wieder einmal rückt Afrika in den Fokus der Bundespolitik. Am Montag empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz mehrere afrikanische Staats- und Regierungschefs im Rahmen des G20-Compact-with-Africa-Gipfels. Ziel der Initiative ist es, mehr privatwirtschaftliche Investitionen in Afrika zu fördern. David Renke und Arne Schütte erklären, welche Angebote Scholz den afrikanischen Ländern macht und welche Erwartungen diese mitbringen.
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Afrika bieten noch viel Potenzial, ist sich Volker Treier, Außenwirtschaftschef der DIHK, sicher. Im Interview erklärt der Wirtschaftswissenschaftler, warum der Compact with Africa nur ein erster Schritt sein kann, hin zu einer stärkeren Verzahnung von Privatwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit.
Kritik an der Konferenz gibt es aus Afrika. Wichtige Stimmen seien auf dem Gipfel nicht zu hören, meint Aminou Akadiri, Geschäftsführer des Verbands der Industrie- und Handelskammern Westafrikas. Er fordert mehr regionale Einbindung bei Investitionsprojekten, Lucia Weiß hat mit ihm gesprochen.
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Deutschland ist ein verlässlicher Partner für Afrika. Das war heute die zentrale Botschaft, die Olaf Scholz bei der Eröffnung der 4. G20-Investorenkonferenz im Rahmen des Compact with Africa (CwA) vermitteln wollte. Mit der Initiative der G20-Länder soll die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika über mehr ausländische Direktinvestitionen angekurbelt werden. Mit Erfolg – meint zumindest der Bundeskanzler: “Der Compact with Africa wirkt”, sagte Scholz auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Konferenz. In Teilen recht gibt ihm auch die African Advisory Group, die im Vorfeld der Konferenz die Wirkung des CwA geprüft hat. In ihrem Bericht stellt die Gruppe jedoch ebenfalls fest, dass noch längst nicht alle Potenziale der Initiative ausgeschöpft sind.
Dennoch scheint die Initiative auf dem afrikanischen Kontinent auf immer größeres Interesse zu stoßen. Noch vor dem Gipfel konnte die Bundesregierung die DR Kongo als neues, 13. Teilnehmerland am CwA präsentieren. Zudem erklärten Kenia, Sambia, Angola und die Komoren Interesse an einer Teilnahme. Nach dem Kanzlerbesuch in Nigeria vor knapp einem Monat dürfte auch Nigeria an einer Teilnahme interessiert sein.
Nigerias Präsident Bola Tinubu reiste neben den Staats- und Regierungschefs aus der Elfenbeinküste, Marokko, Senegal, Ghana, Togo und der DR Kongo an. Hinzu kamen die Präsidenten aus Kenia und Sambia. Azali Assoumani, Präsident der Afrikanischen Union, sagte, CwA verfolge die richtigen Ziele. Neben der Investorenkonferenz wird sich Olaf Scholz und weitere seiner Kabinettsminister zu bilateralen Gesprächen mit den afrikanischen Staatschefs treffen. Zu den Gesprächen werden auch der französische Präsident Emmanuel Macron, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte und der Präsident des Europäischen Rats Charles Michel erwartet.
Die afrikanischen Erwartungen an die G20-Länder sind hoch. Auch weil viele der Teilnehmerländer der Überzeugung sind, ihren Teil der “Vereinbarung” eingehalten zu haben: “Ägypten hat eindeutig bewiesen, dass es die notwendigen Steuer- und Währungsreformen durchführt. Die G20-Länder müssen nun auch dafür sorgen, dass mehr Investitionen nach Ägypten fließen”, sagte Karim Elkhashab, erster Sekretär des ägyptischen Botschafters in Berlin gegenüber Table.Media. Die Voraussetzungen seien dafür besonders für Deutschland interessant. “Wir bieten Investitionsmöglichkeiten besonders für die Automobilindustrie und grünen Wasserstoff. Aber auch für das verarbeitende Gewerbe gibt es große Chancen”, so Elkhashab weiter.
Erst im vergangenen Jahr hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zwei Absichtserklärungen mit Ägypten unterzeichnet, die den Aufbau einer grünen Wasserstoff-Wertschöpfungskette sowie die Gewinnung von Flüssiggas zum Ziel haben. Die deutschen Autobauer will Ägypten mit eigens geschaffenen Sonderwirtschaftszonen in Port Said ins Land locken.
Auch die zum Gipfel angereisten Staatschefs warben mit dem wirtschaftlichen Potenzial ihrer Länder. So betonten etwa die Präsidenten Nigerias und der Elfenbeinküste die politische Stabilität und die Rechtsstaatlichkeit in ihren Ländern. Das Geschäftsumfeld sei sicher, Investoren müssten sich keine Sorgen machen. Zu den vielversprechendsten Bereichen zählen die CwA-Länder Investitionen in Infrastruktur und Energie, etwa Solar- oder Windstrom oder grünen Wasserstoff. Auch Investitionen in Rohstoffe sind erwünscht, allerdings nur, wenn dabei auch die lokale Wertschöpfung gefördert wird.
Gleichzeitig warben die afrikanischen Staatschefs für eine Reform der internationalen Finanzarchitektur. Noch immer würden Investitionen in Afrika gehemmt, da die Kosten zur Risikoabsicherung zu hoch sei, sagte Assoumani.
Die Zusagen seitens der Bundesregierung blieben zunächst aber unkonkret. Scholz kündigte an, Deutschland wolle bis 2030 vier Milliarden Euro für die Africa-Europe Green Energy Initiative zur Verfügung stellen. Zudem will die Bundesregierung bei der Entwicklungszusammenarbeit die Themen Jugend und Klimaschutz in den Fokus rücken. Im Rahmen des Gipfels kündigte Entwicklungsministerin Svenja Schulze an, einen “substanziellen Teil der deutschen internationalen Klimafinanzierung in eine sozial gerechte Energiewende in Afrika zu investieren”. Damit sollen die afrikanischen Länder bei der Erreichung ihrer Klimaziele unterstützt werden.
Beim ersten afrikanischen Klimagipfel in Nairobi im September hatten sich alle afrikanischen Länder auf gemeinsame Ziele geeinigt. Zudem will das BMZ junge Unternehmer und Gründer stärken. “Wir sprechen in Afrika über die größte Jugendgeneration aller Zeiten. Wie sich diese Jugendgeneration entwickeln wird, hängt stark davon ab, ob es gelingt, genügend Jobs für sie zu schaffen”, sagte Schulze. Am Dienstag richtet das BMZ dafür die Konferenz “Shaping the Future with Africa – Young Entrepreneurship as Key to a Just Transition” aus.
