es sind dramatische Zustände, die in Tunesien entstanden sind. Viele Migranten aus Subsahara-Afrika leben dort in behelfsmäßigen Lagern, können weder nach Europa übersetzen noch zurück. In Tunesien sind sie so wenig willkommen wie in der EU. Mirco Keilberth war vor Ort und hat sich in Sfax eines dieser Elendslager angeschaut. Das Schlimme daran: Diese Zustände sind ein Ergebnis des Migrationsabkommens der EU mit Tunesien.
Ein anderer Konflikt ist eine noch größere humanitäre Katastrophe und weit mehr: Im Sudan treffen die Interessen einer Vielzahl von Mittelmächten aufeinander, die in dem Land alle ihre eigenen Interessen verfolgen. Merga Yonas hat sich tief in die Hintergründe dieses Stellvertreter-Konflikts eingegraben und bringt überraschende Fakten zutage.
Unser Kollege David Renke stellt Ihnen Birgit Pickel vor, die Leiterin der Afrika-Abteilung im BMZ, jene Frau, die somit maßgeblich zur Afrika-Strategie der Bundesregierung beiträgt. Dabei beschreibt er auch, welches Verhältnis sie zur EZ und zur Zusammenarbeit mit der privaten Wirtschaft hat.
Außerdem haben wir wieder lesenswerte Analysen und News. Und vergessen Sie nicht: Am Mittwoch, 15. Mai diskutiert unser Korrespondent in Johannesburg, Andreas Sieren, in einer Online-Diskussion über die Wahl in Südafrika. Auf dem virtuellen Panel vereint er interessante Diskutanten, die Ihnen garantiert neue Einsichten bringen werden. Wir senden Ihnen gerne eine Einladung zu.
Shell hat in dieser Woche bestätigt, worüber Medien bereits am Wochenende spekuliert hatten: Der Konzern bereitet nach 122 Jahren in Südafrika seinen Ausstieg vor. Nach eingehender Prüfung habe sich die Konzernführung entschlossen, die “Beteiligung an Shell Downstream SA (SDSA) zu veräußern”, sagte die Unternehmenssprecherin Pam Ntaka. “Angesichts der glorreichen Geschichte von SDSA wurde diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen.”
Eindeutige Gründe will der Konzern nicht nennen. Stattdessen findet die Kommunikationsabteilung schöne Worte für die Vergangenheit des Konzerns im Land: Shell habe in Südafrika “ein enormes Vermächtnis” und einen “bedeutenden Beitrag zum Aufbau der Nation” geleistet, lobte das Unternehmen sich selbst. “Während des Veräußerungsprozesses werden wir daran arbeiten, die Betriebskapazitäten von SDSA zu erhalten, die Markenpräsenz von Shell aufrechtzuerhalten und das bestmögliche Ergebnis für unsere Mitarbeiter und Kunden unter neuem Eigentümer zu sichern.”
Vor zwei Jahren hatte Shell seine Raffineriekapazitäten in Südafrika nach schweren Überschwemmungen der Sapref-Raffinerie südlich von Durban verloren. Versuche, die Raffinerie, die Shell mit dem britischen Mineralölunternehmen BP betrieben hatte, an den Central Energy Fund der Regierung zu verkaufen, waren gescheitert, nachdem die Anlage schwer beschädigt worden war.
Südafrika ist ein Nettoimporteur von raffinierten Erdölprodukten. Die Sapref-Raffinerie mit einer Leistung von 180.000 Barrel täglich war die größte des Landes und deckte zuweilen 35 Prozent der Raffineriekapazität Südafrikas. Zudem hatte die südafrikanische Regierung im selben Jahr ihre Gesetze zur Einhaltung von schwefelarmen Kraftstoffen verschärft.
Die Entscheidung wurde zudem befördert durch einen Streit zwischen Shell und seinem langjährigen Partner für Black Economic Empowerment (BEE), Thebe Investments Corporation. Streitpunkt war der Anteil von Thebe im Wert von rund 200 Millionen Euro an SDSA. BEE ist das staatlich vorgeschriebene Affirmative-Action-Programm, das seit mehr als zwanzig Jahren wirtschaftliche Chancengleichheit für Schwarze, Farbige und Inder gegenüber Weißen gewährleisten soll.
Bereits vor zwei Jahren hatte Thebe von Shell gefordert, stärker in das Wachstum zu investieren. Hierzu präsentierte Thebe eine Bewertung, nach der die Beteiligung auf rund 200 Millionen Euro geschätzt wurde. Den Wunsch hatte Shell jedoch monatelang ignoriert und bezeichnete später Thebes Beteiligung als wertlos.
Die Aktionäre von Thebe gingen davon aus, dass Shell bewusst den Investitionswert von Thebe gemindert hatte, um seinen Ausstieg aus Südafrika vorzubereiten. Sie bezeichneten die Situation als “den großen holländischen Raubüberfall” und fühlten sich “ausgeraubt und ausgenutzt”. Shell hatte seinen Ursprung als Royal Dutch Shell in den Niederlanden, verlegte aber Anfang 2022 seinen Hauptsitz von Den Haag nach London. Dabei benannte sich der Konzern in Shell plc um.
Aktionäre hatten sich zudem über angeblich unethische Geschäftspraktiken von Shell beklagt: Der Präsident von Business Unity South Africa, Bonang Mohale, bezeichnete den Ausstieg als “in vielerlei Hinsicht wirklich traurig, tragisch und bedauerlich” und zog Parallelen zum Trend ausländischer Unternehmen, die ihre Zuversicht in die südafrikanische Wirtschaft verloren hätten.
Der Minister für Handel- und Industrie, Ebrahim Patel, sieht das anders. Er glaubt nicht, dass der Abgang von Shell Ausdruck einer etwaigen geringeren Attraktivität von Südafrika als Investitionsstandort sei. Er stellt den Ausstieg von Shell stattdessen in den Kontext der globalen Konzernstrategie.
Es sei “als ob jede Entscheidung, die Unternehmen treffen, widerspiegelt, wie extrem schlecht es bei uns ist”, beklagte der Minister. “Wir müssen etwas selbstbewusster werden, dass wir für viele Unternehmen ein attraktiver Standort sind”, sagte Patel weiter. “Immer mehr Unternehmen kaufen hier in Südafrika Unternehmen.” Dabei verweist er auf Investitionen des US-Getränkekonzerns PepsiCo, der niederländischen Brauerei Heineken und des europäischen Herstellers von Glas- und Metallverpackungen Ardagh Group.
Für Patels Argumentation spricht, dass Shell seinen Rückzug auch aus Ländern wie Kolumbien oder Uruguay angekündigt hat und sich in Afrika aus Nigeria zurückgezogen hat. Das Geschäft in Malaysia wiederum hat Shell an den saudischen Ölkonzern Aramco verkauft.
Um die rund 700 Shell-Tankstellen in Südafrika solle man sich keine Sorgen machen, meint Peter Morgan, CEO der Liquid Fuels Wholesalers Association of South Africa. Wahrscheinlich wird Shell wie in anderen afrikanischen Ländern auch ihre kleine Untermarke Viva im Land belassen. An dieser hält Shell einen Anteil von rund 20 Prozent. Wer die Shell-Anteile in Südafrika übernehmen wird, ist noch nicht klar. Branchenkenner rechnen tippen auf internationale Rohstoffhandelskonzerne wie Vitol, Glencore oder Trafigura.
Mit der Räumung von zwei Zeltlagern im Geschäftsviertel Berge du Lac haben Sicherheitskräfte am vergangenen Freitag mit der Deportation von Migranten und Flüchtlingen aus Tunis begonnen. In von der Nationalgarde begleiteten Stadtbussen wurden auch aus der Hafenstadt Sfax mehrere tausend Menschen aus Subsahara-Afrika an die libysche und algerische Grenze gebracht.
Von der Initiative Refugees in Libya verbreitete Aufnahmen zeigen in der Sahara die Übergabe von Verhafteten an libysche Grenzwächter. Die Libyer treten zwar in offiziellen Uniformen auf. Aber oft handelt es sich um Milizen, die mit der Migration Geld verdienen. “Mein Cousin wurde aus Sfax in das Niemandsland nördlich des Grenzübergangs Ras Jadir gebracht und sitzt nun in einem libyschen Gefängnis”, berichtet Abubakr Bangura aus der Elfenbeinküste.
Der 30-Jährige lebt seit sechs Monaten mit seiner Frau, seiner sechs Monate alten Tochter und einem Dutzend Mitreisenden auf einem Olivenhain bei Sfax. Zehntausende warten dort in informellen Flüchtlingslagern auf die Überfahrt nach Lampedusa. Doch seit der Unterzeichnung des Migrationsabkommens mit der EU fangen Patrouillen der tunesischen Küstenwache fast alle Boote der Migranten ab.
Rund 21.000 Passagiere wurden seit Januar aus den Metallbooten gerettet. Sie legen vom 50 Kilometer langen Küstenstreifen zwischen Sfax und dem Touristenort Mahdia ab. In wenigen Stunden schweißen Menschenhändler in der Stadt Jebiana die acht Meter langen Boote zusammen. Bis zu 44 Passagiere finden in ihnen Platz. 1000 Euro kostet derzeit die Überfahrt, während ein um den Hals getragene aufgeblasener Gummischlauch Schutz vor dem Ertrinken bieten soll. Schon kleine Wellen oder Panik an Bord bringt viele der kiellosen Boote zum Kentern. Niemand weiß, wie viele Menschenleben die Migrationswelle nach Europa kostet.
Dennoch wollen Migranten wie Abubakr Bangura so schnell wie möglich über das Mittelmeer raus aus Tunesien. “Wir sind hier unerwünscht und dürfen weder arbeiten noch eine Wohnung mieten”, sagt er. Viele der seit Oktober in den Olivenhainen lebenden Menschen haben eine Überfahrt gewagt. Meist wurden sie von der Küstenwache zurück nach Sfax gebracht. Nun fehlt ihnen das Geld für einen weiteren Versuch.
Sie leben in aus Holz und Plastikfolie notdürftig gebauten Zelten. Die Frauen betteln in den umliegenden Dörfern um Lebensmittel. Die Polizei verhaftet Männer außerhalb der Lager und setzt sie an der Grenze zu Libyen aus. “Wenn die Regierung uns gehen lässt, ist sie doch auch die Wut der Bevölkerung los”, wundert sich Bangura über die neue strikte Strategie der Sicherheitskräfte.
