Table.Briefing: Africa

Neue UK-Rohstoffstrategie + Selbstkritische UN zu Friedensmission + Energie für Nigerias Wirtschaft

Liebe Leserin, lieber Leser,

auch bei den Vereinten Nationen wächst die Einsicht, dass die Friedensmissionen der Blauhelmsoldaten in Afrika größtenteils gescheitert sind. Unsere Kollegin Judith Raupp berichtet direkt aus Goma, wo die Monusco seit vielen Jahren im Einsatz ist und wenig zur Befriedung beigetragen hat. Jetzt ist die Frage groß, was an die Stelle der gescheiterten Friedensmissionen kommen soll.

Auch an diesem Dienstag nach Pfingsten haben wir weitere spannende Analysen, Nachrichten und Meinungsbeiträge für Sie.

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.

Ihr
Christian von Hiller
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Analyse

Großbritannien: Simbabwe begrüßt neue Haltung zu kritischen Rohstoffen

Die Regierung in Simbabwe verfolgt mit großem Interesse eine aktuelle Debatte in Großbritannien. Um seine Lieferkette für kritische Mineralien zu sichern und gleichzeitig das ehrgeizige Netto-Null-Ziel zu erreichen, intensiviert Großbritannien seine Investitionen im In- und Ausland. Dazu prüft die Regierung eine Lockerung der Sanktionen gegen Simbabwe, das besonders reich an Lithium ist.

Der Schritt erfolgt inmitten der Dominanz Chinas auf dem globalen Markt für kritische Mineralien, was beim britischen Gesetzgeber Bedenken hinsichtlich einer übermäßigen Abhängigkeit von Ländern mit angespannten diplomatischen Beziehungen aufkommen lässt.

Geopolitische Dimension

Während der jüngsten Debatten im Unterhaus und im Oberhaus Ende April betonte der Abgeordnete der schottischen Nationalpartei, Richard Thomson, die geopolitische Bedeutung: “Für die überwiegende Mehrheit der kritischen Mineralien sind viele der Länder zuständig, in denen sie vorkommen.” Die meisten Staaten seien autokratisch, viele blockfrei, und mit vielen unterhalte Großbritannien nicht die besten diplomatischen Beziehungen. “Die Sicherstellung der Versorgungskontinuität ist daher in vielerlei Hinsicht eine ebenso geopolitische wie geologische Frage”, sagte Thomson weiter.

Das drohende Defizit bei der Lithiumversorgung, das aufgrund der steigenden Nachfrage bis 2030 voraussichtlich 55 Prozent erreichen wird, unterstreicht die Dringlichkeit der Situation. Das Vereinigte Königreich hat 18 wesentliche Mineralien identifiziert, die für die Herstellung sauberer Energietechnologien von Bedeutung sind, darunter Lithium, Graphit, Kobalt und Nickel.

Ethische Beschaffung

Der britische konservative Abgeordnete Steve Double bekräftigte die Notwendigkeit, ethische Beschaffungspraktiken innerhalb der Lieferkette sicherzustellen, insbesondere angesichts von Berichten über Kinderarbeit und Verletzungen der Rechte indigener Völker in mineralreichen Regionen wie der DR Kongo und dem Süden Amerikas. “Ohne eine nachhaltige und sichere Versorgung mit kritischen Mineralien wird das Vereinigte Königreich nicht in der Lage sein, sein Netto-Null-Ziel zu erreichen oder wichtige Verteidigungs- und Sicherheitsfähigkeiten aufrechtzuerhalten“, sagte Double.

Im House of Lords wandte Lord St. John of Bletso ein, dass die bestehenden Sanktionen in Simbabwe das repressive Regime von Präsident Mnangagwa nicht gebremst und ein Vakuum hinterlassen hätten, das nun die Chinesen und die Russen nutzten. “Stimmt der Minister zu, dass die bestehenden Sanktionen in Simbabwe das repressive Regime von Präsident Mnangagwa nicht gebremst und ein Vakuum für die Chinesen und die Russen hinterlassen haben, die nun mit dem strategischer Mineralien beschäftigt sind?”, fragte Lord St. John und schlug vor, es sei an der Zeit, eine parteiübergreifende parlamentarische Konferenz in Simbabwe einzuberufen, um der amtierenden Regierung den Weg zu ebnen, integrativer zu sein und sich mit der Verringerung der Armut für Millionen von leidenden Simbabwern zu befassen.

Lord Ahmad von Wimbledon von der Konservativen Partei entgegnete: “Ich versichere dem edlen Herrn, dass ein Teil unseres Ansatzes zu Sanktionen ein Element davon ist: Wir nutzen die Hebel, die uns in der Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern zur Verfügung stehen, um dies sicherzustellen.” Die derzeitige Regierung verfolge diesen integrativen Ansatz. Er betonte die Notwendigkeit einer integrativen Regierung: “Es liegen Chancen vor uns, aber es braucht eine Regierung, die integrativ ist und die Rechte nicht nur der Neuankömmlinge, sondern auch ihrer Bürger schützt.”

Begeisterung in Simbabwe

Die Diskussionen im britischen Parlament haben bei der Regierung Simbabwes Begeisterung ausgelöst. Der Sprecher des Präsidenten Mnangagwa, George Charamba, betonte die Offenheit Simbabwes für Wirtschaftsbeziehungen. Er warnte allerdings, dass eine Isolierung Simbabwes für diejenigen, die sich dafür entschieden, schädlich wäre.

Der britische Botschafter in Simbabwe, Peter Vowles, sagte den Staatsmedien, das Vereinigte Königreich wolle seine Beziehungen zu Simbabwe vertiefen. Er räumte zwar Schwierigkeiten in der Vergangenheit ein, äußerte sich aber optimistisch im Hinblick auf eine reife und für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaft. Vowles betonte die Beseitigung von Handelshemmnissen und forderte Unternehmen beider Länder auf, Geschäftsmöglichkeiten zu nutzen, was einen potenziellen Weg für einen verstärkten Handel und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Vereinigten Königreich und Simbabwe aufzeigt.

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Friedensmissionen: Die UN werden selbstkritisch und suchen neue Wege

Die großen Friedensmissionen in Afrika bereiten den Vereinten Nationen Kopfzerbrechen. Ob Mali oder DR Kongo, ob Südsudan oder Zentralafrikanische Republik, von Stabilität sind diese Länder weit entfernt. Und das, obwohl die Blauhelmsoldaten zehn bis 25 Jahre in der Region präsent sind oder waren. Aus Mali wurde das UN-Militär im vergangenen Jahr hinausgeworfen.

“Wir müssen an unserer Herangehensweise arbeiten”, räumt Untergeneralsekretär Jean-Pierre Lacroix ein. Der Chef der UN-Blauhelmtruppen verweist auf die “neue Agenda für Frieden”, die die UN-Staaten auf ihrem Gipfel im September diskutieren werden. Die Agenda sieht unter anderem vor, dass die UN manche Aufgaben an andere internationale Organisationen auslagern, etwa an die Afrikanische Union (AU).

“Das gilt besonders für das Peace Enforcement“, sagt Lacroix. Künftig soll die AU die dafür nötigen offensiven Kampftruppen stellen – ohne UN-Mandat. Die UN wollen zu diesen robusten Einsätzen Geld und Beratung beisteuern. Das geschieht bereits in kleinerem Ausmaß in Somalia.

Kooperation zwischen UN und AU

Über strategische Kooperationen zwischen UN und der AU wird seit langem diskutiert. Im September 2023 verabschiedete der Sicherheitsrat schließlich die Resolution 2719. Sie erlaubt eine Ko-Finanzierung von AU-Missionen, wobei die UN voraussichtlich den größeren Anteil übernehmen werden.

“Die Resolution ist ein historischer Schritt”, sagt Lisa Sharland, Analystin am Stimson Center in New York. Die Hoffnung sei, dass AU-Missionen von den Regierungen und der Bevölkerung in den Einsatzländern besser akzeptiert werden als UN-Truppen. Man setze zudem darauf, dass afrikanische Soldaten größere Risiken eingehen als Soldaten aus Asien oder Lateinamerika. Denn sie stehen der Bevölkerung in den Einsatzländern näher. Außerdem sollte den afrikanischen Regierungen daran gelegen sein, Konflikte einzudämmen, bevor sie auf andere Länder übergreifen, so die Idee.

Kleine UN-Missionen sind weniger umstritten

Ob diese Rechnung aufgeht, ist offen. So holte etwa die kongolesische Regierung im Kampf gegen die Miliz M23 Truppen aus ostafrikanischen Ländern zur Hilfe. Die M23, unterstützt vom Nachbarland Ruanda, besetzt seit zwei Jahren die rohstoffreiche Provinz Nord-Kivu und schneidet der Millionenstadt Goma die Versorgungswege ab. Doch auch die ostafrikanischen Truppen zogen nicht offensiv in den Krieg. Die Bevölkerung schäumte, und Kinshasa warf die Truppen wieder aus dem Land.

Kleinere UN-Missionen wie etwa in Abyei oder im Libanon sind weniger umstritten als die großen afrikanischen Friedenseinsätze. “Eine klar begrenzte Aufgabe steigert die Akzeptanz”, sagt Julie Gregory, die ebenfalls am Stimson Center forscht. In Abyei überwachen die Blauhelme die Grenze zwischen Sudan und Südsudan. Im Libanon dokumentiert die Mission Vorfälle an der Grenze zu Israel. Obwohl der Gazakrieg einen Flächenbrand entfachen könnte, gilt die Mission als nützlich. Weder die Regierung noch die Bevölkerung im Libanon schieben die Verantwortung für den Krieg einem vermeintlichen Versagen der Blauhelme zu.

Zu viele Aufgaben in Afrika

In den großen afrikanischen Missionen ist das anders. Dort haben die UN-Missionen viele Aufgaben. Sie sollen zum Beispiel die Bevölkerung beschützen, Milizen entwaffnen und in die Gesellschaft integrieren, Infrastruktur bauen oder das heimische Militär ausbilden. Der Umfang der Aufgaben weckt in der Bevölkerung die überzogene Erwartung, dass die UN-Missionen das Land allein befrieden könnte. Das führt zu Enttäuschung und Aggressionen gegen die Blauhelme. Gregory ist daher überzeugt, “dass wir künftig weniger solcher multidimensionaler Friedensmissionen sehen werden”.

Laut der neuen Agenda für den Frieden wollen die UN auch ihre Kommunikation in den Einsatzländern ausbauen. So wollen sie überzogenen Erwartungen und Falschinformationen in den sozialen Medien begegnen. Der kongolesische Bürgerrechtler Steven Muhindo befürwortet das. Die Kommunikation müsse aber für alle verständlich sein. “Bisher ist sie viel zu elitär. Im Kongo weiß höchstens ein Prozent der Bevölkerung, was das Mandat der UN-Mission beinhaltet“, sagt er.

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Nigeria: Ein Pionierprojekt, das eine positive Wirtschaftsdynamik auslöst

Das Geometric Integrated Power Project (GIPP) in Aba, rund 60 Kilometer nordöstlich von Port Harcourt gelegen, soll die Stromerzeugung im Südosten Nigerias von Grund auf verändern. Das nigerianische Energieunternehmen Geometric Power bezeichnet es gar als ein “Pionierprojekt“.

Ursprünglich umfasste GIPP in Phase 1 den Bau eines 141-Megawatt-Gaskraftwerks, mehr als 110 Kilometer 33-Kilovolt- und 11-Kilovolt-Subübertragungsleitungen, vier Umspannwerke und Kondensatorbänke für die Stromverteilung an die großen Industrie- und Gewerbekunden, die die Power Holding Company of Nigeria (PHCN) mit Strom versorgt.

20 Jahre bis zur Realisierung

Die Leistung des Kraftwerks wurde während der zwanzigjährigen Planung auf 188 Megawatt erhöht. Vizepräsident Kashim Shettima weihte es im Februar in Aba ein. Vor neun Jahren war es schon fertiggestellt. Doch dann folgte eine lange Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit der Enugu Electricity Distribution Company (EEDC), die der CEO von Geometric Power, Matthew Nnaji, erst vor kurzem lösen konnte.

Laut Tracking SDG 7 hat Nigeria weltweit den schlechtesten Zugang zu Elektrizität, da rund 92 Millionen Menschen der 200 Millionen Einwohner des Landes keinen Zugang zu Elektrizität haben.

GIPP wird die Stromversorgung von Industrieclustern in Nigerias erster integrierter Elektrizitätsanlage in der Industrieregion Osisioma beschleunigen. Neun der siebzehn Kommunalverwaltungseinheiten des Bundesstaates Abia werden dadurch Energie von einem neuen Stromverteilungsunternehmen (DisCo), Aba Power Limited Electric, beziehen.

800 Millionen Dollar Investition

Geometric Power investierte rund 800 Millionen US-Dollar in GIPP. In diesem Betrag ist der Bau einer 27 Kilometer langen Erdgaspipeline von Owaza in Ukwa West LGA zum Industriekomplex Osisioma in Aba enthalten.

“Bis jetzt mussten Industriebetriebe ihren Strom selbst mithilfe kleiner Diesel- oder Benzingeneratoren erzeugen”, meint Bayode Akomolafe, Global Program Manager bei Field Core. Das erhöhte die Energiekosten laut Akomolafe um mindestens 20 Prozent. GIPP werde deshalb besonders KMU helfen, indem es günstigeren und relativ sauberen Strom bereitstellt. Dadurch verbessere sich der Cashflow der Unternehmen, sodass sie mehr in ihre Geschäftsmodelle investieren könnten.

