simbabwer aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Unruhen in ihrem Heimatland Zuflucht und die Chance auf eine bessere Zukunft gesucht. Diese Migration stellt für die Länder des südlichen Afrikas eine doppelte Herausforderung dar. Einerseits haben sie damit zu kämpfen, eine so große Zahl von Neuankömmlingen in ihre Gesellschaft zu integrieren. Andererseits hat der Massenexodus der Simbabwer einen immensen Druck auf die Ressourcen und die Infrastruktur der Aufnahmeländer ausgeübt.
Die Dringlichkeit eines stabilen Simbabwe ist in den Ländern des südlichen Afrikas deutlich zu spüren. Das Streben nach Stabilität geht über humanitäre Belange hinaus; es ist ein entscheidendes Element für die regionale Zusammenarbeit, das Wirtschaftswachstum und den sozialen Fortschritt. Regionale Organisationen wie die Afrikanische Union (AU) und der Gemeinsame Markt für das östliche und südliche Afrika (Comesa) sind sich darüber im Klaren, dass ein stabiles Simbabwe von zentraler Bedeutung für die Förderung der Zusammenarbeit und Integration zwischen ihren Mitgliedstaaten ist. Die Ernennung des ehemaligen nigerianischen Präsidenten Goodluck Jonathan zum Leiter der gemeinsamen AU-Comesa-Beobachtermission für die Wahlen unterstreicht das regionale Engagement für Stabilität.
Trotz der wirtschaftlichen Rückschläge könnte Simbabwe florieren, wenn nur seine Ressourcen effektiv verwaltet würden. Die Erkenntnisse der Weltbank über das Potenzial Simbabwes zeichnen das Bild einer Nation mit ungenutzten Rohstoffen und vielversprechendem Humankapital. Mineralischer Reichtum, einschließlich bedeutender Lithium- und Goldreserven, ist ein potenzieller Katalysator für die wirtschaftliche Entwicklung – würde er verantwortungsvoll genutzt.
Um diese wirtschaftliche Entwicklung zu erreichen, sind glaubwürdige und faire Wahlen unabdingbar. Diese Notwendigkeit besteht nicht nur im Land selbst, sondern ist auch auf der internationalen Bühne von Bedeutung. Die Aussicht auf eine Wiederaufnahme Simbabwes in den Commonwealth hängt von der Durchführung freier und fairer Wahlen ab. Darüber hinaus könnten solche Wahlen zu einer Lockerung der Sanktionen beitragen, die das Wachstum und das globale Engagement des Landes bislang behindern.
Der Weg zu glaubwürdigen Wahlen am 23. August ist jedoch mit Hindernissen gespickt. Die Regierungspartei Zanu PF hat die staatlichen Institutionen nach wie vor fest im Griff und nutzt diese zur Benachteiligung der Kandidaten der Opposition. Der Ausschluss potenzieller Kandidaten wie Douglas Mwonzora und Saviour Kasukuwere stellt die Fairness des Wahlprozesses in Frage. Mwonzora begründete seinen Rückzug aus dem Rennen mit “unfairen Wahlbedingungen, voreingenommenen Gerichten und geheimen Absprachen” zwischen Staat und Regierungspartei. Kasukuwere wurde von der Präsidentschaftskandidatur ausgeschlossen, weil er sich mehr als 18 Monate im Ausland aufgehalten hatte.
Der tragische Tod eines Anhängers der Opposition bei Zusammenstößen mit Unterstützern der Regierungspartei verdeutlicht die Volatilität dieser Wahlen. Die Regierungspartei versucht indes weiterhin, mit der Verteilung von Nahrungsmitteln Stimmen zu gewinnen. Inmitten dieser Dynamik kristallisiert sich Nelson Chamisa als Hauptanwärter der Opposition heraus. Trotz aller Widrigkeiten ist er fest entschlossen, Präsident Emmerson Mnangagwa herauszufordern.
Kurz vor dem 23. August hält das südliche Afrika den Atem an und hofft auf einen friedlichen und glaubwürdigen Verlauf der Wahlen in Simbabwe. Der Ausgang dieser Wahlen hat weitreichende Folgen, nicht nur für Simbabwe selbst, sondern auch für die Stabilität, die Zusammenarbeit und die wirtschaftlichen Aussichten in der gesamten Region. Die Augen der Afrikanischen Union, der Comesa und der Weltgemeinschaft sind auf diesen entscheidenden Moment gerichtet, in dem die Menschen in Simbabwe im Streben nach einer besseren Zukunft ihre Stimme abgeben.
