Table.Briefing: Africa

Niger: Warum die Bundeswehr ohne Mandat bleiben soll + Südafrika: Mit wem der ANC koalieren will

Liebe Leserin, lieber Leser,

in dieser Ausgabe beginnen wir damit, Ihnen die 100 wichtigsten Köpfe der deutschsprachigen Afrika-Szene vorzustellen – die aus Sicht der Redaktion entscheidenden Macherinnen und Macher aus Verwaltung, Verbänden, Unternehmen, Wissenschaft, Thinktanks, Gesellschaft, Politik, Beratung, Stiftungen und NGOs. In jeder Ausgabe werden wir Ihnen die wichtigsten Namen aus einer Kategorie präsentieren. Manche Namen dürften gesetzt sein, einige überraschend, manche kontrovers. Wir haben uns die Auswahl nicht leicht gemacht und sind auf Ihre Reaktion gespannt.

Und auch in dieser Ausgabe haben wir für Sie Analysen, Nachrichten, Standpunkte und Meinungen. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

Ihr
Christian von Hiller
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Analyse

Bundeswehr in Niger: Warum das Verteidigungsministerium auf Konfrontationskurs mit dem Parlament geht

Mit dem aktuellen Vorstoß, die Bundeswehr im Niger zu belassen, nimmt das Verteidigungsministerium nicht nur mit dem Auswärtigen Amt Spannungen in Kauf. Auch im Bundestag blickt man auf das Vorgehen mit Unverständnis, quer über Ampel- und Oppositionsparteien hinweg. Das rückt die geplante Bundeswehrmission schon vorab in ein schwieriges Licht. Das AA hatte sich laut Spiegel-Informationen aus den bilateralen Verhandlungen zurückgezogen. Demnach erachtet das Auswärtige Amt die Putschregierung in Niger nicht als verlässlich.

Die Bundeswehr soll dennoch nach Wunsch des BMVg mindestens bis August auf dem Stützpunkt in Niger bleiben. Derzeit sind es 90 Soldaten. Mit einer in der vergangenen Woche unterzeichneten Übergangsvereinbarung hat das BMVg Tatsachen geschaffen. Bisher war die Präsenz der deutschen Soldaten durch das vom Bundestag abgesegnete Minusma-Mandat abgedeckt. Das lief am 31. Mai aus.

Kein Bundestagsmandat benötigt

Wenn es nach dem BMVg geht, sollen auch über August hinaus 30 bis 40 Soldaten in Niamey bleiben, als deutsche Mission. Weil aber das Risiko, in Kampfhandlungen verwickelt zu werden, vom BMVg als gering eingeschätzt wird, bedarf es rein formell keines Bundestagsmandats – “Parlamentsarmee” hin oder her. Bewaffnet werden soll diese Bundeswehrmission nach Informationen von Table.Briefings trotzdem, zur Selbstverteidigung. Anders etwa als die bilateral eingesetzten Militärberater, die Deutschland derzeit in Mali, Burkina Faso und Niger stellt. Eine Kompetenzüberschreitung des BMVg ist das bilaterale Abkommen nicht, und rein rechtlich geht das BMVg korrekt vor. Kritik aus dem Parlament gibt es dennoch.

“Unabhängig von der Frage, wie das BMVg und einzelne Abgeordnete in der Sache dazu stehen: Mit der Junta weiterzuverhandeln wohl wissend, dass es eine Haushaltssperre gibt, die Angebote an Niger quasi unmöglich macht, ist schon allerhand“, sagt Sara Nanni, sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag im Gespräch mit Table.Briefings. Das Vorgehen entspreche nicht dem Geiste der Parlamentsarmee, bei der Regierung und Parlament gleichermaßen Verantwortung für die Streitkräfte tragen. Die Union hat einen Bericht des Ministeriums über die “Zukunft des Luftwaffenstützpunktes Niamey nach Beendigung der militärischen Partnerschaftsmission EUMPM Niger” angefordert, wie sie Table.Briefings auf Anfrage mitteilte.

Union fordert Bericht vom Ministerium

Auch in der Opposition ist man über das Vorgehen des BMVg irritiert. Eine wohl verabredete Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses zu den von Generalleutnant Gunter Schneider geführten Verhandlungen in Niger hat es nach Informationen von Table.Briefings nicht gegeben. Stattdessen unterrichtete das Ministerium Mitte vergangener Woche nur Vertreter der Ampelregierung. Nun soll der von der Union angeforderte Bericht Klarheit schaffen. Dieser soll in der Ausschusssitzung am Mittwoch diskutiert werden. Zudem muss sich Pistorius ebenfalls am Mittwoch der Regierungsbefragung im Plenum des Bundestages stellen.

Rückendeckung bekommt das Pistorius-Ministerium aus der eigenen Partei. “Ich fühle mich nicht ausgetrickst. Das BMVg hat in seiner Argumentation recht. Wenn wir nicht vor Ort bleiben, übernehmen andere die Führung in der Region. Für Europa spielt die Region aber durch die Themen Migration und den Kampf gegen den Terror eine wichtige Rolle“, sagt Jürgen Coße, Außen- und Afrika-Experte der SPD-Bundestagsfraktion.

Das BMVg sieht zwingende sicherheitspolitische Gründe, die Basis zu behalten. “Die Lage in Afrika ist in vielen Bereichen nicht leicht. Vor allen Dingen die Region Sahel, Westafrika, ist teilweise auch fragil“, sagte Mitko Müller, Sprecher des BMVg, am Freitag in der Bundespressekonferenz. Die Basis soll demnach im Notfall für Evakuierungen deutscher Staatsbürger genutzt werden, sollte dies in der Region notwendig sein. “Insoweit galt es für uns, zwischen den Möglichkeiten, die vor Ort existieren, der Verpflichtung, die Deutschland hat, und dem Auftrag, den die Bundeswehr hat, abzuwägen”, so Müller weiter.

Argumentation des BMVg weist Lücken auf

Mit diesen Überlegungen wollte man im Ministerium offenbar auch den Erfahrungen der chaotischen Evakuierung aus dem Sudan im vergangenen Jahr Rechnung tragen. “Wenn man in solch einem Szenario, in dem es kritisch zugeht, Tage oder Wochen damit verbringt, einen Stützpunkt zu finden, von dem aus man operieren kann, dann kann es um Menschenleben gehen“, so Müller.

Doch die Argumentation des BMVg weist Lücken auf. Denn in der Region gibt es einen weiteren Stützpunkt, der seine Tauglichkeit auch kürzlich bewiesen hat – trotz des spontanen Aufbaus und der Randlage in Westafrika. Die Rede ist vom Lufttransportstützpunkt in Dakar, im Senegal. Diese Infrastruktur will Deutschland nach Informationen von Table.Briefings ebenfalls behalten und befindet sich dazu im Gespräch mit der neu gewählten senegalesischen Regierung.

Stützpunkt in Dakar für Minusma-Rücktransport genutzt

Über Dakar lief am Ende ein Teil des Rücktransports der Minusma-Güter, und auch die letzten Soldaten reisten über Dakar zurück. Es ist nicht das erste Mal, dass der Senegal seine Tauglichkeit als Stützpunkt bewiesen hat: Zu Beginn des Minusma-Einsatzes der Bundeswehr wurden über Dakar Güter eingeführt für Mali. Und auch während der Ebola-Epidemie 2014 war Dakar Umschlagplatz.

Zwar ist der Stützpunkt im Senegal in Größe und Ausstattung nicht mit dem in Niger zu vergleichen. Billiger dürfte die Aufrechterhaltung allemal sein. Der Lufttransportstützpunkt in Niamey hat mindestens 100 Millionen Euro gekostet, wie das BMVg in der Bundespressekonferenz bestätigte. Die derzeitigen monatlichen Betriebskosten der Anlage am Flughafen von Niamey konnte das BMVg nicht benennen.

Zukunft des Militärkrankenhauses unklar

Immer wieder wird in Gesprächen auch darauf verwiesen, dass der Stützpunkt in Niamey den Bau des Militärkrankenhauses vor Ort mit begleiten soll. Das ist im Deal von BMVg und Niger ebenfalls vorgesehen. Der Bau soll idealerweise im August starten und dann innerhalb von drei Jahren abgeschlossen werden. Wer das Krankenhaus im an Fachkräften armen Niger danach betreiben soll, ist noch eine ganz andere unbeantwortete Frage.

Auch die Grünen-Sicherheitsexpertin Nanni findet die Argumentation des BMVg in Abwägung mit der Sicherheit der im Niger stationierten Soldaten nicht überzeugend. “Minusma wurde auf Druck des Parlaments beendet. Zu meinem Bedauern. Aber so sind die Spielregeln. Im Falle Niger nutzt das BMVg es aus, dass es formal für die Entsendung an sich keine Zustimmung des Parlamentes braucht. Nur für das Geld. Die Auseinandersetzung auf diese Ebene zu zwingen, weil man inhaltlich nicht überzeugen kann, ist kein guter Stil“, so Nanni weiter. Mitarbeit: Thomas Wiegold

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Südafrika bereitet sich auf eine Koalition der Unwilligen vor

Nur eines ist nach der Wahl in Südafrika sicher: Der ANC ist stärkste Kraft geblieben. Selbst die Frage, ob Cyril Ramaphosa Präsident von Südafrika bleiben wird, ist am heutigen Montag etwas ungewisser geworden. Die entscheidende Frage, die zuvor jedoch gelöst werden muss, lautet: Mit welchem Koalitionspartner will denn der ANC eine Regierung bilden?

Ramaphosa hat die Wahl zwischen Pest und Cholera. Denn nur zwei mögliche Bündnispartner stehen ihm zur Verfügung, nachdem die Economic Freedom Fighters (EFF) zu schwach abgeschnitten haben: Auf der einen Seite ist die liberale Democratic Alliance (DA), auf der anderen die neue Partei uMkhonto weSizwe (MK) des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma. Nhlamulo Ndhlela, Sprecher von MK, hat bereits gesagt, dass seine Partei nur mit dem ANC koalieren würde, wenn Präsident Ramaphosa nicht für eine zweite Amtszeit antritt. Ramaphosa diene nicht den Interessen von MK.

Nach Auszählung aller Wahlbüros ergibt sich bei einer Wahlbeteiligung von 58,6 Prozent folgendes Bild:

  • ANC                 40,2 Prozent (2024)                57,5 Prozent (2019)                -17,3 Prozentpunkte
  • DA                   21,8 Prozent (2024)                 20,8 Prozent (2019)               +1,0 Prozentpunkt
  • MK                  14,6 Prozent (2024)                 2019 nicht existent
  • EFF                  9,5 Prozent (2024)                 10,8 Prozent (2019)               -1,3 Prozentpunkte
  • Sonstige         13,9 Prozent (2024)                 10,9 Prozent (2019)

Koalition mit DA wird schwierig

Die DA ist der bevorzugte Partner von Wirtschaft und Finanzmärkten. Diese Koalition würde für eine überwiegend liberale Wirtschaftspolitik stehen. Allerdings ist schwer vorstellbar, wie der Anführer der DA, John Steenhuisen, und Ramaphosa in einer Koalition ein Minimum an Gemeinsamkeiten finden sollen.

Denn das Wahlergebnis zeigt, dass Südafrikas Wähler überwiegend links stehen. Die drei Linksparteien ANC, MK und EFF erreichen zusammen 64,3 Prozent der Stimmen. Im linken Lager bleibt Ramaphosa nur eine Koalition zwischen dem ANC und MK. Das wäre problematisch.

Ramphosa drängte Zuma aus dem Amt

Den MK prägt Jacob Zuma, jener Mann also, den Ramaphosa nach einer Reihe von Skandalen, sexuellen Übergriffen und Korruptionsfällen aus den Union Buildings in Pretoria gedrängt hat. Das Parlament wiederum wählt den Staatspräsidenten in der ersten Sitzung einer neuen Legislaturperiode. Ramaphosa müsste Zuma also bitten, dass die MK-Abgeordneten für jenen Mann stimmen, der Zuma politisch kaltstellen wollte.

Die Wahl hat allerdings auch gezeigt, dass Südafrika zwar von linken Parteien geprägt bleibt, dass es jedoch insgesamt wenig Veränderungen in den Präferenzen der Wähler gegeben hat.

Die Democratic Alliance hat gegenüber 2019 nur einen Prozentpunkt hinzugewonnen. Im Vergleich zu 2014, als sie erstmals bei nationalen Parlamentswahlen antrat, hat sie allerdings 0,4 Prozentpunkte verloren. Es scheint, als habe die Partei ihr Wählerpotenzial ausgeschöpft. Das macht sie in möglichen Koalitionsverhandlungen nicht stärker.

Genauso die Economic Freedom Fighters: Sie haben 1,3 Prozentpunkte gegenüber 2019 verloren. Die Verluste sind nicht dramatisch, zeigen jedoch, dass der Stern des charismatischen Anführers Julius Malema möglicherweise an Strahlkraft verloren hat.