In einer Kettenreaktion werden die bestehenden Unternehmen aufrechterhalten, während neue entstehen, die Arbeitsplätze schaffen”, meint Akomolafe. “Das Gleiche gilt für die privaten Haushalte, deren Stromkosten drastisch sinken werde, was ihre Kaufkraft erhöht.”

Mehr Geld für Bildung, Gesundheit und Ernährung

GIPP wird so zum Game Changer in der Region. “Eine höhere Kaufkraft bedeutet, dass die Menschen mehr Geld für Bildung, Gesundheit und Ernährung ausgeben können”, führt Akomolafe aus. “Die Krankenhäuser können eine bessere Versorgung anbieten. Die Kinder werden abends Strom zum Lernen haben, während der Strom das Kochen sauberer macht.” Viele Frauen kochen in der Küche mit Holz, was die Gesundheit vor allem von Kindern und Müttern beeinträchtige.

Auch Jide Pratt (JP), Landesdirektor des Handelsunternehmens Trade Grid, betont die Vorteile: “Das Projekt wird das Geschäftsleben zum Florieren bringen.” Die Stückkosten je Kilowattstunde werden in Aba geringer sein als die Investitionskosten für den Kauf von Generatoren und die Kosten für Diesel bei den derzeit hohen Preisen.

Neue Geschäftsideen dank des Stroms

“Eine Aktivierung dieser Umsatzsicherung ist jedoch äußerst wichtig”, warnt Pratt. GIPP schafft unerwartete Geschäftsmöglichkeiten: “Industrie und Privatkunden müssen mit Stromzählern ausgestattet werden, um sicherzustellen, dass sie auch für den Strom bezahlen, den sie beziehen.” Unternehmen müssten deshalb lokale Wege finden, eine Zählerproduktion aufzubauen, die nach Meinung des Handelsexperten von der Stange sein sollten. Die längere und konstante Stromversorgung werde eine Wachstumsdynamik in Aba auslösen und zu einem kräftigen Wachstum des BIP wie auch einem höheren Steueraufkommen in der Region sorgen.

Erleichtert wurde die Realisierung des GIPP durch eine Reform von Präsident Bola Tinubu im vergangenen Jahr. Das Elektrizitätsgesetz von 2023 ermächtigt die Bundesstaaten, eigene Gesetze zu Elektrizitätsangelegenheiten zu beschließen. Dadurch kann nun jeder Bundesstaat seine eigene Strominfrastruktur aufbauen.

Engpässe regional lösen

“Das war ein brillanter Schachzug, die Macht auf die Bundesstaaten zu übertragen”, meint Pratt. Jetzt gebe es einen Anreiz für die Regionalregierungen, in dieser Arena mitzuspielen, solange es sich für sie rechne. “Was aber noch wichtiger ist: Die Bundesstaaten können es nun angehen, Stromengpässe auf bundesstaatlicher Ebene zu lösen.

Das GIPP ist jedoch älter als das Elektrizitätsgesetz von 2023 und steht daher unter der Aufsicht der nationalen Regulierungsbehörde, der Nigerian Electricity Regulatory Commission (NERC). Die Bestimmung des Elektrizitätsgesetzes, die dem Staat Befugnisse zur Elektrizitätsaufsicht gibt, könne deshalb erst aktiviert werden, nachdem die Regierung des Bundesstaats Abia sein eigenes Elektrizitätsgesetze geschaffen hat, meint Akomolafe.

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Afrika-Verein: Vorsitzende appelliert an die Übernahme von Verantwortung

Zum 90. Jahrestag seiner Gründung ist die Führung des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft an den Ort seines Ursprungs zurückgekehrt. Im Hamburger Rathaus feierte der Wirtschaftsverband am 14. Mai seine Gründung im Jahr 1934. Vor einigen Jahren verlagerte der Verband seine Aktivitäten nach Berlin, hat seinen Sitz aber weiterhin in Hamburg.

Die Geschichte des Afrika-Vereins könne “nicht losgelöst betrachtet werden von der deutschen und europäischen Kolonialgeschichte mit ihrem verabscheuenswürdigen Menschenbild und allen Verbrechen und fortwirkenden Verheerungen, die diese Zeit auf unserem afrikanischen Nachbarkontinent hinterlassen hat”, sagte Sabine Dall’Omo, CEO von Siemens in Südafrika und seit gut einem Jahr Vorsitzende des Afrika-Vereins, in ihrer Rede anlässlich des Festaktes.

Gründung nicht historisch erforscht

Die Anfangszeit des Afrika-Vereins ist bisher nicht systematisch historisch erforscht worden. Doch dürften die Motive zur Gründung zumindest teilweise im Verlust der deutschen Kolonien im Ersten Weltkrieg wie auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929/1930 zu suchen sein.

In der NSDAP waren auch Kolonialisten aktiv, so etwa Franz Ritter von Epp, der 1928 der NSDAP beigetreten war und später “Reichsleiter” des 1933 gegründeten “Reichskolonialbundes” wurde. In der NS-Ideologie spielte eine Rückeroberung von Kolonien in Afrika zwar eine Rolle. Hitler selbst gab jedoch einer gewaltsamen Eroberung von “Lebensraum im Osten” den Vorzug. Mit seiner Distanz zur Kolonialbewegung stand Hitler in einer Kontinuität, die bis zum ersten Reichskanzler Otto von Bismarck zurückreicht.

Ein deutsches “Mittelafrika” spielte in der NS-Gedankenwelt vor allem als Rohstofflieferant eine Rolle: Eisenerz, Kautschuk, Sisal, Palmöl, Erdnüsse und Tropenholz standen im Fokus. Im Laufe des Krieges nahm das Interesse an Afrika ab. 1940 wurde jedoch ein “Kolonialblutschutzgesetz” erlassen, das Ehen und sexuelle Kontakte zwischen Deutschen und Afrikanern unter schwerste Strafe stellte.

Brückenschlag in Richtung Afrika

Die Afrika-Interessen der Industrie wurden vor allem durch die Wirtschaftsabteilung des kolonialpolitischen Amtes der NSDAP in die deutsche Kriegswirtschaft eingebunden. Den Vorsitz führte der Direktor der Deutschen Bank, Kurt Weigelt. Weitere Mitgliedsunternehmen waren unter anderem der Otto-Wolff-Konzern, die Gutehoffnungshütte, AEG, Siemens, IG Farben, Stahlunion, Auto Union, Daimler-Benz oder auch die Friedrich Krupp AG.

Dall’Omo will die Umstände der Gründung des Afrika-Vereins vor allem als “Appell zur Übernahme von Verantwortung und immer wieder zum Brückenschlag in Richtung der afrikanischen Partnerländer” verstanden wissen.

War der Afrika-Verein ursprünglich von Bremer und Hamburger Kaufleuten gegründet worden, prägen heute Industriemanager und Unternehmensberater den Vorstand des Afrika-Vereins. Auch darin spiegelt sich eine Verlagerung des wirtschaftlichen Schwerpunkts im deutsch-afrikanischen Verhältnis. hlr

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DR Kongo: Was wir über den Putschversuch wissen

Nach dem mutmaßlichen Putschversuch in der DR Kongo steht die Frage nach den Helfern im Raum. “Vor allem die Sicherheitsorgane des Landes sind unter Druck geraten, besonders der Geheimdienst”, sagte Jakob Kerstan, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kinshasa im Gespräch mit Table.Briefings. “Es stellt sich die Frage, wie die Ausländer, die offenbar mit dabei waren, einreisen konnten.” Laut Armeeangaben waren an dem Putschversuch US-amerikanische und britische Staatsbürger beteiligt. Demnach stecke der in den USA eingebürgerte Kongolese Christian Malanga hinter dem versuchen Staatsstreich. Sicherheitskräfte haben ihn nach Regierungsangaben getötet.

Einer der verhafteten US-Bürger ist laut einem Regierungssprecher Malangas Sohn. Ein weiterer verhafteter Amerikaner hat Verbindungen zu Malangas Goldgeschäft in Mosambik.

“Malanga ist vor allem in der Diaspora eine bekannte Persönlichkeit, aber er spielt hier im Land keine Rolle”, sagte Kerstan weiter. “Deswegen ist natürlich die Frage, wie das passieren konnte. Vor allem wie die Angreifer an Waffen gekommen sind und von wem sie möglicherweise noch Unterstützung hatten.”

Möglicherweise hatten die Drahtzieher Unterstützung aus der DR Kongo heraus. “Ich kann mir vorstellen, dass da möglicherweise ein Netzwerk dahinter steht, und es wäre gut, wenn die Justiz das klären könnte”, sagte Fred Bauma, Direktor des kongolesischen Think Tanks Ebuteli-Institut, dem französischen Auslandssender RFI.

Möglicherweise war es ein Mordanschlag

Bauma meldete auch Zweifel an, ob überhaupt von einem Putschversuch ausgegangen werden kann. Der Angriff auf das Haus des Vize-Premierministers und Wirtschaftsministers Vital Kamerhe werfe Fragen nach einem möglicherweise gescheiterten Mord an ihm auf. “Vital Kamerhe ist bekanntermaßen ein enger Verbündeter des Präsidenten. Es wird erwartet, dass er Parlamentspräsident und dadurch eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Landes werden könnte.”

Der mutmaßliche Putschversuch sei in jedem Fall überraschend gekommen, sagte KAS-Direktor Kerstan. Die politische Lage im Kongo habe sich nach den umstrittenen Wahlen nicht stabilisiert. Dennoch gewann rasch der Alltag die Oberhand. Trotz der angespannteren Sicherheitslage fand am Sonntagabend das Konzert eines populären Gospel-Stars in Kinshasa mit mehr als 130.000 Teilnehmenden statt, wie lokale Medien berichteten.

Präsident Tshisekedi äußerte sich bis zum späten Montagabend nicht zu den Geschehnissen vom Wochenende. In sozialen Netzwerken kursierten Gerüchte über eine Beteiligung Ruandas. Das behauptete unter anderem der Vorsitzende der französischen Linkspartei La France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, auf X. Hinweise, die in Richtung Ruanda weisen, gab es laut Bauma nicht. Auch die Behörden in der DR Kongo sprachen bisher nicht davon. lcw

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Nachhaltige Rohstoffe: BMZ stellt neues Positionspapier vor

Entwicklungs-Staatssekretärin Bärbel Kofler stellt am Mittwoch dieser Woche auf dem OECD-Forum zu Verantwortung in Rohstofflieferketten in Paris ein neues Positionspapier zur Rohstoffpolitik der Bundesregierung vor. In dem Papier, das Table.Briefings vorab vorlag, heißt es, die Bundesregierung wolle sich für mehr Rechtssicherheit in rohstoffreichen Ländern sowie den Aufbau einer lokalen Produktion einsetzen. Zudem will sich insbesondere das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) dafür einsetzen, “auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene verbindliche Sorgfaltspflichtenregelungen” auszuarbeiten.

Bereits im vergangenen Jahr hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) ein Eckpunktepapier zur nachhaltigen Rohstoffversorgung vorgelegt. Darin legt das Haus von Robert Habeck dar, wie Deutschland die Versorgung mit Rohstoffen, die für die Energiewende relevant sind, sichern will. Mit dem neuen Positionspapier des BMZ soll der Versorgungsaspekt um den Aspekt der nachhaltigen Rohstoffgewinnung und Verarbeitung im Globalen Süden ergänzt werden.

Wegen der globalen Energiewende steigt der Bedarf an Rohstoffen wie Lithium, Kobalt, Nickel oder Grafit. Die Vorkommen liegen vor allem in Ländern des Globalen Südens. Die DR Kongo verfügt zum Beispiel mit Abstand über die größten Kobalt-Vorkommen weltweit. Der Abbau wird auch unter Einsatz von Kinderarbeit durchgeführt. dre

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Eskom: Der Ausbau des Netzes an Stromleitungen liegt erschreckend weit zurück

Die staatliche Stromgesellschaft Eskom in Südafrika hängt bei dem Ausbau von Überlandstromleitungen stark hinterher. Von den für 2023/24 geplanten 166 Kilometer wurden nur 74 Kilometer gebaut. Das bestätigte Eskom vergangene Woche. Laut dem Transmission Development Plan (TDP) müssten bis 2033 eigentlich 1400 Kilometer Leitungen jedes Jahr gebaut werden, um langfristig die Energieversorgung im Land aufrecht zu halten. Dafür seien umgerechnet rund 19 Milliarden Euro nötig.

Der Bedarf an Strom übersteigt regelmäßig das Angebot. Deshalb gibt es seit Jahren am Kap regelmäßig gesteuerte Stromausfälle, “Loadshedding” genannt. In den vergangenen beiden Monaten hat sich die Lage allerdings stabilisiert. Kurz vor Parlamentswahlen gab es durchgehend Strom. Der Ausbau des Netzes spielt eine zentrale Priorität der Regierung und soll vor allem auch den Ausbau von erneuerbaren Energien vorantreiben. Die Hauptregionen dafür liegen in den Provinzen Westkap, Ostkap und Nordkap, also vornehmlich im Süden des Landes. Gebraucht wird der Strom vor allem in den industriellen Regionen im Norden. Geplante neue Solar- und Windprojekte wurden im vergangenen Jahr wegen Engpässen im Netz ausgebremst.