In der deutschen Wirtschaft scheint sich das Potenzial des Standorts Afrika hingegen weiter herumzusprechen. Laut einer aktuellen Umfrage des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG wollen mehr als die Hälfte der befragten deutschen Unternehmen, die bereits wirtschaftlich in Afrika tätig sind, ihre Geschäfte ausweiten. Auch die Aussichten sind den befragten Unternehmen nach ermutigend: Mehr als drei Viertel der Unternehmen erwarten eine Umsatzsteigerung in den kommenden fünf Jahren. Dennoch bleiben altbekannte Herausforderungen bestehen. Insbesondere Korruption und die teils fehlende politische Stabilität macht deutschen Unternehmern zu schaffen. Daher sei auch die Politik weiterhin in der Pflicht, meint Christoph Kannengießer, Geschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft: “Der afrikanische Kontinent spielt für die Diversifizierung deutscher Unternehmen immer noch nicht die Rolle, die er angesichts seiner zahlreichen Chancen verdient. Wir brauchen daher eine veränderte Risikowahrnehmung und staatliche Flankierung von Projekten und Investitionen in Afrika hinsichtlich deren Finanzierung und Absicherung.”
Die G20-Initiative, die 2017 unter deutscher Schirmherrschaft ins Leben gerufen wurde, umfasst inzwischen 13 Länder: Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ägypten, Äthiopien, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien, sowie die nun beigetretene DR Kongo.
Warum braucht es eine Konferenz wie den “Compact with Africa”?
Nach wie vor ist es wichtig, die Aufmerksamkeit bei der deutschen Wirtschaft auf den Kontinent und die jeweiligen einzelnen Länder Afrikas zu lenken. Die Wirtschaftsbeziehungen bieten noch erhebliches Potenzial, das bislang ungenutzt ist. Wir müssen bei den einzelnen Themen wie Investitionen, aber auch dem Handel mit Afrika deutlich zulegen. Die Konferenz bietet die Möglichkeit, sich mit den Staatschefs und den multinationalen Institutionen diesen Fragen mit Nachdruck und mit einer gewissen Tiefe zu widmen.
Für welche Branchen ist Afrika vor allem interessant?
Beim Thema Energie sind vornehmlich Länder in Nordafrika interessant, wenn es um Energieimporte geht. Hinzu kommt aber auch das Ziel, die Abhängigkeit von fossilen Energien in allen afrikanischen Ländern zu beenden. Bei erneuerbaren Energien haben deutsche Unternehmen natürlich viel zu bieten. Außerdem geht es um Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft, Grundstoff- und Automobilindustrie sowie die Gesundheitswirtschaft. Nicht zuletzt gibt es in etlichen afrikanischen Ländern eine vitale Start-up-Szene. Dort kann Deutschland Hardware liefern und mit klugen afrikanischen Gründern einen Mehrwert erzielen.
Warum kann der Compact with Africa den Unternehmen den Markteinstieg in Afrika erleichtern?
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hat an verschiedenen Stellen fast eine Büchse der Pandora geöffnet. Denn von der Politik zu verantwortende Ziele werden damit in die Verantwortung der Unternehmen gegeben. Dazu kommt eine Vielzahl anderer Berichtspflichten und Richtlinien. Das ist jedenfalls alles andere als Rückenwind für Unternehmen, sich mit schwierigen Ländern – und die afrikanischen Länder sind schwierige Länder – in Verbindung setzen wollen. Der CwA setzt aber genau daran an: Die afrikanischen Länder sollen von sich aus den Compliance-Grad erhöhen.
Worum geht es Ihrer Meinung nach aus afrikanischer Sicht?
Es geht für die afrikanischen Länder um die Hilfe zur Selbsthilfe, oder englisch capacity building. Die Risiken, die durch die bereits erwähnten Hemmnisse entstehen, können kleinere deutsche Unternehmen, die in Afrika investieren wollen, aber selten selbst tragen. Zwar gibt Instrumente, wie zum Beispiel die Handels- oder die Investitionsfinanzierung der DEG, aber diese reichen nicht aus, um das capacity building nachhaltig zu gestalten beziehungsweise mit der notwendigen Dynamik zu versehen. Das ist allerdings keine Kritik an der CwA-Konferenz. Es bedeutet nur, dass der CwA nur ein erster Schritt sein kann. Diese Prozesse brauchen allerdings Zeit.
Es gibt allerdings die Kritik, dass durch die starke Fokussierung auf privatwirtschaftliche Investitionen andere wichtige Treiber wirtschaftlicher Entwicklung außen vorgelassen werden. Müsste der Compact with Africa nicht auch andere Instrumente in den Blick nehmen, um die Entwicklung in Afrika zu fördern?
Absolut. Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit sind insbesondere in der deutschen Politik zu wenig verzahnt. Und auch der Compact with Africa ist an dieser Stelle nicht konnektiv genug. Große Infrastrukturprojekte, auf die dann wieder privatwirtschaftliches Engagement aufbaut, sind damit nicht zu machen. Allerdings müssen wir den Vorwurf auch erweitern: Die Infrastrukturmittel der Global Gateway Initiative der EU-Kommissionspräsidentin wurden schon mehrmals angekündigt. Praktisch sind diese aber noch nicht in nennenswertem Maße eingeflossen, um den Compact with Africa-Ansatz wirklich zu unterstützen. Es braucht das aber, damit Arbeitsplätze entstehen und die Einbindung der afrikanischen Länder in unsere Wertschöpfungsketten wirklich stattfindet.
Deutsche Unternehmen beklagen, dass trotz der jungen Bevölkerung in Afrika oft gut ausgebildete Fachkräfte fehlen. Wäre es da nicht aus Unternehmersicht sinnvoll auch in den Bildungsausbau zu investieren?
Wenn wir über die Ausbildung sprechen, ist es immer so eine gewisse Henne-Ei-Problematik. Unsere Unternehmen haben Erfahrung damit, wie sie beruflich ausbilden. Darum muss es in erster Linie gehen. Akademische Ausbildung, die am Ende nicht zum Arbeitsmarkt passt, ist leider stärker die Regel als die Ausnahme – auch in vielen afrikanischen Ländern. Damit das verbessert werden kann, müssen unsere Unternehmen aber erst einmal vor Ort sein.
Auf der Investorenkonferenz, die den Gipfel Compact with Africa, in Berlin begleitete, sind wichtige afrikanische Stimmen ungehört geblieben. 15 Industrie- und Handelskammern Westafrikas vereint der Verband Fewacci (Federation of West Africa Chambers of Commerce and Industry) mit Sitz in Abuja, Nigeria. Ihr Geschäftsführer Aminou Akadiri ist allerdings nicht bei der G20-Konferenz Compact with Africa in Berlin dabei – man habe die Fewacci nicht darüber informiert, sagte Akadiri gegenüber Table.Media. Dabei hätte Akadiri sicherlich einiges aus westafrikanischer Sicht beizutragen gehabt. Schließlich liegt die große Mehrheit der Compact-Länder in seiner Region.
“Unsere Rolle als Verband ist, alle Wirtschafts- und Investitionsaktivitäten zu begleiten, die über ein einzelnes Land hinausgehen”, sagte Akadiri weiter. “Die G20 richten sich vor allem an die jeweiligen Staaten und ihre Regierungen, aber sie müssten dringend die regionale Dimension in den Blick nehmen, die mehr Investitionsmöglichkeiten eröffnet.”
Mit der Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas liegt die älteste und wichtigste Regionalinstitution in Westafrika. 15 Länder sind derzeit Mitglied. Schon seit 1975 zielt die Ecowas darauf ab, den gemeinsamen Wirtschaftsraum und Arbeitsmarkt – aber auch den politischen Zusammenhalt – zu stärken. Die Fewacci gibt es sogar schon drei Jahre länger als die Ecowas.