Rechtsextreme Patriotic Alliance hat zugelegt

Die rechtsextreme Patriotic Alliance, die sich vor allem an coloured people richtet, hat dagegen von 0,04 Prozent im Jahr 2019 auf 2,1 Prozent zugelegt. Die Partei wurde 2013 von Gayton McKenzie, einem mehrfach verurteilten Kriminellen, und Kenny Kunene, der kaum weniger zwielichtig ist, gegründet. Dieser Stimmenzuwachs zeigt, wie gespalten die Gesellschaft in Südafrika ist. Dagegen hat die rechtsextreme Partei Vryheidsfront Plus (VF Plus) der Buren weiter an Bedeutung verloren. Sie ist von 2,4 Prozent 2019 auf nun 1,4 Prozent zurückgefallen.

Die größte Verschiebung sind die Stimmenverluste des ANC zugunsten von MK. Das Minus des ANC von 17,3 Prozentpunkten entspricht weitgehend dem Zuwachs von 14,6 Prozentpunkten für MK.

Hierbei handelt es sich in erster Linie um ein regionales Phänomen. In Jacob Zumas Heimatprovinz KwaZulu-Natal kommt MK auf 44,9 Prozent der Stimmen. Der ANC liegt mit 17,2 Prozent sogar hinter der ebenfalls nur regional starken, konservativen Inkatha Freedom Party (IFP), die 18,3 Prozent erreicht.

Der Schatten Zumas

Zuma selbst durfte wegen einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht für ein Abgeordnetenmandat kandidieren. Doch mit MK hat er nun eine Plattform, um die nationale Politik doch zu beeinflussen. Möglicherweise verliert der ANC dauerhaft die wichtige Provinz KwaZulu-Natal. Dort liegen der wichtigste Industriehafen des Landes, Durban, und Industriezentren wie Newcastle mit seiner Stahlfabrik von Mittal Steel und seinen Chemiekomplexen.

Gleichzeitig hat die Wahl gezeigt, dass der ANC in den anderen Provinzen unter dem Strich keine nennenswerten Stimmengewinne verzeichnen konnte. Im Gegenteil: Der Abwärtstrend hat sich fortgesetzt. 66,4 Prozent der Stimmen vereinte der ANC noch im Jahr 1999 auf sich. 2004 erreichte er sogar 69,7 Prozent. Vorbei. Seitdem erodiert die Wählerbasis des ANC von Wahl zu Wahl.

Wirklich stark ist der ANC nur noch in zwei Provinzen: In Ostkap mit den Hafenstädten Gqeberha (Port Elizabeth) und East London erreicht er 62,4 Prozent, in der Provinz Limpopo im Norden sogar 73,4 Prozent. Selbst wenn MK nicht angetreten wäre und der ANC sämtliche MK-Stimmen gewonnen hätte, ergäbe sich ein schlechteres Ergebnis als 2019: Vor fünf Jahren erreichte der ANC 57,5 Prozent. Dieses Mal waren es 40,2 Prozent. Selbst mit dem MK-Anteil von 14,6 Prozent wäre es nur 54,8 Prozent und somit 2,7 Prozentpunkte weniger geworden.

Auch das ist ein Grund dafür, dass Ramaphosa in die Koalitionsgespräche aus einer Position der Schwäche geht.

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Afrika: Diese Hilfen fordern die Länder für ihre NDCs

Zentrales Thema bei den UN-Klimaverhandlungen in diesem Jahr wird die Klimafinanzierung und ihre Bedeutung für die nationalen Klimapläne (NDCs) der einzelnen Länder sein. Ohne massive finanzielle und technische Unterstützung (“Konditionierung”) können viele Schwellen- und Entwicklungsländer ihre Ziele nicht erreichen – sei es beim Aufbau der erneuerbaren Energien, der Bekämpfung der Entwaldung, der Anpassung an den Klimawandel oder der Errichtung von CO₂-armer Infrastruktur.

Dieser Überblick von Table.Briefings zeigt, was wichtige afrikanische Länder benötigen, um ihre NDCs mit eigenen Anstrengungen und externer Hilfe umzusetzen. Viele Pläne haben “konditionierte” Ziele, die nur erreicht werden, wenn sie externe Finanzhilfen bekommen. Diese Hilfen wurden ihnen in Artikel 9 des Pariser Abkommens zugesagt. Die Pläne legen spezifische Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen in wichtigen Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft und Energie fest und enthalten Anpassungsstrategien.

Vor allem in vielen afrikanischen Ländern ist die Kluft zwischen dem Notwendigen und dem Machbaren groß. Zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050 sind demnach insgesamt Investitionen von etwa zwei Billionen Dollar nötig. Bedarf und Chancen von Finanzierung sind gerade in Afrika groß: Der Kontinent verfügt über große Potenziale für erneuerbare Energien, die bisher nur gering ausgebeutet werden. Er stellt etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung, aber nur 3 Prozent der CO₂-Emissionen. Viele wichtige Details hat die Climate Policy Inititative in einer informativen Übersicht zusammengestellt.

In Afrika haben 600 Millionen Menschen keinen Zugang zu regelmäßiger Stromversorgung oder leiden unter Luftverschmutzung durch Kochen mit Biomasse. Der Kontinent leidet auch darunter, dass die Investitionen sich in den wirtschaftlich starken Ländern konzentrieren. Ein Blick auf die einzelnen Länder zeigt die Situation:

Kenia

Kenias NDC umfasst CO₂-Minderung und Anpassung in verschiedenen Sektoren, darunter Energie, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Die geschätzten Gesamtkosten für Klimaschutz- und Anpassung bis 2030 belaufen sich auf 62 Milliarden US-Dollar. 21 Prozent der Kosten für Klimaschutz, circa 3,7 Milliarden, will das Land aus inländischen Quellen finanzieren. Für die restlichen 79 Prozent sowie die Adaptionskosten setzt es auf internationale Unterstützung in Form von Finanzmitteln, Technologie und Kapazitätsaufbau.

Nigeria

In den Jahren 2019/2020 investierte Nigeria durchschnittlich 1,9 Milliarden US-Dollar jährlich in klimarelevante Aktivitäten. Dies sind jedoch nur elf Prozent der geschätzten 17,7 Milliarden, die jährlich benötigt werden, um das “konditionierte” Ziel im NDC zu erreichen: Die Emissionen bis 2030 um 47 Prozent unter das Niveau des Ist-Zustands zu senken. Wichtiger Aspekt des nigerianischen NDCs ist der Energiesektor. Nigeria hat im August 2022 einen Energiewendeplan (Energy Transition Plan, ETP) ins Leben gerufen. Er wurde entwickelt, um den Weg hin zum Netto-Null-Ziel für 2060 zu ebnen. 

Ägypten

Um das aktualisierte NDC Ägyptens umzusetzen, sind schätzungsweise mindestens 246 Milliarden US-Dollar notwendig. Um diese Mittel (196 Milliarden für Mitigation, 50 Milliarden für Anpassung) zu mobilisieren, nutzt Ägypten seine Partnerschaften und innovative Finanzierungsstrategien wie Blended Finance und Debt-for-Climate-Swaps. Eine Schlüsselinitiative ist die Plattform Nexus of Water Food and Energy (NWFE), die hochprioritäre Anpassungs- und Klimaschutzprojekte bündelt und eine kritische Investition von 14,7 Milliarden US-Dollar anstrebt. Das Gastgeberland der COP27 hat sich 2023 verpflichtet, die Emissionen bis 2030 gegenüber einem Business-as-usual-Szenario zu senken: Im Energiesektor um 37 Prozent, im Verkehr um sieben Prozent, in Öl- und Gassektor um 65 Prozent – allerdings “abhängig von externer Hilfe”. Außerdem sollen die Erneuerbaren bis 2035 insgesamt 42 Prozent des Stroms generieren.

Uganda

Uganda hat einen Finanzierungsbedarf von insgesamt 28,1 Milliarden US-Dollar, um seine aktualisierten Klimaziele umzusetzen. Das Land hat sich verpflichtet, 4,1 Milliarden US-Dollar (15 Prozent der Gesamtkosten) aus eigenen inländischen Ressourcen für Klimaschutzmaßnahmen zu mobilisieren. Für die volle Umsetzung der Ziele müssten aber 85 Prozent der Summe aus externen Quellen kommen.

Marokko

Marokko schätzt, dass die Umsetzung seiner 61 geplanten sektoralen Minderungsmaßnahmen eine Gesamtinvestition von 38,8 Milliarden US-Dollar erfordern wird. Etwa die Hälfte dieser Kosten (21,5 Milliarden) wird voraussichtlich durch zusätzliche internationale Unterstützung finanziert werden. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht der Energiesektor, auf den zwei Drittel der nationalen Treibhausgasemissionen entfallen.

Demokratische Republik Kongo

Die Demokratische Republik Kongo (DRC) schätzt in ihrem NDC ihren Finanzbedarf für Klimaschutzmaßnahmen auf 48,68 Milliarden US-Dollar. Dafür sind 25,6 Milliarden für Minderung und 23,08 Milliarden für Anpassung vorgesehen. Das NDC verpflichtet sich zu einer 21-prozentigen Emissionssenkung von 2021 bis 2030, wovon allerdings 19 Prozent mit externer Unterstützung und zwei Prozent durch nationale Anstrengungen erreicht werden sollen. Die vom Land umgesetzten Minderungsmaßnahmen konzentrieren sich hauptsächlich auf die Bereiche Forstwirtschaft, Energie (einschließlich Verkehr), Landwirtschaft und Abfallwirtschaft.

Ghana

Zur Umsetzung seines NDC schätzt Ghana einen Finanzierungsbedarf von insgesamt 22,6 Milliarden US-Dollar. Das Land hat sich zu 31 spezifischen Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen verpflichtet, die sieben Wirtschaftssektoren umfassen. Während die ghanaische Regierung 6,3 Milliarden für diese Klimaschutzprogramme zugesagt hat, müssen die verbleibenden 16,3 Milliarden durch eine Kombination aus internationalen öffentlichen Mitteln und Investitionen des Privatsektors aufgebracht werden.

Senegal

Die Kosten für die vollständige Umsetzung des NDC werden auf 13 Milliarden US-Dollar geschätzt, wobei 8,7 Milliarden auf Minderungsmaßnahmen und 4,3 Milliarden auf Anpassungsmaßnahmen entfallen. Beide Bereiche sind auch von internationaler Unterstützung abhängig. Dazu kommt die Energiepartnerschaft zum gerechten Übergang (JETP), bei der Senegal insgesamt 2,5 Milliarden Euro über drei bis fünf Jahre erhält, um seine Industrie und Wirtschaft zu dekarbonisieren. Unabhängig davon weitet Senegal seine Gasproduktion aus.

Südafrika

Zur Umsetzung seines NDC strebt Südafrika bis 2030 eine Klimafinanzierung von mindestens acht Milliarden Dollar pro Jahr an. Das Land ist dafür auch auf ausländische Investitionen und internationale Finanzhilfen angewiesen und beruft sich dafür auf das Pariser Abkommen. Südafrika hat sich 2020 in der Strategie für eine emissionsarme Entwicklung das Ziel gesetzt, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Gleichzeitig finanzieren die Geberländer USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und die EU ein JETP mit Südafrika, um den Übergang weg vom Kohlestrom zu mehr Erneuerbaren und Effizienz mit insgesamt 8,5 Milliarden US-Dollar zu unterstützen. Die Umsetzung des JETP stößt allerdings intern immer wieder auf Schwierigkeiten und Widerstände.

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News

Wissing: Warum der Digitalminister nach Ruanda reist

Digitalminister Volker Wissing wird Ende dieser Woche zum ICANN80 Policy Forum nach Ruanda reisen. Die Internet Corporation for Assigned Names and Number ist eine 1998 gegründete gemeinnützige Organisation, die den reibungslosen Internetbetrieb sicherstellen soll. Ein zentraler Aspekt der Arbeit der ICANN ist zum Beispiel die korrekte Vergabe und Zuordnung eindeutiger Domain- und IP-Adressen. Die Versammlung findet vom 10. bis 13. Juni in Kigali statt. Zuletzt tagte die Organisation mit Sitz in Kalifornien vor fünf Jahren in Afrika.