Neue Leitungen nicht angeschlossen

“Eskom steht in den nächsten zehn Jahren vor einer gewaltigen Herausforderung von 14.000 Kilometern, aber es beginnt mit einer sehr niedrigen Basis von 74 Kilometern”, sagte Energieexperte Chris Yelland. “Dies muss massiv gesteigert werden. Und keiner der 74 Kilometer, die es gebaut hat, wurde ans Stromnetz angeschlossen. Der Zuwachs an Stromleitungen, die im vergangenen Geschäftsjahr gebaut worden sind, ist also praktisch null.”

Das Beratungsunternehmen Meridian Economics untersuchte kürzlich den Ausbau des Stromnetzes in Südafrika und kam zum Schluss, dass statt den anvisierten 1400 Kilometer neuer Leitungen pro Jahr mindestens 2000 Kilometer notwendig seien. Das Unternehmen empfiehlt, mehr Verträge mit Privatunternehmen abzuschließen, die die erforderlichen Leitungen schneller bauen sollen. Eskom würde dadurch ein zusätzlicher Einkommensstrom entstehen. Für das Stromnetzwerk in Südafrika ist die im vergangenen Jahr geschaffenen National Transmission Company of South Africa (NTCSA) zuständig, die von Eskom abgespalten wurde, sich aber noch im Aufbau befindet. as

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Steinhoff: Harte Geld- und Haftstrafe gegen deutschen Ex-Manager

In Zusammenhang mit dem Bilanzskandal um den Möbelkonzern Steinhoff International hat das Landgericht Oldenburg einen ehemaligen Manager zu einer Geldbuße von 252.000 Euro und einer Haftstrafe von sechs Jahren ohne Bewährung verurteilt. Sigmar Schmidt, 65, war für die Europa-Geschäfte des Konzerns zuständig. Ihm wurde vorgeworfen, zwischen Oktober 2008 und August 2012 gegenüber den Finanzbehörden falsche Angaben gemacht zu haben. Das Gericht ging von einem Steuerschaden von insgesamt 6,7 Millionen Euro aus und sprach den Ex-Manager in 20 Fällen schuldig. Es war die höchste Strafe, die im Steinhoff-Skandal bisher verhängt worden ist. Mit dem Urteil sind keine weiteren Strafverfahren mehr im Zusammenhang mit Steinhoff in Oldenburg anhängig.

In Südafrika hingegen kommen die Ermittlungen im Steinhoff-Skandal nur schleppend voran. Der ehemalige Leiter der Rechtsabteilung, Stéhan Grobler, soll noch im Juni wieder vor Gericht erscheinen. Im März war er verhaftet und gegen eine Kaution freigelassen worden. Grobler, 64, hatte zwischen 1999 und 2018 zwei Jahrzehnte lang bei Steinhoff gearbeitet. Ihm werden neben Manipulation von Finanzbereichen auch Erpressung und Betrug vorgeworfen. Im vergangenen März hatte Steinhoff Grobler verklagt, und versucht, rund 13,5 Millionen Euro von ihm zurückzufordern, da er sich “ungerechtfertigt bereichert” habe.

Expansion quer über den Erdball

Steinhoff galt lange hinter Ikea als zweitgrößter Möbelkonzern in Europa und war in Deutschland mit der Billigkette Poco bekannt. Bruno Steinhoff hatte das Unternehmen 1964 in Westerstede bei Oldenburg gegründet. Zu Beginn der 1990er-Jahren investierte Steinhoff zunächst in Osteuropa, dann aber auch in den USA, Afrika, Frankreich, Australien und Großbritannien.

1998 ging das Unternehmern unter der Firma Steinhoff International Holdings an die Börse Johannesburg. 2015 kaufte Steinhoff zum Preis von 5,7 Milliarden Dollar die Pepkor-Gruppe von Christo Wiese. Dank eines Aktientauschs wurde Wiese größter Aktionär von Steinhoff. Ende 2015 verlegte Steinhoff die Aktiennotiz nach Frankfurt und tauschte sämtliche Aktien in Aktien der niederländischen Holding Steinhoff International Holdings N.V. in Amsterdam. Den Aktienhandel in Johannesburg hielt Steinhoff im Rahmen eines Zweitlistings aufrecht.

Das Bekanntwerden von Bilanzfälschungen 2017 im Wert von 6,5 Milliarden Euro vernichtete den Börsenwert des Unternehmens fast vollständig. Im vergangenen Oktober wurde Steinhoff liquidiert und von der Börse genommen. Der ehemalige CEO von Steinhoff, Markus Jooste, hatte sich im März in Südafrika das Leben genommen, nachdem die Finanzaufsichtsbehörde gegen ihn eine Rekordstrafe von 24 Millionen Euro verhängt hatte. Ende April beschlagnahmte die südafrikanische Zentralbank Vermögenswerte von drei Millionen Euro bei Joostes ehemaliger Geliebten, Berdine Odendaal. as

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Niger: China ermöglicht Ölexport über Benin

Benin wird die Ausfuhr von nigrischem Öl über sein Staatsgebiet zulassen, wie die Regierung vergangene Woche bekannt gab. Damit wird ein angespanntes Patt zwischen den westafrikanischen Nachbarstaaten gelöst, das beiden Ländern erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen drohte. Nun können mehr als 90.000 Barrel Rohöl pro Tag, die für die Verschiffung nach China bestimmt sind, durch eine neue Exportpipeline fließen.

Die Annäherung kam durch die Vermittlung von Beamten des chinesischen Außen- sowie Energieministeriums und von Führungskräften des staatlichen Ölkonzerns CNPC zustande. Das Unternehmen hat die knapp 2.000 Kilometer lange Rohölpipeline von Niger nach Benin im Rahmen einer 4,6 Milliarden Dollar schweren Investition in Nigers Ölindustrie gebaut. Erst durch chinesisches Engagement wurde Niger überhaupt zum Ölproduzenten. CNPC ist der einzige Konzern, der dort Öl fördert.

Die Ausfuhr des Öls war zuvor durch die Schließung der Grenze zwischen Niger und Benin verhindert worden. Wie andere Ecowas-Länder hatte auch Benin nach dem Putsch vom Juli 2023 Sanktionen gegen Niger verhängt. Selbst nach der Aufhebung der Ecowas-Sanktionen und der Ankündigung Benins, die Grenze wieder zu öffnen, hielten die nigrischen Militärmachthaber ihre Seite der Grenze geschlossen.

Als Vergeltung hatte Benin die nigrische Junta unter Druck gesetzt, indem die Regierung chinesischen Schiffen das Verladen des nigrischen Rohöls untersagte. Niger benötigt dringend die Einnahmen aus den Ölexporten nach China. Nach dem Staatsstreich von 2023 strichen viele der Partnerländer Nigers ihre finanzielle Unterstützung. Seither ist das Land mit großen Finanzschwierigkeiten konfrontiert. ajs

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Klimaneutralität: Was Afrika mit der deutschen Energiewende zu tun hat

Von Stefan Liebing
Stefan Liebing
Stefan Liebing, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Conjuncta GmbH.

Die deutsche Energiewende scheint ins Stocken geraten: Netzausbau zu langsam, rückläufige Verkaufszahlen bei Elektroautos, Unsicherheiten beim Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur. Da mag es erst einmal überraschend klingen: Afrika ist ein wichtiger Schlüssel zum Gelingen der Energiewende bei uns.

Rund 1,5 Milliarden Menschen leben auf unserem Nachbarkontinent. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte diese Zahl auf rund vier Milliarden steigen. Der Wohlstand auf dem Kontinent nimmt zu. Beides führt zu wachsender Energienachfrage. Ob Afrika seine Energieversorgung CO2-arm aufstellt, hat für das Klima mehr Bedeutung als alle Maßnahmen in Deutschland zusammen. Es muss also eine hohe Priorität darstellen, Anreize für Investitionen in Afrika zu schaffen. Eine Einbindung Afrikas in das europäische Emissionshandelssystem wäre ein wichtiger erster Schritt dafür und im beiderseitigen Interesse.

Höherer Hebel bei Investitionen in Afrika

CO2 sollte dort vermieden werden, wo sich mit einem investierten Euro am meisten Einsparung erreichen lässt. Viele Effizienzmaßnahmen sind in Afrika günstiger zu realisieren, etwa bei der Isolierung von Gebäuden, der Steigerung von Energieeffizienz in Produktionsanlagen oder auch in der Mobilität.

Die Bundesregierung hat kürzlich die Idee aufgegeben, jedem “Sektor” staatlich geplante Reduktionsziele vorzugeben. Vielmehr hat sie erkannt, dass es zu besseren Ergebnissen führt, wenn die Mittel dorthin fließen können, wo sich am schnellsten und günstigsten Einsparungen erreichen lassen. Nicht nur diejenigen Sektoren sollten primär Ziel von Investitionen sein, die die besten Reduktionsmöglichkeiten versprechen, sondern auch die entsprechenden Länder. Für Klimaschützer mag es seltsam klingen, und dennoch ist es ökonomisch rational, deutsche Klimainvestitionen großteils im Ausland zu realisieren. Dass Deutschland als Exportnation diesen internationalen klimapolitischen Aspekt übersieht, ist logisch kaum zu erklären.

Drei Modelle für Investitionen

Solche komplexen Verhandlungen werden Zeit in Anspruch nehmen. Doch schon heute können deutsche Unternehmen in Afrikas Energiesektor Geld verdienen, Arbeitsplätze sichern und zugleich CO2-Emissionen reduzieren. Dafür kommen grundsätzlich drei Geschäftsmodelle in Frage:

  1. Bau von Kraftwerken (Wasser, Solar, Wind) und Verkauf des Stroms an (meist staatliche) Weiterverteiler.
  2. Versorgung von Haushalten mit dezentralen Erzeugungssystemen.
  3. Erzeugung von grüner Energie für den Export an internationale Kunden, beispielsweise in Form von grünem Wasserstoff.

Alle drei Geschäftsmodelle können sich in Afrika rechnen, weil sie in der Regel die weitaus teurere Verfeuerung von Öl ersetzen. Schwieriger ist jedoch die Beschaffung von Fremdkapital. Damit Banken sich in solchen Vorhaben engagieren können, sind Sicherheiten notwendig. In Zeiten zunehmender Staatsverschuldung und hoher Inflation ist die Kreditwürdigkeit von staatlichen Energieversorgern (Modell 1) oder privaten Endkunden in Afrika (Modell 2) meist nicht ausreichend, so dass derzeit vor allem Projekte eine Realisierungschance haben, die sich an internationale Abnehmer richten (Modell 3).

Gemeinsame Handelszone für CO2-Zertifikate

Eine kluge Klima- und Entwicklungspolitik würde diese Realitäten anerkennen und sollte die Etablierung einer gemeinsamen EU-Afrika-Handelszone für CO2-Zertifikate ebenso priorisieren wie die Bereitstellung von staatlichen Garantien, die es afrikanischen Regierungen ermöglichen, in grüne Energieinfrastruktur zu investieren. Nicht zu unterschätzen ist auch die Abschreckung von Investoren durch zunehmende Bürokratie und Regulierung etwa zu Lieferketten oder zu grünem Wasserstoff.

Dass die Bundesregierung hier eher das Gegenteil dessen tut, was wirklich helfen würde, ist bedauerlich. Zuletzt kam die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. Dass der Bau von Fahrradwegen in Peru eine effiziente Form sei, CO2-Emissionen zu vermeiden, ist unter ökonomischen Punkten nicht haltbar. Stattdessen sollte die Bundesregierung die hier vorgeschlagenen Maßnahmen ergreifen. Im Interesse des Klimas, im Interesse Afrikas und im Interesse des deutschen Steuerzahlers.

Stefan Liebing ist Geschäftsführer der Conjuncta GmbH und ehemaliger Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft (2012-2023). Er ist Honorarprofessor an der Hochschule Flensburg, Honorarkonsul der Republik Kamerun und Beiratsvorsitzender der ReThinking Africa Foundation GmbH.

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Must-Reads

New York Times: Jacob Zuma von Wahlen ausgeschlossen. Das südafrikanische Verfassungsgericht hat die frühere Entscheidung eines speziellen Wahlgerichts aufgehoben und entschieden, dass Ex-Präsident Zuma aufgrund einer früheren strafrechtlichen Verurteilung bei den Wahlen am 29. Mai nicht kandidieren darf. Er war im Jahr 2021 verurteilt worden, weil er bei einer Korruptionsuntersuchung nicht erschienen war. Zuma kandidierte als Vorsitzender der MK, einer neu gegründeten Partei, die seine alte Partei, den African National Congress, herausfordern will.

Bloomberg: Dschibutis diplomatischer Drahtseilakt. Die Lage des winzigen ostafrikanischen Landes an der Stelle, wo das Rote Meer auf den Golf von Aden trifft, hat Dschibuti zu einer strategischen Priorität für die Großmächte gemacht. Es beherbergt chinesische, französische, italienische, japanische und US-amerikanische Militärstützpunkte. Doch Dschibutis besondere Stellung hängt von seiner Neutralität ab. Und die wird angesichts der vielen Krisen in der Region gerade auf eine harte Probe gestellt: Die USA würden gern von Dschibuti aus gegen die Huthi-Rebellen im Jemen vorgehen. Die Regierung lehnte dies ab.

