Table.Briefing: Africa

Suche nach Lösungen in Niger + Äthiopien vor Zerreißprobe + Regenwaldgipfel in Kinshasa

Liebe Leserin, lieber Leser,

wer die Folgen des Putsches im Niger hauptsächlich durch die westliche Brille sieht, wird dem Konflikt nicht gerecht. Demokratische Legitimation war bislang zu oft kein erfolgreiches Exportmodell, dem die Afrikaner im Sahel vertrauten. So scheint es, dass das autokratische Putschregime von Niamey mehr Rückhalt in der Bevölkerung hat, als dem Westen lieb ist. Christian von Hiller analysiert die gegenwärtige Lage und wagt einen Ausblick darauf, wie sie sich entwickeln wird.

Einen Tag vor dem mit Spannung erwarteten BRICS-Gipfel in Johannesburg hat der Westen beim Thema Handelsbeziehungen eine offene Flanke. Die Amerikaner drohen damit, den African Growth and Opportunity Act (AGOA) nicht zu verlängern und damit vielen afrikanischen Staaten den zollfreien Zugang zum US-Markt zu versperren. Doch das besonders betroffene Südafrika hat einen Trumpf in der Hand, für den ausgerechnet der US-Botschafter gesorgt hat. Andreas Sieren kennt die Geschichte.

Mit Divine Ndhlukula stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe zudem eine bemerkenswerte Frau in Simbabwe vor, die sich getraut hat, was niemand ihr zugetraut hat. Mit 4000 Angestellten im Sicherheitsbusiness gilt sie als eine der erfolgreichsten Frauen auf dem Kontinent. Die BBC verlieh ihr sogar den Titel “Queen of Security”.

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Ihr
Harald Prokosch
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Analyse

Suche nach diplomatischer Lösung für Niger

Die internationale Staatengemeinschaft – sowohl Europa und die USA wie auch die Ecowas und andere multinationale Organisationen – befinden sich in einer verfahrenen Situation. Die Militärjunta in Niger unter Führung von General Abdourahamane Tchiani (immer häufiger Tiani geschrieben) scheint sich an der Macht festzusetzen. Sowohl diplomatische Initiativen wie auch militärische Drohungen scheinen nicht zu verfangen.

Wie stark der Rückhalt der Militärjunta in der nigrischen Bevölkerung tatsächlich ist, lässt sich nicht verlässlich einschätzen. Doch waren demokratisch legitimierte Regierungen in der Sahelregion seit vielen Jahren schwach. Das liegt daran, wie Kandidaten ausgewählt werden. Viele Wähler in der Region können zudem kaum lesen und schreiben. Die gewählten Machthaber sind oft einer Vielzahl widerstreitender Interessen ausgeliefert. Auch findet eine offene demokratische Auseinandersetzung in den meisten Sahelländern kaum statt. Zu guter Letzt haben sich viele der vordergründig demokratisch gewählten Regierungen als korrupt, nepotistisch und durchsetzungsschwach erwiesen.

Es wird somit zunehmend ein politischer Faktor für die Sahelregion, dass parlamentarisch geprägte Staatsformen in der Bevölkerung an Ansehen verloren haben und autokratische Regime größeren Rückhalt in der Bevölkerung des Sahel bekommen.

Che Guevara Afrikas

Militärjuntas sind zudem häufig besser geführt. Zumindest haben sie häufig überfällige Reformen durchgesetzt und die Interessen des Landes härter gegenüber dem Ausland vertreten. So trifft in Burkina Faso die Militärregierung unter Hauptmann Ibrahim Traoré durchaus auf Unterstützung in der Bevölkerung. Vor knapp einem Jahr hatte er bis dahin regierende Militärjunta unter Paul-Henri Sandaogo Damiba weggeputscht. Heute wird die Militärregierung zumindest nicht in dem Maße abgelehnt, wie es Europa nach dem Putsch wohl erhofft hatte.

Das mag auch daran liegen, dass Traoré gerade einmal 34 Jahre alt ist. Offenbar greift er die Probleme der überwiegend jungen Menschen im Land besser auf als seine Vorgänger. Seine Auftritte wirken weit über die Grenzen Burkina Fasos auf dem gesamten Kontinent. Auch bezieht sich Traoré – oder IB, wie er meist genannt wird – regelmäßig in seinen Reden auf Thomas Sankara, den 1987 ermordeten charismatischen, panafrikanischen und anti-imperialistischen Revolutionsführer und Präsidenten von Burkina Faso, eine Art Che Guevara Afrikas, dessen politisches Erbe Traoré wohl antreten will. Auch das kommt bei Teilen der Jugend in Afrika gut an.

Eine militärische Intervention der Ecowas unter Führung Nigerias ist unwahrscheinlicher geworden. Am Wochenende hat eine Delegation der Ecowas in Niamey den gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum getroffen. Die Delegation führte der ehemalige Präsident Nigerias Abdulsalami Abubakar an. Der neue, von der Junta ernannte Premierminister von Niger Ali Mahaman Lamine Zeine empfing diese am Flughafen. Am Samstag war auch die neue US-Botschafterin Kathleen FitzGibbon in Niger eingetroffen, um die Suche nach einer friedlichen Lösung der Krise nach dem Putsch zu unterstützen. Für die USA geht es auch darum, die Niger Air Base 201 bei Agadez, eine wichtige Drohnenbasis in der Region, nicht zu verlieren.

Delegationsführer mit Symbolkraft

Der 81 Jahre alte Abubakar ist ein ehemaliger hochrangiger Offizier der nigerianischen Armee, der von 1964 bis 1966 in Deutschland militärisch ausgebildet wurde. 1998 übernahm er widerwillig unter der damaligen Militärregierung das Amt des Staatspräsidenten und leitete bis Mai 1999 den Übergang zur Demokratie ein. Von daher war die Berufung Abubakars an die Spitze der Ecowas-Delegation ein Zeichen in Richtung Niamey.

Tiani hat nach dem Besuch der Ecowas-Delegation angekündigt, dass die Militärregierung nicht länger als drei Jahre im Amt bleiben solle. “Unser Ehrgeiz besteht nicht darin, die Macht an uns zu reißen”, sagte Tiani am Wochenende im nigrischen Fernsehen, nachdem auch er die Delegation der Ecowas empfangen hatte. Gleichzeitig kritisierte er scharf eine Militärintervention: “Die Ecowas bereitet sich darauf vor, Niger anzugreifen, durch die Aufstellung einer Besatzungsarmee in Zusammenarbeit mit einer fremden Armee”, ohne diese präzise zu benennen.

Der Ausgang aus der politischen Krise in Niger bleibt offen. Doch scheint die internationale Staatengemeinschaft nicht mehr einen Rückzug der Putschisten zur Voraussetzung zu machen. Zunächst war favorisiert worden, auf die Freilassung Bazoums zu drängen, damit dieser danach aus freiem Willen zurücktreten kann und Neuwahlen den Weg bereitet.

Doch nun könnte sich die Ecowas darauf einlassen, eine mehrjährige Putschregierung zu tolerieren. Dies ließe der Militärregierung Zeit, eine neue Verfassung auszuarbeiten, Wahlen vorzubereiten und einen demokratischen Neuanfang einzuleiten. Damit würde Tiani im Groben dem Prozess folgen, den Abubakar vor 25 Jahren für Nigeria eingeleitet hatte – mit dauerhaftem Erfolg für das Land.

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Interview

“Ecowas muss Junta in Niger schnell loswerden”

Günther Lanier
Günther Lanier, in Ouagadougou lebender Ökonom.

Wie hat sich Ihr Alltag durch die zunehmende Unsicherheit in der Region verändert?

Eigentlich gar nicht. Mein Alltag hier in der burkinischen Hauptstadt verläuft wie immer. Das Einzige, was man bemerkt, ist, dass die Kasernen ihre Sicherheitsvorkehrungen erhöht haben. Auch wenn hier in der Stadt schon lange kein Anschlag mehr passiert ist, so spürt man doch, dass es im Rest des Landes Krieg gibt. Und man trifft jetzt mehr Leute, die mit Verschwörungstheorien unterwegs sind.

Was sind das für Theorien?

Zum Beispiel, dass sich Frankreich gegen die Region verschworen hat. Das findet man dann in allen möglichen Ausschmückungen.

Wie schätzen Sie die Versorgungslage der Bevölkerung in der Region ein?

Die ist seit längerem schwierig angesichts starker Preissteigerungen. Doch jetzt ist die Lage gerade für die Menschen in Niger besonders schlimm. Wir sind in einer Zeit im Jahr, die die Menschen in dieser Gegend als “soudure” bezeichnen: Die Vorräte aus dem Vorjahr sind weitgehend aufgebraucht, die neue Ernte ist noch nicht eingebracht. Diese Zeit ist immer kritisch, aber dieses Jahr ist es besonders schlimm.

Vieles von Burkina Faso und Mali abgeschaut

Burkina Faso und Mali haben ja beide ihre Unterstützung für die Putschisten in Niger zugesagt…

Ja, die drei Länder gehen sehr ähnlich vor. Die Militärjunta in Niger hat sich vieles von Burkina Faso und Mali abgeschaut, besonders auch den Umgang mit Frankreich. Aber trotzdem sind die drei Länder nicht hundertprozentig auf einer Linie. Insbesondere hat Burkina Faso keine Wagner-Truppen ins Land gelassen, Niger bisher auch nicht, Mali sehr wohl.

Droht nun in der Sahelregion ein Zerfall der staatlichen Strukturen?

Die Gefahr ist akut. In Mali sind bestimmt 40 Prozent des Territoriums in Rebellenhand. Niger war bisher recht stabil und hatte auch Erfolge im Umgang mit dem Terrorismus, ein bisschen vergleichbar mit Mauretanien, das sich diesbezüglich hervorgetan hat. Zuletzt habe ich gehört, dass Timbuktu unter dschihadistischer Blockade steht. Wenn das stimmt, wäre das tragisch. Timbuktu ist ein ziemlich starkes Symbol für die Region.

Was wird die Folge sein, wenn sich die Militärjunta in Niger an der Macht hält?

Ich würde es so sagen: Wenn die Ecowas es nicht schafft, die Junta schnell loszuwerden, dann behindert sie das Vorgehen gegen den Terrorismus. Die Junta hat die Militärtruppen des Landes in Niamey zusammengezogen, um ihre Macht abzusichern. Die fehlen jetzt an anderer Stelle. Das haben zum Beispiel die Gefechte zwischen Dschihadisten und Regierungstruppen am 10. August in der Nähe von Koutougou nahe der Grenze zu Burkina gezeigt. Für die Junta wird die Lage immer schwieriger werden angesichts der Sanktionen und der drohenden Militärintervention. Die Abschaltung des Stroms trifft die Landbevölkerung wenig, insgesamt waren 79 Prozent im Land nie ans Stromnetz angeschlossen. Die aktuelle Situation ist für die Menschen auf jeden Fall wegen der weiter steigenden Preise sehr schlimm.

Günther Lanier ist ein österreichischer Ökonom, der seit 2002 überwiegend in Ouagadougou lebt und von dort über die Sahelzone berichtet. Gemeinsam mit Fritz Edlinger hat er das Buch “Krisenregion Sahel. Hintergründe, Analysen, Berichte” herausgegeben, das 2022 im Verlag Promedia in Wien erschienen ist.

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Analyse

Spannungen zwischen Südafrika und den USA

Es hat acht Monate gedauert, endlose diplomatische Querelen ausgelöst und eine Untersuchung erfordert, um zu klären, was in einem südafrikanischen Hafen in einer Dezembernacht passierte. Diese Nacht lastet bis heute auf den Beziehungen zwischen Südafrika und den USA unter dem African Growth and Opportunity Act (AGOA).

Was ist passiert? Am 8. Dezember 2022 wurde die “Lady R”, ein unter Sanktionen stehender russischer Frachter, im Marinestützpunkt Simon’s Town bei Kapstadt ent- und beladen. Damals stand Südafrika international in der Kritik, sich im Ukrainekrieg nicht offen gegen Russland zu stellen.

Für einen diplomatischen Eklat sorgte der US-Botschafter in Südafrika Reuben Brigety, als er im Mai auf einer Pressekonferenz behauptete, er sei “zuversichtlich, dass Waffen auf die Lady R geladen wurden”. Genau dies aber hatte die südafrikanische Verteidigungsministerin Thando Modise regelmäßig bestritten. Das russische Schiff habe Ausrüstung, darunter alte Waffen, für Spezialeinheiten der südafrikanischen Armee geliefert, so die Ministerin. Diese seien schon vor der Covid-Pandemie bestellt worden. Seit 2018 habe es keine Waffenlieferungen an Russland gegeben. Präsident Ramaphosa berief dennoch eine Untersuchungskommission ein, die den “Lady R”-Vorfall prüfen sollte.

Nahrungsmittel statt Waffen

Inzwischen ist klar: Die sechs Container, die die “Lady R” wieder mit nach Russland nahm, waren nur mit Lebensmitteln und anderen Versorgungsgütern gefüllt. Der Abschlussbericht der Untersuchungskommission liegt Ramaphosa seit mehr als einer Woche vor. Der Präsident brauche Zeit, um den Bericht genau durchzugehen und “seinen Verstand anzuwenden”, sagte die Ministerin im Präsidialamt, Khumbudzo Ntshavheni. Zudem betreibe Südafrika keine “Megafon-Diplomatie”.

Ob wenigstens Teile des Berichtes veröffentlicht werden, ist offen. Damit hat Ramaphosa nun bessere Karten in der Hand, wenn es um die Verlängerung von AGOA geht, das seit 2000 besteht und im Jahr 2015 bis 2025 verlängert wurde. Nach China sind die USA Südafrikas zweitgrößter Handelspartner. Obwohl unter AGOA nur drei Prozent aller Exporte Südafrikas fallen, vor allem aus der Autoindustrie, beziehen die USA 39 Prozent ihres Bedarfs an Rhodium und 46 Prozent Palladium aus dem Land am Kap, beides wichtig bei der Herstellung von Katalysatoren.