Denn in Fischerdörfern wie Al Amra bei Sfax oder im westtunesischen Jendouba unweit der algerischen Grenze kommt es seit Tagen immer wieder zu wütenden Protesten gegen die “Afrikaner”. Am Mittwoch jagten Anwohner Al Amras Migranten mit Knüppeln aus der Stadt.
Bürgerinitiativen im Grenzgebiet zu Algerien fordern Ladenbesitzer auf, weder Wasser noch Lebensmittel an die Migranten zu verkaufen oder zu spenden. “Wir waren von der Ankunft der 500 aus Tunis deportierten Migranten völlig überrascht”, sagt der Ingenieur Mohamed Kadri in Jendouba zu Table.Briefings. “Warum lassen sie die Migranten nicht in Sfax? Von dort kommen sie doch schnell nach Europa. Unsere eigene Jugend will doch der Armut hier entfliehen. Wir können hier nicht auch noch Europas Probleme lösen.”
In Sfax war es bereits im Sommer 2023 zu pogromartigen Übergriffen an dunkelhäutigen Menschen gekommen. Die zunehmende Zahl von Flüchtlingen aus dem Sudan nutzte die Splitterbewegung Nationale Partei Tunesien für eine Medienkampagne gegen einen angeblich geplanten Bevölkerungsaustausch.
Fremde Mächte wollten die arabische Identität Tunesiens eliminieren, sagte Staatspräsident Kais Saied während eines Treffens des Nationalen Sicherheitsrates im Februar vergangenen Jahres. Stunden nach seiner Rede verhafteten Polizeieinheiten in den Straßen von Tunis alle, die sie für einen Migranten aus Subsahara-Afrika hielten. Darunter waren auch afrikanische Studenten der vielen privaten Universitäten in der Hauptstadt. Auch die Kinder westafrikanischer Eliten wurden in den ersten Tagen der Kampagne ohne Wasser und Nahrung im Niemandsland an der libysch-tunesischen Grenze ausgesetzt.
Im vergangenen Jahr handelte die EU mit Tunesien ein Migrationsabkommen aus. Tunesien soll demnach die Migranten noch vor der Überfahrt abfangen. In Brüssel scheint man sich einig zu sein, dass nur die Aufrechterhaltung von unhaltbaren Lebensbedingungen weitere Menschen aus Subsahara-Afrika von einer Flucht nach Tunesien abhalten werden.
“Diese Strategie ist ein Irrtum. Ich habe zu Hause nichts und niemanden, der auf mich wartet”, sagt Abubakr Bangui. “Für uns alle hier ist Europa das gelobte Land. Ich würde aber hier in Tunesien bleiben, wenn ich Arbeit und eine Wohnung fände.”
Bisher hat Brüssel 160 Millionen Euro in verstärkten Grenzschutz, aber keine Hilfe für die betroffenen Regionen in Tunesien gezahlt. So hat das Migrationsabkommen in wenigen Monaten zu Konflikten zwischen den Regionen, einer Welle der Gewalt gegen Migranten und Gerichtsverfahren gegen die Zivilgesellschaft geführt. “Damit steht alles auf dem Spiel, was wir in den vergangenen zehn Jahren erreicht haben”, sagt die Aktivistin Chaima Buhlel. “Das ist der wohl der wahre Preis dafür, Europas Grenzpolizist zu sein.”
Vor und nach dem Krieg, der im April 2023 begann, hat der Sudan im Zentrum der wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen großer, mittlerer und kleiner Mächte gestanden. Zu den wichtigsten Akteuren zählen unzählige Länder:
Der Sudan, reich an Öl und Gold, verbindet über das Rote Meer den Nahen Osten mit Afrika. Foreign Policy berichtete, dass die Saudis und die VAE “den Krieg als Chance sehen, ihren hegemonialen Status im Nahen Osten zu festigen. Während Saudi-Arabien al-Burhan unterstützt, haben sich die VAE hinter Hemedti gestellt”.
“Das Rote Meer im weiteren Sinne ist eine Arena des geostrategischen Wettstreits, in der bereits die Glut für einen umfassenderen Krieg schwelt, der alle Hauptmächte der Welt einbezieht”, schrieb Alex de Waal, Exekutivdirektor der World Peace Foundation, für Chatham House.
Laut Foreign Policy haben sich Saudi-Arabien und die VAE von ihrer vom Öl abhängigen Wirtschaft auf “Luftfahrt, Sport und Infrastruktur” verlagert. Im Bericht heißt es, dass Saudi-Arabien im Jahr 2022 “angekündigt hat, dass es bis zu 24 Milliarden Dollar in Sektoren der sudanesischen Wirtschaft, einschließlich Infrastruktur, Bergbau und Landwirtschaft, investieren wird.”
Im selben Jahr unterzeichneten die VAE und die damalige Putschregierung (al-Burhan und Hemedti) ein Investitionsabkommen über sechs Milliarden Dollar für den Bau des Hafens Abu Amama und einer Wirtschaftszone am Roten Meer. Dies war eine Ergänzung zu den “7,6 Milliarden Dollar” schweren Investitionen, die bereits seit 2018 bestehen. Berichten zufolge erhalten die VAE auch sudanesisches Gold von der RSF, das auf dem internationalen Markt verkauft wird. Im Gegenzug finanziert die RSF darüber ihren Krieg gegen die SAF.
DP World, der riesige Hafenbetreiber aus Dubai, ist in Dschibuti und Somaliland tätig. Die VAE kontrollieren auch “viele der jemenitischen Häfen und Inseln – und damit den Zugang zur Straße von Bab el-Mandeb und zum Horn von Afrika.” Äthiopien seinerseits beansprucht den Zugang zum Roten Meer über Eritrea und Somaliland, da es sich für das Binnenland um eine “Existenzfrage” handelt.
Der Iran hat ähnliche Ambitionen wie die VAE. Um dem Vorgehen der VAE entgegenzuwirken, unterstützt der Iran al-Burhan mit Waffen, beispielsweise angeblich auch mit der Mohajer-6-Drohne, um Hemedtis Kräfte zu unterdrücken und die Interessen der VAE zu schwächen.
Die wirtschaftlichen Interessen kleiner Staaten wie Südsudan sind durch den Krieg beeinträchtigt worden. Der Südsudan beispielsweise importiert sein Öl über die nach Bur Sudan verlängerte Pipeline. Ein Bruch dieser Pipeline Anfang dieses Jahres aufgrund der Kämpfe hat das Land, das 90 Prozent seiner Einnahmen aus dem Ölverkauf bezieht, in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht. Es wird angenommen, dass der Südsudan zu einem militärischen Eingreifen gezwungen sein könnte, wenn der Bruch weiter andauert.
Um Iran daran zu hindern, einen Marinestützpunkt am Roten Meer zu bauen, unterstützen die Vereinigten Arabischen Emirate laut UN-Bericht Hemedti über den Tschad mit Waffen. Libyen wird beschuldigt, über Feldmarschall Khalifa Haftar, der von den VAE und von Russland (früher über die Wagner-Gruppe) unterstützt wird, Treibstoff für die RSF zu schmuggeln, um deren Fahrzeuge zu betreiben.
Experten sind der Meinung, dass die Schließung der Grenze zwischen Libyen und dem Sudan das Nadelöhr für die RSF werden und den Krieg beenden könnte. “Wenn die VAE heute ihre Unterstützung zurückziehen und die Beziehungen zur RSF abbrechen, besteht eine Chance von 80 Prozent, dass der Krieg morgen zu Ende ist“, sagte der sudanesische Politikanalyst Hamid Khalafallah der Financial Times.
Die USA, die in diesem Stellvertreterspiel eine neutrale Position einzunehmen scheinen, haben sich offenbar mit den VAE verbündet, obwohl sie den Sieg der RSF nicht befürworten. Sie unterstützen al-Burhan auch nicht ausdrücklich, da er mit dem Iran zusammenarbeitet.
Saudi-Arabien vertritt eine ähnliche Position wie die USA. Das Land ist Berichten zufolge nicht glücklich über die Allianz zwischen den VAE, Äthiopien und der RSF. Im Gegensatz zu Äthiopien unterhält es enge Beziehungen zu Eritrea, einem Land, das Grenzspannungen mit Äthiopien und möglicherweise mit der RSF hat.
Auch Russland hat seine Finger im Spiel. Moskau wird vorgeworfen, seinen Krieg in der Ukraine mit dem sudanesischen Gold zu finanzieren und so die westlichen Sanktionen abzufedern. Das Gold wird über die VAE nach Russland geschafft. Im Gegenzug liefert Russland Boden-Luft-Raketen, die SAF-Kampfjets abgeschossen haben.
Das Vorgehen von al-Burhan und Hemedti entscheidet nicht nur über die Zukunft des Sudan, sondern die Interessen dieser Stellvertreter verschärfen den Krieg weiter.
Der Karrierediplomat Dietrich Becker wird nach Informationen von Table.Briefings neuer deutscher Botschafter in Burkina Faso. Zuletzt war er Botschafter in Island. Die Region kennt Becker bereits gut. Bis 2019 war Becker Botschafter in Mali. Im Auswärtigen Amt war zwischenzeitlich außerdem Referent für Zentral- und Westafrika. Und auch mit instabilen Krisenstaaten kennt sich Becker aus: 2011 war der 62-Jährige als Leiter des deutschen Verbindungsbüros im libyschen Bengasi im Einsatz. Dafür verlieh im Bundespräsident Joachim Gauck das Verdienstkreuz am Bande.
Becker soll in den kommenden Tagen ausreisen und in Ouagadougou seinen Dienst antreten. Das Agrément der burkinischen Regierung liegt bereits vor. Bisher führt Herman Nikolai interimsweise die deutsche Botschaft in Ouagadougou. Nikolai ist unter anderem ehemaliger Botschafter in Niger. Mit Becker in Burkina Faso besetzt Deutschland einen Botschafterposten in einem Putschland im Sahel neu. lcw/dre
Seit dieser Woche ist Amazon in Südafrika online. In der Nacht zum Dienstag wurde www.amazon.co.za freigeschaltet. Es ist die erste Präsenz des amerikanischen Onlineversandhändlers auf dem afrikanischen Kontinent, nachdem der Konzern ähnliche Ideen in Nigeria auf Eis gelegt hatte. “Wir freuen uns, gemeinsam mit Tausenden unabhängigen Verkäufern in Südafrika amazon.co.za zu starten”, sagte Robert Koen, Managing Director of Amazon in Subsahara-Afrika. “Wir bieten unseren Kunden ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis, eine große Auswahl – einschließlich internationaler und lokaler Produkte – und ein bequemes Liefererlebnis.”