Laut einer Sprecherin des Digitalministeriums wird Wissing auf seiner Reise, die bereits am 7. Juni beginnt, Unternehmen und Start-ups besuchen. Demnach steht ein Besuch bei einer Firma auf dem Programm, die Drohnen für die Lieferung von Medikamenten entwickelt. Zudem will sich Wissing mit dem Thema Elektromobilität befassen und ein Unternehmen besuchen, das elektrische Motorräder herstellt. Ruanda sieht sich als Vorreiter in Afrika bei der Elektrifizierung des Verkehrs und hat sich ehrgeizigen Zielen zum Klimaschutz verschrieben. dre

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Mali: Tochtergesellschaft von Rosatom baut riesiges Solarkraftwerk

In der Nähe von Bamako hat am Wochenende der Bau des größten Solarkraftwerks in der Region begonnen. Die Photovoltaik-Anlage in Sanankoroba soll eine Leistung von 200 Megawatt haben und künftig rund zehn Prozent der Stromerzeugung in Mali liefern. Dafür werden auf einer Fläche von 314 Hektar insgesamt 600.000 Solarpanele aufgestellt. Dies sollen dann rund 350.000 Haushalte mit Strom versorgen.

Das Pikante an diesem Projekt ist, dass diese Investition Ergebnis eines Abkommens zwischen der malischen Regierung und dem russischen Unternehmen Novawind ist. Das auf Wind- und Solarenergie spezialisierte Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der russischen Atomenergiebehörde Rosatom.

Die Investition liegt bei umgerechnet rund 183 Millionen Euro und soll bis Ende 2025 fertiggestellt sein. Die Übergangsregierung unter Oberst Assimi Goïta unterzeichnete eine zwanzigjährige Betriebsvereinbarung. Nach zehn Jahren fällt die Anlage unter die Kontrolle des malischen Energieministeriums.

Projekt mit weitreichenden politischen Folgen

“Dieses Projekt wird viele Dinge verändern”, sagte der malische Minister für Energie und Wasser, Lankoudia Traoré, während der Eröffnungszeremonie. Damit meinte er in erster Linie die Energieversorgung in Mali.

Doch das Projekt wird auch geopolitisch in der Region vieles verändern. Nach dem Bruch mit Frankreich hat sich Oberst Goïta Russland angenähert. Im Januar hat die malische Armee von Russland Mi8-Militärhubschrauber und Bodenkampfflugzeuge des Typs Suchoi Su 25 sowie Ausbildungsflugzeuge vom Typ Albatros L-39 erhalten.

Auch die russische Söldnergruppe Wagner, die sich seit November Afrikakorps nennt und heute dem russischen Verteidigungsministerium untersteht, ist in Mali aktiv. Zeitweise waren angeblich rund 2.000 Söldner in Mali aktiv. Wie viele es heute sind, lässt sich nicht verlässlich sagen.

Selbst Atomprojekte

Das Solarprojekt immerhin dürfte die erste große Investition in die Energiewirtschaft eines westafrikanischen Landes sein. Dabei soll es nicht bleiben. Die Regierungen von Mali und Russland haben weitere Vereinbarungen unterzeichnet. Diese betreffen weitere Projekte im Energiebereich, selbst im Bereich der Nuklearindustrie. Im Oktober vergangenen Jahres haben die beiden Regierungen eine Vereinbarung über eine zivile Nutzung der Atomkraft geschlossen.

In diesen Tagen beginnt der Bau von zwei weiteren Solarkraftwerken in Mali. Die Bauarbeiten für das Solarkraftwerk Safo mit einer Leistung von 100 Megawatt in Partnerschaft mit China haben bereits begonnen. Ein weiteres Projekt in Tiakadougou-Dialakoro ist ein weiteres Solarkraftwerk von Amea Power aus den VAE mit einer Leistung von 100 Megawatt. hlr

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Anglo American: Das Geschäft mit Platin und Diamanten muss so oder so weg

Die feindliche Übernahme von Anglo American ist daran gescheitert, dass BHP den Verkauf des Geschäfts mit Platin und Eisenerz in Südafrika gefordert hatte. Auch nachdem BHP den Übernahmeversuch abbrechen musste, wird Anglo American gezwungen sein, einen Großteil seiner Aktivitäten in Südafrika aufzugeben.

Anglo-CEO Duncan Wanblad hatte während des Übernahmekampfes angekündigt, die Platinminen, die bei Anglo American Platinum (Amplats) angesiedelt sind, auszugliedern und den Kohleabbau wie auch das Diamantengeschäft, das bei De Beers liegt, zu verkaufen.

Mit der Hilfe der Regierung

Gleichzeitig erklärte Wanblad, die Eisenerzvorkommen in Südafrika zu behalten. Dies war sein Angebot an Bergbauminister Gwede Mantashe, der zugleich Parteivorsitzender des ANC ist, um sich dessen Unterstützung zu sichern. Die war entscheidend. Denn die staatliche Investmentgesellschaft Public Investment Corporation (PIC) hält etwas mehr als 20 Prozent der Anglo-Aktien.

Nun wird der gescheiterte Übernahmeversuch als Erfolg Südafrikas gegen eine ausländische Übermacht gefeiert. “Ich bin froh, dass sie (Anglo) den Vorschlag von BHP abgelehnt haben, und ich hoffe, dass sie BHP weiterhin Widerstand leisten werden”, sagte Mantashe gegenüber Reuters.

BHP habe in seinem Kalkül die engen Verbindungen von Anglo American zu Südafrika unterschätzt, meint Mandi Dungwa, Portfoliomanager bei Camissa Asset Management in Kapstadt. “Es gibt einfach eine bestimmte Art, wie Geschäfte gemacht werden, vor allem in Südafrika, mit der Sensibilität der Regierung – vor allem, wenn es den Anschein erweckt, als wolle man dem Land etwas wegnehmen.”

Zweifel am Anglo-Boss

Viele bezweifeln, dass Wanblad der richtige Mann an der Spitze von Anglo American ist. “Duncans Erfolgsbilanz war nicht berauschend”, urteilt Dungwa. “Er hat nicht bewiesen, dass er ein großer Performer ist.” Die Gewinnmarge liegt bei mageren 0,9 Prozent. Für den Gewinn je Aktie erwarten die Analysten im Mittel 1,64 Dollar für dieses Jahr, nach 1,89 Dollar im vergangenen Jahr.

Wanblad muss die Investoren nun überzeugen, dass er in der Lage ist, die Unternehmensbewertung zu steigern. “Wenn die Marktbewertung von Anglo trotz Wanblads Plan niedrig bleibt, kann das Unternehmen weiter anfällig für Übernahmen sein”, warnt Ian Woodley, Portfoliomanager bei Old Mutual. Am Mittwoch gab BHP seine Übernahmepläne auf und darf erst in sechs Monaten eine neue Offerte vorlegen. Doch während des Übernahmekampfes hatte auch Glencore einen Einstieg bei Anglo American geprüft.

Keine Alternativen

Wanblad hat keine Alternative zur Ausgliederung von Amplats und zum Verkauf der Kohleaktivitäten wie auch von De Beers. “Wenn nicht, ist das Unternehmen den üblichen Verdächtigen gegenüber angreifbar“, meint Portfoliomanager Woodley. “Für einen Aktionär sollte das in jedem Fall ein Gewinn sein.” Um sich weiter Unterstützung in Südafrika zu sichern, hat Wanbald schon angekündigt, dass die Amplats-Aktien bei einer Ausgliederung mit einem Zweitlisting in Johannesburg gehandelt werden sollen. Das Erstlisting soll freilich, wie bei Anglo selbst auch, in London sein.

Die Übernahme von Anglo American durch BHP wäre eine der größten Akquisitionen im globalen Bergbau seit mehr als zehn Jahren gewesen. BHP wollte schließlich umgerechnet 45,9 Milliarden Euro für die Übernahme der Kontrolle über Anglo American bezahlen. hlr

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Standpunkt

Gerade jetzt brauchen wir eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik

Von Karamba Diaby
Karamba Diaby
Karamba Diaby

Bestimmte Momente brennen sich in die Erinnerung ein: Bei mir zählt dazu die Begegnung mit Frauen in einer Gemeinde in Niger, die lokale resiliente Pflanzensorten anbauen und so die Ernährungsunsicherheit vor Ort bekämpfen oder mit alleinstehenden Frauen in Marokko, die Rosenöl produzieren. Ein Gespräch im Bundestag mit Politikerinnen aus Benin, die sich für gleichberechtigte politische und gesellschaftliche Teilhabe engagieren sowie die Verleihung des Deutschen-Afrika-Preises an Friedensaktivistinnen aus Kamerun. Und dazu zählt ein Besuch im tunesischen Start-Up-Hub The Dot, in dem Ingenieurinnen und Unternehmerinnen ihre erfolgreiche Arbeit vorgestellt haben.

Exemplarisch zeigt das: Wir dürfen bei unserer politischen Arbeit nicht die Hälfte der Weltbevölkerung ausblenden. Wenn ich sage, dass wir eine feministische Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik brauchen, dann bedeutet das, Frauen mit all ihren Erfahrungen, ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten einzubeziehen. Ihnen zuzuhören. Ihnen einen Platz am Verhandlungstisch zu geben. Sie gleichberechtigt an Entscheidungen zu beteiligen.

Frauen in Friedensprozesse einbeziehen

Zahlreiche Studien belegen, dass ohne Gleichberechtigung kein nachhaltiger Frieden entstehen kann. Beispielsweise halten Friedensabkommen länger, wenn Frauen an den Verhandlungen beteiligt waren. In Krisenkontexten sind es oft die Frauen, die weiterhin Zugang zu Gebieten haben, in denen der Staat kein Gewaltmonopol mehr hat. Sie transportieren wichtige Güter, aber auch Informationen und sind als Vermittlerinnen ein wichtiger Ankerpunkt für unser Engagement in unsicheren Kontexten. Auch sind es häufig Frauen in ihrer Rolle als Mütter oder Schwestern, die weiterhin den Kontakt zu Männern haben, die sich Milizen oder terroristischen Gruppierungen angeschlossen haben. Ihre Erfahrungen müssen wir in mediative Friedensansätze einbeziehen.

Gleichzeitig sind insbesondere Frauen und Kinder von den aktuellen Krisen wie dem Klimawandel oder gewaltvollen Konflikten betroffen. Nur, wenn wir Frauen an den Konzepten und der Umsetzung unserer Entwicklungszusammenarbeit beteiligen, kann auch diese vor Ort erfolgreich sein. In westafrikanischen Ländern beispielsweise machen Frauen einen Großteil der Arbeitskraft in ländlichen Gebieten aus, aber nur sehr wenige von ihnen besitzen selbst Land. Sie arbeiten überwiegend im informellen Sektor, werden nur selten fest angestellt und sind von Sozialleistungen oft ausgeschlossen.

Männer können leichter migrieren

Männer migrieren häufig in die nahegelegenen Städte oder ins Ausland, um neue Perspektiven und Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden. Zurück bleiben die Frauen, die für die Versorgung der Familien und Gemeinden sorgen – etwa in den vom Klimawandel stark betroffenen Gebieten in der Sahelzone. Sie entwickeln passgenaue und lokalspezifische Lösungsansätze, an der wir unsere Arbeit ausrichten können. Örtliche Netzwerke sind ein Schlüssel unserer Entwicklungszusammenarbeit – besonders in schwierigen Kontexten, in denen diese regierungsfern umgesetzt wird.

Was ist das Ziel unserer Außen- und Entwicklungspolitik? Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und nachhaltiger Frieden weltweit. Das sind für mich Grundpfeiler der Sozialdemokratie. Es gibt aber keine soziale Gerechtigkeit ohne gleichberechtigte Teilhabe aller. Das gilt für Frauen, aber auch für marginalisierte Gruppen wie etwa religiöse oder indigene Minderheiten.

Dekoloniale Brille absetzen

Besonders wenn es um unsere Beziehungen zu Ländern des Globalen Südens geht, betone ich immer wieder: Wir müssen unsere dekoloniale Brille absetzen. Ich bin der Überzeugung, dass auch feministische Außenpolitik Teil der Dekolonisierung ist. Im Senegal haben Frauen ganz vorne mit gegen die ehemalige Kolonialmacht gekämpft – Gleichberechtigung und Parität sind hier Produkte ihres Einsatzes. Weltweit engagieren sich Frauen als mündige Bürgerinnen für ihre Rechte. Auf meinen Reisen treffe ich überall auf starke Frauennetzwerke, die in die Zivilgesellschaft und die Politik wirken. Sie fordern zu Recht gleichberechtigte Mitbestimmung. Das muss bei uns endlich Gehör finden.

Kurzum: Frauen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Ohne sie können wir die Konzepte für eine friedlichere Welt und die 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 nicht umsetzen. In einer Zeit, in der Konflikte zunehmen und in welcher der Klimawandel bestehende Ungleichheiten verschärft, müssen soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung mehr denn je unsere Richtschnur sein.

Dr. Karamba Diaby ist seit 2013 Mitglied im Bundestag und vertritt direkt gewählt den Wahlkreis 72 – Halle (Saale). Er ist Mitglied im Fraktionsvorstand der SPD, im Auswärtigen Ausschuss, im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und im Unterausschuss Globale Gesundheit. Außerdem leitet er den Gesprächskreis Afrika der SPD-Bundestagsfraktion und ist Vorsitzender der Parlamentariergruppe Westafrika.