Reuters: Sonko kritisiert französische Militärpräsenz im Senegal. Der senegalesische Premierminister Ousmane Sonko hat in einer weitreichenden Rede, in der er auch den CFA-Franc, Öl- und Gasgeschäfte sowie LGBTQ-Rechte ansprach, die Schließung französischer Stützpunkte erwogen. Frankreich hat etwa 350 Soldaten im Senegal stationiert. “Mehr als 60 Jahre nach unserer Unabhängigkeit … müssen wir die Gründe hinterfragen, warum zum Beispiel die französische Armee immer noch von mehreren Militärstützpunkten in unserem Land profitiert und welche Auswirkungen diese Präsenz auf unsere nationale Souveränität und unsere strategische Autonomie hat”, sagte Sonko auf einer gemeinsamen Konferenz mit dem französischen Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon in Dakar.

Wall Street Journal: USA könnten Sanktionen gegen Dan Gertler lockern. Die US-Regierung und die DR Kongo haben einen Plan zur Lockerung der Sanktionen gegen den der Korruption beschuldigten israelischen Bergbaumagnaten Dan Gertler vorgeschlagen. Im Gegenzug müsste Gertler sich dauerhaft aus dem Land zurückziehen. Die USA beschuldigten Gertler vor sechs Jahren der Korruption. Der Plan sieht vor, dass Gertler seine Vermögenswerte im Kongo an die Regierung verkauft und seine Geschäfte im Land beendet. Die Verkäufe könnten Gertler möglicherweise “mehrere zehn Millionen Dollar” einbringen.

The East African: China will Kenia-Uganda-Eisenbahn doch finanzieren. Kenia hat eine Zusage der chinesischen Exim-Bank für die Finanzierung der Normalspur-Eisenbahnlinie von Naivasha zur ugandischen Grenze erhalten. Die beiden Länder bemühen sich um jeweils rund sechs Milliarden Dollar, nachdem das Projekt nach dem Rückzug des ursprünglichen Geldgebers China ins Stocken geraten war. Chinas Kehrtwende kommt eine Woche, nachdem Ruanda, Burundi, DR Kongo und Südsudan dem entsprechenden kenianisch-ugandischen Ministerausschuss beigetreten sind und sich verpflichtet haben, Mittel für das Projekt zu mobilisieren.

Le Monde: Äthiopischer Kaffee von EU-Entwaldungsregeln bedroht. Neue EU-Verordnungen verlangen von Kaffeeimporteuren den Nachweis, dass ihre Lieferketten nicht zur Entwaldung beitragen, gestützt auf Satellitendaten und geografische Koordinaten. Der Kaffeeanbau trägt nur wenig zur Zerstörung der äthiopischen Wälder bei, doch die Bereitstellung präziser geografischer Erhebungen ist für die rund fünf Millionen Kaffeebauern im südlichen Äthiopien ein Problem: Die Internetabdeckung in den Dörfern ist schwach, ein Liegenschaftskataster existiert nicht, und es gibt viele Landkonflikte.

Al Jazeera: Mahamat Déby als Wahlsieger im Tschad bestätigt. Der Verfassungsrat des Tschads hat Mahamat Idriss Déby als Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 6. Mai bestätigt. Déby hatte die Macht übernommen nachdem Rebellen seinen Vater, Präsident Idriss Déby, im Jahr 2021 töteten, und sich zum Interimspräsidenten erklärt. Das Land ist der erste Putschstaat in der Sahelzone, der versucht, durch die Abhaltung von Wahlen zu einer verfassungsmäßigen Ordnung zurückzukehren. Tschad ist ein wichtiger Verbündeter des Westens in der Region im Kampf gegen den Terrorismus.

Jeune Afrique: “Ali Bongos Hungerstreik ist besorgniserregend”. Der Premierminister von São Tomé und Príncipe, Patrice Trovoada, hat den gestürzten Präsidenten von Gabun, Ali Bongo, im Gefängnis besucht und bezeichnete den Hungerstreik, mit dem Bongo die Freilassung seiner Frau und seine beiden Söhne erreichen will als “besorgniserregend”.

Africa Report: Maurice Kamto warnt vor Putsch in Kamerun. Der Oppositionspolitiker weist auf die Gefahr eines Wahl- und Militärputsches durch die Anhänger von Präsident Paul Biya hin. Da die Kommunal-, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Kamerun nur noch etwas mehr als ein Jahr entfernt sind, nehmen die Spannungen zwischen der Regierung und der Opposition zu.

CNBC Africa: Goldpreis steigt auf Rekordhoch. Der Goldpreis hat am Montag ein Allzeithoch erreicht, da ein nachlassender Inflationstrend in den USA die Erwartungen steigerte, dass die Federal Reserve bald ihre erste Zinssenkung vornehmen könnte, während der Silberpreis den höchsten Stand seit mehr als elf Jahren erreichte.

Reuters: Südafrikas führender Geflügelzüchter warnt vor Vogelgrippe. Südafrika bleibt einem hohen Risiko der Vogelgrippe ausgesetzt, teilte der größte Hühnerproduzent des Landes, Astral Foods, am Montag mit. Grund dafür seien Verzögerungen bei der Einführung eines umfassenden Impfprogramms. Im vergangenen Jahr verlor Südafrika 9,5 Millionen Hühner, etwa ein Drittel seines landesweiten Bestands, während des schlimmsten Ausbruchs der hochpathogenen Vogelgrippe (HPAI), die sich in einem Bestand schnell ausbreitet.

Heads

Aliko Dangote – 10.000 Kilogramm Reis für Leidtragende der Inflation

Aliko Dangote
Lebensmittelhilfe für Bedürftige in ganz Nigeria: Unternehmer Aliko Dangote.

Afrikas Unternehmer ähneln in einem Punkt amerikanischen Milliardären. Ein wirtschaftlicher Erfolg geht meistens damit einher, dass sie sich für gemeinnützige Zwecke engagieren. Schon kleine Unternehmer in Afrika zahlen Schulgebühren für bedürftige talentierte Kinder, bauen Gemeinschaftseinrichtungen oder Ambulanzen in den Dörfern oder verteilen Nahrungsmittel an Bedürftige.

Aliko Dangote, Afrikas reichster Mensch mit einem Nettovermögen von knapp 14 Milliarden Euro, hat im Jahr 1994 die Dangote Foundation gegründet. Sie setzt sich nach eigener Aussage dafür ein, “das Leben der Menschen in ganz Afrika aufzuwerten, indem sie Initiativen für Gesundheit, Bildung und Empowerment ermöglicht”.

Vor zehn Jahren, als das Ebola-Virus mehr als 11.000 Menschenleben in Westafrika kostete, spendete Dangote über seine Stiftung rund eine halbe Million Euro. Gemeinsam mit der Bill & Melinda Gates Foundation engagiert sich Dangote im Kampf gegen Polio in Nigeria.

Mehr als 30 Prozent Inflation

Und auch jetzt leiden Millionen Nigerianer unter der hohen Inflation. Laut dem nationalen Statistikamt erhöhten sich die Verbraucherpreise im April dieses Jahres um 33,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei Lebensmitteln beschleunigte sich die Teuerungsrate in den vergangenen zwölf Monaten von 24,6 Prozent auf zuletzt 40,5 Prozent. Die Inflation betrifft vor allem Grundnahrungsmittel: Yams, Reis, Hirsemehl, Pflanzenöl, Kartoffeln, Weizenmehl.

Die Dangote Foundation hat nun damit begonnen, 10.000 Kilogramm Reis an bedürftige Menschen in Anambra, einem nigerianischen Bundesstaat im Südosten, zu verteilen. Die Aktion wird die NGO Justice Development and Peace Caritas (JDPC), eine Organisation der katholischen Diözese Awka, durchführen.

Wegen seines beispiellosen unternehmerischen Erfolgs ist der Name Aliko Dangote in Afrika weit bekannt. Der heute 67 Jahre alte Unternehmer hat den größten afrikanischen Zementkonzern Dangote Cement aufgebaut, der an der Börse Lagos aktuell mit umgerechnet 6,7 Milliarden Euro bewertet ist. An Dangote Cement hält er rund 86 Prozent der Aktien. Dangote hat auch in Zucker, Mehl, Teigwaren, Salz, Düngemittel, Logistik oder auch in den Bau der ersten Mineralölraffinerie des Landes investiert. Allein Dangote Sugar Refinery erreicht aktuell an der Börse Lagos einen Wert von knapp 300 Millionen Euro.

Montagewerk für Peugeot

Im Februar 2022 eröffnete Dangote das Peugeot-Montagewerk in Kaduna, das er in Partnerschaft mit dem Autokonzern Stellantis aufgebaut hat. Das neue Automobilunternehmen Dangote Peugeot Automobiles Nigeria Limited (DPAN) mit Sitz in Kaduna nahm seinen Betrieb mit der Montage der Peugeot-Modelle 301, 508, 3008, 5008 und Landtrek auf.

Dangote orientierte sich in der Führung seines Konglomerats schon früh an Grundsätzen für Corporate Governance. Auch achtet er darauf, dass seine Unternehmen externen Prüfungen standhalten. Zudem hat er für seine Unternehmen oft ausländische Topmanager engagiert, die internationale Branchen- und Führungsexpertise mitbringen.

Die Dangote Group ist zudem ein wichtiger Akteur in der nigerianischen Landwirtschaft. Dabei unterstützt der Unternehmer lokale Landwirte und setzt sich für die Anreicherung von Nahrungsmitteln ein, um Unter- und Mangelernährung zu bekämpfen.

Distanz zu staatlichen Instanzen

Auch jetzt bei der Reisaktion hat Dangote bei der Verteilung auf klare, nachvollziehbare Kriterien geachtet. JDPC sei erst nach einem strikten Auswahlverfahren mit dieser Aufgabe betraut worden, sagte Levi Uko, Geschäftsführer der JDPC in der Diözese Awka, während einer Übung zur Vorbereitung der Verteilung für die Aguata Local Government Area vor nigerianischen Journalisten.

Außerdem achtet Dangote darauf, Distanz zur Bundesregierung, zu den regionalen Regierungen und generell zur nigerianischen Politik zu wahren. Nur einmal, vor gut 20 Jahren, unterstützte er im Jahr 2003 die Wiederwahl von Olusegun Obasanjo, dem ersten demokratisch gewählten Präsidenten nach dem Ende der Militärdiktatur, mit rund zwei Millionen Dollar. Dies löste in Nigeria damals heftige Kritik aus, woraufhin Dangote seitdem auf Abstand zur nigerianischen Politik achtet.

Auch bei der Verteilung der Reisrationen will Dangote keine staatlichen Behörden einbeziehen. “Die Stiftung zieht es vor, die Beteiligung der Regierung aus dem nationalen Interventionsprogramm für Lebensmittel herauszuhalten“, sagte Uko.

Die Reisverteilung beschränkt Dangote nicht auf den Bundesstaat Anambra. Anfang des Jahres stellte die Stiftung ein Programm für Nahrungsmittelhilfen im Wert von rund neun Millionen Euro vor. Das Programm begann in Kano mit der Verteilung von 120.000 Säcken Reis und soll auf alle 774 lokale Regierungsbezirke in ganz Nigeria und Abuja ausgeweitet werden. Anambra ist nun ein weiterer Bundesstaat, in dem die Bedürftigen von diesem Programm profitieren. Christian von Hiller

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Nachtisch

Snowboarder und Skifahrer in Lesotho.
Snowboarder und Skifahrer in Lesotho.

Bei einem Treffen von Tourismus-Ministern in Afrika soll einmal die Frage aufgekommen sein, was den Tourismus auf dem afrikanischen Kontinent ausmacht. Unter den Vorschlägen waren: Sandstrände, Wildreservate oder Urwälder. Aber die Antwort des Ministers aus Lesotho löste Erstaunen aus: “Skifahren“, sagte er.

Afri-Ski in den Bergen von Lesotho ist das einzige Skiresort Afrikas südlich des Äquators. Hoch in den Maloti Mountains auf etwas mehr als 3000 Metern Höhe liegen die beiden Pisten. “Wenn man über Skifahren und Schnee spricht, meint man in der Regel nicht Afrika”, sagt Pieper Peyer, Besitzer und Betreiber des rund 20 Jahre alten Resorts. Die Hauptsaison geht jedes Jahr von Juni bis August, tief im Winter auf der südlichen Halbkugel. Von Johannesburg aus lässt sich Afri-Ski in gut sechs Autostunden erreichen, die letzten zweieinhalb Stunden über haarsträubende Bergpässe, darunter den Mahlasela-Pass, mit 3222 Metern die höchste Straßenerhebung südlich von Kenia. Im Winter ist der Pass häufig zugeschneit.

Die beiden Pisten haben jeweils einen Skilift. Die längere davon ist rund einen Kilometer lang und sollte nur von erfahrenen Skifahrern benutzt werden. Auf der kürzeren können Anfänger unter Anleitung von Skilehrern üben. Beide Pisten bieten Platz für mehr als 300 Skiliebhaber gleichzeitig. Es gibt auch einen Schneepark für Snowboarder und Schneekanonen, die den Schneemangel ausgleichen. as

Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    auch bei den Vereinten Nationen wächst die Einsicht, dass die Friedensmissionen der Blauhelmsoldaten in Afrika größtenteils gescheitert sind. Unsere Kollegin Judith Raupp berichtet direkt aus Goma, wo die Monusco seit vielen Jahren im Einsatz ist und wenig zur Befriedung beigetragen hat. Jetzt ist die Frage groß, was an die Stelle der gescheiterten Friedensmissionen kommen soll.