Die Liste der Bereiche, in denen sich Investitionen in Westafrika lohnen, ist lang, meint Akadiri. Landwirtschaft – vor allem die Produktion und der Export von in Europa beliebten Früchten wie Mango und Papaya – Bergbau, erneuerbare Energien, der Aufbau von Infrastruktur, Gesundheitswesen und auch der wachsende Ausbildungs- und Hochschulsektor.
Aber: “All jene Projekte, die nicht der Region und dem ganzen Kontinent Rechnung tragen, können nicht funktionieren, weil es Konkurrenz zwischen den Ländern und Produkten geben wird.” Das gilt vor allem für Nachbarländer, die oft ganz ähnliche wirtschaftliche Profile haben. So produzieren mehrere Länder etwa Cashew- oder Erdnüsse. “Es ist auch viel teurer, jedes einzelne Land zu betrachten. Man muss die Anstrengungen, die Investitionen und die Ausbildung vergemeinschaften.”
Für die Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) der G20-Staaten und des afrikanischen Kontinents wünscht sich Fewacci-Geschäftsführer Akadiri eine Begegnung auf Augenhöhe. Das heißt: faire und gleiche Bedingungen für alle und das Interesse daran, die Wirtschaft in Afrika langfristig zu fördern, statt im Extremfall nur Rohstoffe auszubeuten.
“Für die afrikanischen KMUs ist es sehr schwierig, überhaupt nach Europa zu gelangen. Wegen der Visumfrage, aber auch was die Normen und die Nachverfolgung von ihren Produkten angeht.” Außerdem müsse man sich im Klaren darüber sein, dass ein KMU etwa in Deutschland in einem afrikanischen Land oft schon als großes Unternehmen gelte. In der Zusammenarbeit mit westlichen Partnern dürfe es deshalb nicht nur um Geld gehen, sondern auch um den Transfer von Know-how und Wissen, fordert Fewacci-Geschäftsführer Akadiri.
“Man redet schon seit 20 Jahren von einer Heirat zwischen afrikanischen und europäischen KMUs. Aber wenn man genau hinschaut, dann geht es doch um sehr verschiedene Realitäten, was die Infrastruktur, die Verfahren und die Qualität der Produkte angeht”, beklagt der Unternehmensvertreter. “Wir müssen mehr Wissen und Erfahrung und Investitionen teilen, damit wir gemeinsam auf die Herausforderungen der Globalisierung antworten können.” Die Menschen vor Ort müssten dabei unbedingt am wirtschaftlichen Aufbau beteiligt werden. Akadiri nennt ein Beispiel aus der Kakaoproduktion, bei der die Produzenten auch Aktionäre sind und am Umsatz beteiligt werden.
Bei allen guten Bemühungen sieht der Handelskammer-Chef in Afrika eine große Herausforderung: die Unterscheidung zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren: “Das ist eine Frage guter Regierungsführung. Der Markt muss transparenter werden, um Interessenskonflikte und Mauscheleien zu vermeiden. Jeder muss in seinem Eckchen bleiben: Der Schiedsrichter bleibt Schiedsrichter, der Spieler ein Spieler.”
Für die Zukunft wünscht sich Akadiri in der Zusammenarbeit zwischen Afrika und dem Westen einen Fokus auf die Wirtschaft. Etwa in Form von Dreiecks-Kooperationen aus staatlichen und privatwirtschaftlichen Partnern, gekoppelt mit einem Partner aus der Entwicklungszusammenarbeit.
Sabine Dall’Omo, Siemens Subsahara Afrika, CEO/Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft, Vorsitzende:
Wir begrüßen es, dass die Bundesregierung in ihrer Diversifizierungsstrategie sämtliche mit dem Compact with Africa assoziierten Staaten sowie auch Kenia und Algerien mit verbesserten Garantiebedingungen ausstattet. Allerdings sind wir der Auffassung, dass hierzu im Hinblick auf Konditionen und abgesicherte Risiken noch weiterer Handlungsbedarf besteht. Vor allem dann, wenn wir deutlich mehr mittelständische Unternehmen mit verstärkten Engagements auf dem afrikanischen Kontinent sehen möchten. Alle Studien und Umfragen unter Einbeziehung des Privatsektors zeigen uns, dass das Kernanliegen zweifellos eine stärkere Risikoabsicherung ist.
Ganz wichtig ist die bessere Absicherung wirtschaftlicher Risiken, insbesondere Währungsrisiken, aber auch von Zahlungsausfallrisiken bei langfristigen Projekten, etwa im Bereich erneuerbare Energien und Infrastruktur. Bei einer Reihe von afrikanischen Ländern beeinträchtigen zudem Devisenknappheit und Probleme bei der Rückführung von Gewinnen eine verstärkte Investitionstätigkeit.
Was die Entwicklungspolitik angeht, wünschen wir uns, dass diese die wachstums- und wohlstandsfördernden Effekte von Handelsprojekten und Investitionen deutscher und europäischer Unternehmen viel stärker nutzt und fördert. Dazu ist es aber erforderlich, finanzielle Mittel der Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel auch zur Abdeckung unternehmerischer Risiken bei Engagements in Entwicklungsökonomien zu nutzen.
Martina Biene, Volkswagen South Africa, Managing Director & Chairperson:
Ich war positiv überrascht von der Präsenz vieler hochrangiger afrikanischer Politiker. Ich weiß nicht, ob man von so einem Gipfel wirklich konkrete Ergebnisse erwarten kann. Aber ich finde es wichtig, dass deutsche Politik, dass Deutschland sagt, Afrika ist uns wichtig. Genauso wichtig ist es, dass afrikanischer Vertreter hierherkommen und uns sagen: “Wir wollen deutsche Investments, und wir verstehen, was zu tun ist, um diese Investments anzulocken.”
Janis Just, Test Solutions, Head of Offshore Operations:
Der bei der Konferenz bereits im Vorfeld durchgesetzte Fokus auf erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit klammert nicht nur Kernthemen wie Digitalisierung und andere aus. Auch einem ehrlichen Interessensaustausch sind diese forcierten Prioritäten wenig förderlich. Die richtigen Stichworte wurden von jedem Redner wie vom Gastgeber erwünscht genannt. Doch einer vom Kanzler beschworenen Kooperation auf Augenhöhe wurde dies kaum gerecht.
Afrikanischen Ländern die eigenen energiepolitischen Prioritäten aufzuzwingen, führt dazu, dass vorhandene wirtschaftliche Eigeninteressen zu Kooperationszwecken mit Deutschland und Europa in eine klimapolitische Schablone gepresst werden müssen. Wer hier nicht mitmacht oder einfach wenig erneuerbare Energien anzubieten hat, scheint aus dem Fokus geraten.
Nicolas Rohrer, Asantys Systems, Managing Director:
Ich habe den Eindruck, dass die Bundesregierung endlich erkannt hat, dass wir Afrika auf Augenhöhe begegnen müssen. Diese Konferenz zeigt das deutlich. Nun müssen wir noch vom Abstrakten ins Konkrete kommen.
