Table.Briefing: Africa

Ostkongo: Lage in Goma + Was der World Economic Outlook zu Afrika sagt + Malis Landwirtschaftminister: Deutschland ist Partner

Liebe Leserin, lieber Leser,

in der Demokratischen Republik Kongo gehen die Gefechte zwischen der kongolesischen Armee, den M23-Rebellen und Ruanda weiter. Völlig unklar ist zunächst, welche politischen Folgen der Fall von Goma haben wird. Mein Kollege Arne Schütte hat ihnen die wichtigsten Entwicklungen zusammengetragen.

In dieser Ausgabe schauen wir zudem auf den World Economic Outlook der Weltbank und welche Prognosen dieser für Afrika aufstellt. Außerdem erklärt Malis Landwirtschaftsminister im Interview, warum er Deutschland trotz der politischen Spannungen zwischen Bamako und Berlin als wichtigsten Partner sieht. Meine Kollegin Lucia Weiß hat mit ihm gesprochen.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

Ihr
David Renke
Bild von David  Renke

Analyse

World Economic Outlook: Integration als Chance für afrikanische Staaten

Auf den ersten Blick stimmt der World Economic Outlook der Weltbank für Afrika optimistisch. In Subsahara-Afrika rechnen die Autoren für die kommenden zwei Jahre mit einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 4,2 Prozent. Die Inflationsraten sollen zurückgehen, das Finanzierungsumfeld attraktiver werden und die Binnennachfrage weiter steigen. Auch in Nordafrika sind die Vorzeichen positiv.

Zwar einen die afrikanischen Staaten auch Risikofaktoren für die Wirtschaft, allen voran der Klimawandel und regionale Konflikte, die Lieferketten stören und die Nahrungssicherheit weiter gefährden könnten. Die Weltbank sieht für den Kontinent aber auch eine große gemeinsame Chance: wirtschaftliche Integration.

Gerade in Zeiten von Protektionismus und geopolitischer Fragmentierung auf der Welt sehen die Autoren für die Schwellenländer in Afrika nun akuten Bedarf für “ein umfassendes Paket von politischen Maßnahmen, um ungenutzte Möglichkeiten für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu nutzen”.

Afrikanische Freihandelszone bietet enormes Potenzial für den Handel

Ein riesiges Potenzial sieht die Weltbank hier in einer vollständigen und wirksamen Implementierung der 2021 gestarteten Afrikanischen Freihandelszone (AfCFTA). Bis 2035 könnten die Exporte aus Afrika so um 30 Prozent zunehmen, die innerafrikanischen Exporte sich sogar verdoppeln. Das scheint auch nötig, denn im Vergleich zu Nordamerika, Asien oder vor allem Europa spielt der interkontinentale Handel in Afrika bisher nur eine geringe Rolle.

Doch nicht nur Handel und Wirtschaftswachstum würden von dieser regionalen Integration in Afrika profitieren. “Tiefgreifende Handelsabkommen führen tendenziell auch zu mehr Direktinvestitionen“, heißt es in dem Bericht. Zudem könnte die Wirtschaft auf dem Kontinent so diversifiziert und weniger abhängig von Rohstoffen werden.

Besonders für die Niedriglohnländer in Afrika bietet die Freihandelszone eine große Chance. Von den insgesamt 26 Staaten dieser Kategorie liegen noch immer 22 in Subsahara-Afrika. Sie verlieren, besonders durch anhaltende Konflikte und Schäden durch die Folgen des Klimawandels, wirtschaftlich in den vergangenen Jahren immer weiter den Anschluss. Handelsnetze wurden in diesen Ländern gestört, ihr Anteil am Welthandel ist rückläufig.

Niedriglohnstaaten würden von AfCFTA besonders profitieren

“Eine zunehmende Öffnung des Handels und eine stärkere Beteiligung in der Region” könnten diesen Trend laut der Weltbank allerdings umkehren und das Wirtschaftswachstum in den Niedriglohnstaaten beschleunigen. Laut den Berechnungen könnten etwa die Einkommen in Afrika durch die AfCFTA bis 2035 um sieben Prozent steigen, die Zahl der Menschen in extremer Armut um 40 Millionen reduziert werden.

Das Problem: Zwar haben seit der Verabschiedung 54 afrikanische Staaten die AfCFTA ratifiziert, die konkrete Umsetzung der afrikanischen Freihandelszone schreitet bisher aber nur schleppend voran. Um das Potenzial voll auszuschöpfen, bräuchte es deutlich weitreichendere politische Reformen und Investitionen in die Infrastruktur. Dazu behindern politische Instabilität und auch Korruption immer wieder entscheidende Fortschritte.

Und überhaupt beobachtet die Weltbank angesichts von Handelsbeschränkungen und geopolitischer Fragmentierung weltweit eher eine deutliche Verlangsamung der wirtschaftlichen Integration. Bei den regionalen Verbänden in Afrika zeigen sich sogar vereinzelt gegenläufige Bewegungen. Die westafrikanische Ecowas ist geschwächt, Niger, Mali und Burkina Faso verlassen das Bündnis am 29. Januar.

Ruanda als positives Beispiel

Dass Erfolge durch wirtschaftliche Integration möglich sind, zeigen die Entwicklungen anderer Schwellenländer der letzten Jahrzehnte. Weltweit trugen diese Staaten zu rund 60 Prozent des globalen Wirtschaftswachstums bei. “Ihr Aufstieg wurde durch die schnelle globale Handels- und Finanzintegration vorangetrieben, insbesondere im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts”, so die Autoren der Analyse.

In Bezug auf Afrika führt die Weltbank im World Economic Outlook unter anderem Ruanda als Positivbeispiel an. Bewusste Reformen in der Wirtschaftspolitik und Anreize für Investoren haben zu einer deutlich verbesserten regionalen Integration und steigenden Direktinvestitionen im Land geführt. Tourismus, Dienstleistungen und Technologie spielen eine immer größere Rolle. Auch die globale Integration treibt Ruanda voran und könnte so in naher Zukunft den Aufstieg zum Schwellenland schaffen.

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Human Remains: Irritationen nach Übergabezeremonie der Charité

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Mitte Januar wollte die Charité zwölf Schädel aus kolonialen Kontexten an die Gemeinschaft der Hehe aus Tansania repatriieren, darunter auch Human Remains der Ahnen der historisch bedeutenden Familie Mkwawa. Auf einer Charité-Website, über welche die Veranstaltung auch im Livestream verfolgt werden konnte, hieß es dazu: “Chief Adam Abdul Mkwawa II. und seine Delegation nehmen die Ahnen seiner Familie und der Gemeinschaft der Hehe entgegen und bringen sie in ihre Heimat zurück“. Tatsächlich liegen die Human Remains allerdings weiterhin in Deutschland. Die Website mit der Ankündigung zur Übergabe sowie des Livestreams ist mittlerweile nicht mehr erreichbar. Bereits wenige Minuten nach der Veranstaltung hatte es Irritationen und Fragen zur Veranstaltung gegeben.

“Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass zumindest der Zeitpunkt der Rückführung noch unklar ist. Dies wirft ein anderes Bild auf die Zeremonie“, berichtet der Recherche-Künstler Konradin Kunze, der mit künstlerischen Performances wie “Schädel X” sowie mit seinen fortlaufenden Recherchen zu einem Experten für das Thema Ancestral Remains geworden ist. Kunze hatte an der Übergabezeremonie teilgenommen. “Ich bin hingegangen im Glauben, dass eine Repatriierung stattfindet. Ich hatte große Hoffnung, dass das ein Durchbruch sein könnte für Repatriierungen nach Tansania, im Speziellen für bereits identifizierte Ahnen.”

Charité verweist auf noch zu klärende Formalitäten

Auf eine schriftliche Presseanfrage antwortet ein Pressesprecher der Charité, es sei ein Rücktransport mit einem internationalen Logistikunternehmen geplant. Ein konkretes Datum für den Rücktransport stehe allerdings noch nicht fest, “da im Vorfeld noch nicht alle Formalitäten bezüglich des Rücktransports geklärt werden konnten.

Bereits im Vorlauf der Charité-Zeremonie hatte der Zeitpunkt unter einigen Fachleuten für Erstaunen gesorgt. Erst wenige Wochen zuvor, im Dezember bei der Eröffnung der Ausstellung “Geschichte(n) Tansanias” im Humboldt Forum, hatte Pindi Chana, Tansanias Ministerin für natürliche Ressourcen und Tourismus, in einer Videobotschaft berichtet, dass die Regierung von Tansania kurz davor sei, Verhandlungen mit Deutschland über die Aufarbeitung des kolonialen Erbes zu beginnen. Sie sagte, es seien bereits die “Mitglieder für eine Kommission ernannt” worden und deren Namen würden in Kürze über “diplomatische Kanäle” den deutschen Partnern übermittelt werden. Für tansanische Verhältnisse ist dies ein ziemlich deutlicher Hinweis, dass dieses Thema auch über genau diese diplomatischen Kanäle verhandelt werden soll.

Diplomatischer Drahtseilakt

Die Rückführung von Ancestral Remains ist also ein diplomatischer Drahtseilakt, der Verständnis für alle Seiten voraussetzt. Um diesen Prozess voranzutreiben, reiste Außenstaatsministerin Katja Keul mehrmals nach Tansania. 2024 sprach sie unter anderem mit dem damaligen tansanischen Außenminister darüber. In ihrem Reisebericht schreibt sie hierzu: “Wir haben die Frage, wie wir die identifizierten Gebeine aus Tansania zurück nach Hause bringen, intensiv besprochen und werden nun gemeinsam mit der tansanischen Regierung als zentralem Ansprechpartner einen Prozess auf den Weg bringen“.

Bei der Zeremonie in der Charité war Katja Keul nicht anwesend. Auffallend war zudem, dass weder der tansanische Botschafter noch Vertreterinnen oder Vertreter der Bundesregierung an der Zeremonie teilnahmen. Neben einer Delegation der Hehe und Vertreterinnen und Vertretern der Charité waren bei der Zeremonie circa 70 Gäste aus Zivilgesellschaft, Forschung und Politik anwesend. Darunter Joe Chialo, Berlins Senator für Kultur, und Henry Marx, Berlins Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung.

Historisch bedeutende Schädel

Unter den von der Charité zur Rückgabe geplanten Schädeln ist auch der von Munyigumba, dem Vater des berühmten Chief Mkwawa – beide Vorfahren von Adam Abdul Mkwawa II. Die Truppen von Mkwawa hatten jahrelang Widerstand gegen die deutschen Kolonialherren geleistet. Als seine Truppen schließlich unterlegen waren, nahm Mkwawa sich am 19. Juli 1898 das Leben. Es heißt, er wollte verhindern, durch die Deutschen getötet zu werden. Noch heute ist er in Tansania ein Held.

Doch auch in Deutschland ist alles, was Mkwawa betrifft, stets hochpolitisch gewesen. Im Versailler Vertrag war festgelegt, dass “der Schädel des Sultans Makaua, der aus dem deutschen Schutzgebiet Ostafrika entfernt und nach Deutschland gebracht worden ist, von Deutschland der Regierung seiner Britischen Majestät zu übergeben” ist. Letztlich wurde in den 1950er-Jahren ein Schädel aus dem Bremer Überseemuseum von Deutschland über den britischen Gouverneur des damaligen Tanganyika zu den Hehe nach Tansania restituiert.

Tansanias Staatsfernsehen berichtete

In Tansania hatte übrigens der staatliche Sender TBC auf Instagram und X zwischenzeitlich in einem Post über die Repatriierungszeremonie der Charité berichtet, mit zwei Videos, Fotos und Text. Ein Video zeigte einen Ausschnitt aus der Rede von Joachim Spranger. Das zweite Video zeigte die Unterzeichnung des Übergabeprotokolls durch Spranger und Chief Adam Mkwawa II. – doch auch dieser Social-Media-Post ist nicht mehr auffindbar.

Konradin Kunze ist sich indes nicht mehr sicher, “ob diese Zeremonie für den gesamten Prozess – geplante Restitutionen und Repatriierungen nach Tansania – hilfreich war“. Er ergänzt: “Entweder könnte es ein Schritt nach vorne sein, auch über diese Rückführung hinaus. Im schlechten Fall könnte es nach hinten losgehen und sich negativ auf andere geplante Rückführungen auswirken.”

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Interview

Malis Agrarminister: “Deutschland ist einer der besten Partner, den wir haben”

Malis Landwirtschaftsminister Daniel Kelema mit BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth beim German-African Agribusiness Forum in Berlin.

Minister Kelema, ist der bilaterale Austausch, den Sie hier mit BMEL-Staatssekretärin Müller hatten, gut verlaufen?

Der bilaterale Austausch ist sehr gut verlaufen. Wir haben uns nochmal die aktuelle landwirtschaftliche Situation in Mali angesehen. Denn Sie wissen, dass in Mali die Landwirtschaft etwa 80 Prozent der aktiven Bevölkerung beschäftigt, und 70 bis 75 Prozent davon beziehen ihren Lebensunterhalt hauptsächlich aus der Landwirtschaft. Diese Landwirtschaft basiert vor allem auf Familienbetrieben. Wir stimmen jedenfalls der Abschlusserklärung [der Agrarministerkonferenz, Anm. d. Red.], die verabschiedet wurde, voll und ganz zu. Aber was die Umsetzung betrifft, sollte man darauf achten, dass es keine Standardmodelle gibt. Die Realität unterscheidet sich von Land zu Land, und wir haben nicht das gleiche Entwicklungsniveau.

Was wäre das Modell für Mali?

Die Hauptsorge der Regierung liegt momentan darin, eine Produktion zu erreichen, die sowohl die Ernährungssicherheit als auch die Ernährungsversorgung gewährleistet. Die familiären Landwirtschaftsbetriebe produzieren etwa 90 bis 95 Prozent der Nahrungsmittelproduktion in Mali. Wie können wir diese Betriebe in ein Bioökonomie-Modell integrieren, damit die Nachhaltigkeit gewährleistet ist?

Welches Thema wurde hier am meisten diskutiert?

Die Attraktivität des Sektors. Es wurde die Idee geäußert, dass Deutschland als großer Produzent nicht einfach die Märkte anderer Länder mit seinen Produkten überschwemmen sollte, sondern diesen Ländern vielleicht beibringen könnte, selbst zu produzieren. Eine solche Landwirtschaft kann den Sektor attraktiv machen, sodass junge Menschen sagen: “Moment mal, das ist ein Bereich, in dem ich Geld verdienen kann.” Wenn wir nicht nur Rohprodukte exportieren, sondern verarbeitete Produkte, schafft das Arbeitsplätze, erhöht den Mehrwert und erleichtert auch die Verarbeitung, in der besonders die Frauen arbeiten.

Sie sagen also, die deutsche Position war eher, nicht den Fokus auf die Verfeinerung malischer Produkte zu legen, sondern auf die Entwicklung des Sektors insgesamt?

Das betrifft eher andere Länder. Für Mali liegt der Fall tatsächlich anders, denn wir arbeiten mit Deutschland vor allem im Bereich der Bewässerung zusammen. Unsere Landwirtschaft hängt zu etwa 95 Prozent vom Regen ab. Deutschland hilft uns, das Wasser für die Landwirtschaft zu kontrollieren, um die Abhängigkeit von Klimaveränderungen zu reduzieren. Ein weiterer Aspekt ist die Erschließung von Produktionsgebieten. Wir bauen Straßen, und Deutschland unterstützt Mali dabei, auf dem Land Verbindungen zu schaffen. Ein anderer Punkt ist die landwirtschaftliche Beratung und Weiterbildung. Digitalisierung kann den Sektor auch noch attraktiver machen, insbesondere für junge Menschen.

Und in welchen Ortschaften in Mali fördert Deutschland die ländliche Erschließung?

In Mali ist das vor allem in den Regionen Bandiagara, Mopti und Sikasso. In der Region Koulikoro arbeiten wir auch, sowie in Kayes.

Aber die Sicherheitslage in diesen Gebieten ist doch kompliziert?

Deutschland ist seit den 1980er-Jahren in Mopti. Und trotz der Sicherheitsprobleme gibt es auch Möglichkeiten, aus der Entfernung Dinge zu managen.

Deutschland will sein Entwicklungszusammenarbeits-Paradigma mit Staaten, in denen die Regierung nicht durch demokratische Wahlen legitimiert ist, anders gestalten – sich vom Staat distanzieren. Haben Sie darüber auch gesprochen?

Nein, das haben wir nicht diskutiert, aber sie [das Bundeslandwirtschaftsministerium, Anm. d. Red.] haben von einem Konzeptpapier gesprochen, wie die Partnerschaften mit afrikanischen Ländern aussehen. Wir kennen das Papier noch nicht, aber sie haben versprochen, es uns in der französischen Fassung zu schicken. Wir werden es analysieren und unsere Beobachtungen schnellstmöglich übermitteln.

Was die Distanzierung vom Staat angeht: Der Staat ist nicht nur die Regierung, der Staat sind die Menschen, die Teil des Staates sind. Ich kann nicht verstehen, wenn das Volk ein Regierungssystem akzeptiert und man dann sagt, man wird dieses Volk wegen seiner Wahl bestrafen – das überrascht mich. Jedes Land hat das Recht, seine Wahl zu treffen, jedes Land hat das Recht zu bestimmen, mit welchem Partner es zusammenarbeiten möchte. Das fällt unter die Souveränität jedes Landes. Man muss niemandem ein Modell aufzwingen, solange die Menschenrechte und das Prinzip der Gleichheit in der Welt gewahrt bleiben. Wenn ein Volk eine Wahl trifft, denke ich, muss man diese Wahl respektieren.

Und hatten Sie die Gelegenheit, Ihre Position hier in diesem sehr offiziellen Rahmen mit vielen anderen Ländern zu präsentieren?

Ich habe mich mit anderen Ländern ausgetauscht. Aber mein Auftrag hier liegt nicht darin, in einem politischen Rahmen zwischen zwei Ländern zu wählen. Wir haben großen Respekt vor Deutschland, vor allem weil Deutschland uns in vielen Bereichen hilft. Deutschland war das erste Land, das uns als unabhängig anerkannt hat. Und bis heute haben wir immer eine sehr gute Beziehung zu Deutschland. In jeder Gruppe haben Menschen unterschiedliche Meinungen. Aber ich denke, dass momentan in Mali alle einig sind, dass einer der besten Partner, den wir haben, Deutschland ist.

Was wollen Sie ganz konkret in Bezug auf Bewässerung?

Angesichts des Klimawandels müssen wir unsere Landwirtschaft von den klimatischen Launen unabhängiger machen. Wir erwarten von Deutschland viel Unterstützung beim Bewässerungsmanagement. Wir erwarten auch Unterstützung bei der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte.

Wollen Sie den Import von technischen Geräten und Ausrüstung, oder geht es zunächst eher um die Vermittlung von Know-how?

Ich denke, wir brauchen beides. Die Wissensvermittlung allein reicht nicht aus. Denn wenn Sie das Know-how vermitteln, muss es auch die Ausrüstung und notwendige Expertise geben, um dieses Know-how aufnehmen zu können. Wir müssen uns jetzt in Richtung Verarbeitung und Vermarktung bewegen, und vor allem auch in Richtung Lagerung und Konservierung.

Wir haben kürzlich über Fonio berichtet, das auch in Mali angebaut wird. Die Vision der Welternährungsorganisation in Rom ist sehr positiv, dass eine Pflanze wie Fonio die Ernährung revolutionieren könnte. Was denken Sie?

Fonio kann die Ernährung revolutionieren. Das sage ich und werde ich überall sagen. Man muss bedenken, dass auch revolutionäre Nahrungsmittel wie Reis früher nicht bekannt waren. Fonio ist sogar einfacher, weil es nicht so anspruchsvoll beim Wasserbedarf und den Bodenarten ist. In Bezug auf Bio-Ökonomie denke ich, dass wir uns viel mehr auf die Förderung von Fonio konzentrieren sollten. Die Herausforderung bei Fonio ist die Sortenvielfalt – man muss produktivere Sorten finden – und wie es nach der Ernte weitergeht. Wenn wir wirklich schnell Ernährungssicherheit erreichen wollen, gibt es zwei wesentliche Kulturen. Für die Sahelzone sind das Fonio und Mais.

Außer Deutschland – welche Länder helfen Ihnen in der Landwirtschaft?

Da gibt es Organisationen wie IFAD, die Weltbank, auch die FAO, mit der wir viel zusammenarbeiten. Es gibt andere Länder wie Luxemburg, Italien, die auch im Agrarsektor tätig sind.

Spielt es eine Rolle, dass Russland Düngemittel schickt?

Nein, aber wir sind dabei, einen gemeinsamen Fahrplan zu entwickeln. Wir arbeiten in vielen Bereichen zusammen. In der Landwirtschaft geht es vor allem um Lieferketten, aber auch um Technologietransfer und Ausbildungsaspekte.

Welche Rolle spielt China in Mali?

China ist vor allem in der Verarbeitung von Zuckerrohr aktiv und in der Textilwirtschaft.

Werden Sie dieses Jahr nach den Wahlen weiter im Landwirtschaftsministerium zur Verfügung stehen?

Nun, das ist eine Entscheidung des Präsidenten. Ich bin seit Juli in der Regierung. Es liegt jetzt an ihm, zu sehen, wie die Dinge laufen.

Aber ist das Datum jetzt festgelegt? Die Rede war von 2025.

Für die Wahlen? Nun, ich könnte dieses Datum nicht nennen. Da gibt es andere, die viel mehr Befugnis haben als ich, das anzukündigen.

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News

DR Kongo wertet M23-Offensive als ruandische Kriegserklärung

Die M23-Rebellen im Osten der Demokratischen Republik Kongo haben am Montag nach eigenen Angaben die Provinzhauptstadt Goma eingenommen. Die kongolesische Regierung wertet dies als eine ruandische Kriegserklärung. Die Eroberung der Stadt hat nach Angaben der Leiterin der UN-Friedensmission Monusco eine “Massenpanik” unter den eine Million Einwohnern der Stadt und fast ebenso vielen Vertriebenen ausgelöst. Die Rebellen kontrollieren nun mehr kongolesisches Gebiet als je zuvor.