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Presseschau

Wall Street Journal: Genozid-Überlebende in Darfur sind blutigen Kämpfen ausgesetzt. Das Flüchtlingslager Abu Shouk in der Nähe der sudanesischen Stadt Al-Faschir beherbergt mehr als 100.000 Überlebende der Massengräueltaten, die in den frühen 2000er-Jahren in der Region Darfur an schwarzen indigenen Gemeinschaften verübt wurden. Jetzt werden die Bewohner erneut angegriffen, und lokale Aktivisten und internationale Beamte warnen vor einer Wiederholung der früheren Gewalt, die von den USA als erster Völkermord des 21. Jahrhunderts anerkannt wurde.

Reuters: Somalia droht mit Ausweisung äthiopischer Soldaten. Die Regierung in Mogadischu hat angekündigt, die in Somalia stationierten äthiopischen Truppen noch in diesem Jahr des Landes zu verweisen, falls Äthiopien den angekündigten Hafendeal mit der de facto unabhängigen Region Somaliland weiter verfolgt. Mindestens 3.000 äthiopische Soldaten sind in Somalia im Rahmen einer Friedensmission der Afrikanischen Union (Atmis) stationiert, die gegen die Terrormiliz al-Shabaab kämpft, die weite Teile Somalias kontrolliert. Weitere schätzungsweise 5.000 bis 7.000 Soldaten sind im Rahmen eines bilateralen Abkommens in verschiedenen Landesregionen stationiert. Experten zufolge birgt die Ankündigung die Gefahr einer weiteren Destabilisierung Somalias, da die lokalen Kräfte nicht in der Lage wären, das entstehende Sicherheitsvakuum zu füllen.

AP: Großangelegte Streiks legen Nigerias Wirtschaft lahm. Die größten nigerianischen Gewerkschaften haben am Montag mit einem Streik begonnen, um angesichts der schlimmsten Krise bei den Lebenshaltungskosten seit Jahrzehnten eine Erhöhung des Mindestlohns zu fordern. Afrikas bevölkerungsreichstes Land kam zum Stillstand, der Strom fiel aus, und wichtige Flughäfen wurden geschlossen. Nachdem Präsident Tinubu im Mai letzten Jahres die jahrzehntelangen, aber kostspieligen Treibstoffsubventionen abgeschafft hatte, hat sich der Spritpreis in Nigeria mehr als verdoppelt.

South China Morning Post: Afrikas führende Bank baut Geschäft in China aus. Die Absa Group, einer der größten diversifizierten Finanzdienstleister Afrikas, will im Rahmen ihrer globalen Expansionsstrategie angesichts der wachsenden Investitionen und des zunehmenden Handels zwischen China und Afrika engere Beziehungen zu chinesischen Unternehmen knüpfen. Die in Johannesburg ansässige Bank wird laut Klaus-Dieter Kaempfer, CEO von Absa China, über ihre Tochtergesellschaft, die Anfang Mai offiziell in Peking eröffnet wurde, die Beziehungen zu staatlichen Einrichtungen, Privatunternehmen, Banken und Entwicklungsfinanzierungsorganisationen in der Volksrepublik stärken.

Bloomberg: Russland offenbar an Übernahme französischer Uranminen in Niger interessiert. Rosatom, das staatliche russische Atomunternehmen, hat mit den militärisch geführten Behörden Nigers Kontakt aufgenommen, um Vermögenswerte des französischen Atomkonzerns Orano zu erwerben, berichtet Bloomberg unter Berufung auf eine mit der Sache vertraute Quelle in Moskau. Orano hält Mehrheitsbeteiligungen an den Betreibergesellschaften von drei Uranminen, von denen zwei nicht in Betrieb sind. Es ist unklar, wie viele Anlagen Rosatom in Niger anstrebt. Die Person in Moskau bezeichnete die Gespräche als in einem frühen Stadium.

Jeune Afrique: Guinea, erste Station auf Lawrows Afrika-Tour. Der russische Außenminister Sergei Lawrow ist am Montag zu einem unangekündigten Besuch nach Guinea gereist. Russischen Medien zufolge plant Lawrow im Anschluss Visiten in weiteren afrikanischen Ländern, darunter Tschad und Burkina Faso. Seit dem Militärputsch im Jahr 2021 wird Guinea von einer Junta regiert.

Bloomberg: Russische Öllieferung kommt in Ghana an. Ein Tanker mit russischem Rohöl an Bord hat nach dreimonatiger Wartezeit vor der Küste Ghanas seine Ladung entladen. Es ist die vierte beobachtete Öllieferung aus Russland in das westafrikanische Land seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022. Moskau hat eine Liste kleinerer Abnehmer für sein Rohöl aufgebaut, um seine Verkäufe zu ergänzen, nachdem europäische Abnehmer russisches Öl nach der Invasion gemieden haben. Neben Ghana umfasst die Liste auch Brasilien, Brunei, Pakistan und Sri Lanka.

African Business: Rutos Staatsbesuch festigt US-Kenia-Beziehungen. Militärputsche und Wahlniederlagen in verschiedenen Teilen Afrikas in der jüngsten Vergangenheit haben in Washington die Sorge geweckt, Amerikas Rivalen könnten die Instabilität in einigen afrikanischen Ländern ausnutzen, um ihren Einfluss in der Region zu festigen. Die Regierung Biden betrachtet den demokratischen Rückschritt in Afrika als kritisches Problem und setzt auf eine stärkere Allianz mit Kenia, um diesem Trend entgegenzuwirken. Kenias Präsident William Ruto ist sich der Bedeutung bewusst, die die USA der Verbreitung der Demokratie nach westlichem Vorbild beimessen, und hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sich als glühender Verfechter demokratischer Ideale darzustellen.

The East African: Südkorea wendet sich Afrika zu. In dieser Woche findet in Seoul der erste Korea-Afrika-Gipfel statt. Die koreanische Regierung will “eine neue umfassende Strategie zur Vertiefung des Engagements mit dem globalen Süden” einleiten und zur “Förderung einer für beide Seiten vorteilhaften, nachhaltigen und strategischen langfristigen Partnerschaft mit Afrika” beitragen. Die afrikanischen Regierungen bemühen sich ihrerseits um Investitionen und mehr Kooperation. Sowohl Kenia als auch Tansania wollen zum Beispiel vom koreanischen Arbeitsmigrationsprogramm profitieren.

Heads

Die entscheidenden Köpfe der Afrika-Szene – Verwaltung

Verwaltung


Christoph Retzlaff – Subsahara-Afrika-Beauftragter im Auswärtigen Amt

Christoph Retzlaff ist der maßgebliche Architekt der neuen afrikapolitischen Leitlinien des Auswärtigen Amts. Der 62-jährige ist seit 2022 Beauftragter des AA für Subsahara-Afrika. Zuvor machte der Karriere-Diplomat mehrmals in Afrika Station. Zuletzt bis 2021 als Botschafter in Ghana. “Afrika liegt mir besonders am Herzen”, sagte Retzlaff in einer Videobotschaft kurz nach Antritt seiner neuen Position als Subsahara-Afrika-Beauftragter.

Birgit Pickel – Abteilungsleiterin Afrika im BMZ

Es gibt wahrscheinlich wenige Bundesbeamte, die sich bereits so lange mit dem Thema Afrika beschäftigen. Seit rund 25 Jahren arbeitet Birgit Pickel für das BMZ. Seit 2022 als Leiterin der Abteilung Afrika. Während der Hochphase der Corona-Pandemie war Pickel Direktorin für Globale Gesundheit beim BMZ. Entsprechend liegt die Expertise der Politikwissenschaftlerin vor allem in den Bereichen globale Gesundheit, Pandemievorsorge und feministische Entwicklungspolitik.

Steffen Meyer – Abteilungsleiter Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik im Bundeskanzleramt

Steffen Meyer hält im Kanzleramt als Leiter der Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik eine Schlüsselposition. In seinen Bereich fällt damit auch der Bereich der internationalen Wirtschafts- und Außenpolitik. Und obwohl Afrika nicht ausschließlich Meyers Tagesgeschäft dominiert, hat er auch im vergangenen Jahr die deutsche Afrikapolitik unter anderem mit der Organisation der Vorbereitungen des Compact-with-Africa-Gipfels 2023 in Berlin mitgeprägt. Zuvor hat Meyer viele Jahre im Bundesfinanzministerium gearbeitet.

Angela Ganninger – Gruppenleiterin Subsahara-Afrika im Bundeskanzleramt

Das Aufgabenprofil von Angela Ganninger ist vielfältig: globale Fragen, Subsahara-Afrika, Entwicklungspolitik und Auswärtige Migrationspolitik. All die Themen verantwortet die Ministerialdirigentin im Bundeskanzleramt. Damit ist die ehemalige Botschafterin in Moldau mittlerweile längst eine der wichtigsten Afrika-Beraterinnen des Kanzlers.

Rainer Baake – Sonderbeauftragter im BMWK für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation / Beauftragter des BMZ für die Just Energy Transition Partnership (JETP) mit Südafrika

Rainer Baake ist seit 2022 Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation und Beauftragter des BMZ für die Just Energy Transition Partnership mit Südafrika – im südlichen Afrika kennt er sich bestens aus. Zuvor war der Grünen-Politiker knapp 20 Jahre lang Staatssekretär für Umwelt- und Energiefragen. Als ihr Direktor hat Baake von 2012 bis 2014 die Denkfabrik Agora Energiewende mitaufgebaut. Seit 2020 ist er Direktor der Stiftung Klimaneutralität. Er gilt als einer der Vordenker der erneuerbaren Energien.

Julia Braune – Sprecherin der Geschäftsführung bei Germany Trade & Invest (GTAI)

1951 wurde die Germany Trade & Invest oder GTAI unter dem Namen Bundesauskunftsstelle für den Außenhandel gegründet. Und das ist sie auch heute noch: eine Goldgrube an Auslandsinformationen über Absatzmärkte und Investitionsmöglichkeiten für den Mittelstand. Gemeinsam mit Robert Hermann leitet Julia Braune die GTAI seit Februar 2023. Zuvor leitete sie die Interessengemeinschaft German Water Partnership und bringt so viel Erfahrung im Bereich Infrastrukturinvestitionen mit.

Thorsten Schäfer-Gümbel – Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

Der SPD-Politiker fand relativ spät in seiner Laufbahn zu Afrika, als er an die Spitze der Geschäftsführung der GIZ berufen wurde. Seine politische Karriere begann er in der hessischen Landespolitik. Im Juni 2019 übernahm er mit Manuela Schwesig und Malu Dreyer in einer schwierigen Situation den Bundesvorsitz der SPD. Jetzt wird er wieder sein Fingerspitzengefühl im Krisenmanagement zeigen müssen. Die Kürzungen im Bundeshaushalt für das BMZ werden auch die GIZ hart treffen.

Jana Unger – Leiterin Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika

Wer sich als Mittelständler in Afrika wirtschaftlich engagieren will, sollte sich den Kontakt zu Jana Unger sichern. Unger ist Leiterin der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika, das kleine und mittelgroße Unternehmen beim Markteinstieg in Afrika unterstützt. Zuvor war Unger stellvertretende Leiterin der Geschäftsstelle der GFA Consulting Group, ein Unternehmen, das auf die Beratung von Projekten in der Entwicklungszusammenarbeit spezialisiert ist.

Carsten Schmitz-Hoffmann – Leiter Europa Mittelmeer Zentralasien bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

Bis Februar dieses Jahres hatte Carsten Schmitz-Hoffmann die GIZ International Services geleitet, die künftig noch an Bedeutung gewinnen wird. Doch der Asien-Experte Schmitz-Hoffmann wechselte an die Spitze des Bereichs Europa Mittelmeer Zentralasien und wird über die Mittelmeer-Zuständigkeit zumindest dem Norden Afrikas verbunden bleiben. Damit arbeitet er an einer wichtigen Schnittstelle zwischen der Afrika-Kompetenz in der GIZ und anderen Regionen der Welt.

Ulrich Binkert – Berichterstatter Ostafrika bei Germany Trade & Invest (GTAI)

Ulrich Binkert zählt zu den erfahrensten Afrika-Kennern bei der GTAI. Zunächst als Berichterstatter für die Bundesagentur für Außenwirtschaft in Lateinamerika tätig, leistet er für die GTAI seit nunmehr knapp 14 Jahren Aufklärungsarbeit über wirtschaftliche Chancen in Ostafrika. Binkert hat Volkswirtschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen studiert. Dank eines Abstechers an die Universität Nanjing spricht er auch Chinesisch.

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Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in dieser Ausgabe beginnen wir damit, Ihnen die 100 wichtigsten Köpfe der deutschsprachigen Afrika-Szene vorzustellen – die aus Sicht der Redaktion entscheidenden Macherinnen und Macher aus Verwaltung, Verbänden, Unternehmen, Wissenschaft, Thinktanks, Gesellschaft, Politik, Beratung, Stiftungen und NGOs. In jeder Ausgabe werden wir Ihnen die wichtigsten Namen aus einer Kategorie präsentieren. Manche Namen dürften gesetzt sein, einige überraschend, manche kontrovers. Wir haben uns die Auswahl nicht leicht gemacht und sind auf Ihre Reaktion gespannt.

    Und auch in dieser Ausgabe haben wir für Sie Analysen, Nachrichten, Standpunkte und Meinungen. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

    Ihr
    Christian von Hiller
    Bild von Christian  von Hiller

    Analyse

    Bundeswehr in Niger: Warum das Verteidigungsministerium auf Konfrontationskurs mit dem Parlament geht

    Mit dem aktuellen Vorstoß, die Bundeswehr im Niger zu belassen, nimmt das Verteidigungsministerium nicht nur mit dem Auswärtigen Amt Spannungen in Kauf. Auch im Bundestag blickt man auf das Vorgehen mit Unverständnis, quer über Ampel- und Oppositionsparteien hinweg. Das rückt die geplante Bundeswehrmission schon vorab in ein schwieriges Licht. Das AA hatte sich laut Spiegel-Informationen aus den bilateralen Verhandlungen zurückgezogen. Demnach erachtet das Auswärtige Amt die Putschregierung in Niger nicht als verlässlich.

    Die Bundeswehr soll dennoch nach Wunsch des BMVg mindestens bis August auf dem Stützpunkt in Niger bleiben. Derzeit sind es 90 Soldaten. Mit einer in der vergangenen Woche unterzeichneten Übergangsvereinbarung hat das BMVg Tatsachen geschaffen. Bisher war die Präsenz der deutschen Soldaten durch das vom Bundestag abgesegnete Minusma-Mandat abgedeckt. Das lief am 31. Mai aus.

    Kein Bundestagsmandat benötigt

    Wenn es nach dem BMVg geht, sollen auch über August hinaus 30 bis 40 Soldaten in Niamey bleiben, als deutsche Mission. Weil aber das Risiko, in Kampfhandlungen verwickelt zu werden, vom BMVg als gering eingeschätzt wird, bedarf es rein formell keines Bundestagsmandats – “Parlamentsarmee” hin oder her. Bewaffnet werden soll diese Bundeswehrmission nach Informationen von Table.Briefings trotzdem, zur Selbstverteidigung. Anders etwa als die bilateral eingesetzten Militärberater, die Deutschland derzeit in Mali, Burkina Faso und Niger stellt. Eine Kompetenzüberschreitung des BMVg ist das bilaterale Abkommen nicht, und rein rechtlich geht das BMVg korrekt vor. Kritik aus dem Parlament gibt es dennoch.

    “Unabhängig von der Frage, wie das BMVg und einzelne Abgeordnete in der Sache dazu stehen: Mit der Junta weiterzuverhandeln wohl wissend, dass es eine Haushaltssperre gibt, die Angebote an Niger quasi unmöglich macht, ist schon allerhand“, sagt Sara Nanni, sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag im Gespräch mit Table.Briefings. Das Vorgehen entspreche nicht dem Geiste der Parlamentsarmee, bei der Regierung und Parlament gleichermaßen Verantwortung für die Streitkräfte tragen. Die Union hat einen Bericht des Ministeriums über die “Zukunft des Luftwaffenstützpunktes Niamey nach Beendigung der militärischen Partnerschaftsmission EUMPM Niger” angefordert, wie sie Table.Briefings auf Anfrage mitteilte.

    Union fordert Bericht vom Ministerium

    Auch in der Opposition ist man über das Vorgehen des BMVg irritiert. Eine wohl verabredete Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses zu den von Generalleutnant Gunter Schneider geführten Verhandlungen in Niger hat es nach Informationen von Table.Briefings nicht gegeben. Stattdessen unterrichtete das Ministerium Mitte vergangener Woche nur Vertreter der Ampelregierung. Nun soll der von der Union angeforderte Bericht Klarheit schaffen. Dieser soll in der Ausschusssitzung am Mittwoch diskutiert werden. Zudem muss sich Pistorius ebenfalls am Mittwoch der Regierungsbefragung im Plenum des Bundestages stellen.

    Rückendeckung bekommt das Pistorius-Ministerium aus der eigenen Partei. “Ich fühle mich nicht ausgetrickst. Das BMVg hat in seiner Argumentation recht. Wenn wir nicht vor Ort bleiben, übernehmen andere die Führung in der Region. Für Europa spielt die Region aber durch die Themen Migration und den Kampf gegen den Terror eine wichtige Rolle“, sagt Jürgen Coße, Außen- und Afrika-Experte der SPD-Bundestagsfraktion.

    Das BMVg sieht zwingende sicherheitspolitische Gründe, die Basis zu behalten. “Die Lage in Afrika ist in vielen Bereichen nicht leicht. Vor allen Dingen die Region Sahel, Westafrika, ist teilweise auch fragil“, sagte Mitko Müller, Sprecher des BMVg, am Freitag in der Bundespressekonferenz. Die Basis soll demnach im Notfall für Evakuierungen deutscher Staatsbürger genutzt werden, sollte dies in der Region notwendig sein. “Insoweit galt es für uns, zwischen den Möglichkeiten, die vor Ort existieren, der Verpflichtung, die Deutschland hat, und dem Auftrag, den die Bundeswehr hat, abzuwägen”, so Müller weiter.

    Argumentation des BMVg weist Lücken auf

    Mit diesen Überlegungen wollte man im Ministerium offenbar auch den Erfahrungen der chaotischen Evakuierung aus dem Sudan im vergangenen Jahr Rechnung tragen. “Wenn man in solch einem Szenario, in dem es kritisch zugeht, Tage oder Wochen damit verbringt, einen Stützpunkt zu finden, von dem aus man operieren kann, dann kann es um Menschenleben gehen“, so Müller.

    Doch die Argumentation des BMVg weist Lücken auf. Denn in der Region gibt es einen weiteren Stützpunkt, der seine Tauglichkeit auch kürzlich bewiesen hat – trotz des spontanen Aufbaus und der Randlage in Westafrika. Die Rede ist vom Lufttransportstützpunkt in Dakar, im Senegal. Diese Infrastruktur will Deutschland nach Informationen von Table.Briefings ebenfalls behalten und befindet sich dazu im Gespräch mit der neu gewählten senegalesischen Regierung.

    Stützpunkt in Dakar für Minusma-Rücktransport genutzt

    Über Dakar lief am Ende ein Teil des Rücktransports der Minusma-Güter, und auch die letzten Soldaten reisten über Dakar zurück. Es ist nicht das erste Mal, dass der Senegal seine Tauglichkeit als Stützpunkt bewiesen hat: Zu Beginn des Minusma-Einsatzes der Bundeswehr wurden über Dakar Güter eingeführt für Mali. Und auch während der Ebola-Epidemie 2014 war Dakar Umschlagplatz.

    Zwar ist der Stützpunkt im Senegal in Größe und Ausstattung nicht mit dem in Niger zu vergleichen. Billiger dürfte die Aufrechterhaltung allemal sein. Der Lufttransportstützpunkt in Niamey hat mindestens 100 Millionen Euro gekostet, wie das BMVg in der Bundespressekonferenz bestätigte. Die derzeitigen monatlichen Betriebskosten der Anlage am Flughafen von Niamey konnte das BMVg nicht benennen.

    Zukunft des Militärkrankenhauses unklar

    Immer wieder wird in Gesprächen auch darauf verwiesen, dass der Stützpunkt in Niamey den Bau des Militärkrankenhauses vor Ort mit begleiten soll. Das ist im Deal von BMVg und Niger ebenfalls vorgesehen. Der Bau soll idealerweise im August starten und dann innerhalb von drei Jahren abgeschlossen werden. Wer das Krankenhaus im an Fachkräften armen Niger danach betreiben soll, ist noch eine ganz andere unbeantwortete Frage.

    Auch die Grünen-Sicherheitsexpertin Nanni findet die Argumentation des BMVg in Abwägung mit der Sicherheit der im Niger stationierten Soldaten nicht überzeugend. “Minusma wurde auf Druck des Parlaments beendet. Zu meinem Bedauern. Aber so sind die Spielregeln. Im Falle Niger nutzt das BMVg es aus, dass es formal für die Entsendung an sich keine Zustimmung des Parlamentes braucht. Nur für das Geld. Die Auseinandersetzung auf diese Ebene zu zwingen, weil man inhaltlich nicht überzeugen kann, ist kein guter Stil“, so Nanni weiter. Mitarbeit: Thomas Wiegold

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    Südafrika bereitet sich auf eine Koalition der Unwilligen vor

    Nur eines ist nach der Wahl in Südafrika sicher: Der ANC ist stärkste Kraft geblieben. Selbst die Frage, ob Cyril Ramaphosa Präsident von Südafrika bleiben wird, ist am heutigen Montag etwas ungewisser geworden. Die entscheidende Frage, die zuvor jedoch gelöst werden muss, lautet: Mit welchem Koalitionspartner will denn der ANC eine Regierung bilden?

    Ramaphosa hat die Wahl zwischen Pest und Cholera. Denn nur zwei mögliche Bündnispartner stehen ihm zur Verfügung, nachdem die Economic Freedom Fighters (EFF) zu schwach abgeschnitten haben: Auf der einen Seite ist die liberale Democratic Alliance (DA), auf der anderen die neue Partei uMkhonto weSizwe (MK) des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma. Nhlamulo Ndhlela, Sprecher von MK, hat bereits gesagt, dass seine Partei nur mit dem ANC koalieren würde, wenn Präsident Ramaphosa nicht für eine zweite Amtszeit antritt. Ramaphosa diene nicht den Interessen von MK.

    Nach Auszählung aller Wahlbüros ergibt sich bei einer Wahlbeteiligung von 58,6 Prozent folgendes Bild:

    • ANC                 40,2 Prozent (2024)                57,5 Prozent (2019)                -17,3 Prozentpunkte
    • DA                   21,8 Prozent (2024)                 20,8 Prozent (2019)               +1,0 Prozentpunkt
    • MK                  14,6 Prozent (2024)                 2019 nicht existent
    • EFF                  9,5 Prozent (2024)                 10,8 Prozent (2019)               -1,3 Prozentpunkte
    • Sonstige         13,9 Prozent (2024)                 10,9 Prozent (2019)

    Koalition mit DA wird schwierig

    Die DA ist der bevorzugte Partner von Wirtschaft und Finanzmärkten. Diese Koalition würde für eine überwiegend liberale Wirtschaftspolitik stehen. Allerdings ist schwer vorstellbar, wie der Anführer der DA, John Steenhuisen, und Ramaphosa in einer Koalition ein Minimum an Gemeinsamkeiten finden sollen.

    Denn das Wahlergebnis zeigt, dass Südafrikas Wähler überwiegend links stehen. Die drei Linksparteien ANC, MK und EFF erreichen zusammen 64,3 Prozent der Stimmen. Im linken Lager bleibt Ramaphosa nur eine Koalition zwischen dem ANC und MK. Das wäre problematisch.

    Ramphosa drängte Zuma aus dem Amt

    Den MK prägt Jacob Zuma, jener Mann also, den Ramaphosa nach einer Reihe von Skandalen, sexuellen Übergriffen und Korruptionsfällen aus den Union Buildings in Pretoria gedrängt hat. Das Parlament wiederum wählt den Staatspräsidenten in der ersten Sitzung einer neuen Legislaturperiode. Ramaphosa müsste Zuma also bitten, dass die MK-Abgeordneten für jenen Mann stimmen, der Zuma politisch kaltstellen wollte.

    Die Wahl hat allerdings auch gezeigt, dass Südafrika zwar von linken Parteien geprägt bleibt, dass es jedoch insgesamt wenig Veränderungen in den Präferenzen der Wähler gegeben hat.

    Die Democratic Alliance hat gegenüber 2019 nur einen Prozentpunkt hinzugewonnen. Im Vergleich zu 2014, als sie erstmals bei nationalen Parlamentswahlen antrat, hat sie allerdings 0,4 Prozentpunkte verloren. Es scheint, als habe die Partei ihr Wählerpotenzial ausgeschöpft. Das macht sie in möglichen Koalitionsverhandlungen nicht stärker.

    Genauso die Economic Freedom Fighters: Sie haben 1,3 Prozentpunkte gegenüber 2019 verloren. Die Verluste sind nicht dramatisch, zeigen jedoch, dass der Stern des charismatischen Anführers Julius Malema möglicherweise an Strahlkraft verloren hat.