Stefan Tavares Bollow, Gauff Engineering, Managing Director:
Ohne die G20-Initiative CwA wäre Gauff wahrscheinlich kaum im frankophonen Afrika vertreten. Wir halten sehr viel von dieser Initiative, sie hat uns die Tür im Senegal und in der Elfenbeinküste geöffnet. Dass das Interesse afrikanischer Länder zu wachsen scheint, ist ein gutes Zeichen.
Wir hätten uns gefreut, wenn der Kreis der Compact-Länder noch stärker erweitert worden wäre. Angola und auch Namibia gehören hier zu den vielversprechendsten Kandidaten.
Christiane Kragh, Off-Grid Europe, CEO & Founder:
Der Gipfel war ein Erfolg, denn die öffentliche Unterstützung durch die Initiative gibt deutschen Unternehmen das Selbstbewusstsein, in Afrika zu investieren. Und auch in Afrika findet es große Beachtung, dass Deutschland diesen Gipfel ausrichtet. Nicht jedes europäische Land schafft es, eine solche Menge hochrangiger Gäste zusammenzubringen. Die beiden großen Themen der Konferenz, Infrastruktur und Energie, sind richtig gewählt, denn sie sind letztlich die Katalysatoren für Wachstum in anderen Bereichen.
Stanley Achonu, One, Country Director Nigeria:
Alle wichtigen Themen wurden genannt, etwa die Schaffung von Arbeitsplätzen, der Kampf gegen den Klimawandel, wo in Afrika investiert werden muss, oder die Herausforderungen des afrikanischen Investitionsumfeld. Aber, wie der nigerianische Präsident richtig festgestellt hat, die Initiative kommt zehn Jahre zu spät. Leider gab es keine Aussagen über einen Investitionsrahmen, keine konkreten Zusagen für Investitionen oder einen Zeitplan, kein Wort zur Finanzierung und Absicherung der Investitionen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Gespräche in bilateralen Treffen geführt werden.
Mit Blick auf den CwA-Beitritt der bisher für Investoren schwierigen DR Kongo setze ich darauf, dass die Mitgliedschaft zu positiven Veränderungen in der kongolesischen Volkswirtschaft führen wird. Die Aussicht auf ausländische Investitionen wird hoffentlich die nötigen Reformprozesse beschleunigen. Das gilt übrigens für alle CwA-Länder.
Der 20. November steht im Zeichen der Zusammenarbeit mit Afrika. Morgens findet auf Einladung der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft der “G20 Investment Summit” statt. Und ab dem frühen Nachmittag lädt der Bundeskanzler zahlreiche Partner aus Afrika und der Welt zur “Konferenz zum G20 Compact with Africa 2023” ins Kanzleramt.
2017 rief Deutschland als G20-Präsidentschaft den “G20 Compact with Africa” (CwA) ins Leben. Seitdem arbeitet die G20 im CwA mit reformorientierten afrikanischen Partnern eng zusammen an einem gemeinsamen Ziel: Mehr ausländische Privatinvestitionen durch Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den CwA-Ländern. Unterstützt werden die CwA-Länder dabei von der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und der Afrikanischen Entwicklungsbank. Damit entstand ein einzigartiges multilaterales Partnerschaftsformat, von dem alle Beteiligten profitieren können. Mittlerweile hat sich der CwA als zentrales Format der Zusammenarbeit zwischen der G20 und afrikanischen Partnern fest etabliert – und trägt dabei auch der gewichtigen Rolle Afrikas in einer immer stärker multipolaren Welt Rechnung.
Der Blick auf die Zahlen des aktuellen CwA-Monitoringberichts[1] zeigt: CwA-Länder – reformbedingt offener für Handel und ausländische Direktinvestitionen – konnten sich überdurchschnittlich stark von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erholen. Im vergangenen Jahr lag das Wirtschaftswachstum der CwA-Länder doppelt so hoch wie das der afrikanischen Nicht-CwA-Länder, der Exportzuwachs war fast vier Mal so hoch. Den CwA-Ländern gelang, insbesondere aufgrund des großen Volumens von Investitionen im erneuerbare Energien-Sektor in Ägypten und Marokko, eine Versechsfachung ausländischer Direktinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr.
Das Interesse am CwA ist ungebrochen. Zu den bisher zwölf Compact-Staaten ist erst kürzlich die Demokratische Republik Kongo als 13. Mitglied neu hinzugekommen. Und weitere reformorientierte Staaten haben ihr Interesse an einem Beitritt bekundet und sitzen deshalb bei der CwA-Konferenz in Berlin bereits mit am Tisch. Bei dieser Konferenz strebt die Bundesregierung mit ihren Partnern konkrete Ergebnisse an.
Zur Stärkung der Privatinvestitionen hat die Bundesregierung bereits kürzlich Anreize zur stärkeren Diversifizierung der Außenwirtschaftsbeziehungen beschlossen: Für Direktinvestitionen in bestimmte Staaten gelten von nun an günstigere Garantiekonditionen. Das gilt grundsätzlich auch für die CwA-Länder und soll dazu dienen, Lieferketten zu diversifizieren und resilienter zu machen. Letzteres gilt auch für eine engere Zusammenarbeit bei der nachhaltigen Gewinnung und lokalen Weiterverarbeitung von Rohstoffen, bei der die Bundesregierung der Maxime folgt: Partnerschaft und Wertschöpfung vor Ort statt Extraktivismus. Anknüpfen kann die Bundesregierung zudem an die erfolgreichen Initiativen “Africa Connect” und “Africa Grow” mit attraktiven Finanzierungsangeboten. Die von der Bundesregierung unterstützte Versicherungsagentur “African Trade and Investment Development Insurance” bietet Finanzprodukte zur Risikoabsicherung an und befördert grenzüberschreitenden Handel sowie ausländische Direktinvestitionen. Außerdem stärkt die Bundesregierung ihr vielfältiges Unterstützungsangebot, um die Einstiegsschwelle für Unternehmen in die CwA-Märkte zu reduzieren.
Viele der CwA-Länder haben zudem exzellente Potenziale für erneuerbare Energien, während Deutschland perspektivisch einen Großteil seines Bedarfs an grünem Wasserstoff über Importe wird decken müssen. Die CwA-Konferenz soll daher einen Startschuss für die gestärkte und langfristig angelegte Zusammenarbeit im Bereich nachhaltiger Energieversorgung darstellen, lokal und für den Export von grünem Wasserstoff und Derivaten von Afrika nach Deutschland und Europa. Anknüpfen kann Deutschland dabei an die “Africa-EU Green Energy Initiative”, für die von der CwA-Konferenz ein weiterer Schub ausgehen soll. Durch ein Zusammenwirken öffentlicher und privater Investitionen soll über diese Initiative der Ausbau erneuerbarer Energien in Afrika massiv vorangetrieben werden – für die lokale Energiewende, die industrielle Entwicklung Afrikas und den Export.
