Liebe Leserin, lieber Leser,
am Montag startet Außenministerin Annalena Baerbock ihre Reise nach Westafrika. Ihre Ziele sind der Senegal und die Elfenbeinküste. Nachdem vergangenes Wochenende bekannt wurde, dass sich die Bundeswehr auch aus Niger zurückziehen wird, kommt der Reise der Außenministerin besondere Bedeutung zu. Außergewöhnlich ist zudem die Tatsache, dass die Ministerin mit einer Wirtschaftsdelegation reisen will. Perspektiven schaffen durch Jobs und Wachstum ist auch das Credo von Entwicklungsministerin Svenja Schulze. So soll der Terrorismus in der Region eingedämmt werden. Am Dienstag lotet Schulze auf der Vollversammlung der Sahel-Allianz in Berlin parallel zur Reise der Außenministerin die Möglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit in den Sahel-Ländern aus. Meine Kollegin Lucia Weiß und ich haben alle wichtigen Details für Sie unter die Lupe genommen.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Analyse
Baerbock in Westafrika: Deutsche EZ und Privatwirtschaft sollen stabilisieren
Am Montag beginnt Außenministerin Annalena Baerbock ihre zweitägige Reise nach Westafrika – eineinhalb Jahre nach ihrem letzten Besuch im Dezember 2022 in der Region. Begleitet wird die deutsche Außenministerin bei ihrem Besuch im Senegal und in der Elfenbeinküste von einer Wirtschaftsdelegation. Rund zehn Unternehmensvertreter sollen dabei sein wie Table.Briefings aus Wirtschaftskreisen erfuhr. Damit will die Bundesregierung die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Westafrika vorantreiben. Gerade die Küstenländer sollen gegen den zersetzenden Einfluss aus den drei Sahel-Staaten, die sich von der ECOWAS lösen wollen, gestärkt werden.
Beide Länder sind frankophon und bisher nicht die erste Wahl für deutsche Firmen. Denn neben der höheren Sprachbarriere sind die frankophonen Länder stark vom französischen Recht und reichlich Bürokratie geprägt. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich sicherte seinen heimischen Betrieben so die nahtlose Integration in afrikanische Märkte. Unternehmen aus anderen Ländern hatten eher das Nachsehen.
Erste Details zur Wirtschaftsdelegation bekannt
Nach Informationen von Table.Briefings werden Vertreter unter anderem von
- Das Labor. Gmbh
- Kowry Energy
- CarMediaLab
auf Baerbocks Reise mit dabei sein. Ob auch die großen deutschen Unternehmen vertreten sind, ist noch nicht bekannt. Es deutet jedoch darauf hin, dass es weiterhin schwierig ist, bei Delegationsreisen der Regierung nach Afrika Hochkaräter der deutschen Wirtschaft anzulocken. Dabei geht es bei der Reise um Geschäftsfelder in drei Kernthemen der Bundesregierung:
- Gesundheit
- Grüne Energie
- Elektromobilität
Jobs und Perspektiven schaffen
Doch nicht nur neue Märkte für die deutschen Unternehmen hat die Ministerin im Blick. Auch die strategische Stärkung der Küstenländer in Westafrika, gleichsam die Ränder der Sahelzone, ist zentral: Wenn die Menschen Arbeit haben und sehen, dass es mit ihrem Land vorangeht und sich Möglichkeiten für ihre Kinder bieten, dann haben es organisierte Kriminalität und Terrorismus schwer, Fuß zu fassen. Dieses Credo steht hinter dem Push für die Privatwirtschaft, den Baerbock nun hochoffiziell anstößt. Ihre Kabinettskollegin Entwicklungsministerin Svenja Schulze wiederholt den Gedanken geradezu mantraartig. Das ist auch das verbindende Element, das das zuletzt eher auseinanderliegende Vorgehen von AA und BMZ in Westafrika wieder zusammenführen könnte.