Der südafrikanische Oppositionsführer John Steenhuisen von der Demokratischen Allianz (DA) wiederum sieht die Autoindustrie Südafrikas, die 2022 Fahrzeuge im Wert von 7,55 Milliarden Euro exportierte, in Gefahr, sollte AGOA nicht verlängert werden: “Ein Großteil diese Handels ist auf AGOA angewiesen.” Mehr als 100.000 Jobs könnten verloren gehen.

“Enormes Wohlwollen gegenüber Südafrika”

Ähnlich besorgt zeigte sich der Geschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika, Matthias Boddenberg, gegenüber Table.Media: “Wenn AGOA nicht verlängert wird, haben wir hier ein Problem, dann verlieren wir einen gewissen Margenvorteil.” John Endres, CEO des Thinktanks Institute of Race Relations in Johannesburg, hofft allerdings noch auf eine Lösung. Bei den Amerikanern sieht er “enormes Wohlwollen gegenüber Südafrika”. Die vorherrschende Meinung sei, dass AGOA etwas Verfeinerung gebrauchen könne und erneuert werde.

Afrikaweit profitieren derzeit 35 Länder von AGOA. Die im August 2022 verabschiedete Afrika-Strategie von Präsident Joe Biden lässt ebenfalls auf eine Lösung hoffen: Die Strategie bezeichnet den Kontinent als “entscheidend für die Weiterentwicklung unserer globalen Prioritäten”. Allerdings standen die Zeichen in den vergangenen Monaten nicht nur wegen der “Lady R” auf Konfrontation.

Druck auf den US-Botschafter

Im Juni, kurz bevor Ramaphosa mit anderen afrikanischen Staatsoberhäuptern nach Kiew und St. Petersburg zu einer Friedensmission aufbrach, wandten sich US-Senatoren beider Parteien an Außenminister Antony Blinken: Sie seien besorgt über die “Vertiefung der militärischen Beziehungen” zwischen Südafrika und Russland. Südafrika laufe Gefahr, die AGOA-Handelsvorteile zu verlieren, drohten sie offen. Außerdem seien sie gegen eine Ausrichtung des 2023 AGOA-Forums, das im November in Johannesburg stattfinden soll.

Nun versuchen die Südafrikaner ihren Verhandlungsspielraum zu vergrößern, in dem sie den Druck auf den US-Botschafter Brigety erhöhen. In Pretoria mehren sich Stimmen, den Botschafter, der die Anschuldigungen offensichtlich ohne Segen aus Washington gemacht hatte, auszuweisen. Dass Brigety Afroamerikaner ist, macht die Entscheidung nicht einfacher. Washington hat bereits angedeutet, den Botschafter lieber zurückzubeordern. Außenministerin Naledi Pandor in Pretoria hält sich ihre Optionen offen: “Vielleicht können wir nach Durchsicht dieses Berichtes feststellen, welche weiteren Maßnahmen die Regierung in Betracht ziehen könnte.” Was sie damit meint: Es gibt Verhandlungsspielraum, aber nur wenn die Amerikaner bei AGOA einlenken.

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“Äthiopien kämpft gegen sich selbst”

Der Konflikt zwischen den Amharen und der äthiopischen Bundesregierung dauert auch zwei Wochen nach seinem offenen Ausbruch an. Am 6. August erklärte der Geheimdienstchef Temesgen Tiruneh, dass “die Bundesregierung den Ausnahmezustand verhängt hat, da die Sicherheitslage die Möglichkeiten des Amhara-Regionalstaats übersteigt”.

Im Zentrum der blutigen Auseinandersetzung steht die amharische Fano-Miliz. Während des Kriegs gegen die Tigray People’s Liberation Front (TPLF) zwischen 2020 und 2022 hatte die äthiopische Regierung in ihrem Kampf gegen die TPLF die Fano bewaffnet. Nach Beendigung des Bürgerkriegs kündigte die Regierung am 6. April an, die Milizionäre der Fano und die regionalen Spezialeinheiten – auch in anderen Bundesstaaten – in die regulären Sicherheitskräfte zu integrieren. Die Milizionäre lehnten dies allerdings ab, was nun zu einer verheerenden Unsicherheit in der Amhara-Region geführt hat. Das Vorgehen der Regierung lässt sich als Schuss ins eigene Knie deuten.

“Man könnte meinen, dass das Huhn nach Hause kommt und sich diese Waffen gegen die föderalen Streitkräfte selbst richten”, sagte Kjetil Tronvoll, Professor für Friedens- und Konfliktstudien an der Bjorknes-Universität in Oslo, der sich auf die Lage am Horn von Afrika spezialisiert hat.

Keine dauerhafte Lösung in Sicht

Oppositionsparteien wie Ezema (Ethiopian Citizens for Social Justice) warnten, die Operation gegen die Fano werde keine dauerhafte Lösung bringen. Tronvoll, der diesen Standpunkt teilt, erklärte gegenüber Table.Media, dass die Operation eher zu einem “Aufstand mit geringer Intensität, wie wir ihn in der Region Oromia sehen”, mit einer “zersplitterten Führung” führe – im Gegensatz zu der der Oromo Liberation Army (OLA).

Die politischen Missstände, mit denen das Land konfrontiert ist, haben ihren Ursprung in den Oromo-Protesten (2014-2018). Damals waren die politischen Eliten der Amhara und Oromo die beiden mächtigen Verbündeten, die Abiy Ahmed 2018 an die Macht brachten und die fast drei Jahrzehnte währende Herrschaft der TPLF beendeten.

Der Krieg in Oromia seit 2019 hat dazu geführt, dass Abiy Unterstützung in seiner Wählerschaft verloren hat. Nun hat sich auch die letzte große Basis im Amhara-Lager von ihm abgewandt und behauptet, ihr Ziel sei es, die “Oromo-Dominanz” zu beseitigen. Tronvoll sagte gegenüber Table.Media: “Wenn dieser Aufstand als Krieg zwischen Amhara und Oromo interpretiert wird, dann könnte das auf einer ganz anderen Ebene eskalieren und Äthiopien auseinanderreißen. Denn dies ist das Zentrum. Es ist nicht die Peripherie wie in Tigray. Hier kämpft Äthiopien gegen sich selbst.”

Misstrauen zwischen den ethnischen Gruppen

Die Oromo-Eliten im Oppositionslager sehen Abiy als “Äthiopianisten“, die Amhara-Eliten im Oppositionslager sehen ihn als Verfechter der “Oromummaa” – des Oromo-Seins. Dies hat dazu geführt, dass die Eliten im Amhara-Lager, die für “Äthiopiawinet” – Äthiopier zu sein – eintraten, sich nun ausschließlich für “Amharanet” – Amhara zu sein – einsetzen.

Mit Blick auf diesen Wandel sagte Tronvoll, dieses Lager behaupte: “Amhara hat den natürlichen Auftrag, Äthiopien zu regieren, nicht als Pan-Äthiopier, sondern als Amhara-Nationalist, der hauptsächlich darauf zurückgreift, wie Äthiopien während der kaiserlichen Ordnung dargestellt wurde – eine Sprache, eine Religion.”

Eritrea gilt schnell als Verursacher jeder größeren politischen Krise in Äthiopien. Seinem Präsidenten, Issayas Afeworki, wurde vorgeworfen, den Krieg in Tigray anzuheizen und die Fano-Miliz zu unterstützen. Tronvoll sagte: “Wir wissen, dass Issayas Afeworki aus Eritrea in diesen Aufstand verwickelt ist, um Äthiopien zu destabilisieren”. Historisch gesehen haben Eritrea und Äthiopien keine “heilige Ehe” geschlossen, wie es bei den Oromo, Somali und anderen marginalisierten Völkern der Fall ist. Eritreische Nationalisten kämpften gegen die aufeinanderfolgenden Regime, um 1993 ein unabhängiges Land zu werden.

Auch Eritrea mischt mit

Tronvoll ist daher der Ansicht, dass Eritreas Absicht, sich in die politische Krise Äthiopiens einzumischen, darin besteht, “ein stabiles und stärkeres Äthiopien zu untergraben. Denn ein stabiles und stärkeres Äthiopien wird Eritrea und Issayas Afeworki in den Schatten stellen.”

Angesichts der drohenden Unruhen warnte die Europäische Union die Kriegsparteien in Äthiopien, “ein Übergreifen der Gewalt auf andere Regionen des Landes zu vermeiden”. Diese Gefahr ist real. Die innenpolitische Krise könne auf das fragile Somalia, den Südsudan, den Sudan und sogar Eritrea überspingen, befürchtet Tronvoll: “Ohne Äthiopiens Einfluss und Macht, die eine Art von Stabilität über die Grenze hinaus projizieren könnten, wird die Instabilität in den Nachbarländern nur zunehmen.”

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News

Äthiopische Migranten offenbar von saudischen Grenzern getötet

Saudische Grenzsoldaten haben zwischen März 2022 und Juni 2023 Hunderte, möglicherweise Tausende äthiopische Migranten getötet. Das geht aus einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hervor.

Demnach seien die Flüchtlinge erschossen worden, als sie versuchten, die jemenitisch-saudische Grenze zu überqueren. Grenzschutzbeamte hätten wahllos Waffen eingesetzt und Menschen aus nächster Nähe erschossen, darunter auch Frauen und Kinder. Der Bericht stützt sich auf Dutzende Interviews mit äthiopischen Flüchtlingen, Angehörigen verstorbener Migranten sowie auf Videos und Satellitenbilder aus dem Grenzgebiet. Human Rights Watch verurteilt die Taten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. 

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger reagierte auf den Bericht und forderte eine Überprüfung der Politik der Bundesregierung gegenüber Saudi-Arabien. “Wer von sich selbst behauptet, feministische Außenpolitik sei wichtig, macht sich unglaubwürdig, wenn man Staaten wie Saudi-Arabien mit Waffen unterstützt, die Menschen barbarisch an ihrer Grenze abschießen”, sagte sie Table.Media.

Die Entscheidung der Bundesregierung von 2020, saudische Grenzpolizisten wieder durch die Bundespolizei ausbilden zu lassen, sei “ein großer Fehler” gewesen, so Bünger. Nun müsse geklärt werden, “ob von Deutschland ausgebildete Kräfte etwa an den Massenerschießungen und Menschenrechtsverletzungen beteiligt” gewesen seien. “Die Zusammenarbeit muss umgehend eingestellt und die Lieferung von Waffen gestoppt werden.” Bis Juni dieses Jahres hatte die Ampelkoalition Rüstungsexporte in Höhe von knapp einer Million Euro an Saudi-Arabien genehmigt, 2022 waren es 44,2 Millionen. mrb

Eine umfassende Analyse der aktuellen Lage in Äthiopien lesen Sie hier

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DR Kongo lädt zu trilateralem Regenwaldgipfel

Am 25. August treffen die Präsidenten Brasiliens, Indonesiens und der DR Kongo in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa zusammen, um über den besseren Schutz der Regenwälder zu beraten. Die Länder repräsentieren die drei wichtigsten Regenwaldgebiete der Erde, die zusammen mehr als 80 Prozent der globalen Regenwaldfläche ausmachen sowie zwei Drittel der Biodiversität zu Land: das Amazonasbecken in Lateinamerika, das zentralafrikanische Kongobecken sowie das Mekong-Borneo-Becken in Südostasien. Die drei Länder hatten bereits bei einem Treffen vor dem G20-Gipfel in Bali im November letzten Jahres die Schaffung einer trilateralen Partnerschaft zum Schutz ihrer Regenwälder angekündigt. Auch zu dem jüngsten Amazonasgipfel im brasilianischen Belém waren Indonesien und DR Kongo (sowie weitere nicht-Amazonas-Länder) bereits eingeladen gewesen, was die Absicht zur globalen Kooperation unterstreicht. Eine umfassende Analyse der Ergebnisse des Amazonasgipfels lesen Sie im Climate.Table

Bei dem Treffen in Kinshasa soll es nun darum gehen, die trilaterale Kooperation zwischen den großen Regenwaldnationen zu intensivieren. Die Initiative ist bislang nur unter den Spitznamen “Klima G3” oder “Regenwald-OPEC” bekannt. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und der indonesische Präsident Joko Widodo werden im Rahmen des Gipfels Gespräche mit dem kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi führen, “um eine einheitliche Dynamik zur Verteidigung der Interessen der Menschheit und ihrer jeweiligen Völker zu schaffen”, so ein Sprecher der kongolesischen Präsidentschaft in einer Erklärung. Dabei gehe es nicht allein um den Schutz der Regenwälder. Vielmehr solle auch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Länder angekurbelt werden, sowie die Armut bekämpft werden, so der Sprecher weiter. 

Im Vorfeld des Gipfels haben die drei Länder bereits damit begonnen, ihre bilateralen Beziehungen zueinander auszubauen. So wird etwa DR Kongo militärisches Material von Indonesien kaufen sowie Kadetten und Spezialkräfte zur Ausbildung in den Inselstaat entsenden. Auch Kooperationen beim Abbau von Rohstoffen wie Kupfer und Öl sowie in der Forstwirtschaft sind geplant. Beide Nationen haben ihre Absicht erklärt, erstmals eine Botschaft im jeweils anderen Land einzurichten. 

Das Gipfeltreffen in Kinshasa markiert auch eine Wiederaufnahme von Brasiliens energischer Afrika-Diplomatie. Während seiner ersten beiden Amtszeiten von 2003 bis 2010 besuchte Präsident Lula Dutzende von afrikanischen Ländern zu bilateralen Treffen. Während einer Reise nach Kap Verde im Juli sagte Lula, er freue sich darauf, 2023-24 “mehrere” afrikanische Länder zu besuchen. Sein Vorgänger Bolsonaro hatte Afrika während seiner Amtszeit nicht besucht.  

In seiner Ansprache an die kongolesische Diaspora in Brasilien beim Gipfeltreffen in Belém erklärte auch Präsident Tshisekedi, dass der Gipfel die Wiederbelebung der brasilianisch-kongolesischen Beziehungen markieren werde. Die Länder strebten eine erneute Zusammenarbeit in den Bereichen Infrastruktur, Luftverkehr, Elektrizität und Landwirtschaft an, so Tshisekedi. 