Dr. Steffen Meyer ist der Leiter der Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik im Bundeskanzleramt. In den Aufgabenbereich des Ökonomen fällt auch die Außenhandelsinitiativen der Bundesregierung. Meyer hat viele Jahre im Bundesfinanzministerium sowie beim Internationalen Währungsfonds gearbeitet.
wieder einmal rückt Afrika in den Fokus der Bundespolitik. Am Montag empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz mehrere afrikanische Staats- und Regierungschefs im Rahmen des G20-Compact-with-Africa-Gipfels. Ziel der Initiative ist es, mehr privatwirtschaftliche Investitionen in Afrika zu fördern. David Renke und Arne Schütte erklären, welche Angebote Scholz den afrikanischen Ländern macht und welche Erwartungen diese mitbringen.
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Afrika bieten noch viel Potenzial, ist sich Volker Treier, Außenwirtschaftschef der DIHK, sicher. Im Interview erklärt der Wirtschaftswissenschaftler, warum der Compact with Africa nur ein erster Schritt sein kann, hin zu einer stärkeren Verzahnung von Privatwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit.
Kritik an der Konferenz gibt es aus Afrika. Wichtige Stimmen seien auf dem Gipfel nicht zu hören, meint Aminou Akadiri, Geschäftsführer des Verbands der Industrie- und Handelskammern Westafrikas. Er fordert mehr regionale Einbindung bei Investitionsprojekten, Lucia Weiß hat mit ihm gesprochen.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Deutschland ist ein verlässlicher Partner für Afrika. Das war heute die zentrale Botschaft, die Olaf Scholz bei der Eröffnung der 4. G20-Investorenkonferenz im Rahmen des Compact with Africa (CwA) vermitteln wollte. Mit der Initiative der G20-Länder soll die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika über mehr ausländische Direktinvestitionen angekurbelt werden. Mit Erfolg – meint zumindest der Bundeskanzler: “Der Compact with Africa wirkt”, sagte Scholz auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Konferenz. In Teilen recht gibt ihm auch die African Advisory Group, die im Vorfeld der Konferenz die Wirkung des CwA geprüft hat. In ihrem Bericht stellt die Gruppe jedoch ebenfalls fest, dass noch längst nicht alle Potenziale der Initiative ausgeschöpft sind.
Dennoch scheint die Initiative auf dem afrikanischen Kontinent auf immer größeres Interesse zu stoßen. Noch vor dem Gipfel konnte die Bundesregierung die DR Kongo als neues, 13. Teilnehmerland am CwA präsentieren. Zudem erklärten Kenia, Sambia, Angola und die Komoren Interesse an einer Teilnahme. Nach dem Kanzlerbesuch in Nigeria vor knapp einem Monat dürfte auch Nigeria an einer Teilnahme interessiert sein.
Nigerias Präsident Bola Tinubu reiste neben den Staats- und Regierungschefs aus der Elfenbeinküste, Marokko, Senegal, Ghana, Togo und der DR Kongo an. Hinzu kamen die Präsidenten aus Kenia und Sambia. Azali Assoumani, Präsident der Afrikanischen Union, sagte, CwA verfolge die richtigen Ziele. Neben der Investorenkonferenz wird sich Olaf Scholz und weitere seiner Kabinettsminister zu bilateralen Gesprächen mit den afrikanischen Staatschefs treffen. Zu den Gesprächen werden auch der französische Präsident Emmanuel Macron, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte und der Präsident des Europäischen Rats Charles Michel erwartet.
Die afrikanischen Erwartungen an die G20-Länder sind hoch. Auch weil viele der Teilnehmerländer der Überzeugung sind, ihren Teil der “Vereinbarung” eingehalten zu haben: “Ägypten hat eindeutig bewiesen, dass es die notwendigen Steuer- und Währungsreformen durchführt. Die G20-Länder müssen nun auch dafür sorgen, dass mehr Investitionen nach Ägypten fließen”, sagte Karim Elkhashab, erster Sekretär des ägyptischen Botschafters in Berlin gegenüber Table.Media. Die Voraussetzungen seien dafür besonders für Deutschland interessant. “Wir bieten Investitionsmöglichkeiten besonders für die Automobilindustrie und grünen Wasserstoff. Aber auch für das verarbeitende Gewerbe gibt es große Chancen”, so Elkhashab weiter.
Erst im vergangenen Jahr hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zwei Absichtserklärungen mit Ägypten unterzeichnet, die den Aufbau einer grünen Wasserstoff-Wertschöpfungskette sowie die Gewinnung von Flüssiggas zum Ziel haben. Die deutschen Autobauer will Ägypten mit eigens geschaffenen Sonderwirtschaftszonen in Port Said ins Land locken.
Auch die zum Gipfel angereisten Staatschefs warben mit dem wirtschaftlichen Potenzial ihrer Länder. So betonten etwa die Präsidenten Nigerias und der Elfenbeinküste die politische Stabilität und die Rechtsstaatlichkeit in ihren Ländern. Das Geschäftsumfeld sei sicher, Investoren müssten sich keine Sorgen machen. Zu den vielversprechendsten Bereichen zählen die CwA-Länder Investitionen in Infrastruktur und Energie, etwa Solar- oder Windstrom oder grünen Wasserstoff. Auch Investitionen in Rohstoffe sind erwünscht, allerdings nur, wenn dabei auch die lokale Wertschöpfung gefördert wird.
Gleichzeitig warben die afrikanischen Staatschefs für eine Reform der internationalen Finanzarchitektur. Noch immer würden Investitionen in Afrika gehemmt, da die Kosten zur Risikoabsicherung zu hoch sei, sagte Assoumani.
Die Zusagen seitens der Bundesregierung blieben zunächst aber unkonkret. Scholz kündigte an, Deutschland wolle bis 2030 vier Milliarden Euro für die Africa-Europe Green Energy Initiative zur Verfügung stellen. Zudem will die Bundesregierung bei der Entwicklungszusammenarbeit die Themen Jugend und Klimaschutz in den Fokus rücken. Im Rahmen des Gipfels kündigte Entwicklungsministerin Svenja Schulze an, einen “substanziellen Teil der deutschen internationalen Klimafinanzierung in eine sozial gerechte Energiewende in Afrika zu investieren”. Damit sollen die afrikanischen Länder bei der Erreichung ihrer Klimaziele unterstützt werden.
Beim ersten afrikanischen Klimagipfel in Nairobi im September hatten sich alle afrikanischen Länder auf gemeinsame Ziele geeinigt. Zudem will das BMZ junge Unternehmer und Gründer stärken. “Wir sprechen in Afrika über die größte Jugendgeneration aller Zeiten. Wie sich diese Jugendgeneration entwickeln wird, hängt stark davon ab, ob es gelingt, genügend Jobs für sie zu schaffen”, sagte Schulze. Am Dienstag richtet das BMZ dafür die Konferenz “Shaping the Future with Africa – Young Entrepreneurship as Key to a Just Transition” aus.