Farayi Machamire ist Journalist aus Simbabwe. Derzeit arbeitet er über die Internationalen Journalisten-Programme (IJP) in der Redaktion von Table.Media in Berlin.
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Der britisch-australische Rohstoffkonzern Rio Tinto hat eine Vereinbarung über ein Joint Venture zur erstmaligen Exploration und Erschließung von Lithium in Ruanda unterzeichnet. Es geht um das potenzielle Abbaugebiet HCK, etwa 65 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Kigali. Auf einer Fläche von 2750 Hektar wurden bei Erkundungen 19 vielversprechende Pegmatitzonen mit seltenen Metallen identifiziert, etwa Lithium, Caesium und Tantal.
Rio Tinto hat die Option, 7,5 Millionen Dollar in zwei Stufen zu investieren, um eine Beteiligung von bis zu 75 Prozent an der Lizenz zu erwerben. Partner des Unternehmens sind die an der Londoner Börse gelistete Aterian Plc sowie die in Ruanda registrierte Kinunga Mining Ltd, die die Lizenz für den Standort HCK hält. Aterian hält 70 Prozent an Kinunga, die restlichen 30 Prozent werden von der ruandischen HCK Mining Company gehalten. Neben der Beteiligung am Standort HCK hat Rio Tinto außerdem die Option, in Aterians andere Projekte in Ruanda einzusteigen. Aterian hält zwei weitere potenzielle Abbaugebiete für Tantal in Ruanda – unmittelbar neben dem Standort HCK, sowie im Westen des Landes.
Yamina Karitanyi, Vorsitzende der Aufsichtsbehörde Rwanda Mines, Petroleum and Gas Board (RMB), begrüßte die Entwicklung. Das Joint Venture sei wichtig, da es Investitionen auf die wichtigsten Phasen der Exploration und damit das Rückgrat eines florierenden Bergbausektors konzentriere. “Wir ermutigen zu weiteren ähnlichen Projekten. Damit können wir einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfungskette bei kritischen Mineralien leisten”, so Karitanyi.
Ruandas Bergbausektor war bislang vor allem für den Abbau von Tantal, Zinn und Wolfram bekannt. Im Jahr 2018 rief die ruandische Regierung Investoren dazu auf, in die Exploration und Verarbeitung von Lithium zu investieren, um das Land als Standort für Bergbauinvestitionen zu positionieren. Im Mai 2022 fusionierte die ruandische Regierung drei bestehende Bergbauunternehmen zur Trinity Metals Ltd, an der der Staat nun Anteile hält. Trinity baut bislang vor allem Tantal, Zinn und Wolfram ab, will aber künftig auch auf Lithium setzen. In Ruanda sind bisher sechs Gebiete mit Lithiumvorkommen identifiziert worden.
Der Bergbau ist nach dem Tourismus der exportstärkste Sektor der ruandischen Wirtschaft. Ruanda setzt darauf, durch lokale Verarbeitung mehr Wertschöpfung im eigenen Land zu halten. Neben einer bestehenden Raffinerie für Gold, einer Zinnschmelze und einer Kobaltraffinerie, die auch Tantal verarbeitet, plant Ruanda nun auch den Bau einer Lithiumraffinerie. ajs
Der staatliche chinesische Rüstungskonzern Norinco hat in der senegalesischen Hauptstadt Dakar eine Verkaufsniederlassung eingerichtet. China North Industries Corporation, kurz Norinco, gehört zu den führenden Akteuren in China, vor allem bei landgestützten Waffensystemen. Die neue Außenstelle ist Teil der Strategie des Konzerns, seine Aktivitäten in Westafrika auszuweiten. Norinco unterhält bereits Regionalbüros in Nigeria, Angola sowie Südafrika. Weitere Außenstellen in Westafrika sind geplant.