Nach dem trilateralen Treffen in Kinshasa sowie dem One Forest Summit, der im März in Gabun stattfand, wird im Kongobecken in diesem Jahr noch ein dritter Gipfel zum Schutz der Regenwälder abgehalten. Vom 26. bis zum 28. Oktober wird in Brazzaville, der Hauptstadt der Republik Kongo, der Three Basins Summit stattfinden. Das Gipfeltreffen wird Vertreter der Regenwaldanrainerstaaten zusammenbringen. Ziel des Gipfels ist es, eine globale Koalition zur Wiederherstellung von 350 Millionen Hektar terrestrischer und aquatischer Ökosysteme umzusetzen. ajs

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Ewia Green Investments hält an Westafrika fest

Ungeachtet der hohen Unsicherheit in der Sahelzone nach dem Militärputsch in Niger hält die Ewia Green Investments GmbH in München an ihrem Engagement in Westafrika fest. “Wir hatten ein Projekt in Burkina Faso, dass wir nach dem zweiten Militärputsch im Land abbrechen mussten”, sagte Ralph Schneider, CEO des Solaranlagenbauers, zu Table.Media. “Aber ansonsten haben wir bisher keine Auswirkungen der Krise im Sahel festgestellt.” Ewia habe feste Beziehungen und gutes Geschäft in Ghana und sei jetzt dabei, nach Nigeria zu expandieren. Das Unternehmen sei vor allem in den Küstenländern in Westafrika aktiv, die bisher sehr stabil geblieben wären.

Ewia mit Sitz in München baut, finanziert und betreibt Solaranlagen für gewerbliche und industrielle Kunden in Afrika. Diese können gegen eine monatliche, feste Gebühr an Ewia eigenen Solarstrom produzieren und sich auf diese Weise vom öffentlichen Stromnetz unabhängig machen, das in vielen Ländern Westafrikas unzuverlässig ist.

Das Projekt in Burkina Faso ist auch deshalb gescheitert, weil die Anleger von Ewia die politischen Risiken nicht mehr tragen wollten. Zurzeit betreibt Ewia eine Crowdfinanzierung in Form eines Nachrangdarlehens über bis zu 1,1 Millionen Euro auf Basis einer Unternehmensbewertung von 8,1 Millionen Euro. Dabei strebt Ewia eine Rendite von 12 bis 27 Prozent jährlich an. Allerdings ist eine solche Geldanlage mit hohen Risiken verbunden. Bisher hat Ewia rund 400.000 Euro eingesammelt.

“Wir legen einen starken Fokus auf Nigeria und haben bisher 63 Workshops im Land ausgerichtet”, berichtet Schneider weiter. “Jetzt geht es daran, die ersten Pilotprojekte zu realisieren.” Nigeria sei auch deshalb ein aussichtsreicher Markt, weil der neue Präsident Tinubu die Subventionen für Energie abgeschafft hat, wodurch die Energiekosten zum Teil auf mehr als ein Dollar je Kilowatt-Stunde gestiegen seien. hlr

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Afrikas großes Potenzial für Schlüsselrolle in Lieferketten

Automobilindustrie, Elektronik, Erneuerbare Energien und Pharmazeutische Industrie: In allen diesen Bereichen hat Afrika laut einem aktuellen UN-Bericht großes Potenzial, künftig eine Schlüsselrolle in globalen Lieferketten einzunehmen. Der Bericht zur wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas 2023, der jährlich von der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung herausgegeben wird, richtet den Fokus auf technologieintensive Branchen: Afrika habe einen strategischen Vorteil durch seine natürlichen Ressourcen und schnell wachsende Abnehmermärkte.

“Das ist der Moment für Afrika, seine Stellung in den globalen Lieferketten zu stärken, denn jetzt bemüht man sich um eine breite Aufstellung”, so Rebeca Grynspan, Generalsekretärin der UN-Handelskonferenz anlässlich der Veröffentlichung des Berichts vergangene Woche.

Wegen Lieferengpässen wurde bereits seit der Corona-Pandemie vermehrt in der Wirtschaft diskutiert, Abhängigkeiten zu reduzieren. Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs verstärkte sich diese Diskussion nochmals. So geriet etwa die deutsche Automobilbranche in Produktionsschwierigkeiten, als Kabelbäume aus der Westukraine kriegsbedingt nicht mehr verfügbar waren.

Aluminium, Kobalt, Kupfer, Lithium, Mangan sind nur einige der begehrten Mineralien in Afrika. Wenn sie vor Ort schon weiterverarbeitet und als Zwischenprodukt exportiert werden, ergibt sich eine Win-Win-Situation für die afrikanischen Ökonomien und ausländische Abnehmer, argumentieren die Autoren des UN-Berichts: Wirtschaftswachstum auf dem afrikanischen Kontinent einerseits und geringere Produktionskosten durch eingesparte Transportkosten sowie niedrigere afrikanische Löhne für internationale Firmen andererseits.

Laut UN haben bereits 17 afrikanische Länder – darunter Angola, Ghana und Südafrika – begonnen, ihre Gesetze auf mehr lokale Wertschöpfung hin auszurichten. Es bräuchte allerdings auch eine Neuverhandlung von Verträgen beim Mineralienabbau zugunsten der afrikanischen Länder, fordert die UN. Außerdem plädieren die Wirtschaftsexperten, Investitionshemmnisse abzubauen. Der Zugang zu den Finanzmärkten müsse für afrikanische Länder verbessert und Staatsschulden erlassen werden.

Insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien fließt dem Bericht zufolge noch zu wenig Geld nach Afrika, trotz nennenswerter Ressourcen: Demnach entfallen lediglich zwei Prozent der weltweiten Investitionen auf afrikanische Länder. lcw

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Afrikanische Vermögen wachsen leicht

Die Vermögen in Afrika sind im vergangenen Jahr entgegen dem globalen Trend leicht angewachsen. Dies geht aus dem Global Wealth Report 2023 hervor, den die Bank UBS gemeinsam mit dem Credit Suisse Research Institute veröffentlicht hat. Demnach sind die Vermögen der privaten Haushalte in Afrika im Jahr 2022 um 1,5 Prozent gestiegen, während der globale Trend einen Rückgang von 2,4 Prozent zeigt. Der afrikanische Vermögenszuwachs wird jedoch durch das starke Bevölkerungswachstum auf dem Kontinent zunichte gemacht: Das Pro-Kopf-Vermögen in Afrika ist im vergangenen Jahr um 1,3 Prozent gesunken. Weltweit lag der Rückgang sogar bei 3,6 Prozent.

Das Pro-Kopf-Vermögen in Afrika liegt mit gerade einmal 8345 Dollar bei weniger als zehn Prozent des globalen Niveaus. Damit ist Afrika mit Abstand die Weltregion mit dem geringsten Pro-Kopf-Vermögen. In Lateinamerika, das auf dem vorletzten Platz rangiert, ist es fast vier Mal so hoch wie in Afrika.

Besonders deutlich zeigt sich der Vermögensanstieg beim Thema Finanzen. Hier verzeichnet Afrika einen Zuwachs von 2,1 Prozent. Global betrachtet ist das Finanzvermögen dagegen um 6,8 Prozent geschrumpft. Die afrikanischen Finanzmärkte haben sich im vergangenen Jahr deutlich besser entwickelt als jene in Nordamerika und Europa, die Rückgänge von neun beziehungsweise 10,4 Prozent hinnehmen mussten.

Seit dem Jahr 2000 hat sich die Vermögensungleichheit in Afrika verringert. Damals lag das Medianvermögen noch bei nur 8,6 Prozent des durchschnittlichen Vermögens. Bis zum vergangenen Jahr ist das Medianvermögen in Afrika auf immerhin 14,9 des Durchschnittsvermögens angewachsen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich Länder mit geringem Pro-Kopf-Vermögen schneller entwickelt haben als der Durchschnitt. Im afrikanischen Durchschnitt ist es seit 2000 um knapp 7 Prozent jährlich gewachsen.

Die Autoren des Berichts widmen Afrikas größten Volkswirtschaften, Südafrika und Nigeria, ein eigenes Kapitel. Demnach ist das Pro-Kopf-Vermögen im vergangenen Jahr am Kap um 2,6 Prozent gefallen, während es in Nigeria um 14,5 Prozent anwuchs. Der Anteil der Finanzvermögenswerte am Gesamtvermögen ist in Südafrika leicht gefallen und in Nigeria etwas gestiegen. In beiden Ländern liegt er bei etwa 70 Prozent.

Beide Länder verzeichnen einen Anstieg in der Vermögensungleichheit seit dem Jahr 2000. Der Gini-Koeffizient, der die Vermögensungleichheit misst und damals bei 72,1 in Nigeria und 80,4 in Südafrika lag, war im vergangenen Jahr auf 86,5 beziehungsweise 88,8 angestiegen. Seit dem Jahr 2000 ist der Vermögensanteil des reichsten Prozents in Südafrika um etwa drei Prozent auf 42,2 Prozent angestiegen. In Nigeria war der Anstieg noch deutlich stärker: von 28,3 auf 44,5 Prozent Vermögensanteil im vergangenen Jahr. ajs

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M-Pesa startet in Äthiopien

Der mobile Zahlungsdienst M-Pesa ist in Äthiopien an den Start gegangen. Die äthiopische Tochtergesellschaft des kenianischen Betreibers Safaricom hat den Bezahldienst nach einer dreimonatigen Testphase eingeführt. Äthiopier, die M-Pesa nutzen, können damit nun mobil Geld innerhalb des Landes senden, aus dem In- und Ausland empfangen sowie Händler bezahlen. Der Dienst ermöglicht es auch, Geld zwischen Bankkonten und mobilen Geldbörsen zu übertragen sowie Telefon-Guthaben zu kaufen.  

Safaricom wurde 2019 der erste private Telekommunikationsanbieter in Äthiopien, nachdem die Regierung den Sektor liberalisiert hatte. Zuvor hatte die staatlich kontrollierte Ethio Telecom das Geschäft beherrscht. Der Konzern investiert über fünf Jahre hinweg etwa zwei Milliarden Dollar in den äthiopischen Markt. Die Einnahmen aus dem mobilen Geldgeschäft sollen, gemeinsam mit den Gewinnen aus dem im Oktober gestarteten Telekommunikationsgeschäft, dazu beitragen, eine Rendite auf diese Investitionen zu erwirtschaften. Die äthiopische Einheit hat zwischen Oktober letzten Jahres und Ende März etwa drei Millionen Kunden hinzugewonnen, ein Vertriebsnetz mit über 114 Verkaufsstellen aufgebaut und 22 Regionen mit etwa 1.300 Netzstandorten abgedeckt.  

Safaricom hat M-Pesa erstmals im Jahr 2007 in Kenia eingeführt. Der Dienst hat sich zum größten Geldbringer des Unternehmens entwickelt und ist auch in der DR Kongo, Ägypten, Ghana, Kenia, Lesotho, Mosambik und Tansania verfügbar. Das Unternehmen setzt darauf, dass Äthiopien mit seinen rund 120 Millionen Einwohnern und einer der jüngsten Bevölkerungen Afrikas auch in den kommenden Jahren ein Wachstumsmotor sein wird. ajs

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China veröffentlicht politische Doktrin auf Suaheli

In einer Zeremonie an der Universität von Nairobi ist die erste offizielle Übersetzung der chinesischen politischen Doktrin in Suaheli präsentiert worden. Das Kenya Literature Bureau und die staatlich kontrollierte chinesische Foreign Language Press haben gemeinsam an der Übersetzung gearbeitet. Die Suaheli-Version sei der Versuch, die Lehren aus Chinas Modernisierung der letzten Jahre mit Afrika zu teilen, sagte Peter Kagwanja vom Africa Policy Institute in Nairobi der Zeitung The East African.

Die chinesische Botschaft in Nairobi bezeichnete die Übersetzung als wichtigen Meilenstein in der sechzigjährigen Geschichte diplomatischer Beziehungen zwischen Kenia und der Volksrepublik. Sie könne afrikanischen Lesern dabei helfen, den historischen Kontext von Chinas Entwicklungspfad und die Philosophie der Kommunistischen Partei besser zu verstehen.

Das Buch mit dem etwas sperrigen offiziellen Namen “Xi Jinpings Ideen des Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter” wurde erstmals 2012 veröffentlicht und ist seither in 37 Sprachen übersetzt worden. In China werden die “Xi-Jinping-Gedanken” in der Schule gelehrt, in den Medien wird häufig darauf verwiesen. Das Buch listet 14 Leitgedanken der chinesischen Nation auf, der Kommunistischen Partei Chinas sowie Präsident Xis.

Suaheli ist die einzige afrikanische Sprache, die auch offizielle Sprache der Afrikanischen Union ist. Mindestens 200 Millionen Menschen, vor allem in Ost- und Zentralafrika, sprechen Suaheli. Die Sprache wird international als Fremdsprache gelehrt, auch an chinesischen Universitäten. ajs

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Standpunkt

Niger stürzt Tinubu in kaum lösbares Dilemma

Von Jeremy Gaines
Nigeria-Experte Jeremy Gaines.

Eines der letzten Dinge, mit denen Nigerias Präsident Tinubu bei seinem Amtsantritt am 29. Mai gerechnet hat, war wahrscheinlich, dass er noch vor der Ernennung seines Kabinetts mit einer schweren Krise entlang der 1600 Kilometer langen Nordgrenze des Landes zum Niger konfrontiert würde. Bei seinem Amtsantritt in Abuja betonte er, dass die Wiederherstellung der Sicherheit im bevölkerungsreichsten Land Afrikas für ihn oberste Priorität habe und er zu diesem Zweck die Sicherheitsarchitektur des Landes überprüfen werde.

Die größte Unsicherheit herrscht in den nördlichen Bundesstaaten: in Jigawa, Kaduna, Katsina, Kebbi, Yobe und Zamfara. Dort machen große Gruppen bewaffneter Banditen eine normale landwirtschaftliche Tätigkeit nahezu unmöglich. Wenn diese Banden gelegentlich von den Streitkräften herausgefordert werden, verschwinden sie entweder in den Wäldern oder über die Grenze nach Niger.

