Table.Briefing: Africa

Sudan: Kein Frieden in Sicht + Nigeria: Milliarden-Investition in Ölsektor + Äthiopien: Nationaler Dialog wenig zielführend

Liebe Leserin, lieber Leser,

die vielen Vorurteile und Klischees, die weltweit in den Medien über Afrika kursieren, bleiben nicht ohne Folgen. Mein Kollege Arne Schütte, der gerade für gut zwei Monate im Südwesten des Kontinents arbeitet, berichtet über eine Studie, die aufzeigt, wie negativ sich die stereotype Berichterstattung über Afrika ganzz konkret auswirkt: Afrikanische Schuldner müssen höhere Zinsen zahlen als vergleichbare Kreditnehmer beispielsweise in Asien. Die einseitige Berichterstattung kostet Afrika Milliarden.

Wir bei Africa.Table versuchen, mit Daten, Fakten und fundierter Berichterstattung über den Kontinent zu informieren – auch in dieser Ausgabe, in der wir Ihnen wieder lesenswerte Analysen, Nachrichten und ein Porträt über eine bemerkenswerte Wissenschaftlerin aus Algerien bieten.

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.

Ihr
Christian von Hiller
Bild von Christian  von Hiller

Analyse

Sudan: Wie weit ein Frieden entfernt ist

Im Sudan haben sich laut lokalen Medienberichten die Kämpfe zwischen sudanesischer Armee (SAF) und Rapid Support Forces (RSF) intensiviert. Demnach fokussierten sich die Kämpfe zuletzt auf die sudanesische Hauptstadt Khartum. Ende September hatte die von Ex-Machthaber General Abdel Fattah Abdelrahman Burhan geführte SAF eine Offensive gestartet, um die Stadt von den RSF zurückzuerobern. Auch in anderen Landesteilen tobt der Krieg zwischen den beiden Militärblöcken weiter – besonders in den fünf Darfur-Provinzen im Westen des Landes, die als Hochburgen der paramilitärischen RSF gelten, die von Burhans Ex-Verbündetem, Mohammed Hamdan Daglo alias Hemeti, geführt werden.

Im August scheiterten Vermittlungsgespräche, die die USA in Genf organisiert hatten. Die SAF hatte ihre Teilnahme verweigert – Beobachtern zufolge wenig überraschend, da die USA sich aus einer Logik westlicher Interessen heraus positioniert hatten. Der Sudan-Konflikt kann allerdings nicht ohne die verschiedenen Interessen der Regionalmächte betrachtet werden. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die in den Konflikt involvierten Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Saudi-Arabien, Iran, die Türkei, aber auch Russland ihre Unterstützung für eine der beiden Gruppen kurzfristig einstellen werden.

Internationaler Druck müsste steigen

International müsste der Druck auf die Konfliktparteien zunehmen, fordert SPD-Außenpolitikerin Derya Türk-Nachbaur im Gespräch mit Table.Briefings: “Die großen Mächte müssen geschlossen auftreten und die Differenzen im UN-Sicherheitsrat beilegen. Gezielte Sanktionen gegen die Konfliktparteien müssen verhängt werden.”

Mit Russland Kompromisse zu schließen, ist derzeit allerdings schwierig. Schließlich pflegt Präsident Wladimir Putin gute Beziehungen zur SAF. Diese soll mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow im Juni den Bau einer russischen Militärbasis am Roten Meer vereinbart haben. Im Gegenzug dürfte die SAF auf russische Waffenlieferungen setzen.

Gewicht im Sudan hätten Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. “Ich wünsche mir, dass sie das wirklich einsetzen”, sagt Türk-Nachbaur. Von deutscher Seite sei eine starke Unterstützung für regionale Organisationen wie die Afrikanische Union oder die Intergovernmental Authority on Development (IGAD), der neben dem Sudan sieben weitere nordostafrikanische Länder angehören, entscheidend, “um eine glaubwürdige Vermittlung auch zu unterstützen”, so Türk-Nachbaur.

Durch Fluchtbewegungen breiten sich Krankheiten aus

Mangelnde Bereitschaft der kriegsführenden Generäle zu Verhandlungen sieht auch Jawhratelkmal Kanu, Sudan-Expertin am United States Institute for Peace. “Die Zivilbevölkerung wird in den von der RSF kontrollierten Gebieten weiterhin belagert, während die SAF ihre Luftangriffe fortgesetzt hat. Berichten zufolge werden alle Anstrengungen unternommen, um die Kämpfer wiederzubewaffnen und zu mobilisieren, damit sie sich auf eine weitere Runde kostspieliger, brutaler Gewalt vorbereiten können”, schreibt Kanu in einer Analyse für das United States Institute of Peace.

Über elf Millionen Sudanesen sind schätzungsweise auf der Flucht. Die Menschen würden von einem Kampfgebiet ins nächste fliehen, müssten teilweise 3.000 Kilometer zu Fuß zurücklegen, sagt Aida Elsayed, Generalsekretärin des sudanesischen Roten Halbmonds. Medikamente fehlten, Krankheiten brächen aus. Einen Cholera-Ausbruch im vergangenen Jahr hätte man noch kontrollieren können. “Mit den Fluchtbewegungen kann man ihn nicht oder nur kaum mehr kontrollieren”, sagt Elsayed.

Weitere Destabilisierung durch Krisen in Nachbarländern

In den Flüchtlingslagern sei die Situation instabil, die Menschen erhielten nur unregelmäßig Essen oder Unterstützung in ihrer Basisversorgung. Hygiene und die Versorgung mit Wasser seien nicht ausreichend. Und ein Großteil der Bevölkerung ist traumatisiert. “Die Bilder, die Kinder malen, sind schrecklich. Sie zeigen viel Blut und tote Körper”, sagt Elsayed. Auch Krisen in Nachbarländern sorgen für Destabilisierung. Sudanesen, die nach Äthiopien geflohen sind, kämen wieder zurück ins Land, weil Äthiopien keine Aufnahmekapazitäten mehr habe. “Sie erzählen schreckliche Geschichten über ihre Fluchterlebnisse.”

Weil Bauern vertrieben werden, können sie ihre Äcker nicht mehr bewirtschaften. “Die Hungersnot ist alarmierend”, berichtet Elsayed weiter. Hilfslieferungen kämen nicht immer durch, weil der Regen Straßen überschwemme oder weil Kämpfe ausbrächen. Andere Hilfskonvois seien überfallen worden. Frauen werden gezielt angegriffen. Einige seien als Sklavinnen in afrikanische Nachbarländer verkauft worden. Tausende würden vergewaltigt.

Elsayed hat Zweifel, dass ein sofortiger Friedensschluss zwischen RSF und SAF die Konflikte sofort beenden würde. Weil verlassene Häuser nun von anderen bewohnt würden, könnten viele Sudanesen nicht in ihre Häuser zurückkehren. Auch das erschwert eine Rückkehr zu Frieden im Land.

  • Afrika
  • Afrikanische Union
  • Geopolitik
  • Igad
  • SAF
  • Sudan
  • Wladimir Putin
Translation missing.

Nigeria: Milliarden-Investition von Exxon Mobil soll Ölförderung anschieben

Mit einer Investition von zehn Milliarden US-Dollar in die Offshore-Förderung will Exxon Mobil Nigerias Ölbranche einen kräftigen Schub verleihen. Selbst für den nigerianischen Ölsektor, in dem die Beteiligten an hohe Beträge gewöhnt sind, ist dies eine große Investition. Dies sei ein klarer Beweis, wie die Wirtschaftsreformen und investitionsfreundlichen Richtlinien der Regierung greifen, sagte Nigerias Vizepräsident Kashim Shettima nach einem Treffen mit hochrangigen Führungskräften von Exxon Mobil in New York.

“Diese potenzielle Investition von Exxon Mobil passt perfekt zur Vision der Regierung von Präsident Bola Tinubu für ein investitionsfreundlicheres Nigeria”, sagte Shettima. “Wir sind entschlossen, ein unterstützendes Umfeld für solche transformativen Projekte zu schaffen.”

Verflechtung der Schwellenländer

Vergangene Woche präsentierte auch der Leiter der Nigerian Upstream Petroleum Regulatory Commission (NUPRC), Gbenga Komolafe, auf der African Oil Week Conference eine Initiative mit dem Ziel, internationale Investoren für den nigerianischen Öl- und Gassektor zu gewinnen. Dabei betonte Komolafe Nigerias Engagement für Transparenz, regulatorische Effizienz und ein günstiges Geschäftsumfeld für Investoren.

Exxon Mobil beabsichtigt, sein Flachwassergeschäft in Nigeria in einem 1,3 Milliarden Dollar schweren Deal an Seplat Energy zu verkaufen. Das Unternehmen, das an der Börse London mit umgerechnet rund 1,5 Milliarden Euro bewertet wird, betreibt bereits sieben Onshore-Förderblöcke in Nigeria. Größter Einzelaktionär von Seplat ist das französische Energieunternehmen Maurel & Prom mit einem Anteil von 20,5 Prozent. An Maurel & Prom wiederum hält die indonesische Regierung eine Mehrheit von 71,1 Prozent. Dieses Beispiel ist ein weiterer Beleg für die wachsende wirtschaftliche Verflechtung der Schwellenländer.

Exxon Mobil bekräftigt Engagement

Als Reaktion auf die Investition bekräftigte Shane Harris, Vorsitzender von Exxon Mobil Affiliates in Nigeria, das Engagement des Unternehmens in Nigeria. “Unser Engagement für Nigeria bleibt unerschütterlich”, sagte Harris. “Während wir 70 Jahre Ölproduktion und acht Milliarden produzierte Barrel feiern, ziehen wir uns nicht zurück, sondern konzentrieren unsere Investitionen auf Tiefseemöglichkeiten.”

Herzstück der neuen Strategie von Exxon Mobil ist das Owo-Projekt, eine umfangreiche Unterwasseranbindung, die eine Investition von zehn Milliarden US-Dollar darstellen könnte. Exxon Mobil ist in Nigeria in die Exploration, die Förderung und den Vertrieb von Öl und Gas involviert. Dieses Geschäft betreuen die Tochtergesellschaften:

  • Mobil Producing Nigeria Unlimited (MPN),
  • Esso Exploration and Production Nigeria Limited (EEPNL) und
  • Esso Exploration and Production Nigeria (Offshore East) Limited.

Im vergangenen Jahr nahm Exxon Mobil 127 Milliarden US-Dollar mit Ölprodukten in den USA ein. Unter anderem gehört Exxon Mobil die Marke Esso. Im Ausland jedoch lagen die Erlöse um 52 Prozent über dem US-Umsatz bei 193 Milliarden Dollar. Für Nigeria weist der Konzern keine Umsatzzahlen aus.

Hoffnung auf weitere Investoren

“Die von Exxon Mobil geplanten Investitionen in die Erschließung der Offshore-Ölressourcen in Nigeria könnten enorme Auswirkungen auf den Energiesektor und die allgemeine Wirtschaft des Landes haben“, sagte Ayodele Oni, Partner bei Bloomfield Law Practice, im Gespräch mit Table.Briefings.

“Durch die Erschließung dieser Offshore-Ressourcen wird das Land seine Rohölproduktion steigern, um sowohl die inländische Energieversorgung als auch die globale Nachfrage zu decken”, sagte Oni weiter. “Dieses Engagement von Exxon Mobil könnte auch dazu führen, dass mehr ausländische Direktinvestitionen in Nigerias Öl- und Gasindustrie fließen werden und das Land wieder zu einem günstigen Standort für die Öl- und Gasförderung wird.” Die Exxon-Investition bedeute auch, dass die Zahl der Bohrinseln im Land steigen werde, sagte Jide Pratt, Country Manager von Trade Grid, zu Table.Briefings.

  • Energie
  • Nigeria
  • Rohstoffe
  • Unternehmen
  • USA

Äthiopien: “Der nationale Dialog trägt zurzeit wenig bei”

Gerrit Kurtz
Gerrit Kurtz, Afrika- und Nahost-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Herr Kurtz, Sie haben vor kurzem einen Artikel über den nationalen Dialog in Äthiopien veröffentlicht. Warum halten Sie es gerade jetzt für wichtig, den nationalen Dialog in Äthiopien zu thematisieren?