Die Bemühungen Norincos, seine Präsenz in Westafrika zu verstärken, sind ein Zeichen für den wachsenden militärischen Einfluss Chinas in der Region. Die Verkaufsniederlassung in Dakar wird den Einfluss von Norinco in Westafrika verstärken und möglicherweise zu Veränderungen in der Sicherheitsdynamik der Region führen. China behauptet sich damit als ernstzunehmender Konkurrent auf dem westafrikanischen Waffenmarkt.
Die Expansion von Norinco in Westafrika wird von einigen Ländern der Region unterstützt, die ihre Beschaffungsquellen für Waffen diversifizieren wollen. Andere Länder sehen jedoch die Eskalation der chinesischen militärischen Präsenz in der Region mit Sorge.
Senegal hat von Norinco bereits gepanzerte Fahrzeuge für seine Gendarmerie gekauft. Auch die Ausstattung der senegalesischen Forstwächter mit leichten Waffen und Munition durch Norinco ist im Gespräch. Das Unternehmen ist bereits ein wichtiger Waffenlieferant für Länder wie Algerien, Nigeria und Angola. Zuletzt hatte der Rüstungskonzern auch Gabun, Tansania und Mali beliefert. ajs
Die staatliche Förderbank KfW hat Verträge mit Südafrika und Senegal über die Förderung der lokalen Impfstoffproduktion geschlossen. Beide Länder werden je 20 Millionen Euro erhalten. Insgesamt unterstützt die Bundesregierung den Aufbau der Impfstoff- und Pharmaproduktion auf dem afrikanischen Kontinent mit rund 550 Millionen Euro.
Der Zuschuss für Südafrika soll für die Modernisierung der Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur für Impfstoffe sowie die Stärkung der Arzneimittelaufsicht genutzt werden. Zwei Pilotanlagen werden eingerichtet – eine für mRNA-Impfstoffe und eine für nicht-mRNA-Impfstoffe. Des weiteren sollen medizinische Ausrüstung und Geräte zur Modernisierung der Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur beschafft werden. Eine Unterstützung des von der WHO im April in Kapstadt eingerichteten mRNA-Forschungszentrums ist im Gespräch. Vertragspartner der KfW in Südafrika sind das Wissenschafts- und Innovationsministerium sowie der halbstaatliche South African Medical Research Council.
Mit dem senegalesischen Ministerium für Wirtschaft, Planung und Zusammenarbeit hat die KfW einen Finanzierungsvertrag unterzeichnet. Ziel ist es, wesentliche Reformen im senegalesischen Pharmasektor zu unterstützen:
Die Bestrebungen Senegals betten sich in eine regionale Agenda der Afrikanischen Union (AU) ein. Mit der im April 2021 ins Leben gerufenen Partnership for African Vaccine Manufacturing (PAVM) verfolgen die Africa Centres for Disease Control der AU das Ziel, 60 Prozent der in Afrika benötigten Impfstoffe auf dem Kontinent selbst zu produzieren. Die Zielvorgabe soll bis 2040 erreicht werden. Aktuell werden in Afrika nur ein Prozent der benötigten Impfstoffe lokal hergestellt. Vom globalen Impfstoffangebot werden lediglich etwa 0,1 Prozent in Afrika produziert. ajs
Die Weltbank hat die Finanzierung von neuen Projekten in Uganda ausgesetzt. Das multilaterale Kreditinstitut begründet den Schritt mit den Menschenrechtsverstößen im Rahmen des kürzlich verabschiedeten Anti-LGBTQ-Gesetzes. “Ugandas Anti-Homosexuality Act widerspricht grundlegend den Werten der Weltbankgruppe”, so die Weltbank in einem Statement. “Wir glauben, dass unsere Vision, die Armut auf einem lebenswerten Planeten zu beseitigen, nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie alle Menschen unabhängig von ihrer Rasse, ihrem Geschlecht oder ihrer Sexualität einschließt. Dieses Gesetz untergräbt diese Bemühungen.” Die Bank werde neue Finanzierungen aussetzen, bis sie zusätzliche Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung bei von ihr finanzierten Projekten auf ihre Wirksamkeit überprüft habe.