In der deutschen Wirtschaft scheint sich das Potenzial des Standorts Afrika hingegen weiter herumzusprechen. Laut einer aktuellen Umfrage des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG wollen mehr als die Hälfte der befragten deutschen Unternehmen, die bereits wirtschaftlich in Afrika tätig sind, ihre Geschäfte ausweiten. Auch die Aussichten sind den befragten Unternehmen nach ermutigend: Mehr als drei Viertel der Unternehmen erwarten eine Umsatzsteigerung in den kommenden fünf Jahren. Dennoch bleiben altbekannte Herausforderungen bestehen. Insbesondere Korruption und die teils fehlende politische Stabilität macht deutschen Unternehmern zu schaffen. Daher sei auch die Politik weiterhin in der Pflicht, meint Christoph Kannengießer, Geschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft: “Der afrikanische Kontinent spielt für die Diversifizierung deutscher Unternehmen immer noch nicht die Rolle, die er angesichts seiner zahlreichen Chancen verdient. Wir brauchen daher eine veränderte Risikowahrnehmung und staatliche Flankierung von Projekten und Investitionen in Afrika hinsichtlich deren Finanzierung und Absicherung.”
Die G20-Initiative, die 2017 unter deutscher Schirmherrschaft ins Leben gerufen wurde, umfasst inzwischen 13 Länder: Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ägypten, Äthiopien, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien, sowie die nun beigetretene DR Kongo.
Warum braucht es eine Konferenz wie den “Compact with Africa”?
Nach wie vor ist es wichtig, die Aufmerksamkeit bei der deutschen Wirtschaft auf den Kontinent und die jeweiligen einzelnen Länder Afrikas zu lenken. Die Wirtschaftsbeziehungen bieten noch erhebliches Potenzial, das bislang ungenutzt ist. Wir müssen bei den einzelnen Themen wie Investitionen, aber auch dem Handel mit Afrika deutlich zulegen. Die Konferenz bietet die Möglichkeit, sich mit den Staatschefs und den multinationalen Institutionen diesen Fragen mit Nachdruck und mit einer gewissen Tiefe zu widmen.
Für welche Branchen ist Afrika vor allem interessant?
Beim Thema Energie sind vornehmlich Länder in Nordafrika interessant, wenn es um Energieimporte geht. Hinzu kommt aber auch das Ziel, die Abhängigkeit von fossilen Energien in allen afrikanischen Ländern zu beenden. Bei erneuerbaren Energien haben deutsche Unternehmen natürlich viel zu bieten. Außerdem geht es um Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft, Grundstoff- und Automobilindustrie sowie die Gesundheitswirtschaft. Nicht zuletzt gibt es in etlichen afrikanischen Ländern eine vitale Start-up-Szene. Dort kann Deutschland Hardware liefern und mit klugen afrikanischen Gründern einen Mehrwert erzielen.
Warum kann der Compact with Africa den Unternehmen den Markteinstieg in Afrika erleichtern?
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hat an verschiedenen Stellen fast eine Büchse der Pandora geöffnet. Denn von der Politik zu verantwortende Ziele werden damit in die Verantwortung der Unternehmen gegeben. Dazu kommt eine Vielzahl anderer Berichtspflichten und Richtlinien. Das ist jedenfalls alles andere als Rückenwind für Unternehmen, sich mit schwierigen Ländern – und die afrikanischen Länder sind schwierige Länder – in Verbindung setzen wollen. Der CwA setzt aber genau daran an: Die afrikanischen Länder sollen von sich aus den Compliance-Grad erhöhen.
Worum geht es Ihrer Meinung nach aus afrikanischer Sicht?
Es geht für die afrikanischen Länder um die Hilfe zur Selbsthilfe, oder englisch capacity building. Die Risiken, die durch die bereits erwähnten Hemmnisse entstehen, können kleinere deutsche Unternehmen, die in Afrika investieren wollen, aber selten selbst tragen. Zwar gibt Instrumente, wie zum Beispiel die Handels- oder die Investitionsfinanzierung der DEG, aber diese reichen nicht aus, um das capacity building nachhaltig zu gestalten beziehungsweise mit der notwendigen Dynamik zu versehen. Das ist allerdings keine Kritik an der CwA-Konferenz. Es bedeutet nur, dass der CwA nur ein erster Schritt sein kann. Diese Prozesse brauchen allerdings Zeit.
Es gibt allerdings die Kritik, dass durch die starke Fokussierung auf privatwirtschaftliche Investitionen andere wichtige Treiber wirtschaftlicher Entwicklung außen vorgelassen werden. Müsste der Compact with Africa nicht auch andere Instrumente in den Blick nehmen, um die Entwicklung in Afrika zu fördern?
Absolut. Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit sind insbesondere in der deutschen Politik zu wenig verzahnt. Und auch der Compact with Africa ist an dieser Stelle nicht konnektiv genug. Große Infrastrukturprojekte, auf die dann wieder privatwirtschaftliches Engagement aufbaut, sind damit nicht zu machen. Allerdings müssen wir den Vorwurf auch erweitern: Die Infrastrukturmittel der Global Gateway Initiative der EU-Kommissionspräsidentin wurden schon mehrmals angekündigt. Praktisch sind diese aber noch nicht in nennenswertem Maße eingeflossen, um den Compact with Africa-Ansatz wirklich zu unterstützen. Es braucht das aber, damit Arbeitsplätze entstehen und die Einbindung der afrikanischen Länder in unsere Wertschöpfungsketten wirklich stattfindet.
Deutsche Unternehmen beklagen, dass trotz der jungen Bevölkerung in Afrika oft gut ausgebildete Fachkräfte fehlen. Wäre es da nicht aus Unternehmersicht sinnvoll auch in den Bildungsausbau zu investieren?
Wenn wir über die Ausbildung sprechen, ist es immer so eine gewisse Henne-Ei-Problematik. Unsere Unternehmen haben Erfahrung damit, wie sie beruflich ausbilden. Darum muss es in erster Linie gehen. Akademische Ausbildung, die am Ende nicht zum Arbeitsmarkt passt, ist leider stärker die Regel als die Ausnahme – auch in vielen afrikanischen Ländern. Damit das verbessert werden kann, müssen unsere Unternehmen aber erst einmal vor Ort sein.
Auf der Investorenkonferenz, die den Gipfel Compact with Africa, in Berlin begleitete, sind wichtige afrikanische Stimmen ungehört geblieben. 15 Industrie- und Handelskammern Westafrikas vereint der Verband Fewacci (Federation of West Africa Chambers of Commerce and Industry) mit Sitz in Abuja, Nigeria. Ihr Geschäftsführer Aminou Akadiri ist allerdings nicht bei der G20-Konferenz Compact with Africa in Berlin dabei – man habe die Fewacci nicht darüber informiert, sagte Akadiri gegenüber Table.Media. Dabei hätte Akadiri sicherlich einiges aus westafrikanischer Sicht beizutragen gehabt. Schließlich liegt die große Mehrheit der Compact-Länder in seiner Region.
“Unsere Rolle als Verband ist, alle Wirtschafts- und Investitionsaktivitäten zu begleiten, die über ein einzelnes Land hinausgehen”, sagte Akadiri weiter. “Die G20 richten sich vor allem an die jeweiligen Staaten und ihre Regierungen, aber sie müssten dringend die regionale Dimension in den Blick nehmen, die mehr Investitionsmöglichkeiten eröffnet.”
Mit der Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas liegt die älteste und wichtigste Regionalinstitution in Westafrika. 15 Länder sind derzeit Mitglied. Schon seit 1975 zielt die Ecowas darauf ab, den gemeinsamen Wirtschaftsraum und Arbeitsmarkt – aber auch den politischen Zusammenhalt – zu stärken. Die Fewacci gibt es sogar schon drei Jahre länger als die Ecowas.