    Auch an diesem Dienstag nach Pfingsten haben wir weitere spannende Analysen, Nachrichten und Meinungsbeiträge für Sie.

    Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.

    Ihr
    Christian von Hiller
    Bild von Christian  von Hiller

    Analyse

    Großbritannien: Simbabwe begrüßt neue Haltung zu kritischen Rohstoffen

    Die Regierung in Simbabwe verfolgt mit großem Interesse eine aktuelle Debatte in Großbritannien. Um seine Lieferkette für kritische Mineralien zu sichern und gleichzeitig das ehrgeizige Netto-Null-Ziel zu erreichen, intensiviert Großbritannien seine Investitionen im In- und Ausland. Dazu prüft die Regierung eine Lockerung der Sanktionen gegen Simbabwe, das besonders reich an Lithium ist.

    Der Schritt erfolgt inmitten der Dominanz Chinas auf dem globalen Markt für kritische Mineralien, was beim britischen Gesetzgeber Bedenken hinsichtlich einer übermäßigen Abhängigkeit von Ländern mit angespannten diplomatischen Beziehungen aufkommen lässt.

    Geopolitische Dimension

    Während der jüngsten Debatten im Unterhaus und im Oberhaus Ende April betonte der Abgeordnete der schottischen Nationalpartei, Richard Thomson, die geopolitische Bedeutung: “Für die überwiegende Mehrheit der kritischen Mineralien sind viele der Länder zuständig, in denen sie vorkommen.” Die meisten Staaten seien autokratisch, viele blockfrei, und mit vielen unterhalte Großbritannien nicht die besten diplomatischen Beziehungen. “Die Sicherstellung der Versorgungskontinuität ist daher in vielerlei Hinsicht eine ebenso geopolitische wie geologische Frage”, sagte Thomson weiter.

    Das drohende Defizit bei der Lithiumversorgung, das aufgrund der steigenden Nachfrage bis 2030 voraussichtlich 55 Prozent erreichen wird, unterstreicht die Dringlichkeit der Situation. Das Vereinigte Königreich hat 18 wesentliche Mineralien identifiziert, die für die Herstellung sauberer Energietechnologien von Bedeutung sind, darunter Lithium, Graphit, Kobalt und Nickel.

    Ethische Beschaffung

    Der britische konservative Abgeordnete Steve Double bekräftigte die Notwendigkeit, ethische Beschaffungspraktiken innerhalb der Lieferkette sicherzustellen, insbesondere angesichts von Berichten über Kinderarbeit und Verletzungen der Rechte indigener Völker in mineralreichen Regionen wie der DR Kongo und dem Süden Amerikas. “Ohne eine nachhaltige und sichere Versorgung mit kritischen Mineralien wird das Vereinigte Königreich nicht in der Lage sein, sein Netto-Null-Ziel zu erreichen oder wichtige Verteidigungs- und Sicherheitsfähigkeiten aufrechtzuerhalten“, sagte Double.

    Im House of Lords wandte Lord St. John of Bletso ein, dass die bestehenden Sanktionen in Simbabwe das repressive Regime von Präsident Mnangagwa nicht gebremst und ein Vakuum hinterlassen hätten, das nun die Chinesen und die Russen nutzten. “Stimmt der Minister zu, dass die bestehenden Sanktionen in Simbabwe das repressive Regime von Präsident Mnangagwa nicht gebremst und ein Vakuum für die Chinesen und die Russen hinterlassen haben, die nun mit dem strategischer Mineralien beschäftigt sind?”, fragte Lord St. John und schlug vor, es sei an der Zeit, eine parteiübergreifende parlamentarische Konferenz in Simbabwe einzuberufen, um der amtierenden Regierung den Weg zu ebnen, integrativer zu sein und sich mit der Verringerung der Armut für Millionen von leidenden Simbabwern zu befassen.

    Lord Ahmad von Wimbledon von der Konservativen Partei entgegnete: “Ich versichere dem edlen Herrn, dass ein Teil unseres Ansatzes zu Sanktionen ein Element davon ist: Wir nutzen die Hebel, die uns in der Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern zur Verfügung stehen, um dies sicherzustellen.” Die derzeitige Regierung verfolge diesen integrativen Ansatz. Er betonte die Notwendigkeit einer integrativen Regierung: “Es liegen Chancen vor uns, aber es braucht eine Regierung, die integrativ ist und die Rechte nicht nur der Neuankömmlinge, sondern auch ihrer Bürger schützt.”

    Begeisterung in Simbabwe

    Die Diskussionen im britischen Parlament haben bei der Regierung Simbabwes Begeisterung ausgelöst. Der Sprecher des Präsidenten Mnangagwa, George Charamba, betonte die Offenheit Simbabwes für Wirtschaftsbeziehungen. Er warnte allerdings, dass eine Isolierung Simbabwes für diejenigen, die sich dafür entschieden, schädlich wäre.

    Der britische Botschafter in Simbabwe, Peter Vowles, sagte den Staatsmedien, das Vereinigte Königreich wolle seine Beziehungen zu Simbabwe vertiefen. Er räumte zwar Schwierigkeiten in der Vergangenheit ein, äußerte sich aber optimistisch im Hinblick auf eine reife und für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaft. Vowles betonte die Beseitigung von Handelshemmnissen und forderte Unternehmen beider Länder auf, Geschäftsmöglichkeiten zu nutzen, was einen potenziellen Weg für einen verstärkten Handel und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Vereinigten Königreich und Simbabwe aufzeigt.

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    Friedensmissionen: Die UN werden selbstkritisch und suchen neue Wege

    Die großen Friedensmissionen in Afrika bereiten den Vereinten Nationen Kopfzerbrechen. Ob Mali oder DR Kongo, ob Südsudan oder Zentralafrikanische Republik, von Stabilität sind diese Länder weit entfernt. Und das, obwohl die Blauhelmsoldaten zehn bis 25 Jahre in der Region präsent sind oder waren. Aus Mali wurde das UN-Militär im vergangenen Jahr hinausgeworfen.

    “Wir müssen an unserer Herangehensweise arbeiten”, räumt Untergeneralsekretär Jean-Pierre Lacroix ein. Der Chef der UN-Blauhelmtruppen verweist auf die “neue Agenda für Frieden”, die die UN-Staaten auf ihrem Gipfel im September diskutieren werden. Die Agenda sieht unter anderem vor, dass die UN manche Aufgaben an andere internationale Organisationen auslagern, etwa an die Afrikanische Union (AU).

    “Das gilt besonders für das Peace Enforcement“, sagt Lacroix. Künftig soll die AU die dafür nötigen offensiven Kampftruppen stellen – ohne UN-Mandat. Die UN wollen zu diesen robusten Einsätzen Geld und Beratung beisteuern. Das geschieht bereits in kleinerem Ausmaß in Somalia.

    Kooperation zwischen UN und AU

    Über strategische Kooperationen zwischen UN und der AU wird seit langem diskutiert. Im September 2023 verabschiedete der Sicherheitsrat schließlich die Resolution 2719. Sie erlaubt eine Ko-Finanzierung von AU-Missionen, wobei die UN voraussichtlich den größeren Anteil übernehmen werden.

    “Die Resolution ist ein historischer Schritt”, sagt Lisa Sharland, Analystin am Stimson Center in New York. Die Hoffnung sei, dass AU-Missionen von den Regierungen und der Bevölkerung in den Einsatzländern besser akzeptiert werden als UN-Truppen. Man setze zudem darauf, dass afrikanische Soldaten größere Risiken eingehen als Soldaten aus Asien oder Lateinamerika. Denn sie stehen der Bevölkerung in den Einsatzländern näher. Außerdem sollte den afrikanischen Regierungen daran gelegen sein, Konflikte einzudämmen, bevor sie auf andere Länder übergreifen, so die Idee.

    Kleine UN-Missionen sind weniger umstritten

    Ob diese Rechnung aufgeht, ist offen. So holte etwa die kongolesische Regierung im Kampf gegen die Miliz M23 Truppen aus ostafrikanischen Ländern zur Hilfe. Die M23, unterstützt vom Nachbarland Ruanda, besetzt seit zwei Jahren die rohstoffreiche Provinz Nord-Kivu und schneidet der Millionenstadt Goma die Versorgungswege ab. Doch auch die ostafrikanischen Truppen zogen nicht offensiv in den Krieg. Die Bevölkerung schäumte, und Kinshasa warf die Truppen wieder aus dem Land.

    Kleinere UN-Missionen wie etwa in Abyei oder im Libanon sind weniger umstritten als die großen afrikanischen Friedenseinsätze. “Eine klar begrenzte Aufgabe steigert die Akzeptanz”, sagt Julie Gregory, die ebenfalls am Stimson Center forscht. In Abyei überwachen die Blauhelme die Grenze zwischen Sudan und Südsudan. Im Libanon dokumentiert die Mission Vorfälle an der Grenze zu Israel. Obwohl der Gazakrieg einen Flächenbrand entfachen könnte, gilt die Mission als nützlich. Weder die Regierung noch die Bevölkerung im Libanon schieben die Verantwortung für den Krieg einem vermeintlichen Versagen der Blauhelme zu.

    Zu viele Aufgaben in Afrika

    In den großen afrikanischen Missionen ist das anders. Dort haben die UN-Missionen viele Aufgaben. Sie sollen zum Beispiel die Bevölkerung beschützen, Milizen entwaffnen und in die Gesellschaft integrieren, Infrastruktur bauen oder das heimische Militär ausbilden. Der Umfang der Aufgaben weckt in der Bevölkerung die überzogene Erwartung, dass die UN-Missionen das Land allein befrieden könnte. Das führt zu Enttäuschung und Aggressionen gegen die Blauhelme. Gregory ist daher überzeugt, “dass wir künftig weniger solcher multidimensionaler Friedensmissionen sehen werden”.

    Laut der neuen Agenda für den Frieden wollen die UN auch ihre Kommunikation in den Einsatzländern ausbauen. So wollen sie überzogenen Erwartungen und Falschinformationen in den sozialen Medien begegnen. Der kongolesische Bürgerrechtler Steven Muhindo befürwortet das. Die Kommunikation müsse aber für alle verständlich sein. “Bisher ist sie viel zu elitär. Im Kongo weiß höchstens ein Prozent der Bevölkerung, was das Mandat der UN-Mission beinhaltet“, sagt er.

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    Nigeria: Ein Pionierprojekt, das eine positive Wirtschaftsdynamik auslöst

    Das Geometric Integrated Power Project (GIPP) in Aba, rund 60 Kilometer nordöstlich von Port Harcourt gelegen, soll die Stromerzeugung im Südosten Nigerias von Grund auf verändern. Das nigerianische Energieunternehmen Geometric Power bezeichnet es gar als ein “Pionierprojekt“.

    Ursprünglich umfasste GIPP in Phase 1 den Bau eines 141-Megawatt-Gaskraftwerks, mehr als 110 Kilometer 33-Kilovolt- und 11-Kilovolt-Subübertragungsleitungen, vier Umspannwerke und Kondensatorbänke für die Stromverteilung an die großen Industrie- und Gewerbekunden, die die Power Holding Company of Nigeria (PHCN) mit Strom versorgt.

    20 Jahre bis zur Realisierung

    Die Leistung des Kraftwerks wurde während der zwanzigjährigen Planung auf 188 Megawatt erhöht. Vizepräsident Kashim Shettima weihte es im Februar in Aba ein. Vor neun Jahren war es schon fertiggestellt. Doch dann folgte eine lange Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit der Enugu Electricity Distribution Company (EEDC), die der CEO von Geometric Power, Matthew Nnaji, erst vor kurzem lösen konnte.

    Laut Tracking SDG 7 hat Nigeria weltweit den schlechtesten Zugang zu Elektrizität, da rund 92 Millionen Menschen der 200 Millionen Einwohner des Landes keinen Zugang zu Elektrizität haben.

    GIPP wird die Stromversorgung von Industrieclustern in Nigerias erster integrierter Elektrizitätsanlage in der Industrieregion Osisioma beschleunigen. Neun der siebzehn Kommunalverwaltungseinheiten des Bundesstaates Abia werden dadurch Energie von einem neuen Stromverteilungsunternehmen (DisCo), Aba Power Limited Electric, beziehen.

    800 Millionen Dollar Investition

    Geometric Power investierte rund 800 Millionen US-Dollar in GIPP. In diesem Betrag ist der Bau einer 27 Kilometer langen Erdgaspipeline von Owaza in Ukwa West LGA zum Industriekomplex Osisioma in Aba enthalten.

    “Bis jetzt mussten Industriebetriebe ihren Strom selbst mithilfe kleiner Diesel- oder Benzingeneratoren erzeugen”, meint Bayode Akomolafe, Global Program Manager bei Field Core. Das erhöhte die Energiekosten laut Akomolafe um mindestens 20 Prozent. GIPP werde deshalb besonders KMU helfen, indem es günstigeren und relativ sauberen Strom bereitstellt. Dadurch verbessere sich der Cashflow der Unternehmen, sodass sie mehr in ihre Geschäftsmodelle investieren könnten.