Baerbocks Reise kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Sahel-Politik der Bundesregierung an einem Wendepunkt angelangt ist. Seit dem vergangenen Wochenende ist klar, dass Deutschland seinen Lufttransportstützpunkt im Niger bis Ende August aufgeben und die verbliebenen Soldaten abziehen wird. Laut dem BMVg waren die Verhandlungen unter anderem daran gescheitert, dass die nigrische Junta den deutschen Soldaten keine Immunität über den 31. August hinaus zusichern wollte. Das AA hatte ohnehin bereits länger für einen größtmöglichen Abstand zu den Putschregierungen im Sahel plädiert.
Verlust von Stützpunkt wiegt schwer
Auch das Parlament hatte Druck auf das Verteidigungsministerium gemacht. “Die zentrale Konfliktlinie lag weniger zwischen dem Auswärtigen Amt und dem BMVg. Es war vor allem das Parlament, das immer wieder auf die Risiken hingewiesen hat. Am Ende waren sich dann alle einig: so ein Angebot ist keine gute Verhandlungsbasis“, sagte Sara Nanni, die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen.
Vor allem die Union übt Kritik am bisherigen Schlingerkurs der Bundesregierung. “Ich finde es bedauerlich, dass der Stützpunkt in Niger aufgegeben werden muss. Der Vorstoß des Verteidigungsministeriums war richtig”, sagt CDU-Verteidigungspolitikerin Serap Güler Table.Briefings. Umso wichtiger sei es, dass das AA seine Strategie für die Sahel-Zone offenlege, fordert Güler: “Das Auswärtige Amt muss sich der Realität stellen und einsehen, dass man auch mit Regierungen im Kontakt bleiben muss, die nicht unbedingt unseren Werten entsprechen.”
Senegal rückt sicherheitspolitisch in den Fokus
Auch in der FDP hätte man sich durchaus über einen Verbleib der Bundeswehr in Niger gefreut. “Es ist bedauerlich, dass die Verhandlungen mit den Nigrern nicht zu einem akzeptablen Truppenstatut geführt haben”, sagte Alexander Müller, der verteidigungspolitische Sprecher der FDP. “Wir brauchen die Flughafennutzung aber nicht um jeden Preis. Mein Gefühl ist, dass die Nigrer wohl etwas hoch gepokert haben.”
Nun könnte der Senegal auch sicherheitspolitisch in den Fokus rücken. Im Raum steht, die Mini-Basis am Militärflughafen von Dakar als Cold Base zu verstetigen. Die Bundeswehr hatten diese bereits für den Minusma-Abzug genutzt. Nach den Erfahrungen im Sudan vor gut einem Jahr will die Regierung in Westafrika eine Evakuierungsoption unbedingt behalten.
Sahel-Konferenz in Berlin
In Berlin arbeitet zeitgleich zur Reise der Außenministerin das BMZ daran, die Möglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit im Sahel entsprechend den neuen Gegebenheiten auszuloten. Am Dienstag trifft sich die Sahel-Allianz auf Einladung der amtierenden Präsidentin, Entwicklungsministerin Schulze. Im Rahmen der Vollversammlung wird sich Schulze für eine weitere Präsidentschaft zur Wahl stellen.
Das BMZ hatte auch aus den drei Putschländern hochrangig auf Ministerialebene in die deutsche Hauptstadt eingeladen. Vielleicht ist es ein glücklicher Zufall für die Wiederannäherung der Bundesregierung in der Sahel-Politik, dass die angefragten Teilnehmer aus den drei Ländern nach Informationen von Table.Briefings abgesagt haben. Mali, Burkina Faso und Niger sollen lediglich von ihren jeweiligen Botschaftern vertreten werden.