UN-Experten zufolge unterstützt Ruanda die 2022 gestartete M23-Offensive mit Kriegsgerät und Truppen. Zwischen 500 und 1.000 ruandische Soldaten trafen am Sonntag ein, um die M23-Gruppen in der Nähe von Goma zu verstärken, so UN-Quellen zur Nachrichtenagentur AFP. Kongolesische und ruandische Truppen lieferten sich am Montag entlang der gemeinsamen Grenze Schusswechsel, wie Reuters unter Berufung auf UN-Quellen berichtet. Die Krise könnte zu einem neuen Krieg zwischen Kongo und Ruanda eskalieren. Am Sonntag brach Kinshasa die diplomatischen Beziehungen zu Ruanda ab. Kigali zog daraufhin seine Diplomaten aus der kongolesischen Hauptstadt ab.

DR Kongo fordert Embargo gegen “ruandische” Mineralien

Der UN-Sicherheitsrat hat den Rückzug aggressiver “externer Kräfte” in der Region gefordert, ohne diese jedoch ausdrücklich zu benennen. UN-Chef António Guterres forderte Ruanda auf, seine Streitkräfte aus dem Kongo abzuziehen. Die kongolesische Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner nannte die Offensive “einen Frontalangriff. Kayikwamba forderte den Sicherheitsrat auf, ein “vollständiges Embargo für die Ausfuhr aller als ruandisch bezeichneten Mineralien, insbesondere von Gold”, zu verhängen.

Die Rebellen hatten vor kurzem Minova, ein wichtiges Versorgungszentrum für Goma, sowie die regionalen Zentren Sake und Masisi eingenommen. Sie kontrollieren auch die wichtige Bergbaustadt Rubaya.

Drei UN-Blauhelmsoldaten – zwei Südafrikaner und ein Uruguayer – wurden in der vergangenen Woche getötet. Sieben weitere südafrikanische Soldaten und drei Soldaten aus Malawi, die in einer separaten Mission der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) im Einsatz waren, wurden nach Angaben der südafrikanischen und der UN-Behörden ebenfalls getötet. Das ruandische Außenministerium erklärte: “Die Kämpfe in der Nähe der ruandischen Grenze stellen weiterhin eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit und territoriale Integrität Ruandas dar und machen eine anhaltende Verteidigungshaltung Ruandas erforderlich.”

Verhandlungen in Nairobi angesetzt

Kenia gab am Sonntag bekannt, dass Kongos Präsident Félix Tshisekedi sowie sein ruandischer Amtskollege Paul Kagame ihre Teilnahme an einem Gipfeltreffen in den nächsten zwei Tagen zugesagt haben. Präsident William Ruto, Vorsitzender der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) und Vermittler im Friedensprozess von Nairobi, wird eine Dringlichkeitssitzung für die Staatschefs abhalten.

Das Bundesentwicklungsministerium rief in einer Stellungnahme am Montag zu einem Ende der Gewalt auf: “Ruandas Soldaten und die von ihnen unterstützte Rebellengruppe M23 müssen sich – wie gestern vom UN-Sicherheitsrat und auch der EU-Außenbeauftragten gefordert – umgehend zurückziehen. Alle Seiten müssen an den Verhandlungstisch und zur Deeskalation beitragen.” Der britische UN-Gesandte hat ein Ende der Angriffe auf die UN-Friedenstruppen gefordert, während der französische Außenminister Jean-Noël Barrot sagte, die von Ruanda unterstützte Offensive müsse “aufhören”. Deutschland, die USA, Frankreich und Großbritannien haben ihre Bürger aufgefordert, Goma zu verlassen. ajs

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Neue Seidenstraße: Chinas Solar-Installationen erreichen Rekord

Chinesische Firmen haben im vergangenen Jahr 24 Gigawatt an Stromerzeugungskapazität in den Partnerländern der “Neuen Seidenstraße” installiert. Mit acht Gigawatt macht die Solarkraft den größten Anteil daran aus. Beide Ziffern sind Rekordwerte seit Bestehen der Neuen Seidenstraße, wie aus einem Bericht der Unternehmensberatung Wood Mackenzie hervorgeht. Knapp über die Hälfte der im Jahr 2024 installierten Leistung sind erneuerbare Energien.

“Chinesische Unternehmen geben umweltfreundlicheren Technologien im Ausland hohe Priorität, und diese machen mehr als zwei Drittel der Projektpipeline aus”, sagt Alex Whitworth, Leiter der Forschungsabteilung für Energie und erneuerbare Energien im asiatisch-pazifischen Raum bei Wood Mackenzie. Allerdings wurden auch sechs Gigawatt an Kohlekraft installiert, obwohl die chinesische Regierung das Ziel ausgegeben hat, keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland zu bauen.

Asien macht den Großteil der seit Bestehen der Neuen Seidenstraße installierten Leistung aus (70 Prozent). Afrikanische Staaten stehen mit 15 Prozent auf Rang 2. Afrikas Solar-Importe aus China haben sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht, wie Alex Jones von Ember auf Bluesky schreibt – allerdings noch immer von einem sehr geringen Level. nib

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Standpunkt

Werden geopolitische Risiken und Reformdruck die größten Wirtschaftsthemen 2025?

Von Tobias Heidland
Tobias Heidland forscht am Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

Einen kurzen Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung eines ganzen Kontinents im Jahr 2025 zu versuchen, ist eine fast unmögliche Aufgabe und erfordert, sich auf die wichtigsten Makrotrends zu fokussieren. Der IWF prognostizierte im Oktober ein durchschnittliches Wachstum von 4,2 Prozent und schob direkt nach, dass dies nicht ausreichend sei, um Armut effektiv zu reduzieren und perspektivisch zu Mitteleinkommensländern zu werden. Diese Projektion betrachtete jedoch noch nicht das größte Risiko für die Weltwirtschaft, das sich erst Anfang November manifestierte: die neuen Machthaber in Washington.

Donald Trump hat im Wahlkampf angekündigt, dass sich die afrikanischen Länder zwischen den USA und China entscheiden werden müssen. Er stellte mehrere multilaterale Institutionen infrage, die eine zentrale Rolle für Mittel- und Niedrigeinkommensländer haben, hat Strafzölle angekündigt und will die Europäer dazu verpflichten, deutliche größere Teile ihres Budgets für Verteidigung auszugeben. Die USA werden überdies deutlich transaktionaler auftreten, was für einige Überraschungen für den Westen sorgen könnte, wenn sich Länder als Reaktion von ihm abwenden.

Afrikanische Länder dürften von Strafzöllen verschont bleiben

Sollte ein globaler Handelskrieg ausbrechen, könnten viele afrikanische Länder darauf hoffen, dass sie bewusst von Instrumenten wie Strafzöllen verschont blieben, um sie auf die Seite des jeweiligen geopolitischen Blocks zu ziehen. Zugleich werden aber mit großer Wahrscheinlichkeit die makroökonomischen Spielräume für viele Länder schrumpfen, wenn beispielsweise Entwicklungsgelder deutlich gekürzt werden. Besonders schwierig wird die Lage für jene Länder werden, die im kommenden Jahr auf Umschuldungen oder Schuldenschnitte angewiesen sein werden.

Ich bin sehr pessimistisch, dass sich der stark von den USA beeinflusste Paris Club mit dem wichtigen Gläubiger China auf dringend benötigte Umschuldungen und Schuldenschnitte für afrikanische Länder einigen wird. China ist kein Mitglied und wird im Weißen Haus als Rivale Nummer eins begriffen. Man wird in Afrika 2025 also weniger als in der Vergangenheit auf den Westen und Institutionen wie Weltbank und IWF zählen können.

Dennoch Anreize für Reformen gegeben

Diese Gemengelage und sich parallel dazu verschärfende Megatrends wie das Bevölkerungswachstum geben mir aber auch Hoffnung, dass es dieses Jahr strukturell in vielen afrikanischen Ländern vorangehen wird. Mehr Regierungen werden den Anreiz haben, ernsthafte Reformen auf den Weg zu bringen. Dies wäre auch bereits ohne den zusätzlichen Impuls von außen der Fall. Denn die Bevölkerung ist in einem Großteil Afrikas mit der Arbeit des Staates unzufrieden. Das Jahr 2024 brachte beispielsweise den erstmaligen Verlust der absoluten Mehrheit für den ANC, und auch im benachbarten Botswana gab es eine Wahlniederlage der langjährigen Regierungspartei. Generell zeigt sich, dass die stark wachsende junge Bevölkerung deutlichen Druck auf die alteingesessenen Parteien ausübt. Auch die Proteste in Kenia lassen sich hiermit erklären.

Bei aller Freude über mehr Reformdruck durch die Wahlurne müssen wir uns aber auch bewusst machen, dass sich die Unzufriedenheit nicht zwangsläufig in demokratischen Bahnen bricht. Sie hatte auch zur Folge, dass Militärs eine breite Unterstützung in der Bevölkerung genossen, als sie wie im Niger die als illegitim wahrgenommene Regierung aus dem Amt putschten. Für das Jahr 2025 bleibt festzuhalten: Der Druck steigt, gegenüber den eigenen Bürgern abzuliefern.

Einnahmeseite der Staaten muss gesteigert werden

Die Veränderungen der Prioritäten im Rest der Welt verstärkt diesen Anreiz. Viele wichtige Geberländer im Westen, aber auch China, kürzen die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Während also die Bevölkerungen wachsen und die Bedarfe auch durch Trends wie den voranschreitenden Klimawandel größer werden, sinken die Möglichkeiten für afrikanische Regierungen ihre staatlichen Aufgaben aus Entwicklungsgeldern zu finanzieren. Ich erwarte daher mehr Reformen, die auf einen Abbau ineffizienter Subventionen zielen oder die Einnahmenseite des Staates stärken. Diese Arten von Reformen sind zugleich ein Pulverfass, wenn die Bevölkerung den Eindruck hat, dass ein ineffizientes Staatswesen zugleich keine Gegenleistung bietet – siehe die Proteste in Nairobi. Doch ohne schmerzhafte Anpassungen wird es nicht gehen.

Die heimischen Veränderungen und der geopolitische Streit im Rest der Welt sorgen also dafür, dass afrikanische Regierungen das eigene Haus in Ordnung bringen müssen. Gelingt dies, so gewinnen ihre Länder perspektivisch Souveränität, und somit würde einer der großen Konfliktpunkte zwischen dem Westen und vielen afrikanischen Ländern in der Zukunft kleiner sein.

Tobias Heidland leitet das Forschungszentrum “Internationale Entwicklung” am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Heidland befasst sich in seiner Forschung insbesondere mit Migration und Kapitalströmen in Entwicklungsländern.

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Presseschau

Financial Times: Stahlkrise in Südafrika. Südafrika führt derzeit Krisengespräche mit Arcelor Mittal, um die Schließung seiner beiden größten Stahlwerke zu verhindern. Kobus Verster, Vorstandsvorsitzender von Arcelor Mittal Südafrika, erklärte diesen Monat, dass das Unternehmen die Schließung der Stahlwerke aufgrund hoher Energie- und Logistikkosten, schwachen BIP-Wachstums und eines Zustroms billiger Stahlimporte aus China nicht länger hinauszögern könne. (“South Africa in emergency talks to save ‘critical’ steel plants”)

Taz: Wahlfälscher wird Guerilla in der DR Kongo. Nach den Wahlen Ende 2023 verkündete Corneille Nangaa, der ehemalige Chef der Wahlkommission, die Gründung der Allianz des Kongo-Flusses (AFC) als Rebellenbündnis und erklärte der Regierung den Krieg. Heute ist aus dem einstigen Wahlfälscher ein Rebellenführer geworden. Statt im Anzug sieht man Nangaa nun in Flecktarnuniform und kugelsicherer Weste durch die Wälder Ostkongos marschieren. (“Flecktarnuniform statt Anzug”)

Foreign Policy: Trump als Chance für den Sudan. In seiner ersten Amtszeit feierte Trump mit der Unterzeichnung der Abraham Accords durch den Sudan einen diplomatischen Erfolg. Nun will Trump seine Nahostpolitik wieder aufnehmen. Dazu braucht er aber einen stabilen Sudan. Cameron Hudson sieht darin eine Chance für eine schnellere Stabilisierung des ostafrikanischen Landes – zumindest dürfte das US-amerikanische Interesse an einem Ende des Konflikts steigen. (“Only Trump Can Make Peace in Sudan”)

Reuters: Koalitionsstreit in Südafrika. Die südafrikanische Partei Democratic Alliance (DA) streitet mit der Regierung der Nationalen Einheit (GNU). Die DA wirft der Regierung vor, sie bei Gesetzesentwürfen zu Gesundheit und Landenteignung nicht konsultiert zu haben. Trotz der Differenzen erklärte die Partei, sie werde die Regierung nicht verlassen, müsse aber die Beziehungen neu ausrichten. (“South Africa’s DA party declares dispute with unity government”)

Guardian: Frauenrechte schützen. Ramatu Bangura fürchtet, dass die durch Trump an Bedeutung gewonnene religiöse Rechte die Opposition in Sierra Leone stärken wird. Das Land stehe kurz davor, die Abtreibung zu legalisieren, was ein wichtiger Schritt gegen die hohe Müttersterblichkeit und für die Selbstbestimmungsrechte der Frauen wäre. (“Sierra Leone is on the brink of legalising abortion. We must not allow the US far right to infiltrate and stop us”)

Africa News: Öl statt Holz. Ein kamerunischer Ingenieur hat eine Alternative zu den im Land noch weit verbreiteten Holz- und Kohleöfen entwickelt, die von vielen Menschen zum Kochen verwendet werden. Sein Ofen verwendet recyceltes Altöl und Solarenergie. (“How a Cameroonian stove turns recycled oil into clean fuel”)

Wirtschaftswoche: Winter am Kap. Immer mehr Mitarbeiter von Tech-Start-ups entfliehen dem kalten Winter in Deutschland und ziehen deswegen für ein paar Monate nach Südafrika. Da die Zeitverschiebung keine Rolle spielt, ist das Land gut für Homeoffice geeignet und auch die Preise sind aus deutscher Sicht attraktiv. (“Die Tech-Szene überwintert in Kapstadt”)

Heads

Doto Mashaka Biteko – Tansanias pragmatischer Energieminister

Tansanias Energieminister Doto Mashaka Biteko beim Afrika-Russland-Gipfel in Sankt Petersburg.
Tansanias Energieminister Doto Mashaka Biteko beim Afrika-Russland-Gipfel in Sankt Petersburg.

Welchen Stellenwert die Energieversorgung für Tansania hat, zeigt sich daran, dass Energieminister Doto Mashaka Biteko gleichzeitig auch stellvertretender Ministerpräsident im Kabinett von Präsidentin Samia Suluhu Hassan ist. Auf dem Afrikanischen Energiegipfel in Tansanias Hafenmetropole Daressalam legte Biteko am Montag dar, welche Relevanz eine sichere Energieversorgung für sein Land, aber auch für den ganzen Kontinent hat. “Wir haben uns verpflichtet, dafür zu sorgen, dass in den nächsten fünf Jahren mindestens 300 Millionen Menschen in ganz Afrika Zugang zu Elektrizität erhalten“, sagte der 46-Jährige auf dem Gipfel, der an diesem Dienstag zu Ende geht. “Das ist ein erreichbares Ziel und Tansania ist stolz darauf, einen Beitrag zur Verwirklichung dieses Ziels zu leisten”.

Tatsächlich ist das Ziel des Gipfels, bis 2030 deutlich mehr afrikanische Haushalte mit Strom zu versorgen. Veranstaltet wird der Gipfel unter anderem auch von der Afrikanischen Entwicklungsbank. Aus welchen Quellen der Strom künftig stammen soll, darüber lässt sich streiten. Die Bundesregierung, die auf dem Gipfel unter anderem mit BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth vertreten ist, will vor allem für grüne Energien werben.

Große Erdgasvorkommen

Tansania gehört allerdings zu den afrikanischen Ländern, die von ihren fossilen Energiequellen profitieren möchten. Damit unterscheidet sich Tansania von seinem nördlichen Nachbarn Kenia, das sich als Vorreiter der grünen Energiewende sieht. Kenia setzt dabei vor allem auf Geothermie. Tansania hingegen verfügt jedoch über nicht unerhebliche Erdgasvorkommen. Auf rund 57 Billionen Kubikfuß (1,6 Billionen Kubikmeter) Erdgas schätzt die tansanische Regierung das Vorkommen vor der Küste. Dieses will die Regierung auch in Form von LNG-Gas exportieren. Im vergangenen Jahr warb Biteko daher auf einem Journalistenforum für die Nutzung von Erdgas als klimafreundliche Energieressource. Biteko ist überzeugt, dass das Gas Tansania dabei helfen kann, die nationalen Klimaziele zu erreichen. Zwar sollen auch nachhaltige Quellen weiter ausgebaut werden, ohne Gas will Tansania angesichts seines steigenden Strombedarfs jedoch nicht auskommen.

Erdgas ist seit mittlerweile rund zehn Jahren Tansanias wichtigste Energiequelle bei der Stromversorgung. Der Anteil lag laut der Internationalen Energieagentur bei gut 69 Prozent. Wasserkraft machten gut 29 Prozent am Strommix aus. Öl spielt demnach kaum noch eine Rolle bei der Stromproduktion. Gleichwohl hat Tansania grünes Licht gegeben für den Bau der East African Crude Oil Pipeline, die von Uganda über Tansania verlaufen soll. Von Daressalam soll das Öl dann exportiert werden.

Ehemals Bergbauminister

Biteko ist mittlerweile seit rund 20 Jahren in Tansanias Regierungspartei Chama Cha Mapinduzi (CCM) aktiv – zunächst in der Jugendorganisation der Partei. Seit 2015 ist er Mitglied des tansanischen Parlaments. Zuvor studierte Biteko Pädagogik und arbeitete als Lehrer im Nordwesten des Landes. Seit Beginn seiner Abgeordnetentätigkeit lag der Fokus von Bitekos politischer Arbeit jedoch in erster Linie auf den Bereichen Energie und Bergbau. So war er zwischen 2015 und 2018 Vorsitzender des Energie- und Bergbauausschusses im Parlament. Ab 2017 wurde Biteko noch unter dem damaligen Präsidenten John Magufuli zunächst stellvertretender Bergbauminister. Ab 2019 übernahm er dann die Leitung des Ministeriums und verblieb in dieser Position auch nach dem Tod Magufulis. Im September 2023 übertrug dessen Nachfolgerin Hassan Biteko nicht nur das Energieministerium, sondern beförderte ihn schließlich auch zum stellvertretenden Ministerpräsidenten.

Als ehemaliger Bergbauminister hat Biteko im Übrigen noch eine andere Energiequelle im Blick, die für Tansania perspektivisch interessant sein könnte: Atomkraft. “Wir haben bereits ein Uranprogramm, aber jetzt wollen wir uns neue Technologien aus anderen Ländern ansehen”, sagte Biteko bereits 2023 auf dem zweiten Afrika-Russland-Gipfel in Sankt Petersburg. Laut der World Nuclear Association verfügt Tansania über rund 60.000 Tonnen abbaubares Uran. David Renke

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Dessert

Seitenansicht des Kriegerdenkmals im Zoo Park in Windhoek.

Im Zentrum der namibischen Hauptstadt Windhoek steht eine bemerkenswerte Statue. Im Zoo Park an der Independence Avenue befindet sich dort seit 1897 ein Kriegerdenkmal. Seit 1969 gilt die Statue als Nationales Denkmal Namibias. Das Bemerkenswerte: Auf dem etwa zwei Meter hohen Eisenobelisk prangt noch immer der deutsche Reichsadler. Er wurde einst zum “Andenken der in dem Kriege gegen den Stamm der Witbooi’s in den Jahren 1893 und 94 gefallenen Helden” als Schutztruppen-Denkmal errichtet.

Die deutschen Kolonialtruppen unter Curt von François hatten damals eine Kampagne gegen die Witbooi-Orlam (Nama) unter ihrem Oberhaupt Hendrik Witbooi geführt. Bevor dieser in die Naukluftberge zurückgedrängt wurde, verübten die Deutschen das Massaker von Hornkranz. Auch zeitgenössische kolonialfreundliche Autoren leugnen nicht, dass es bei dem Angriff zu zahlreichen zivilen Todesopfern und Verwundeten kam. Gewidmet ist das Denkmal neben den deutschen Soldaten auch ihren lokalen Verbündeten, den Basters. Diese Volksgruppe umfasst die Nachfahren niederländischer Buren und ihrer Nama-Frauen. Ihr Name stammt von dem afrikaansen Wort für Bastard, ist aber über die Jahre zu einer bedeutungsneutralen Selbstbezeichnung geworden.

Dass mitten in der namibischen Hauptstadt noch heute eine deutsche Kolonialstatue steht, noch dazu als Nationales Denkmal, zeugt auch vom komplizierten Verhältnis Namibias zur ehemaligen Kolonialmacht: Während Herero, Nama und San von den Deutschen massakriert wurden, gab es auch Gruppen in Deutsch-Südwestafrika, die sich mit den Kolonialisten zunächst arrangierten, wie etwa die Basters. Die Ovambo im Norden des Landes wurden von den Deutschen sogar weitestgehend ignoriert. Dementsprechend bilden sie heute die Bevölkerungsmehrheit und dominieren Namibias Staatsapparat und Wirtschaft.

Diese Gemengelage trägt dazu bei, dass das Schutztruppen-Denkmal noch heute unverändert steht. Zwar konnte man sich in Namibia nach dem Erreichen der Unabhängigkeit im Jahr 1990 schnell darüber verständigen, die Kaiserstraße am Zoo Park in Independence Avenue umzubenennen. Auch ein Reiterdenkmal Kaiser Wilhelms wurde entfernt. Ein für alle akzeptabler Umgang mit dem Kriegerdenkmal muss dagegen noch gefunden werden. Ende November wurde der Obelisk beschmiert: “Fuck Germany. Rest in hell”, hat jemand darauf gesprüht. ajs

Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in der Demokratischen Republik Kongo gehen die Gefechte zwischen der kongolesischen Armee, den M23-Rebellen und Ruanda weiter. Völlig unklar ist zunächst, welche politischen Folgen der Fall von Goma haben wird. Mein Kollege Arne Schütte hat ihnen die wichtigsten Entwicklungen zusammengetragen.

    In dieser Ausgabe schauen wir zudem auf den World Economic Outlook der Weltbank und welche Prognosen dieser für Afrika aufstellt. Außerdem erklärt Malis Landwirtschaftsminister im Interview, warum er Deutschland trotz der politischen Spannungen zwischen Bamako und Berlin als wichtigsten Partner sieht. Meine Kollegin Lucia Weiß hat mit ihm gesprochen.

    Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

    Ihr
    David Renke
    Bild von David  Renke

    Analyse

    World Economic Outlook: Integration als Chance für afrikanische Staaten

    Auf den ersten Blick stimmt der World Economic Outlook der Weltbank für Afrika optimistisch. In Subsahara-Afrika rechnen die Autoren für die kommenden zwei Jahre mit einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 4,2 Prozent. Die Inflationsraten sollen zurückgehen, das Finanzierungsumfeld attraktiver werden und die Binnennachfrage weiter steigen. Auch in Nordafrika sind die Vorzeichen positiv.

    Zwar einen die afrikanischen Staaten auch Risikofaktoren für die Wirtschaft, allen voran der Klimawandel und regionale Konflikte, die Lieferketten stören und die Nahrungssicherheit weiter gefährden könnten. Die Weltbank sieht für den Kontinent aber auch eine große gemeinsame Chance: wirtschaftliche Integration.

    Gerade in Zeiten von Protektionismus und geopolitischer Fragmentierung auf der Welt sehen die Autoren für die Schwellenländer in Afrika nun akuten Bedarf für “ein umfassendes Paket von politischen Maßnahmen, um ungenutzte Möglichkeiten für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu nutzen”.

    Afrikanische Freihandelszone bietet enormes Potenzial für den Handel

    Ein riesiges Potenzial sieht die Weltbank hier in einer vollständigen und wirksamen Implementierung der 2021 gestarteten Afrikanischen Freihandelszone (AfCFTA). Bis 2035 könnten die Exporte aus Afrika so um 30 Prozent zunehmen, die innerafrikanischen Exporte sich sogar verdoppeln. Das scheint auch nötig, denn im Vergleich zu Nordamerika, Asien oder vor allem Europa spielt der interkontinentale Handel in Afrika bisher nur eine geringe Rolle.

    Doch nicht nur Handel und Wirtschaftswachstum würden von dieser regionalen Integration in Afrika profitieren. “Tiefgreifende Handelsabkommen führen tendenziell auch zu mehr Direktinvestitionen“, heißt es in dem Bericht. Zudem könnte die Wirtschaft auf dem Kontinent so diversifiziert und weniger abhängig von Rohstoffen werden.

    Besonders für die Niedriglohnländer in Afrika bietet die Freihandelszone eine große Chance. Von den insgesamt 26 Staaten dieser Kategorie liegen noch immer 22 in Subsahara-Afrika. Sie verlieren, besonders durch anhaltende Konflikte und Schäden durch die Folgen des Klimawandels, wirtschaftlich in den vergangenen Jahren immer weiter den Anschluss. Handelsnetze wurden in diesen Ländern gestört, ihr Anteil am Welthandel ist rückläufig.

    Niedriglohnstaaten würden von AfCFTA besonders profitieren

    “Eine zunehmende Öffnung des Handels und eine stärkere Beteiligung in der Region” könnten diesen Trend laut der Weltbank allerdings umkehren und das Wirtschaftswachstum in den Niedriglohnstaaten beschleunigen. Laut den Berechnungen könnten etwa die Einkommen in Afrika durch die AfCFTA bis 2035 um sieben Prozent steigen, die Zahl der Menschen in extremer Armut um 40 Millionen reduziert werden.

    Das Problem: Zwar haben seit der Verabschiedung 54 afrikanische Staaten die AfCFTA ratifiziert, die konkrete Umsetzung der afrikanischen Freihandelszone schreitet bisher aber nur schleppend voran. Um das Potenzial voll auszuschöpfen, bräuchte es deutlich weitreichendere politische Reformen und Investitionen in die Infrastruktur. Dazu behindern politische Instabilität und auch Korruption immer wieder entscheidende Fortschritte.

    Und überhaupt beobachtet die Weltbank angesichts von Handelsbeschränkungen und geopolitischer Fragmentierung weltweit eher eine deutliche Verlangsamung der wirtschaftlichen Integration. Bei den regionalen Verbänden in Afrika zeigen sich sogar vereinzelt gegenläufige Bewegungen. Die westafrikanische Ecowas ist geschwächt, Niger, Mali und Burkina Faso verlassen das Bündnis am 29. Januar.

    Ruanda als positives Beispiel

    Dass Erfolge durch wirtschaftliche Integration möglich sind, zeigen die Entwicklungen anderer Schwellenländer der letzten Jahrzehnte. Weltweit trugen diese Staaten zu rund 60 Prozent des globalen Wirtschaftswachstums bei. “Ihr Aufstieg wurde durch die schnelle globale Handels- und Finanzintegration vorangetrieben, insbesondere im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts”, so die Autoren der Analyse.

    In Bezug auf Afrika führt die Weltbank im World Economic Outlook unter anderem Ruanda als Positivbeispiel an. Bewusste Reformen in der Wirtschaftspolitik und Anreize für Investoren haben zu einer deutlich verbesserten regionalen Integration und steigenden Direktinvestitionen im Land geführt. Tourismus, Dienstleistungen und Technologie spielen eine immer größere Rolle. Auch die globale Integration treibt Ruanda voran und könnte so in naher Zukunft den Aufstieg zum Schwellenland schaffen.

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    Translation missing.

    Human Remains: Irritationen nach Übergabezeremonie der Charité

    Von

    Mitte Januar wollte die Charité zwölf Schädel aus kolonialen Kontexten an die Gemeinschaft der Hehe aus Tansania repatriieren, darunter auch Human Remains der Ahnen der historisch bedeutenden Familie Mkwawa. Auf einer Charité-Website, über welche die Veranstaltung auch im Livestream verfolgt werden konnte, hieß es dazu: “Chief Adam Abdul Mkwawa II. und seine Delegation nehmen die Ahnen seiner Familie und der Gemeinschaft der Hehe entgegen und bringen sie in ihre Heimat zurück“. Tatsächlich liegen die Human Remains allerdings weiterhin in Deutschland. Die Website mit der Ankündigung zur Übergabe sowie des Livestreams ist mittlerweile nicht mehr erreichbar. Bereits wenige Minuten nach der Veranstaltung hatte es Irritationen und Fragen zur Veranstaltung gegeben.

    “Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass zumindest der Zeitpunkt der Rückführung noch unklar ist. Dies wirft ein anderes Bild auf die Zeremonie“, berichtet der Recherche-Künstler Konradin Kunze, der mit künstlerischen Performances wie “Schädel X” sowie mit seinen fortlaufenden Recherchen zu einem Experten für das Thema Ancestral Remains geworden ist. Kunze hatte an der Übergabezeremonie teilgenommen. “Ich bin hingegangen im Glauben, dass eine Repatriierung stattfindet. Ich hatte große Hoffnung, dass das ein Durchbruch sein könnte für Repatriierungen nach Tansania, im Speziellen für bereits identifizierte Ahnen.”

    Charité verweist auf noch zu klärende Formalitäten

    Auf eine schriftliche Presseanfrage antwortet ein Pressesprecher der Charité, es sei ein Rücktransport mit einem internationalen Logistikunternehmen geplant. Ein konkretes Datum für den Rücktransport stehe allerdings noch nicht fest, “da im Vorfeld noch nicht alle Formalitäten bezüglich des Rücktransports geklärt werden konnten.

    Bereits im Vorlauf der Charité-Zeremonie hatte der Zeitpunkt unter einigen Fachleuten für Erstaunen gesorgt. Erst wenige Wochen zuvor, im Dezember bei der Eröffnung der Ausstellung “Geschichte(n) Tansanias” im Humboldt Forum, hatte Pindi Chana, Tansanias Ministerin für natürliche Ressourcen und Tourismus, in einer Videobotschaft berichtet, dass die Regierung von Tansania kurz davor sei, Verhandlungen mit Deutschland über die Aufarbeitung des kolonialen Erbes zu beginnen. Sie sagte, es seien bereits die “Mitglieder für eine Kommission ernannt” worden und deren Namen würden in Kürze über “diplomatische Kanäle” den deutschen Partnern übermittelt werden. Für tansanische Verhältnisse ist dies ein ziemlich deutlicher Hinweis, dass dieses Thema auch über genau diese diplomatischen Kanäle verhandelt werden soll.

    Diplomatischer Drahtseilakt

    Die Rückführung von Ancestral Remains ist also ein diplomatischer Drahtseilakt, der Verständnis für alle Seiten voraussetzt. Um diesen Prozess voranzutreiben, reiste Außenstaatsministerin Katja Keul mehrmals nach Tansania. 2024 sprach sie unter anderem mit dem damaligen tansanischen Außenminister darüber. In ihrem Reisebericht schreibt sie hierzu: “Wir haben die Frage, wie wir die identifizierten Gebeine aus Tansania zurück nach Hause bringen, intensiv besprochen und werden nun gemeinsam mit der tansanischen Regierung als zentralem Ansprechpartner einen Prozess auf den Weg bringen“.

    Bei der Zeremonie in der Charité war Katja Keul nicht anwesend. Auffallend war zudem, dass weder der tansanische Botschafter noch Vertreterinnen oder Vertreter der Bundesregierung an der Zeremonie teilnahmen. Neben einer Delegation der Hehe und Vertreterinnen und Vertretern der Charité waren bei der Zeremonie circa 70 Gäste aus Zivilgesellschaft, Forschung und Politik anwesend. Darunter Joe Chialo, Berlins Senator für Kultur, und Henry Marx, Berlins Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung.

    Historisch bedeutende Schädel

    Unter den von der Charité zur Rückgabe geplanten Schädeln ist auch der von Munyigumba, dem Vater des berühmten Chief Mkwawa – beide Vorfahren von Adam Abdul Mkwawa II. Die Truppen von Mkwawa hatten jahrelang Widerstand gegen die deutschen Kolonialherren geleistet. Als seine Truppen schließlich unterlegen waren, nahm Mkwawa sich am 19. Juli 1898 das Leben. Es heißt, er wollte verhindern, durch die Deutschen getötet zu werden. Noch heute ist er in Tansania ein Held.

    Doch auch in Deutschland ist alles, was Mkwawa betrifft, stets hochpolitisch gewesen. Im Versailler Vertrag war festgelegt, dass “der Schädel des Sultans Makaua, der aus dem deutschen Schutzgebiet Ostafrika entfernt und nach Deutschland gebracht worden ist, von Deutschland der Regierung seiner Britischen Majestät zu übergeben” ist. Letztlich wurde in den 1950er-Jahren ein Schädel aus dem Bremer Überseemuseum von Deutschland über den britischen Gouverneur des damaligen Tanganyika zu den Hehe nach Tansania restituiert.

    Tansanias Staatsfernsehen berichtete

    In Tansania hatte übrigens der staatliche Sender TBC auf Instagram und X zwischenzeitlich in einem Post über die Repatriierungszeremonie der Charité berichtet, mit zwei Videos, Fotos und Text. Ein Video zeigte einen Ausschnitt aus der Rede von Joachim Spranger. Das zweite Video zeigte die Unterzeichnung des Übergabeprotokolls durch Spranger und Chief Adam Mkwawa II. – doch auch dieser Social-Media-Post ist nicht mehr auffindbar.

    Konradin Kunze ist sich indes nicht mehr sicher, “ob diese Zeremonie für den gesamten Prozess – geplante Restitutionen und Repatriierungen nach Tansania – hilfreich war“. Er ergänzt: “Entweder könnte es ein Schritt nach vorne sein, auch über diese Rückführung hinaus. Im schlechten Fall könnte es nach hinten losgehen und sich negativ auf andere geplante Rückführungen auswirken.”

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    Interview

    Malis Agrarminister: “Deutschland ist einer der besten Partner, den wir haben”

    Malis Landwirtschaftsminister Daniel Kelema mit BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth beim German-African Agribusiness Forum in Berlin.

    Minister Kelema, ist der bilaterale Austausch, den Sie hier mit BMEL-Staatssekretärin Müller hatten, gut verlaufen?

    Der bilaterale Austausch ist sehr gut verlaufen. Wir haben uns nochmal die aktuelle landwirtschaftliche Situation in Mali angesehen. Denn Sie wissen, dass in Mali die Landwirtschaft etwa 80 Prozent der aktiven Bevölkerung beschäftigt, und 70 bis 75 Prozent davon beziehen ihren Lebensunterhalt hauptsächlich aus der Landwirtschaft. Diese Landwirtschaft basiert vor allem auf Familienbetrieben. Wir stimmen jedenfalls der Abschlusserklärung [der Agrarministerkonferenz, Anm. d. Red.], die verabschiedet wurde, voll und ganz zu. Aber was die Umsetzung betrifft, sollte man darauf achten, dass es keine Standardmodelle gibt. Die Realität unterscheidet sich von Land zu Land, und wir haben nicht das gleiche Entwicklungsniveau.

    Was wäre das Modell für Mali?

    Die Hauptsorge der Regierung liegt momentan darin, eine Produktion zu erreichen, die sowohl die Ernährungssicherheit als auch die Ernährungsversorgung gewährleistet. Die familiären Landwirtschaftsbetriebe produzieren etwa 90 bis 95 Prozent der Nahrungsmittelproduktion in Mali. Wie können wir diese Betriebe in ein Bioökonomie-Modell integrieren, damit die Nachhaltigkeit gewährleistet ist?

    Welches Thema wurde hier am meisten diskutiert?

    Die Attraktivität des Sektors. Es wurde die Idee geäußert, dass Deutschland als großer Produzent nicht einfach die Märkte anderer Länder mit seinen Produkten überschwemmen sollte, sondern diesen Ländern vielleicht beibringen könnte, selbst zu produzieren. Eine solche Landwirtschaft kann den Sektor attraktiv machen, sodass junge Menschen sagen: “Moment mal, das ist ein Bereich, in dem ich Geld verdienen kann.” Wenn wir nicht nur Rohprodukte exportieren, sondern verarbeitete Produkte, schafft das Arbeitsplätze, erhöht den Mehrwert und erleichtert auch die Verarbeitung, in der besonders die Frauen arbeiten.

    Sie sagen also, die deutsche Position war eher, nicht den Fokus auf die Verfeinerung malischer Produkte zu legen, sondern auf die Entwicklung des Sektors insgesamt?

    Das betrifft eher andere Länder. Für Mali liegt der Fall tatsächlich anders, denn wir arbeiten mit Deutschland vor allem im Bereich der Bewässerung zusammen. Unsere Landwirtschaft hängt zu etwa 95 Prozent vom Regen ab. Deutschland hilft uns, das Wasser für die Landwirtschaft zu kontrollieren, um die Abhängigkeit von Klimaveränderungen zu reduzieren. Ein weiterer Aspekt ist die Erschließung von Produktionsgebieten. Wir bauen Straßen, und Deutschland unterstützt Mali dabei, auf dem Land Verbindungen zu schaffen. Ein anderer Punkt ist die landwirtschaftliche Beratung und Weiterbildung. Digitalisierung kann den Sektor auch noch attraktiver machen, insbesondere für junge Menschen.

    Und in welchen Ortschaften in Mali fördert Deutschland die ländliche Erschließung?

    In Mali ist das vor allem in den Regionen Bandiagara, Mopti und Sikasso. In der Region Koulikoro arbeiten wir auch, sowie in Kayes.

    Aber die Sicherheitslage in diesen Gebieten ist doch kompliziert?

    Deutschland ist seit den 1980er-Jahren in Mopti. Und trotz der Sicherheitsprobleme gibt es auch Möglichkeiten, aus der Entfernung Dinge zu managen.

    Deutschland will sein Entwicklungszusammenarbeits-Paradigma mit Staaten, in denen die Regierung nicht durch demokratische Wahlen legitimiert ist, anders gestalten – sich vom Staat distanzieren. Haben Sie darüber auch gesprochen?

    Nein, das haben wir nicht diskutiert, aber sie [das Bundeslandwirtschaftsministerium, Anm. d. Red.] haben von einem Konzeptpapier gesprochen, wie die Partnerschaften mit afrikanischen Ländern aussehen. Wir kennen das Papier noch nicht, aber sie haben versprochen, es uns in der französischen Fassung zu schicken. Wir werden es analysieren und unsere Beobachtungen schnellstmöglich übermitteln.

    Was die Distanzierung vom Staat angeht: Der Staat ist nicht nur die Regierung, der Staat sind die Menschen, die Teil des Staates sind. Ich kann nicht verstehen, wenn das Volk ein Regierungssystem akzeptiert und man dann sagt, man wird dieses Volk wegen seiner Wahl bestrafen – das überrascht mich. Jedes Land hat das Recht, seine Wahl zu treffen, jedes Land hat das Recht zu bestimmen, mit welchem Partner es zusammenarbeiten möchte. Das fällt unter die Souveränität jedes Landes. Man muss niemandem ein Modell aufzwingen, solange die Menschenrechte und das Prinzip der Gleichheit in der Welt gewahrt bleiben. Wenn ein Volk eine Wahl trifft, denke ich, muss man diese Wahl respektieren.

    Und hatten Sie die Gelegenheit, Ihre Position hier in diesem sehr offiziellen Rahmen mit vielen anderen Ländern zu präsentieren?

    Ich habe mich mit anderen Ländern ausgetauscht. Aber mein Auftrag hier liegt nicht darin, in einem politischen Rahmen zwischen zwei Ländern zu wählen. Wir haben großen Respekt vor Deutschland, vor allem weil Deutschland uns in vielen Bereichen hilft. Deutschland war das erste Land, das uns als unabhängig anerkannt hat. Und bis heute haben wir immer eine sehr gute Beziehung zu Deutschland. In jeder Gruppe haben Menschen unterschiedliche Meinungen. Aber ich denke, dass momentan in Mali alle einig sind, dass einer der besten Partner, den wir haben, Deutschland ist.

    Was wollen Sie ganz konkret in Bezug auf Bewässerung?

    Angesichts des Klimawandels müssen wir unsere Landwirtschaft von den klimatischen Launen unabhängiger machen. Wir erwarten von Deutschland viel Unterstützung beim Bewässerungsmanagement. Wir erwarten auch Unterstützung bei der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte.

    Wollen Sie den Import von technischen Geräten und Ausrüstung, oder geht es zunächst eher um die Vermittlung von Know-how?

    Ich denke, wir brauchen beides. Die Wissensvermittlung allein reicht nicht aus. Denn wenn Sie das Know-how vermitteln, muss es auch die Ausrüstung und notwendige Expertise geben, um dieses Know-how aufnehmen zu können. Wir müssen uns jetzt in Richtung Verarbeitung und Vermarktung bewegen, und vor allem auch in Richtung Lagerung und Konservierung.

    Wir haben kürzlich über Fonio berichtet, das auch in Mali angebaut wird. Die Vision der Welternährungsorganisation in Rom ist sehr positiv, dass eine Pflanze wie Fonio die Ernährung revolutionieren könnte. Was denken Sie?

    Fonio kann die Ernährung revolutionieren. Das sage ich und werde ich überall sagen. Man muss bedenken, dass auch revolutionäre Nahrungsmittel wie Reis früher nicht bekannt waren. Fonio ist sogar einfacher, weil es nicht so anspruchsvoll beim Wasserbedarf und den Bodenarten ist. In Bezug auf Bio-Ökonomie denke ich, dass wir uns viel mehr auf die Förderung von Fonio konzentrieren sollten. Die Herausforderung bei Fonio ist die Sortenvielfalt – man muss produktivere Sorten finden – und wie es nach der Ernte weitergeht. Wenn wir wirklich schnell Ernährungssicherheit erreichen wollen, gibt es zwei wesentliche Kulturen. Für die Sahelzone sind das Fonio und Mais.

    Außer Deutschland – welche Länder helfen Ihnen in der Landwirtschaft?

    Da gibt es Organisationen wie IFAD, die Weltbank, auch die FAO, mit der wir viel zusammenarbeiten. Es gibt andere Länder wie Luxemburg, Italien, die auch im Agrarsektor tätig sind.

    Spielt es eine Rolle, dass Russland Düngemittel schickt?

    Nein, aber wir sind dabei, einen gemeinsamen Fahrplan zu entwickeln. Wir arbeiten in vielen Bereichen zusammen. In der Landwirtschaft geht es vor allem um Lieferketten, aber auch um Technologietransfer und Ausbildungsaspekte.

    Welche Rolle spielt China in Mali?

    China ist vor allem in der Verarbeitung von Zuckerrohr aktiv und in der Textilwirtschaft.

    Werden Sie dieses Jahr nach den Wahlen weiter im Landwirtschaftsministerium zur Verfügung stehen?

    Nun, das ist eine Entscheidung des Präsidenten. Ich bin seit Juli in der Regierung. Es liegt jetzt an ihm, zu sehen, wie die Dinge laufen.

    Aber ist das Datum jetzt festgelegt? Die Rede war von 2025.

    Für die Wahlen? Nun, ich könnte dieses Datum nicht nennen. Da gibt es andere, die viel mehr Befugnis haben als ich, das anzukündigen.

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    News

    DR Kongo wertet M23-Offensive als ruandische Kriegserklärung

    Die M23-Rebellen im Osten der Demokratischen Republik Kongo haben am Montag nach eigenen Angaben die Provinzhauptstadt Goma eingenommen. Die kongolesische Regierung wertet dies als eine ruandische Kriegserklärung. Die Eroberung der Stadt hat nach Angaben der Leiterin der UN-Friedensmission Monusco eine “Massenpanik” unter den eine Million Einwohnern der Stadt und fast ebenso vielen Vertriebenen ausgelöst. Die Rebellen kontrollieren nun mehr kongolesisches Gebiet als je zuvor.

    UN-Experten zufolge unterstützt Ruanda die 2022 gestartete M23-Offensive mit Kriegsgerät und Truppen. Zwischen 500 und 1.000 ruandische Soldaten trafen am Sonntag ein, um die M23-Gruppen in der Nähe von Goma zu verstärken, so UN-Quellen zur Nachrichtenagentur AFP. Kongolesische und ruandische Truppen lieferten sich am Montag entlang der gemeinsamen Grenze Schusswechsel, wie Reuters unter Berufung auf UN-Quellen berichtet. Die Krise könnte zu einem neuen Krieg zwischen Kongo und Ruanda eskalieren. Am Sonntag brach Kinshasa die diplomatischen Beziehungen zu Ruanda ab. Kigali zog daraufhin seine Diplomaten aus der kongolesischen Hauptstadt ab.

    DR Kongo fordert Embargo gegen “ruandische” Mineralien

    Der UN-Sicherheitsrat hat den Rückzug aggressiver “externer Kräfte” in der Region gefordert, ohne diese jedoch ausdrücklich zu benennen. UN-Chef António Guterres forderte Ruanda auf, seine Streitkräfte aus dem Kongo abzuziehen. Die kongolesische Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner nannte die Offensive “einen Frontalangriff. Kayikwamba forderte den Sicherheitsrat auf, ein “vollständiges Embargo für die Ausfuhr aller als ruandisch bezeichneten Mineralien, insbesondere von Gold”, zu verhängen.

    Die Rebellen hatten vor kurzem Minova, ein wichtiges Versorgungszentrum für Goma, sowie die regionalen Zentren Sake und Masisi eingenommen. Sie kontrollieren auch die wichtige Bergbaustadt Rubaya.

    Drei UN-Blauhelmsoldaten – zwei Südafrikaner und ein Uruguayer – wurden in der vergangenen Woche getötet. Sieben weitere südafrikanische Soldaten und drei Soldaten aus Malawi, die in einer separaten Mission der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) im Einsatz waren, wurden nach Angaben der südafrikanischen und der UN-Behörden ebenfalls getötet. Das ruandische Außenministerium erklärte: “Die Kämpfe in der Nähe der ruandischen Grenze stellen weiterhin eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit und territoriale Integrität Ruandas dar und machen eine anhaltende Verteidigungshaltung Ruandas erforderlich.”

    Verhandlungen in Nairobi angesetzt

    Kenia gab am Sonntag bekannt, dass Kongos Präsident Félix Tshisekedi sowie sein ruandischer Amtskollege Paul Kagame ihre Teilnahme an einem Gipfeltreffen in den nächsten zwei Tagen zugesagt haben. Präsident William Ruto, Vorsitzender der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) und Vermittler im Friedensprozess von Nairobi, wird eine Dringlichkeitssitzung für die Staatschefs abhalten.

    Das Bundesentwicklungsministerium rief in einer Stellungnahme am Montag zu einem Ende der Gewalt auf: “Ruandas Soldaten und die von ihnen unterstützte Rebellengruppe M23 müssen sich – wie gestern vom UN-Sicherheitsrat und auch der EU-Außenbeauftragten gefordert – umgehend zurückziehen. Alle Seiten müssen an den Verhandlungstisch und zur Deeskalation beitragen.” Der britische UN-Gesandte hat ein Ende der Angriffe auf die UN-Friedenstruppen gefordert, während der französische Außenminister Jean-Noël Barrot sagte, die von Ruanda unterstützte Offensive müsse “aufhören”. Deutschland, die USA, Frankreich und Großbritannien haben ihre Bürger aufgefordert, Goma zu verlassen. ajs

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    Neue Seidenstraße: Chinas Solar-Installationen erreichen Rekord

    Chinesische Firmen haben im vergangenen Jahr 24 Gigawatt an Stromerzeugungskapazität in den Partnerländern der “Neuen Seidenstraße” installiert. Mit acht Gigawatt macht die Solarkraft den größten Anteil daran aus. Beide Ziffern sind Rekordwerte seit Bestehen der Neuen Seidenstraße, wie aus einem Bericht der Unternehmensberatung Wood Mackenzie hervorgeht. Knapp über die Hälfte der im Jahr 2024 installierten Leistung sind erneuerbare Energien.

    “Chinesische Unternehmen geben umweltfreundlicheren Technologien im Ausland hohe Priorität, und diese machen mehr als zwei Drittel der Projektpipeline aus”, sagt Alex Whitworth, Leiter der Forschungsabteilung für Energie und erneuerbare Energien im asiatisch-pazifischen Raum bei Wood Mackenzie. Allerdings wurden auch sechs Gigawatt an Kohlekraft installiert, obwohl die chinesische Regierung das Ziel ausgegeben hat, keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland zu bauen.

    Asien macht den Großteil der seit Bestehen der Neuen Seidenstraße installierten Leistung aus (70 Prozent). Afrikanische Staaten stehen mit 15 Prozent auf Rang 2. Afrikas Solar-Importe aus China haben sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht, wie Alex Jones von Ember auf Bluesky schreibt – allerdings noch immer von einem sehr geringen Level. nib

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    Standpunkt

    Werden geopolitische Risiken und Reformdruck die größten Wirtschaftsthemen 2025?

    Von Tobias Heidland
    Tobias Heidland forscht am Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

    Einen kurzen Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung eines ganzen Kontinents im Jahr 2025 zu versuchen, ist eine fast unmögliche Aufgabe und erfordert, sich auf die wichtigsten Makrotrends zu fokussieren. Der IWF prognostizierte im Oktober ein durchschnittliches Wachstum von 4,2 Prozent und schob direkt nach, dass dies nicht ausreichend sei, um Armut effektiv zu reduzieren und perspektivisch zu Mitteleinkommensländern zu werden. Diese Projektion betrachtete jedoch noch nicht das größte Risiko für die Weltwirtschaft, das sich erst Anfang November manifestierte: die neuen Machthaber in Washington.

    Donald Trump hat im Wahlkampf angekündigt, dass sich die afrikanischen Länder zwischen den USA und China entscheiden werden müssen. Er stellte mehrere multilaterale Institutionen infrage, die eine zentrale Rolle für Mittel- und Niedrigeinkommensländer haben, hat Strafzölle angekündigt und will die Europäer dazu verpflichten, deutliche größere Teile ihres Budgets für Verteidigung auszugeben. Die USA werden überdies deutlich transaktionaler auftreten, was für einige Überraschungen für den Westen sorgen könnte, wenn sich Länder als Reaktion von ihm abwenden.

    Afrikanische Länder dürften von Strafzöllen verschont bleiben

    Sollte ein globaler Handelskrieg ausbrechen, könnten viele afrikanische Länder darauf hoffen, dass sie bewusst von Instrumenten wie Strafzöllen verschont blieben, um sie auf die Seite des jeweiligen geopolitischen Blocks zu ziehen. Zugleich werden aber mit großer Wahrscheinlichkeit die makroökonomischen Spielräume für viele Länder schrumpfen, wenn beispielsweise Entwicklungsgelder deutlich gekürzt werden. Besonders schwierig wird die Lage für jene Länder werden, die im kommenden Jahr auf Umschuldungen oder Schuldenschnitte angewiesen sein werden.

    Ich bin sehr pessimistisch, dass sich der stark von den USA beeinflusste Paris Club mit dem wichtigen Gläubiger China auf dringend benötigte Umschuldungen und Schuldenschnitte für afrikanische Länder einigen wird. China ist kein Mitglied und wird im Weißen Haus als Rivale Nummer eins begriffen. Man wird in Afrika 2025 also weniger als in der Vergangenheit auf den Westen und Institutionen wie Weltbank und IWF zählen können.

    Dennoch Anreize für Reformen gegeben

    Diese Gemengelage und sich parallel dazu verschärfende Megatrends wie das Bevölkerungswachstum geben mir aber auch Hoffnung, dass es dieses Jahr strukturell in vielen afrikanischen Ländern vorangehen wird. Mehr Regierungen werden den Anreiz haben, ernsthafte Reformen auf den Weg zu bringen. Dies wäre auch bereits ohne den zusätzlichen Impuls von außen der Fall. Denn die Bevölkerung ist in einem Großteil Afrikas mit der Arbeit des Staates unzufrieden. Das Jahr 2024 brachte beispielsweise den erstmaligen Verlust der absoluten Mehrheit für den ANC, und auch im benachbarten Botswana gab es eine Wahlniederlage der langjährigen Regierungspartei. Generell zeigt sich, dass die stark wachsende junge Bevölkerung deutlichen Druck auf die alteingesessenen Parteien ausübt. Auch die Proteste in Kenia lassen sich hiermit erklären.

    Bei aller Freude über mehr Reformdruck durch die Wahlurne müssen wir uns aber auch bewusst machen, dass sich die Unzufriedenheit nicht zwangsläufig in demokratischen Bahnen bricht. Sie hatte auch zur Folge, dass Militärs eine breite Unterstützung in der Bevölkerung genossen, als sie wie im Niger die als illegitim wahrgenommene Regierung aus dem Amt putschten. Für das Jahr 2025 bleibt festzuhalten: Der Druck steigt, gegenüber den eigenen Bürgern abzuliefern.

    Einnahmeseite der Staaten muss gesteigert werden

    Die Veränderungen der Prioritäten im Rest der Welt verstärkt diesen Anreiz. Viele wichtige Geberländer im Westen, aber auch China, kürzen die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Während also die Bevölkerungen wachsen und die Bedarfe auch durch Trends wie den voranschreitenden Klimawandel größer werden, sinken die Möglichkeiten für afrikanische Regierungen ihre staatlichen Aufgaben aus Entwicklungsgeldern zu finanzieren. Ich erwarte daher mehr Reformen, die auf einen Abbau ineffizienter Subventionen zielen oder die Einnahmenseite des Staates stärken. Diese Arten von Reformen sind zugleich ein Pulverfass, wenn die Bevölkerung den Eindruck hat, dass ein ineffizientes Staatswesen zugleich keine Gegenleistung bietet – siehe die Proteste in Nairobi. Doch ohne schmerzhafte Anpassungen wird es nicht gehen.

    Die heimischen Veränderungen und der geopolitische Streit im Rest der Welt sorgen also dafür, dass afrikanische Regierungen das eigene Haus in Ordnung bringen müssen. Gelingt dies, so gewinnen ihre Länder perspektivisch Souveränität, und somit würde einer der großen Konfliktpunkte zwischen dem Westen und vielen afrikanischen Ländern in der Zukunft kleiner sein.

    Tobias Heidland leitet das Forschungszentrum “Internationale Entwicklung” am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Heidland befasst sich in seiner Forschung insbesondere mit Migration und Kapitalströmen in Entwicklungsländern.

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    Presseschau

    Financial Times: Stahlkrise in Südafrika. Südafrika führt derzeit Krisengespräche mit Arcelor Mittal, um die Schließung seiner beiden größten Stahlwerke zu verhindern. Kobus Verster, Vorstandsvorsitzender von Arcelor Mittal Südafrika, erklärte diesen Monat, dass das Unternehmen die Schließung der Stahlwerke aufgrund hoher Energie- und Logistikkosten, schwachen BIP-Wachstums und eines Zustroms billiger Stahlimporte aus China nicht länger hinauszögern könne. (“South Africa in emergency talks to save ‘critical’ steel plants”)

    Taz: Wahlfälscher wird Guerilla in der DR Kongo. Nach den Wahlen Ende 2023 verkündete Corneille Nangaa, der ehemalige Chef der Wahlkommission, die Gründung der Allianz des Kongo-Flusses (AFC) als Rebellenbündnis und erklärte der Regierung den Krieg. Heute ist aus dem einstigen Wahlfälscher ein Rebellenführer geworden. Statt im Anzug sieht man Nangaa nun in Flecktarnuniform und kugelsicherer Weste durch die Wälder Ostkongos marschieren. (“Flecktarnuniform statt Anzug”)

    Foreign Policy: Trump als Chance für den Sudan. In seiner ersten Amtszeit feierte Trump mit der Unterzeichnung der Abraham Accords durch den Sudan einen diplomatischen Erfolg. Nun will Trump seine Nahostpolitik wieder aufnehmen. Dazu braucht er aber einen stabilen Sudan. Cameron Hudson sieht darin eine Chance für eine schnellere Stabilisierung des ostafrikanischen Landes – zumindest dürfte das US-amerikanische Interesse an einem Ende des Konflikts steigen. (“Only Trump Can Make Peace in Sudan”)

    Reuters: Koalitionsstreit in Südafrika. Die südafrikanische Partei Democratic Alliance (DA) streitet mit der Regierung der Nationalen Einheit (GNU). Die DA wirft der Regierung vor, sie bei Gesetzesentwürfen zu Gesundheit und Landenteignung nicht konsultiert zu haben. Trotz der Differenzen erklärte die Partei, sie werde die Regierung nicht verlassen, müsse aber die Beziehungen neu ausrichten. (“South Africa’s DA party declares dispute with unity government”)

    Guardian: Frauenrechte schützen. Ramatu Bangura fürchtet, dass die durch Trump an Bedeutung gewonnene religiöse Rechte die Opposition in Sierra Leone stärken wird. Das Land stehe kurz davor, die Abtreibung zu legalisieren, was ein wichtiger Schritt gegen die hohe Müttersterblichkeit und für die Selbstbestimmungsrechte der Frauen wäre. (“Sierra Leone is on the brink of legalising abortion. We must not allow the US far right to infiltrate and stop us”)

    Africa News: Öl statt Holz. Ein kamerunischer Ingenieur hat eine Alternative zu den im Land noch weit verbreiteten Holz- und Kohleöfen entwickelt, die von vielen Menschen zum Kochen verwendet werden. Sein Ofen verwendet recyceltes Altöl und Solarenergie. (“How a Cameroonian stove turns recycled oil into clean fuel”)

    Wirtschaftswoche: Winter am Kap. Immer mehr Mitarbeiter von Tech-Start-ups entfliehen dem kalten Winter in Deutschland und ziehen deswegen für ein paar Monate nach Südafrika. Da die Zeitverschiebung keine Rolle spielt, ist das Land gut für Homeoffice geeignet und auch die Preise sind aus deutscher Sicht attraktiv. (“Die Tech-Szene überwintert in Kapstadt”)

    Heads

    Doto Mashaka Biteko – Tansanias pragmatischer Energieminister

    Tansanias Energieminister Doto Mashaka Biteko beim Afrika-Russland-Gipfel in Sankt Petersburg.
    Tansanias Energieminister Doto Mashaka Biteko beim Afrika-Russland-Gipfel in Sankt Petersburg.

    Welchen Stellenwert die Energieversorgung für Tansania hat, zeigt sich daran, dass Energieminister Doto Mashaka Biteko gleichzeitig auch stellvertretender Ministerpräsident im Kabinett von Präsidentin Samia Suluhu Hassan ist. Auf dem Afrikanischen Energiegipfel in Tansanias Hafenmetropole Daressalam legte Biteko am Montag dar, welche Relevanz eine sichere Energieversorgung für sein Land, aber auch für den ganzen Kontinent hat. “Wir haben uns verpflichtet, dafür zu sorgen, dass in den nächsten fünf Jahren mindestens 300 Millionen Menschen in ganz Afrika Zugang zu Elektrizität erhalten“, sagte der 46-Jährige auf dem Gipfel, der an diesem Dienstag zu Ende geht. “Das ist ein erreichbares Ziel und Tansania ist stolz darauf, einen Beitrag zur Verwirklichung dieses Ziels zu leisten”.

    Tatsächlich ist das Ziel des Gipfels, bis 2030 deutlich mehr afrikanische Haushalte mit Strom zu versorgen. Veranstaltet wird der Gipfel unter anderem auch von der Afrikanischen Entwicklungsbank. Aus welchen Quellen der Strom künftig stammen soll, darüber lässt sich streiten. Die Bundesregierung, die auf dem Gipfel unter anderem mit BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth vertreten ist, will vor allem für grüne Energien werben.

    Große Erdgasvorkommen

    Tansania gehört allerdings zu den afrikanischen Ländern, die von ihren fossilen Energiequellen profitieren möchten. Damit unterscheidet sich Tansania von seinem nördlichen Nachbarn Kenia, das sich als Vorreiter der grünen Energiewende sieht. Kenia setzt dabei vor allem auf Geothermie. Tansania hingegen verfügt jedoch über nicht unerhebliche Erdgasvorkommen. Auf rund 57 Billionen Kubikfuß (1,6 Billionen Kubikmeter) Erdgas schätzt die tansanische Regierung das Vorkommen vor der Küste. Dieses will die Regierung auch in Form von LNG-Gas exportieren. Im vergangenen Jahr warb Biteko daher auf einem Journalistenforum für die Nutzung von Erdgas als klimafreundliche Energieressource. Biteko ist überzeugt, dass das Gas Tansania dabei helfen kann, die nationalen Klimaziele zu erreichen. Zwar sollen auch nachhaltige Quellen weiter ausgebaut werden, ohne Gas will Tansania angesichts seines steigenden Strombedarfs jedoch nicht auskommen.

    Erdgas ist seit mittlerweile rund zehn Jahren Tansanias wichtigste Energiequelle bei der Stromversorgung. Der Anteil lag laut der Internationalen Energieagentur bei gut 69 Prozent. Wasserkraft machten gut 29 Prozent am Strommix aus. Öl spielt demnach kaum noch eine Rolle bei der Stromproduktion. Gleichwohl hat Tansania grünes Licht gegeben für den Bau der East African Crude Oil Pipeline, die von Uganda über Tansania verlaufen soll. Von Daressalam soll das Öl dann exportiert werden.

    Ehemals Bergbauminister

    Biteko ist mittlerweile seit rund 20 Jahren in Tansanias Regierungspartei Chama Cha Mapinduzi (CCM) aktiv – zunächst in der Jugendorganisation der Partei. Seit 2015 ist er Mitglied des tansanischen Parlaments. Zuvor studierte Biteko Pädagogik und arbeitete als Lehrer im Nordwesten des Landes. Seit Beginn seiner Abgeordnetentätigkeit lag der Fokus von Bitekos politischer Arbeit jedoch in erster Linie auf den Bereichen Energie und Bergbau. So war er zwischen 2015 und 2018 Vorsitzender des Energie- und Bergbauausschusses im Parlament. Ab 2017 wurde Biteko noch unter dem damaligen Präsidenten John Magufuli zunächst stellvertretender Bergbauminister. Ab 2019 übernahm er dann die Leitung des Ministeriums und verblieb in dieser Position auch nach dem Tod Magufulis. Im September 2023 übertrug dessen Nachfolgerin Hassan Biteko nicht nur das Energieministerium, sondern beförderte ihn schließlich auch zum stellvertretenden Ministerpräsidenten.

    Als ehemaliger Bergbauminister hat Biteko im Übrigen noch eine andere Energiequelle im Blick, die für Tansania perspektivisch interessant sein könnte: Atomkraft. “Wir haben bereits ein Uranprogramm, aber jetzt wollen wir uns neue Technologien aus anderen Ländern ansehen”, sagte Biteko bereits 2023 auf dem zweiten Afrika-Russland-Gipfel in Sankt Petersburg. Laut der World Nuclear Association verfügt Tansania über rund 60.000 Tonnen abbaubares Uran. David Renke

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    Dessert

    Seitenansicht des Kriegerdenkmals im Zoo Park in Windhoek.

    Im Zentrum der namibischen Hauptstadt Windhoek steht eine bemerkenswerte Statue. Im Zoo Park an der Independence Avenue befindet sich dort seit 1897 ein Kriegerdenkmal. Seit 1969 gilt die Statue als Nationales Denkmal Namibias. Das Bemerkenswerte: Auf dem etwa zwei Meter hohen Eisenobelisk prangt noch immer der deutsche Reichsadler. Er wurde einst zum “Andenken der in dem Kriege gegen den Stamm der Witbooi’s in den Jahren 1893 und 94 gefallenen Helden” als Schutztruppen-Denkmal errichtet.

    Die deutschen Kolonialtruppen unter Curt von François hatten damals eine Kampagne gegen die Witbooi-Orlam (Nama) unter ihrem Oberhaupt Hendrik Witbooi geführt. Bevor dieser in die Naukluftberge zurückgedrängt wurde, verübten die Deutschen das Massaker von Hornkranz. Auch zeitgenössische kolonialfreundliche Autoren leugnen nicht, dass es bei dem Angriff zu zahlreichen zivilen Todesopfern und Verwundeten kam. Gewidmet ist das Denkmal neben den deutschen Soldaten auch ihren lokalen Verbündeten, den Basters. Diese Volksgruppe umfasst die Nachfahren niederländischer Buren und ihrer Nama-Frauen. Ihr Name stammt von dem afrikaansen Wort für Bastard, ist aber über die Jahre zu einer bedeutungsneutralen Selbstbezeichnung geworden.

    Dass mitten in der namibischen Hauptstadt noch heute eine deutsche Kolonialstatue steht, noch dazu als Nationales Denkmal, zeugt auch vom komplizierten Verhältnis Namibias zur ehemaligen Kolonialmacht: Während Herero, Nama und San von den Deutschen massakriert wurden, gab es auch Gruppen in Deutsch-Südwestafrika, die sich mit den Kolonialisten zunächst arrangierten, wie etwa die Basters. Die Ovambo im Norden des Landes wurden von den Deutschen sogar weitestgehend ignoriert. Dementsprechend bilden sie heute die Bevölkerungsmehrheit und dominieren Namibias Staatsapparat und Wirtschaft.

    Diese Gemengelage trägt dazu bei, dass das Schutztruppen-Denkmal noch heute unverändert steht. Zwar konnte man sich in Namibia nach dem Erreichen der Unabhängigkeit im Jahr 1990 schnell darüber verständigen, die Kaiserstraße am Zoo Park in Independence Avenue umzubenennen. Auch ein Reiterdenkmal Kaiser Wilhelms wurde entfernt. Ein für alle akzeptabler Umgang mit dem Kriegerdenkmal muss dagegen noch gefunden werden. Ende November wurde der Obelisk beschmiert: “Fuck Germany. Rest in hell”, hat jemand darauf gesprüht. ajs

    Africa.Table Redaktion

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