Amazon hatte sich monatelang bedeckt über das Datum des offiziellen Markteintritts gehalten. Er wurde schon im vergangenen Oktober angekündigt, wurde aber erst später in diesem Jahr erwartet. Amazon tritt somit in direkte Konkurrenz zu Takealot.com, bisher Südafrikas größter Onlinehändler, der dem südafrikanischen Medienkonzern Naspers gehört, und dem chinesischen Unternehmen Temu, das seit Beginn des Jahres am Kap aktiv ist.
Kern des Amazon-Geschäftes in Südafrika wird der Amazon-Marketplace sein, eine Online-Plattform, die es Drittanbietern erlaubt, neben den regulären Angeboten von Amazon neue oder gebrauchte Produkte direkt an den Verbraucher zu verkaufen. “Wir begrüßen Unternehmen, die lokalen Verkäufern und Unternehmern die Möglichkeit bieten, ihr Geschäft auszubauen”, sagte Stella Ndabeni-Abrahams, südafrikanische Ministerin für die Entwicklung kleinerer Unternehmen. “Der Herzschlag unserer Kleinunternehmen misst die Gesundheit der Wirtschaft unseres Landes. Wenn sie pumpen, wächst die Nation.”
Wie in anderen Ländern auch verspricht Amazon in Südafrika Lieferung am selben Tag. Dazu werden externe Logistikunternehmen mehr als 3.000 Abholstationen betreiben. Zum Angebot zählt ebenso eine einfache Rückgabe und ein umfangreicher Kundendienst rund um die Uhr. Amazon Prime, das kostenpflichtige Abonnement, mit dem Amazon-Kunden auf zusätzliche Dienste zurückgreifen können, wird es in Südafrika vorerst nicht geben. Zu Prime gehören normalerweise Dienste wie priorisierte Lieferung, aber auch Zugang zu Musik- und Videostreams im Rahmen von Prime Music und Prime Video. Auch ist der erfolgreiche E-Book-Reader Kindle bei Amazon Südafrika nicht erhältlich. as
Am Dienstag ist in Berlin der zweitägige Global Solutions Summit zu Ende gegangen. Der Gipfel bietet ein Forum für die führenden Köpfe der Welt, um politische Empfehlungen für die G20, die G7 und darüber hinaus zu diskutieren. Renommierte Experten aus Thinktanks, Forschung, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft kommen seit 2017 jedes Jahr in Berlin zusammen, um konkrete politische Lösungen für globale Probleme zu erarbeiten.
Auch in diesem Jahr war die Gästeliste wieder prominent besetzt. Gleich zwei Kommissare der Afrikanischen Union zählten zu den Rednern: die Ägypterin Amani Abou-Zeid, Kommissarin für Infrastruktur und Energie, sowie Albert Muchanga aus Sambia, Kommissar für Handel und Industrie. Auch die EU-Kommissarin für Wettbewerb Margrethe Vestager nahm am Gipfel teil und hielt eine Keynote-Rede, ebenso wie Microsoft-Gründer Bill Gates und eine Vielzahl weiterer renommierter Experten von verschiedenen Institutionen.
Die deutsche Bundesregierung war neben Kanzler Olaf Scholz mit gleich drei Ministern vertreten: Wirtschaftsminister Robert Habeck, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Finanzminister Christian Lindner. In seiner Rede betonte Scholz, wie wichtig die Zusammenarbeit auf globaler Ebene angesichts multipler Krisen ist: “Es reicht nicht, wenn einzelne Länder oder Weltregionen sich allein um das ihnen geografisch oder politisch naheliegendste Problem kümmern.” Der Kanzler erklärte außerdem drei Bereiche der Kooperation zur Priorität:
Gerade mit den ersten beiden Punkten stellt sich Scholz demonstrativ an die Seite der Länder des globalen Südens, die diese Forderungen immer wieder auf internationalen Gipfeltreffen geltend machen, etwa zuletzt wieder beim Frühjahrstreffen von IWF und Weltbank.
Die vollständige Keynote-Rede des Kanzlers sowie die Beiträge der anderen Gäste lassen sich auf YouTube nachvollziehen. Der nächste Global Solutions Summit findet vom 5. bis 6. Mai 2025 in Berlin statt. ajs
Der ehemalige Eon-Manager Frank Paul Possmeier wird stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der marokkanischen Tochtergesellschaft des Energieerzeugers Abu Dhabi National Energy Company (Taqa) aus Abu Dhabi. Damit bekommt der größte private Stromproduzent in Marokko einen deutschen Manager im Aufsichtsrat. Vorsitzender des Kontrollgremiums ist seit Juli 2020 Farid Al Awlaqi, CEO von Taqa.
Possmeier wurde an der Universität Münster promoviert und hat anschließend viele Jahre für Eon gearbeitet, zuletzt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand der Eon International Energy. Danach arbeitete er für das private Energieunternehmen Eneva in Brasilien und als Managing Director von Eon Brasilien. Dann zog es ihn zu Uniper, wo er bis August 2023 das Geschäftsfeld mit erneuerbarer Energie leitete. Seit September ist er Chief Business Development Manager bei Taqa und Mitglied des Board of Directors des Energieunternehmens Masdar in Abu Dhabi.
Taqa Morocco ist an der Börse Casablanca notiert und hat im laufenden Jahr 27,4 Prozent an Wert gewonnen. Taqa hält 85,8 Prozent der Anteile. Der Umsatz belief sich Ende 2023 auf umgerechnet 1,2 Milliarden Euro. Der Gewinn ging um 20,4 Prozent auf 96 Millionen Euro zurück.
Taqa Morocco besitzt südlich von Casablanca in Jorf Lasfar ein Kohlekraftwerk mit einer Kapazität von 2.056 Megawatt (MW). Unter der Führung von Taqa will Taqa Morocco neue Vorhaben im Bereich erneuerbare Energie sowie kohlenstoffarme Projekte und Wasserentsalzung entwickeln.
So hat Taqa Morocco im April 2022 im Rahmen des Solarprogramms Masen Noor PV II fünf Lose für die Entwicklung von 96 MW Solarstrom an den Standorten Sidi Bennour und Kelaat des Sghrana erhalten. Zudem plant das Unternehmen die Entwicklung eines Windparks im Süden des Landes zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Ein weiterer Windpark mit einer Kapazität von 85 MW, ausbaubar auf 200 MW, ist im Norden geplant.
Die Muttergesellschaft Taqa wurde im Jahr 2005 im Zuge der Privatisierung des Strom- und Wassersektors in Abu Dhabi gegründet. Die Taqa-Aktien sind seit 2005 an der Börse Abu Dhabi notiert. Taqa ist in Afrika auch in Ghana aktiv und betreibt in Takoradi ein 330-MW-Kombikraftwerk, das rund 15 Prozent der gesamten Produktionskapazität des Landes darstellt.
Seine Stärken beschreibt Possmeier auf LinkedIn so: “Führungskraft auf C-Level mit breitem Hintergrund in Strategie- und Unternehmensentwicklung, im Aufbau und der Steuerung internationaler Geschäfte, der Umstrukturierung von Unternehmen sowie in allen Aspekten von Fusionen und Übernahmen.” Diese Fähigkeiten dürften weiter gefragt sein. Aktuell verhandelt die Taqa-Führung die Übernahme des Energieunternehmens Naturgy in Spanien. hlr
Mobiles Internet und Wlan-Verbindungen sind in vielen Ländern Westafrikas seit Donnerstag gestört. Kunden des Telefonanbieters Orange – in vielen Ländern der Region Marktführer – berichteten von Einschränkungen unter anderem im Senegal und der Elfenbeinküste. Wie Orange mitteilte, werden derzeit Arbeiten am Unterseekabel Main One vor der Elfenbeinküste ausgeführt. Weitere Informationen lagen zunächst nicht vor.
Einschränkungen vor allem des mobilen Internets treffen viele Volkswirtschaften in Westafrika empfindlich: Dienste wie WhatsApp werden häufig für Verkäufe und Lieferungen genutzt sowie Überweisungen über Handy-Geldbörsen (Mobile Money) abgewickelt. Bereits im März dieses Jahres kam es nach Schäden an Unterseekabeln zu schweren Internetstörungen in Westafrika. lcw
Nigers ehemaliger Präsident Mohamed Bazoum droht, am Freitag seine politische Immunität zu verlieren. Nach Informationen von Table.Briefings, die mit Berichten von des französischen Radiosenders RFI übereinstimmen, soll sich ein Gericht in Niamey (Cour d’État) damit befassen. Bazoum wird Hochverrat vorgeworfen.
Bazoum befindet sich nach dem Militärputsch im Juli 2023 noch immer in Gefangenschaft in seinem Haus in Niamey. Bazoums Tochter Hinda macht seinen Vorgänger Mahamadou Issoufou für den Umsturz verantwortlich. Wie sie in einem Interview mit RFI sagte, sei Issoufou der einzige Drahtzieher hinter dem Putsch. Er habe Bazoum und viele andere Mitstreiter verraten. Zuvor publizierte Hinda Bazoum bereits einen Meinungsbeitrag in Le Monde. Westliche Kräfte wie die EU und Deutschland hatten lange Zeit lautstark die Freilassung von Bazoum gefordert als Bedingung für etwaige Zusammenarbeit mit dem Militärregime von General Tiani. lcw
Bloomberg: Ghanas Anti-LGBTQ-Gesetz gefährdet Schuldenschnitt. Der Oberste Gerichtshof Ghanas begann am Mittwoch mit der Anhörung eines Falles, der sowohl die Umschuldung des westafrikanischen Landes in Höhe von 20 Milliarden Dollar gefährden als auch die Verpflichtung der Weltbank zur Unterstützung von LGBTQ-Rechten auf die Probe stellen könnte. Das Gericht wird ersucht, ein Gesetz aufzuheben, das LGBTQ-Personen ins Gefängnis bringt und andere – Familienmitglieder, Kollegen, Lehrer – bestraft, wenn sie die Behörden nicht informieren. Lehnt das Gericht die Berufung ab, steht die Weltbank vor einem Dilemma: Soll sie weiter die Armutsbekämpfung in Ghana unterstützen oder liberale Werte verteidigen?