Der nationale Dialog ist ein zentrales Vorhaben der Regierung. Das Narrativ der Regierung ist, dass dieser ein wesentliches Instrument ist, um die grundsätzlichen Konflikte, die das Land seit Jahrhunderten bewegen, anzugehen. Die äthiopische Bevölkerung und auch äthiopische Oppositionsgruppen müssen einen Umgang mit dem Dialog finden. Auch Äthiopiens internationale Partner suchen nach einem konstruktiven Umgang mit den Konflikten im Land, damit Äthiopien nicht nur innerlich stabiler wird, sondern damit auch wieder mehr in die regionale Sicherheit investieren kann. Dafür sollte eigentlich ein solcher Prozess wie der nationale Dialog eine wichtige Rolle spielen.

Sie haben in Ihrer Veröffentlichung erwähnt, dass das Ziel des nationalen Dialogs darin besteht, die Bevölkerung hinter Abiys Einheitskonzept zu versammeln. Wie realistisch wird das sein?

Das ist genau das Problem: Im Moment hat der nationale Dialog sehr geringe Chancen, zur Einigung des Landes beizutragen. Niemand ist grundsätzlich gegen die Herstellung eines nationalen Konsenses. Das Problem ist, dass diese nationale Einigung unter der Hegemonie Abiys beziehungsweise der Prosperity Party stattfinden soll. Es gibt sehr viel Misstrauen bei der Bevölkerung, bei bewaffneten Gruppen und anderen Oppositionsgruppen gegenüber dem nationalen Dialog, weil das Parlament, das die Kommission eingesetzt hat, massiv von der Prosperity Party dominiert wird. Solange die Dominanz des gesamten Staatsapparats durch die Regierungspartei so stark ist, wird es immer ein hohes Misstrauen geben. In der Theorie ist der Dialog ein gutes Instrument, in der aktuellen Praxis gibt es sehr viele Fragezeichen.

Wenn Dialog hilft, Frieden zu schaffen, warum arbeitet die Regierung dann dagegen?

Ich glaube, es gibt eine komplexe Motivlage. Klar, die schärfsten Kritiker würden sicherlich sagen, die Regierung hat den nationalen Dialog nur geschaffen, um internationale Geber oder auch innerstaatliche Kritiker zu besänftigen. Das funktioniert offensichtlich nicht. Die Leute, die den nationalen Dialog durchführen, meinen es durchaus ernst. Es ist aber auch so, dass ein solcher Dialog ungewohnt ist, in dem Sinne, dass er eine staatsferne öffentliche Sphäre voraussetzt, bei der auch das Regierungshandeln infrage gestellt werden könnte. Daher kommt dann auch dieser Widerspruch.

Die Opposition befürchtet, dass die Regierung den Dialog nutzen könnte, um Verfassungsänderungen durchzusetzen. Wenn sich diese Befürchtungen bewahrheiten, was wird dann aus der Regierung Abiy und dem Schicksal der Menschen in diesem Land?

Die Befürchtung der Oppositionsparteien ist eben, dass es Verfassungsänderungen gibt, mit denen sie nicht einverstanden sind, beispielsweise könnten einige der großen Bundesstaaten verkleinert werden oder das Prinzip des Ethno-Föderalismus gestrichen werden. Oder dass statt eines parlamentarischen Systems ein Präsidialsystem eingeführt werden könnte. Aber es ist ja noch nicht klar, welche Änderungen überhaupt angestrebt werden. Das kann man jetzt auch noch nicht konkret sagen. Das löst diese Sorgen aus. Ich kann erstmal nur über diese berichten, die wiederum Ausdruck des Misstrauens in Teilen der Bevölkerung sind.

Die Menschen befürchten, dass der Dialog als Instrument benutzt werden könnte, um Artikel 39 der Verfassung abzuschaffen, der ein uneingeschränktes Recht auf Selbstbestimmung, einschließlich des Rechts auf Sezession, verspricht. Haben die Menschen bei Ihren Recherchen solche Befürchtungen geäußert?

Das ist genau die Sorge, dass es eine weitere Zentralisierung geben könnte. Die Transformation der früheren Regierungskoalition der EPRDF zur jetzigen Regierungspartei der Prosperity Party wird da als ein entsprechendes Zeichen gesehen. Im Gegensatz zur EPRDF ist die PP stärker hierarchisch an der Führung des Premierministers orientiert. Gleichwohl hat die aktuelle Regierung ja auch die Anwendung der weiteren Selbstbestimmung im Süden des Landes zugelassen, wo neue Bundesstaaten entstanden sind.

Warum unterstützen Deutschland und NGOs wie die Berghof-Stiftung weiterhin die Kommission, obwohl sie bereits wussten, dass die Kommission auf dem falschen Weg ist?

Die Unterstützung ist ja genau darauf ausgerichtet, die Kommissionsmitglieder zu unterstützen, den Prozess effektiver und glaubwürdiger zu machen. Das Ziel ist nicht, damit per se die Regierung zu unterstützen. Man sieht das Potenzial des nationalen Dialogs und nicht viele Alternativen, die einer konstruktiven Friedensförderung zumindest dienen könnten. Ich glaube, dass die Gefahr noch nicht so groß ist, solange die Kommission Konsultationen durchführt. Der mögliche Schaden würde erst eintreten, wenn daraus Empfehlungen kommen oder wenn die Regierung diesen nationalen Dialog beispielsweise für Verfassungsänderungen nutzen sollte oder für andere politische Entscheidungen. Aus der deutschen und internationalen Unterstützung entsteht natürlich auch eine gewisse Legitimierung für den Prozess. Deswegen ist es so wichtig, dass diese Partner genau beobachten, um nicht für eine autoritäre Konsolidierung eingespannt zu werden.

Ist ein Dialog in der jetzigen Form und in dem Verfahren der Kommission möglich? Wenn nicht, was sind die Alternativen?

Die hohen Ambitionen, welche das äthiopische Parlament für den nationalen Dialog formuliert hat, werden sicher nicht eingelöst werden. Im besten Fall könnte dieser Prozess auch eher den Rahmen dafür schaffen, nationale Streifragen in Zukunft konstruktiv auszutragen. Danach sieht es im Moment aber überhaupt nicht aus. Die äthiopische Regierung riskiert damit, dass einige der Streitfragen auch weiterhin gewaltsam ausgetragen werden und sich die Fliehkräfte vergrößern könnten. Alternativen könnten zumindest Dialoge auf lokaler und bundesstaatlicher Ebene sein, um die dortigen Streitfragen systematisch anzugehen, auch wenn Fragen der nationalen Identität, verfassungsmäßigen Ordnung und des politischen Systems aufgrund des autoritären Kontexts nicht offen besprochen werden können.

Dr. Gerrit Kurtz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Kurtz hat in Friedens- und Konfliktstudien am King’s College London promoviert. Vor kurzem hat er einen Artikel über die Herausforderungen des nationalen Dialogs in Äthiopien veröffentlicht.

  • Äthiopien
  • Bürgerkrieg
  • Demokratie
  • SWP
  • Transformation
  • Wissenschaft

News

Schuldendienst: Stereotype Berichterstattung kostet Afrika jährlich Milliarden

Die afrikanischen Länder zahlen eine “Vorurteilsprämie” von mehreren Milliarden von Dollar für den Schuldendienst. Grund hierfür sind stereotype Darstellungen in der weltweiten Berichterstattung über den Kontinent. Die afrikanischen Staaten verlieren dadurch jährlich bis zu 4,2 Milliarden Dollar. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie der NGO Africa No Filter und des Beratungsunternehmens Africa Practice.

Um die wirtschaftlichen Kosten einer klischeehaften Berichterstattung abzuschätzen, berechneten die Wissenschaftler die möglichen Einsparungen bei den Kosten des Schuldendienstes für Nigeria, Kenia, Ägypten und Südafrika. Die Studie quantifiziert die Verzerrungen in den Medien, indem sie die afrikanischen Länder mit Ländern mit ähnlichen Risikoprofilen vergleicht. Anschließend bewerten die Autoren der Studie, wie diese Verzerrungen mit den Renditen von Staatsanleihen korrelieren.

Negative Themen im Vordergrund

Die Ergebnisse zeigen, dass afrikanische Länder während Wahlen eine erhöhte Medienaufmerksamkeit erhalten. Negative Themen wie Gewalt und Wahlbetrug stehen dabei unverhältnismäßig stark im Vordergrund. So berichteten beispielsweise 88 Prozent der Medienartikel über Kenia während der Wahlperiode negativ, im Vergleich dazu: nur 48 Prozent der Medienartikel im Rahmen der Wahlen in Malaysia waren negativ. Internationale Investoren nehmen demnach afrikanische Länder ungerechtfertigterweise als risikoreicher wahr. Dies führt zu deutlich höheren Kreditkosten im Vergleich zu Ländern mit ähnlichen politischen und sozioökonomischen Bedingungen.

Die Autoren der Studie schätzen, dass die Berichterstattung die Kreditzinsen um bis zu zehn Prozent erhöhen kann. Eine Verbesserung um zehn Prozent führt dabei zu einem Rückgang der Zinsen um einen Prozentpunkt. Durch den Vergleich der tatsächlichen Schuldendienstkosten mit den um die verbesserte Medienstimmung bereinigten Kosten errechneten die Forscher ein jährliches Einsparpotenzial von bis zu 0,14 Prozent des BIP. Hochgerechnet auf den Kontinent sind das 4,2 Milliarden Dollar. Allerdings räumen die Autoren ein, dass die Summe als Indikator für die Größenordnung der möglich Einsparung gesehen werden sollte und nicht als genauer Wert.

Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass wahrscheinlich andere wichtige Triebkräfte der Entwicklung in ähnlicher Weise von der überzogenen Risikowahrnehmung betroffen sind. Dies gilt ihrer Meinung nach besonders für den Tourismus, ausländische Direktinvestitionen und die Entwicklungszusammenarbeit. ajs

  • Finanzen
  • Malaysia
  • Medien
  • NGO
  • Schulden
  • Zinsen

Weltgesundheitsgipfel: Deutschland sagt WHO 360 Millionen Euro zu

Im Rahmen des Weltgesundheitsgipfels der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Berlin hat Bundeskanzler Olaf Scholz der Organisation mindestens 360 Millionen Euro an Finanzierung zugesagt. “So viele Menschenleben zu schützen, ist eines der Ziele der Weltgesundheitsorganisation”, sagte Scholz in seiner Rede auf dem Gipfel am Montagabend. Über die kommenden vier Jahre würden durch die Arbeit der WHO 40 Millionen Menschen gerettet werden, so Scholz weiter.

Der Weltgesundheitsgipfel startete bereits am Montag unter dem Motto “Building Trust for a Healthier World” (Vertrauen schaffen für eine gesündere Welt). Im Fokus des Gipfels stand dabei insbesondere, die Finanzierung der Organisation sicherzustellen. Diese gestaltete sich zuletzt nicht immer leicht. Vor dem Eindruck der Corona-Pandemie und anderen globalen Gesundheitsrisiken soll die Finanzierung auf solidere Beine gestellt werden. Dafür hatten Gastgeber Deutschland in Zusammenarbeit mit Frankreich und Norwegen zu der ersten Finanzierungsrunde der WHO eingeladen. Bislang stehen der Organisation für die beiden Jahre 2024 und 2025 ein Budget von rund 6,8 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Die WHO finanziert zu einem großen Teil aus freiwilligen Spenden – unter anderem der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Künftig sollen die Pflichtbeiträge der WHO-Mitgliedsstaaten steigen.

Im Rahmen des Weltgesundheitsgipfels stellte Entwicklungsministerin Svenja Schulze zudem eine neue Initiative gegen vernachlässigte Krankheiten bei Frauen vor. Von der Initiative sollen speziell auch Frauen in Subsahara-Afrika profitieren. “Jede Frau hat das Recht, selbst über ihren Körper zu bestimmen. Aber es gibt immer noch viel zu viele Frauen auf der Welt, denen dieses Recht verwehrt bleibt”, sagte die Ministerin. Der Gipfel findet noch bis Dienstag statt. Aufzeichnungen der Paneldebatten können über den Youtube-Kanal des Weltgesundheitsgipfels abgerufen werden. dre

  • Bundesregierung
  • Gesundheit
  • Gesundheitspolitik
  • Globaler Süden
  • WHO

EU-Sondergesandter für Große Seen besucht Ruanda

Der neue Sondergesandte der EU für die Afrikanischen Großen Seen, Johan Borgstam, hat der Region in der vergangenen Woche einen ersten Besuch abgestattet. Borgstam besuchte vom 10. bis zum 12. Oktober Ruanda und traf Präsident Paul Kagame und weitere Regierungsvertreter zu Gesprächen.