Die Liste der Bereiche, in denen sich Investitionen in Westafrika lohnen, ist lang, meint Akadiri. Landwirtschaft – vor allem die Produktion und der Export von in Europa beliebten Früchten wie Mango und Papaya – Bergbau, erneuerbare Energien, der Aufbau von Infrastruktur, Gesundheitswesen und auch der wachsende Ausbildungs- und Hochschulsektor.
Aber: “All jene Projekte, die nicht der Region und dem ganzen Kontinent Rechnung tragen, können nicht funktionieren, weil es Konkurrenz zwischen den Ländern und Produkten geben wird.” Das gilt vor allem für Nachbarländer, die oft ganz ähnliche wirtschaftliche Profile haben. So produzieren mehrere Länder etwa Cashew- oder Erdnüsse. “Es ist auch viel teurer, jedes einzelne Land zu betrachten. Man muss die Anstrengungen, die Investitionen und die Ausbildung vergemeinschaften.”
Für die Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) der G20-Staaten und des afrikanischen Kontinents wünscht sich Fewacci-Geschäftsführer Akadiri eine Begegnung auf Augenhöhe. Das heißt: faire und gleiche Bedingungen für alle und das Interesse daran, die Wirtschaft in Afrika langfristig zu fördern, statt im Extremfall nur Rohstoffe auszubeuten.
“Für die afrikanischen KMUs ist es sehr schwierig, überhaupt nach Europa zu gelangen. Wegen der Visumfrage, aber auch was die Normen und die Nachverfolgung von ihren Produkten angeht.” Außerdem müsse man sich im Klaren darüber sein, dass ein KMU etwa in Deutschland in einem afrikanischen Land oft schon als großes Unternehmen gelte. In der Zusammenarbeit mit westlichen Partnern dürfe es deshalb nicht nur um Geld gehen, sondern auch um den Transfer von Know-how und Wissen, fordert Fewacci-Geschäftsführer Akadiri.
“Man redet schon seit 20 Jahren von einer Heirat zwischen afrikanischen und europäischen KMUs. Aber wenn man genau hinschaut, dann geht es doch um sehr verschiedene Realitäten, was die Infrastruktur, die Verfahren und die Qualität der Produkte angeht”, beklagt der Unternehmensvertreter. “Wir müssen mehr Wissen und Erfahrung und Investitionen teilen, damit wir gemeinsam auf die Herausforderungen der Globalisierung antworten können.” Die Menschen vor Ort müssten dabei unbedingt am wirtschaftlichen Aufbau beteiligt werden. Akadiri nennt ein Beispiel aus der Kakaoproduktion, bei der die Produzenten auch Aktionäre sind und am Umsatz beteiligt werden.
Bei allen guten Bemühungen sieht der Handelskammer-Chef in Afrika eine große Herausforderung: die Unterscheidung zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren: “Das ist eine Frage guter Regierungsführung. Der Markt muss transparenter werden, um Interessenskonflikte und Mauscheleien zu vermeiden. Jeder muss in seinem Eckchen bleiben: Der Schiedsrichter bleibt Schiedsrichter, der Spieler ein Spieler.”
Für die Zukunft wünscht sich Akadiri in der Zusammenarbeit zwischen Afrika und dem Westen einen Fokus auf die Wirtschaft. Etwa in Form von Dreiecks-Kooperationen aus staatlichen und privatwirtschaftlichen Partnern, gekoppelt mit einem Partner aus der Entwicklungszusammenarbeit.
Sabine Dall’Omo, Siemens Subsahara Afrika, CEO/Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft, Vorsitzende:
Wir begrüßen es, dass die Bundesregierung in ihrer Diversifizierungsstrategie sämtliche mit dem Compact with Africa assoziierten Staaten sowie auch Kenia und Algerien mit verbesserten Garantiebedingungen ausstattet. Allerdings sind wir der Auffassung, dass hierzu im Hinblick auf Konditionen und abgesicherte Risiken noch weiterer Handlungsbedarf besteht. Vor allem dann, wenn wir deutlich mehr mittelständische Unternehmen mit verstärkten Engagements auf dem afrikanischen Kontinent sehen möchten. Alle Studien und Umfragen unter Einbeziehung des Privatsektors zeigen uns, dass das Kernanliegen zweifellos eine stärkere Risikoabsicherung ist.
Ganz wichtig ist die bessere Absicherung wirtschaftlicher Risiken, insbesondere Währungsrisiken, aber auch von Zahlungsausfallrisiken bei langfristigen Projekten, etwa im Bereich erneuerbare Energien und Infrastruktur. Bei einer Reihe von afrikanischen Ländern beeinträchtigen zudem Devisenknappheit und Probleme bei der Rückführung von Gewinnen eine verstärkte Investitionstätigkeit.
Was die Entwicklungspolitik angeht, wünschen wir uns, dass diese die wachstums- und wohlstandsfördernden Effekte von Handelsprojekten und Investitionen deutscher und europäischer Unternehmen viel stärker nutzt und fördert. Dazu ist es aber erforderlich, finanzielle Mittel der Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel auch zur Abdeckung unternehmerischer Risiken bei Engagements in Entwicklungsökonomien zu nutzen.
Martina Biene, Volkswagen South Africa, Managing Director & Chairperson:
Ich war positiv überrascht von der Präsenz vieler hochrangiger afrikanischer Politiker. Ich weiß nicht, ob man von so einem Gipfel wirklich konkrete Ergebnisse erwarten kann. Aber ich finde es wichtig, dass deutsche Politik, dass Deutschland sagt, Afrika ist uns wichtig. Genauso wichtig ist es, dass afrikanischer Vertreter hierherkommen und uns sagen: “Wir wollen deutsche Investments, und wir verstehen, was zu tun ist, um diese Investments anzulocken.”
Janis Just, Test Solutions, Head of Offshore Operations:
Der bei der Konferenz bereits im Vorfeld durchgesetzte Fokus auf erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit klammert nicht nur Kernthemen wie Digitalisierung und andere aus. Auch einem ehrlichen Interessensaustausch sind diese forcierten Prioritäten wenig förderlich. Die richtigen Stichworte wurden von jedem Redner wie vom Gastgeber erwünscht genannt. Doch einer vom Kanzler beschworenen Kooperation auf Augenhöhe wurde dies kaum gerecht.
Afrikanischen Ländern die eigenen energiepolitischen Prioritäten aufzuzwingen, führt dazu, dass vorhandene wirtschaftliche Eigeninteressen zu Kooperationszwecken mit Deutschland und Europa in eine klimapolitische Schablone gepresst werden müssen. Wer hier nicht mitmacht oder einfach wenig erneuerbare Energien anzubieten hat, scheint aus dem Fokus geraten.
Nicolas Rohrer, Asantys Systems, Managing Director:
Ich habe den Eindruck, dass die Bundesregierung endlich erkannt hat, dass wir Afrika auf Augenhöhe begegnen müssen. Diese Konferenz zeigt das deutlich. Nun müssen wir noch vom Abstrakten ins Konkrete kommen.