Zu den bisherigen Engagements der Weltbank in Uganda zählen unter anderem 170 Millionen Dollar für Investitionen und Beratungsdienste, die über den privaten Kreditvergabearm der Bank International Finance Corporation (IFC) bereitgestellt wurden. Im Rahmen der Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA) hatte die Weltbank Ende letzten Jahres eine Bruttoexposition von knapp 464 Millionen Dollar in Uganda. Zu den kürzlich über die International Development Association (IDA) bewilligten Mitteln zählen 566 Millionen Dollar für ein Stadtentwicklungsprogramm, knapp 355 Millionen für ein Klima- und Landwirtschaftsprojekt sowie 217 Millionen zur Unterstützung von durch Frauen geführten Unternehmen. Insgesamt hat die Weltbank über die IDA bis zum Jahresende 2022 rund 5,4 Milliarden für Uganda bereitgestellt. Die Entscheidung der Bank, vorerst keine neuen Mittel aufzulegen, gefährdet damit den Plan Ugandas, seine Wirtschaft zu transformieren und bis 2040 ein Land mit mittlerem Einkommen zu werden.
Ugandas Präsident Yoweri Museveni kritisierte die Entscheidung der Weltbank und gab sich unnachgiebig. Sein Land werde sich dem Druck von außen nicht beugen, so der Präsident in einem Statement. Uganda werde weniger Kredite aufnehmen. Sollte das Land dennoch Kredite benötigen, könne es auch andere Quellen anzapfen, so Museveni. Die Ölförderung, die bis 2025 anlaufen soll, werde zusätzliche Einnahmen bringen.
Das ugandische Gesetz, das international heftig kritisiert wurde, kriminalisiert etwa das Vermieten von Wohnraum an Homosexuelle. Auf die “Förderung von Homosexualität” steht eine Gefängnisstrafe von 20 Jahren. Wer gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr hat, muss mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen, in einigen Fällen sogar mit der Todesstrafe.
In Afrika sind LGBTQ-Rechte umstritten. Einige Länder haben zuletzt gleichgeschlechtliche Beziehungen entkriminalisiert, etwa Angola, Botswana, Mosambik und die Seychellen. Südafrika ist das einzige Land, in dem homosexuelle Paare heiraten können. In Ghana hingegen wird derzeit ein Anti-LGBTQ-Gesetz im Parlament bearbeitet, in Kenia wurde ein ähnliches Gesetz vorgeschlagen. Äthiopische Behörden durchsuchen dieser Tage Hotels auf der Suche nach “homosexuellen Handlungen”. In Mauretanien und Teilen Nigerias gilt sogar die Todesstrafe für gleichgeschlechtlichen Sex.
Neben der schwerwiegenden Missachtung der Menschenrechte haben Anti-LGBTQ-Gesetze auch negative Auswirkungen auf die Wirtschaft, etwa auf den Tourismus. Laut einem Report der Initiative Open for Business aus dem Jahr 2019 entgehen der kenianischen Wirtschaft aufgrund der repressiven Gesetzgebung jährlich bis zu 1,3 Milliarden Dollar. 102 Millionen davon entfallen auf die Tourismusbranche. Die englischsprachigen karibischen Inseln verlieren jährlich sogar 4,2 Milliarden, wie aus einem Open for Business-Report aus dem Jahr 2021 hervorgeht. Davon entfallen allein 689 Millionen auf den Tourismus. ajs
Nach dem blutigen Bürgerkrieg in Tigray wendet sich Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed nun gegen die Amharen und richtet unter ihnen mithilfe der Armee, Militärflugzeugen und Drohnen ein wahres Massaker an. Das Mindeste was der der Westen jetzt tun sollte, ist das Eingeständnis, sich in Abiy getäuscht zu haben. Er ist nicht der Reformpolitiker, der Äthiopien in eine neue, friedliche Zeit führen wird. Auch sollte der Westen erkennen, dass es voreilig war, ihm 2019 gleich nach Beginn seiner ersten Amtszeit den Friedensnobelpreis zu verleihen.