Neue EU-Mittel für Ruandas Armee

Der Besuch kommt kurz nachdem die EU weitere 20 Millionen Euro für die ruandischen Streitkräfte zugesagt hat. Über die Zuteilung dieser Mittel war in Brüssel lange gestritten worden. Eine Einigung konnte nun erzielt werden, nachdem Ruanda zugesichert hatte, die Mittel ausschließlich zur Finanzierung seines Kampfes gegen islamistische Terroristen im Norden Mosambiks einzusetzen.

Borgstam tritt sein Amt inmitten erheblicher regionaler Spannungen und Konflikte an. Die Region der Großen Seen, die Burundi, Ruanda, den Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und den Nordwesten Kenias und Tansanias umfasst, wird von einer Reihe komplizierter und tief verwurzelter Konflikte geplagt. Das vielleicht drängendste Problem ist die ruandische Unterstützung der M23-Rebellen in der DR Kongo, ein Schlüsselfaktor im anhaltenden Konflikt im Osten des Landes. Darüber hinaus schwelt der Konflikt zwischen Ruanda und Burundi weiter. Die Grenze zwischen den beiden Ländern ist nach wie vor geschlossen, was die Beziehungen zwischen ihnen belastet.

Umfassendere Partnerschaften angestrebt

Borgstam erklärte, dass sich seine Gespräche in Ruanda sowohl auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Sicherheit bezogen als auch auf die Möglichkeiten, das wirtschaftliche und entwicklungspolitische Potenzial der Region voll auszuschöpfen. “Unsere laufende Zusammenarbeit zielt darauf ab, die Ursachen der Unsicherheit zu bekämpfen und gemeinsame Chancen für alle Länder in der Region zu schaffen”, sagte Borgstam.

Laut einer EU-Pressemitteilung fanden die Gespräche innerhalb des EU-Rahmens für das Engagement in der Region statt, der im Februar 2023 beschlossen wurde. Dazu zählen die Unterstützung regionaler Vermittlungs- und Erleichterungsbemühungen wie die Friedensprozesse von Luanda und Nairobi sowie der Aufbau einer umfassenderen und strategischeren Partnerschaft mit allen Ländern in der Region der Großen Seen, insbesondere mit Ruanda, der DR Kongo, Burundi und Uganda.

Erfahrener Diplomat

Borgstam trat sein Amt am 1. September 2024 an und hat zunächst eine Amtszeit von zwölf Monaten. Der Posten des EU-Sondergesandten für die Großen Seen war zunächst unbesetzt geblieben, nachdem der ruandische Präsident Kagame offenbar gegen die Ernennung des belgischen Diplomaten Bernard Quintin lobbyiert hatte.

Vor seiner Ernennung war Borgstam unter anderem Leiter der EU-Delegation in Äthiopien und schwedischer Botschafter in der DR Kongo, Kenia und Griechenland. ajs

  • Diplomatie
  • DR Kongo
  • EU-Außenpolitik
  • Mosambik
  • Ruanda
  • Sicherheit

Senegals Regierung setzt auf regionale Wirtschaftszentren für Entwicklung

Die senegalesische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Senegal bis 2050 in ein Land mit hohem mittlerem Einkommen (Upper Middle Income Country) zu verwandeln. Das geht aus der langfristigen Entwicklungsstrategie Agenda national de transformation Sénégal 2050 hervor, die am Montag in Diamniadio, unweit von Dakar, vorgestellt wurde. Das Pro-Kopf-Einkommen soll von derzeit 1660 US-Dollar auf 4500 US-Dollar steigen. Bis 2050 wird sich die Bevölkerung von 18 auf 39 Millionen mehr als verdoppeln. Die langfristige Vision wurde rund einen Monat vor den Parlamentswahlen veröffentlicht. Sie ergänzt den kurzfristigen nationalen Entwicklungsplan (2025-2029).

Vor allem die Wirtschaft außerhalb der Hauptstadt Dakar soll durch regionale Zentren gefördert werden. Bisher würden auf nur 0,3 Prozent der Landesfläche 46 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet, hieß es in dem Strategiepapier. Bis 2050 soll das Gewicht von Dakars Einkommen auf 29 Prozent des BIP kommen. Dagegen soll die Wirtschaftsleistung im Osten (Matam, Tambacounda, Kédougou) auf einen Anteil von 20 Prozent steigen, das Zentrum des Landes soll 51 Prozent beitragen.

Der langfristige Entwicklungsplan Sénégal 2050 sieht vor, südlich von Dakar einen Petrochemie-Standort aufzubauen. Im Norden, Zentrum, Süden und Osten soll die Landwirtschaft ausgebaut, sowie Ökotourismus gestärkt werden. Die Gas- und Ölvorkommen des Senegal, die seit diesem Jahr schon teilweise kommerziell abgebaut werden, finden in der langfristigen Vision der Regierung von Faye und Sonko nur am Rande Erwähnung. Der Senegal solle sich stattdessen von einem einseitigen Wirtschaftsmodell verabschieden, dass sich vorwiegend auf den Export unverarbeiteter Ressourcen stütze, so Faye in seinem Vorwort. lcw

  • Senegal
  • Transformation
  • Westafrika
  • Wirtschaft
  • Wirtschaftsentwicklung

Standpunkt

Fünf typische Fehler in der Projektfinanzierung in Afrika

Christoph Pape
Christoph Pape, Gründer und Geschäftsführer der Daidalos Investment Advisors GmbH.

Viele Investitionsprojekte in Afrika sind zum Scheitern verurteilt, weil sie schon in der Konzeption der Finanzierung gravierende Mängel aufweisen. Fünf typische Fehler haben wir aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in vielen Projektfinanzierungen und M&A-Transaktionen feststellen können:

  1. Viele Unternehmen betreiben die Investorensuche nach dem Zufallsprinzip. Dies ist der Kardinalfehler, die Unternehmen bei ihren Investitionsprojekten in Afrika begehen. Sie verlassen sich zu sehr auf Zufallskontakte anstatt einen systematischen Auswahlprozess aufzusetzen. Für eine tragfähige Finanzierung mit verlässlichen Partnern ist es unerlässlich, sich zunächst mit den Marktbegebenheiten vertraut zu machen und die aktuellen Finanzierungsbedürfnisse der Investoren zu verstehen. Oft ist es ratsam, sich externe Expertise zu holen.
  2. Investitionsprojekte sind nicht in den lokalen Märkten verankert. Im Laufe der Jahre wurden uns immer wieder grandiose Innovationen präsentiert, für die es in Europa allerdings keinen Markt gab. Dann sollte der afrikanische Kontinent mit diesen bahnbrechenden Neuerungen beglückt werden. Viele dieser Projekte sind aussichtslos, weil sie an den Bedürfnissen der lokalen Märkte vorbeigehen. Finanzinvestoren mit Afrika-Expertise wissen das und winken ab. Jedes Investitionsprojekt muss mit einer profunden Analyse vor Ort starten: Gibt es zahlungskräftige Abnehmer? Welche kulturellen Begebenheiten sind zu beachten? Welche Aspekte im Hinblick auf die rechtliche Lage, behördliche Genehmigungen oder Zoll sind zu beachten? Hat der Projektinitiator keine Antwort auf diese Fragen, wird sein Projekt nie fliegen.
  3. Unternehmen legen sich zu schnell auf einen Geldgeber fest. Die Investorensuche ist mühsam und oft frustrierend. Da ist die Versuchung groß, sich auf den erstbesten Finanzier festzulegen, der Interesse zeigt. Eine gute Projektfinanzierung besteht jedoch aus vielen Bausteinen: Darlehen von Entwicklungsbanken, Kredite von Geschäftsbanken, Kapital von Fonds, privaten Geldgebern oder Family Offices und so weiter. Diese unterschiedlichen Interessen müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt werden und in eine tragfähige Balance gebracht werden. Wird eine Projektfinanzierung beispielsweise einseitig auf die Interessen von Kreditgebern ausgerichtet, wird das Projekt für Investoren, die Eigenkapital geben sollen, leicht unattraktiv. Oft genug ist auch das Gegenteil der Fall: Projekte, die auf Kapitalgeber zugeschnitten sind, müssen dann mühsam den Anforderungen der Banken angepasst werden.
  4. Unternehmen schränken Geldsuche auf Deutschland ein. Deutsche Unternehmen, die ein Investitionsprojekt in Afrika verfolgen, tendieren dazu, sich auf deutsche oder bestenfalls europäische Finanzierungsquellen festzulegen. Dabei ist das Interesse an Finanzierungen in Afrika in anderen Regionen der Welt größer. So sollten auch Finanzierer in Afrika angesprochen werden. Gerade dort hat sich der Finanzierungssektor enorm professionalisiert. Wir haben auch gute Erfahrungen damit gemacht, über unsere Büros in Dubai und Singapur Finanzierungspartner in diesen Teilen der Welt anzusprechen. Diese Investoren bringen häufig eine profunde Erfahrung mit Finanzierungen in schwierigen Märkten mit. Dadurch können sie leichter die echten Risiken eines Projekts von vermeintlichen unterscheiden.
  5. Projekte werden zu wenig auf die Bedürfnisse von Investoren zugeschnitten. Wir schauen uns eine Vielzahl von Businessplänen an und machen häufig dieselbe Beobachtung: Das Investitionsprojekt wird eingehend beschrieben, die Geschäftszahlen detailliert durchgerechnet. Doch das Wesentliche fehlt: Das Projekt ist nicht auf die Bedürfnisse der Finanzierungspartner zugeschnitten. Das ist jedoch unerlässlich, um Finanzierer für ein Investitionsprojekt zu begeistern. Hier hilft die alte Volksweisheit: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

Christoph Pape ist Gründer und Managing Director der Daidalos Investment Advisors GmbH in Frankfurt am Main. Sandra Dierstein ist Managing Director Middle East & Asia und leitet aus Dubai heraus die Büros in Dubai und Singapur. Daidalos ist auf innovative Finanzierungslösungen für komplexe Projektfinanzierungen weltweit spezialisiert.

  • Finanzen
  • Finanzmarkt
  • Zölle

Presseschau

Deutschlandfunk: Überschwemmungen in Nigeria. Zwei große Flüsse im nigerianischen Bundesstaat Kogi traten über die Ufer, wodurch mehr als 60.000 Menschen evakuiert werden mussten. Ein Behördenvertreter berichtete, dass die Aufnahmezentren für Vertriebene überfüllt seien. Die ersten Überschwemmungen in Nigeria wurden vor einem Monat gemeldet. Betroffen sind dicht besiedelte Gebiete, einschließlich Teilen der Hauptstadt von Kogi, Lokoja. In West- und Zentralafrika herrscht derzeit die jährliche Regenzeit, die in diesem Jahr von besonders schweren Niederschlägen geprägt ist. (“Zehntausende Menschen fliehen vor Überschwemmungen”)

Le Monde: Kein Ausnahmezustand im Tschad nach Überschwemmungen. Während die Flussüberschwemmungen N’Djamena bedrohen, wollen die Behörden zeigen, dass die Situation unter Kontrolle ist. Am 29. Dezember sollen Parlaments- und Kommunalwahlen den Übergangsprozess abschließen, der nach dem Tod von Präsident Idriss Déby im Jahr 2021 eingeleitet wurde. (“Au Tchad, des inondations sous contrôle politiqu”)

Reuters: Streikdrohung nach Wahl in Mosambik. Der unabhängige Präsidentschaftskandidat Venancio Mondlane hat am Freitag damit gedroht, einen landesweiten Streik auszurufen und Mosambik zum Stillstand zu bringen, falls sich die Regierungspartei Frelimo in den Präsidentschaftswahlen zum Sieger erklären sollte. Mondlane sagte, dass er nach den von seinen Wahldelegierten in den Wahllokalen erhobenen Zahlen nach der Wahl am Mittwoch in Führung liege. Die vorläufigen Ergebnisse werden voraussichtlich am Samstag bekannt gegeben. (“Independent candidate in Mozambique poll threatens nationwide strike if ruling party wins”)

L’Économiste: König strebt nach Lösung für die Westsahara. Anlässlich der Eröffnung der Herbstsitzung des Parlaments hat König Mohammed VI. einen Fahrplan für eine endgültige Lösung in der Westsahara-Frage vorgestellt. In seiner Rede dankte der König auch dem französischen Präsidenten Macron für seine “Unterstützung der Souveränität Marokkos über seine südlichen Provinzen”. (Sahara marocain: Une feuille de route pour clore le dossier)