Financial Times: Angola einigt sich mit chinesischer Staatsbank über Schulden. Angola schuldet China etwa 17 Milliarden Dollar – etwas mehr als ein Drittel seiner Gesamtverschuldung – hauptsächlich in Form von Darlehen, die durch Öl gedeckt sind. Das Land ist der größte Kreditnehmer Pekings auf dem Kontinent. Die neue Vereinbarung mit der China Development Bank ermöglicht die Freigabe von Geldern, die zuvor auf einem Treuhandkonto lagen.
Semafor: Kenias Maasai bekämpfen Kohlenstoffprojekt. Mitglieder der kenianischen Maasai-Gemeinschaft geraten mit den Managern eines großen Kohlenstoffprojekts aneinander. Der Vorgang verschärft die Bedenken, dass die internationale Nachfrage nach in Afrika erzeugten Kohlenstoffgutschriften schädliche Folgen für lokale Gemeinschaften haben könnte. Das Northern Kenya Rangelands Carbon Project (NKRCP) hat Kohlenstoffgutschriften an Unternehmen wie Meta, Netflix und die britische Bank NatWest verkauft. Die Maasai beklagen, dass sie durch das Projekt in ihrer Lebensweise gestört werden und ihnen der Zugang zu ihrem angestammten Land verwehrt wird.
African Business: Westafrikas Top-Konzerne 2024. Nigeria, Elfenbeinküste und Ghana sind die einzigen westafrikanischen Länder, deren Unternehmen auch in der Liste der Top 250 des Kontinents auftauchen. Auf Platz Eins des westafrikanischen Ranking steht der Konzern des reichsten Manns Afrikas Aliko Dangote, Dangote Cement. Telekommunikationsunternehmen sind besonders stark vertreten und stellen fünf der zehn größten Unternehmen der Region: Airtel Africa, MTN Nigeria, Sonatel, Orange Côte d’Ivoire und Scancom.
Bloomberg: Kriminalität bestimmt Wahlkampf in Südafrika. In einem Land, in dem ein Drittel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter arbeitslos ist, sind Kriminalität und Korruption noch vor der Arbeitslosigkeit die Hauptsorgen der Wähler bei der Wahl am 29. Mai. Südafrika leidet seit langem unter einer der höchsten Kriminalitätsraten der Welt. Die Zahl der Morde lag im vergangenen Jahr bei knapp 27.500, ein Anstieg um etwa ein Drittel gegenüber 2019.
Al Jazeera: Illegale Devisenhändler in Simbabwe nutzen Whatsapp. Kurz nach der Einführung der neuen Währung ZiG hat die simbabwische Polizei begonnen, gegen informelle Devisenhändler vorzugehen und sie in großer Zahl zu verhaften. Die Behörden machen den illegalen Devisenhandel für die Verzerrung des Wechselkurses verantwortlich. Die Dealer nutzen den Messengerdienst Whatsapp um sich mit Kunden zu vernetzen und der Polizei zu entgehen.
Es gibt wahrscheinlich wenige, die das BMZ und seine Arbeitsweise so gut kennen wie Birgit Pickel. Seit rund 25 Jahren arbeitet sie im Ministerium, seit 2022 als Leiterin der Abteilung Afrika und damit als Nachfolgerin von Stefan Oswald. Für die Politikwissenschaftlerin schließt sich damit gewissermaßen ein Kreis, denn das Thema begleitet Pickel seit ihrer Hochschulzeit in den 1990er-Jahren. Denn kurz nach ihrem Studium in Bonn, Washington und Berlin erlebt Pickel den Aufbruch in Südafrika kurz nach dem Ende des Apartheidregimes.
Allein in diesen drei Jahrzehnten habe sich die Rolle Afrikas in der Welt fundamental geändert – und damit auch die Art und Weise, wie Deutschland und die Welt mit Afrika zusammenarbeiten, meint Pickel. Längst steht Afrika eine lange Reihe an potenziellen Partnern zur Verfügung. Deutschland müsse daher gute Angebote unterbreiten, um auch weiterhin als enger Partner für die afrikanischen Länder wahrgenommen zu werden.
“Die Zeiten, in denen man mit ein bisschen Entwicklungshilfe etwas erreichen kann, sind vorbei. Heute sprechen wir darum bewusst von Entwicklungszusammenarbeit”, sagt Pickel. Im gesamten UN-System oder bei den Diskussionen um eine neue internationale Finanzarchitektur komme den 54 afrikanischen Staaten eine neue Rolle und geopolitisches Gewicht zu – vor allem, seit sich die afrikanischen Länder zunehmend zusammenschlössen und eine gemeinsame Stimme für ihre Interessen fänden.
Damit Deutschland diese Angebote leisten kann, brauche es eine noch stärke europäische Zusammenarbeit insbesondere bei der Energiewende auf dem Kontinent durch Just Energy Transition Partnerships und die Global-Gateway-Initiative, ist Pickel überzeugt.
Doch nicht nur geopolitisch sei die Zusammenarbeit entscheidend. “Die Entwicklungsministerin sagt: Als Exportnation sind wir auf die internationale Zusammenarbeit angewiesen. Das kann ich nur unterstreichen”, so Pickel. Entsprechend ärgere sie die anhaltende Debatte über den Kosten und Nutzen der Entwicklungszusammenarbeit. Oftmals würde der strategische Nutzen der EZ übersehen: “Von den langfristigen Beziehungen, die das BMZ aufbaut, profitieren auch die anderen Ressorts.”
Auch einen weiteren Kritikpunkt am BMZ kann Pickel nicht nachvollziehen: die Kritik der Wirtschaft, das BMZ beziehe diese in seiner Afrika-Strategie zu wenig ein. “Die erste Säule unserer Afrika-Strategie ist die Wirtschaft, denn den afrikanischen Ländern geht es um gute Jobs, Beschäftigung und Wachstum. Dabei ist ein nachhaltiges und transformatives Wachstum wichtiges Ziel unserer Afrika-Strategie”, sagt Pickel. “Wir nehmen hier auch besonders Frauen in den Blick.”
Bevor Pickel an die Spitze der Afrika-Abteilung gewechselt ist, leitete sie die Unterabteilung globale Gesundheit und Pandemieprävention während der Hochzeit der Pandemie. Dass Biontech in Ruanda nun nach der Corona-Pandemie eine eigene Impfstoffproduktion aufbaut, sieht sie als großen Erfolg – gewissermaßen als ein Best-Practice-Beispiel – wie Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit Hand in Hand gehen können. Das BMZ fördert in Ruanda die Ausbildung von Fachkräften für die Pharmabranche sowie die Stärkung des Standorts, damit sich weitere Pharmaunternehmen in Ruanda ansiedeln.
Bereits im Juni könnte sich dafür eine nächste Gelegenheit bieten. Dann finden die Regierungsverhandlungen zwischen Deutschland und Ruanda in Berlin statt. In diesem Rahmen soll es auch einen Wirtschaftstag geben, der deutsche und ruandische Unternehmer zusammenbringt. “Vielleicht müssen diese Angebote an die Wirtschaft etwas besser kommuniziert werden”, gibt Pickel zu.
“Wir sind offen, mit Unternehmen zu kooperieren, wenn es eine Initiative gibt. Wir haben viele Instrumente zur Kooperation mit Unternehmen. Diese entwickeln wir für mehr Beschäftigung und die Unterstützung einer sozial-ökologischen Transformation in unseren Partnerländern kontinuierlich weiter”, sagt Pickel. Gleichzeitig sieht es Pickel positiv, dass sich Wirtschaftsverbände wie der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft immer breiter aufstellen und mit eigenen Delegationsreisen die Möglichkeiten auf dem afrikanischen Kontinent erschließen. David Renke
Wer sich auf die Suche des Heinrich-Barth-Hauses in Agadez begibt, kommt schnell ins Gespräch mit den Einwohnern der Stadt. Der Name Barth sagt offenbar jedem etwas. Das Haus, in dem der deutsche Afrika-Forscher 1850 für rund drei Wochen bei Einheimischen wohnte, liegt versteckt in der Altstadt. Eine Plakette an der Eingangstür weist auf den Forschungsreisenden hin. “Hier wohnte vom 9. bis 30. Oktober 1850 der deutsche Forscher Heinrich Barth, auf seinem Weg von Tripolis nach Kano. Er war der erste Europäer, der in Agadès eintrat.”
Bewohnt wird das Haus noch immer von den Nachfahren jener Nigrer, die Barth freundlich bei sich aufnahmen und vor eventuellen Konflikten mit Einheimischen schützten. Barths Raum hält die Familie in Ehren: Das Bett sei original, sagt Yussuf, der die Besucher begleitet. Auch andere Gegenstände, Kalebassen beispielsweise, stammen angeblich noch von Barth. Mit Stolz zeigt Yussuf auf dem Handy Fotos von einem Besuch des damaligen Deutschen Botschafters Herman Nikolai. Die Informationshefte liegen in drei Sprachen aus: Französisch, Haussa und Tamaschek.
Barth war Mitglied einer Expedition der britischen Regierung. Sie wollte mehr über den Handel in der Sahara und im Sudan erfahren, genauso wie über die dortigen Anwohner, und außerdem den Handel mit Sklaven unterbinden. Die Karawane startete im Jahr 1850 in Tripolis.
Barth, der als Sprachgenie galt, reiste fünf Jahre lang mehr als 18.000 Kilometer quer durch die Sahara und den Sahel – auch ins heutige Mali und an den Tschadsee. Der vielseitig interessierte Barth, der umfangreiche Aufzeichnungen über Archäologie, Geschichte, Sprache, Geografie und Kultur machte, konzentrierte sich stärker auf die wissenschaftlichen Details als auf die Erzählung seiner durchstandenen Abenteuer.