    Rechtsextreme Patriotic Alliance hat zugelegt

    Die rechtsextreme Patriotic Alliance, die sich vor allem an coloured people richtet, hat dagegen von 0,04 Prozent im Jahr 2019 auf 2,1 Prozent zugelegt. Die Partei wurde 2013 von Gayton McKenzie, einem mehrfach verurteilten Kriminellen, und Kenny Kunene, der kaum weniger zwielichtig ist, gegründet. Dieser Stimmenzuwachs zeigt, wie gespalten die Gesellschaft in Südafrika ist. Dagegen hat die rechtsextreme Partei Vryheidsfront Plus (VF Plus) der Buren weiter an Bedeutung verloren. Sie ist von 2,4 Prozent 2019 auf nun 1,4 Prozent zurückgefallen.

    Die größte Verschiebung sind die Stimmenverluste des ANC zugunsten von MK. Das Minus des ANC von 17,3 Prozentpunkten entspricht weitgehend dem Zuwachs von 14,6 Prozentpunkten für MK.

    Hierbei handelt es sich in erster Linie um ein regionales Phänomen. In Jacob Zumas Heimatprovinz KwaZulu-Natal kommt MK auf 44,9 Prozent der Stimmen. Der ANC liegt mit 17,2 Prozent sogar hinter der ebenfalls nur regional starken, konservativen Inkatha Freedom Party (IFP), die 18,3 Prozent erreicht.

    Der Schatten Zumas

    Zuma selbst durfte wegen einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht für ein Abgeordnetenmandat kandidieren. Doch mit MK hat er nun eine Plattform, um die nationale Politik doch zu beeinflussen. Möglicherweise verliert der ANC dauerhaft die wichtige Provinz KwaZulu-Natal. Dort liegen der wichtigste Industriehafen des Landes, Durban, und Industriezentren wie Newcastle mit seiner Stahlfabrik von Mittal Steel und seinen Chemiekomplexen.

    Gleichzeitig hat die Wahl gezeigt, dass der ANC in den anderen Provinzen unter dem Strich keine nennenswerten Stimmengewinne verzeichnen konnte. Im Gegenteil: Der Abwärtstrend hat sich fortgesetzt. 66,4 Prozent der Stimmen vereinte der ANC noch im Jahr 1999 auf sich. 2004 erreichte er sogar 69,7 Prozent. Vorbei. Seitdem erodiert die Wählerbasis des ANC von Wahl zu Wahl.

    Wirklich stark ist der ANC nur noch in zwei Provinzen: In Ostkap mit den Hafenstädten Gqeberha (Port Elizabeth) und East London erreicht er 62,4 Prozent, in der Provinz Limpopo im Norden sogar 73,4 Prozent. Selbst wenn MK nicht angetreten wäre und der ANC sämtliche MK-Stimmen gewonnen hätte, ergäbe sich ein schlechteres Ergebnis als 2019: Vor fünf Jahren erreichte der ANC 57,5 Prozent. Dieses Mal waren es 40,2 Prozent. Selbst mit dem MK-Anteil von 14,6 Prozent wäre es nur 54,8 Prozent und somit 2,7 Prozentpunkte weniger geworden.

    Auch das ist ein Grund dafür, dass Ramaphosa in die Koalitionsgespräche aus einer Position der Schwäche geht.

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    Afrika: Diese Hilfen fordern die Länder für ihre NDCs

    Zentrales Thema bei den UN-Klimaverhandlungen in diesem Jahr wird die Klimafinanzierung und ihre Bedeutung für die nationalen Klimapläne (NDCs) der einzelnen Länder sein. Ohne massive finanzielle und technische Unterstützung (“Konditionierung”) können viele Schwellen- und Entwicklungsländer ihre Ziele nicht erreichen – sei es beim Aufbau der erneuerbaren Energien, der Bekämpfung der Entwaldung, der Anpassung an den Klimawandel oder der Errichtung von CO₂-armer Infrastruktur.

    Dieser Überblick von Table.Briefings zeigt, was wichtige afrikanische Länder benötigen, um ihre NDCs mit eigenen Anstrengungen und externer Hilfe umzusetzen. Viele Pläne haben “konditionierte” Ziele, die nur erreicht werden, wenn sie externe Finanzhilfen bekommen. Diese Hilfen wurden ihnen in Artikel 9 des Pariser Abkommens zugesagt. Die Pläne legen spezifische Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen in wichtigen Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft und Energie fest und enthalten Anpassungsstrategien.

    Vor allem in vielen afrikanischen Ländern ist die Kluft zwischen dem Notwendigen und dem Machbaren groß. Zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050 sind demnach insgesamt Investitionen von etwa zwei Billionen Dollar nötig. Bedarf und Chancen von Finanzierung sind gerade in Afrika groß: Der Kontinent verfügt über große Potenziale für erneuerbare Energien, die bisher nur gering ausgebeutet werden. Er stellt etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung, aber nur 3 Prozent der CO₂-Emissionen. Viele wichtige Details hat die Climate Policy Inititative in einer informativen Übersicht zusammengestellt.

    In Afrika haben 600 Millionen Menschen keinen Zugang zu regelmäßiger Stromversorgung oder leiden unter Luftverschmutzung durch Kochen mit Biomasse. Der Kontinent leidet auch darunter, dass die Investitionen sich in den wirtschaftlich starken Ländern konzentrieren. Ein Blick auf die einzelnen Länder zeigt die Situation:

    Kenia

    Kenias NDC umfasst CO₂-Minderung und Anpassung in verschiedenen Sektoren, darunter Energie, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Die geschätzten Gesamtkosten für Klimaschutz- und Anpassung bis 2030 belaufen sich auf 62 Milliarden US-Dollar. 21 Prozent der Kosten für Klimaschutz, circa 3,7 Milliarden, will das Land aus inländischen Quellen finanzieren. Für die restlichen 79 Prozent sowie die Adaptionskosten setzt es auf internationale Unterstützung in Form von Finanzmitteln, Technologie und Kapazitätsaufbau.

    Nigeria

    In den Jahren 2019/2020 investierte Nigeria durchschnittlich 1,9 Milliarden US-Dollar jährlich in klimarelevante Aktivitäten. Dies sind jedoch nur elf Prozent der geschätzten 17,7 Milliarden, die jährlich benötigt werden, um das “konditionierte” Ziel im NDC zu erreichen: Die Emissionen bis 2030 um 47 Prozent unter das Niveau des Ist-Zustands zu senken. Wichtiger Aspekt des nigerianischen NDCs ist der Energiesektor. Nigeria hat im August 2022 einen Energiewendeplan (Energy Transition Plan, ETP) ins Leben gerufen. Er wurde entwickelt, um den Weg hin zum Netto-Null-Ziel für 2060 zu ebnen. 

    Ägypten

    Um das aktualisierte NDC Ägyptens umzusetzen, sind schätzungsweise mindestens 246 Milliarden US-Dollar notwendig. Um diese Mittel (196 Milliarden für Mitigation, 50 Milliarden für Anpassung) zu mobilisieren, nutzt Ägypten seine Partnerschaften und innovative Finanzierungsstrategien wie Blended Finance und Debt-for-Climate-Swaps. Eine Schlüsselinitiative ist die Plattform Nexus of Water Food and Energy (NWFE), die hochprioritäre Anpassungs- und Klimaschutzprojekte bündelt und eine kritische Investition von 14,7 Milliarden US-Dollar anstrebt. Das Gastgeberland der COP27 hat sich 2023 verpflichtet, die Emissionen bis 2030 gegenüber einem Business-as-usual-Szenario zu senken: Im Energiesektor um 37 Prozent, im Verkehr um sieben Prozent, in Öl- und Gassektor um 65 Prozent – allerdings “abhängig von externer Hilfe”. Außerdem sollen die Erneuerbaren bis 2035 insgesamt 42 Prozent des Stroms generieren.

    Uganda

    Uganda hat einen Finanzierungsbedarf von insgesamt 28,1 Milliarden US-Dollar, um seine aktualisierten Klimaziele umzusetzen. Das Land hat sich verpflichtet, 4,1 Milliarden US-Dollar (15 Prozent der Gesamtkosten) aus eigenen inländischen Ressourcen für Klimaschutzmaßnahmen zu mobilisieren. Für die volle Umsetzung der Ziele müssten aber 85 Prozent der Summe aus externen Quellen kommen.

    Marokko

    Marokko schätzt, dass die Umsetzung seiner 61 geplanten sektoralen Minderungsmaßnahmen eine Gesamtinvestition von 38,8 Milliarden US-Dollar erfordern wird. Etwa die Hälfte dieser Kosten (21,5 Milliarden) wird voraussichtlich durch zusätzliche internationale Unterstützung finanziert werden. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht der Energiesektor, auf den zwei Drittel der nationalen Treibhausgasemissionen entfallen.

    Demokratische Republik Kongo

    Die Demokratische Republik Kongo (DRC) schätzt in ihrem NDC ihren Finanzbedarf für Klimaschutzmaßnahmen auf 48,68 Milliarden US-Dollar. Dafür sind 25,6 Milliarden für Minderung und 23,08 Milliarden für Anpassung vorgesehen. Das NDC verpflichtet sich zu einer 21-prozentigen Emissionssenkung von 2021 bis 2030, wovon allerdings 19 Prozent mit externer Unterstützung und zwei Prozent durch nationale Anstrengungen erreicht werden sollen. Die vom Land umgesetzten Minderungsmaßnahmen konzentrieren sich hauptsächlich auf die Bereiche Forstwirtschaft, Energie (einschließlich Verkehr), Landwirtschaft und Abfallwirtschaft.

    Ghana

    Zur Umsetzung seines NDC schätzt Ghana einen Finanzierungsbedarf von insgesamt 22,6 Milliarden US-Dollar. Das Land hat sich zu 31 spezifischen Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen verpflichtet, die sieben Wirtschaftssektoren umfassen. Während die ghanaische Regierung 6,3 Milliarden für diese Klimaschutzprogramme zugesagt hat, müssen die verbleibenden 16,3 Milliarden durch eine Kombination aus internationalen öffentlichen Mitteln und Investitionen des Privatsektors aufgebracht werden.

    Senegal

    Die Kosten für die vollständige Umsetzung des NDC werden auf 13 Milliarden US-Dollar geschätzt, wobei 8,7 Milliarden auf Minderungsmaßnahmen und 4,3 Milliarden auf Anpassungsmaßnahmen entfallen. Beide Bereiche sind auch von internationaler Unterstützung abhängig. Dazu kommt die Energiepartnerschaft zum gerechten Übergang (JETP), bei der Senegal insgesamt 2,5 Milliarden Euro über drei bis fünf Jahre erhält, um seine Industrie und Wirtschaft zu dekarbonisieren. Unabhängig davon weitet Senegal seine Gasproduktion aus.

    Südafrika

    Zur Umsetzung seines NDC strebt Südafrika bis 2030 eine Klimafinanzierung von mindestens acht Milliarden Dollar pro Jahr an. Das Land ist dafür auch auf ausländische Investitionen und internationale Finanzhilfen angewiesen und beruft sich dafür auf das Pariser Abkommen. Südafrika hat sich 2020 in der Strategie für eine emissionsarme Entwicklung das Ziel gesetzt, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Gleichzeitig finanzieren die Geberländer USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und die EU ein JETP mit Südafrika, um den Übergang weg vom Kohlestrom zu mehr Erneuerbaren und Effizienz mit insgesamt 8,5 Milliarden US-Dollar zu unterstützen. Die Umsetzung des JETP stößt allerdings intern immer wieder auf Schwierigkeiten und Widerstände.

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    Wissing: Warum der Digitalminister nach Ruanda reist

    Digitalminister Volker Wissing wird Ende dieser Woche zum ICANN80 Policy Forum nach Ruanda reisen. Die Internet Corporation for Assigned Names and Number ist eine 1998 gegründete gemeinnützige Organisation, die den reibungslosen Internetbetrieb sicherstellen soll. Ein zentraler Aspekt der Arbeit der ICANN ist zum Beispiel die korrekte Vergabe und Zuordnung eindeutiger Domain- und IP-Adressen. Die Versammlung findet vom 10. bis 13. Juni in Kigali statt. Zuletzt tagte die Organisation mit Sitz in Kalifornien vor fünf Jahren in Afrika.