New York Times: Senegals feministische Vorreiterin. Die 1981 verstorbene senegalesische Schriftstellerin Mariama Bâ ist bis heute ein Vorbild für viele junge Frauen und Mädchen. Ihr gelang es, sich aus den Fesseln des Kastenwesens und der religiösen Tradition zu befreien. Sie ebnete auch künftigen Generationen von Frauen den Weg als Fürsprecherin, Lehrerin und Dichterin. (“Mariama Bâ, Voice of African Feminism”)

Reuters: Demonstration gegen illegalen Goldabbau. Hunderte Menschen demonstrierten am Freitag friedlich in Ghanas Hauptstadt Accra gegen den nicht lizenzierten Goldabbau und forderten die Behörden auf, gegen diese gefährliche und umweltschädliche Praxis vorzugehen. Der als “Galamsey” bekannte illegale Goldabbau im kleinen Maßstab in Ghana hat in diesem Jahr nach einem Anstieg des weltweiten Goldpreises um fast 30 Prozent an Fahrt aufgenommen. (“Hundreds march against Ghana’s damaging informal gold mining boom”)

Africa News: Protest gegen Atomkraft. In Kenia kam es am Wochenende zu Anti-Atomkraft-Protesten. Das geplante Kraftwerk soll eine Leistung von 1.000 Megawatt erzeugen und ist Teil der langfristigen Strategie Kenias, seine Abhängigkeit von Wasserkraft und fossilen Brennstoffen zu verringern. Kenias Atomkraft- und Energiebehörde hat trotz des Widerstands lokaler Gemeinden und Umweltgruppen wiederholt die Behauptungen von Anwohnern und Umweltschützern zurückgewiesen, dass das geplante Atomkraftwerk den Anwohnern in der Region Schaden zufügen werde. (“Kenya’s first nuclear power plant faces opposition from coastal residents”)

Reuters: Neue Mpox-Varianten in Simbabwe. Simbabwe hat seine ersten beiden Fälle von Mpox bestätigt, ohne anzugeben, welche Variante registriert wurde. Der erste Fall sei bei einem elfjährigen Jungen festgestellt worden, der im vergangenen Monat nach einer Reise nach Südafrika Symptome entwickelt habe, hieß es in der Erklärung. Der zweite Fall sei bei einem 24 Jahre alten Mann aufgetreten, der nach einer Reise nach Tansania erkrankt sei. (“Zimbabwe reports first two mpox cases of unspecified variant”)

Africa News: Energieknappheit in Sambia. Schon vor den Problemen mit dem Staudamm Karibas hatten weniger als die Hälfte der 20 Millionen Einwohner Sambias Zugang zu Elektrizität. Doch seit Beginn der klimabedingten Energiekrise, durch die der Staudamm nicht mehr genug Wasser hat, um die Turbinen zu betreiben, die Simbabwe fast die gesamte Energie geliefert haben, kämpfen die Sambier täglich um die Stromversorgung. (“Zambians struggle with electricity shortages driven by drought”)

Zeit: Europa verliert Afrika. Die Kooperation mit afrikanischen Staaten ist für Europa strategisch und wirtschaftlich wichtig, schreibt der emeritierte Professor für Politikwissenschaft Herfried Münkler in einem Gastbeitrag. Vor allem Russland und China haben in Afrika zuletzt im Gegensatz zum Westen erheblich an Einfluss gewonnen. Das ist vor allem für die Europäer bedrohlich, weil die afrikanischen Migrationsbewegungen infolge von Klimawandel und innergesellschaftlichen Kriegen nicht nach Russland oder China gehen, sondern nach Europa. (“Ein neuer Wettlauf nach Afrika”)

SRF: Regen in der Wüste hat Folgen. Die Wüste im Südosten Marokkos zählt zu den trockensten Regionen der Welt. Doch aktuell präsentiert sie sich von einer anderen Seite: Eine seltene Regenflut hat in der Sahara Wasserlagunen zwischen Sanddünen und Palmen hinterlassen. Diese starken Regenfälle könnten den Wetterverlauf in der Region in den kommenden Monaten und Jahren verändern. Die Luft kann nun mehr Feuchtigkeit speichern, was zu vermehrter Verdunstung und Stürmen führen könnte. (“Sahara ist überschwemmt”)

BBC: Nyong’o erschrocken über Regierungsgewalt. Die Schauspielerin Lupita Nyong’o hat das harte Vorgehen der kenianischen Behörden gegen die großen Anti-Steuer-Proteste verurteilt, die im Juni begannen. Menschenrechtsgruppen zufolge wurden die Demonstranten mit Polizeigewalt konfrontiert. Dutzende Menschen wurden getötet und zahlreiche weitere entführt. Nyong’o ist erschrocken darüber, dass die Regierung auf Taktiken zurückgreift, von denen sie glaubte, sie würden der Vergangenheit angehören. (“Lupita Nyong’o speaks of family ordeal and condemns ‘chilling’ Kenya crackdown”)

Heads

Yasmine Belkaïd – Kämpferin für bessere Impfstoffe in Afrika

Yasmine Belkaïd
Immunologin mit afrikanischen Wurzeln: Yasmine Belkaïd, Leiterin des Institut Pasteur.

In der Welt der Wissenschaft ist Yasmine Belkaïd in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung. Die Immunologin von Weltrang leitet seit Januar dieses Jahres in Frankreich das Institut Pasteur, eine führende Einrichtung auf dem Gebiet der Impfforschung. Dabei liegt ihr Afrika besonders nahe.

So hat sie die Schaffung des African Vaccine Manufacturing Accelerator (AVMA) vorangetrieben, der im Sommer ins Leben gerufen worden ist. Der AVMA soll die Impfstoffproduktion auf dem Kontinent fördern und so dazu beitragen, dass die afrikanischen Länder bis 2040 mehr als 60 Prozent ihres Impfstoffbedarfs selbst produzieren. Bisher gibt es in Afrika nur 13 Impfstoffproduzenten, die gerade einmal ein Prozent der Nachfrage des Kontinents decken.

“Ich halte viel von Komplementarität in der Forschung”, sagt Belkaïd. “Initiativen zur Impfstoffproduktion müssen eng mit den Forschungsbemühungen zur Entwicklung neuer Impfstoffe abgestimmt werden.” Dazu gehöre auch die Erforschung der in Afrika verbreiteten Krankheiten, für die spezielle Impfstoffe benötigt werden.

Flucht aus Algerien

Damit schließt sich ein Kreis für die Wissenschaftlerin. Geboren wurde sie im August 1968 in Algier. Ihr Name dürfte jedem Algerier geläufig sein. Denn ihr Vater, Aboubakr Belkaïd, war ein bekannter Widerstandskämpfer gegen die französische Vorherrschaft über Algerien. In den Jahren nach der Unabhängigkeit bekleidete er verschiedene Ministerposten. Am 28. September 1995 jedoch wurde er mitten in Algier auf dem Platz Port-Saïd ermordet. Diese Jahre eines blutigen Bürgerkriegs gingen als das “schwarze Jahrzehnt” in die algerische Geschichte ein.

Yasmine Belkaïd verbrachte ihre Kindheit in Algerien und absolvierte 1993 ihren Master in Biochemie in Algerien. Doch der Terror des “schwarzen Jahrzehnts” zwang sie nach Frankreich ins Exil – ihre Mutter ist Französin, sodass sie die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt. In Paris wird sie mit einer immunologischen Arbeit, an der sie am Institut Pasteur geforscht hatte, 1996 promoviert.

Karriere in den USA

Anschließend verfolgt sie ihre Forschungen in den USA am National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) weiter. 2008 wird sie Professorin an der Universität von Pennsylvania. Im Zentrum ihrer Arbeit stehen die Beziehungen zwischen Mikroben und ihren Wirtsorganismen. Diese Wechselwirkung schadet nicht zwingend negativ dem Wirtsorganismus. So hat sie den positiven Einfluss bestimmter Mikroben auf die Heilung von Wunden nachgewiesen. “Es gibt Milliarden Mikroben”, sagte sie vor kurzem in einem Radiointerview. “Das ist ein unglaublich faszinierendes Forschungsgebiet.”

Rund 30 Jahre hat sie in den USA gelebt und dort Karriere gemacht. Erst Anfang des Jahres ist sie nach Frankreich zurückgekehrt, um die Leitung des Institut Pasteur zu übernehmen. Belkaïd ist eine Karriere wie nur wenigen Wissenschaftlern mit afrikanischen Wurzeln gelungen. Und doch muss sie sich dafür rechtfertigen, dass sie so viele Jahre in den USA verbracht hat.

Appell an junge Wissenschaftler

Der internationale Austausch sei essenziell für Wissenschaftler, ermutigt Belkaïd junge Wissenschaftler. “Wegzugehen und wieder zurückzukehren, ist eine sehr starke Erfahrung”, sagte sie. “Ich rate allen, einige Jahre zu reisen, die Welt zu erkunden und sich international wissenschaftlich fortzubilden.” Eine internationale Karriere öffne Wissenschaftlern den Blick auf die Welt und mache sie stärker.

Die Möglichkeit eines Studiums ist für afrikanische Studenten eingeschränkt, erst recht im Ausland. Subsahara-Afrika zählt nach einer Studie von Campus France vom November 2022 etwa 8,8 Millionen Studenten. Dabei lebten 92 Millionen Menschen in der Region, die im Alter für eine Hochschulausbildung seien. Studenten aus Subsahara-Afrika stellen 3,7 Prozent der Studenten auf der Welt. Doch nur 430.000 Studenten aus Subsahara-Afrika können im Ausland studieren. 27 Prozent von ihnen sind der Studie zufolge an einer Universität in der EU eingeschrieben, 20 Prozent anderswo in Subsahara-Afrika und 15 Prozent in Nordamerika. Zur Erreichung von Yasmine Belkaïds Bildungsideal hat Afrika somit noch einen weiten Weg vor sich. Christian von Hiller

  • Forschung
  • Gesundheit
  • Gesundheitspolitik
  • Impfstoffe
  • Studium
  • Wissenschaft

Nachtisch

Blick auf Kinshasa, die größte französischsprachige Stadt der Welt.
Blick auf Kinshasa, die größte französischsprachige Stadt der Welt.

Kolonialgeschichte und historische Verbindungen machen es möglich: In etwas mehr als die Hälfte aller Länder in Afrika wird Französisch gesprochen. 21 davon gelten als frankophone Staaten, also Länder, in denen Französisch Amtssprache ist. So verwundert es auch nicht, dass die größten französischsprachigen Städte auf dem afrikanischen Kontinent zu finden sind – und nicht etwa in la patrie, dem Vaterland Frankreich. Zu diesem Schluss kommt das französische Reise- und Trendmagazin “EnVols”, mit Daten zusammengestellt im Demographia World Urban Areas-Bericht. Das sind die Top 10 der französischsprachigen Städte in Afrika:

  1. Kinshasa (DR Kongo: 12,8 Millionen Einwohner)
  2. Abidjan (Elfenbeinküste: 5,4 Millionen Einwohner)
  3. Yaoundé (Kamerun: 4,6 Millionen Einwohner)
  4. Casablanca (Marokko: 4,3 Millionen Einwohner)
  5. Bamako (Mali: 4 Millionen Einwohner)
  6. Ouagadougou (Burkina Faso: 3,8 Millionen Einwohner)
  7. Algiers (Algerien: 3,7 Millionen Einwohner)
  8. Dakar (Senegal: 3,7 Millionen Einwohner)
  9. Mbuji-Mayi (DR Kongo: 3,6 Millionen Einwohner
  10. Douala (Kamerun: 3,6 Millionen Einwohner)

Paris mit elf Millionen Einwohnern kommt auf einer globalen Liste nur auf Rang 2, hinter Kinshasa. Montreal im kanadischen Quebec schafft es mit 3,7 Millionen Einwohnern noch unter die Top 10. In nicht allen Ländern Afrikas sind die Sprache und Kultur Frankreichs weiterhin hoch angesehen. Burkina Faso, Mali und Niger bemühen sich derzeit darum, ihre jeweiligen Länder vom französischem Einfluss zu lösen. Dennoch werden voraussichtlich bis 2050, so die Organisation Internationale de la Francophonie (OIF), 80 Prozent aller französischsprachigen Menschen in Afrika leben. as

Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die vielen Vorurteile und Klischees, die weltweit in den Medien über Afrika kursieren, bleiben nicht ohne Folgen. Mein Kollege Arne Schütte, der gerade für gut zwei Monate im Südwesten des Kontinents arbeitet, berichtet über eine Studie, die aufzeigt, wie negativ sich die stereotype Berichterstattung über Afrika ganzz konkret auswirkt: Afrikanische Schuldner müssen höhere Zinsen zahlen als vergleichbare Kreditnehmer beispielsweise in Asien. Die einseitige Berichterstattung kostet Afrika Milliarden.