Seine Berichte veröffentlichte Barth nach seiner Rückkehr in fünf Bänden unter dem Titel “Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika”. Später war Barth für zwei Jahre Professor für Geografie in Berlin, wo er 1865 starb. Lucia Weiß
es sind dramatische Zustände, die in Tunesien entstanden sind. Viele Migranten aus Subsahara-Afrika leben dort in behelfsmäßigen Lagern, können weder nach Europa übersetzen noch zurück. In Tunesien sind sie so wenig willkommen wie in der EU. Mirco Keilberth war vor Ort und hat sich in Sfax eines dieser Elendslager angeschaut. Das Schlimme daran: Diese Zustände sind ein Ergebnis des Migrationsabkommens der EU mit Tunesien.
Ein anderer Konflikt ist eine noch größere humanitäre Katastrophe und weit mehr: Im Sudan treffen die Interessen einer Vielzahl von Mittelmächten aufeinander, die in dem Land alle ihre eigenen Interessen verfolgen. Merga Yonas hat sich tief in die Hintergründe dieses Stellvertreter-Konflikts eingegraben und bringt überraschende Fakten zutage.
Unser Kollege David Renke stellt Ihnen Birgit Pickel vor, die Leiterin der Afrika-Abteilung im BMZ, jene Frau, die somit maßgeblich zur Afrika-Strategie der Bundesregierung beiträgt. Dabei beschreibt er auch, welches Verhältnis sie zur EZ und zur Zusammenarbeit mit der privaten Wirtschaft hat.
Außerdem haben wir wieder lesenswerte Analysen und News. Und vergessen Sie nicht: Am Mittwoch, 15. Mai diskutiert unser Korrespondent in Johannesburg, Andreas Sieren, in einer Online-Diskussion über die Wahl in Südafrika. Auf dem virtuellen Panel vereint er interessante Diskutanten, die Ihnen garantiert neue Einsichten bringen werden. Wir senden Ihnen gerne eine Einladung zu.
Shell hat in dieser Woche bestätigt, worüber Medien bereits am Wochenende spekuliert hatten: Der Konzern bereitet nach 122 Jahren in Südafrika seinen Ausstieg vor. Nach eingehender Prüfung habe sich die Konzernführung entschlossen, die “Beteiligung an Shell Downstream SA (SDSA) zu veräußern”, sagte die Unternehmenssprecherin Pam Ntaka. “Angesichts der glorreichen Geschichte von SDSA wurde diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen.”
Eindeutige Gründe will der Konzern nicht nennen. Stattdessen findet die Kommunikationsabteilung schöne Worte für die Vergangenheit des Konzerns im Land: Shell habe in Südafrika “ein enormes Vermächtnis” und einen “bedeutenden Beitrag zum Aufbau der Nation” geleistet, lobte das Unternehmen sich selbst. “Während des Veräußerungsprozesses werden wir daran arbeiten, die Betriebskapazitäten von SDSA zu erhalten, die Markenpräsenz von Shell aufrechtzuerhalten und das bestmögliche Ergebnis für unsere Mitarbeiter und Kunden unter neuem Eigentümer zu sichern.”
Vor zwei Jahren hatte Shell seine Raffineriekapazitäten in Südafrika nach schweren Überschwemmungen der Sapref-Raffinerie südlich von Durban verloren. Versuche, die Raffinerie, die Shell mit dem britischen Mineralölunternehmen BP betrieben hatte, an den Central Energy Fund der Regierung zu verkaufen, waren gescheitert, nachdem die Anlage schwer beschädigt worden war.
Südafrika ist ein Nettoimporteur von raffinierten Erdölprodukten. Die Sapref-Raffinerie mit einer Leistung von 180.000 Barrel täglich war die größte des Landes und deckte zuweilen 35 Prozent der Raffineriekapazität Südafrikas. Zudem hatte die südafrikanische Regierung im selben Jahr ihre Gesetze zur Einhaltung von schwefelarmen Kraftstoffen verschärft.
Die Entscheidung wurde zudem befördert durch einen Streit zwischen Shell und seinem langjährigen Partner für Black Economic Empowerment (BEE), Thebe Investments Corporation. Streitpunkt war der Anteil von Thebe im Wert von rund 200 Millionen Euro an SDSA. BEE ist das staatlich vorgeschriebene Affirmative-Action-Programm, das seit mehr als zwanzig Jahren wirtschaftliche Chancengleichheit für Schwarze, Farbige und Inder gegenüber Weißen gewährleisten soll.
Bereits vor zwei Jahren hatte Thebe von Shell gefordert, stärker in das Wachstum zu investieren. Hierzu präsentierte Thebe eine Bewertung, nach der die Beteiligung auf rund 200 Millionen Euro geschätzt wurde. Den Wunsch hatte Shell jedoch monatelang ignoriert und bezeichnete später Thebes Beteiligung als wertlos.
Die Aktionäre von Thebe gingen davon aus, dass Shell bewusst den Investitionswert von Thebe gemindert hatte, um seinen Ausstieg aus Südafrika vorzubereiten. Sie bezeichneten die Situation als “den großen holländischen Raubüberfall” und fühlten sich “ausgeraubt und ausgenutzt”. Shell hatte seinen Ursprung als Royal Dutch Shell in den Niederlanden, verlegte aber Anfang 2022 seinen Hauptsitz von Den Haag nach London. Dabei benannte sich der Konzern in Shell plc um.
Aktionäre hatten sich zudem über angeblich unethische Geschäftspraktiken von Shell beklagt: Der Präsident von Business Unity South Africa, Bonang Mohale, bezeichnete den Ausstieg als “in vielerlei Hinsicht wirklich traurig, tragisch und bedauerlich” und zog Parallelen zum Trend ausländischer Unternehmen, die ihre Zuversicht in die südafrikanische Wirtschaft verloren hätten.
Der Minister für Handel- und Industrie, Ebrahim Patel, sieht das anders. Er glaubt nicht, dass der Abgang von Shell Ausdruck einer etwaigen geringeren Attraktivität von Südafrika als Investitionsstandort sei. Er stellt den Ausstieg von Shell stattdessen in den Kontext der globalen Konzernstrategie.
Es sei “als ob jede Entscheidung, die Unternehmen treffen, widerspiegelt, wie extrem schlecht es bei uns ist”, beklagte der Minister. “Wir müssen etwas selbstbewusster werden, dass wir für viele Unternehmen ein attraktiver Standort sind”, sagte Patel weiter. “Immer mehr Unternehmen kaufen hier in Südafrika Unternehmen.” Dabei verweist er auf Investitionen des US-Getränkekonzerns PepsiCo, der niederländischen Brauerei Heineken und des europäischen Herstellers von Glas- und Metallverpackungen Ardagh Group.
Für Patels Argumentation spricht, dass Shell seinen Rückzug auch aus Ländern wie Kolumbien oder Uruguay angekündigt hat und sich in Afrika aus Nigeria zurückgezogen hat. Das Geschäft in Malaysia wiederum hat Shell an den saudischen Ölkonzern Aramco verkauft.
Um die rund 700 Shell-Tankstellen in Südafrika solle man sich keine Sorgen machen, meint Peter Morgan, CEO der Liquid Fuels Wholesalers Association of South Africa. Wahrscheinlich wird Shell wie in anderen afrikanischen Ländern auch ihre kleine Untermarke Viva im Land belassen. An dieser hält Shell einen Anteil von rund 20 Prozent. Wer die Shell-Anteile in Südafrika übernehmen wird, ist noch nicht klar. Branchenkenner rechnen tippen auf internationale Rohstoffhandelskonzerne wie Vitol, Glencore oder Trafigura.
Mit der Räumung von zwei Zeltlagern im Geschäftsviertel Berge du Lac haben Sicherheitskräfte am vergangenen Freitag mit der Deportation von Migranten und Flüchtlingen aus Tunis begonnen. In von der Nationalgarde begleiteten Stadtbussen wurden auch aus der Hafenstadt Sfax mehrere tausend Menschen aus Subsahara-Afrika an die libysche und algerische Grenze gebracht.
Von der Initiative Refugees in Libya verbreitete Aufnahmen zeigen in der Sahara die Übergabe von Verhafteten an libysche Grenzwächter. Die Libyer treten zwar in offiziellen Uniformen auf. Aber oft handelt es sich um Milizen, die mit der Migration Geld verdienen. “Mein Cousin wurde aus Sfax in das Niemandsland nördlich des Grenzübergangs Ras Jadir gebracht und sitzt nun in einem libyschen Gefängnis”, berichtet Abubakr Bangura aus der Elfenbeinküste.
Der 30-Jährige lebt seit sechs Monaten mit seiner Frau, seiner sechs Monate alten Tochter und einem Dutzend Mitreisenden auf einem Olivenhain bei Sfax. Zehntausende warten dort in informellen Flüchtlingslagern auf die Überfahrt nach Lampedusa. Doch seit der Unterzeichnung des Migrationsabkommens mit der EU fangen Patrouillen der tunesischen Küstenwache fast alle Boote der Migranten ab.
Rund 21.000 Passagiere wurden seit Januar aus den Metallbooten gerettet. Sie legen vom 50 Kilometer langen Küstenstreifen zwischen Sfax und dem Touristenort Mahdia ab. In wenigen Stunden schweißen Menschenhändler in der Stadt Jebiana die acht Meter langen Boote zusammen. Bis zu 44 Passagiere finden in ihnen Platz. 1000 Euro kostet derzeit die Überfahrt, während ein um den Hals getragene aufgeblasener Gummischlauch Schutz vor dem Ertrinken bieten soll. Schon kleine Wellen oder Panik an Bord bringt viele der kiellosen Boote zum Kentern. Niemand weiß, wie viele Menschenleben die Migrationswelle nach Europa kostet.
Dennoch wollen Migranten wie Abubakr Bangura so schnell wie möglich über das Mittelmeer raus aus Tunesien. “Wir sind hier unerwünscht und dürfen weder arbeiten noch eine Wohnung mieten”, sagt er. Viele der seit Oktober in den Olivenhainen lebenden Menschen haben eine Überfahrt gewagt. Meist wurden sie von der Küstenwache zurück nach Sfax gebracht. Nun fehlt ihnen das Geld für einen weiteren Versuch.
Sie leben in aus Holz und Plastikfolie notdürftig gebauten Zelten. Die Frauen betteln in den umliegenden Dörfern um Lebensmittel. Die Polizei verhaftet Männer außerhalb der Lager und setzt sie an der Grenze zu Libyen aus. “Wenn die Regierung uns gehen lässt, ist sie doch auch die Wut der Bevölkerung los”, wundert sich Bangura über die neue strikte Strategie der Sicherheitskräfte.