Die nigerianische Regierung hatte noch unter Präsident Buhari ein umstrittenes Eisenbahnprojekt im Wert von 1,8 Milliarden Dollar unterzeichnet, das den Bau einer Strecke von Kano nach Maradi in Niger vorsieht. Das Argument für dieses Projekt war nicht, dass es an der Heimatstadt von Präsident Buhari vorbeiführt, sondern dass es den Handel zwischen den beiden Ländern verbessern würde. Schließlich würde die Verbindung dem Binnenstaat Niger den Zugang zu Nigerias großem Markt und seinen Häfen ermöglichen. Auch würde die Eisenbahnlinie die Beziehungen auf beiden Seiten der Grenze fördern, wo bereits starke ethnische und historische Bindungen bestehen.

Furcht vor einem Präzedenzfall

Jetzt, wo er sich auf die Vereidigung seiner Minister konzentrieren will, muss sich Tinubu, der im Juli auch zum Vorsitzenden der Ecowas gewählt wurde, mit dem Putsch in Niamey befassen. Die Ecowas-Gruppe ist sich darüber im Klaren, dass sie den Staatsstreich nicht dulden will, da ein Verbleib der Armeeoffiziere an der Macht einen Präzedenzfall schaffen würde, der sich negativ auswirken könnte. Ebenso wenig will man starke Kriegsherren unterstützen, wie es in Mali zu beobachten war. Ganz zu schweigen von der Präsenz der Wagner-Gruppe, die sich in der DR Kongo und Mali schon festgesetzt hat und dies möglicherweise bald in Niger auch tut.

Aus nigerianischer Sicht stellt der Staatsstreich eine schwere Herausforderung dar, da die weitläufige Grenze durchlässig ist, Banditen ihr Unwesen treiben und hohe wirtschaftliche Risiken im Zusammenhang mit den gegen Niger verhängten Sanktionen bestehen. Den ohnehin schon armen Frontstaaten in Nigeria drohen wöchentliche Handelseinbußen von 13 Milliarden Naira (16 Millionen Euro). Die geschlossene Grenze hat zu einem Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung und einem Preisanstieg bei Grundnahrungsmitteln wie Reis geführt. Schließlich ist die Grenze seit jeher eine wichtige Route für den “informellen” Warenimport nach Nigeria.

Je länger die Krise dauert, desto mehr könnte sie das Ansehen Abujas in Westafrika als starker Partner und Verfechter der Demokratie in der Ecowas untergraben. Sollte Niger instabil werden, könnte dies zudem die Bemühungen der Bundesregierung, die Unsicherheit im Norden einzudämmen, fatal schwächen. Je ärmer die Region wird, desto anfälliger wird die junge arbeitslose Bevölkerung für mit Dollar winkende Fundamentalisten, für die Terrorgruppe ISWAP (Islamic State West Africa Province) oder eine der “säkularen” Gruppen bewaffneter Banditen. Immerhin liegt die Arbeitslosigkeit in diesem Teil Nigerias bei rund 50 Prozent. Die Lage in Niger macht es schwieriger, ein Scheitern der nördlichen Bundesstaaten abzuwenden.

Waffen in falschen Händen

Die von der Ecowas angedrohte militärische Reaktion wäre für Tinubu äußerst problematisch. Damit würden die Waffen mit den Soldaten in den Norden gehen, während alle Bemühungen der vergangenen Jahre darauf abzielten, dies zu vermeiden. Waffen im Tausch gegen Geld geraten leicht in falsche Hände. Und wie sollte eine solche bewaffnete Intervention aussehen? Langfristige Angriffe von Luftlandetruppen sind immer riskant, schon allein wegen der großen Entfernungen und der damit verbundenen Versorgungswege.

Mit anderen Worten: Tinubu steht vor einem fast unlösbaren Dilemma. Es ist eines, das er selbst verschlimmert hat, indem er einen Mann zum stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt hat, von dem die meisten glauben, dass er als ehemaliger Gouverneur des Bundesstaates Zamfara bei der Eindämmung der Unsicherheit in seinem eigenen Staat kläglich versagt hat. Im Gegensatz dazu und als Hoffnungsschimmer tritt Yusuf Tuggar, bis vor kurzem Nigerias fähiger Botschafter in Berlin, diese Woche sein Amt als neuer Außenminister des Landes an. Angesichts der Krise mit Niger wird er zweifellos sofort mit der Arbeit beginnen müssen. Wenn einer der neuen Minister das kann, dann ist er es.

Dr. Jeremy Gaines ist Gründer der Unternehmensberatung Gaines Consulting.

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Presseschau

Washington Post: Algerien will bei Niger-Putsch aus dem Fall Libyen lernen. Im Interview mit der amerikanischen Tageszeitung spricht der algerische Außenminister über die Beziehungen seines Landes zu den USA sowie den Staatsstreich im Nachbarland Niger. Die Militärintervention in Libyen habe das Land ins Chaos gestürzt. Dies dürfe sich in Niger nicht wiederholen.

The Intercept: USA bezeichnen Putsch in Niger nicht als solchen. Das Pentagon hält sich damit zurück, die Absetzung des nigrischen Präsidenten als Putsch zu bezeichnen. Die USA scheinen darauf abzuzielen, das Land weiterhin mit Sicherheitshilfe zu unterstützen – insbesondere mit Blick auf die US-Drohnenbasis in Agadez und den Kampf gegen den Terror im Sahel.

South China Morning Post: Indonesien wird BRICS-Gipfel besuchen. Indonesiens Präsident Joko Widodo wird zum BRICS-Gipfel reisen. Das Land wird als vielversprechender Beitrittskandidat gehandelt, hat aber selbst noch nicht offiziell seine Beitrittsabsicht erklärt. Widodo wird außerdem Kenia, Tansania und Mosambik besuchen, um die Zusammenarbeit zu stärken.

African Business: Wie wird sich Chinas wirtschaftliche Malaise auf Afrika auswirken? Die jüngsten Zahlen aus China haben Befürchtungen geweckt, dass die Volksrepublik in eine Ära sinkender Preise, stagnierender Löhne und einer geringen Nachfrage eintritt. Afrikanische Rohstoffexporteure, die stark in China engagiert sind, werden wahrscheinlich am stärksten betroffen sein.

Le Monde: Grüner Wasserstoff bietet großes Potenzial für Nordafrika. Mit ihren besonders günstigen Bedingungen für Solar- und Windkraft sind etwa Marokko und Ägypten bestens positioniert für die Produktion von grünem Wasserstoff. Laut einer Studie könnte die Region 2050 der größte Exporteur von grünem Wasserstoff sein.

Bloomberg: Shein dominiert E-Commerce in Südafrika. Der in China gegründete Einzelhändler mit Sitz in Singapur überflügelt am Kap Größen wie Amazon und Walmart. Südafrikas wachsende Mittelschicht macht den Onlinehandel zu einem immer attraktiveren Sektor.

Mail & Guardian: Kommunen können Schulden bei Eskom nicht begleichen. Südafrikas Stromminister Ramokgopa warnt, die steigende Verschuldung der größten südafrikanischen Gemeinden untergrabe die Verteilungskapazität des Stromversorgers. Die Großstädte und die übrigen 20 größten Gemeinden des Landes sind für 77 Prozent der überfälligen Schulden von Eskom verantwortlich.

BBC: Unternehmen bedauert Facebook-Moderationsarbeit. Ehemalige Mitarbeiter des Moderationsdienstleisters Sama in Kenia haben erklärt, sie seien durch das Sichten von explizitem Material traumatisiert worden. Einige klagen nun vor kenianischen Gerichten gegen das Unternehmen sowie den Facebook-Mutterkonzern. Sama werde keine Aufträge mehr annehmen, die die Moderation schädlicher Inhalte beinhalten, so die Geschäftsführerin.

Financial Times: Äthiopien sucht internationale Finanzierung für Wiederaufbau. Der Wiederaufbau nach dem Ende des Bürgerkriegs werde etwa 20 Milliarden Dollar kosten, so der äthiopische Finanzminister. Um dies zu stemmen, brauche das Land die Unterstützung internationaler Investoren und Institutionen.

Al Jazeera: Fünf wichtige Themen bei der Wahl in Simbabwe. Vor den Wahlen beschäftigen Simbabwer vor allem diese Themen: Wirtschaft, regionale Stabilität, Korruption, Sozialleistungen sowie die Integrität der Wahlen selbst. Der katarische Nachrichtensender verschafft einen Überblick.

Heads

Divine Ndhlukula – Eine der erfolgreichsten Frauen Afrikas 

Divine Ndhlukula, auch bekannt als “Queen of Security”.

Als Divine Ndhlukula 1999 das Sicherheitsunternehmen Securico gründete, gab es in Simbabwe keine einzige Frau in der Sicherheitsbranche. “Meine Freunde dachten, ich sei wahnsinnig.” Sie startet Securico trotzdem. Am Anfang hat sie nur zwei Mitarbeitende, der Arbeitsort ist ihr Küchentisch. Einige Jahre später nennt das Forbes Magazine sie eine der erfolgreichsten Frauen Afrikas, die BBC tauft Ndhlukula “Queen of Security”. Heute ist Securico mit 4000 Angestellten eines der größten Sicherheitsunternehmen des Landes.

Dass Divine Ndhlukula einmal so erfolgreich sein würde, war lange unwahrscheinlich. Sie wuchs auf einem Bauernhof in einer ländlichen Region Simbabwes auf. Später studiert sie Betriebswirtschaft, promoviert in Business Leadership und arbeitet in der Verwaltung einer Bank. Als ihr Vater stirbt, erbt der Bruder den Hof der Familie. Doch der hat eine Leidenschaft für teure Autos, verschuldet sich und lässt den Hof verwahrlosen. Ndhlukula kündigt und setzt alles daran, den elterlichen Hof zu retten. Dann der nächste Schlag: Eine Dürre macht die Landwirtschaft fast unmöglich und treibt Ndhlukula ins Minus.

Um den Hof nicht ganz zu verlieren, kehrt sie schweren Herzens zurück zu ihrem Job in der Bank. Doch nur wenige Jahre später wittert die krisengebeutelte Ndhlukula die Gelegenheit, den Hof doch noch zu retten – indem sie eine eigene Firma gründet. Die Geschäftsidee: In Simbabwe funktioniert nichts ohne Sicherheitspersonal – Transporte, Gated Communities, Banken und Lagerhallen, alle sind auf Sicherheitsdienste angewiesen, aber die haben oft keine guten Mitarbeiter. “Die meisten Leute, die man einstellen konnte, waren demotiviert, hatten keinen Stolz und kein Interesse an ihrem Beruf. Dort habe ich meine Marktlücke gesehen”, sagt sie.

Stolz auf die eigene Arbeitskultur

Am Anfang bildet sie jeden ihrer Angestellten selbst aus, “bis wir etwa 1000 Mitarbeiter hatten”, sagt Ndhlukula. Sie bietet ihren Mitarbeitenden bei Securico Perspektiven, die sie in den anderen Sicherheitsunternehmen in Simbabwe nicht bekommen. “Ich wollte, dass meine Leute eine stolze und professionelle Arbeitshaltung lernen.” Securico stellt bewaffnetes Sicherheitspersonal für Privatleute, NGOs, Botschaften und Unternehmen. Ndhlukulas Leute verbauen Sicherheitsanlagen, Stacheldraht und Kameras, Stahltore und Solaranlagen als Absicherung gegen Stromausfälle. Ihr Schlüssel zum Erfolg ist jedoch die Arbeit mit Geld. Securico verwaltet, lagert und verteilt Bargeld für Organisationen, Unternehmen und Banken. In diesem Bereich ist Ndhlukula Marktführerin in Simbabwe. Als sich das Wachstum von Securico herumspricht, interessieren sich die Kunden zunehmend für die Person, die die Branche verändert: tatsächlich eine Frau!

Ndhlukula ist stolz auf die Arbeitskultur in ihrem Unternehmen, die ihrer Ansicht nach der Grund ist, weshalb sich Großkunden und Banken an sie wenden. “Ich bin sehr offen mit meinen Kunden. Wenn etwas schiefläuft, stehe ich dazu und ich sage meinen Angestellten immer: Lieber weniger versprechen und mehr liefern. Das ist selten im Geschäftsleben.” Ein großer Teil von Ndhlukulas Angestellten sind Frauen. “Wo ich aufgewachsen bin, haben Eltern ihre Töchter mit 14 Jahren verheiratet. Dieses Unrecht wollte ich beenden”, sagt sie.

Bei Securico versucht sie, Jobs für Frauen zu schaffen. “Ich musste die Kunden erst überzeugen, dass Frauen ihre Lagerhallen und Eingänge beschützen. Viele von ihnen meinten, in der Branche könne man keine Frauen einstellen.” Anfang der 2000er Jahre sterben in Simbabwe tausende Männer an HIV. Zurück bleiben alleinstehende Mütter, die ihre Familie nicht ernähren können – sie werden zum Fokus von Ndhlukulas Unterstützung. “Ich will sehen, wie Frauen erfolgreich sind. Bei Securico feiern wir, wenn es eine Frau weit gebracht hat und manche meiner Mitarbeiterinnen haben jetzt Kinder, die zur Uni gehen oder Ärzte sind.”

Nächstes Projekt bereits geplant

Den Hof ihrer Eltern betreibt Ndhlukula immer noch. Im vergangenen Jahr gründete sie in ihrem Heimatort eine Bibliothek, die acht Schulen unterstützt. Mit der “Woman Owned Brand”-Initiative will sie Frauen in Simbabwe helfen, das Wachstum ihrer Unternehmen voranzutreiben. Neben Securico und ihrem Hof plant sie zudem, ein Unternehmen für Solarenergie zu gründen. Noch fehle ihr das Kapital, “aber sobald ich die Lizenz für die Solaranlage besitze, mache ich mich auf die Suche nach Investoren.” Svenja Schlicht

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Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wer die Folgen des Putsches im Niger hauptsächlich durch die westliche Brille sieht, wird dem Konflikt nicht gerecht. Demokratische Legitimation war bislang zu oft kein erfolgreiches Exportmodell, dem die Afrikaner im Sahel vertrauten. So scheint es, dass das autokratische Putschregime von Niamey mehr Rückhalt in der Bevölkerung hat, als dem Westen lieb ist. Christian von Hiller analysiert die gegenwärtige Lage und wagt einen Ausblick darauf, wie sie sich entwickeln wird.