    Wir bei Africa.Table versuchen, mit Daten, Fakten und fundierter Berichterstattung über den Kontinent zu informieren – auch in dieser Ausgabe, in der wir Ihnen wieder lesenswerte Analysen, Nachrichten und ein Porträt über eine bemerkenswerte Wissenschaftlerin aus Algerien bieten.

    Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.

    Ihr
    Christian von Hiller
    Bild von Christian  von Hiller

    Analyse

    Sudan: Wie weit ein Frieden entfernt ist

    Im Sudan haben sich laut lokalen Medienberichten die Kämpfe zwischen sudanesischer Armee (SAF) und Rapid Support Forces (RSF) intensiviert. Demnach fokussierten sich die Kämpfe zuletzt auf die sudanesische Hauptstadt Khartum. Ende September hatte die von Ex-Machthaber General Abdel Fattah Abdelrahman Burhan geführte SAF eine Offensive gestartet, um die Stadt von den RSF zurückzuerobern. Auch in anderen Landesteilen tobt der Krieg zwischen den beiden Militärblöcken weiter – besonders in den fünf Darfur-Provinzen im Westen des Landes, die als Hochburgen der paramilitärischen RSF gelten, die von Burhans Ex-Verbündetem, Mohammed Hamdan Daglo alias Hemeti, geführt werden.

    Im August scheiterten Vermittlungsgespräche, die die USA in Genf organisiert hatten. Die SAF hatte ihre Teilnahme verweigert – Beobachtern zufolge wenig überraschend, da die USA sich aus einer Logik westlicher Interessen heraus positioniert hatten. Der Sudan-Konflikt kann allerdings nicht ohne die verschiedenen Interessen der Regionalmächte betrachtet werden. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die in den Konflikt involvierten Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Saudi-Arabien, Iran, die Türkei, aber auch Russland ihre Unterstützung für eine der beiden Gruppen kurzfristig einstellen werden.

    Internationaler Druck müsste steigen

    International müsste der Druck auf die Konfliktparteien zunehmen, fordert SPD-Außenpolitikerin Derya Türk-Nachbaur im Gespräch mit Table.Briefings: “Die großen Mächte müssen geschlossen auftreten und die Differenzen im UN-Sicherheitsrat beilegen. Gezielte Sanktionen gegen die Konfliktparteien müssen verhängt werden.”

    Mit Russland Kompromisse zu schließen, ist derzeit allerdings schwierig. Schließlich pflegt Präsident Wladimir Putin gute Beziehungen zur SAF. Diese soll mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow im Juni den Bau einer russischen Militärbasis am Roten Meer vereinbart haben. Im Gegenzug dürfte die SAF auf russische Waffenlieferungen setzen.

    Gewicht im Sudan hätten Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. “Ich wünsche mir, dass sie das wirklich einsetzen”, sagt Türk-Nachbaur. Von deutscher Seite sei eine starke Unterstützung für regionale Organisationen wie die Afrikanische Union oder die Intergovernmental Authority on Development (IGAD), der neben dem Sudan sieben weitere nordostafrikanische Länder angehören, entscheidend, “um eine glaubwürdige Vermittlung auch zu unterstützen”, so Türk-Nachbaur.

    Durch Fluchtbewegungen breiten sich Krankheiten aus

    Mangelnde Bereitschaft der kriegsführenden Generäle zu Verhandlungen sieht auch Jawhratelkmal Kanu, Sudan-Expertin am United States Institute for Peace. “Die Zivilbevölkerung wird in den von der RSF kontrollierten Gebieten weiterhin belagert, während die SAF ihre Luftangriffe fortgesetzt hat. Berichten zufolge werden alle Anstrengungen unternommen, um die Kämpfer wiederzubewaffnen und zu mobilisieren, damit sie sich auf eine weitere Runde kostspieliger, brutaler Gewalt vorbereiten können”, schreibt Kanu in einer Analyse für das United States Institute of Peace.

    Über elf Millionen Sudanesen sind schätzungsweise auf der Flucht. Die Menschen würden von einem Kampfgebiet ins nächste fliehen, müssten teilweise 3.000 Kilometer zu Fuß zurücklegen, sagt Aida Elsayed, Generalsekretärin des sudanesischen Roten Halbmonds. Medikamente fehlten, Krankheiten brächen aus. Einen Cholera-Ausbruch im vergangenen Jahr hätte man noch kontrollieren können. “Mit den Fluchtbewegungen kann man ihn nicht oder nur kaum mehr kontrollieren”, sagt Elsayed.

    Weitere Destabilisierung durch Krisen in Nachbarländern

    In den Flüchtlingslagern sei die Situation instabil, die Menschen erhielten nur unregelmäßig Essen oder Unterstützung in ihrer Basisversorgung. Hygiene und die Versorgung mit Wasser seien nicht ausreichend. Und ein Großteil der Bevölkerung ist traumatisiert. “Die Bilder, die Kinder malen, sind schrecklich. Sie zeigen viel Blut und tote Körper”, sagt Elsayed. Auch Krisen in Nachbarländern sorgen für Destabilisierung. Sudanesen, die nach Äthiopien geflohen sind, kämen wieder zurück ins Land, weil Äthiopien keine Aufnahmekapazitäten mehr habe. “Sie erzählen schreckliche Geschichten über ihre Fluchterlebnisse.”

    Weil Bauern vertrieben werden, können sie ihre Äcker nicht mehr bewirtschaften. “Die Hungersnot ist alarmierend”, berichtet Elsayed weiter. Hilfslieferungen kämen nicht immer durch, weil der Regen Straßen überschwemme oder weil Kämpfe ausbrächen. Andere Hilfskonvois seien überfallen worden. Frauen werden gezielt angegriffen. Einige seien als Sklavinnen in afrikanische Nachbarländer verkauft worden. Tausende würden vergewaltigt.

    Elsayed hat Zweifel, dass ein sofortiger Friedensschluss zwischen RSF und SAF die Konflikte sofort beenden würde. Weil verlassene Häuser nun von anderen bewohnt würden, könnten viele Sudanesen nicht in ihre Häuser zurückkehren. Auch das erschwert eine Rückkehr zu Frieden im Land.

    • Afrika
    • Afrikanische Union
    • Geopolitik
    • Igad
    • SAF
    • Sudan
    • Wladimir Putin
    Translation missing.

    Nigeria: Milliarden-Investition von Exxon Mobil soll Ölförderung anschieben

    Mit einer Investition von zehn Milliarden US-Dollar in die Offshore-Förderung will Exxon Mobil Nigerias Ölbranche einen kräftigen Schub verleihen. Selbst für den nigerianischen Ölsektor, in dem die Beteiligten an hohe Beträge gewöhnt sind, ist dies eine große Investition. Dies sei ein klarer Beweis, wie die Wirtschaftsreformen und investitionsfreundlichen Richtlinien der Regierung greifen, sagte Nigerias Vizepräsident Kashim Shettima nach einem Treffen mit hochrangigen Führungskräften von Exxon Mobil in New York.

    “Diese potenzielle Investition von Exxon Mobil passt perfekt zur Vision der Regierung von Präsident Bola Tinubu für ein investitionsfreundlicheres Nigeria”, sagte Shettima. “Wir sind entschlossen, ein unterstützendes Umfeld für solche transformativen Projekte zu schaffen.”

    Verflechtung der Schwellenländer

    Vergangene Woche präsentierte auch der Leiter der Nigerian Upstream Petroleum Regulatory Commission (NUPRC), Gbenga Komolafe, auf der African Oil Week Conference eine Initiative mit dem Ziel, internationale Investoren für den nigerianischen Öl- und Gassektor zu gewinnen. Dabei betonte Komolafe Nigerias Engagement für Transparenz, regulatorische Effizienz und ein günstiges Geschäftsumfeld für Investoren.

    Exxon Mobil beabsichtigt, sein Flachwassergeschäft in Nigeria in einem 1,3 Milliarden Dollar schweren Deal an Seplat Energy zu verkaufen. Das Unternehmen, das an der Börse London mit umgerechnet rund 1,5 Milliarden Euro bewertet wird, betreibt bereits sieben Onshore-Förderblöcke in Nigeria. Größter Einzelaktionär von Seplat ist das französische Energieunternehmen Maurel & Prom mit einem Anteil von 20,5 Prozent. An Maurel & Prom wiederum hält die indonesische Regierung eine Mehrheit von 71,1 Prozent. Dieses Beispiel ist ein weiterer Beleg für die wachsende wirtschaftliche Verflechtung der Schwellenländer.

    Exxon Mobil bekräftigt Engagement

    Als Reaktion auf die Investition bekräftigte Shane Harris, Vorsitzender von Exxon Mobil Affiliates in Nigeria, das Engagement des Unternehmens in Nigeria. “Unser Engagement für Nigeria bleibt unerschütterlich”, sagte Harris. “Während wir 70 Jahre Ölproduktion und acht Milliarden produzierte Barrel feiern, ziehen wir uns nicht zurück, sondern konzentrieren unsere Investitionen auf Tiefseemöglichkeiten.”

    Herzstück der neuen Strategie von Exxon Mobil ist das Owo-Projekt, eine umfangreiche Unterwasseranbindung, die eine Investition von zehn Milliarden US-Dollar darstellen könnte. Exxon Mobil ist in Nigeria in die Exploration, die Förderung und den Vertrieb von Öl und Gas involviert. Dieses Geschäft betreuen die Tochtergesellschaften:

    • Mobil Producing Nigeria Unlimited (MPN),
    • Esso Exploration and Production Nigeria Limited (EEPNL) und
    • Esso Exploration and Production Nigeria (Offshore East) Limited.

    Im vergangenen Jahr nahm Exxon Mobil 127 Milliarden US-Dollar mit Ölprodukten in den USA ein. Unter anderem gehört Exxon Mobil die Marke Esso. Im Ausland jedoch lagen die Erlöse um 52 Prozent über dem US-Umsatz bei 193 Milliarden Dollar. Für Nigeria weist der Konzern keine Umsatzzahlen aus.

    Hoffnung auf weitere Investoren

    “Die von Exxon Mobil geplanten Investitionen in die Erschließung der Offshore-Ölressourcen in Nigeria könnten enorme Auswirkungen auf den Energiesektor und die allgemeine Wirtschaft des Landes haben“, sagte Ayodele Oni, Partner bei Bloomfield Law Practice, im Gespräch mit Table.Briefings.

    “Durch die Erschließung dieser Offshore-Ressourcen wird das Land seine Rohölproduktion steigern, um sowohl die inländische Energieversorgung als auch die globale Nachfrage zu decken”, sagte Oni weiter. “Dieses Engagement von Exxon Mobil könnte auch dazu führen, dass mehr ausländische Direktinvestitionen in Nigerias Öl- und Gasindustrie fließen werden und das Land wieder zu einem günstigen Standort für die Öl- und Gasförderung wird.” Die Exxon-Investition bedeute auch, dass die Zahl der Bohrinseln im Land steigen werde, sagte Jide Pratt, Country Manager von Trade Grid, zu Table.Briefings.

    • Energie
    • Nigeria
    • Rohstoffe
    • Unternehmen
    • USA

    Äthiopien: “Der nationale Dialog trägt zurzeit wenig bei”

    Gerrit Kurtz
    Gerrit Kurtz, Afrika- und Nahost-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik.

    Herr Kurtz, Sie haben vor kurzem einen Artikel über den nationalen Dialog in Äthiopien veröffentlicht. Warum halten Sie es gerade jetzt für wichtig, den nationalen Dialog in Äthiopien zu thematisieren?

    Der nationale Dialog ist ein zentrales Vorhaben der Regierung. Das Narrativ der Regierung ist, dass dieser ein wesentliches Instrument ist, um die grundsätzlichen Konflikte, die das Land seit Jahrhunderten bewegen, anzugehen. Die äthiopische Bevölkerung und auch äthiopische Oppositionsgruppen müssen einen Umgang mit dem Dialog finden. Auch Äthiopiens internationale Partner suchen nach einem konstruktiven Umgang mit den Konflikten im Land, damit Äthiopien nicht nur innerlich stabiler wird, sondern damit auch wieder mehr in die regionale Sicherheit investieren kann. Dafür sollte eigentlich ein solcher Prozess wie der nationale Dialog eine wichtige Rolle spielen.