Denn in Fischerdörfern wie Al Amra bei Sfax oder im westtunesischen Jendouba unweit der algerischen Grenze kommt es seit Tagen immer wieder zu wütenden Protesten gegen die “Afrikaner”. Am Mittwoch jagten Anwohner Al Amras Migranten mit Knüppeln aus der Stadt.
Bürgerinitiativen im Grenzgebiet zu Algerien fordern Ladenbesitzer auf, weder Wasser noch Lebensmittel an die Migranten zu verkaufen oder zu spenden. “Wir waren von der Ankunft der 500 aus Tunis deportierten Migranten völlig überrascht”, sagt der Ingenieur Mohamed Kadri in Jendouba zu Table.Briefings. “Warum lassen sie die Migranten nicht in Sfax? Von dort kommen sie doch schnell nach Europa. Unsere eigene Jugend will doch der Armut hier entfliehen. Wir können hier nicht auch noch Europas Probleme lösen.”
In Sfax war es bereits im Sommer 2023 zu pogromartigen Übergriffen an dunkelhäutigen Menschen gekommen. Die zunehmende Zahl von Flüchtlingen aus dem Sudan nutzte die Splitterbewegung Nationale Partei Tunesien für eine Medienkampagne gegen einen angeblich geplanten Bevölkerungsaustausch.
Fremde Mächte wollten die arabische Identität Tunesiens eliminieren, sagte Staatspräsident Kais Saied während eines Treffens des Nationalen Sicherheitsrates im Februar vergangenen Jahres. Stunden nach seiner Rede verhafteten Polizeieinheiten in den Straßen von Tunis alle, die sie für einen Migranten aus Subsahara-Afrika hielten. Darunter waren auch afrikanische Studenten der vielen privaten Universitäten in der Hauptstadt. Auch die Kinder westafrikanischer Eliten wurden in den ersten Tagen der Kampagne ohne Wasser und Nahrung im Niemandsland an der libysch-tunesischen Grenze ausgesetzt.
Im vergangenen Jahr handelte die EU mit Tunesien ein Migrationsabkommen aus. Tunesien soll demnach die Migranten noch vor der Überfahrt abfangen. In Brüssel scheint man sich einig zu sein, dass nur die Aufrechterhaltung von unhaltbaren Lebensbedingungen weitere Menschen aus Subsahara-Afrika von einer Flucht nach Tunesien abhalten werden.
“Diese Strategie ist ein Irrtum. Ich habe zu Hause nichts und niemanden, der auf mich wartet”, sagt Abubakr Bangui. “Für uns alle hier ist Europa das gelobte Land. Ich würde aber hier in Tunesien bleiben, wenn ich Arbeit und eine Wohnung fände.”
Bisher hat Brüssel 160 Millionen Euro in verstärkten Grenzschutz, aber keine Hilfe für die betroffenen Regionen in Tunesien gezahlt. So hat das Migrationsabkommen in wenigen Monaten zu Konflikten zwischen den Regionen, einer Welle der Gewalt gegen Migranten und Gerichtsverfahren gegen die Zivilgesellschaft geführt. “Damit steht alles auf dem Spiel, was wir in den vergangenen zehn Jahren erreicht haben”, sagt die Aktivistin Chaima Buhlel. “Das ist der wohl der wahre Preis dafür, Europas Grenzpolizist zu sein.”
Vor und nach dem Krieg, der im April 2023 begann, hat der Sudan im Zentrum der wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen großer, mittlerer und kleiner Mächte gestanden. Zu den wichtigsten Akteuren zählen unzählige Länder:
Der Sudan, reich an Öl und Gold, verbindet über das Rote Meer den Nahen Osten mit Afrika. Foreign Policy berichtete, dass die Saudis und die VAE “den Krieg als Chance sehen, ihren hegemonialen Status im Nahen Osten zu festigen. Während Saudi-Arabien al-Burhan unterstützt, haben sich die VAE hinter Hemedti gestellt”.
“Das Rote Meer im weiteren Sinne ist eine Arena des geostrategischen Wettstreits, in der bereits die Glut für einen umfassenderen Krieg schwelt, der alle Hauptmächte der Welt einbezieht”, schrieb Alex de Waal, Exekutivdirektor der World Peace Foundation, für Chatham House.
Laut Foreign Policy haben sich Saudi-Arabien und die VAE von ihrer vom Öl abhängigen Wirtschaft auf “Luftfahrt, Sport und Infrastruktur” verlagert. Im Bericht heißt es, dass Saudi-Arabien im Jahr 2022 “angekündigt hat, dass es bis zu 24 Milliarden Dollar in Sektoren der sudanesischen Wirtschaft, einschließlich Infrastruktur, Bergbau und Landwirtschaft, investieren wird.”
Im selben Jahr unterzeichneten die VAE und die damalige Putschregierung (al-Burhan und Hemedti) ein Investitionsabkommen über sechs Milliarden Dollar für den Bau des Hafens Abu Amama und einer Wirtschaftszone am Roten Meer. Dies war eine Ergänzung zu den “7,6 Milliarden Dollar” schweren Investitionen, die bereits seit 2018 bestehen. Berichten zufolge erhalten die VAE auch sudanesisches Gold von der RSF, das auf dem internationalen Markt verkauft wird. Im Gegenzug finanziert die RSF darüber ihren Krieg gegen die SAF.
DP World, der riesige Hafenbetreiber aus Dubai, ist in Dschibuti und Somaliland tätig. Die VAE kontrollieren auch “viele der jemenitischen Häfen und Inseln – und damit den Zugang zur Straße von Bab el-Mandeb und zum Horn von Afrika.” Äthiopien seinerseits beansprucht den Zugang zum Roten Meer über Eritrea und Somaliland, da es sich für das Binnenland um eine “Existenzfrage” handelt.
Der Iran hat ähnliche Ambitionen wie die VAE. Um dem Vorgehen der VAE entgegenzuwirken, unterstützt der Iran al-Burhan mit Waffen, beispielsweise angeblich auch mit der Mohajer-6-Drohne, um Hemedtis Kräfte zu unterdrücken und die Interessen der VAE zu schwächen.
Die wirtschaftlichen Interessen kleiner Staaten wie Südsudan sind durch den Krieg beeinträchtigt worden. Der Südsudan beispielsweise importiert sein Öl über die nach Bur Sudan verlängerte Pipeline. Ein Bruch dieser Pipeline Anfang dieses Jahres aufgrund der Kämpfe hat das Land, das 90 Prozent seiner Einnahmen aus dem Ölverkauf bezieht, in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht. Es wird angenommen, dass der Südsudan zu einem militärischen Eingreifen gezwungen sein könnte, wenn der Bruch weiter andauert.
Um Iran daran zu hindern, einen Marinestützpunkt am Roten Meer zu bauen, unterstützen die Vereinigten Arabischen Emirate laut UN-Bericht Hemedti über den Tschad mit Waffen. Libyen wird beschuldigt, über Feldmarschall Khalifa Haftar, der von den VAE und von Russland (früher über die Wagner-Gruppe) unterstützt wird, Treibstoff für die RSF zu schmuggeln, um deren Fahrzeuge zu betreiben.
Experten sind der Meinung, dass die Schließung der Grenze zwischen Libyen und dem Sudan das Nadelöhr für die RSF werden und den Krieg beenden könnte. “Wenn die VAE heute ihre Unterstützung zurückziehen und die Beziehungen zur RSF abbrechen, besteht eine Chance von 80 Prozent, dass der Krieg morgen zu Ende ist“, sagte der sudanesische Politikanalyst Hamid Khalafallah der Financial Times.
Die USA, die in diesem Stellvertreterspiel eine neutrale Position einzunehmen scheinen, haben sich offenbar mit den VAE verbündet, obwohl sie den Sieg der RSF nicht befürworten. Sie unterstützen al-Burhan auch nicht ausdrücklich, da er mit dem Iran zusammenarbeitet.
Saudi-Arabien vertritt eine ähnliche Position wie die USA. Das Land ist Berichten zufolge nicht glücklich über die Allianz zwischen den VAE, Äthiopien und der RSF. Im Gegensatz zu Äthiopien unterhält es enge Beziehungen zu Eritrea, einem Land, das Grenzspannungen mit Äthiopien und möglicherweise mit der RSF hat.
Auch Russland hat seine Finger im Spiel. Moskau wird vorgeworfen, seinen Krieg in der Ukraine mit dem sudanesischen Gold zu finanzieren und so die westlichen Sanktionen abzufedern. Das Gold wird über die VAE nach Russland geschafft. Im Gegenzug liefert Russland Boden-Luft-Raketen, die SAF-Kampfjets abgeschossen haben.
Das Vorgehen von al-Burhan und Hemedti entscheidet nicht nur über die Zukunft des Sudan, sondern die Interessen dieser Stellvertreter verschärfen den Krieg weiter.
Der Karrierediplomat Dietrich Becker wird nach Informationen von Table.Briefings neuer deutscher Botschafter in Burkina Faso. Zuletzt war er Botschafter in Island. Die Region kennt Becker bereits gut. Bis 2019 war Becker Botschafter in Mali. Im Auswärtigen Amt war zwischenzeitlich außerdem Referent für Zentral- und Westafrika. Und auch mit instabilen Krisenstaaten kennt sich Becker aus: 2011 war der 62-Jährige als Leiter des deutschen Verbindungsbüros im libyschen Bengasi im Einsatz. Dafür verlieh im Bundespräsident Joachim Gauck das Verdienstkreuz am Bande.
Becker soll in den kommenden Tagen ausreisen und in Ouagadougou seinen Dienst antreten. Das Agrément der burkinischen Regierung liegt bereits vor. Bisher führt Herman Nikolai interimsweise die deutsche Botschaft in Ouagadougou. Nikolai ist unter anderem ehemaliger Botschafter in Niger. Mit Becker in Burkina Faso besetzt Deutschland einen Botschafterposten in einem Putschland im Sahel neu. lcw/dre
Seit dieser Woche ist Amazon in Südafrika online. In der Nacht zum Dienstag wurde www.amazon.co.za freigeschaltet. Es ist die erste Präsenz des amerikanischen Onlineversandhändlers auf dem afrikanischen Kontinent, nachdem der Konzern ähnliche Ideen in Nigeria auf Eis gelegt hatte. “Wir freuen uns, gemeinsam mit Tausenden unabhängigen Verkäufern in Südafrika amazon.co.za zu starten”, sagte Robert Koen, Managing Director of Amazon in Subsahara-Afrika. “Wir bieten unseren Kunden ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis, eine große Auswahl – einschließlich internationaler und lokaler Produkte – und ein bequemes Liefererlebnis.”