    Laut einer Sprecherin des Digitalministeriums wird Wissing auf seiner Reise, die bereits am 7. Juni beginnt, Unternehmen und Start-ups besuchen. Demnach steht ein Besuch bei einer Firma auf dem Programm, die Drohnen für die Lieferung von Medikamenten entwickelt. Zudem will sich Wissing mit dem Thema Elektromobilität befassen und ein Unternehmen besuchen, das elektrische Motorräder herstellt. Ruanda sieht sich als Vorreiter in Afrika bei der Elektrifizierung des Verkehrs und hat sich ehrgeizigen Zielen zum Klimaschutz verschrieben. dre

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    Mali: Tochtergesellschaft von Rosatom baut riesiges Solarkraftwerk

    In der Nähe von Bamako hat am Wochenende der Bau des größten Solarkraftwerks in der Region begonnen. Die Photovoltaik-Anlage in Sanankoroba soll eine Leistung von 200 Megawatt haben und künftig rund zehn Prozent der Stromerzeugung in Mali liefern. Dafür werden auf einer Fläche von 314 Hektar insgesamt 600.000 Solarpanele aufgestellt. Dies sollen dann rund 350.000 Haushalte mit Strom versorgen.

    Das Pikante an diesem Projekt ist, dass diese Investition Ergebnis eines Abkommens zwischen der malischen Regierung und dem russischen Unternehmen Novawind ist. Das auf Wind- und Solarenergie spezialisierte Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der russischen Atomenergiebehörde Rosatom.

    Die Investition liegt bei umgerechnet rund 183 Millionen Euro und soll bis Ende 2025 fertiggestellt sein. Die Übergangsregierung unter Oberst Assimi Goïta unterzeichnete eine zwanzigjährige Betriebsvereinbarung. Nach zehn Jahren fällt die Anlage unter die Kontrolle des malischen Energieministeriums.

    Projekt mit weitreichenden politischen Folgen

    “Dieses Projekt wird viele Dinge verändern”, sagte der malische Minister für Energie und Wasser, Lankoudia Traoré, während der Eröffnungszeremonie. Damit meinte er in erster Linie die Energieversorgung in Mali.

    Doch das Projekt wird auch geopolitisch in der Region vieles verändern. Nach dem Bruch mit Frankreich hat sich Oberst Goïta Russland angenähert. Im Januar hat die malische Armee von Russland Mi8-Militärhubschrauber und Bodenkampfflugzeuge des Typs Suchoi Su 25 sowie Ausbildungsflugzeuge vom Typ Albatros L-39 erhalten.

    Auch die russische Söldnergruppe Wagner, die sich seit November Afrikakorps nennt und heute dem russischen Verteidigungsministerium untersteht, ist in Mali aktiv. Zeitweise waren angeblich rund 2.000 Söldner in Mali aktiv. Wie viele es heute sind, lässt sich nicht verlässlich sagen.

    Selbst Atomprojekte

    Das Solarprojekt immerhin dürfte die erste große Investition in die Energiewirtschaft eines westafrikanischen Landes sein. Dabei soll es nicht bleiben. Die Regierungen von Mali und Russland haben weitere Vereinbarungen unterzeichnet. Diese betreffen weitere Projekte im Energiebereich, selbst im Bereich der Nuklearindustrie. Im Oktober vergangenen Jahres haben die beiden Regierungen eine Vereinbarung über eine zivile Nutzung der Atomkraft geschlossen.

    In diesen Tagen beginnt der Bau von zwei weiteren Solarkraftwerken in Mali. Die Bauarbeiten für das Solarkraftwerk Safo mit einer Leistung von 100 Megawatt in Partnerschaft mit China haben bereits begonnen. Ein weiteres Projekt in Tiakadougou-Dialakoro ist ein weiteres Solarkraftwerk von Amea Power aus den VAE mit einer Leistung von 100 Megawatt. hlr

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    Anglo American: Das Geschäft mit Platin und Diamanten muss so oder so weg

    Die feindliche Übernahme von Anglo American ist daran gescheitert, dass BHP den Verkauf des Geschäfts mit Platin und Eisenerz in Südafrika gefordert hatte. Auch nachdem BHP den Übernahmeversuch abbrechen musste, wird Anglo American gezwungen sein, einen Großteil seiner Aktivitäten in Südafrika aufzugeben.

    Anglo-CEO Duncan Wanblad hatte während des Übernahmekampfes angekündigt, die Platinminen, die bei Anglo American Platinum (Amplats) angesiedelt sind, auszugliedern und den Kohleabbau wie auch das Diamantengeschäft, das bei De Beers liegt, zu verkaufen.

    Mit der Hilfe der Regierung

    Gleichzeitig erklärte Wanblad, die Eisenerzvorkommen in Südafrika zu behalten. Dies war sein Angebot an Bergbauminister Gwede Mantashe, der zugleich Parteivorsitzender des ANC ist, um sich dessen Unterstützung zu sichern. Die war entscheidend. Denn die staatliche Investmentgesellschaft Public Investment Corporation (PIC) hält etwas mehr als 20 Prozent der Anglo-Aktien.

    Nun wird der gescheiterte Übernahmeversuch als Erfolg Südafrikas gegen eine ausländische Übermacht gefeiert. “Ich bin froh, dass sie (Anglo) den Vorschlag von BHP abgelehnt haben, und ich hoffe, dass sie BHP weiterhin Widerstand leisten werden”, sagte Mantashe gegenüber Reuters.

    BHP habe in seinem Kalkül die engen Verbindungen von Anglo American zu Südafrika unterschätzt, meint Mandi Dungwa, Portfoliomanager bei Camissa Asset Management in Kapstadt. “Es gibt einfach eine bestimmte Art, wie Geschäfte gemacht werden, vor allem in Südafrika, mit der Sensibilität der Regierung – vor allem, wenn es den Anschein erweckt, als wolle man dem Land etwas wegnehmen.”

    Zweifel am Anglo-Boss

    Viele bezweifeln, dass Wanblad der richtige Mann an der Spitze von Anglo American ist. “Duncans Erfolgsbilanz war nicht berauschend”, urteilt Dungwa. “Er hat nicht bewiesen, dass er ein großer Performer ist.” Die Gewinnmarge liegt bei mageren 0,9 Prozent. Für den Gewinn je Aktie erwarten die Analysten im Mittel 1,64 Dollar für dieses Jahr, nach 1,89 Dollar im vergangenen Jahr.

    Wanblad muss die Investoren nun überzeugen, dass er in der Lage ist, die Unternehmensbewertung zu steigern. “Wenn die Marktbewertung von Anglo trotz Wanblads Plan niedrig bleibt, kann das Unternehmen weiter anfällig für Übernahmen sein”, warnt Ian Woodley, Portfoliomanager bei Old Mutual. Am Mittwoch gab BHP seine Übernahmepläne auf und darf erst in sechs Monaten eine neue Offerte vorlegen. Doch während des Übernahmekampfes hatte auch Glencore einen Einstieg bei Anglo American geprüft.

    Keine Alternativen

    Wanblad hat keine Alternative zur Ausgliederung von Amplats und zum Verkauf der Kohleaktivitäten wie auch von De Beers. “Wenn nicht, ist das Unternehmen den üblichen Verdächtigen gegenüber angreifbar“, meint Portfoliomanager Woodley. “Für einen Aktionär sollte das in jedem Fall ein Gewinn sein.” Um sich weiter Unterstützung in Südafrika zu sichern, hat Wanbald schon angekündigt, dass die Amplats-Aktien bei einer Ausgliederung mit einem Zweitlisting in Johannesburg gehandelt werden sollen. Das Erstlisting soll freilich, wie bei Anglo selbst auch, in London sein.

    Die Übernahme von Anglo American durch BHP wäre eine der größten Akquisitionen im globalen Bergbau seit mehr als zehn Jahren gewesen. BHP wollte schließlich umgerechnet 45,9 Milliarden Euro für die Übernahme der Kontrolle über Anglo American bezahlen. hlr

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    Standpunkt

    Gerade jetzt brauchen wir eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik

    Von Karamba Diaby
    Karamba Diaby
    Karamba Diaby

    Bestimmte Momente brennen sich in die Erinnerung ein: Bei mir zählt dazu die Begegnung mit Frauen in einer Gemeinde in Niger, die lokale resiliente Pflanzensorten anbauen und so die Ernährungsunsicherheit vor Ort bekämpfen oder mit alleinstehenden Frauen in Marokko, die Rosenöl produzieren. Ein Gespräch im Bundestag mit Politikerinnen aus Benin, die sich für gleichberechtigte politische und gesellschaftliche Teilhabe engagieren sowie die Verleihung des Deutschen-Afrika-Preises an Friedensaktivistinnen aus Kamerun. Und dazu zählt ein Besuch im tunesischen Start-Up-Hub The Dot, in dem Ingenieurinnen und Unternehmerinnen ihre erfolgreiche Arbeit vorgestellt haben.

    Exemplarisch zeigt das: Wir dürfen bei unserer politischen Arbeit nicht die Hälfte der Weltbevölkerung ausblenden. Wenn ich sage, dass wir eine feministische Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik brauchen, dann bedeutet das, Frauen mit all ihren Erfahrungen, ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten einzubeziehen. Ihnen zuzuhören. Ihnen einen Platz am Verhandlungstisch zu geben. Sie gleichberechtigt an Entscheidungen zu beteiligen.

    Frauen in Friedensprozesse einbeziehen

    Zahlreiche Studien belegen, dass ohne Gleichberechtigung kein nachhaltiger Frieden entstehen kann. Beispielsweise halten Friedensabkommen länger, wenn Frauen an den Verhandlungen beteiligt waren. In Krisenkontexten sind es oft die Frauen, die weiterhin Zugang zu Gebieten haben, in denen der Staat kein Gewaltmonopol mehr hat. Sie transportieren wichtige Güter, aber auch Informationen und sind als Vermittlerinnen ein wichtiger Ankerpunkt für unser Engagement in unsicheren Kontexten. Auch sind es häufig Frauen in ihrer Rolle als Mütter oder Schwestern, die weiterhin den Kontakt zu Männern haben, die sich Milizen oder terroristischen Gruppierungen angeschlossen haben. Ihre Erfahrungen müssen wir in mediative Friedensansätze einbeziehen.

    Gleichzeitig sind insbesondere Frauen und Kinder von den aktuellen Krisen wie dem Klimawandel oder gewaltvollen Konflikten betroffen. Nur, wenn wir Frauen an den Konzepten und der Umsetzung unserer Entwicklungszusammenarbeit beteiligen, kann auch diese vor Ort erfolgreich sein. In westafrikanischen Ländern beispielsweise machen Frauen einen Großteil der Arbeitskraft in ländlichen Gebieten aus, aber nur sehr wenige von ihnen besitzen selbst Land. Sie arbeiten überwiegend im informellen Sektor, werden nur selten fest angestellt und sind von Sozialleistungen oft ausgeschlossen.

    Männer können leichter migrieren

    Männer migrieren häufig in die nahegelegenen Städte oder ins Ausland, um neue Perspektiven und Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden. Zurück bleiben die Frauen, die für die Versorgung der Familien und Gemeinden sorgen – etwa in den vom Klimawandel stark betroffenen Gebieten in der Sahelzone. Sie entwickeln passgenaue und lokalspezifische Lösungsansätze, an der wir unsere Arbeit ausrichten können. Örtliche Netzwerke sind ein Schlüssel unserer Entwicklungszusammenarbeit – besonders in schwierigen Kontexten, in denen diese regierungsfern umgesetzt wird.

    Was ist das Ziel unserer Außen- und Entwicklungspolitik? Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und nachhaltiger Frieden weltweit. Das sind für mich Grundpfeiler der Sozialdemokratie. Es gibt aber keine soziale Gerechtigkeit ohne gleichberechtigte Teilhabe aller. Das gilt für Frauen, aber auch für marginalisierte Gruppen wie etwa religiöse oder indigene Minderheiten.

    Dekoloniale Brille absetzen

    Besonders wenn es um unsere Beziehungen zu Ländern des Globalen Südens geht, betone ich immer wieder: Wir müssen unsere dekoloniale Brille absetzen. Ich bin der Überzeugung, dass auch feministische Außenpolitik Teil der Dekolonisierung ist. Im Senegal haben Frauen ganz vorne mit gegen die ehemalige Kolonialmacht gekämpft – Gleichberechtigung und Parität sind hier Produkte ihres Einsatzes. Weltweit engagieren sich Frauen als mündige Bürgerinnen für ihre Rechte. Auf meinen Reisen treffe ich überall auf starke Frauennetzwerke, die in die Zivilgesellschaft und die Politik wirken. Sie fordern zu Recht gleichberechtigte Mitbestimmung. Das muss bei uns endlich Gehör finden.

    Kurzum: Frauen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Ohne sie können wir die Konzepte für eine friedlichere Welt und die 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 nicht umsetzen. In einer Zeit, in der Konflikte zunehmen und in welcher der Klimawandel bestehende Ungleichheiten verschärft, müssen soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung mehr denn je unsere Richtschnur sein.

    Dr. Karamba Diaby ist seit 2013 Mitglied im Bundestag und vertritt direkt gewählt den Wahlkreis 72 – Halle (Saale). Er ist Mitglied im Fraktionsvorstand der SPD, im Auswärtigen Ausschuss, im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und im Unterausschuss Globale Gesundheit. Außerdem leitet er den Gesprächskreis Afrika der SPD-Bundestagsfraktion und ist Vorsitzender der Parlamentariergruppe Westafrika.