Stefan Tavares Bollow, Gauff Engineering, Managing Director:
Ohne die G20-Initiative CwA wäre Gauff wahrscheinlich kaum im frankophonen Afrika vertreten. Wir halten sehr viel von dieser Initiative, sie hat uns die Tür im Senegal und in der Elfenbeinküste geöffnet. Dass das Interesse afrikanischer Länder zu wachsen scheint, ist ein gutes Zeichen.
Wir hätten uns gefreut, wenn der Kreis der Compact-Länder noch stärker erweitert worden wäre. Angola und auch Namibia gehören hier zu den vielversprechendsten Kandidaten.
Christiane Kragh, Off-Grid Europe, CEO & Founder:
Der Gipfel war ein Erfolg, denn die öffentliche Unterstützung durch die Initiative gibt deutschen Unternehmen das Selbstbewusstsein, in Afrika zu investieren. Und auch in Afrika findet es große Beachtung, dass Deutschland diesen Gipfel ausrichtet. Nicht jedes europäische Land schafft es, eine solche Menge hochrangiger Gäste zusammenzubringen. Die beiden großen Themen der Konferenz, Infrastruktur und Energie, sind richtig gewählt, denn sie sind letztlich die Katalysatoren für Wachstum in anderen Bereichen.
Stanley Achonu, One, Country Director Nigeria:
Alle wichtigen Themen wurden genannt, etwa die Schaffung von Arbeitsplätzen, der Kampf gegen den Klimawandel, wo in Afrika investiert werden muss, oder die Herausforderungen des afrikanischen Investitionsumfeld. Aber, wie der nigerianische Präsident richtig festgestellt hat, die Initiative kommt zehn Jahre zu spät. Leider gab es keine Aussagen über einen Investitionsrahmen, keine konkreten Zusagen für Investitionen oder einen Zeitplan, kein Wort zur Finanzierung und Absicherung der Investitionen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Gespräche in bilateralen Treffen geführt werden.
Mit Blick auf den CwA-Beitritt der bisher für Investoren schwierigen DR Kongo setze ich darauf, dass die Mitgliedschaft zu positiven Veränderungen in der kongolesischen Volkswirtschaft führen wird. Die Aussicht auf ausländische Investitionen wird hoffentlich die nötigen Reformprozesse beschleunigen. Das gilt übrigens für alle CwA-Länder.
Der 20. November steht im Zeichen der Zusammenarbeit mit Afrika. Morgens findet auf Einladung der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft der “G20 Investment Summit” statt. Und ab dem frühen Nachmittag lädt der Bundeskanzler zahlreiche Partner aus Afrika und der Welt zur “Konferenz zum G20 Compact with Africa 2023” ins Kanzleramt.
2017 rief Deutschland als G20-Präsidentschaft den “G20 Compact with Africa” (CwA) ins Leben. Seitdem arbeitet die G20 im CwA mit reformorientierten afrikanischen Partnern eng zusammen an einem gemeinsamen Ziel: Mehr ausländische Privatinvestitionen durch Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den CwA-Ländern. Unterstützt werden die CwA-Länder dabei von der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und der Afrikanischen Entwicklungsbank. Damit entstand ein einzigartiges multilaterales Partnerschaftsformat, von dem alle Beteiligten profitieren können. Mittlerweile hat sich der CwA als zentrales Format der Zusammenarbeit zwischen der G20 und afrikanischen Partnern fest etabliert – und trägt dabei auch der gewichtigen Rolle Afrikas in einer immer stärker multipolaren Welt Rechnung.
Der Blick auf die Zahlen des aktuellen CwA-Monitoringberichts[1] zeigt: CwA-Länder – reformbedingt offener für Handel und ausländische Direktinvestitionen – konnten sich überdurchschnittlich stark von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erholen. Im vergangenen Jahr lag das Wirtschaftswachstum der CwA-Länder doppelt so hoch wie das der afrikanischen Nicht-CwA-Länder, der Exportzuwachs war fast vier Mal so hoch. Den CwA-Ländern gelang, insbesondere aufgrund des großen Volumens von Investitionen im erneuerbare Energien-Sektor in Ägypten und Marokko, eine Versechsfachung ausländischer Direktinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr.
Das Interesse am CwA ist ungebrochen. Zu den bisher zwölf Compact-Staaten ist erst kürzlich die Demokratische Republik Kongo als 13. Mitglied neu hinzugekommen. Und weitere reformorientierte Staaten haben ihr Interesse an einem Beitritt bekundet und sitzen deshalb bei der CwA-Konferenz in Berlin bereits mit am Tisch. Bei dieser Konferenz strebt die Bundesregierung mit ihren Partnern konkrete Ergebnisse an.
Zur Stärkung der Privatinvestitionen hat die Bundesregierung bereits kürzlich Anreize zur stärkeren Diversifizierung der Außenwirtschaftsbeziehungen beschlossen: Für Direktinvestitionen in bestimmte Staaten gelten von nun an günstigere Garantiekonditionen. Das gilt grundsätzlich auch für die CwA-Länder und soll dazu dienen, Lieferketten zu diversifizieren und resilienter zu machen. Letzteres gilt auch für eine engere Zusammenarbeit bei der nachhaltigen Gewinnung und lokalen Weiterverarbeitung von Rohstoffen, bei der die Bundesregierung der Maxime folgt: Partnerschaft und Wertschöpfung vor Ort statt Extraktivismus. Anknüpfen kann die Bundesregierung zudem an die erfolgreichen Initiativen “Africa Connect” und “Africa Grow” mit attraktiven Finanzierungsangeboten. Die von der Bundesregierung unterstützte Versicherungsagentur “African Trade and Investment Development Insurance” bietet Finanzprodukte zur Risikoabsicherung an und befördert grenzüberschreitenden Handel sowie ausländische Direktinvestitionen. Außerdem stärkt die Bundesregierung ihr vielfältiges Unterstützungsangebot, um die Einstiegsschwelle für Unternehmen in die CwA-Märkte zu reduzieren.
Viele der CwA-Länder haben zudem exzellente Potenziale für erneuerbare Energien, während Deutschland perspektivisch einen Großteil seines Bedarfs an grünem Wasserstoff über Importe wird decken müssen. Die CwA-Konferenz soll daher einen Startschuss für die gestärkte und langfristig angelegte Zusammenarbeit im Bereich nachhaltiger Energieversorgung darstellen, lokal und für den Export von grünem Wasserstoff und Derivaten von Afrika nach Deutschland und Europa. Anknüpfen kann Deutschland dabei an die “Africa-EU Green Energy Initiative”, für die von der CwA-Konferenz ein weiterer Schub ausgehen soll. Durch ein Zusammenwirken öffentlicher und privater Investitionen soll über diese Initiative der Ausbau erneuerbarer Energien in Afrika massiv vorangetrieben werden – für die lokale Energiewende, die industrielle Entwicklung Afrikas und den Export.
Dr. Steffen Meyer ist der Leiter der Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik im Bundeskanzleramt. In den Aufgabenbereich des Ökonomen fällt auch die Außenhandelsinitiativen der Bundesregierung. Meyer hat viele Jahre im Bundesfinanzministerium sowie beim Internationalen Währungsfonds gearbeitet.