Amazon hatte sich monatelang bedeckt über das Datum des offiziellen Markteintritts gehalten. Er wurde schon im vergangenen Oktober angekündigt, wurde aber erst später in diesem Jahr erwartet. Amazon tritt somit in direkte Konkurrenz zu Takealot.com, bisher Südafrikas größter Onlinehändler, der dem südafrikanischen Medienkonzern Naspers gehört, und dem chinesischen Unternehmen Temu, das seit Beginn des Jahres am Kap aktiv ist.
Kern des Amazon-Geschäftes in Südafrika wird der Amazon-Marketplace sein, eine Online-Plattform, die es Drittanbietern erlaubt, neben den regulären Angeboten von Amazon neue oder gebrauchte Produkte direkt an den Verbraucher zu verkaufen. “Wir begrüßen Unternehmen, die lokalen Verkäufern und Unternehmern die Möglichkeit bieten, ihr Geschäft auszubauen”, sagte Stella Ndabeni-Abrahams, südafrikanische Ministerin für die Entwicklung kleinerer Unternehmen. “Der Herzschlag unserer Kleinunternehmen misst die Gesundheit der Wirtschaft unseres Landes. Wenn sie pumpen, wächst die Nation.”
Wie in anderen Ländern auch verspricht Amazon in Südafrika Lieferung am selben Tag. Dazu werden externe Logistikunternehmen mehr als 3.000 Abholstationen betreiben. Zum Angebot zählt ebenso eine einfache Rückgabe und ein umfangreicher Kundendienst rund um die Uhr. Amazon Prime, das kostenpflichtige Abonnement, mit dem Amazon-Kunden auf zusätzliche Dienste zurückgreifen können, wird es in Südafrika vorerst nicht geben. Zu Prime gehören normalerweise Dienste wie priorisierte Lieferung, aber auch Zugang zu Musik- und Videostreams im Rahmen von Prime Music und Prime Video. Auch ist der erfolgreiche E-Book-Reader Kindle bei Amazon Südafrika nicht erhältlich. as
Am Dienstag ist in Berlin der zweitägige Global Solutions Summit zu Ende gegangen. Der Gipfel bietet ein Forum für die führenden Köpfe der Welt, um politische Empfehlungen für die G20, die G7 und darüber hinaus zu diskutieren. Renommierte Experten aus Thinktanks, Forschung, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft kommen seit 2017 jedes Jahr in Berlin zusammen, um konkrete politische Lösungen für globale Probleme zu erarbeiten.
Auch in diesem Jahr war die Gästeliste wieder prominent besetzt. Gleich zwei Kommissare der Afrikanischen Union zählten zu den Rednern: die Ägypterin Amani Abou-Zeid, Kommissarin für Infrastruktur und Energie, sowie Albert Muchanga aus Sambia, Kommissar für Handel und Industrie. Auch die EU-Kommissarin für Wettbewerb Margrethe Vestager nahm am Gipfel teil und hielt eine Keynote-Rede, ebenso wie Microsoft-Gründer Bill Gates und eine Vielzahl weiterer renommierter Experten von verschiedenen Institutionen.
Die deutsche Bundesregierung war neben Kanzler Olaf Scholz mit gleich drei Ministern vertreten: Wirtschaftsminister Robert Habeck, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Finanzminister Christian Lindner. In seiner Rede betonte Scholz, wie wichtig die Zusammenarbeit auf globaler Ebene angesichts multipler Krisen ist: “Es reicht nicht, wenn einzelne Länder oder Weltregionen sich allein um das ihnen geografisch oder politisch naheliegendste Problem kümmern.” Der Kanzler erklärte außerdem drei Bereiche der Kooperation zur Priorität:
Gerade mit den ersten beiden Punkten stellt sich Scholz demonstrativ an die Seite der Länder des globalen Südens, die diese Forderungen immer wieder auf internationalen Gipfeltreffen geltend machen, etwa zuletzt wieder beim Frühjahrstreffen von IWF und Weltbank.
Die vollständige Keynote-Rede des Kanzlers sowie die Beiträge der anderen Gäste lassen sich auf YouTube nachvollziehen. Der nächste Global Solutions Summit findet vom 5. bis 6. Mai 2025 in Berlin statt. ajs
Der ehemalige Eon-Manager Frank Paul Possmeier wird stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der marokkanischen Tochtergesellschaft des Energieerzeugers Abu Dhabi National Energy Company (Taqa) aus Abu Dhabi. Damit bekommt der größte private Stromproduzent in Marokko einen deutschen Manager im Aufsichtsrat. Vorsitzender des Kontrollgremiums ist seit Juli 2020 Farid Al Awlaqi, CEO von Taqa.
Possmeier wurde an der Universität Münster promoviert und hat anschließend viele Jahre für Eon gearbeitet, zuletzt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand der Eon International Energy. Danach arbeitete er für das private Energieunternehmen Eneva in Brasilien und als Managing Director von Eon Brasilien. Dann zog es ihn zu Uniper, wo er bis August 2023 das Geschäftsfeld mit erneuerbarer Energie leitete. Seit September ist er Chief Business Development Manager bei Taqa und Mitglied des Board of Directors des Energieunternehmens Masdar in Abu Dhabi.
Taqa Morocco ist an der Börse Casablanca notiert und hat im laufenden Jahr 27,4 Prozent an Wert gewonnen. Taqa hält 85,8 Prozent der Anteile. Der Umsatz belief sich Ende 2023 auf umgerechnet 1,2 Milliarden Euro. Der Gewinn ging um 20,4 Prozent auf 96 Millionen Euro zurück.
Taqa Morocco besitzt südlich von Casablanca in Jorf Lasfar ein Kohlekraftwerk mit einer Kapazität von 2.056 Megawatt (MW). Unter der Führung von Taqa will Taqa Morocco neue Vorhaben im Bereich erneuerbare Energie sowie kohlenstoffarme Projekte und Wasserentsalzung entwickeln.
So hat Taqa Morocco im April 2022 im Rahmen des Solarprogramms Masen Noor PV II fünf Lose für die Entwicklung von 96 MW Solarstrom an den Standorten Sidi Bennour und Kelaat des Sghrana erhalten. Zudem plant das Unternehmen die Entwicklung eines Windparks im Süden des Landes zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Ein weiterer Windpark mit einer Kapazität von 85 MW, ausbaubar auf 200 MW, ist im Norden geplant.
Die Muttergesellschaft Taqa wurde im Jahr 2005 im Zuge der Privatisierung des Strom- und Wassersektors in Abu Dhabi gegründet. Die Taqa-Aktien sind seit 2005 an der Börse Abu Dhabi notiert. Taqa ist in Afrika auch in Ghana aktiv und betreibt in Takoradi ein 330-MW-Kombikraftwerk, das rund 15 Prozent der gesamten Produktionskapazität des Landes darstellt.
Seine Stärken beschreibt Possmeier auf LinkedIn so: “Führungskraft auf C-Level mit breitem Hintergrund in Strategie- und Unternehmensentwicklung, im Aufbau und der Steuerung internationaler Geschäfte, der Umstrukturierung von Unternehmen sowie in allen Aspekten von Fusionen und Übernahmen.” Diese Fähigkeiten dürften weiter gefragt sein. Aktuell verhandelt die Taqa-Führung die Übernahme des Energieunternehmens Naturgy in Spanien. hlr
Mobiles Internet und Wlan-Verbindungen sind in vielen Ländern Westafrikas seit Donnerstag gestört. Kunden des Telefonanbieters Orange – in vielen Ländern der Region Marktführer – berichteten von Einschränkungen unter anderem im Senegal und der Elfenbeinküste. Wie Orange mitteilte, werden derzeit Arbeiten am Unterseekabel Main One vor der Elfenbeinküste ausgeführt. Weitere Informationen lagen zunächst nicht vor.
Einschränkungen vor allem des mobilen Internets treffen viele Volkswirtschaften in Westafrika empfindlich: Dienste wie WhatsApp werden häufig für Verkäufe und Lieferungen genutzt sowie Überweisungen über Handy-Geldbörsen (Mobile Money) abgewickelt. Bereits im März dieses Jahres kam es nach Schäden an Unterseekabeln zu schweren Internetstörungen in Westafrika. lcw
Nigers ehemaliger Präsident Mohamed Bazoum droht, am Freitag seine politische Immunität zu verlieren. Nach Informationen von Table.Briefings, die mit Berichten von des französischen Radiosenders RFI übereinstimmen, soll sich ein Gericht in Niamey (Cour d’État) damit befassen. Bazoum wird Hochverrat vorgeworfen.
Bazoum befindet sich nach dem Militärputsch im Juli 2023 noch immer in Gefangenschaft in seinem Haus in Niamey. Bazoums Tochter Hinda macht seinen Vorgänger Mahamadou Issoufou für den Umsturz verantwortlich. Wie sie in einem Interview mit RFI sagte, sei Issoufou der einzige Drahtzieher hinter dem Putsch. Er habe Bazoum und viele andere Mitstreiter verraten. Zuvor publizierte Hinda Bazoum bereits einen Meinungsbeitrag in Le Monde. Westliche Kräfte wie die EU und Deutschland hatten lange Zeit lautstark die Freilassung von Bazoum gefordert als Bedingung für etwaige Zusammenarbeit mit dem Militärregime von General Tiani. lcw
Bloomberg: Ghanas Anti-LGBTQ-Gesetz gefährdet Schuldenschnitt. Der Oberste Gerichtshof Ghanas begann am Mittwoch mit der Anhörung eines Falles, der sowohl die Umschuldung des westafrikanischen Landes in Höhe von 20 Milliarden Dollar gefährden als auch die Verpflichtung der Weltbank zur Unterstützung von LGBTQ-Rechten auf die Probe stellen könnte. Das Gericht wird ersucht, ein Gesetz aufzuheben, das LGBTQ-Personen ins Gefängnis bringt und andere – Familienmitglieder, Kollegen, Lehrer – bestraft, wenn sie die Behörden nicht informieren. Lehnt das Gericht die Berufung ab, steht die Weltbank vor einem Dilemma: Soll sie weiter die Armutsbekämpfung in Ghana unterstützen oder liberale Werte verteidigen?