In Europa, auch in Deutschland, wird häufig so getan, als seien die ethnischen Konflikte in Äthiopien etwas Unvermeidliches, ja sogar etwas typisch Afrikanisches. Das ist mitnichten der Fall. Auch Afrikaner ziehen den Frieden dem Krieg vor. Die afrikanischen Ethnien leben zum Großteil sehr friedlich beieinander. Äthiopien zählt mehr als 90 ethnische Gruppen. Die großen unter ihnen sind die Amharen und die Oromo. Auch leben in Äthiopien äthiopisch-orthodoxe Christen, Muslime und Juden seit Jahrhunderten miteinander in friedlicher Koexistenz. Gleich aus welcher Ethnie die Äthiopier stammen, es eint sie das Gefühl, dass sie alle zum äthiopischen Volk gehören.
Ich selbst lebe mit einer dreifachen Identität: Ich fühle mich als Amhare, als Äthiopier und natürlich auch als Afrikaner. Zudem verschwinden die ethnischen Grenzen, da Äthiopier zunehmend Angehörige einer anderen Ethnie heiraten und Familien gründen. Auch der letzte äthiopische Kaiser, mein Großonkel Haile Selassie, war nur zu einem Drittel Amhare.
Woher kommt also diese Gewalt in Äthiopien, die soviel Leid über das Land bringt? Im Bürgerkrieg gegen die Tigray hatte sich die Regierung Abiy noch mit den Amharen, auf deren Territorium sich die meisten Kriegsschauplätze befanden, verbündet, um gemeinsam die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) niederzuwerfen. Dieser Krieg war schrecklich und kostete Hunderttausende Menschen das Leben.
Nun wendet sich Abiy gegen seine Verbündeten und massakriert seit dem 7. August Zivilisten in Amhara. Die Vorstöße der äthiopischen Armee, die mehr als 130.000 aktive Soldaten, mehr als 450 Kampfpanzer und eine schlagkräftige Luftwaffe zählt, richten sich offiziell nicht nur gegen die Fano, eine Miliz der Amharen, sondern auch gegen die zivile Bevölkerung dieser Region.
Besonders betroffen von Drohnen- und Bomben-Anschlägen sind die Städte Debre Birhan, Gondar und Finote Selam. Dabei nutzt die Armee unter Verletzung sämtlicher internationaler Konventionen Flugzeuge der zivilen Fluggesellschaft Ethiopian Airlines zum Transport von Truppen und Waffen nach Bahir Dar, der Hauptstadt des Bundesstaates Amhara.
Die Ursache dieser Konflikte liegt in ethnischen Spaltungen. Abiy selbst lässt seine Herkunft weitgehend im Ungewissen. Sein Vater ist wohl Angehöriger der muslimischen Oromo, seine Mutter vermutlich christliche Amharin. Abiy selbst gehört der pfingstkirchlichen “Ethiopian Full Gospel Church” an. Das alles sollte zweitrangig sein. Doch Abiy betreibt eine Politik, die zum Ziel hat, die Oromo zulasten aller anderen Ethnien zur herrschenden Volksgruppe zu machen.
Ich appelliere an die internationale Staatengemeinschaft, das Massaker an den Amharen zu verurteilen und auf die Regierung Abiy einzuwirken, damit dieses sinnlose Töten unverzüglich beendet wird.
Die entscheidende Frage ist nur: Wie lässt sich dieser Konflikt langfristig überwinden? Die Wurzeln der Blutbäder in Tigray und Amhara reichen tief. Sie liegen in der äthiopischen Verfassung, die vor dreißig Jahren die sozialistische TPLF-Regierung an die Verfassung der UdSSR angelehnt hatte. Und so schreibt Artikel 39 auch in Äthiopien das Recht für jeden Bundesstaat fest, aus der Föderation Äthiopien auszutreten. Der Föderalstaat Äthiopien basiert auf den Ethnien und spaltet auf diese Weise das Land. Die ethnozentrische Verfassung von Äthiopien ist die Wurzel allen Übels im Land. Sie führt dazu, dass das Land stets nur von einer Ethnie dominiert wird. Auf die Hegemonie der Tigray folgte 2018 mit der Wahl Abiys die Hegemonie der Oromo.
Äthiopien braucht eine neue Verfassung. Diese kann nur föderal sein und sollte sowohl die Religionsfreiheit wie auch die Zugehörigkeit zu einer Ethnie anerkennen und respektieren. Aber sie darf nicht mehr dazu führen, so wie heute, dass eine Ethnie qua Verfassung über alle anderen herrschen und diese nach Belieben unterdrücken darf. Nur eine demokratische Föderation wie in Nigeria oder Indien kann die bisherige ethnische Hegemonialordnung überwinden.
Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate ist ein Mitglied der kaiserlichen Familie von Äthiopien und Autor mehrerer Bestseller. Seine Lebenserinnerungen erschienen unter dem Titel “Ein Prinz aus dem Hause David”. Er ist nun auch Europa-Repräsentant der vor kurzem gegründeten Amhara-Volksfront.
The Intercept: Mindestens fünf Mitglieder von Nigers Militärjunta von USA ausgebildet. Die USA haben mindestens fünf Mitglieder der nigrischen Junta militärisch ausgebildet. Dies ist nur das jüngste Beispiel für die Beteiligung von durch die USA ausgebildeten Offizieren an Militärputschen. Allein in Westafrika waren solche Militärs seit 2008 an elf Staatsstreichen beteiligt.
Foreign Policy: Warum Wagner Afrika nicht verlassen wird. Die Söldnertruppe ist ein Produkt des Systems, das Putin aufgebaut hat. Er kann sie nicht auflösen, ohne den weltweiten Einfluss Moskaus zu untergraben. In Afrika brauche der russische Staat die Söldner mehr als Wagner den Staat braucht, schreiben ein ehemaliger Wagner-Kommandeur und ein Experte.
Bloomberg: Südafrika und China vertiefen Handelsbeziehungen. Während eines Besuchs des chinesischen Handelsministers Wang Wentao schlossen Unternehmen aus Südafrika Handelsverträge im Wert von knapp 2,2 Milliarden Dollar ab. Anglo American Platinum, Glencore, Sappi und Pioneer Fishing waren unter den südafrikanischen Unternehmen, die an dem Treffen mit 50 chinesischen Konzernen teilnahmen.
Bloomberg: JETP-Auszahlungen an Südafrika verzögern sich weiter. Die südafrikanische Regierung braucht weitere zwei bis drei Monate, um einen Plan zur Umsetzung der Energiewende fertigzustellen. Dadurch verspätet sich der Geldfluss aus der 8,5 Milliarden Dollar schweren Just Energy Transition Partnership mit einigen der reichsten Länder der Welt.
Business Insider: Mastercard schlägt Wellen in der afrikanischen Fintech-Branche. Der Zahlungsdienstleister hat für 5,2 Milliarden Dollar eine Beteiligung von zehn Prozent an der Fintech-Tochtergesellschaft des südafrikanischen Telekommunikationsunternehmens MTN erworben. Dieser Schritt hat einen bemerkenswerten Anstieg der MTN-Aktie ausgelöst, was die Bedeutung der Zusammenarbeit unterstreicht.
Reuters: Zuversicht über Ghanas erste Lithiummine. Das australische Bergbauunternehmen Atlantic Lithium ist in Gesprächen mit der ghanaischen Mineralienkommission. Der Konzern ist optimistisch, eine Lizenz zum Betrieb der ersten Lithiummine des Landes zu erhalten.
Financial Times: Sambia setzt auf Revival im Kupferbergbau. Nach einem Staatsbankrott im Jahr 2020, vermurksten Verstaatlichungen und einem Investitionsstau in den Minen unter seinem Vorgänger will Präsident Hakainde Hichilema die sambische Kupferproduktion bis 2032 mehr als verdreifachen. Unterstützung kommt von einigen der mächtigsten Risikokapitalgeber der Welt.
Reuters: China renoviert Eisenbahn in Uganda. Die China Bridge and Road Corporation wird einen alten Streckenabschnitt zwischen der kenianischen Grenze und der Stadt Gulu im Norden Ugandas sanieren. Der anvisierte Ausbau des ugandischen Schienennetzes auf Normalspur stockt jedoch weiterhin.
Semafor: Betrüger in Malawi – Die dunkle Seite mobiler Bezahlsysteme. Malawier verlieren jeden Monat rund 117.000 Dollar an professionelle Betrüger. Die nutzen Schwachstellen im mobilen Geldsystem und haben dafür ein beeindruckendes Netzwerk aufgebaut.