    Einen Tag vor dem mit Spannung erwarteten BRICS-Gipfel in Johannesburg hat der Westen beim Thema Handelsbeziehungen eine offene Flanke. Die Amerikaner drohen damit, den African Growth and Opportunity Act (AGOA) nicht zu verlängern und damit vielen afrikanischen Staaten den zollfreien Zugang zum US-Markt zu versperren. Doch das besonders betroffene Südafrika hat einen Trumpf in der Hand, für den ausgerechnet der US-Botschafter gesorgt hat. Andreas Sieren kennt die Geschichte.

    Mit Divine Ndhlukula stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe zudem eine bemerkenswerte Frau in Simbabwe vor, die sich getraut hat, was niemand ihr zugetraut hat. Mit 4000 Angestellten im Sicherheitsbusiness gilt sie als eine der erfolgreichsten Frauen auf dem Kontinent. Die BBC verlieh ihr sogar den Titel “Queen of Security”.

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    Ihr
    Harald Prokosch
    Bild von Harald  Prokosch

    Analyse

    Suche nach diplomatischer Lösung für Niger

    Die internationale Staatengemeinschaft – sowohl Europa und die USA wie auch die Ecowas und andere multinationale Organisationen – befinden sich in einer verfahrenen Situation. Die Militärjunta in Niger unter Führung von General Abdourahamane Tchiani (immer häufiger Tiani geschrieben) scheint sich an der Macht festzusetzen. Sowohl diplomatische Initiativen wie auch militärische Drohungen scheinen nicht zu verfangen.

    Wie stark der Rückhalt der Militärjunta in der nigrischen Bevölkerung tatsächlich ist, lässt sich nicht verlässlich einschätzen. Doch waren demokratisch legitimierte Regierungen in der Sahelregion seit vielen Jahren schwach. Das liegt daran, wie Kandidaten ausgewählt werden. Viele Wähler in der Region können zudem kaum lesen und schreiben. Die gewählten Machthaber sind oft einer Vielzahl widerstreitender Interessen ausgeliefert. Auch findet eine offene demokratische Auseinandersetzung in den meisten Sahelländern kaum statt. Zu guter Letzt haben sich viele der vordergründig demokratisch gewählten Regierungen als korrupt, nepotistisch und durchsetzungsschwach erwiesen.

    Es wird somit zunehmend ein politischer Faktor für die Sahelregion, dass parlamentarisch geprägte Staatsformen in der Bevölkerung an Ansehen verloren haben und autokratische Regime größeren Rückhalt in der Bevölkerung des Sahel bekommen.

    Che Guevara Afrikas

    Militärjuntas sind zudem häufig besser geführt. Zumindest haben sie häufig überfällige Reformen durchgesetzt und die Interessen des Landes härter gegenüber dem Ausland vertreten. So trifft in Burkina Faso die Militärregierung unter Hauptmann Ibrahim Traoré durchaus auf Unterstützung in der Bevölkerung. Vor knapp einem Jahr hatte er bis dahin regierende Militärjunta unter Paul-Henri Sandaogo Damiba weggeputscht. Heute wird die Militärregierung zumindest nicht in dem Maße abgelehnt, wie es Europa nach dem Putsch wohl erhofft hatte.

    Das mag auch daran liegen, dass Traoré gerade einmal 34 Jahre alt ist. Offenbar greift er die Probleme der überwiegend jungen Menschen im Land besser auf als seine Vorgänger. Seine Auftritte wirken weit über die Grenzen Burkina Fasos auf dem gesamten Kontinent. Auch bezieht sich Traoré – oder IB, wie er meist genannt wird – regelmäßig in seinen Reden auf Thomas Sankara, den 1987 ermordeten charismatischen, panafrikanischen und anti-imperialistischen Revolutionsführer und Präsidenten von Burkina Faso, eine Art Che Guevara Afrikas, dessen politisches Erbe Traoré wohl antreten will. Auch das kommt bei Teilen der Jugend in Afrika gut an.

    Eine militärische Intervention der Ecowas unter Führung Nigerias ist unwahrscheinlicher geworden. Am Wochenende hat eine Delegation der Ecowas in Niamey den gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum getroffen. Die Delegation führte der ehemalige Präsident Nigerias Abdulsalami Abubakar an. Der neue, von der Junta ernannte Premierminister von Niger Ali Mahaman Lamine Zeine empfing diese am Flughafen. Am Samstag war auch die neue US-Botschafterin Kathleen FitzGibbon in Niger eingetroffen, um die Suche nach einer friedlichen Lösung der Krise nach dem Putsch zu unterstützen. Für die USA geht es auch darum, die Niger Air Base 201 bei Agadez, eine wichtige Drohnenbasis in der Region, nicht zu verlieren.

    Delegationsführer mit Symbolkraft

    Der 81 Jahre alte Abubakar ist ein ehemaliger hochrangiger Offizier der nigerianischen Armee, der von 1964 bis 1966 in Deutschland militärisch ausgebildet wurde. 1998 übernahm er widerwillig unter der damaligen Militärregierung das Amt des Staatspräsidenten und leitete bis Mai 1999 den Übergang zur Demokratie ein. Von daher war die Berufung Abubakars an die Spitze der Ecowas-Delegation ein Zeichen in Richtung Niamey.

    Tiani hat nach dem Besuch der Ecowas-Delegation angekündigt, dass die Militärregierung nicht länger als drei Jahre im Amt bleiben solle. “Unser Ehrgeiz besteht nicht darin, die Macht an uns zu reißen”, sagte Tiani am Wochenende im nigrischen Fernsehen, nachdem auch er die Delegation der Ecowas empfangen hatte. Gleichzeitig kritisierte er scharf eine Militärintervention: “Die Ecowas bereitet sich darauf vor, Niger anzugreifen, durch die Aufstellung einer Besatzungsarmee in Zusammenarbeit mit einer fremden Armee”, ohne diese präzise zu benennen.

    Der Ausgang aus der politischen Krise in Niger bleibt offen. Doch scheint die internationale Staatengemeinschaft nicht mehr einen Rückzug der Putschisten zur Voraussetzung zu machen. Zunächst war favorisiert worden, auf die Freilassung Bazoums zu drängen, damit dieser danach aus freiem Willen zurücktreten kann und Neuwahlen den Weg bereitet.

    Doch nun könnte sich die Ecowas darauf einlassen, eine mehrjährige Putschregierung zu tolerieren. Dies ließe der Militärregierung Zeit, eine neue Verfassung auszuarbeiten, Wahlen vorzubereiten und einen demokratischen Neuanfang einzuleiten. Damit würde Tiani im Groben dem Prozess folgen, den Abubakar vor 25 Jahren für Nigeria eingeleitet hatte – mit dauerhaftem Erfolg für das Land.

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    Interview

    “Ecowas muss Junta in Niger schnell loswerden”

    Günther Lanier
    Günther Lanier, in Ouagadougou lebender Ökonom.

    Wie hat sich Ihr Alltag durch die zunehmende Unsicherheit in der Region verändert?

    Eigentlich gar nicht. Mein Alltag hier in der burkinischen Hauptstadt verläuft wie immer. Das Einzige, was man bemerkt, ist, dass die Kasernen ihre Sicherheitsvorkehrungen erhöht haben. Auch wenn hier in der Stadt schon lange kein Anschlag mehr passiert ist, so spürt man doch, dass es im Rest des Landes Krieg gibt. Und man trifft jetzt mehr Leute, die mit Verschwörungstheorien unterwegs sind.

    Was sind das für Theorien?

    Zum Beispiel, dass sich Frankreich gegen die Region verschworen hat. Das findet man dann in allen möglichen Ausschmückungen.

    Wie schätzen Sie die Versorgungslage der Bevölkerung in der Region ein?

    Die ist seit längerem schwierig angesichts starker Preissteigerungen. Doch jetzt ist die Lage gerade für die Menschen in Niger besonders schlimm. Wir sind in einer Zeit im Jahr, die die Menschen in dieser Gegend als “soudure” bezeichnen: Die Vorräte aus dem Vorjahr sind weitgehend aufgebraucht, die neue Ernte ist noch nicht eingebracht. Diese Zeit ist immer kritisch, aber dieses Jahr ist es besonders schlimm.

    Vieles von Burkina Faso und Mali abgeschaut

    Burkina Faso und Mali haben ja beide ihre Unterstützung für die Putschisten in Niger zugesagt…

    Ja, die drei Länder gehen sehr ähnlich vor. Die Militärjunta in Niger hat sich vieles von Burkina Faso und Mali abgeschaut, besonders auch den Umgang mit Frankreich. Aber trotzdem sind die drei Länder nicht hundertprozentig auf einer Linie. Insbesondere hat Burkina Faso keine Wagner-Truppen ins Land gelassen, Niger bisher auch nicht, Mali sehr wohl.

    Droht nun in der Sahelregion ein Zerfall der staatlichen Strukturen?

    Die Gefahr ist akut. In Mali sind bestimmt 40 Prozent des Territoriums in Rebellenhand. Niger war bisher recht stabil und hatte auch Erfolge im Umgang mit dem Terrorismus, ein bisschen vergleichbar mit Mauretanien, das sich diesbezüglich hervorgetan hat. Zuletzt habe ich gehört, dass Timbuktu unter dschihadistischer Blockade steht. Wenn das stimmt, wäre das tragisch. Timbuktu ist ein ziemlich starkes Symbol für die Region.

    Was wird die Folge sein, wenn sich die Militärjunta in Niger an der Macht hält?

    Ich würde es so sagen: Wenn die Ecowas es nicht schafft, die Junta schnell loszuwerden, dann behindert sie das Vorgehen gegen den Terrorismus. Die Junta hat die Militärtruppen des Landes in Niamey zusammengezogen, um ihre Macht abzusichern. Die fehlen jetzt an anderer Stelle. Das haben zum Beispiel die Gefechte zwischen Dschihadisten und Regierungstruppen am 10. August in der Nähe von Koutougou nahe der Grenze zu Burkina gezeigt. Für die Junta wird die Lage immer schwieriger werden angesichts der Sanktionen und der drohenden Militärintervention. Die Abschaltung des Stroms trifft die Landbevölkerung wenig, insgesamt waren 79 Prozent im Land nie ans Stromnetz angeschlossen. Die aktuelle Situation ist für die Menschen auf jeden Fall wegen der weiter steigenden Preise sehr schlimm.

    Günther Lanier ist ein österreichischer Ökonom, der seit 2002 überwiegend in Ouagadougou lebt und von dort über die Sahelzone berichtet. Gemeinsam mit Fritz Edlinger hat er das Buch “Krisenregion Sahel. Hintergründe, Analysen, Berichte” herausgegeben, das 2022 im Verlag Promedia in Wien erschienen ist.

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    Analyse

    Spannungen zwischen Südafrika und den USA

    Es hat acht Monate gedauert, endlose diplomatische Querelen ausgelöst und eine Untersuchung erfordert, um zu klären, was in einem südafrikanischen Hafen in einer Dezembernacht passierte. Diese Nacht lastet bis heute auf den Beziehungen zwischen Südafrika und den USA unter dem African Growth and Opportunity Act (AGOA).

    Was ist passiert? Am 8. Dezember 2022 wurde die “Lady R”, ein unter Sanktionen stehender russischer Frachter, im Marinestützpunkt Simon’s Town bei Kapstadt ent- und beladen. Damals stand Südafrika international in der Kritik, sich im Ukrainekrieg nicht offen gegen Russland zu stellen.

    Für einen diplomatischen Eklat sorgte der US-Botschafter in Südafrika Reuben Brigety, als er im Mai auf einer Pressekonferenz behauptete, er sei “zuversichtlich, dass Waffen auf die Lady R geladen wurden”. Genau dies aber hatte die südafrikanische Verteidigungsministerin Thando Modise regelmäßig bestritten. Das russische Schiff habe Ausrüstung, darunter alte Waffen, für Spezialeinheiten der südafrikanischen Armee geliefert, so die Ministerin. Diese seien schon vor der Covid-Pandemie bestellt worden. Seit 2018 habe es keine Waffenlieferungen an Russland gegeben. Präsident Ramaphosa berief dennoch eine Untersuchungskommission ein, die den “Lady R”-Vorfall prüfen sollte.

    Nahrungsmittel statt Waffen

    Inzwischen ist klar: Die sechs Container, die die “Lady R” wieder mit nach Russland nahm, waren nur mit Lebensmitteln und anderen Versorgungsgütern gefüllt. Der Abschlussbericht der Untersuchungskommission liegt Ramaphosa seit mehr als einer Woche vor. Der Präsident brauche Zeit, um den Bericht genau durchzugehen und “seinen Verstand anzuwenden”, sagte die Ministerin im Präsidialamt, Khumbudzo Ntshavheni. Zudem betreibe Südafrika keine “Megafon-Diplomatie”.

    Ob wenigstens Teile des Berichtes veröffentlicht werden, ist offen. Damit hat Ramaphosa nun bessere Karten in der Hand, wenn es um die Verlängerung von AGOA geht, das seit 2000 besteht und im Jahr 2015 bis 2025 verlängert wurde. Nach China sind die USA Südafrikas zweitgrößter Handelspartner. Obwohl unter AGOA nur drei Prozent aller Exporte Südafrikas fallen, vor allem aus der Autoindustrie, beziehen die USA 39 Prozent ihres Bedarfs an Rhodium und 46 Prozent Palladium aus dem Land am Kap, beides wichtig bei der Herstellung von Katalysatoren.

    Der südafrikanische Oppositionsführer John Steenhuisen von der Demokratischen Allianz (DA) wiederum sieht die Autoindustrie Südafrikas, die 2022 Fahrzeuge im Wert von 7,55 Milliarden Euro exportierte, in Gefahr, sollte AGOA nicht verlängert werden: “Ein Großteil diese Handels ist auf AGOA angewiesen.” Mehr als 100.000 Jobs könnten verloren gehen.