    In einer Kettenreaktion werden die bestehenden Unternehmen aufrechterhalten, während neue entstehen, die Arbeitsplätze schaffen”, meint Akomolafe. “Das Gleiche gilt für die privaten Haushalte, deren Stromkosten drastisch sinken werde, was ihre Kaufkraft erhöht.”

    Mehr Geld für Bildung, Gesundheit und Ernährung

    GIPP wird so zum Game Changer in der Region. “Eine höhere Kaufkraft bedeutet, dass die Menschen mehr Geld für Bildung, Gesundheit und Ernährung ausgeben können”, führt Akomolafe aus. “Die Krankenhäuser können eine bessere Versorgung anbieten. Die Kinder werden abends Strom zum Lernen haben, während der Strom das Kochen sauberer macht.” Viele Frauen kochen in der Küche mit Holz, was die Gesundheit vor allem von Kindern und Müttern beeinträchtige.

    Auch Jide Pratt (JP), Landesdirektor des Handelsunternehmens Trade Grid, betont die Vorteile: “Das Projekt wird das Geschäftsleben zum Florieren bringen.” Die Stückkosten je Kilowattstunde werden in Aba geringer sein als die Investitionskosten für den Kauf von Generatoren und die Kosten für Diesel bei den derzeit hohen Preisen.

    Neue Geschäftsideen dank des Stroms

    “Eine Aktivierung dieser Umsatzsicherung ist jedoch äußerst wichtig”, warnt Pratt. GIPP schafft unerwartete Geschäftsmöglichkeiten: “Industrie und Privatkunden müssen mit Stromzählern ausgestattet werden, um sicherzustellen, dass sie auch für den Strom bezahlen, den sie beziehen.” Unternehmen müssten deshalb lokale Wege finden, eine Zählerproduktion aufzubauen, die nach Meinung des Handelsexperten von der Stange sein sollten. Die längere und konstante Stromversorgung werde eine Wachstumsdynamik in Aba auslösen und zu einem kräftigen Wachstum des BIP wie auch einem höheren Steueraufkommen in der Region sorgen.

    Erleichtert wurde die Realisierung des GIPP durch eine Reform von Präsident Bola Tinubu im vergangenen Jahr. Das Elektrizitätsgesetz von 2023 ermächtigt die Bundesstaaten, eigene Gesetze zu Elektrizitätsangelegenheiten zu beschließen. Dadurch kann nun jeder Bundesstaat seine eigene Strominfrastruktur aufbauen.

    Engpässe regional lösen

    “Das war ein brillanter Schachzug, die Macht auf die Bundesstaaten zu übertragen”, meint Pratt. Jetzt gebe es einen Anreiz für die Regionalregierungen, in dieser Arena mitzuspielen, solange es sich für sie rechne. “Was aber noch wichtiger ist: Die Bundesstaaten können es nun angehen, Stromengpässe auf bundesstaatlicher Ebene zu lösen.

    Das GIPP ist jedoch älter als das Elektrizitätsgesetz von 2023 und steht daher unter der Aufsicht der nationalen Regulierungsbehörde, der Nigerian Electricity Regulatory Commission (NERC). Die Bestimmung des Elektrizitätsgesetzes, die dem Staat Befugnisse zur Elektrizitätsaufsicht gibt, könne deshalb erst aktiviert werden, nachdem die Regierung des Bundesstaats Abia sein eigenes Elektrizitätsgesetze geschaffen hat, meint Akomolafe.

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    Afrika-Verein: Vorsitzende appelliert an die Übernahme von Verantwortung

    Zum 90. Jahrestag seiner Gründung ist die Führung des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft an den Ort seines Ursprungs zurückgekehrt. Im Hamburger Rathaus feierte der Wirtschaftsverband am 14. Mai seine Gründung im Jahr 1934. Vor einigen Jahren verlagerte der Verband seine Aktivitäten nach Berlin, hat seinen Sitz aber weiterhin in Hamburg.

    Die Geschichte des Afrika-Vereins könne “nicht losgelöst betrachtet werden von der deutschen und europäischen Kolonialgeschichte mit ihrem verabscheuenswürdigen Menschenbild und allen Verbrechen und fortwirkenden Verheerungen, die diese Zeit auf unserem afrikanischen Nachbarkontinent hinterlassen hat”, sagte Sabine Dall’Omo, CEO von Siemens in Südafrika und seit gut einem Jahr Vorsitzende des Afrika-Vereins, in ihrer Rede anlässlich des Festaktes.

    Gründung nicht historisch erforscht

    Die Anfangszeit des Afrika-Vereins ist bisher nicht systematisch historisch erforscht worden. Doch dürften die Motive zur Gründung zumindest teilweise im Verlust der deutschen Kolonien im Ersten Weltkrieg wie auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929/1930 zu suchen sein.

    In der NSDAP waren auch Kolonialisten aktiv, so etwa Franz Ritter von Epp, der 1928 der NSDAP beigetreten war und später “Reichsleiter” des 1933 gegründeten “Reichskolonialbundes” wurde. In der NS-Ideologie spielte eine Rückeroberung von Kolonien in Afrika zwar eine Rolle. Hitler selbst gab jedoch einer gewaltsamen Eroberung von “Lebensraum im Osten” den Vorzug. Mit seiner Distanz zur Kolonialbewegung stand Hitler in einer Kontinuität, die bis zum ersten Reichskanzler Otto von Bismarck zurückreicht.

    Ein deutsches “Mittelafrika” spielte in der NS-Gedankenwelt vor allem als Rohstofflieferant eine Rolle: Eisenerz, Kautschuk, Sisal, Palmöl, Erdnüsse und Tropenholz standen im Fokus. Im Laufe des Krieges nahm das Interesse an Afrika ab. 1940 wurde jedoch ein “Kolonialblutschutzgesetz” erlassen, das Ehen und sexuelle Kontakte zwischen Deutschen und Afrikanern unter schwerste Strafe stellte.

    Brückenschlag in Richtung Afrika

    Die Afrika-Interessen der Industrie wurden vor allem durch die Wirtschaftsabteilung des kolonialpolitischen Amtes der NSDAP in die deutsche Kriegswirtschaft eingebunden. Den Vorsitz führte der Direktor der Deutschen Bank, Kurt Weigelt. Weitere Mitgliedsunternehmen waren unter anderem der Otto-Wolff-Konzern, die Gutehoffnungshütte, AEG, Siemens, IG Farben, Stahlunion, Auto Union, Daimler-Benz oder auch die Friedrich Krupp AG.

    Dall’Omo will die Umstände der Gründung des Afrika-Vereins vor allem als “Appell zur Übernahme von Verantwortung und immer wieder zum Brückenschlag in Richtung der afrikanischen Partnerländer” verstanden wissen.

    War der Afrika-Verein ursprünglich von Bremer und Hamburger Kaufleuten gegründet worden, prägen heute Industriemanager und Unternehmensberater den Vorstand des Afrika-Vereins. Auch darin spiegelt sich eine Verlagerung des wirtschaftlichen Schwerpunkts im deutsch-afrikanischen Verhältnis. hlr

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    DR Kongo: Was wir über den Putschversuch wissen

    Nach dem mutmaßlichen Putschversuch in der DR Kongo steht die Frage nach den Helfern im Raum. “Vor allem die Sicherheitsorgane des Landes sind unter Druck geraten, besonders der Geheimdienst”, sagte Jakob Kerstan, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kinshasa im Gespräch mit Table.Briefings. “Es stellt sich die Frage, wie die Ausländer, die offenbar mit dabei waren, einreisen konnten.” Laut Armeeangaben waren an dem Putschversuch US-amerikanische und britische Staatsbürger beteiligt. Demnach stecke der in den USA eingebürgerte Kongolese Christian Malanga hinter dem versuchen Staatsstreich. Sicherheitskräfte haben ihn nach Regierungsangaben getötet.

    Einer der verhafteten US-Bürger ist laut einem Regierungssprecher Malangas Sohn. Ein weiterer verhafteter Amerikaner hat Verbindungen zu Malangas Goldgeschäft in Mosambik.

    “Malanga ist vor allem in der Diaspora eine bekannte Persönlichkeit, aber er spielt hier im Land keine Rolle”, sagte Kerstan weiter. “Deswegen ist natürlich die Frage, wie das passieren konnte. Vor allem wie die Angreifer an Waffen gekommen sind und von wem sie möglicherweise noch Unterstützung hatten.”

    Möglicherweise hatten die Drahtzieher Unterstützung aus der DR Kongo heraus. “Ich kann mir vorstellen, dass da möglicherweise ein Netzwerk dahinter steht, und es wäre gut, wenn die Justiz das klären könnte”, sagte Fred Bauma, Direktor des kongolesischen Think Tanks Ebuteli-Institut, dem französischen Auslandssender RFI.

    Möglicherweise war es ein Mordanschlag

    Bauma meldete auch Zweifel an, ob überhaupt von einem Putschversuch ausgegangen werden kann. Der Angriff auf das Haus des Vize-Premierministers und Wirtschaftsministers Vital Kamerhe werfe Fragen nach einem möglicherweise gescheiterten Mord an ihm auf. “Vital Kamerhe ist bekanntermaßen ein enger Verbündeter des Präsidenten. Es wird erwartet, dass er Parlamentspräsident und dadurch eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Landes werden könnte.”

    Der mutmaßliche Putschversuch sei in jedem Fall überraschend gekommen, sagte KAS-Direktor Kerstan. Die politische Lage im Kongo habe sich nach den umstrittenen Wahlen nicht stabilisiert. Dennoch gewann rasch der Alltag die Oberhand. Trotz der angespannteren Sicherheitslage fand am Sonntagabend das Konzert eines populären Gospel-Stars in Kinshasa mit mehr als 130.000 Teilnehmenden statt, wie lokale Medien berichteten.

    Präsident Tshisekedi äußerte sich bis zum späten Montagabend nicht zu den Geschehnissen vom Wochenende. In sozialen Netzwerken kursierten Gerüchte über eine Beteiligung Ruandas. Das behauptete unter anderem der Vorsitzende der französischen Linkspartei La France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, auf X. Hinweise, die in Richtung Ruanda weisen, gab es laut Bauma nicht. Auch die Behörden in der DR Kongo sprachen bisher nicht davon. lcw

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    Nachhaltige Rohstoffe: BMZ stellt neues Positionspapier vor

    Entwicklungs-Staatssekretärin Bärbel Kofler stellt am Mittwoch dieser Woche auf dem OECD-Forum zu Verantwortung in Rohstofflieferketten in Paris ein neues Positionspapier zur Rohstoffpolitik der Bundesregierung vor. In dem Papier, das Table.Briefings vorab vorlag, heißt es, die Bundesregierung wolle sich für mehr Rechtssicherheit in rohstoffreichen Ländern sowie den Aufbau einer lokalen Produktion einsetzen. Zudem will sich insbesondere das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) dafür einsetzen, “auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene verbindliche Sorgfaltspflichtenregelungen” auszuarbeiten.

    Bereits im vergangenen Jahr hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) ein Eckpunktepapier zur nachhaltigen Rohstoffversorgung vorgelegt. Darin legt das Haus von Robert Habeck dar, wie Deutschland die Versorgung mit Rohstoffen, die für die Energiewende relevant sind, sichern will. Mit dem neuen Positionspapier des BMZ soll der Versorgungsaspekt um den Aspekt der nachhaltigen Rohstoffgewinnung und Verarbeitung im Globalen Süden ergänzt werden.

    Wegen der globalen Energiewende steigt der Bedarf an Rohstoffen wie Lithium, Kobalt, Nickel oder Grafit. Die Vorkommen liegen vor allem in Ländern des Globalen Südens. Die DR Kongo verfügt zum Beispiel mit Abstand über die größten Kobalt-Vorkommen weltweit. Der Abbau wird auch unter Einsatz von Kinderarbeit durchgeführt. dre

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    Eskom: Der Ausbau des Netzes an Stromleitungen liegt erschreckend weit zurück

    Die staatliche Stromgesellschaft Eskom in Südafrika hängt bei dem Ausbau von Überlandstromleitungen stark hinterher. Von den für 2023/24 geplanten 166 Kilometer wurden nur 74 Kilometer gebaut. Das bestätigte Eskom vergangene Woche. Laut dem Transmission Development Plan (TDP) müssten bis 2033 eigentlich 1400 Kilometer Leitungen jedes Jahr gebaut werden, um langfristig die Energieversorgung im Land aufrecht zu halten. Dafür seien umgerechnet rund 19 Milliarden Euro nötig.

    Der Bedarf an Strom übersteigt regelmäßig das Angebot. Deshalb gibt es seit Jahren am Kap regelmäßig gesteuerte Stromausfälle, “Loadshedding” genannt. In den vergangenen beiden Monaten hat sich die Lage allerdings stabilisiert. Kurz vor Parlamentswahlen gab es durchgehend Strom. Der Ausbau des Netzes spielt eine zentrale Priorität der Regierung und soll vor allem auch den Ausbau von erneuerbaren Energien vorantreiben. Die Hauptregionen dafür liegen in den Provinzen Westkap, Ostkap und Nordkap, also vornehmlich im Süden des Landes. Gebraucht wird der Strom vor allem in den industriellen Regionen im Norden. Geplante neue Solar- und Windprojekte wurden im vergangenen Jahr wegen Engpässen im Netz ausgebremst.