- Annalena Baerbock
- Außenpolitik
- Auswärtiges Amt
- BMVg
- BMZ
- Ecowas
- Entwicklungspolitik
- Entwicklungszusammenarbeit
- Geopolitik
- Sahel
- Svenja Schulze
- Westafrika
Africa.Table Redaktion
Liebe Leserin, lieber Leser,
am Montag startet Außenministerin Annalena Baerbock ihre Reise nach Westafrika. Ihre Ziele sind der Senegal und die Elfenbeinküste. Nachdem vergangenes Wochenende bekannt wurde, dass sich die Bundeswehr auch aus Niger zurückziehen wird, kommt der Reise der Außenministerin besondere Bedeutung zu. Außergewöhnlich ist zudem die Tatsache, dass die Ministerin mit einer Wirtschaftsdelegation reisen will. Perspektiven schaffen durch Jobs und Wachstum ist auch das Credo von Entwicklungsministerin Svenja Schulze. So soll der Terrorismus in der Region eingedämmt werden. Am Dienstag lotet Schulze auf der Vollversammlung der Sahel-Allianz in Berlin parallel zur Reise der Außenministerin die Möglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit in den Sahel-Ländern aus. Meine Kollegin Lucia Weiß und ich haben alle wichtigen Details für Sie unter die Lupe genommen.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Analyse
Baerbock in Westafrika: Deutsche EZ und Privatwirtschaft sollen stabilisieren
Am Montag beginnt Außenministerin Annalena Baerbock ihre zweitägige Reise nach Westafrika – eineinhalb Jahre nach ihrem letzten Besuch im Dezember 2022 in der Region. Begleitet wird die deutsche Außenministerin bei ihrem Besuch im Senegal und in der Elfenbeinküste von einer Wirtschaftsdelegation. Rund zehn Unternehmensvertreter sollen dabei sein wie Table.Briefings aus Wirtschaftskreisen erfuhr. Damit will die Bundesregierung die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Westafrika vorantreiben. Gerade die Küstenländer sollen gegen den zersetzenden Einfluss aus den drei Sahel-Staaten, die sich von der ECOWAS lösen wollen, gestärkt werden.
Beide Länder sind frankophon und bisher nicht die erste Wahl für deutsche Firmen. Denn neben der höheren Sprachbarriere sind die frankophonen Länder stark vom französischen Recht und reichlich Bürokratie geprägt. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich sicherte seinen heimischen Betrieben so die nahtlose Integration in afrikanische Märkte. Unternehmen aus anderen Ländern hatten eher das Nachsehen.
Erste Details zur Wirtschaftsdelegation bekannt
Nach Informationen von Table.Briefings werden Vertreter unter anderem von
- Das Labor. Gmbh
- Kowry Energy
- CarMediaLab
auf Baerbocks Reise mit dabei sein. Ob auch die großen deutschen Unternehmen vertreten sind, ist noch nicht bekannt. Es deutet jedoch darauf hin, dass es weiterhin schwierig ist, bei Delegationsreisen der Regierung nach Afrika Hochkaräter der deutschen Wirtschaft anzulocken. Dabei geht es bei der Reise um Geschäftsfelder in drei Kernthemen der Bundesregierung:
- Gesundheit
- Grüne Energie
- Elektromobilität
Jobs und Perspektiven schaffen
Doch nicht nur neue Märkte für die deutschen Unternehmen hat die Ministerin im Blick. Auch die strategische Stärkung der Küstenländer in Westafrika, gleichsam die Ränder der Sahelzone, ist zentral: Wenn die Menschen Arbeit haben und sehen, dass es mit ihrem Land vorangeht und sich Möglichkeiten für ihre Kinder bieten, dann haben es organisierte Kriminalität und Terrorismus schwer, Fuß zu fassen. Dieses Credo steht hinter dem Push für die Privatwirtschaft, den Baerbock nun hochoffiziell anstößt. Ihre Kabinettskollegin Entwicklungsministerin Svenja Schulze wiederholt den Gedanken geradezu mantraartig. Das ist auch das verbindende Element, das das zuletzt eher auseinanderliegende Vorgehen von AA und BMZ in Westafrika wieder zusammenführen könnte.