    “Enormes Wohlwollen gegenüber Südafrika”

    Ähnlich besorgt zeigte sich der Geschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika, Matthias Boddenberg, gegenüber Table.Media: “Wenn AGOA nicht verlängert wird, haben wir hier ein Problem, dann verlieren wir einen gewissen Margenvorteil.” John Endres, CEO des Thinktanks Institute of Race Relations in Johannesburg, hofft allerdings noch auf eine Lösung. Bei den Amerikanern sieht er “enormes Wohlwollen gegenüber Südafrika”. Die vorherrschende Meinung sei, dass AGOA etwas Verfeinerung gebrauchen könne und erneuert werde.

    Afrikaweit profitieren derzeit 35 Länder von AGOA. Die im August 2022 verabschiedete Afrika-Strategie von Präsident Joe Biden lässt ebenfalls auf eine Lösung hoffen: Die Strategie bezeichnet den Kontinent als “entscheidend für die Weiterentwicklung unserer globalen Prioritäten”. Allerdings standen die Zeichen in den vergangenen Monaten nicht nur wegen der “Lady R” auf Konfrontation.

    Druck auf den US-Botschafter

    Im Juni, kurz bevor Ramaphosa mit anderen afrikanischen Staatsoberhäuptern nach Kiew und St. Petersburg zu einer Friedensmission aufbrach, wandten sich US-Senatoren beider Parteien an Außenminister Antony Blinken: Sie seien besorgt über die “Vertiefung der militärischen Beziehungen” zwischen Südafrika und Russland. Südafrika laufe Gefahr, die AGOA-Handelsvorteile zu verlieren, drohten sie offen. Außerdem seien sie gegen eine Ausrichtung des 2023 AGOA-Forums, das im November in Johannesburg stattfinden soll.

    Nun versuchen die Südafrikaner ihren Verhandlungsspielraum zu vergrößern, in dem sie den Druck auf den US-Botschafter Brigety erhöhen. In Pretoria mehren sich Stimmen, den Botschafter, der die Anschuldigungen offensichtlich ohne Segen aus Washington gemacht hatte, auszuweisen. Dass Brigety Afroamerikaner ist, macht die Entscheidung nicht einfacher. Washington hat bereits angedeutet, den Botschafter lieber zurückzubeordern. Außenministerin Naledi Pandor in Pretoria hält sich ihre Optionen offen: “Vielleicht können wir nach Durchsicht dieses Berichtes feststellen, welche weiteren Maßnahmen die Regierung in Betracht ziehen könnte.” Was sie damit meint: Es gibt Verhandlungsspielraum, aber nur wenn die Amerikaner bei AGOA einlenken.

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    “Äthiopien kämpft gegen sich selbst”

    Der Konflikt zwischen den Amharen und der äthiopischen Bundesregierung dauert auch zwei Wochen nach seinem offenen Ausbruch an. Am 6. August erklärte der Geheimdienstchef Temesgen Tiruneh, dass “die Bundesregierung den Ausnahmezustand verhängt hat, da die Sicherheitslage die Möglichkeiten des Amhara-Regionalstaats übersteigt”.

    Im Zentrum der blutigen Auseinandersetzung steht die amharische Fano-Miliz. Während des Kriegs gegen die Tigray People’s Liberation Front (TPLF) zwischen 2020 und 2022 hatte die äthiopische Regierung in ihrem Kampf gegen die TPLF die Fano bewaffnet. Nach Beendigung des Bürgerkriegs kündigte die Regierung am 6. April an, die Milizionäre der Fano und die regionalen Spezialeinheiten – auch in anderen Bundesstaaten – in die regulären Sicherheitskräfte zu integrieren. Die Milizionäre lehnten dies allerdings ab, was nun zu einer verheerenden Unsicherheit in der Amhara-Region geführt hat. Das Vorgehen der Regierung lässt sich als Schuss ins eigene Knie deuten.

    “Man könnte meinen, dass das Huhn nach Hause kommt und sich diese Waffen gegen die föderalen Streitkräfte selbst richten”, sagte Kjetil Tronvoll, Professor für Friedens- und Konfliktstudien an der Bjorknes-Universität in Oslo, der sich auf die Lage am Horn von Afrika spezialisiert hat.

    Keine dauerhafte Lösung in Sicht

    Oppositionsparteien wie Ezema (Ethiopian Citizens for Social Justice) warnten, die Operation gegen die Fano werde keine dauerhafte Lösung bringen. Tronvoll, der diesen Standpunkt teilt, erklärte gegenüber Table.Media, dass die Operation eher zu einem “Aufstand mit geringer Intensität, wie wir ihn in der Region Oromia sehen”, mit einer “zersplitterten Führung” führe – im Gegensatz zu der der Oromo Liberation Army (OLA).

    Die politischen Missstände, mit denen das Land konfrontiert ist, haben ihren Ursprung in den Oromo-Protesten (2014-2018). Damals waren die politischen Eliten der Amhara und Oromo die beiden mächtigen Verbündeten, die Abiy Ahmed 2018 an die Macht brachten und die fast drei Jahrzehnte währende Herrschaft der TPLF beendeten.

    Der Krieg in Oromia seit 2019 hat dazu geführt, dass Abiy Unterstützung in seiner Wählerschaft verloren hat. Nun hat sich auch die letzte große Basis im Amhara-Lager von ihm abgewandt und behauptet, ihr Ziel sei es, die “Oromo-Dominanz” zu beseitigen. Tronvoll sagte gegenüber Table.Media: “Wenn dieser Aufstand als Krieg zwischen Amhara und Oromo interpretiert wird, dann könnte das auf einer ganz anderen Ebene eskalieren und Äthiopien auseinanderreißen. Denn dies ist das Zentrum. Es ist nicht die Peripherie wie in Tigray. Hier kämpft Äthiopien gegen sich selbst.”

    Misstrauen zwischen den ethnischen Gruppen

    Die Oromo-Eliten im Oppositionslager sehen Abiy als “Äthiopianisten“, die Amhara-Eliten im Oppositionslager sehen ihn als Verfechter der “Oromummaa” – des Oromo-Seins. Dies hat dazu geführt, dass die Eliten im Amhara-Lager, die für “Äthiopiawinet” – Äthiopier zu sein – eintraten, sich nun ausschließlich für “Amharanet” – Amhara zu sein – einsetzen.

    Mit Blick auf diesen Wandel sagte Tronvoll, dieses Lager behaupte: “Amhara hat den natürlichen Auftrag, Äthiopien zu regieren, nicht als Pan-Äthiopier, sondern als Amhara-Nationalist, der hauptsächlich darauf zurückgreift, wie Äthiopien während der kaiserlichen Ordnung dargestellt wurde – eine Sprache, eine Religion.”

    Eritrea gilt schnell als Verursacher jeder größeren politischen Krise in Äthiopien. Seinem Präsidenten, Issayas Afeworki, wurde vorgeworfen, den Krieg in Tigray anzuheizen und die Fano-Miliz zu unterstützen. Tronvoll sagte: “Wir wissen, dass Issayas Afeworki aus Eritrea in diesen Aufstand verwickelt ist, um Äthiopien zu destabilisieren”. Historisch gesehen haben Eritrea und Äthiopien keine “heilige Ehe” geschlossen, wie es bei den Oromo, Somali und anderen marginalisierten Völkern der Fall ist. Eritreische Nationalisten kämpften gegen die aufeinanderfolgenden Regime, um 1993 ein unabhängiges Land zu werden.

    Auch Eritrea mischt mit

    Tronvoll ist daher der Ansicht, dass Eritreas Absicht, sich in die politische Krise Äthiopiens einzumischen, darin besteht, “ein stabiles und stärkeres Äthiopien zu untergraben. Denn ein stabiles und stärkeres Äthiopien wird Eritrea und Issayas Afeworki in den Schatten stellen.”

    Angesichts der drohenden Unruhen warnte die Europäische Union die Kriegsparteien in Äthiopien, “ein Übergreifen der Gewalt auf andere Regionen des Landes zu vermeiden”. Diese Gefahr ist real. Die innenpolitische Krise könne auf das fragile Somalia, den Südsudan, den Sudan und sogar Eritrea überspingen, befürchtet Tronvoll: “Ohne Äthiopiens Einfluss und Macht, die eine Art von Stabilität über die Grenze hinaus projizieren könnten, wird die Instabilität in den Nachbarländern nur zunehmen.”

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    Äthiopische Migranten offenbar von saudischen Grenzern getötet

    Saudische Grenzsoldaten haben zwischen März 2022 und Juni 2023 Hunderte, möglicherweise Tausende äthiopische Migranten getötet. Das geht aus einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hervor.

    Demnach seien die Flüchtlinge erschossen worden, als sie versuchten, die jemenitisch-saudische Grenze zu überqueren. Grenzschutzbeamte hätten wahllos Waffen eingesetzt und Menschen aus nächster Nähe erschossen, darunter auch Frauen und Kinder. Der Bericht stützt sich auf Dutzende Interviews mit äthiopischen Flüchtlingen, Angehörigen verstorbener Migranten sowie auf Videos und Satellitenbilder aus dem Grenzgebiet. Human Rights Watch verurteilt die Taten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. 

    Die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger reagierte auf den Bericht und forderte eine Überprüfung der Politik der Bundesregierung gegenüber Saudi-Arabien. “Wer von sich selbst behauptet, feministische Außenpolitik sei wichtig, macht sich unglaubwürdig, wenn man Staaten wie Saudi-Arabien mit Waffen unterstützt, die Menschen barbarisch an ihrer Grenze abschießen”, sagte sie Table.Media.

    Die Entscheidung der Bundesregierung von 2020, saudische Grenzpolizisten wieder durch die Bundespolizei ausbilden zu lassen, sei “ein großer Fehler” gewesen, so Bünger. Nun müsse geklärt werden, “ob von Deutschland ausgebildete Kräfte etwa an den Massenerschießungen und Menschenrechtsverletzungen beteiligt” gewesen seien. “Die Zusammenarbeit muss umgehend eingestellt und die Lieferung von Waffen gestoppt werden.” Bis Juni dieses Jahres hatte die Ampelkoalition Rüstungsexporte in Höhe von knapp einer Million Euro an Saudi-Arabien genehmigt, 2022 waren es 44,2 Millionen. mrb

    Eine umfassende Analyse der aktuellen Lage in Äthiopien lesen Sie hier

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    DR Kongo lädt zu trilateralem Regenwaldgipfel

    Am 25. August treffen die Präsidenten Brasiliens, Indonesiens und der DR Kongo in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa zusammen, um über den besseren Schutz der Regenwälder zu beraten. Die Länder repräsentieren die drei wichtigsten Regenwaldgebiete der Erde, die zusammen mehr als 80 Prozent der globalen Regenwaldfläche ausmachen sowie zwei Drittel der Biodiversität zu Land: das Amazonasbecken in Lateinamerika, das zentralafrikanische Kongobecken sowie das Mekong-Borneo-Becken in Südostasien. Die drei Länder hatten bereits bei einem Treffen vor dem G20-Gipfel in Bali im November letzten Jahres die Schaffung einer trilateralen Partnerschaft zum Schutz ihrer Regenwälder angekündigt. Auch zu dem jüngsten Amazonasgipfel im brasilianischen Belém waren Indonesien und DR Kongo (sowie weitere nicht-Amazonas-Länder) bereits eingeladen gewesen, was die Absicht zur globalen Kooperation unterstreicht. Eine umfassende Analyse der Ergebnisse des Amazonasgipfels lesen Sie im Climate.Table

    Bei dem Treffen in Kinshasa soll es nun darum gehen, die trilaterale Kooperation zwischen den großen Regenwaldnationen zu intensivieren. Die Initiative ist bislang nur unter den Spitznamen “Klima G3” oder “Regenwald-OPEC” bekannt. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und der indonesische Präsident Joko Widodo werden im Rahmen des Gipfels Gespräche mit dem kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi führen, “um eine einheitliche Dynamik zur Verteidigung der Interessen der Menschheit und ihrer jeweiligen Völker zu schaffen”, so ein Sprecher der kongolesischen Präsidentschaft in einer Erklärung. Dabei gehe es nicht allein um den Schutz der Regenwälder. Vielmehr solle auch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Länder angekurbelt werden, sowie die Armut bekämpft werden, so der Sprecher weiter. 

    Im Vorfeld des Gipfels haben die drei Länder bereits damit begonnen, ihre bilateralen Beziehungen zueinander auszubauen. So wird etwa DR Kongo militärisches Material von Indonesien kaufen sowie Kadetten und Spezialkräfte zur Ausbildung in den Inselstaat entsenden. Auch Kooperationen beim Abbau von Rohstoffen wie Kupfer und Öl sowie in der Forstwirtschaft sind geplant. Beide Nationen haben ihre Absicht erklärt, erstmals eine Botschaft im jeweils anderen Land einzurichten. 

    Das Gipfeltreffen in Kinshasa markiert auch eine Wiederaufnahme von Brasiliens energischer Afrika-Diplomatie. Während seiner ersten beiden Amtszeiten von 2003 bis 2010 besuchte Präsident Lula Dutzende von afrikanischen Ländern zu bilateralen Treffen. Während einer Reise nach Kap Verde im Juli sagte Lula, er freue sich darauf, 2023-24 “mehrere” afrikanische Länder zu besuchen. Sein Vorgänger Bolsonaro hatte Afrika während seiner Amtszeit nicht besucht.  

    In seiner Ansprache an die kongolesische Diaspora in Brasilien beim Gipfeltreffen in Belém erklärte auch Präsident Tshisekedi, dass der Gipfel die Wiederbelebung der brasilianisch-kongolesischen Beziehungen markieren werde. Die Länder strebten eine erneute Zusammenarbeit in den Bereichen Infrastruktur, Luftverkehr, Elektrizität und Landwirtschaft an, so Tshisekedi. 

    Nach dem trilateralen Treffen in Kinshasa sowie dem One Forest Summit, der im März in Gabun stattfand, wird im Kongobecken in diesem Jahr noch ein dritter Gipfel zum Schutz der Regenwälder abgehalten. Vom 26. bis zum 28. Oktober wird in Brazzaville, der Hauptstadt der Republik Kongo, der Three Basins Summit stattfinden. Das Gipfeltreffen wird Vertreter der Regenwaldanrainerstaaten zusammenbringen. Ziel des Gipfels ist es, eine globale Koalition zur Wiederherstellung von 350 Millionen Hektar terrestrischer und aquatischer Ökosysteme umzusetzen. ajs

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    Ewia Green Investments hält an Westafrika fest

    Ungeachtet der hohen Unsicherheit in der Sahelzone nach dem Militärputsch in Niger hält die Ewia Green Investments GmbH in München an ihrem Engagement in Westafrika fest. “Wir hatten ein Projekt in Burkina Faso, dass wir nach dem zweiten Militärputsch im Land abbrechen mussten”, sagte Ralph Schneider, CEO des Solaranlagenbauers, zu Table.Media. “Aber ansonsten haben wir bisher keine Auswirkungen der Krise im Sahel festgestellt.” Ewia habe feste Beziehungen und gutes Geschäft in Ghana und sei jetzt dabei, nach Nigeria zu expandieren. Das Unternehmen sei vor allem in den Küstenländern in Westafrika aktiv, die bisher sehr stabil geblieben wären.

    Ewia mit Sitz in München baut, finanziert und betreibt Solaranlagen für gewerbliche und industrielle Kunden in Afrika. Diese können gegen eine monatliche, feste Gebühr an Ewia eigenen Solarstrom produzieren und sich auf diese Weise vom öffentlichen Stromnetz unabhängig machen, das in vielen Ländern Westafrikas unzuverlässig ist.

    Das Projekt in Burkina Faso ist auch deshalb gescheitert, weil die Anleger von Ewia die politischen Risiken nicht mehr tragen wollten. Zurzeit betreibt Ewia eine Crowdfinanzierung in Form eines Nachrangdarlehens über bis zu 1,1 Millionen Euro auf Basis einer Unternehmensbewertung von 8,1 Millionen Euro. Dabei strebt Ewia eine Rendite von 12 bis 27 Prozent jährlich an. Allerdings ist eine solche Geldanlage mit hohen Risiken verbunden. Bisher hat Ewia rund 400.000 Euro eingesammelt.

    “Wir legen einen starken Fokus auf Nigeria und haben bisher 63 Workshops im Land ausgerichtet”, berichtet Schneider weiter. “Jetzt geht es daran, die ersten Pilotprojekte zu realisieren.” Nigeria sei auch deshalb ein aussichtsreicher Markt, weil der neue Präsident Tinubu die Subventionen für Energie abgeschafft hat, wodurch die Energiekosten zum Teil auf mehr als ein Dollar je Kilowatt-Stunde gestiegen seien. hlr

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    Afrikas großes Potenzial für Schlüsselrolle in Lieferketten

    Automobilindustrie, Elektronik, Erneuerbare Energien und Pharmazeutische Industrie: In allen diesen Bereichen hat Afrika laut einem aktuellen UN-Bericht großes Potenzial, künftig eine Schlüsselrolle in globalen Lieferketten einzunehmen. Der Bericht zur wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas 2023, der jährlich von der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung herausgegeben wird, richtet den Fokus auf technologieintensive Branchen: Afrika habe einen strategischen Vorteil durch seine natürlichen Ressourcen und schnell wachsende Abnehmermärkte.

    “Das ist der Moment für Afrika, seine Stellung in den globalen Lieferketten zu stärken, denn jetzt bemüht man sich um eine breite Aufstellung”, so Rebeca Grynspan, Generalsekretärin der UN-Handelskonferenz anlässlich der Veröffentlichung des Berichts vergangene Woche.

    Wegen Lieferengpässen wurde bereits seit der Corona-Pandemie vermehrt in der Wirtschaft diskutiert, Abhängigkeiten zu reduzieren. Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs verstärkte sich diese Diskussion nochmals. So geriet etwa die deutsche Automobilbranche in Produktionsschwierigkeiten, als Kabelbäume aus der Westukraine kriegsbedingt nicht mehr verfügbar waren.

    Aluminium, Kobalt, Kupfer, Lithium, Mangan sind nur einige der begehrten Mineralien in Afrika. Wenn sie vor Ort schon weiterverarbeitet und als Zwischenprodukt exportiert werden, ergibt sich eine Win-Win-Situation für die afrikanischen Ökonomien und ausländische Abnehmer, argumentieren die Autoren des UN-Berichts: Wirtschaftswachstum auf dem afrikanischen Kontinent einerseits und geringere Produktionskosten durch eingesparte Transportkosten sowie niedrigere afrikanische Löhne für internationale Firmen andererseits.

    Laut UN haben bereits 17 afrikanische Länder – darunter Angola, Ghana und Südafrika – begonnen, ihre Gesetze auf mehr lokale Wertschöpfung hin auszurichten. Es bräuchte allerdings auch eine Neuverhandlung von Verträgen beim Mineralienabbau zugunsten der afrikanischen Länder, fordert die UN. Außerdem plädieren die Wirtschaftsexperten, Investitionshemmnisse abzubauen. Der Zugang zu den Finanzmärkten müsse für afrikanische Länder verbessert und Staatsschulden erlassen werden.

    Insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien fließt dem Bericht zufolge noch zu wenig Geld nach Afrika, trotz nennenswerter Ressourcen: Demnach entfallen lediglich zwei Prozent der weltweiten Investitionen auf afrikanische Länder. lcw

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    Afrikanische Vermögen wachsen leicht

    Die Vermögen in Afrika sind im vergangenen Jahr entgegen dem globalen Trend leicht angewachsen. Dies geht aus dem Global Wealth Report 2023 hervor, den die Bank UBS gemeinsam mit dem Credit Suisse Research Institute veröffentlicht hat. Demnach sind die Vermögen der privaten Haushalte in Afrika im Jahr 2022 um 1,5 Prozent gestiegen, während der globale Trend einen Rückgang von 2,4 Prozent zeigt. Der afrikanische Vermögenszuwachs wird jedoch durch das starke Bevölkerungswachstum auf dem Kontinent zunichte gemacht: Das Pro-Kopf-Vermögen in Afrika ist im vergangenen Jahr um 1,3 Prozent gesunken. Weltweit lag der Rückgang sogar bei 3,6 Prozent.

    Das Pro-Kopf-Vermögen in Afrika liegt mit gerade einmal 8345 Dollar bei weniger als zehn Prozent des globalen Niveaus. Damit ist Afrika mit Abstand die Weltregion mit dem geringsten Pro-Kopf-Vermögen. In Lateinamerika, das auf dem vorletzten Platz rangiert, ist es fast vier Mal so hoch wie in Afrika.

    Besonders deutlich zeigt sich der Vermögensanstieg beim Thema Finanzen. Hier verzeichnet Afrika einen Zuwachs von 2,1 Prozent. Global betrachtet ist das Finanzvermögen dagegen um 6,8 Prozent geschrumpft. Die afrikanischen Finanzmärkte haben sich im vergangenen Jahr deutlich besser entwickelt als jene in Nordamerika und Europa, die Rückgänge von neun beziehungsweise 10,4 Prozent hinnehmen mussten.

    Seit dem Jahr 2000 hat sich die Vermögensungleichheit in Afrika verringert. Damals lag das Medianvermögen noch bei nur 8,6 Prozent des durchschnittlichen Vermögens. Bis zum vergangenen Jahr ist das Medianvermögen in Afrika auf immerhin 14,9 des Durchschnittsvermögens angewachsen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich Länder mit geringem Pro-Kopf-Vermögen schneller entwickelt haben als der Durchschnitt. Im afrikanischen Durchschnitt ist es seit 2000 um knapp 7 Prozent jährlich gewachsen.

    Die Autoren des Berichts widmen Afrikas größten Volkswirtschaften, Südafrika und Nigeria, ein eigenes Kapitel. Demnach ist das Pro-Kopf-Vermögen im vergangenen Jahr am Kap um 2,6 Prozent gefallen, während es in Nigeria um 14,5 Prozent anwuchs. Der Anteil der Finanzvermögenswerte am Gesamtvermögen ist in Südafrika leicht gefallen und in Nigeria etwas gestiegen. In beiden Ländern liegt er bei etwa 70 Prozent.

    Beide Länder verzeichnen einen Anstieg in der Vermögensungleichheit seit dem Jahr 2000. Der Gini-Koeffizient, der die Vermögensungleichheit misst und damals bei 72,1 in Nigeria und 80,4 in Südafrika lag, war im vergangenen Jahr auf 86,5 beziehungsweise 88,8 angestiegen. Seit dem Jahr 2000 ist der Vermögensanteil des reichsten Prozents in Südafrika um etwa drei Prozent auf 42,2 Prozent angestiegen. In Nigeria war der Anstieg noch deutlich stärker: von 28,3 auf 44,5 Prozent Vermögensanteil im vergangenen Jahr. ajs

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    M-Pesa startet in Äthiopien

    Der mobile Zahlungsdienst M-Pesa ist in Äthiopien an den Start gegangen. Die äthiopische Tochtergesellschaft des kenianischen Betreibers Safaricom hat den Bezahldienst nach einer dreimonatigen Testphase eingeführt. Äthiopier, die M-Pesa nutzen, können damit nun mobil Geld innerhalb des Landes senden, aus dem In- und Ausland empfangen sowie Händler bezahlen. Der Dienst ermöglicht es auch, Geld zwischen Bankkonten und mobilen Geldbörsen zu übertragen sowie Telefon-Guthaben zu kaufen.  

    Safaricom wurde 2019 der erste private Telekommunikationsanbieter in Äthiopien, nachdem die Regierung den Sektor liberalisiert hatte. Zuvor hatte die staatlich kontrollierte Ethio Telecom das Geschäft beherrscht. Der Konzern investiert über fünf Jahre hinweg etwa zwei Milliarden Dollar in den äthiopischen Markt. Die Einnahmen aus dem mobilen Geldgeschäft sollen, gemeinsam mit den Gewinnen aus dem im Oktober gestarteten Telekommunikationsgeschäft, dazu beitragen, eine Rendite auf diese Investitionen zu erwirtschaften. Die äthiopische Einheit hat zwischen Oktober letzten Jahres und Ende März etwa drei Millionen Kunden hinzugewonnen, ein Vertriebsnetz mit über 114 Verkaufsstellen aufgebaut und 22 Regionen mit etwa 1.300 Netzstandorten abgedeckt.  

    Safaricom hat M-Pesa erstmals im Jahr 2007 in Kenia eingeführt. Der Dienst hat sich zum größten Geldbringer des Unternehmens entwickelt und ist auch in der DR Kongo, Ägypten, Ghana, Kenia, Lesotho, Mosambik und Tansania verfügbar. Das Unternehmen setzt darauf, dass Äthiopien mit seinen rund 120 Millionen Einwohnern und einer der jüngsten Bevölkerungen Afrikas auch in den kommenden Jahren ein Wachstumsmotor sein wird. ajs

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    China veröffentlicht politische Doktrin auf Suaheli

    In einer Zeremonie an der Universität von Nairobi ist die erste offizielle Übersetzung der chinesischen politischen Doktrin in Suaheli präsentiert worden. Das Kenya Literature Bureau und die staatlich kontrollierte chinesische Foreign Language Press haben gemeinsam an der Übersetzung gearbeitet. Die Suaheli-Version sei der Versuch, die Lehren aus Chinas Modernisierung der letzten Jahre mit Afrika zu teilen, sagte Peter Kagwanja vom Africa Policy Institute in Nairobi der Zeitung The East African.

    Die chinesische Botschaft in Nairobi bezeichnete die Übersetzung als wichtigen Meilenstein in der sechzigjährigen Geschichte diplomatischer Beziehungen zwischen Kenia und der Volksrepublik. Sie könne afrikanischen Lesern dabei helfen, den historischen Kontext von Chinas Entwicklungspfad und die Philosophie der Kommunistischen Partei besser zu verstehen.

    Das Buch mit dem etwas sperrigen offiziellen Namen “Xi Jinpings Ideen des Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter” wurde erstmals 2012 veröffentlicht und ist seither in 37 Sprachen übersetzt worden. In China werden die “Xi-Jinping-Gedanken” in der Schule gelehrt, in den Medien wird häufig darauf verwiesen. Das Buch listet 14 Leitgedanken der chinesischen Nation auf, der Kommunistischen Partei Chinas sowie Präsident Xis.

    Suaheli ist die einzige afrikanische Sprache, die auch offizielle Sprache der Afrikanischen Union ist. Mindestens 200 Millionen Menschen, vor allem in Ost- und Zentralafrika, sprechen Suaheli. Die Sprache wird international als Fremdsprache gelehrt, auch an chinesischen Universitäten. ajs

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    Standpunkt

    Niger stürzt Tinubu in kaum lösbares Dilemma

    Von Jeremy Gaines
    Nigeria-Experte Jeremy Gaines.

    Eines der letzten Dinge, mit denen Nigerias Präsident Tinubu bei seinem Amtsantritt am 29. Mai gerechnet hat, war wahrscheinlich, dass er noch vor der Ernennung seines Kabinetts mit einer schweren Krise entlang der 1600 Kilometer langen Nordgrenze des Landes zum Niger konfrontiert würde. Bei seinem Amtsantritt in Abuja betonte er, dass die Wiederherstellung der Sicherheit im bevölkerungsreichsten Land Afrikas für ihn oberste Priorität habe und er zu diesem Zweck die Sicherheitsarchitektur des Landes überprüfen werde.

    Die größte Unsicherheit herrscht in den nördlichen Bundesstaaten: in Jigawa, Kaduna, Katsina, Kebbi, Yobe und Zamfara. Dort machen große Gruppen bewaffneter Banditen eine normale landwirtschaftliche Tätigkeit nahezu unmöglich. Wenn diese Banden gelegentlich von den Streitkräften herausgefordert werden, verschwinden sie entweder in den Wäldern oder über die Grenze nach Niger.

    Die nigerianische Regierung hatte noch unter Präsident Buhari ein umstrittenes Eisenbahnprojekt im Wert von 1,8 Milliarden Dollar unterzeichnet, das den Bau einer Strecke von Kano nach Maradi in Niger vorsieht. Das Argument für dieses Projekt war nicht, dass es an der Heimatstadt von Präsident Buhari vorbeiführt, sondern dass es den Handel zwischen den beiden Ländern verbessern würde. Schließlich würde die Verbindung dem Binnenstaat Niger den Zugang zu Nigerias großem Markt und seinen Häfen ermöglichen. Auch würde die Eisenbahnlinie die Beziehungen auf beiden Seiten der Grenze fördern, wo bereits starke ethnische und historische Bindungen bestehen.

    Furcht vor einem Präzedenzfall

    Jetzt, wo er sich auf die Vereidigung seiner Minister konzentrieren will, muss sich Tinubu, der im Juli auch zum Vorsitzenden der Ecowas gewählt wurde, mit dem Putsch in Niamey befassen. Die Ecowas-Gruppe ist sich darüber im Klaren, dass sie den Staatsstreich nicht dulden will, da ein Verbleib der Armeeoffiziere an der Macht einen Präzedenzfall schaffen würde, der sich negativ auswirken könnte. Ebenso wenig will man starke Kriegsherren unterstützen, wie es in Mali zu beobachten war. Ganz zu schweigen von der Präsenz der Wagner-Gruppe, die sich in der DR Kongo und Mali schon festgesetzt hat und dies möglicherweise bald in Niger auch tut.

    Aus nigerianischer Sicht stellt der Staatsstreich eine schwere Herausforderung dar, da die weitläufige Grenze durchlässig ist, Banditen ihr Unwesen treiben und hohe wirtschaftliche Risiken im Zusammenhang mit den gegen Niger verhängten Sanktionen bestehen. Den ohnehin schon armen Frontstaaten in Nigeria drohen wöchentliche Handelseinbußen von 13 Milliarden Naira (16 Millionen Euro). Die geschlossene Grenze hat zu einem Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung und einem Preisanstieg bei Grundnahrungsmitteln wie Reis geführt. Schließlich ist die Grenze seit jeher eine wichtige Route für den “informellen” Warenimport nach Nigeria.

    Je länger die Krise dauert, desto mehr könnte sie das Ansehen Abujas in Westafrika als starker Partner und Verfechter der Demokratie in der Ecowas untergraben. Sollte Niger instabil werden, könnte dies zudem die Bemühungen der Bundesregierung, die Unsicherheit im Norden einzudämmen, fatal schwächen. Je ärmer die Region wird, desto anfälliger wird die junge arbeitslose Bevölkerung für mit Dollar winkende Fundamentalisten, für die Terrorgruppe ISWAP (Islamic State West Africa Province) oder eine der “säkularen” Gruppen bewaffneter Banditen. Immerhin liegt die Arbeitslosigkeit in diesem Teil Nigerias bei rund 50 Prozent. Die Lage in Niger macht es schwieriger, ein Scheitern der nördlichen Bundesstaaten abzuwenden.

    Waffen in falschen Händen

    Die von der Ecowas angedrohte militärische Reaktion wäre für Tinubu äußerst problematisch. Damit würden die Waffen mit den Soldaten in den Norden gehen, während alle Bemühungen der vergangenen Jahre darauf abzielten, dies zu vermeiden. Waffen im Tausch gegen Geld geraten leicht in falsche Hände. Und wie sollte eine solche bewaffnete Intervention aussehen? Langfristige Angriffe von Luftlandetruppen sind immer riskant, schon allein wegen der großen Entfernungen und der damit verbundenen Versorgungswege.

    Mit anderen Worten: Tinubu steht vor einem fast unlösbaren Dilemma. Es ist eines, das er selbst verschlimmert hat, indem er einen Mann zum stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt hat, von dem die meisten glauben, dass er als ehemaliger Gouverneur des Bundesstaates Zamfara bei der Eindämmung der Unsicherheit in seinem eigenen Staat kläglich versagt hat. Im Gegensatz dazu und als Hoffnungsschimmer tritt Yusuf Tuggar, bis vor kurzem Nigerias fähiger Botschafter in Berlin, diese Woche sein Amt als neuer Außenminister des Landes an. Angesichts der Krise mit Niger wird er zweifellos sofort mit der Arbeit beginnen müssen. Wenn einer der neuen Minister das kann, dann ist er es.

    Dr. Jeremy Gaines ist Gründer der Unternehmensberatung Gaines Consulting.

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    Presseschau

    Washington Post: Algerien will bei Niger-Putsch aus dem Fall Libyen lernen. Im Interview mit der amerikanischen Tageszeitung spricht der algerische Außenminister über die Beziehungen seines Landes zu den USA sowie den Staatsstreich im Nachbarland Niger. Die Militärintervention in Libyen habe das Land ins Chaos gestürzt. Dies dürfe sich in Niger nicht wiederholen.

    The Intercept: USA bezeichnen Putsch in Niger nicht als solchen. Das Pentagon hält sich damit zurück, die Absetzung des nigrischen Präsidenten als Putsch zu bezeichnen. Die USA scheinen darauf abzuzielen, das Land weiterhin mit Sicherheitshilfe zu unterstützen – insbesondere mit Blick auf die US-Drohnenbasis in Agadez und den Kampf gegen den Terror im Sahel.

    South China Morning Post: Indonesien wird BRICS-Gipfel besuchen. Indonesiens Präsident Joko Widodo wird zum BRICS-Gipfel reisen. Das Land wird als vielversprechender Beitrittskandidat gehandelt, hat aber selbst noch nicht offiziell seine Beitrittsabsicht erklärt. Widodo wird außerdem Kenia, Tansania und Mosambik besuchen, um die Zusammenarbeit zu stärken.

    African Business: Wie wird sich Chinas wirtschaftliche Malaise auf Afrika auswirken? Die jüngsten Zahlen aus China haben Befürchtungen geweckt, dass die Volksrepublik in eine Ära sinkender Preise, stagnierender Löhne und einer geringen Nachfrage eintritt. Afrikanische Rohstoffexporteure, die stark in China engagiert sind, werden wahrscheinlich am stärksten betroffen sein.

    Le Monde: Grüner Wasserstoff bietet großes Potenzial für Nordafrika. Mit ihren besonders günstigen Bedingungen für Solar- und Windkraft sind etwa Marokko und Ägypten bestens positioniert für die Produktion von grünem Wasserstoff. Laut einer Studie könnte die Region 2050 der größte Exporteur von grünem Wasserstoff sein.

    Bloomberg: Shein dominiert E-Commerce in Südafrika. Der in China gegründete Einzelhändler mit Sitz in Singapur überflügelt am Kap Größen wie Amazon und Walmart. Südafrikas wachsende Mittelschicht macht den Onlinehandel zu einem immer attraktiveren Sektor.

    Mail & Guardian: Kommunen können Schulden bei Eskom nicht begleichen. Südafrikas Stromminister Ramokgopa warnt, die steigende Verschuldung der größten südafrikanischen Gemeinden untergrabe die Verteilungskapazität des Stromversorgers. Die Großstädte und die übrigen 20 größten Gemeinden des Landes sind für 77 Prozent der überfälligen Schulden von Eskom verantwortlich.

    BBC: Unternehmen bedauert Facebook-Moderationsarbeit. Ehemalige Mitarbeiter des Moderationsdienstleisters Sama in Kenia haben erklärt, sie seien durch das Sichten von explizitem Material traumatisiert worden. Einige klagen nun vor kenianischen Gerichten gegen das Unternehmen sowie den Facebook-Mutterkonzern. Sama werde keine Aufträge mehr annehmen, die die Moderation schädlicher Inhalte beinhalten, so die Geschäftsführerin.

    Financial Times: Äthiopien sucht internationale Finanzierung für Wiederaufbau. Der Wiederaufbau nach dem Ende des Bürgerkriegs werde etwa 20 Milliarden Dollar kosten, so der äthiopische Finanzminister. Um dies zu stemmen, brauche das Land die Unterstützung internationaler Investoren und Institutionen.

    Al Jazeera: Fünf wichtige Themen bei der Wahl in Simbabwe. Vor den Wahlen beschäftigen Simbabwer vor allem diese Themen: Wirtschaft, regionale Stabilität, Korruption, Sozialleistungen sowie die Integrität der Wahlen selbst. Der katarische Nachrichtensender verschafft einen Überblick.

    Heads

    Divine Ndhlukula – Eine der erfolgreichsten Frauen Afrikas 

    Divine Ndhlukula, auch bekannt als “Queen of Security”.

    Als Divine Ndhlukula 1999 das Sicherheitsunternehmen Securico gründete, gab es in Simbabwe keine einzige Frau in der Sicherheitsbranche. “Meine Freunde dachten, ich sei wahnsinnig.” Sie startet Securico trotzdem. Am Anfang hat sie nur zwei Mitarbeitende, der Arbeitsort ist ihr Küchentisch. Einige Jahre später nennt das Forbes Magazine sie eine der erfolgreichsten Frauen Afrikas, die BBC tauft Ndhlukula “Queen of Security”. Heute ist Securico mit 4000 Angestellten eines der größten Sicherheitsunternehmen des Landes.

    Dass Divine Ndhlukula einmal so erfolgreich sein würde, war lange unwahrscheinlich. Sie wuchs auf einem Bauernhof in einer ländlichen Region Simbabwes auf. Später studiert sie Betriebswirtschaft, promoviert in Business Leadership und arbeitet in der Verwaltung einer Bank. Als ihr Vater stirbt, erbt der Bruder den Hof der Familie. Doch der hat eine Leidenschaft für teure Autos, verschuldet sich und lässt den Hof verwahrlosen. Ndhlukula kündigt und setzt alles daran, den elterlichen Hof zu retten. Dann der nächste Schlag: Eine Dürre macht die Landwirtschaft fast unmöglich und treibt Ndhlukula ins Minus.

    Um den Hof nicht ganz zu verlieren, kehrt sie schweren Herzens zurück zu ihrem Job in der Bank. Doch nur wenige Jahre später wittert die krisengebeutelte Ndhlukula die Gelegenheit, den Hof doch noch zu retten – indem sie eine eigene Firma gründet. Die Geschäftsidee: In Simbabwe funktioniert nichts ohne Sicherheitspersonal – Transporte, Gated Communities, Banken und Lagerhallen, alle sind auf Sicherheitsdienste angewiesen, aber die haben oft keine guten Mitarbeiter. “Die meisten Leute, die man einstellen konnte, waren demotiviert, hatten keinen Stolz und kein Interesse an ihrem Beruf. Dort habe ich meine Marktlücke gesehen”, sagt sie.

    Stolz auf die eigene Arbeitskultur

    Am Anfang bildet sie jeden ihrer Angestellten selbst aus, “bis wir etwa 1000 Mitarbeiter hatten”, sagt Ndhlukula. Sie bietet ihren Mitarbeitenden bei Securico Perspektiven, die sie in den anderen Sicherheitsunternehmen in Simbabwe nicht bekommen. “Ich wollte, dass meine Leute eine stolze und professionelle Arbeitshaltung lernen.” Securico stellt bewaffnetes Sicherheitspersonal für Privatleute, NGOs, Botschaften und Unternehmen. Ndhlukulas Leute verbauen Sicherheitsanlagen, Stacheldraht und Kameras, Stahltore und Solaranlagen als Absicherung gegen Stromausfälle. Ihr Schlüssel zum Erfolg ist jedoch die Arbeit mit Geld. Securico verwaltet, lagert und verteilt Bargeld für Organisationen, Unternehmen und Banken. In diesem Bereich ist Ndhlukula Marktführerin in Simbabwe. Als sich das Wachstum von Securico herumspricht, interessieren sich die Kunden zunehmend für die Person, die die Branche verändert: tatsächlich eine Frau!

    Ndhlukula ist stolz auf die Arbeitskultur in ihrem Unternehmen, die ihrer Ansicht nach der Grund ist, weshalb sich Großkunden und Banken an sie wenden. “Ich bin sehr offen mit meinen Kunden. Wenn etwas schiefläuft, stehe ich dazu und ich sage meinen Angestellten immer: Lieber weniger versprechen und mehr liefern. Das ist selten im Geschäftsleben.” Ein großer Teil von Ndhlukulas Angestellten sind Frauen. “Wo ich aufgewachsen bin, haben Eltern ihre Töchter mit 14 Jahren verheiratet. Dieses Unrecht wollte ich beenden”, sagt sie.

    Bei Securico versucht sie, Jobs für Frauen zu schaffen. “Ich musste die Kunden erst überzeugen, dass Frauen ihre Lagerhallen und Eingänge beschützen. Viele von ihnen meinten, in der Branche könne man keine Frauen einstellen.” Anfang der 2000er Jahre sterben in Simbabwe tausende Männer an HIV. Zurück bleiben alleinstehende Mütter, die ihre Familie nicht ernähren können – sie werden zum Fokus von Ndhlukulas Unterstützung. “Ich will sehen, wie Frauen erfolgreich sind. Bei Securico feiern wir, wenn es eine Frau weit gebracht hat und manche meiner Mitarbeiterinnen haben jetzt Kinder, die zur Uni gehen oder Ärzte sind.”

    Nächstes Projekt bereits geplant

    Den Hof ihrer Eltern betreibt Ndhlukula immer noch. Im vergangenen Jahr gründete sie in ihrem Heimatort eine Bibliothek, die acht Schulen unterstützt. Mit der “Woman Owned Brand”-Initiative will sie Frauen in Simbabwe helfen, das Wachstum ihrer Unternehmen voranzutreiben. Neben Securico und ihrem Hof plant sie zudem, ein Unternehmen für Solarenergie zu gründen. Noch fehle ihr das Kapital, “aber sobald ich die Lizenz für die Solaranlage besitze, mache ich mich auf die Suche nach Investoren.” Svenja Schlicht

    • Sicherheit
    • Simbabwe

    Africa.Table Redaktion

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