    Neue Leitungen nicht angeschlossen

    “Eskom steht in den nächsten zehn Jahren vor einer gewaltigen Herausforderung von 14.000 Kilometern, aber es beginnt mit einer sehr niedrigen Basis von 74 Kilometern”, sagte Energieexperte Chris Yelland. “Dies muss massiv gesteigert werden. Und keiner der 74 Kilometer, die es gebaut hat, wurde ans Stromnetz angeschlossen. Der Zuwachs an Stromleitungen, die im vergangenen Geschäftsjahr gebaut worden sind, ist also praktisch null.”

    Das Beratungsunternehmen Meridian Economics untersuchte kürzlich den Ausbau des Stromnetzes in Südafrika und kam zum Schluss, dass statt den anvisierten 1400 Kilometer neuer Leitungen pro Jahr mindestens 2000 Kilometer notwendig seien. Das Unternehmen empfiehlt, mehr Verträge mit Privatunternehmen abzuschließen, die die erforderlichen Leitungen schneller bauen sollen. Eskom würde dadurch ein zusätzlicher Einkommensstrom entstehen. Für das Stromnetzwerk in Südafrika ist die im vergangenen Jahr geschaffenen National Transmission Company of South Africa (NTCSA) zuständig, die von Eskom abgespalten wurde, sich aber noch im Aufbau befindet. as

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    Steinhoff: Harte Geld- und Haftstrafe gegen deutschen Ex-Manager

    In Zusammenhang mit dem Bilanzskandal um den Möbelkonzern Steinhoff International hat das Landgericht Oldenburg einen ehemaligen Manager zu einer Geldbuße von 252.000 Euro und einer Haftstrafe von sechs Jahren ohne Bewährung verurteilt. Sigmar Schmidt, 65, war für die Europa-Geschäfte des Konzerns zuständig. Ihm wurde vorgeworfen, zwischen Oktober 2008 und August 2012 gegenüber den Finanzbehörden falsche Angaben gemacht zu haben. Das Gericht ging von einem Steuerschaden von insgesamt 6,7 Millionen Euro aus und sprach den Ex-Manager in 20 Fällen schuldig. Es war die höchste Strafe, die im Steinhoff-Skandal bisher verhängt worden ist. Mit dem Urteil sind keine weiteren Strafverfahren mehr im Zusammenhang mit Steinhoff in Oldenburg anhängig.

    In Südafrika hingegen kommen die Ermittlungen im Steinhoff-Skandal nur schleppend voran. Der ehemalige Leiter der Rechtsabteilung, Stéhan Grobler, soll noch im Juni wieder vor Gericht erscheinen. Im März war er verhaftet und gegen eine Kaution freigelassen worden. Grobler, 64, hatte zwischen 1999 und 2018 zwei Jahrzehnte lang bei Steinhoff gearbeitet. Ihm werden neben Manipulation von Finanzbereichen auch Erpressung und Betrug vorgeworfen. Im vergangenen März hatte Steinhoff Grobler verklagt, und versucht, rund 13,5 Millionen Euro von ihm zurückzufordern, da er sich “ungerechtfertigt bereichert” habe.

    Expansion quer über den Erdball

    Steinhoff galt lange hinter Ikea als zweitgrößter Möbelkonzern in Europa und war in Deutschland mit der Billigkette Poco bekannt. Bruno Steinhoff hatte das Unternehmen 1964 in Westerstede bei Oldenburg gegründet. Zu Beginn der 1990er-Jahren investierte Steinhoff zunächst in Osteuropa, dann aber auch in den USA, Afrika, Frankreich, Australien und Großbritannien.

    1998 ging das Unternehmern unter der Firma Steinhoff International Holdings an die Börse Johannesburg. 2015 kaufte Steinhoff zum Preis von 5,7 Milliarden Dollar die Pepkor-Gruppe von Christo Wiese. Dank eines Aktientauschs wurde Wiese größter Aktionär von Steinhoff. Ende 2015 verlegte Steinhoff die Aktiennotiz nach Frankfurt und tauschte sämtliche Aktien in Aktien der niederländischen Holding Steinhoff International Holdings N.V. in Amsterdam. Den Aktienhandel in Johannesburg hielt Steinhoff im Rahmen eines Zweitlistings aufrecht.

    Das Bekanntwerden von Bilanzfälschungen 2017 im Wert von 6,5 Milliarden Euro vernichtete den Börsenwert des Unternehmens fast vollständig. Im vergangenen Oktober wurde Steinhoff liquidiert und von der Börse genommen. Der ehemalige CEO von Steinhoff, Markus Jooste, hatte sich im März in Südafrika das Leben genommen, nachdem die Finanzaufsichtsbehörde gegen ihn eine Rekordstrafe von 24 Millionen Euro verhängt hatte. Ende April beschlagnahmte die südafrikanische Zentralbank Vermögenswerte von drei Millionen Euro bei Joostes ehemaliger Geliebten, Berdine Odendaal. as

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    Niger: China ermöglicht Ölexport über Benin

    Benin wird die Ausfuhr von nigrischem Öl über sein Staatsgebiet zulassen, wie die Regierung vergangene Woche bekannt gab. Damit wird ein angespanntes Patt zwischen den westafrikanischen Nachbarstaaten gelöst, das beiden Ländern erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen drohte. Nun können mehr als 90.000 Barrel Rohöl pro Tag, die für die Verschiffung nach China bestimmt sind, durch eine neue Exportpipeline fließen.

    Die Annäherung kam durch die Vermittlung von Beamten des chinesischen Außen- sowie Energieministeriums und von Führungskräften des staatlichen Ölkonzerns CNPC zustande. Das Unternehmen hat die knapp 2.000 Kilometer lange Rohölpipeline von Niger nach Benin im Rahmen einer 4,6 Milliarden Dollar schweren Investition in Nigers Ölindustrie gebaut. Erst durch chinesisches Engagement wurde Niger überhaupt zum Ölproduzenten. CNPC ist der einzige Konzern, der dort Öl fördert.

    Die Ausfuhr des Öls war zuvor durch die Schließung der Grenze zwischen Niger und Benin verhindert worden. Wie andere Ecowas-Länder hatte auch Benin nach dem Putsch vom Juli 2023 Sanktionen gegen Niger verhängt. Selbst nach der Aufhebung der Ecowas-Sanktionen und der Ankündigung Benins, die Grenze wieder zu öffnen, hielten die nigrischen Militärmachthaber ihre Seite der Grenze geschlossen.

    Als Vergeltung hatte Benin die nigrische Junta unter Druck gesetzt, indem die Regierung chinesischen Schiffen das Verladen des nigrischen Rohöls untersagte. Niger benötigt dringend die Einnahmen aus den Ölexporten nach China. Nach dem Staatsstreich von 2023 strichen viele der Partnerländer Nigers ihre finanzielle Unterstützung. Seither ist das Land mit großen Finanzschwierigkeiten konfrontiert. ajs

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    Klimaneutralität: Was Afrika mit der deutschen Energiewende zu tun hat

    Von Stefan Liebing
    Stefan Liebing
    Stefan Liebing, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Conjuncta GmbH.

    Die deutsche Energiewende scheint ins Stocken geraten: Netzausbau zu langsam, rückläufige Verkaufszahlen bei Elektroautos, Unsicherheiten beim Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur. Da mag es erst einmal überraschend klingen: Afrika ist ein wichtiger Schlüssel zum Gelingen der Energiewende bei uns.

    Rund 1,5 Milliarden Menschen leben auf unserem Nachbarkontinent. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte diese Zahl auf rund vier Milliarden steigen. Der Wohlstand auf dem Kontinent nimmt zu. Beides führt zu wachsender Energienachfrage. Ob Afrika seine Energieversorgung CO2-arm aufstellt, hat für das Klima mehr Bedeutung als alle Maßnahmen in Deutschland zusammen. Es muss also eine hohe Priorität darstellen, Anreize für Investitionen in Afrika zu schaffen. Eine Einbindung Afrikas in das europäische Emissionshandelssystem wäre ein wichtiger erster Schritt dafür und im beiderseitigen Interesse.

    Höherer Hebel bei Investitionen in Afrika

    CO2 sollte dort vermieden werden, wo sich mit einem investierten Euro am meisten Einsparung erreichen lässt. Viele Effizienzmaßnahmen sind in Afrika günstiger zu realisieren, etwa bei der Isolierung von Gebäuden, der Steigerung von Energieeffizienz in Produktionsanlagen oder auch in der Mobilität.

    Die Bundesregierung hat kürzlich die Idee aufgegeben, jedem “Sektor” staatlich geplante Reduktionsziele vorzugeben. Vielmehr hat sie erkannt, dass es zu besseren Ergebnissen führt, wenn die Mittel dorthin fließen können, wo sich am schnellsten und günstigsten Einsparungen erreichen lassen. Nicht nur diejenigen Sektoren sollten primär Ziel von Investitionen sein, die die besten Reduktionsmöglichkeiten versprechen, sondern auch die entsprechenden Länder. Für Klimaschützer mag es seltsam klingen, und dennoch ist es ökonomisch rational, deutsche Klimainvestitionen großteils im Ausland zu realisieren. Dass Deutschland als Exportnation diesen internationalen klimapolitischen Aspekt übersieht, ist logisch kaum zu erklären.

    Drei Modelle für Investitionen

    Solche komplexen Verhandlungen werden Zeit in Anspruch nehmen. Doch schon heute können deutsche Unternehmen in Afrikas Energiesektor Geld verdienen, Arbeitsplätze sichern und zugleich CO2-Emissionen reduzieren. Dafür kommen grundsätzlich drei Geschäftsmodelle in Frage:

    1. Bau von Kraftwerken (Wasser, Solar, Wind) und Verkauf des Stroms an (meist staatliche) Weiterverteiler.
    2. Versorgung von Haushalten mit dezentralen Erzeugungssystemen.
    3. Erzeugung von grüner Energie für den Export an internationale Kunden, beispielsweise in Form von grünem Wasserstoff.

    Alle drei Geschäftsmodelle können sich in Afrika rechnen, weil sie in der Regel die weitaus teurere Verfeuerung von Öl ersetzen. Schwieriger ist jedoch die Beschaffung von Fremdkapital. Damit Banken sich in solchen Vorhaben engagieren können, sind Sicherheiten notwendig. In Zeiten zunehmender Staatsverschuldung und hoher Inflation ist die Kreditwürdigkeit von staatlichen Energieversorgern (Modell 1) oder privaten Endkunden in Afrika (Modell 2) meist nicht ausreichend, so dass derzeit vor allem Projekte eine Realisierungschance haben, die sich an internationale Abnehmer richten (Modell 3).

    Gemeinsame Handelszone für CO2-Zertifikate

    Eine kluge Klima- und Entwicklungspolitik würde diese Realitäten anerkennen und sollte die Etablierung einer gemeinsamen EU-Afrika-Handelszone für CO2-Zertifikate ebenso priorisieren wie die Bereitstellung von staatlichen Garantien, die es afrikanischen Regierungen ermöglichen, in grüne Energieinfrastruktur zu investieren. Nicht zu unterschätzen ist auch die Abschreckung von Investoren durch zunehmende Bürokratie und Regulierung etwa zu Lieferketten oder zu grünem Wasserstoff.

    Dass die Bundesregierung hier eher das Gegenteil dessen tut, was wirklich helfen würde, ist bedauerlich. Zuletzt kam die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. Dass der Bau von Fahrradwegen in Peru eine effiziente Form sei, CO2-Emissionen zu vermeiden, ist unter ökonomischen Punkten nicht haltbar. Stattdessen sollte die Bundesregierung die hier vorgeschlagenen Maßnahmen ergreifen. Im Interesse des Klimas, im Interesse Afrikas und im Interesse des deutschen Steuerzahlers.

    Stefan Liebing ist Geschäftsführer der Conjuncta GmbH und ehemaliger Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft (2012-2023). Er ist Honorarprofessor an der Hochschule Flensburg, Honorarkonsul der Republik Kamerun und Beiratsvorsitzender der ReThinking Africa Foundation GmbH.

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    Must-Reads

    New York Times: Jacob Zuma von Wahlen ausgeschlossen. Das südafrikanische Verfassungsgericht hat die frühere Entscheidung eines speziellen Wahlgerichts aufgehoben und entschieden, dass Ex-Präsident Zuma aufgrund einer früheren strafrechtlichen Verurteilung bei den Wahlen am 29. Mai nicht kandidieren darf. Er war im Jahr 2021 verurteilt worden, weil er bei einer Korruptionsuntersuchung nicht erschienen war. Zuma kandidierte als Vorsitzender der MK, einer neu gegründeten Partei, die seine alte Partei, den African National Congress, herausfordern will.

    Bloomberg: Dschibutis diplomatischer Drahtseilakt. Die Lage des winzigen ostafrikanischen Landes an der Stelle, wo das Rote Meer auf den Golf von Aden trifft, hat Dschibuti zu einer strategischen Priorität für die Großmächte gemacht. Es beherbergt chinesische, französische, italienische, japanische und US-amerikanische Militärstützpunkte. Doch Dschibutis besondere Stellung hängt von seiner Neutralität ab. Und die wird angesichts der vielen Krisen in der Region gerade auf eine harte Probe gestellt: Die USA würden gern von Dschibuti aus gegen die Huthi-Rebellen im Jemen vorgehen. Die Regierung lehnte dies ab.

    Reuters: Sonko kritisiert französische Militärpräsenz im Senegal. Der senegalesische Premierminister Ousmane Sonko hat in einer weitreichenden Rede, in der er auch den CFA-Franc, Öl- und Gasgeschäfte sowie LGBTQ-Rechte ansprach, die Schließung französischer Stützpunkte erwogen. Frankreich hat etwa 350 Soldaten im Senegal stationiert. “Mehr als 60 Jahre nach unserer Unabhängigkeit … müssen wir die Gründe hinterfragen, warum zum Beispiel die französische Armee immer noch von mehreren Militärstützpunkten in unserem Land profitiert und welche Auswirkungen diese Präsenz auf unsere nationale Souveränität und unsere strategische Autonomie hat”, sagte Sonko auf einer gemeinsamen Konferenz mit dem französischen Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon in Dakar.

    Wall Street Journal: USA könnten Sanktionen gegen Dan Gertler lockern. Die US-Regierung und die DR Kongo haben einen Plan zur Lockerung der Sanktionen gegen den der Korruption beschuldigten israelischen Bergbaumagnaten Dan Gertler vorgeschlagen. Im Gegenzug müsste Gertler sich dauerhaft aus dem Land zurückziehen. Die USA beschuldigten Gertler vor sechs Jahren der Korruption. Der Plan sieht vor, dass Gertler seine Vermögenswerte im Kongo an die Regierung verkauft und seine Geschäfte im Land beendet. Die Verkäufe könnten Gertler möglicherweise “mehrere zehn Millionen Dollar” einbringen.

    The East African: China will Kenia-Uganda-Eisenbahn doch finanzieren. Kenia hat eine Zusage der chinesischen Exim-Bank für die Finanzierung der Normalspur-Eisenbahnlinie von Naivasha zur ugandischen Grenze erhalten. Die beiden Länder bemühen sich um jeweils rund sechs Milliarden Dollar, nachdem das Projekt nach dem Rückzug des ursprünglichen Geldgebers China ins Stocken geraten war. Chinas Kehrtwende kommt eine Woche, nachdem Ruanda, Burundi, DR Kongo und Südsudan dem entsprechenden kenianisch-ugandischen Ministerausschuss beigetreten sind und sich verpflichtet haben, Mittel für das Projekt zu mobilisieren.

    Le Monde: Äthiopischer Kaffee von EU-Entwaldungsregeln bedroht. Neue EU-Verordnungen verlangen von Kaffeeimporteuren den Nachweis, dass ihre Lieferketten nicht zur Entwaldung beitragen, gestützt auf Satellitendaten und geografische Koordinaten. Der Kaffeeanbau trägt nur wenig zur Zerstörung der äthiopischen Wälder bei, doch die Bereitstellung präziser geografischer Erhebungen ist für die rund fünf Millionen Kaffeebauern im südlichen Äthiopien ein Problem: Die Internetabdeckung in den Dörfern ist schwach, ein Liegenschaftskataster existiert nicht, und es gibt viele Landkonflikte.

    Al Jazeera: Mahamat Déby als Wahlsieger im Tschad bestätigt. Der Verfassungsrat des Tschads hat Mahamat Idriss Déby als Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 6. Mai bestätigt. Déby hatte die Macht übernommen nachdem Rebellen seinen Vater, Präsident Idriss Déby, im Jahr 2021 töteten, und sich zum Interimspräsidenten erklärt. Das Land ist der erste Putschstaat in der Sahelzone, der versucht, durch die Abhaltung von Wahlen zu einer verfassungsmäßigen Ordnung zurückzukehren. Tschad ist ein wichtiger Verbündeter des Westens in der Region im Kampf gegen den Terrorismus.

    Jeune Afrique: “Ali Bongos Hungerstreik ist besorgniserregend”. Der Premierminister von São Tomé und Príncipe, Patrice Trovoada, hat den gestürzten Präsidenten von Gabun, Ali Bongo, im Gefängnis besucht und bezeichnete den Hungerstreik, mit dem Bongo die Freilassung seiner Frau und seine beiden Söhne erreichen will als “besorgniserregend”.

    Africa Report: Maurice Kamto warnt vor Putsch in Kamerun. Der Oppositionspolitiker weist auf die Gefahr eines Wahl- und Militärputsches durch die Anhänger von Präsident Paul Biya hin. Da die Kommunal-, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Kamerun nur noch etwas mehr als ein Jahr entfernt sind, nehmen die Spannungen zwischen der Regierung und der Opposition zu.

    CNBC Africa: Goldpreis steigt auf Rekordhoch. Der Goldpreis hat am Montag ein Allzeithoch erreicht, da ein nachlassender Inflationstrend in den USA die Erwartungen steigerte, dass die Federal Reserve bald ihre erste Zinssenkung vornehmen könnte, während der Silberpreis den höchsten Stand seit mehr als elf Jahren erreichte.

    Reuters: Südafrikas führender Geflügelzüchter warnt vor Vogelgrippe. Südafrika bleibt einem hohen Risiko der Vogelgrippe ausgesetzt, teilte der größte Hühnerproduzent des Landes, Astral Foods, am Montag mit. Grund dafür seien Verzögerungen bei der Einführung eines umfassenden Impfprogramms. Im vergangenen Jahr verlor Südafrika 9,5 Millionen Hühner, etwa ein Drittel seines landesweiten Bestands, während des schlimmsten Ausbruchs der hochpathogenen Vogelgrippe (HPAI), die sich in einem Bestand schnell ausbreitet.

    Heads

    Aliko Dangote – 10.000 Kilogramm Reis für Leidtragende der Inflation

    Aliko Dangote
    Lebensmittelhilfe für Bedürftige in ganz Nigeria: Unternehmer Aliko Dangote.

    Afrikas Unternehmer ähneln in einem Punkt amerikanischen Milliardären. Ein wirtschaftlicher Erfolg geht meistens damit einher, dass sie sich für gemeinnützige Zwecke engagieren. Schon kleine Unternehmer in Afrika zahlen Schulgebühren für bedürftige talentierte Kinder, bauen Gemeinschaftseinrichtungen oder Ambulanzen in den Dörfern oder verteilen Nahrungsmittel an Bedürftige.

    Aliko Dangote, Afrikas reichster Mensch mit einem Nettovermögen von knapp 14 Milliarden Euro, hat im Jahr 1994 die Dangote Foundation gegründet. Sie setzt sich nach eigener Aussage dafür ein, “das Leben der Menschen in ganz Afrika aufzuwerten, indem sie Initiativen für Gesundheit, Bildung und Empowerment ermöglicht”.

    Vor zehn Jahren, als das Ebola-Virus mehr als 11.000 Menschenleben in Westafrika kostete, spendete Dangote über seine Stiftung rund eine halbe Million Euro. Gemeinsam mit der Bill & Melinda Gates Foundation engagiert sich Dangote im Kampf gegen Polio in Nigeria.

    Mehr als 30 Prozent Inflation

    Und auch jetzt leiden Millionen Nigerianer unter der hohen Inflation. Laut dem nationalen Statistikamt erhöhten sich die Verbraucherpreise im April dieses Jahres um 33,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei Lebensmitteln beschleunigte sich die Teuerungsrate in den vergangenen zwölf Monaten von 24,6 Prozent auf zuletzt 40,5 Prozent. Die Inflation betrifft vor allem Grundnahrungsmittel: Yams, Reis, Hirsemehl, Pflanzenöl, Kartoffeln, Weizenmehl.

    Die Dangote Foundation hat nun damit begonnen, 10.000 Kilogramm Reis an bedürftige Menschen in Anambra, einem nigerianischen Bundesstaat im Südosten, zu verteilen. Die Aktion wird die NGO Justice Development and Peace Caritas (JDPC), eine Organisation der katholischen Diözese Awka, durchführen.

    Wegen seines beispiellosen unternehmerischen Erfolgs ist der Name Aliko Dangote in Afrika weit bekannt. Der heute 67 Jahre alte Unternehmer hat den größten afrikanischen Zementkonzern Dangote Cement aufgebaut, der an der Börse Lagos aktuell mit umgerechnet 6,7 Milliarden Euro bewertet ist. An Dangote Cement hält er rund 86 Prozent der Aktien. Dangote hat auch in Zucker, Mehl, Teigwaren, Salz, Düngemittel, Logistik oder auch in den Bau der ersten Mineralölraffinerie des Landes investiert. Allein Dangote Sugar Refinery erreicht aktuell an der Börse Lagos einen Wert von knapp 300 Millionen Euro.

    Montagewerk für Peugeot

    Im Februar 2022 eröffnete Dangote das Peugeot-Montagewerk in Kaduna, das er in Partnerschaft mit dem Autokonzern Stellantis aufgebaut hat. Das neue Automobilunternehmen Dangote Peugeot Automobiles Nigeria Limited (DPAN) mit Sitz in Kaduna nahm seinen Betrieb mit der Montage der Peugeot-Modelle 301, 508, 3008, 5008 und Landtrek auf.

    Dangote orientierte sich in der Führung seines Konglomerats schon früh an Grundsätzen für Corporate Governance. Auch achtet er darauf, dass seine Unternehmen externen Prüfungen standhalten. Zudem hat er für seine Unternehmen oft ausländische Topmanager engagiert, die internationale Branchen- und Führungsexpertise mitbringen.

    Die Dangote Group ist zudem ein wichtiger Akteur in der nigerianischen Landwirtschaft. Dabei unterstützt der Unternehmer lokale Landwirte und setzt sich für die Anreicherung von Nahrungsmitteln ein, um Unter- und Mangelernährung zu bekämpfen.

    Distanz zu staatlichen Instanzen

    Auch jetzt bei der Reisaktion hat Dangote bei der Verteilung auf klare, nachvollziehbare Kriterien geachtet. JDPC sei erst nach einem strikten Auswahlverfahren mit dieser Aufgabe betraut worden, sagte Levi Uko, Geschäftsführer der JDPC in der Diözese Awka, während einer Übung zur Vorbereitung der Verteilung für die Aguata Local Government Area vor nigerianischen Journalisten.

    Außerdem achtet Dangote darauf, Distanz zur Bundesregierung, zu den regionalen Regierungen und generell zur nigerianischen Politik zu wahren. Nur einmal, vor gut 20 Jahren, unterstützte er im Jahr 2003 die Wiederwahl von Olusegun Obasanjo, dem ersten demokratisch gewählten Präsidenten nach dem Ende der Militärdiktatur, mit rund zwei Millionen Dollar. Dies löste in Nigeria damals heftige Kritik aus, woraufhin Dangote seitdem auf Abstand zur nigerianischen Politik achtet.

    Auch bei der Verteilung der Reisrationen will Dangote keine staatlichen Behörden einbeziehen. “Die Stiftung zieht es vor, die Beteiligung der Regierung aus dem nationalen Interventionsprogramm für Lebensmittel herauszuhalten“, sagte Uko.

    Die Reisverteilung beschränkt Dangote nicht auf den Bundesstaat Anambra. Anfang des Jahres stellte die Stiftung ein Programm für Nahrungsmittelhilfen im Wert von rund neun Millionen Euro vor. Das Programm begann in Kano mit der Verteilung von 120.000 Säcken Reis und soll auf alle 774 lokale Regierungsbezirke in ganz Nigeria und Abuja ausgeweitet werden. Anambra ist nun ein weiterer Bundesstaat, in dem die Bedürftigen von diesem Programm profitieren. Christian von Hiller

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    Nachtisch

    Snowboarder und Skifahrer in Lesotho.
    Snowboarder und Skifahrer in Lesotho.

    Bei einem Treffen von Tourismus-Ministern in Afrika soll einmal die Frage aufgekommen sein, was den Tourismus auf dem afrikanischen Kontinent ausmacht. Unter den Vorschlägen waren: Sandstrände, Wildreservate oder Urwälder. Aber die Antwort des Ministers aus Lesotho löste Erstaunen aus: “Skifahren“, sagte er.

    Afri-Ski in den Bergen von Lesotho ist das einzige Skiresort Afrikas südlich des Äquators. Hoch in den Maloti Mountains auf etwas mehr als 3000 Metern Höhe liegen die beiden Pisten. “Wenn man über Skifahren und Schnee spricht, meint man in der Regel nicht Afrika”, sagt Pieper Peyer, Besitzer und Betreiber des rund 20 Jahre alten Resorts. Die Hauptsaison geht jedes Jahr von Juni bis August, tief im Winter auf der südlichen Halbkugel. Von Johannesburg aus lässt sich Afri-Ski in gut sechs Autostunden erreichen, die letzten zweieinhalb Stunden über haarsträubende Bergpässe, darunter den Mahlasela-Pass, mit 3222 Metern die höchste Straßenerhebung südlich von Kenia. Im Winter ist der Pass häufig zugeschneit.

    Die beiden Pisten haben jeweils einen Skilift. Die längere davon ist rund einen Kilometer lang und sollte nur von erfahrenen Skifahrern benutzt werden. Auf der kürzeren können Anfänger unter Anleitung von Skilehrern üben. Beide Pisten bieten Platz für mehr als 300 Skiliebhaber gleichzeitig. Es gibt auch einen Schneepark für Snowboarder und Schneekanonen, die den Schneemangel ausgleichen. as

    Africa.Table Redaktion

    AFRICA.TABLE REDAKTION

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