    Sie haben in Ihrer Veröffentlichung erwähnt, dass das Ziel des nationalen Dialogs darin besteht, die Bevölkerung hinter Abiys Einheitskonzept zu versammeln. Wie realistisch wird das sein?

    Das ist genau das Problem: Im Moment hat der nationale Dialog sehr geringe Chancen, zur Einigung des Landes beizutragen. Niemand ist grundsätzlich gegen die Herstellung eines nationalen Konsenses. Das Problem ist, dass diese nationale Einigung unter der Hegemonie Abiys beziehungsweise der Prosperity Party stattfinden soll. Es gibt sehr viel Misstrauen bei der Bevölkerung, bei bewaffneten Gruppen und anderen Oppositionsgruppen gegenüber dem nationalen Dialog, weil das Parlament, das die Kommission eingesetzt hat, massiv von der Prosperity Party dominiert wird. Solange die Dominanz des gesamten Staatsapparats durch die Regierungspartei so stark ist, wird es immer ein hohes Misstrauen geben. In der Theorie ist der Dialog ein gutes Instrument, in der aktuellen Praxis gibt es sehr viele Fragezeichen.

    Wenn Dialog hilft, Frieden zu schaffen, warum arbeitet die Regierung dann dagegen?

    Ich glaube, es gibt eine komplexe Motivlage. Klar, die schärfsten Kritiker würden sicherlich sagen, die Regierung hat den nationalen Dialog nur geschaffen, um internationale Geber oder auch innerstaatliche Kritiker zu besänftigen. Das funktioniert offensichtlich nicht. Die Leute, die den nationalen Dialog durchführen, meinen es durchaus ernst. Es ist aber auch so, dass ein solcher Dialog ungewohnt ist, in dem Sinne, dass er eine staatsferne öffentliche Sphäre voraussetzt, bei der auch das Regierungshandeln infrage gestellt werden könnte. Daher kommt dann auch dieser Widerspruch.

    Die Opposition befürchtet, dass die Regierung den Dialog nutzen könnte, um Verfassungsänderungen durchzusetzen. Wenn sich diese Befürchtungen bewahrheiten, was wird dann aus der Regierung Abiy und dem Schicksal der Menschen in diesem Land?

    Die Befürchtung der Oppositionsparteien ist eben, dass es Verfassungsänderungen gibt, mit denen sie nicht einverstanden sind, beispielsweise könnten einige der großen Bundesstaaten verkleinert werden oder das Prinzip des Ethno-Föderalismus gestrichen werden. Oder dass statt eines parlamentarischen Systems ein Präsidialsystem eingeführt werden könnte. Aber es ist ja noch nicht klar, welche Änderungen überhaupt angestrebt werden. Das kann man jetzt auch noch nicht konkret sagen. Das löst diese Sorgen aus. Ich kann erstmal nur über diese berichten, die wiederum Ausdruck des Misstrauens in Teilen der Bevölkerung sind.

    Die Menschen befürchten, dass der Dialog als Instrument benutzt werden könnte, um Artikel 39 der Verfassung abzuschaffen, der ein uneingeschränktes Recht auf Selbstbestimmung, einschließlich des Rechts auf Sezession, verspricht. Haben die Menschen bei Ihren Recherchen solche Befürchtungen geäußert?

    Das ist genau die Sorge, dass es eine weitere Zentralisierung geben könnte. Die Transformation der früheren Regierungskoalition der EPRDF zur jetzigen Regierungspartei der Prosperity Party wird da als ein entsprechendes Zeichen gesehen. Im Gegensatz zur EPRDF ist die PP stärker hierarchisch an der Führung des Premierministers orientiert. Gleichwohl hat die aktuelle Regierung ja auch die Anwendung der weiteren Selbstbestimmung im Süden des Landes zugelassen, wo neue Bundesstaaten entstanden sind.

    Warum unterstützen Deutschland und NGOs wie die Berghof-Stiftung weiterhin die Kommission, obwohl sie bereits wussten, dass die Kommission auf dem falschen Weg ist?

    Die Unterstützung ist ja genau darauf ausgerichtet, die Kommissionsmitglieder zu unterstützen, den Prozess effektiver und glaubwürdiger zu machen. Das Ziel ist nicht, damit per se die Regierung zu unterstützen. Man sieht das Potenzial des nationalen Dialogs und nicht viele Alternativen, die einer konstruktiven Friedensförderung zumindest dienen könnten. Ich glaube, dass die Gefahr noch nicht so groß ist, solange die Kommission Konsultationen durchführt. Der mögliche Schaden würde erst eintreten, wenn daraus Empfehlungen kommen oder wenn die Regierung diesen nationalen Dialog beispielsweise für Verfassungsänderungen nutzen sollte oder für andere politische Entscheidungen. Aus der deutschen und internationalen Unterstützung entsteht natürlich auch eine gewisse Legitimierung für den Prozess. Deswegen ist es so wichtig, dass diese Partner genau beobachten, um nicht für eine autoritäre Konsolidierung eingespannt zu werden.

    Ist ein Dialog in der jetzigen Form und in dem Verfahren der Kommission möglich? Wenn nicht, was sind die Alternativen?

    Die hohen Ambitionen, welche das äthiopische Parlament für den nationalen Dialog formuliert hat, werden sicher nicht eingelöst werden. Im besten Fall könnte dieser Prozess auch eher den Rahmen dafür schaffen, nationale Streifragen in Zukunft konstruktiv auszutragen. Danach sieht es im Moment aber überhaupt nicht aus. Die äthiopische Regierung riskiert damit, dass einige der Streitfragen auch weiterhin gewaltsam ausgetragen werden und sich die Fliehkräfte vergrößern könnten. Alternativen könnten zumindest Dialoge auf lokaler und bundesstaatlicher Ebene sein, um die dortigen Streitfragen systematisch anzugehen, auch wenn Fragen der nationalen Identität, verfassungsmäßigen Ordnung und des politischen Systems aufgrund des autoritären Kontexts nicht offen besprochen werden können.

    Dr. Gerrit Kurtz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Kurtz hat in Friedens- und Konfliktstudien am King’s College London promoviert. Vor kurzem hat er einen Artikel über die Herausforderungen des nationalen Dialogs in Äthiopien veröffentlicht.

    • Äthiopien
    • Bürgerkrieg
    • Demokratie
    • SWP
    • Transformation
    • Wissenschaft

    News

    Schuldendienst: Stereotype Berichterstattung kostet Afrika jährlich Milliarden

    Die afrikanischen Länder zahlen eine “Vorurteilsprämie” von mehreren Milliarden von Dollar für den Schuldendienst. Grund hierfür sind stereotype Darstellungen in der weltweiten Berichterstattung über den Kontinent. Die afrikanischen Staaten verlieren dadurch jährlich bis zu 4,2 Milliarden Dollar. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie der NGO Africa No Filter und des Beratungsunternehmens Africa Practice.

    Um die wirtschaftlichen Kosten einer klischeehaften Berichterstattung abzuschätzen, berechneten die Wissenschaftler die möglichen Einsparungen bei den Kosten des Schuldendienstes für Nigeria, Kenia, Ägypten und Südafrika. Die Studie quantifiziert die Verzerrungen in den Medien, indem sie die afrikanischen Länder mit Ländern mit ähnlichen Risikoprofilen vergleicht. Anschließend bewerten die Autoren der Studie, wie diese Verzerrungen mit den Renditen von Staatsanleihen korrelieren.

    Negative Themen im Vordergrund

    Die Ergebnisse zeigen, dass afrikanische Länder während Wahlen eine erhöhte Medienaufmerksamkeit erhalten. Negative Themen wie Gewalt und Wahlbetrug stehen dabei unverhältnismäßig stark im Vordergrund. So berichteten beispielsweise 88 Prozent der Medienartikel über Kenia während der Wahlperiode negativ, im Vergleich dazu: nur 48 Prozent der Medienartikel im Rahmen der Wahlen in Malaysia waren negativ. Internationale Investoren nehmen demnach afrikanische Länder ungerechtfertigterweise als risikoreicher wahr. Dies führt zu deutlich höheren Kreditkosten im Vergleich zu Ländern mit ähnlichen politischen und sozioökonomischen Bedingungen.

    Die Autoren der Studie schätzen, dass die Berichterstattung die Kreditzinsen um bis zu zehn Prozent erhöhen kann. Eine Verbesserung um zehn Prozent führt dabei zu einem Rückgang der Zinsen um einen Prozentpunkt. Durch den Vergleich der tatsächlichen Schuldendienstkosten mit den um die verbesserte Medienstimmung bereinigten Kosten errechneten die Forscher ein jährliches Einsparpotenzial von bis zu 0,14 Prozent des BIP. Hochgerechnet auf den Kontinent sind das 4,2 Milliarden Dollar. Allerdings räumen die Autoren ein, dass die Summe als Indikator für die Größenordnung der möglich Einsparung gesehen werden sollte und nicht als genauer Wert.

    Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass wahrscheinlich andere wichtige Triebkräfte der Entwicklung in ähnlicher Weise von der überzogenen Risikowahrnehmung betroffen sind. Dies gilt ihrer Meinung nach besonders für den Tourismus, ausländische Direktinvestitionen und die Entwicklungszusammenarbeit. ajs

    • Finanzen
    • Malaysia
    • Medien
    • NGO
    • Schulden
    • Zinsen

    Weltgesundheitsgipfel: Deutschland sagt WHO 360 Millionen Euro zu

    Im Rahmen des Weltgesundheitsgipfels der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Berlin hat Bundeskanzler Olaf Scholz der Organisation mindestens 360 Millionen Euro an Finanzierung zugesagt. “So viele Menschenleben zu schützen, ist eines der Ziele der Weltgesundheitsorganisation”, sagte Scholz in seiner Rede auf dem Gipfel am Montagabend. Über die kommenden vier Jahre würden durch die Arbeit der WHO 40 Millionen Menschen gerettet werden, so Scholz weiter.

    Der Weltgesundheitsgipfel startete bereits am Montag unter dem Motto “Building Trust for a Healthier World” (Vertrauen schaffen für eine gesündere Welt). Im Fokus des Gipfels stand dabei insbesondere, die Finanzierung der Organisation sicherzustellen. Diese gestaltete sich zuletzt nicht immer leicht. Vor dem Eindruck der Corona-Pandemie und anderen globalen Gesundheitsrisiken soll die Finanzierung auf solidere Beine gestellt werden. Dafür hatten Gastgeber Deutschland in Zusammenarbeit mit Frankreich und Norwegen zu der ersten Finanzierungsrunde der WHO eingeladen. Bislang stehen der Organisation für die beiden Jahre 2024 und 2025 ein Budget von rund 6,8 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Die WHO finanziert zu einem großen Teil aus freiwilligen Spenden – unter anderem der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Künftig sollen die Pflichtbeiträge der WHO-Mitgliedsstaaten steigen.

    Im Rahmen des Weltgesundheitsgipfels stellte Entwicklungsministerin Svenja Schulze zudem eine neue Initiative gegen vernachlässigte Krankheiten bei Frauen vor. Von der Initiative sollen speziell auch Frauen in Subsahara-Afrika profitieren. “Jede Frau hat das Recht, selbst über ihren Körper zu bestimmen. Aber es gibt immer noch viel zu viele Frauen auf der Welt, denen dieses Recht verwehrt bleibt”, sagte die Ministerin. Der Gipfel findet noch bis Dienstag statt. Aufzeichnungen der Paneldebatten können über den Youtube-Kanal des Weltgesundheitsgipfels abgerufen werden. dre

    • Bundesregierung
    • Gesundheit
    • Gesundheitspolitik
    • Globaler Süden
    • WHO

    EU-Sondergesandter für Große Seen besucht Ruanda

    Der neue Sondergesandte der EU für die Afrikanischen Großen Seen, Johan Borgstam, hat der Region in der vergangenen Woche einen ersten Besuch abgestattet. Borgstam besuchte vom 10. bis zum 12. Oktober Ruanda und traf Präsident Paul Kagame und weitere Regierungsvertreter zu Gesprächen.