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    Presseschau

    Wall Street Journal: Genozid-Überlebende in Darfur sind blutigen Kämpfen ausgesetzt. Das Flüchtlingslager Abu Shouk in der Nähe der sudanesischen Stadt Al-Faschir beherbergt mehr als 100.000 Überlebende der Massengräueltaten, die in den frühen 2000er-Jahren in der Region Darfur an schwarzen indigenen Gemeinschaften verübt wurden. Jetzt werden die Bewohner erneut angegriffen, und lokale Aktivisten und internationale Beamte warnen vor einer Wiederholung der früheren Gewalt, die von den USA als erster Völkermord des 21. Jahrhunderts anerkannt wurde.

    Reuters: Somalia droht mit Ausweisung äthiopischer Soldaten. Die Regierung in Mogadischu hat angekündigt, die in Somalia stationierten äthiopischen Truppen noch in diesem Jahr des Landes zu verweisen, falls Äthiopien den angekündigten Hafendeal mit der de facto unabhängigen Region Somaliland weiter verfolgt. Mindestens 3.000 äthiopische Soldaten sind in Somalia im Rahmen einer Friedensmission der Afrikanischen Union (Atmis) stationiert, die gegen die Terrormiliz al-Shabaab kämpft, die weite Teile Somalias kontrolliert. Weitere schätzungsweise 5.000 bis 7.000 Soldaten sind im Rahmen eines bilateralen Abkommens in verschiedenen Landesregionen stationiert. Experten zufolge birgt die Ankündigung die Gefahr einer weiteren Destabilisierung Somalias, da die lokalen Kräfte nicht in der Lage wären, das entstehende Sicherheitsvakuum zu füllen.

    AP: Großangelegte Streiks legen Nigerias Wirtschaft lahm. Die größten nigerianischen Gewerkschaften haben am Montag mit einem Streik begonnen, um angesichts der schlimmsten Krise bei den Lebenshaltungskosten seit Jahrzehnten eine Erhöhung des Mindestlohns zu fordern. Afrikas bevölkerungsreichstes Land kam zum Stillstand, der Strom fiel aus, und wichtige Flughäfen wurden geschlossen. Nachdem Präsident Tinubu im Mai letzten Jahres die jahrzehntelangen, aber kostspieligen Treibstoffsubventionen abgeschafft hatte, hat sich der Spritpreis in Nigeria mehr als verdoppelt.

    South China Morning Post: Afrikas führende Bank baut Geschäft in China aus. Die Absa Group, einer der größten diversifizierten Finanzdienstleister Afrikas, will im Rahmen ihrer globalen Expansionsstrategie angesichts der wachsenden Investitionen und des zunehmenden Handels zwischen China und Afrika engere Beziehungen zu chinesischen Unternehmen knüpfen. Die in Johannesburg ansässige Bank wird laut Klaus-Dieter Kaempfer, CEO von Absa China, über ihre Tochtergesellschaft, die Anfang Mai offiziell in Peking eröffnet wurde, die Beziehungen zu staatlichen Einrichtungen, Privatunternehmen, Banken und Entwicklungsfinanzierungsorganisationen in der Volksrepublik stärken.

    Bloomberg: Russland offenbar an Übernahme französischer Uranminen in Niger interessiert. Rosatom, das staatliche russische Atomunternehmen, hat mit den militärisch geführten Behörden Nigers Kontakt aufgenommen, um Vermögenswerte des französischen Atomkonzerns Orano zu erwerben, berichtet Bloomberg unter Berufung auf eine mit der Sache vertraute Quelle in Moskau. Orano hält Mehrheitsbeteiligungen an den Betreibergesellschaften von drei Uranminen, von denen zwei nicht in Betrieb sind. Es ist unklar, wie viele Anlagen Rosatom in Niger anstrebt. Die Person in Moskau bezeichnete die Gespräche als in einem frühen Stadium.

    Jeune Afrique: Guinea, erste Station auf Lawrows Afrika-Tour. Der russische Außenminister Sergei Lawrow ist am Montag zu einem unangekündigten Besuch nach Guinea gereist. Russischen Medien zufolge plant Lawrow im Anschluss Visiten in weiteren afrikanischen Ländern, darunter Tschad und Burkina Faso. Seit dem Militärputsch im Jahr 2021 wird Guinea von einer Junta regiert.

    Bloomberg: Russische Öllieferung kommt in Ghana an. Ein Tanker mit russischem Rohöl an Bord hat nach dreimonatiger Wartezeit vor der Küste Ghanas seine Ladung entladen. Es ist die vierte beobachtete Öllieferung aus Russland in das westafrikanische Land seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022. Moskau hat eine Liste kleinerer Abnehmer für sein Rohöl aufgebaut, um seine Verkäufe zu ergänzen, nachdem europäische Abnehmer russisches Öl nach der Invasion gemieden haben. Neben Ghana umfasst die Liste auch Brasilien, Brunei, Pakistan und Sri Lanka.

    African Business: Rutos Staatsbesuch festigt US-Kenia-Beziehungen. Militärputsche und Wahlniederlagen in verschiedenen Teilen Afrikas in der jüngsten Vergangenheit haben in Washington die Sorge geweckt, Amerikas Rivalen könnten die Instabilität in einigen afrikanischen Ländern ausnutzen, um ihren Einfluss in der Region zu festigen. Die Regierung Biden betrachtet den demokratischen Rückschritt in Afrika als kritisches Problem und setzt auf eine stärkere Allianz mit Kenia, um diesem Trend entgegenzuwirken. Kenias Präsident William Ruto ist sich der Bedeutung bewusst, die die USA der Verbreitung der Demokratie nach westlichem Vorbild beimessen, und hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sich als glühender Verfechter demokratischer Ideale darzustellen.

    The East African: Südkorea wendet sich Afrika zu. In dieser Woche findet in Seoul der erste Korea-Afrika-Gipfel statt. Die koreanische Regierung will “eine neue umfassende Strategie zur Vertiefung des Engagements mit dem globalen Süden” einleiten und zur “Förderung einer für beide Seiten vorteilhaften, nachhaltigen und strategischen langfristigen Partnerschaft mit Afrika” beitragen. Die afrikanischen Regierungen bemühen sich ihrerseits um Investitionen und mehr Kooperation. Sowohl Kenia als auch Tansania wollen zum Beispiel vom koreanischen Arbeitsmigrationsprogramm profitieren.

    Heads

    Die entscheidenden Köpfe der Afrika-Szene – Verwaltung

    Verwaltung


    Christoph Retzlaff – Subsahara-Afrika-Beauftragter im Auswärtigen Amt

    Christoph Retzlaff ist der maßgebliche Architekt der neuen afrikapolitischen Leitlinien des Auswärtigen Amts. Der 62-jährige ist seit 2022 Beauftragter des AA für Subsahara-Afrika. Zuvor machte der Karriere-Diplomat mehrmals in Afrika Station. Zuletzt bis 2021 als Botschafter in Ghana. “Afrika liegt mir besonders am Herzen”, sagte Retzlaff in einer Videobotschaft kurz nach Antritt seiner neuen Position als Subsahara-Afrika-Beauftragter.

    Birgit Pickel – Abteilungsleiterin Afrika im BMZ

    Es gibt wahrscheinlich wenige Bundesbeamte, die sich bereits so lange mit dem Thema Afrika beschäftigen. Seit rund 25 Jahren arbeitet Birgit Pickel für das BMZ. Seit 2022 als Leiterin der Abteilung Afrika. Während der Hochphase der Corona-Pandemie war Pickel Direktorin für Globale Gesundheit beim BMZ. Entsprechend liegt die Expertise der Politikwissenschaftlerin vor allem in den Bereichen globale Gesundheit, Pandemievorsorge und feministische Entwicklungspolitik.

    Steffen Meyer – Abteilungsleiter Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik im Bundeskanzleramt

    Steffen Meyer hält im Kanzleramt als Leiter der Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik eine Schlüsselposition. In seinen Bereich fällt damit auch der Bereich der internationalen Wirtschafts- und Außenpolitik. Und obwohl Afrika nicht ausschließlich Meyers Tagesgeschäft dominiert, hat er auch im vergangenen Jahr die deutsche Afrikapolitik unter anderem mit der Organisation der Vorbereitungen des Compact-with-Africa-Gipfels 2023 in Berlin mitgeprägt. Zuvor hat Meyer viele Jahre im Bundesfinanzministerium gearbeitet.

    Angela Ganninger – Gruppenleiterin Subsahara-Afrika im Bundeskanzleramt

    Das Aufgabenprofil von Angela Ganninger ist vielfältig: globale Fragen, Subsahara-Afrika, Entwicklungspolitik und Auswärtige Migrationspolitik. All die Themen verantwortet die Ministerialdirigentin im Bundeskanzleramt. Damit ist die ehemalige Botschafterin in Moldau mittlerweile längst eine der wichtigsten Afrika-Beraterinnen des Kanzlers.

    Rainer Baake – Sonderbeauftragter im BMWK für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation / Beauftragter des BMZ für die Just Energy Transition Partnership (JETP) mit Südafrika

    Rainer Baake ist seit 2022 Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation und Beauftragter des BMZ für die Just Energy Transition Partnership mit Südafrika – im südlichen Afrika kennt er sich bestens aus. Zuvor war der Grünen-Politiker knapp 20 Jahre lang Staatssekretär für Umwelt- und Energiefragen. Als ihr Direktor hat Baake von 2012 bis 2014 die Denkfabrik Agora Energiewende mitaufgebaut. Seit 2020 ist er Direktor der Stiftung Klimaneutralität. Er gilt als einer der Vordenker der erneuerbaren Energien.

    Julia Braune – Sprecherin der Geschäftsführung bei Germany Trade & Invest (GTAI)

    1951 wurde die Germany Trade & Invest oder GTAI unter dem Namen Bundesauskunftsstelle für den Außenhandel gegründet. Und das ist sie auch heute noch: eine Goldgrube an Auslandsinformationen über Absatzmärkte und Investitionsmöglichkeiten für den Mittelstand. Gemeinsam mit Robert Hermann leitet Julia Braune die GTAI seit Februar 2023. Zuvor leitete sie die Interessengemeinschaft German Water Partnership und bringt so viel Erfahrung im Bereich Infrastrukturinvestitionen mit.

    Thorsten Schäfer-Gümbel – Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

    Der SPD-Politiker fand relativ spät in seiner Laufbahn zu Afrika, als er an die Spitze der Geschäftsführung der GIZ berufen wurde. Seine politische Karriere begann er in der hessischen Landespolitik. Im Juni 2019 übernahm er mit Manuela Schwesig und Malu Dreyer in einer schwierigen Situation den Bundesvorsitz der SPD. Jetzt wird er wieder sein Fingerspitzengefühl im Krisenmanagement zeigen müssen. Die Kürzungen im Bundeshaushalt für das BMZ werden auch die GIZ hart treffen.

    Jana Unger – Leiterin Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika

    Wer sich als Mittelständler in Afrika wirtschaftlich engagieren will, sollte sich den Kontakt zu Jana Unger sichern. Unger ist Leiterin der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika, das kleine und mittelgroße Unternehmen beim Markteinstieg in Afrika unterstützt. Zuvor war Unger stellvertretende Leiterin der Geschäftsstelle der GFA Consulting Group, ein Unternehmen, das auf die Beratung von Projekten in der Entwicklungszusammenarbeit spezialisiert ist.

    Carsten Schmitz-Hoffmann – Leiter Europa Mittelmeer Zentralasien bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

    Bis Februar dieses Jahres hatte Carsten Schmitz-Hoffmann die GIZ International Services geleitet, die künftig noch an Bedeutung gewinnen wird. Doch der Asien-Experte Schmitz-Hoffmann wechselte an die Spitze des Bereichs Europa Mittelmeer Zentralasien und wird über die Mittelmeer-Zuständigkeit zumindest dem Norden Afrikas verbunden bleiben. Damit arbeitet er an einer wichtigen Schnittstelle zwischen der Afrika-Kompetenz in der GIZ und anderen Regionen der Welt.

    Ulrich Binkert – Berichterstatter Ostafrika bei Germany Trade & Invest (GTAI)

    Ulrich Binkert zählt zu den erfahrensten Afrika-Kennern bei der GTAI. Zunächst als Berichterstatter für die Bundesagentur für Außenwirtschaft in Lateinamerika tätig, leistet er für die GTAI seit nunmehr knapp 14 Jahren Aufklärungsarbeit über wirtschaftliche Chancen in Ostafrika. Binkert hat Volkswirtschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen studiert. Dank eines Abstechers an die Universität Nanjing spricht er auch Chinesisch.

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    Africa.Table Redaktion

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