Baerbocks Reise kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Sahel-Politik der Bundesregierung an einem Wendepunkt angelangt ist. Seit dem vergangenen Wochenende ist klar, dass Deutschland seinen Lufttransportstützpunkt im Niger bis Ende August aufgeben und die verbliebenen Soldaten abziehen wird. Laut dem BMVg waren die Verhandlungen unter anderem daran gescheitert, dass die nigrische Junta den deutschen Soldaten keine Immunität über den 31. August hinaus zusichern wollte. Das AA hatte ohnehin bereits länger für einen größtmöglichen Abstand zu den Putschregierungen im Sahel plädiert.
Verlust von Stützpunkt wiegt schwer
Auch das Parlament hatte Druck auf das Verteidigungsministerium gemacht. “Die zentrale Konfliktlinie lag weniger zwischen dem Auswärtigen Amt und dem BMVg. Es war vor allem das Parlament, das immer wieder auf die Risiken hingewiesen hat. Am Ende waren sich dann alle einig: so ein Angebot ist keine gute Verhandlungsbasis“, sagte Sara Nanni, die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen.
Vor allem die Union übt Kritik am bisherigen Schlingerkurs der Bundesregierung. “Ich finde es bedauerlich, dass der Stützpunkt in Niger aufgegeben werden muss. Der Vorstoß des Verteidigungsministeriums war richtig”, sagt CDU-Verteidigungspolitikerin Serap Güler Table.Briefings. Umso wichtiger sei es, dass das AA seine Strategie für die Sahel-Zone offenlege, fordert Güler: “Das Auswärtige Amt muss sich der Realität stellen und einsehen, dass man auch mit Regierungen im Kontakt bleiben muss, die nicht unbedingt unseren Werten entsprechen.”
Senegal rückt sicherheitspolitisch in den Fokus
Auch in der FDP hätte man sich durchaus über einen Verbleib der Bundeswehr in Niger gefreut. “Es ist bedauerlich, dass die Verhandlungen mit den Nigrern nicht zu einem akzeptablen Truppenstatut geführt haben”, sagte Alexander Müller, der verteidigungspolitische Sprecher der FDP. “Wir brauchen die Flughafennutzung aber nicht um jeden Preis. Mein Gefühl ist, dass die Nigrer wohl etwas hoch gepokert haben.”
Nun könnte der Senegal auch sicherheitspolitisch in den Fokus rücken. Im Raum steht, die Mini-Basis am Militärflughafen von Dakar als Cold Base zu verstetigen. Die Bundeswehr hatten diese bereits für den Minusma-Abzug genutzt. Nach den Erfahrungen im Sudan vor gut einem Jahr will die Regierung in Westafrika eine Evakuierungsoption unbedingt behalten.
Sahel-Konferenz in Berlin
In Berlin arbeitet zeitgleich zur Reise der Außenministerin das BMZ daran, die Möglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit im Sahel entsprechend den neuen Gegebenheiten auszuloten. Am Dienstag trifft sich die Sahel-Allianz auf Einladung der amtierenden Präsidentin, Entwicklungsministerin Schulze. Im Rahmen der Vollversammlung wird sich Schulze für eine weitere Präsidentschaft zur Wahl stellen.
Das BMZ hatte auch aus den drei Putschländern hochrangig auf Ministerialebene in die deutsche Hauptstadt eingeladen. Vielleicht ist es ein glücklicher Zufall für die Wiederannäherung der Bundesregierung in der Sahel-Politik, dass die angefragten Teilnehmer aus den drei Ländern nach Informationen von Table.Briefings abgesagt haben. Mali, Burkina Faso und Niger sollen lediglich von ihren jeweiligen Botschaftern vertreten werden.
- Annalena Baerbock
- Außenpolitik
- Auswärtiges Amt
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