Foreign Affairs: Künstliche Intelligenz für den globalen Süden. Die transformativsten KI-Anwendungen in den Entwicklungsländern werden wahrscheinlich nicht jene sein, die Menschen ersetzen, sondern die, die ihnen neue Möglichkeiten eröffnen. Großes Potenzial bieten etwa Kreditvergabe, Gesundheit und Bildung.
Als die Politologin Melanie Müller ihre Forschung zur Klimakonferenz 2011 in Südafrika begann, galt in Fachkreisen: Afrika hat andere Probleme als das Klima. Dabei wird die afrikanische Umweltbewegung oft unterschätzt. In Südafrika ist zum Beispiel das Recht auf eine saubere Umwelt in der Verfassung verankert.” Mit ihrer Promotion, die sie 2016 an der Freien Universität in Berlin abschloss, wurde Melanie Müller zur Afrika-Expertin. Heute arbeitet sie in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Ihre Spezialgebiete sind die Lieferkettenverantwortung afrikanischer Staaten südlich der Sahara und Rohstoff-Governance – das Zusammenspiel von Unternehmen, Initiativen und Regierungen bei der Gewinnung und dem Handel von Rohstoffen. Müller findet bei ihrer Arbeit immer wieder Mängel in der Zusammenarbeit zwischen globalem Norden und den afrikanischen Staaten. Das zeige sich zum Beispiel an Nachhaltigkeitsstandards, die Europa von afrikanischen Staaten fordert, die diese aber nicht ohne weiteres umsetzen können.
“Wir haben versäumt, Länder des globalen Südens frühzeitig in unsere Diskussionen über Nachhaltigkeit und Handel einzubinden”, sagt sie. Das ist auch für Lieferketten nach Deutschland relevant. Werden die Standards zu hoch, als dass sie von den Ursprungsländern überwacht werden können, erschwert das den Export zu uns.
In ihrer Forschung zu Rohstofflieferketten entdeckt Müller Parallelen zur deutschen Energiewende. In der südafrikanischen Region Mpumalanga sind Menschen und Industrie genauso abhängig vom Kohleabbau wie es in Nordrhein-Westfalen lange der Fall war. “Die Menschen stellen sich dort die gleichen Fragen: Wie kann eine Transformation weg von der Kohle klappen und gleichzeitig neue Arbeitsplätze geschaffen werden?”, sagt Müller. Der Unterschied zwischen Deutschland und Südafrika bestehe darin, dass diese Fragen durch eine höhere Arbeitslosenquote dort noch härter umkämpft seien.
Trotz internationaler Leitlinien der OECD, freiwilliger Initiativen und Zertifizierungen ist im Bergbau das Risiko nach wie vor groß, dass Nachhaltigkeitsprinzipien oder Menschenrechte verletzt werden, allein schon weil er tiefgreifende Eingriffe in die Natur mit sich bringt und die Arbeit oft hart ist. “Der dreckigste Teil bei Lieferketten von Metallen ist der Abbau – der findet meist im globalen Süden statt”, so Müller.
Die Risiken lassen sich durch kontinuierliche, staatliche Kontrollen der Sicherheits- und Arbeitsbedingungen aber minimieren. Nachhaltige Lieferketten könnten zudem den Anreiz schaffen, auch den Abbau von Rohstoffen ökologisch verträglich zu gestalten. Das kann durchaus geschäftsfördernd sein, denn wer Bodenschätze möglichst sozial- und umweltverträglich abbaut, ist für internationale Handelspartner attraktiver.
Um Staaten wie Südafrika zu fördern, müssten Lieferketten verkürzt werden. Dafür müsste allerdings die Weiterverarbeitung von Rohstoffen vor Ort gefördert werden. “So könnten afrikanische Länder nicht nur den Rohstoff abbauen, sondern auch solche weiterverarbeiteten Produkte auf dem globalen Markt anbieten”, sagt Müller. Das Problem: Dieser Ausbau kostet Geld. Chinesische Unternehmen investieren bereits seit Jahren in afrikanische Transformationsvorhaben.
Nach zögerlichen Investments Europas ist der Konkurrenzdruck inzwischen hoch. Doch Müller sieht weiterhin Chancen für europäische Investoren. “Bei afrikanischen Bergbaumessen erlebe ich immer wieder: Die Nachfrage nach europäischem Know-How und europäischer Qualität ist groß.” Svenja Schlicht