    Neue EU-Mittel für Ruandas Armee

    Der Besuch kommt kurz nachdem die EU weitere 20 Millionen Euro für die ruandischen Streitkräfte zugesagt hat. Über die Zuteilung dieser Mittel war in Brüssel lange gestritten worden. Eine Einigung konnte nun erzielt werden, nachdem Ruanda zugesichert hatte, die Mittel ausschließlich zur Finanzierung seines Kampfes gegen islamistische Terroristen im Norden Mosambiks einzusetzen.

    Borgstam tritt sein Amt inmitten erheblicher regionaler Spannungen und Konflikte an. Die Region der Großen Seen, die Burundi, Ruanda, den Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und den Nordwesten Kenias und Tansanias umfasst, wird von einer Reihe komplizierter und tief verwurzelter Konflikte geplagt. Das vielleicht drängendste Problem ist die ruandische Unterstützung der M23-Rebellen in der DR Kongo, ein Schlüsselfaktor im anhaltenden Konflikt im Osten des Landes. Darüber hinaus schwelt der Konflikt zwischen Ruanda und Burundi weiter. Die Grenze zwischen den beiden Ländern ist nach wie vor geschlossen, was die Beziehungen zwischen ihnen belastet.

    Umfassendere Partnerschaften angestrebt

    Borgstam erklärte, dass sich seine Gespräche in Ruanda sowohl auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Sicherheit bezogen als auch auf die Möglichkeiten, das wirtschaftliche und entwicklungspolitische Potenzial der Region voll auszuschöpfen. “Unsere laufende Zusammenarbeit zielt darauf ab, die Ursachen der Unsicherheit zu bekämpfen und gemeinsame Chancen für alle Länder in der Region zu schaffen”, sagte Borgstam.

    Laut einer EU-Pressemitteilung fanden die Gespräche innerhalb des EU-Rahmens für das Engagement in der Region statt, der im Februar 2023 beschlossen wurde. Dazu zählen die Unterstützung regionaler Vermittlungs- und Erleichterungsbemühungen wie die Friedensprozesse von Luanda und Nairobi sowie der Aufbau einer umfassenderen und strategischeren Partnerschaft mit allen Ländern in der Region der Großen Seen, insbesondere mit Ruanda, der DR Kongo, Burundi und Uganda.

    Erfahrener Diplomat

    Borgstam trat sein Amt am 1. September 2024 an und hat zunächst eine Amtszeit von zwölf Monaten. Der Posten des EU-Sondergesandten für die Großen Seen war zunächst unbesetzt geblieben, nachdem der ruandische Präsident Kagame offenbar gegen die Ernennung des belgischen Diplomaten Bernard Quintin lobbyiert hatte.

    Vor seiner Ernennung war Borgstam unter anderem Leiter der EU-Delegation in Äthiopien und schwedischer Botschafter in der DR Kongo, Kenia und Griechenland. ajs

    • Diplomatie
    • DR Kongo
    • EU-Außenpolitik
    • Mosambik
    • Ruanda
    • Sicherheit

    Senegals Regierung setzt auf regionale Wirtschaftszentren für Entwicklung

    Die senegalesische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Senegal bis 2050 in ein Land mit hohem mittlerem Einkommen (Upper Middle Income Country) zu verwandeln. Das geht aus der langfristigen Entwicklungsstrategie Agenda national de transformation Sénégal 2050 hervor, die am Montag in Diamniadio, unweit von Dakar, vorgestellt wurde. Das Pro-Kopf-Einkommen soll von derzeit 1660 US-Dollar auf 4500 US-Dollar steigen. Bis 2050 wird sich die Bevölkerung von 18 auf 39 Millionen mehr als verdoppeln. Die langfristige Vision wurde rund einen Monat vor den Parlamentswahlen veröffentlicht. Sie ergänzt den kurzfristigen nationalen Entwicklungsplan (2025-2029).

    Vor allem die Wirtschaft außerhalb der Hauptstadt Dakar soll durch regionale Zentren gefördert werden. Bisher würden auf nur 0,3 Prozent der Landesfläche 46 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet, hieß es in dem Strategiepapier. Bis 2050 soll das Gewicht von Dakars Einkommen auf 29 Prozent des BIP kommen. Dagegen soll die Wirtschaftsleistung im Osten (Matam, Tambacounda, Kédougou) auf einen Anteil von 20 Prozent steigen, das Zentrum des Landes soll 51 Prozent beitragen.

    Der langfristige Entwicklungsplan Sénégal 2050 sieht vor, südlich von Dakar einen Petrochemie-Standort aufzubauen. Im Norden, Zentrum, Süden und Osten soll die Landwirtschaft ausgebaut, sowie Ökotourismus gestärkt werden. Die Gas- und Ölvorkommen des Senegal, die seit diesem Jahr schon teilweise kommerziell abgebaut werden, finden in der langfristigen Vision der Regierung von Faye und Sonko nur am Rande Erwähnung. Der Senegal solle sich stattdessen von einem einseitigen Wirtschaftsmodell verabschieden, dass sich vorwiegend auf den Export unverarbeiteter Ressourcen stütze, so Faye in seinem Vorwort. lcw

    • Senegal
    • Transformation
    • Westafrika
    • Wirtschaft
    • Wirtschaftsentwicklung

    Standpunkt

    Fünf typische Fehler in der Projektfinanzierung in Afrika

    Christoph Pape
    Christoph Pape, Gründer und Geschäftsführer der Daidalos Investment Advisors GmbH.

    Viele Investitionsprojekte in Afrika sind zum Scheitern verurteilt, weil sie schon in der Konzeption der Finanzierung gravierende Mängel aufweisen. Fünf typische Fehler haben wir aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in vielen Projektfinanzierungen und M&A-Transaktionen feststellen können:

    1. Viele Unternehmen betreiben die Investorensuche nach dem Zufallsprinzip. Dies ist der Kardinalfehler, die Unternehmen bei ihren Investitionsprojekten in Afrika begehen. Sie verlassen sich zu sehr auf Zufallskontakte anstatt einen systematischen Auswahlprozess aufzusetzen. Für eine tragfähige Finanzierung mit verlässlichen Partnern ist es unerlässlich, sich zunächst mit den Marktbegebenheiten vertraut zu machen und die aktuellen Finanzierungsbedürfnisse der Investoren zu verstehen. Oft ist es ratsam, sich externe Expertise zu holen.
    2. Investitionsprojekte sind nicht in den lokalen Märkten verankert. Im Laufe der Jahre wurden uns immer wieder grandiose Innovationen präsentiert, für die es in Europa allerdings keinen Markt gab. Dann sollte der afrikanische Kontinent mit diesen bahnbrechenden Neuerungen beglückt werden. Viele dieser Projekte sind aussichtslos, weil sie an den Bedürfnissen der lokalen Märkte vorbeigehen. Finanzinvestoren mit Afrika-Expertise wissen das und winken ab. Jedes Investitionsprojekt muss mit einer profunden Analyse vor Ort starten: Gibt es zahlungskräftige Abnehmer? Welche kulturellen Begebenheiten sind zu beachten? Welche Aspekte im Hinblick auf die rechtliche Lage, behördliche Genehmigungen oder Zoll sind zu beachten? Hat der Projektinitiator keine Antwort auf diese Fragen, wird sein Projekt nie fliegen.
    3. Unternehmen legen sich zu schnell auf einen Geldgeber fest. Die Investorensuche ist mühsam und oft frustrierend. Da ist die Versuchung groß, sich auf den erstbesten Finanzier festzulegen, der Interesse zeigt. Eine gute Projektfinanzierung besteht jedoch aus vielen Bausteinen: Darlehen von Entwicklungsbanken, Kredite von Geschäftsbanken, Kapital von Fonds, privaten Geldgebern oder Family Offices und so weiter. Diese unterschiedlichen Interessen müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt werden und in eine tragfähige Balance gebracht werden. Wird eine Projektfinanzierung beispielsweise einseitig auf die Interessen von Kreditgebern ausgerichtet, wird das Projekt für Investoren, die Eigenkapital geben sollen, leicht unattraktiv. Oft genug ist auch das Gegenteil der Fall: Projekte, die auf Kapitalgeber zugeschnitten sind, müssen dann mühsam den Anforderungen der Banken angepasst werden.
    4. Unternehmen schränken Geldsuche auf Deutschland ein. Deutsche Unternehmen, die ein Investitionsprojekt in Afrika verfolgen, tendieren dazu, sich auf deutsche oder bestenfalls europäische Finanzierungsquellen festzulegen. Dabei ist das Interesse an Finanzierungen in Afrika in anderen Regionen der Welt größer. So sollten auch Finanzierer in Afrika angesprochen werden. Gerade dort hat sich der Finanzierungssektor enorm professionalisiert. Wir haben auch gute Erfahrungen damit gemacht, über unsere Büros in Dubai und Singapur Finanzierungspartner in diesen Teilen der Welt anzusprechen. Diese Investoren bringen häufig eine profunde Erfahrung mit Finanzierungen in schwierigen Märkten mit. Dadurch können sie leichter die echten Risiken eines Projekts von vermeintlichen unterscheiden.
    5. Projekte werden zu wenig auf die Bedürfnisse von Investoren zugeschnitten. Wir schauen uns eine Vielzahl von Businessplänen an und machen häufig dieselbe Beobachtung: Das Investitionsprojekt wird eingehend beschrieben, die Geschäftszahlen detailliert durchgerechnet. Doch das Wesentliche fehlt: Das Projekt ist nicht auf die Bedürfnisse der Finanzierungspartner zugeschnitten. Das ist jedoch unerlässlich, um Finanzierer für ein Investitionsprojekt zu begeistern. Hier hilft die alte Volksweisheit: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

    Christoph Pape ist Gründer und Managing Director der Daidalos Investment Advisors GmbH in Frankfurt am Main. Sandra Dierstein ist Managing Director Middle East & Asia und leitet aus Dubai heraus die Büros in Dubai und Singapur. Daidalos ist auf innovative Finanzierungslösungen für komplexe Projektfinanzierungen weltweit spezialisiert.

    • Finanzen
    • Finanzmarkt
    • Zölle

    Presseschau

    Deutschlandfunk: Überschwemmungen in Nigeria. Zwei große Flüsse im nigerianischen Bundesstaat Kogi traten über die Ufer, wodurch mehr als 60.000 Menschen evakuiert werden mussten. Ein Behördenvertreter berichtete, dass die Aufnahmezentren für Vertriebene überfüllt seien. Die ersten Überschwemmungen in Nigeria wurden vor einem Monat gemeldet. Betroffen sind dicht besiedelte Gebiete, einschließlich Teilen der Hauptstadt von Kogi, Lokoja. In West- und Zentralafrika herrscht derzeit die jährliche Regenzeit, die in diesem Jahr von besonders schweren Niederschlägen geprägt ist. (“Zehntausende Menschen fliehen vor Überschwemmungen”)

    Le Monde: Kein Ausnahmezustand im Tschad nach Überschwemmungen. Während die Flussüberschwemmungen N’Djamena bedrohen, wollen die Behörden zeigen, dass die Situation unter Kontrolle ist. Am 29. Dezember sollen Parlaments- und Kommunalwahlen den Übergangsprozess abschließen, der nach dem Tod von Präsident Idriss Déby im Jahr 2021 eingeleitet wurde. (“Au Tchad, des inondations sous contrôle politiqu”)

    Reuters: Streikdrohung nach Wahl in Mosambik. Der unabhängige Präsidentschaftskandidat Venancio Mondlane hat am Freitag damit gedroht, einen landesweiten Streik auszurufen und Mosambik zum Stillstand zu bringen, falls sich die Regierungspartei Frelimo in den Präsidentschaftswahlen zum Sieger erklären sollte. Mondlane sagte, dass er nach den von seinen Wahldelegierten in den Wahllokalen erhobenen Zahlen nach der Wahl am Mittwoch in Führung liege. Die vorläufigen Ergebnisse werden voraussichtlich am Samstag bekannt gegeben. (“Independent candidate in Mozambique poll threatens nationwide strike if ruling party wins”)

    L’Économiste: König strebt nach Lösung für die Westsahara. Anlässlich der Eröffnung der Herbstsitzung des Parlaments hat König Mohammed VI. einen Fahrplan für eine endgültige Lösung in der Westsahara-Frage vorgestellt. In seiner Rede dankte der König auch dem französischen Präsidenten Macron für seine “Unterstützung der Souveränität Marokkos über seine südlichen Provinzen”. (Sahara marocain: Une feuille de route pour clore le dossier)