Financial Times: Angola einigt sich mit chinesischer Staatsbank über Schulden. Angola schuldet China etwa 17 Milliarden Dollar – etwas mehr als ein Drittel seiner Gesamtverschuldung – hauptsächlich in Form von Darlehen, die durch Öl gedeckt sind. Das Land ist der größte Kreditnehmer Pekings auf dem Kontinent. Die neue Vereinbarung mit der China Development Bank ermöglicht die Freigabe von Geldern, die zuvor auf einem Treuhandkonto lagen.
Semafor: Kenias Maasai bekämpfen Kohlenstoffprojekt. Mitglieder der kenianischen Maasai-Gemeinschaft geraten mit den Managern eines großen Kohlenstoffprojekts aneinander. Der Vorgang verschärft die Bedenken, dass die internationale Nachfrage nach in Afrika erzeugten Kohlenstoffgutschriften schädliche Folgen für lokale Gemeinschaften haben könnte. Das Northern Kenya Rangelands Carbon Project (NKRCP) hat Kohlenstoffgutschriften an Unternehmen wie Meta, Netflix und die britische Bank NatWest verkauft. Die Maasai beklagen, dass sie durch das Projekt in ihrer Lebensweise gestört werden und ihnen der Zugang zu ihrem angestammten Land verwehrt wird.
African Business: Westafrikas Top-Konzerne 2024. Nigeria, Elfenbeinküste und Ghana sind die einzigen westafrikanischen Länder, deren Unternehmen auch in der Liste der Top 250 des Kontinents auftauchen. Auf Platz Eins des westafrikanischen Ranking steht der Konzern des reichsten Manns Afrikas Aliko Dangote, Dangote Cement. Telekommunikationsunternehmen sind besonders stark vertreten und stellen fünf der zehn größten Unternehmen der Region: Airtel Africa, MTN Nigeria, Sonatel, Orange Côte d’Ivoire und Scancom.
Bloomberg: Kriminalität bestimmt Wahlkampf in Südafrika. In einem Land, in dem ein Drittel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter arbeitslos ist, sind Kriminalität und Korruption noch vor der Arbeitslosigkeit die Hauptsorgen der Wähler bei der Wahl am 29. Mai. Südafrika leidet seit langem unter einer der höchsten Kriminalitätsraten der Welt. Die Zahl der Morde lag im vergangenen Jahr bei knapp 27.500, ein Anstieg um etwa ein Drittel gegenüber 2019.
Al Jazeera: Illegale Devisenhändler in Simbabwe nutzen Whatsapp. Kurz nach der Einführung der neuen Währung ZiG hat die simbabwische Polizei begonnen, gegen informelle Devisenhändler vorzugehen und sie in großer Zahl zu verhaften. Die Behörden machen den illegalen Devisenhandel für die Verzerrung des Wechselkurses verantwortlich. Die Dealer nutzen den Messengerdienst Whatsapp um sich mit Kunden zu vernetzen und der Polizei zu entgehen.
Es gibt wahrscheinlich wenige, die das BMZ und seine Arbeitsweise so gut kennen wie Birgit Pickel. Seit rund 25 Jahren arbeitet sie im Ministerium, seit 2022 als Leiterin der Abteilung Afrika und damit als Nachfolgerin von Stefan Oswald. Für die Politikwissenschaftlerin schließt sich damit gewissermaßen ein Kreis, denn das Thema begleitet Pickel seit ihrer Hochschulzeit in den 1990er-Jahren. Denn kurz nach ihrem Studium in Bonn, Washington und Berlin erlebt Pickel den Aufbruch in Südafrika kurz nach dem Ende des Apartheidregimes.
Allein in diesen drei Jahrzehnten habe sich die Rolle Afrikas in der Welt fundamental geändert – und damit auch die Art und Weise, wie Deutschland und die Welt mit Afrika zusammenarbeiten, meint Pickel. Längst steht Afrika eine lange Reihe an potenziellen Partnern zur Verfügung. Deutschland müsse daher gute Angebote unterbreiten, um auch weiterhin als enger Partner für die afrikanischen Länder wahrgenommen zu werden.
“Die Zeiten, in denen man mit ein bisschen Entwicklungshilfe etwas erreichen kann, sind vorbei. Heute sprechen wir darum bewusst von Entwicklungszusammenarbeit”, sagt Pickel. Im gesamten UN-System oder bei den Diskussionen um eine neue internationale Finanzarchitektur komme den 54 afrikanischen Staaten eine neue Rolle und geopolitisches Gewicht zu – vor allem, seit sich die afrikanischen Länder zunehmend zusammenschlössen und eine gemeinsame Stimme für ihre Interessen fänden.
Damit Deutschland diese Angebote leisten kann, brauche es eine noch stärke europäische Zusammenarbeit insbesondere bei der Energiewende auf dem Kontinent durch Just Energy Transition Partnerships und die Global-Gateway-Initiative, ist Pickel überzeugt.
Doch nicht nur geopolitisch sei die Zusammenarbeit entscheidend. “Die Entwicklungsministerin sagt: Als Exportnation sind wir auf die internationale Zusammenarbeit angewiesen. Das kann ich nur unterstreichen”, so Pickel. Entsprechend ärgere sie die anhaltende Debatte über den Kosten und Nutzen der Entwicklungszusammenarbeit. Oftmals würde der strategische Nutzen der EZ übersehen: “Von den langfristigen Beziehungen, die das BMZ aufbaut, profitieren auch die anderen Ressorts.”
Auch einen weiteren Kritikpunkt am BMZ kann Pickel nicht nachvollziehen: die Kritik der Wirtschaft, das BMZ beziehe diese in seiner Afrika-Strategie zu wenig ein. “Die erste Säule unserer Afrika-Strategie ist die Wirtschaft, denn den afrikanischen Ländern geht es um gute Jobs, Beschäftigung und Wachstum. Dabei ist ein nachhaltiges und transformatives Wachstum wichtiges Ziel unserer Afrika-Strategie”, sagt Pickel. “Wir nehmen hier auch besonders Frauen in den Blick.”
Bevor Pickel an die Spitze der Afrika-Abteilung gewechselt ist, leitete sie die Unterabteilung globale Gesundheit und Pandemieprävention während der Hochzeit der Pandemie. Dass Biontech in Ruanda nun nach der Corona-Pandemie eine eigene Impfstoffproduktion aufbaut, sieht sie als großen Erfolg – gewissermaßen als ein Best-Practice-Beispiel – wie Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit Hand in Hand gehen können. Das BMZ fördert in Ruanda die Ausbildung von Fachkräften für die Pharmabranche sowie die Stärkung des Standorts, damit sich weitere Pharmaunternehmen in Ruanda ansiedeln.
Bereits im Juni könnte sich dafür eine nächste Gelegenheit bieten. Dann finden die Regierungsverhandlungen zwischen Deutschland und Ruanda in Berlin statt. In diesem Rahmen soll es auch einen Wirtschaftstag geben, der deutsche und ruandische Unternehmer zusammenbringt. “Vielleicht müssen diese Angebote an die Wirtschaft etwas besser kommuniziert werden”, gibt Pickel zu.
“Wir sind offen, mit Unternehmen zu kooperieren, wenn es eine Initiative gibt. Wir haben viele Instrumente zur Kooperation mit Unternehmen. Diese entwickeln wir für mehr Beschäftigung und die Unterstützung einer sozial-ökologischen Transformation in unseren Partnerländern kontinuierlich weiter”, sagt Pickel. Gleichzeitig sieht es Pickel positiv, dass sich Wirtschaftsverbände wie der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft immer breiter aufstellen und mit eigenen Delegationsreisen die Möglichkeiten auf dem afrikanischen Kontinent erschließen. David Renke
Wer sich auf die Suche des Heinrich-Barth-Hauses in Agadez begibt, kommt schnell ins Gespräch mit den Einwohnern der Stadt. Der Name Barth sagt offenbar jedem etwas. Das Haus, in dem der deutsche Afrika-Forscher 1850 für rund drei Wochen bei Einheimischen wohnte, liegt versteckt in der Altstadt. Eine Plakette an der Eingangstür weist auf den Forschungsreisenden hin. “Hier wohnte vom 9. bis 30. Oktober 1850 der deutsche Forscher Heinrich Barth, auf seinem Weg von Tripolis nach Kano. Er war der erste Europäer, der in Agadès eintrat.”
Bewohnt wird das Haus noch immer von den Nachfahren jener Nigrer, die Barth freundlich bei sich aufnahmen und vor eventuellen Konflikten mit Einheimischen schützten. Barths Raum hält die Familie in Ehren: Das Bett sei original, sagt Yussuf, der die Besucher begleitet. Auch andere Gegenstände, Kalebassen beispielsweise, stammen angeblich noch von Barth. Mit Stolz zeigt Yussuf auf dem Handy Fotos von einem Besuch des damaligen Deutschen Botschafters Herman Nikolai. Die Informationshefte liegen in drei Sprachen aus: Französisch, Haussa und Tamaschek.
Barth war Mitglied einer Expedition der britischen Regierung. Sie wollte mehr über den Handel in der Sahara und im Sudan erfahren, genauso wie über die dortigen Anwohner, und außerdem den Handel mit Sklaven unterbinden. Die Karawane startete im Jahr 1850 in Tripolis.
Barth, der als Sprachgenie galt, reiste fünf Jahre lang mehr als 18.000 Kilometer quer durch die Sahara und den Sahel – auch ins heutige Mali und an den Tschadsee. Der vielseitig interessierte Barth, der umfangreiche Aufzeichnungen über Archäologie, Geschichte, Sprache, Geografie und Kultur machte, konzentrierte sich stärker auf die wissenschaftlichen Details als auf die Erzählung seiner durchstandenen Abenteuer.
Seine Berichte veröffentlichte Barth nach seiner Rückkehr in fünf Bänden unter dem Titel “Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika”. Später war Barth für zwei Jahre Professor für Geografie in Berlin, wo er 1865 starb. Lucia Weiß