    New York Times: Senegals feministische Vorreiterin. Die 1981 verstorbene senegalesische Schriftstellerin Mariama Bâ ist bis heute ein Vorbild für viele junge Frauen und Mädchen. Ihr gelang es, sich aus den Fesseln des Kastenwesens und der religiösen Tradition zu befreien. Sie ebnete auch künftigen Generationen von Frauen den Weg als Fürsprecherin, Lehrerin und Dichterin. (“Mariama Bâ, Voice of African Feminism”)

    Reuters: Demonstration gegen illegalen Goldabbau. Hunderte Menschen demonstrierten am Freitag friedlich in Ghanas Hauptstadt Accra gegen den nicht lizenzierten Goldabbau und forderten die Behörden auf, gegen diese gefährliche und umweltschädliche Praxis vorzugehen. Der als “Galamsey” bekannte illegale Goldabbau im kleinen Maßstab in Ghana hat in diesem Jahr nach einem Anstieg des weltweiten Goldpreises um fast 30 Prozent an Fahrt aufgenommen. (“Hundreds march against Ghana’s damaging informal gold mining boom”)

    Africa News: Protest gegen Atomkraft. In Kenia kam es am Wochenende zu Anti-Atomkraft-Protesten. Das geplante Kraftwerk soll eine Leistung von 1.000 Megawatt erzeugen und ist Teil der langfristigen Strategie Kenias, seine Abhängigkeit von Wasserkraft und fossilen Brennstoffen zu verringern. Kenias Atomkraft- und Energiebehörde hat trotz des Widerstands lokaler Gemeinden und Umweltgruppen wiederholt die Behauptungen von Anwohnern und Umweltschützern zurückgewiesen, dass das geplante Atomkraftwerk den Anwohnern in der Region Schaden zufügen werde. (“Kenya’s first nuclear power plant faces opposition from coastal residents”)

    Reuters: Neue Mpox-Varianten in Simbabwe. Simbabwe hat seine ersten beiden Fälle von Mpox bestätigt, ohne anzugeben, welche Variante registriert wurde. Der erste Fall sei bei einem elfjährigen Jungen festgestellt worden, der im vergangenen Monat nach einer Reise nach Südafrika Symptome entwickelt habe, hieß es in der Erklärung. Der zweite Fall sei bei einem 24 Jahre alten Mann aufgetreten, der nach einer Reise nach Tansania erkrankt sei. (“Zimbabwe reports first two mpox cases of unspecified variant”)

    Africa News: Energieknappheit in Sambia. Schon vor den Problemen mit dem Staudamm Karibas hatten weniger als die Hälfte der 20 Millionen Einwohner Sambias Zugang zu Elektrizität. Doch seit Beginn der klimabedingten Energiekrise, durch die der Staudamm nicht mehr genug Wasser hat, um die Turbinen zu betreiben, die Simbabwe fast die gesamte Energie geliefert haben, kämpfen die Sambier täglich um die Stromversorgung. (“Zambians struggle with electricity shortages driven by drought”)

    Zeit: Europa verliert Afrika. Die Kooperation mit afrikanischen Staaten ist für Europa strategisch und wirtschaftlich wichtig, schreibt der emeritierte Professor für Politikwissenschaft Herfried Münkler in einem Gastbeitrag. Vor allem Russland und China haben in Afrika zuletzt im Gegensatz zum Westen erheblich an Einfluss gewonnen. Das ist vor allem für die Europäer bedrohlich, weil die afrikanischen Migrationsbewegungen infolge von Klimawandel und innergesellschaftlichen Kriegen nicht nach Russland oder China gehen, sondern nach Europa. (“Ein neuer Wettlauf nach Afrika”)

    SRF: Regen in der Wüste hat Folgen. Die Wüste im Südosten Marokkos zählt zu den trockensten Regionen der Welt. Doch aktuell präsentiert sie sich von einer anderen Seite: Eine seltene Regenflut hat in der Sahara Wasserlagunen zwischen Sanddünen und Palmen hinterlassen. Diese starken Regenfälle könnten den Wetterverlauf in der Region in den kommenden Monaten und Jahren verändern. Die Luft kann nun mehr Feuchtigkeit speichern, was zu vermehrter Verdunstung und Stürmen führen könnte. (“Sahara ist überschwemmt”)

    BBC: Nyong’o erschrocken über Regierungsgewalt. Die Schauspielerin Lupita Nyong’o hat das harte Vorgehen der kenianischen Behörden gegen die großen Anti-Steuer-Proteste verurteilt, die im Juni begannen. Menschenrechtsgruppen zufolge wurden die Demonstranten mit Polizeigewalt konfrontiert. Dutzende Menschen wurden getötet und zahlreiche weitere entführt. Nyong’o ist erschrocken darüber, dass die Regierung auf Taktiken zurückgreift, von denen sie glaubte, sie würden der Vergangenheit angehören. (“Lupita Nyong’o speaks of family ordeal and condemns ‘chilling’ Kenya crackdown”)

    Heads

    Yasmine Belkaïd – Kämpferin für bessere Impfstoffe in Afrika

    Yasmine Belkaïd
    Immunologin mit afrikanischen Wurzeln: Yasmine Belkaïd, Leiterin des Institut Pasteur.

    In der Welt der Wissenschaft ist Yasmine Belkaïd in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung. Die Immunologin von Weltrang leitet seit Januar dieses Jahres in Frankreich das Institut Pasteur, eine führende Einrichtung auf dem Gebiet der Impfforschung. Dabei liegt ihr Afrika besonders nahe.

    So hat sie die Schaffung des African Vaccine Manufacturing Accelerator (AVMA) vorangetrieben, der im Sommer ins Leben gerufen worden ist. Der AVMA soll die Impfstoffproduktion auf dem Kontinent fördern und so dazu beitragen, dass die afrikanischen Länder bis 2040 mehr als 60 Prozent ihres Impfstoffbedarfs selbst produzieren. Bisher gibt es in Afrika nur 13 Impfstoffproduzenten, die gerade einmal ein Prozent der Nachfrage des Kontinents decken.

    “Ich halte viel von Komplementarität in der Forschung”, sagt Belkaïd. “Initiativen zur Impfstoffproduktion müssen eng mit den Forschungsbemühungen zur Entwicklung neuer Impfstoffe abgestimmt werden.” Dazu gehöre auch die Erforschung der in Afrika verbreiteten Krankheiten, für die spezielle Impfstoffe benötigt werden.

    Flucht aus Algerien

    Damit schließt sich ein Kreis für die Wissenschaftlerin. Geboren wurde sie im August 1968 in Algier. Ihr Name dürfte jedem Algerier geläufig sein. Denn ihr Vater, Aboubakr Belkaïd, war ein bekannter Widerstandskämpfer gegen die französische Vorherrschaft über Algerien. In den Jahren nach der Unabhängigkeit bekleidete er verschiedene Ministerposten. Am 28. September 1995 jedoch wurde er mitten in Algier auf dem Platz Port-Saïd ermordet. Diese Jahre eines blutigen Bürgerkriegs gingen als das “schwarze Jahrzehnt” in die algerische Geschichte ein.

    Yasmine Belkaïd verbrachte ihre Kindheit in Algerien und absolvierte 1993 ihren Master in Biochemie in Algerien. Doch der Terror des “schwarzen Jahrzehnts” zwang sie nach Frankreich ins Exil – ihre Mutter ist Französin, sodass sie die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt. In Paris wird sie mit einer immunologischen Arbeit, an der sie am Institut Pasteur geforscht hatte, 1996 promoviert.

    Karriere in den USA

    Anschließend verfolgt sie ihre Forschungen in den USA am National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) weiter. 2008 wird sie Professorin an der Universität von Pennsylvania. Im Zentrum ihrer Arbeit stehen die Beziehungen zwischen Mikroben und ihren Wirtsorganismen. Diese Wechselwirkung schadet nicht zwingend negativ dem Wirtsorganismus. So hat sie den positiven Einfluss bestimmter Mikroben auf die Heilung von Wunden nachgewiesen. “Es gibt Milliarden Mikroben”, sagte sie vor kurzem in einem Radiointerview. “Das ist ein unglaublich faszinierendes Forschungsgebiet.”

    Rund 30 Jahre hat sie in den USA gelebt und dort Karriere gemacht. Erst Anfang des Jahres ist sie nach Frankreich zurückgekehrt, um die Leitung des Institut Pasteur zu übernehmen. Belkaïd ist eine Karriere wie nur wenigen Wissenschaftlern mit afrikanischen Wurzeln gelungen. Und doch muss sie sich dafür rechtfertigen, dass sie so viele Jahre in den USA verbracht hat.

    Appell an junge Wissenschaftler

    Der internationale Austausch sei essenziell für Wissenschaftler, ermutigt Belkaïd junge Wissenschaftler. “Wegzugehen und wieder zurückzukehren, ist eine sehr starke Erfahrung”, sagte sie. “Ich rate allen, einige Jahre zu reisen, die Welt zu erkunden und sich international wissenschaftlich fortzubilden.” Eine internationale Karriere öffne Wissenschaftlern den Blick auf die Welt und mache sie stärker.

    Die Möglichkeit eines Studiums ist für afrikanische Studenten eingeschränkt, erst recht im Ausland. Subsahara-Afrika zählt nach einer Studie von Campus France vom November 2022 etwa 8,8 Millionen Studenten. Dabei lebten 92 Millionen Menschen in der Region, die im Alter für eine Hochschulausbildung seien. Studenten aus Subsahara-Afrika stellen 3,7 Prozent der Studenten auf der Welt. Doch nur 430.000 Studenten aus Subsahara-Afrika können im Ausland studieren. 27 Prozent von ihnen sind der Studie zufolge an einer Universität in der EU eingeschrieben, 20 Prozent anderswo in Subsahara-Afrika und 15 Prozent in Nordamerika. Zur Erreichung von Yasmine Belkaïds Bildungsideal hat Afrika somit noch einen weiten Weg vor sich. Christian von Hiller

    • Forschung
    • Gesundheit
    • Gesundheitspolitik
    • Impfstoffe
    • Studium
    • Wissenschaft

    Nachtisch

    Blick auf Kinshasa, die größte französischsprachige Stadt der Welt.
    Blick auf Kinshasa, die größte französischsprachige Stadt der Welt.

    Kolonialgeschichte und historische Verbindungen machen es möglich: In etwas mehr als die Hälfte aller Länder in Afrika wird Französisch gesprochen. 21 davon gelten als frankophone Staaten, also Länder, in denen Französisch Amtssprache ist. So verwundert es auch nicht, dass die größten französischsprachigen Städte auf dem afrikanischen Kontinent zu finden sind – und nicht etwa in la patrie, dem Vaterland Frankreich. Zu diesem Schluss kommt das französische Reise- und Trendmagazin “EnVols”, mit Daten zusammengestellt im Demographia World Urban Areas-Bericht. Das sind die Top 10 der französischsprachigen Städte in Afrika:

    1. Kinshasa (DR Kongo: 12,8 Millionen Einwohner)
    2. Abidjan (Elfenbeinküste: 5,4 Millionen Einwohner)
    3. Yaoundé (Kamerun: 4,6 Millionen Einwohner)
    4. Casablanca (Marokko: 4,3 Millionen Einwohner)
    5. Bamako (Mali: 4 Millionen Einwohner)
    6. Ouagadougou (Burkina Faso: 3,8 Millionen Einwohner)
    7. Algiers (Algerien: 3,7 Millionen Einwohner)
    8. Dakar (Senegal: 3,7 Millionen Einwohner)
    9. Mbuji-Mayi (DR Kongo: 3,6 Millionen Einwohner
    10. Douala (Kamerun: 3,6 Millionen Einwohner)

    Paris mit elf Millionen Einwohnern kommt auf einer globalen Liste nur auf Rang 2, hinter Kinshasa. Montreal im kanadischen Quebec schafft es mit 3,7 Millionen Einwohnern noch unter die Top 10. In nicht allen Ländern Afrikas sind die Sprache und Kultur Frankreichs weiterhin hoch angesehen. Burkina Faso, Mali und Niger bemühen sich derzeit darum, ihre jeweiligen Länder vom französischem Einfluss zu lösen. Dennoch werden voraussichtlich bis 2050, so die Organisation Internationale de la Francophonie (OIF), 80 Prozent aller französischsprachigen Menschen in Afrika leben. as

    Africa.Table Redaktion

    AFRICA.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen