Table.Briefing: Africa

Mauretaniens Wasserstoff-Offensive + Werte: Was Deutschland und Südafrika eint + Kamerun: Sorgen um Paul Biya

Liebe Leserin, lieber Leser,

Die deutsche Wirtschaft setzt große Hoffnungen auf die Produktion grünen Wasserstoffs in Afrika. Mauretanien steht dabei ganz weit oben, wegen der Sonne, dem Meerwasser, dem reichlich verfügbaren Platz – und der Nähe zu Europa. Unsere Kollegin Lucia Weiß hat sich angeschaut, wie weit die Pläne, grünen Wasserstoff aus der Wüste Mauretaniens zu beziehen, vorangeschritten sind.

Außerdem haben wir wieder spannende Berichte, Analysen und Nachrichten für Sie.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.

Ihr
Christian von Hiller
Bild von Christian  von Hiller

Analyse

Wasserstoff: Mit welchen Strategien Mauretanien Investoren anziehen will

Mit der neuen Gesetzgebung für grünen Wasserstoff will Mauretaniens Regierung einen umfassenden Rahmen und Anreize für Investoren schaffen. Das Gesetz wurde bereits vom Parlament abgesegnet, aber noch nicht veröffentlicht. Für die Ausarbeitung des 31 Seiten langen Textes ließ sich die mauretanische Regierung vom Pariser Büro der internationalen Kanzlei Mayer Brown beraten. Finanzielle Unterstützung für Mauretaniens Energiesektor in Höhe von 100 Millionen US-Dollar soll von der Weltbank kommen.

Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Unternehmen ist nach der neuen Gesetzgebung wie folgt strukturiert:

  • Rahmenabkommen (Accord-cadre): maximale Laufzeit von zwei Jahren, kann einmalig um 1 Jahr verlängert werden. Darin wird festgelegt, unter welchen Bedingungen Entwicklungsaktivitäten durchgeführt werden können, vor allem Vorstudien und Studien zur Machbarkeit bei Projekten für grünen Wasserstoff.
  • Globales Abkommen (Convention globale): kann, falls nötig mehrere Phasen umfassen, jeweils unterteilt in Entwicklungsphase bis maximal fünf Jahre Dauer, gegebenenfalls Produktionsphase von grünem Wasserstoff. Hier geht es um die Bedingungen für die Entwicklung und schließlich die Produktion von grünem Wasserstoff. Jede dieser conventions globales muss vom Parlament abgesegnet werden.
  • Produktionslizenz: wird vom Energieminister erteilt, für maximal 35 Jahre, Verlängerung um zehn Jahre zweimal möglich. Für eine Lizenz muss das Unternehmen nachweisen, dass es genügend Geld zur Verfügung hat. Formen müssen in Mauretanien gegründet sein.

Anreize sollen unter anderem über Steuervorteile geschaffen werden, unter anderem:

  • Mehrwertsteuer: Diese fällt für den Import von Ausrüstung und Material weg, das Unternehmen oder die von ihnen beauftragten Dienstleister benötigen. Der Erlass bezieht sich auf alle Aktivitäten des Rahmen- oder Globalabkommens.
  • Umsatz: Es gibt keine normale Körperschaftssteuer, sondern eine 4-prozentige Besteuerung auf den Jahresumsatz von Subunternehmern.

Hohe Produktions- und Finanzierungskosten

Problematisch sind die hohen Produktions- und Finanzierungskosten in Mauretanien. Mauretanien könne die Finanzierung nicht alleine stemmen, wolle aber Infrastruktur und Ausbildung für den Sektor aufbauen, fasste es ein Berater aus dem Energieministerium im vergangenen Jahr zusammen

Bisher planen zwei Konsortien Wasserstoffprojekte in Mauretanien:

  • Das Konsortium aus der deutschen Conjuncta, Infinity Power und Masdar plant ein 34 Milliarden US-Dollar schweres Projekt zur Errichtung einer 10-Gigawatt-Elektrolysekapazität für grünen Wasserstoff in Mauretanien, mit dem Ziel des Exports.
  • Ein zweites Konsortium, bestehend aus Chariot Resources Limited und TE H2 (ein Joint Venture von TotalEnergies und EREN Group), plant unter dem Projektnamen Nour ebenfalls eine 10-Gigawatt-Elektrolysekapazität, aber mit Fokus auf den Bedarf in Mauretanien.
  • Beide Projekte umfassen die gesamte Wertschöpfungskette von der Meerwasserentsalzung bis zur Wasserstoffproduktion, wobei das Conjuncta-Konsortium zusätzlich die Herstellung von Ammoniak vorsieht. Das Conjuncta-Projekt soll ab 2028 die ersten 0,4 Gigawatt in Betrieb nehmen, während Chariot bereits eine Machbarkeitsstudie vorgelegt hat.

EU sagt Mauretanien Unterstützung zu

Die EU hat im vergangenen Oktober eine Team Europe Initiative mit Mauretanien gestartet, im Rahmen des EU-Global Gateway-Programms.  EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen versprühte überschwängliche Zuversicht und sprach von Mauretaniens “enormem Potenzial für erneuerbare Energien.” Und weiter: “Die EU teilt vollständig seine Ambitionen, sich als Drehscheibe für grünen Wasserstoff zu entwickeln.”

Zusätzliche Investitionen für Infrastruktur, Ausbildung und die Schaffung eines Markes für grünen Wasserstoff sollten durch die Team Europe Initiative eingeworben werden. Eine aktuelle Anfrage von Table.Briefings zu Details über die Höhen der Finanzierung blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Im Rahmen der allgemeinen Zusammenarbeit mit der EU flossen nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren 578 Millionen Euro in die Bereiche menschliche Entwicklung (dazu gehört etwa die Verbesserung von Lebensbedingungen), Übergang zu grüner und blauer Wirtschaft (also erneuerbare Energien und Fisch- bzw. Meereswirtschaft) sowie Regierungsführung (insbesondere Reformen der öffentlichen Finanzen und Verwaltung). Regionale Konkurrenz bekommt Mauretanien beim Thema Wasserstoff vorallem aus Marokko

Niedriges Bildungsniveau bleibt große Hürde

Neben Infrastruktur, Markt und Finanzierungsbedingungen bleibt eine weitere riesige Herausforderung für Mauretanien: Das Bildungsniveau gehört zu den niedrigsten in der Region, die Bildungspolitik erweckt zuweilen einen chaotischen Eindruck. So wurden am Vorabend des Schulbeginns Anfang der Woche zahlreiche private Schulen vornehmlich mit französischem Programm plötzlich geschlossen, da die Regierung möchte, dass alle Kinder in öffentliche Schulen gehen (l’école républicaine) – ohne dass diese die entsprechenden Kapazitäten haben. Auch im Bereich berufliche Ausbildung ist das Land nicht gut aufgestellt.

Das Forschungszentrum Jülich hat für potenzielle Wasserstoff-Partner in Afrika einen Atlas erarbeitet, der eine wissenschaftlich fundierte Einschätzung über die Standorte aufbereitet. Dieser konzentriert sich bisher auf die Ecowas-Länder sowie das südliche Afrika. Bis Ende des Monats soll auch Mauretanien in die Übersicht aufgenommen werden, wie es auf Anfrage von Table.Briefings hieß.

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Südliches Afrika: Wenn sich Elefanten und Menschen um Land streiten

Es mag in Europa exotisch erscheinen, im südlichen Afrika ist es zum existenziellen Konflikt geworden: Der Kampf um Lebensräume hat mit besonderer Schärfe zugenommen, wie ein Besuch im nördlichen Botswana zeigt. Wegen Trockenheit und wachsender Herden verlassen Elefanten immer häufiger ihren natürlichen Lebensraum. Sie rücken in Siedlungen vor, verwüsten Felder und Ernten – und das zu einer Zeit, in der Botswana wie die ganze Region von einer schweren Dürre heimgesucht werden. 

Die Folgen für die Menschen: Felder liegen brach, Strom ist wegen niedriger Pegelstände zur Mangelware geworden, die Lebensmittelpreise sind dramatisch gestiegen. Die Regierungen wiederum stehen unter dem Druck des Bevölkerungswachstums. Sie vergeben immer wieder Land an Bauern, das vorher von Elefanten genutzt wurde. Die brauchen eine Menge Platz, legen bis zu 50 Kilometer am Tag zurück – und fressen dabei bis zu 150 Kilo Grünzeug. “Wir haben zu viele Elefanten”, sagt Poniso Shamukuni, Chairman des Chobe Enclave Conservation Trust, einer Organisation, die versucht, die Konflikte zwischen Mensch und Tier – mithilfe der deutschen Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – zu entschärfen. 

Grenzüberschreitendes Naturschutzgebiet

Seit 20 Jahren sind die Deutschen in der Region tätig, bemühen sich um eine friedliche Koexistenz zwischen Menschen und Tieren. Fünf Länder haben sie zusammengebracht, Botswana, Sambia, Angola, Zimbabwe und Namibia, woraus die Kavango-Zambezi Transfrontier Conservation Area entstanden ist, kurz KAZA genannt. Es ist das größte terrestrische Naturschutzgebiet der Welt, eineinhalbmal so groß wie Deutschland. Die wachsende Zahl der Elefanten hat viel mit dem Schutzgebiet zu tun. Und die KfW war von Beginn an dabei. “Andere sind dazu gekommen, weil ein System entstanden ist, das funktioniert”, berichtet nicht ohne Stolz Thomas Duve, Abteilungsleiter Südliches Afrika bei der KfW.

Das wird auch in Botswana anerkannt. Und trotzdem bleibt das Problem: “Wir haben zu viele Elefanten”, sagt auch Abigail Engleton-Khumoyame, Staatssekretärin im Umweltministerium. 400 Exemplare dürfen internationale Trophäenjäger pro Jahr in Botswana schießen. So viele erlaubt Cites, das Washingtoner Artenschutzabkommen. “Viel zu wenige”, sagt Engleton. So würden die Bestände weiterwachsen, und so seien die Konflikte, zumal in Trockenzeiten, geradezu zwangsläufig.

Jagdlizenzen kommen Farmern zugute

Die Regierung wisse um die Bedeutung der Tiere für den Tourismus, aber es seien einfach zu viele. Hinzu kommt: Großwildjäger zahlen viel Geld für die Lizenz zum Abschießen, mittlere fünfstellige Beträge für einen Elefantenbullen. Geld, das in Botswana zu 90 Prozent den gleichen Farmern zugutekomme, denen die Elefanten die Felder zerstören. Auch das könnte manches Problem entschärfen.

“Wir sind die Wächter der Ressourcen”, sagt Chariman Shamukuni. Für fünf Dörfer ganz im Norden Botswanas ist er der Vertrauensmann. Aber sie fühlen sich im Stich gelassen in den Siedlungen. Fast zwei Dutzend Vorfälle mit Löwen gab es in den vergangenen Jahren. Nun rücken auch die Elefanten in die Siedlungen vor. “Die Leute sind nicht glücklich”, sagt Shamukuni.

Mit improvisierten Vogelscheuchen, mit Chiligeschossen und bunten Flatterbändern versuchen sie, die Tiere auf Abstand zu halten. Und wissen zugleich, dass die Lodges nur wegen der Touristen voll sind, die wiederum vor allem der Dickhäuter wegen kommen. Für Elektrozäune, welche die Elefanten viel effektiver abhalten würden, fehlt das Geld. Oder sie werden von Metalldieben innerhalb von Tagen geklaut.

Dürre verschärft den Konflikt

Im benachbarten Sambia sind sie schon ein paar Schritte weiter. Ortstermin am Rande des Mosi oa Tunya Nationalparks, auch er Teil des großen KAZA-Projekts: eine kleine Streusiedlung, zwei Dutzend Häuser, das Wasser kommt vom nahen Sambesi, die Felder sind sauber parzelliert und mit Mais und Tomaten, Kürbissen und Hirse bebaut. Normalerweise, und wenn der Regen sich an die üblichen Zyklen hält, halten die Elefanten Abstand und bleiben im Wald jenseits des Flusses. Doch wenn der Niederschlag ausbleibt, und er bleibt inzwischen oft aus, sind die Feldfrüchte zu verlockend. Dann überqueren sie den Fluss und trampeln durch die Flächen – und die erhoffte Ernte wird zum Totalausfall. Für die Subsistenzfarmer ist das existenziell.

Bauer Bryan Kwambwa, 46, berichtet vom Kampf des Dorfs gegen die Tiere. Die Farmer spannten einen Drahtzaun um ihre Felder, sie übernachteten in den Pflanzungen, sie lärmten mit Trommeln, sie schossen mit Chillikanonen, sie versuchten die Tiere mit Alufolie zu irritieren. Es half alles nichts. Den Zaun klauten Metalldiebe, Trommeln und Chili verloren ihren Schrecken, an die Alu-Schnipsel gewöhnten sich die Tiere, drei Dorfbewohner kamen innerhalb weniger Jahre in der Auseinandersetzung mit den Tieren ums Leben.

Mittel gegen Metalldiebe

Bis die KfW zu Hilfe kam. Sie ersetzte die Metalldrähte durch ein preiswertes Polyethylenband, stromleitend, aber für Metalldiebe uninteressant, sie installierte PV-Module und einen kleinen Speicher für die Stromversorgung, sie sorgte dafür, dass in der nahen Stadt Ersatzteile vorrätig sind. “Jetzt bleiben die Elefanten auf Abstand, wir haben normale Ernten und schlafen nachts wieder zuhause”, schwärmt Bauer Kwambwa.

Kwambwa weiß um den Wert der Elefanten für den Tourismus. Und er weiß auch sehr genau, dass ursprüngliche Wanderrouten der Elefanten jetzt versperrt sind. Er sagt: “Wir haben ihren Lebensraum eingeschränkt.” Weshalb die Bauern nach der Ernte den Zaun wieder abbauen. Menschen und Tiere könnten miteinander auskommen. “Wir müssen ihnen aber einen Korridor lassen”, sagt Kwambwa. Das ist die Lösung im Süden Sambias.

Ruf nach internationaler Hilfe

Zurück in den Norden Botswanas, wo die Konflikte mit den Elefanten zunehmen. Für einen Polyethylenzaun fehlt das Geld, sagt Chairman Shamukuni. Wenn es Geld gibt für einen geschossenen Elefanten, sind erst einmal Gesundheitsstation, die Schulerweiterung oder feste Marktstände wichtiger. “Wir brauchen internationale Hilfe”, sagt er. “Die KfW könnte doch mit einer Initiative kommen.” Wir können Wege aufzeigen, sagen sie bei der KfW. Aber wir können nicht überall helfen. Denn auch die deutschen Mittel sind begrenzt.

Dumezweni Mthimkhulu, der provokante Wildlife-Minister von Botswana, ist kürzlich im Alter von nur 45 Jahren verstorben. Der Konflikt um Wasser, Nahrung und Lebensräume geht weiter.

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Katja Keul: “Deutschland und Südafrika verbinden gemeinsame Werte”

Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul.
Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul.

Die Energiewende in Südafrika steht im Zentrum der Kooperation zwischen Deutschland und Südafrika. Geht es hier voran?

Staatssekretärin Jennifer Morgan, die Sonderbeauftragte für Klimapolitik im Auswärtigen Amt, hatte ja schon Südafrika vor einigen Wochen besucht und Gespräche mit der Regierung geführt. Mein Eindruck ist, dass der politische Wille der südafrikanischen Regierung vorhanden ist, die Energiewende voranzutreiben. Bei uns hat der Kohleausstieg auch lange gedauert. Wir haben 20 Jahre gebraucht, um die Kohleförderung abzuwickeln und gleichzeitig soziale Verwerfungen zu vermeiden. Klimapolitik war allerdings nicht der Schwerpunkt meines Besuches.

Sondern?

Ich hatte drei Schwerpunkte. Zuerst war ich in der Provinz Eastern Cape, wo ich Gespräche zur deutschen Missionsgeschichte hatte. Dann bin ich nach Pretoria gereist, um meinen Kollegen im Außenministerium zu treffen und mich mit ihm zu außenpolitischen Themen auszutauschen. Und schließlich war ich Marikana in der Provinz North West, wo sich das Platinbergwerk des Lonmin-Konzerns befindet. Dort wurden im August 2012 34 streikende Bergarbeiter von der Polizei erschossen, was international als “Marikana-Massaker” Schlagzeilen machte.

Im Außenministerium hatte ihr Counterpart allerdings keine Zeit. Hat er gesagt, warum?

Ich kenne Alvin Botes schon seit einiger Zeit. Es war in der Tat schade, dass er seinen Außenminister im Kabinett vertreten musste, als ich da war. Aber wir werden das Treffen so bald wie möglich nachholen.

Wie verliefen Ihre Gespräche in Eastern Cape?

Die Provinz unterhält seit 30 Jahren eine Partnerschaft mit dem Bundesland Niedersachsen. Kooperation gibt es auf regionaler und lokaler Ebene und wir haben eine permanente Repräsentantin von Niedersachsen vor Ort. Ich habe dort Gespräche zur Aufarbeitung der Vergangenheit geführt, über die deutschen Siedler und deutschen Missionare und ihre Rolle. Dieser Austausch beruht auf einem Wunsch Südafrikas. Wir wollen gemeinsam diese Missionsgeschichte erforschen und zugänglich machen. Koloniale Aufarbeitung ist ein wichtiges Thema.

Sie waren in Stutterheim, einem Ort mit knapp 50.000 Einwohnern. Warum dort?

Stutterheim gehört zur Gemeinde Amahlathi, die eine lokale Partnerschaft mit der Gemeinde Lamspringe in Niedersachsen unterhält. Diese Partnerschaft wird im Rahmen der “Kommunalen Nachhaltigkeitspartnerschaften” auch von der Bundesregierung finanziell gefördert. Die Gemeinde Stutterheim hatte ihren Ursprung in einer deutschen Missionsstation, wo zufälligerweise mein Urgroßvater Pastor an der lutherischen Kirche vor gut 100 Jahren war. Und so kam ich nicht nur mit der Bürgermeisterin und dem Gemeinderat zusammen, sondern auch mit dem Kirchenvorstand.

Eigentlich sollten Sie auch den Premier der Provinz, Oscar Mabuyane, treffen. Warum hat es nicht geklappt?

In der Provinz Eastern Cape war es zwei Tage vorher in der Stadt Lusikisiki zur grausamen Tötung einer Großfamilie gekommen. Deshalb hat der Premierminister der Provinz sich mit Angehörigen und Überlebenden der getroffen und konnte den Termin verständlicherweise nicht wahrnehmen.

… dabei sind 18 Menschen ums Leben gekommen, darunter 15 Frauen …

… Ja. Das hat mir noch einmal vor die Augen geführt, vor welchen Herausforderungen Polizei und Strafverfolgung in Südafrika stehen. Auch deshalb streben wir einen Ausbau der Kooperation mit Niedersachsen im Polizeibereich an. Damit wollen wir einen Beitrag dazu leisten, Polizei und Rechtsstaatlichkeit in Südafrika zu stärken.

Das “Marikana-Massaker” war ein ähnlicher Fall. Was konnten Sie zu Aufarbeitung beitragen?

Ich hatte zu Marikana schon als Parlamentarierin gearbeitet, weil BASF in meinem Wahlkreis in Niedersachen ansässig ist und Katalysatoren mit Platin aus Marikana baut. 30 Prozent des gesamten Platins, das der Lonmin-Konzern dort fördert, wird nach Deutschland exportiert. Schon damals drehten sich die Diskussionen um Menschenrechte in Lieferketten. Jetzt wollte ich mit ein Bild vor Ort machen, wie die Aufarbeitung des Massakers vorangekommen ist und wie es den Arbeitern heute geht.

Und?

Es gibt Fortschritte, auch wenn noch viel getan werden muss. Die Arbeiter sind immer noch in einer schwierigen Situation.

Ist Südafrika für das Auswärtige Amt ein wichtiger Partner?

Deutschland und Südafrika teilen gemeinsame Werte, auch wenn wir vielleicht nicht zu allen Themen eine Meinung teilen. Aber wir können miteinander reden und voneinander lernen. Uns verbinden globale Herausforderungen, die wir auch gemeinsam angehen müssen. Wir wollen die Länder Afrikas – bei all ihrer Verschiedenheit natürlich in sehr unterschiedlicher Art und Weise – als internationale Partner gewinnen. Wir brauchen uns gegenseitig in dieser Welt. Der Krieg in Europa hat gezeigt, dass Kriege und Krisen immer auch globale Auswirkungen haben. Der Krieg Russlands in der Ukraine hat furchtbare Auswirkungen auch Afrika. Trotzdem positionieren sich einzelne afrikanische Länder teils sehr unterschiedlich dazu. Sie sind ein wichtiger Teil der internationalen Staatengemeinschaft, ihre Stimmen müssen international mehr Gewicht bekommen, auch in den Vereinten Nationen. Südafrika ist neben Ländern wie Kenia oder Nigeria ein wichtiger Partner. Und das sieht man ja auch an der engen Zusammenarbeit zwischen uns.

Präsident Cyril Ramaphosa setzt sich für mehr Mitsprache Afrikas in der internationalen Gemeinschaft ein. Inwieweit findet er Unterstützung beim Auswärtigen Amt?

Deutschland war entschiedener Antrieb dafür, dass die Afrikanische Union Mitglied in den G20 wird. Ministerin Annalena Baerbock hat immer wieder deutlich gemacht, dass wir uns eine stärkere multilaterale Rolle Afrikas wünschen. Dazu gehört eine Reform des UN-Sicherheitsrates und eine Stärkung der Afrikanischen Union. Gerade bei Lösungsansätzen für die großen Konflikte, vor denen wir jetzt stehen, etwa im Sudan, spielen afrikanische Institutionen eine ganz wichtige Rolle.

Was erwarten Sie von Südafrikas G20-Vorsitz im kommenden Jahr?

Es ist jetzt ein guter Moment, über mehr Verantwortung Afrikas zu sprechen, dieses Thema wird Südafrika 2025 durch den G20-Vorsitz vorantreiben. Afrika insgesamt braucht ein größeres Gewicht und muss international sichtbarer werden. Dazu gehören ganz entscheidend auch Reformen der globalen Finanzarchitektur, wie es kürzlich in New York bei “Summit for the Future”, den Deutschland gemeinsam mit Namibia ganz wesentlich vorbereitet hatte, thematisiert wurde.

Entwickelt sich Afrika in die richtige Richtung?

Afrika ist ein sehr diverser Kontinent mit 54 sehr unterschiedlichen Ländern, deren Entwicklung und Politik nicht pauschal bewertet werden können. Der Krieg in Sudan ist aktuell die größte humanitäre Katastrophe weltweit. Es gibt auf dem Kontinent aber zahlreiche Erfolgsgeschichten mit dynamischen Entwicklungen nicht nur bei wirtschaftlichen Wachstumsraten, sondern auch bei Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit. Und es gibt den berechtigten Wunsch, eine größere Rolle in der globalen Politik einzunehmen. Deshalb sind der Kanzler und die Außenministerin, trotz Ukraine-Krieg und Nahost, auch weiter so engagiert in ihrer Besuchsdiplomatie in Afrika.

Wir sehen aber auch in Afrika, was uns global ebenfalls Sorgen macht, dass die Demokratie unter Druck steht. Wir haben das in der Sahelzone erlebt, was wenig erfreuliche Entwicklungen sind. Umso wichtiger ist die Zusammenarbeit mit unseren Partnern, die unsere Werte teilen und sich für Demokratie einsetzen, um diesem Trend entgegenzuwirken.   

Wird sich die Außenpolitik der Grünen ändern, wenn die Partei eine neue Spitze wählt?

Das sehe ich derzeit nicht. Ministerin Baerbock bleibt ja Außenministerin. Wir Grünen werden uns personell neu aufstellen und weiter unsere wertebasierte, menschenrechtsorientierte Außenpolitik verfolgen. Denn Interessen und Werte sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Afrika wird dabei weiterhin ganz oben auf der Agenda stehen.   

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  • Energiewende
  • Menschenrechte
  • Ukraine-Krieg

News

Kamerun: Sorgen über die politische und wirtschaftliche Zukunft

Seit bald 42 Jahren regiert Paul Biya Kamerun mit eiserner Hand. Zuletzt kamen Zweifel am Gesundheitszustand des 91 Jahre alten Staatspräsidenten auf. Seit seiner Reise zum China-Afrika-Forum (Focac) nach Peking Anfang September wurde er öffentlich nicht mehr gesehen. Jüngster Auslöser war sein Fernbleiben am Gipfeltreffen zur Frankophonie in Paris am vergangenen Wochenende.

Nun ist die Regierung den Gerüchten um Biyas Gesundheit entgegengetreten. “In den herkömmlichen Medien und den sozialen Netzwerken kursieren Gerüchte aller Art über den Zustand des Präsidenten”, sagte Regierungssprecher Rene Sadi in einer Erklärung. “Die Regierung stellt unmissverständlich fest, dass diese Gerüchte reine Fantasie sind … und dementiert sie hiermit offiziell.”

Dass ein Staatsoberhaupt seine Untertanen regelmäßig über sein Wohlergehen informiert, hat etwas Feudales. Und genauso regiert Biya das Land. Regelmäßig ist sein barocker Lebensstil Gegenstand europäischer Medienberichte, seine teuren Aufenthalte im Hotel Intercontinental in Genf oder die teuren Kleider und extravaganten Frisuren seiner zweiten Frau Chantal.

Ungeahnte Folgen

Nun stellt sich jedoch die Frage nach Biyas Nachfolge. “Er ist über 90 Jahre alt und hat sich schon lange nicht mehr am Tagesgeschäft beteiligt, aber wenn er stirbt, wird die Situation wahrscheinlich außer Kontrolle geraten”, zitiert Reuters einen afrikanischen, ungenannten Minister, der am Frankophonie-Gipfel teilnahm. “Niemand hat sich auf die Folgen vorbereitet. Wir wissen nicht, wie Kamerun ohne Paul Biya aussehen würde.”

Die Gefahr eines Zerfalls ist real, da unter Biya die Zerrissenheit im Land enorm zugenommen hat. Seit 2017 herrscht ein Sezessionskrieg in den anglophonen Teilen des Landes, der bisher rund 6000 Menschenleben gekostet hat.

Wirtschaftlich potent, aber fragil

Bisher war Kamerun ein wirtschaftlicher Stabilitätsfaktor. Auf eine Wachstumsrate von 3,8 Prozent kam das Land im vergangenen Jahr. Im laufenden könnte sie laut Afrikanischer Entwicklungsbank auf mehr als vier Prozent steigen. Schon heute unterstützt der IWF die Wirtschaft mit einer hybriden Extended Credit Facility (ECF) und einer Extended Fund Facility (EFF).

Kamerun verfüge über großes wirtschaftliches Potenzial, sei aber nach wie vor fragil, heißt es auch in einer Analyse des US-Außenministeriums. Ursachen dafür seien eine hohe Schuldenlast, institutionelle und verwaltungstechnische Schwächen, interne Spaltungen, soziale Ausgrenzung, Aufstände, Konflikte entlang der Grenzen und eine zunehmende Häufigkeit klimabedingter Naturkatastrophen. “Die politischen Risiken nehmen zu, darunter die Unsicherheit hinsichtlich der Präsidentschaftsnachfolge”, warnen die USA. hlr

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WHO will Finanzierung auf Gesundheitsgipfel in Berlin sichern

Im Rahmen des Weltgesundheitsgipfels, der vom 13. bis 15. Oktober in Berlin stattfindet, will die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit einer neuen Finanzierungsrunde ihr Ziel der “Gesundheit für alle” sicherstellen. Neben dem Gastgeberland Deutschland unterstützen auch Frankreich und Norwegen das neue Finanzierungsinstrument der WHO. Weitere Themen des Gipfeltreffens sollen Antibiotikaresistenzen, der Kampf gegen Mpox sowie die Digitalisierung des Gesundheitssektors sein.

Neben Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Entwicklungsministerin Svenja Schulze als Redner auf dem Gipfel angekündigt.

Weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind:

  • Tedros Adhanom Ghebreyesus, WHO-Generaldirektor
  • Jenista Mhagama, Gesundheitsministerin von Tansania
  • Khumbize Kandodo Chiponda, Gesundheitsministerin von Malawi
  • Amani Abou-Zeid, Kommissarin für Infrastruktur und Energie der Afrikanischen Union
  • Joy Phumaphi, Co-Vorsitzende des Global Preparedness Monitoring Board der WHO und Weltbank sowie ehemalige Gesundheitsministerin von Botswana
  • Sania Nishtar, CEO der Impfallianz Gavi
  • Bill Gates, Vorsitzender der Gates Foundation
  • Liam Smeeth, Direktor der London School of Hygiene & Tropical Medicine
  • Michael Sen, Vorstandsvorsitzender von Fresenius. dre
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Elfenbeinküste: Anteile an Kakao-Verarbeiter nach Malaysia verkauft

Die Regierung der Elfenbeinküste verkauft einen Anteil am Verarbeiter von Kakaobohnen Transcao an das malaysische Unternehmen Guan Chong Berhad. Dies hat Agence Ecofin am Donnerstag berichtet. Die Regulierungsbehörde Conseil du Café-Cacao (CCC) drängt dem Bericht zufolge auf “mehr Fachwissen und Investitionen, um den Kakao-Sektor auszubauen”. Transcao solle seine Interessen auf dem wachsenden asiatischen Markt stärken.

Die Nachricht hat insofern politische Brisanz, als aus afrikanischen Wirtschaftskreisen immer wieder die Forderung erhoben wird, die Wertschöpfung bei Erzeugnissen wie Kakao, Kaffee und tropischen Früchten verstärkt in Afrika anzusiedeln. Dabei soll die Beteiligung des malaysischen Unternehmens helfen. Dies zeigt, wie die Verflechtung zwischen Unternehmen aus Schwellenländern zunimmt.

Bis zum Jahr 2030 will die Regierung 100 Prozent der Primärverarbeitung ihrer Jahresernte sicherstellen. Die Elfenbeinküste stellt rund zwei Millionen Tonnen Kakao her. Das sind rund 45 Prozent der Weltproduktion.

Zahlreiche Investitionen in Aussicht gestellt

Die Verbindung zwischen Transcao und Guan Chong ebnet laut CCC den Weg für zahlreiche Investitionen in die lokale Industrie, hieß es beim CCC. Am Dienstag haben der CCC und Guan Chong Berhad vereinbart, dass der malaysische Konzern vom CCC einen Anteil von 25 Prozent an Transcao zu einem nicht genannten Kaufpreis erwirbt. Die Beteiligung könne in Abstimmung mit der Regierung der Elfenbeinküste erhöht werden.

Transcao betreibt zwei Kakaoverarbeitungsfabriken mit einer Jahreskapazität von jeweils 50.000 Tonnen, einmal in Yopougon, einem Vorort von Abidjan, und einmal in der Küstenstadt San Pédro. Darüber hinaus verfügt das Unternehmen über zwei Lagerhäuser mit einer Kapazität von 140.000 Tonnen in Abidjan und von 160.000 Tonnen in San Pédro.

Nicht die erste Investition in der Elfenbeinküste

Die Beteiligung an Transcao ist nicht die erste Investition von Guan Chong im Land. Im Juli 2023 eröffnete der Konzern bereits in San Pédro eine Kakaomahlanlage mit einer Verarbeitungskapazität von 60.000 Tonnen im Jahr, erweiterbar auf 240.000 Tonnen. Die Investition lag bei insgesamt 78 Millionen US-Dollar.

Der Markt für die Verarbeitung von Kakao befand sich lange in der Hand europäischer und amerikanischer Konzerne. Heute ist das belgisch-schweizerische Unternehmen Barry Callebaut zwar immer noch Marktführer. Doch auf dem zweiten Rang liegt das Unternehmen aus Singapur Olam International. Auf Rang drei folgt der US-Konzern Cargill. Viertgrößter Kakaoverarbeiter auf der Welt ist Guan Chong. Dies zeigt, wie stark die asiatischen Märkte an Bedeutung für den Kakaomarkt gewinnen.

Guan Chong kommt auf einen Börsenwert von umgerechnet 742 Millionen Euro. Vor fünf Jahren hatte Guan Chong in Deutschland bereits die Schokinag Holding GmbH in Mannheim zum Preis von 29,9 Millionen Euro übernommen. hlr

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Standpunkt

Private Militär- und Sicherheitsunternehmen als geopolitische Spoiler

Von Andreas Wittkowsky
Andreas Wittkowsky ist seit 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF).

Zunehmend werden internationale Friedenseinsätze aus dem Geschäft gedrängt – am gravierendsten in Mali, Niger und Burkina Faso. Dabei fällt einem bestimmten Typus von Militär- und Sicherheitsunternehmen (MSCs) die Rolle als Spoiler und Brandbeschleuniger zu. Insbesondere die russische Gruppe Wagner und ihre Auffangorganisation Afrika-Korps stechen hier hervor. Von den autoritären Putschistenregimes werden sie für ihr robustes Vorgehen geschätzt. Die MSCs und der russische Staat hinter ihnen pochen auch nicht auf Demokratie und Menschenrechte, Good Governance oder staatliche Anti-Korruptionsprogramme.

Die Einsatzländer deklarieren ihren Kurswechsel als ultimative Demonstration ihrer Souveränität. Dagegen ist es offensichtlich, dass es den russischen Sicherheitspartnern um die Stärkung ihres geopolitischen Einflusses und die Verdrängung des Westens aus Afrika geht. Ihr Einsatz gegen Rebellengruppen, vermutete Terroristen und Oppositionelle ist zudem regelmäßig von Berichten über Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung begleitet.

Internationales Regelwerk ist schwach und birgt Abhängigkeiten

Intransparenz ist dabei ein gezielt eingesetztes Instrument, um die äußere Einmischung zu bestreiten (Prinzip der “plausible deniability”). Zwar gibt es ein internationales Regelwerk, doch ist dieses sehr schwach, denn seine Umsetzung ist vom Willen der beteiligten Staaten, nationales Recht zu setzen und durchzusetzen, abhängig. Diese Voraussetzung fehlt in vielen aktuellen Konflikten.

Die russische Gruppe Wagner sticht hier besonders hervor. Ihre Einsatzgebiete lagen überall dort, wo Moskau seinen geopolitischen Einfluss stärken, aber eine direkte Intervention bestreiten wollte. Kein anderes der rund 40 russischen MSCs schickte in vergleichbarem Umfang Personal in Kampfeinsätze. Die personellen Verbindungen zu russischen Sicherheitskräften waren eng, die russischen Streitkräfte unterstützten die Gruppe auch logistisch. Wo immer Wagner militärisch eingriff, folgten bald Berichte über exzessive Brutalitäten, Folter, Vergewaltigungen und Hinrichtungen.

Nach der Prigoshin-Meuterei im Juli 2023 wurde das Konglomerat offiziell zerschlagen. Das russische Verteidigungsministerium gründete das Afrika-Korps als Auffanggesellschaft, womit es eindeutig staatlicher Natur ist. Doch weiterhin operiert Wagner zumindest teilweise unter eigener Flagge. Auf den Bildern eines Hinterhalts, bei dem Tuareg-Rebellen im Juli rund 80 russische Uniformträger im Norden Malis töteten, sind Wagner-Insignien klar zu erkennen.

Regulierung und Strafverfolgung gegen destabilisierende MSCs

Friedenseinsätze können mit der Bereitschaft der russischen MSCs, das eigene Personal aktiv in Kampfhandlungen zu schicken, nicht konkurrieren. Kurzfristig lässt sich daran nichts ändern. Dennoch gibt es vier Ansätze, den destabilisierenden Wirkungen dieser geopolitischen Spoiler entgegenzuwirken:

  1. Regulierung: Die Weiterentwicklung der internationalen Regulierung von MSCs bleibt wichtig, wird aber in Bezug auf hybride oder staatliche MSCs keine Abhilfe schaffen. Die bisherigen Konventionen decken deren Aktivitäten nicht ausreichend ab. In absehbarer Zeit wird es auch den erforderlichen Konsens nicht geben, weil sie dem geopolitischen Einsatzzweck von MSCs zuwiderlaufen.
  2. Öffentlichkeit: Die Dokumentation von Menschenrechtsverstößen durch Wagner und andere private Sicherheitsunternehmen ist wichtig, um Öffentlichkeit zu schaffen, den Einsatz der Unternehmen und ihrer Auftraggeber zu delegitimieren, politischen Handlungswillen zu generieren und Gegennarrative zu entwickeln.
  3. Strafverfolgung: Eine umfassende Dokumentation sollte auch eine juristische Verfolgung von Gräueltaten durch internationale oder nationale Gerichte in Zukunft ermöglichen. Hauptverantwortliche sind zu identifizieren und nach Möglichkeit dingfest zu machen.
  4. Robuste Diplomatie: Weiterhin müssen Staaten, die MSCs im eigenen Land einsetzen, auf menschenrechtliche Standards verpflichtet werden. Neben Anreizen sind auch Sanktionen nötig, die Machthaber und ihre Patronagenetzwerke treffen.

Andreas Wittkowsky ist beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) verantwortlich für Einsatzwissen und Missionsmonitoring. Zuvor war er Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde und mehrere Jahre für die UN im Einsatz in Kosovo.

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Presseschau

VOA: Forderung nach sicherer Route in die Golfstaaten. Amy Pope, die Leiterin der Internationalen Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Nationen, hat dazu aufgerufen, eine sichere Route für die Migration in die Golfstaaten zu schaffen. Die momentan viel genutzte, gefährliche Route am östlichen Horn von Afrika entlang fordere immer mehr Menschenleben. (“UN calls for safer migration from Horn of Africa to Gulf countries “)

Tagesschau: Tunesiens Präsident Saied im Amt bestätigt. Bei der Präsidentschaftswahl in Tunesien wurde Amtsinhaber Kaïs Saïed nach vorläufigen Ergebnissen erwartungsgemäß für weitere fünf Jahre als Staatschef bestätigt. Laut der Wahlbehörde ISIE erhielt Saied mehr als 90 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die beiden Gegenkandidaten, von denen einer in Haft ist, blieben weit hinter Saied zurück und erhielten nur 7,4 Prozent bzw. knapp zwei Prozent der Stimmen. Bereits am Sonntagabend, nach Schließung der Wahllokale, zeichnete sich Saïeds klarer Sieg ab. (“Tunesiens Präsident Saied wiedergewählt”)

Deutschlandfunk: Arbeiter streiken für höhere Löhne. Etwa hundert Tage nach dem Beginn der Regierung der Nationalen Einheit von Afrikanischem Nationalkongress und Demokratischer Allianz hat der südafrikanische Gewerkschaftsbund Cosatu zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen. Die Bevölkerung demonstriert gegen niedrige Löhne und die hohe Arbeitslosigkeit. (“Zehntausende in Südafrika beteiligen sich an Generalstreik”)

Financial Times: ANC offen für private Investoren. Für Südafrikas traditionelle Regierungspartei African National Congress (ANC) ist offen für private Investitionen. In der vergangenen Woche reiste Vizepräsident Paul Mashatile als Leiter Delegation nach Großbritannien, wo er bei Investoren – darunter JP Morgan Chase und Goldman Sachs – um Investitionen in Energie-, Wasser- und Güterbahnprojekte warb. (“Privatisation not a ‘swear word’, says South Africa’s deputy president”)

Africa News: Flüchtlingskatastrophe im Sudan. Am Dienstag debattierte das Europäische Parlament über die Lage im Sudan. Der Konflikt im Sudan habe zu Vertreibungen in einem Ausmaß geführt, wie sie seit dem Krieg in Syrien nicht mehr vorgekommen seien, sagte Věra Jourová, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Werte und Transparenz. Mittlerweile gäbe es im Sudan 10,9 Millionen Binnenflüchtlinge und weitere 2,2 Millionen Menschen hätten die Grenze in die Nachbarländer überquert. (“EU parliament debates Sudan conflict, calls for civilian transition”)

Le Monde: Größtes Theater Afrikas steht leer. Seit dem Sommer ist Rabats neues großes Theater, das größte Afrikas, sogar auf einem neuen 20-Dirham-Schein abgebildet. Als Symbol der “reichen soziokulturellen Entwicklung” des Landes, so die Zentralbank des Königreichs. Abgesehen davon bleibt das Gebäude trotz seiner Fertigstellung im Jahr 2021 geschlossen. Noch hat kein Zuschauer die Schwelle des 1.800 Sitzplätze umfassenden Theaters überschritten. (“Morocco built Africa’s largest theater but it remains closed”)

Standard: Weltkatastrophe im Sudan. Seit dem Bürgerkrieg im Kongo vor zwei Jahrzehnten hatte kein Konflikt in Afrika so große geopolitische Auswirkungen wie der im Sudan. Der Krieg zwischen der regulären sudanesischen Armee und der Miliz Rapid Support Forces (RSF) eskalierte vor 17 Monaten, was zu Zehntausenden von Todesopfern führte. Die Vereinigten Arabischen Emirate tragen mit Waffenlieferungen an die RSF über den Tschad und Darfour den Konflikt weiter an. (“Im Tschad offenbart sich die Heuchelei des Westens in der Sahelzone”)

Heads

Daniel Chapo: Neuer Präsident in Mosambik?

Mosambiks Präsidentschaftskandidat Daniel Chapo bei der Stimmabgabe in seiner Heimatprovinz Inhambane.
Mosambiks Präsidentschaftskandidat Daniel Chapo bei der Stimmabgabe in seiner Heimatprovinz Inhambane.

Mosambik hat diese Woche gewählt. Am Mittwoch konnten 17 Millionen Wahlberechtigte der 32 Millionen Einwohner des südostafrikanischen Landes an die Urnen gehen, um über den neuen Präsidenten, zehn Provinzgouverneure und ein neues Parlament zu entscheiden. Die Regierungspartei Frelimo (Frente de Libertação de Moçambique, die Mosambikanische Befreiungspartei) regiert ununterbrochen seit der Unabhängigkeit von Mosambik 1975. Auch diesmal wird erwartet, dass Frelimo weiter an der Macht bleiben wird.

Jedoch bahnt sich ein Generationswechsel an. Bei den diesjährigen Wahlen werden Daniel Chapo, Frelimo-Präsidentschaftskandidat, die besten Chancen eingeräumt, der neue Präsident von Mosambik zu werden. Bislang ist Chapo, 47, allerdings relativ unbekannt. Es wäre der erste Präsident des Landes, der nach der Unabhängigkeit 1975 geboren wurde. Auch wäre er der erste Staatschef, der nicht im mosambikanischen Bürgerkrieg, der zwischen 1977 und 1992 das Land zerrüttete, gekämpft hatte. Chapo verfügt zudem über keinerlei militärische Führungserfahrung, anders als alle ehemaligen Präsidenten von Mosambik. Der noch amtierende Staatspräsident Filipe Nyusi, 65, muss nach acht Jahren und zwei Amtszeiten abtreten.

Enger Vertrauter des amtierenden Präsidenten

Chapo gilt als enger Vertrauter des scheidenden Präsidenten Nyusi und hat gute Verbindungen zu Nyusis Gefolgsleuten. Seine politische Karriere begann 2009, als er sich Frelimo anschloss. Zuvor hatte sich der Politiker bereits in der Jugendorganisation der Partei engagiert. Seit dem 11. Frelimo-Parteitag 2017 sitzt Chapo im Zentralkomitee der Partei und wurde fünf Jahre später in seinem Amt bestätigt. Das Zentralkomitee wählte ihn schließlich mit 225 Stimmen (94 Prozent) zum Präsidentschaftskandidaten für die Partei. Der Gegenkandidat Roque Silva Samuel, ehemaliger Generalsekretär der Partei, hatte keine Chance. Seit Mai ist Chapo nun Interimsgeneralsekretär von Frelimo.

Er gilt als enger Vertrauter von Präsident Nyusi und hat gute Verbindungen zu Nyusi-Gefolgsleuten. Vor allem bei der jüngeren Bevölkerung von Mosambik regt sich Hoffnung für einen Wandel in dem Land, auch wenn die existierenden Machtstrukturen von Frelimo Chapo voraussichtlich wenig politischen Spielraum geben werden.

Gouverneur der Provinz Inhambane

Chapo, geboren 1977, war von 2016 bis 2024 zwei Amtszeiten lang Gouverneur der Provinz Inhambane, bevor er zum Präsidentschaftskandidaten ernannt wurde. Als Gouverneur galt er als erfolgreich und machte sich mit dem Bau von asphaltierten Straßen, Schulen und Gesundheitsstationen einen Namen. Er verbesserte auch die Wasserversorgung in den Distrikthauptstädten der Provinz. Chapo etablierte mindestens eine Bankfiliale in jedem Distrikt in der Provinz und folgte damit dem landesweiten Programm “Um distrito, um banco”. Damit sollte das Bankennetzwerk in Mosambik ausgebaut werden.

Der Jurist und Journalist Chapo versprach, gegen Korruption auch in der eigenen Partei vorzugehen. Zudem wolle er dafür sorgen, dass in der von bewaffneten Konflikten betroffenen Provinz Cabo Delgado im Norden des Landes wieder Frieden herrscht. Die jahrelange terroristische Gewalt legt die Energieprojekte der Provinz lahm.

Chapo hält auch enge Verbindungen zur Regierungspartei und ehemaligen Freiheitsbewegung African National Congress (ANC) im benachbarten Südafrika, wo mehr als 300.000 mosambikanische Staatsbürger leben, fast die Hälfte davon wahlberechtigt.

Jugend mit hohen Erwartungen an Politiker

Viele der Wähler sind jedoch immer noch skeptisch, dass Chapo tatsächlich den Wandel herbeiführen kann. “Der Generationswechsel wird für Frelimo zu einem großen Thema, denn die Jugend ist der am stärksten betroffene Teil der Gesellschaft und fordert eine bessere Politik, Arbeitsplätze und einen besseren öffentlichen Dienst”, sagte Americo Maluana, ein Analyst des in Maputo ansässigen Zentrums für Demokratie und Menschenrechte (CDD). “Das Erbe des Befreiungskampfes reicht immer weniger aus, um die Macht des Amtsinhabers zu legitimieren. Die Jugend erwartet mehr”, fügte er hinzu.

Ein Gegenkandidat ist Ossufo Momade, 63, der Führer der oppositionellen Mosambikanischen Nationalen Widerstandsbewegung (Renamo), die nur etwas mehr als ein Fünftel der Parlamentssitze belegt und schwach in den Gemeinden vertreten ist. Momade gehört der alten Garde von Mosambik an und bekam lediglich 21 Prozent der Stimmen bei den vergangenen Jahren 2019.

Kaum Chancen für Oppositionskandidaten

Der andere Kandidat ist der weitaus jüngere Venancio Mondlane, 50, der eine starke Basis bei jungen Mosambikanern hat, die zweidrittel der Bevölkerung ausmachen. Die Jugend sieht in ihm einen Hoffnungskandidaten. Mondlane saß für Renamo im Parlament, kandidierte im vergangenen Jahr erfolglos für das Bürgermeisteramt von Hauptstadt Maputo. Er trat als unabhängiger Kandidat an, unterstützt von der Democratic Alliance Coalition (CAD), einer Koalition aus neun politischen Gruppen, nachdem der Versuch gescheitert war, Momade als Vorsitzender von Renamo zu beerben.

Angetreten ist auch Lutero Simango, 64, der Vorsitzende der drittgrößten Partei Mosambiks, der Demokratischen Bewegung Mosambik (MDM), der Fabriken bauen lassen will, um mehr Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen. Den drei Kandidaten werden jedoch geringe Chancen gegenüber Chapo eingeräumt. Vorläufige Hochrechnungen der Wahlen werden in den kommenden Tagen erwartet. Die ersten amtlichen Wahlergebnisse gibt es allerdings erst in knapp zwei Wochen. Andreas Sieren

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Nachtisch

Tea Time im Senegal
Tea Time im Senegal.

40 Grad im Schatten, heißer Wind, die Sonne senkrecht – was wäre da besser als ein heißer, süßer Tee? 28 Grad, strömender Regen, Mitternacht – erst mal noch ein Gläschen Attaya schlürfen. So heißt der aromatische Grüntee, zumindest im Senegal. Und der geht für die Einheimischen immer, gleichgültig ob Tag oder Nacht, Sonne oder Regen, Mauretanien oder Mali. Klassisch getrunken wird der Tee auch nach dem Essen und wenn Gäste zu Besuch kommen.

Der Tee stammt meist aus China, wird mit reichlich Zucker zubereitet und frischer Minze. Wenn die fehlt, dann macht Not erfinderisch: Attaya mit geschmolzenen Minzbonbons kann auch erstaunlich gut schmecken. Gekocht – oder vielleicht besser gebraut? – wird das Heißgetränk in einem mehrstufigen aufwändigen Verfahren. Viele Nationen bestehen aus Teeprofis, die auch im Auto immer alles für eine Pause dabeihaben.

Für diejenigen, die von Tee keine Ahnung haben, ist es eindrucksvoll, das gekonnte Hin- und Herkippen von Tee von einem Gläschen ins andere zu bestaunen. Das ergibt eine schöne, schaumige Krone. Die Teekultur ist in vielen Ländern Westafrikas verbreitet und äußerst beliebt. Die erste Runde ist die stärkste, dann folgen in der Regel noch mindestens zwei, wenn man so eine Thein- und vor allem Zuckerdosis verkraften kann. Schöner Nebeneffekt, oder eigentlich das Hauptanliegen der kleinen Teezeremonie ist das Zusammensitzen und Schwatzen, das Teilen von Tee und Gedanken. lcw

  • Senegal

Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Die deutsche Wirtschaft setzt große Hoffnungen auf die Produktion grünen Wasserstoffs in Afrika. Mauretanien steht dabei ganz weit oben, wegen der Sonne, dem Meerwasser, dem reichlich verfügbaren Platz – und der Nähe zu Europa. Unsere Kollegin Lucia Weiß hat sich angeschaut, wie weit die Pläne, grünen Wasserstoff aus der Wüste Mauretaniens zu beziehen, vorangeschritten sind.

    Außerdem haben wir wieder spannende Berichte, Analysen und Nachrichten für Sie.

    Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.

    Ihr
    Christian von Hiller
    Bild von Christian  von Hiller

    Analyse

    Wasserstoff: Mit welchen Strategien Mauretanien Investoren anziehen will

    Mit der neuen Gesetzgebung für grünen Wasserstoff will Mauretaniens Regierung einen umfassenden Rahmen und Anreize für Investoren schaffen. Das Gesetz wurde bereits vom Parlament abgesegnet, aber noch nicht veröffentlicht. Für die Ausarbeitung des 31 Seiten langen Textes ließ sich die mauretanische Regierung vom Pariser Büro der internationalen Kanzlei Mayer Brown beraten. Finanzielle Unterstützung für Mauretaniens Energiesektor in Höhe von 100 Millionen US-Dollar soll von der Weltbank kommen.

    Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Unternehmen ist nach der neuen Gesetzgebung wie folgt strukturiert:

    • Rahmenabkommen (Accord-cadre): maximale Laufzeit von zwei Jahren, kann einmalig um 1 Jahr verlängert werden. Darin wird festgelegt, unter welchen Bedingungen Entwicklungsaktivitäten durchgeführt werden können, vor allem Vorstudien und Studien zur Machbarkeit bei Projekten für grünen Wasserstoff.
    • Globales Abkommen (Convention globale): kann, falls nötig mehrere Phasen umfassen, jeweils unterteilt in Entwicklungsphase bis maximal fünf Jahre Dauer, gegebenenfalls Produktionsphase von grünem Wasserstoff. Hier geht es um die Bedingungen für die Entwicklung und schließlich die Produktion von grünem Wasserstoff. Jede dieser conventions globales muss vom Parlament abgesegnet werden.
    • Produktionslizenz: wird vom Energieminister erteilt, für maximal 35 Jahre, Verlängerung um zehn Jahre zweimal möglich. Für eine Lizenz muss das Unternehmen nachweisen, dass es genügend Geld zur Verfügung hat. Formen müssen in Mauretanien gegründet sein.

    Anreize sollen unter anderem über Steuervorteile geschaffen werden, unter anderem:

    • Mehrwertsteuer: Diese fällt für den Import von Ausrüstung und Material weg, das Unternehmen oder die von ihnen beauftragten Dienstleister benötigen. Der Erlass bezieht sich auf alle Aktivitäten des Rahmen- oder Globalabkommens.
    • Umsatz: Es gibt keine normale Körperschaftssteuer, sondern eine 4-prozentige Besteuerung auf den Jahresumsatz von Subunternehmern.

    Hohe Produktions- und Finanzierungskosten

    Problematisch sind die hohen Produktions- und Finanzierungskosten in Mauretanien. Mauretanien könne die Finanzierung nicht alleine stemmen, wolle aber Infrastruktur und Ausbildung für den Sektor aufbauen, fasste es ein Berater aus dem Energieministerium im vergangenen Jahr zusammen

    Bisher planen zwei Konsortien Wasserstoffprojekte in Mauretanien:

    • Das Konsortium aus der deutschen Conjuncta, Infinity Power und Masdar plant ein 34 Milliarden US-Dollar schweres Projekt zur Errichtung einer 10-Gigawatt-Elektrolysekapazität für grünen Wasserstoff in Mauretanien, mit dem Ziel des Exports.
    • Ein zweites Konsortium, bestehend aus Chariot Resources Limited und TE H2 (ein Joint Venture von TotalEnergies und EREN Group), plant unter dem Projektnamen Nour ebenfalls eine 10-Gigawatt-Elektrolysekapazität, aber mit Fokus auf den Bedarf in Mauretanien.
    • Beide Projekte umfassen die gesamte Wertschöpfungskette von der Meerwasserentsalzung bis zur Wasserstoffproduktion, wobei das Conjuncta-Konsortium zusätzlich die Herstellung von Ammoniak vorsieht. Das Conjuncta-Projekt soll ab 2028 die ersten 0,4 Gigawatt in Betrieb nehmen, während Chariot bereits eine Machbarkeitsstudie vorgelegt hat.

    EU sagt Mauretanien Unterstützung zu

    Die EU hat im vergangenen Oktober eine Team Europe Initiative mit Mauretanien gestartet, im Rahmen des EU-Global Gateway-Programms.  EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen versprühte überschwängliche Zuversicht und sprach von Mauretaniens “enormem Potenzial für erneuerbare Energien.” Und weiter: “Die EU teilt vollständig seine Ambitionen, sich als Drehscheibe für grünen Wasserstoff zu entwickeln.”

    Zusätzliche Investitionen für Infrastruktur, Ausbildung und die Schaffung eines Markes für grünen Wasserstoff sollten durch die Team Europe Initiative eingeworben werden. Eine aktuelle Anfrage von Table.Briefings zu Details über die Höhen der Finanzierung blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Im Rahmen der allgemeinen Zusammenarbeit mit der EU flossen nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren 578 Millionen Euro in die Bereiche menschliche Entwicklung (dazu gehört etwa die Verbesserung von Lebensbedingungen), Übergang zu grüner und blauer Wirtschaft (also erneuerbare Energien und Fisch- bzw. Meereswirtschaft) sowie Regierungsführung (insbesondere Reformen der öffentlichen Finanzen und Verwaltung). Regionale Konkurrenz bekommt Mauretanien beim Thema Wasserstoff vorallem aus Marokko

    Niedriges Bildungsniveau bleibt große Hürde

    Neben Infrastruktur, Markt und Finanzierungsbedingungen bleibt eine weitere riesige Herausforderung für Mauretanien: Das Bildungsniveau gehört zu den niedrigsten in der Region, die Bildungspolitik erweckt zuweilen einen chaotischen Eindruck. So wurden am Vorabend des Schulbeginns Anfang der Woche zahlreiche private Schulen vornehmlich mit französischem Programm plötzlich geschlossen, da die Regierung möchte, dass alle Kinder in öffentliche Schulen gehen (l’école républicaine) – ohne dass diese die entsprechenden Kapazitäten haben. Auch im Bereich berufliche Ausbildung ist das Land nicht gut aufgestellt.

    Das Forschungszentrum Jülich hat für potenzielle Wasserstoff-Partner in Afrika einen Atlas erarbeitet, der eine wissenschaftlich fundierte Einschätzung über die Standorte aufbereitet. Dieser konzentriert sich bisher auf die Ecowas-Länder sowie das südliche Afrika. Bis Ende des Monats soll auch Mauretanien in die Übersicht aufgenommen werden, wie es auf Anfrage von Table.Briefings hieß.

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    Translation missing.

    Südliches Afrika: Wenn sich Elefanten und Menschen um Land streiten

    Es mag in Europa exotisch erscheinen, im südlichen Afrika ist es zum existenziellen Konflikt geworden: Der Kampf um Lebensräume hat mit besonderer Schärfe zugenommen, wie ein Besuch im nördlichen Botswana zeigt. Wegen Trockenheit und wachsender Herden verlassen Elefanten immer häufiger ihren natürlichen Lebensraum. Sie rücken in Siedlungen vor, verwüsten Felder und Ernten – und das zu einer Zeit, in der Botswana wie die ganze Region von einer schweren Dürre heimgesucht werden. 

    Die Folgen für die Menschen: Felder liegen brach, Strom ist wegen niedriger Pegelstände zur Mangelware geworden, die Lebensmittelpreise sind dramatisch gestiegen. Die Regierungen wiederum stehen unter dem Druck des Bevölkerungswachstums. Sie vergeben immer wieder Land an Bauern, das vorher von Elefanten genutzt wurde. Die brauchen eine Menge Platz, legen bis zu 50 Kilometer am Tag zurück – und fressen dabei bis zu 150 Kilo Grünzeug. “Wir haben zu viele Elefanten”, sagt Poniso Shamukuni, Chairman des Chobe Enclave Conservation Trust, einer Organisation, die versucht, die Konflikte zwischen Mensch und Tier – mithilfe der deutschen Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – zu entschärfen. 

    Grenzüberschreitendes Naturschutzgebiet

    Seit 20 Jahren sind die Deutschen in der Region tätig, bemühen sich um eine friedliche Koexistenz zwischen Menschen und Tieren. Fünf Länder haben sie zusammengebracht, Botswana, Sambia, Angola, Zimbabwe und Namibia, woraus die Kavango-Zambezi Transfrontier Conservation Area entstanden ist, kurz KAZA genannt. Es ist das größte terrestrische Naturschutzgebiet der Welt, eineinhalbmal so groß wie Deutschland. Die wachsende Zahl der Elefanten hat viel mit dem Schutzgebiet zu tun. Und die KfW war von Beginn an dabei. “Andere sind dazu gekommen, weil ein System entstanden ist, das funktioniert”, berichtet nicht ohne Stolz Thomas Duve, Abteilungsleiter Südliches Afrika bei der KfW.

    Das wird auch in Botswana anerkannt. Und trotzdem bleibt das Problem: “Wir haben zu viele Elefanten”, sagt auch Abigail Engleton-Khumoyame, Staatssekretärin im Umweltministerium. 400 Exemplare dürfen internationale Trophäenjäger pro Jahr in Botswana schießen. So viele erlaubt Cites, das Washingtoner Artenschutzabkommen. “Viel zu wenige”, sagt Engleton. So würden die Bestände weiterwachsen, und so seien die Konflikte, zumal in Trockenzeiten, geradezu zwangsläufig.

    Jagdlizenzen kommen Farmern zugute

    Die Regierung wisse um die Bedeutung der Tiere für den Tourismus, aber es seien einfach zu viele. Hinzu kommt: Großwildjäger zahlen viel Geld für die Lizenz zum Abschießen, mittlere fünfstellige Beträge für einen Elefantenbullen. Geld, das in Botswana zu 90 Prozent den gleichen Farmern zugutekomme, denen die Elefanten die Felder zerstören. Auch das könnte manches Problem entschärfen.

    “Wir sind die Wächter der Ressourcen”, sagt Chariman Shamukuni. Für fünf Dörfer ganz im Norden Botswanas ist er der Vertrauensmann. Aber sie fühlen sich im Stich gelassen in den Siedlungen. Fast zwei Dutzend Vorfälle mit Löwen gab es in den vergangenen Jahren. Nun rücken auch die Elefanten in die Siedlungen vor. “Die Leute sind nicht glücklich”, sagt Shamukuni.

    Mit improvisierten Vogelscheuchen, mit Chiligeschossen und bunten Flatterbändern versuchen sie, die Tiere auf Abstand zu halten. Und wissen zugleich, dass die Lodges nur wegen der Touristen voll sind, die wiederum vor allem der Dickhäuter wegen kommen. Für Elektrozäune, welche die Elefanten viel effektiver abhalten würden, fehlt das Geld. Oder sie werden von Metalldieben innerhalb von Tagen geklaut.

    Dürre verschärft den Konflikt

    Im benachbarten Sambia sind sie schon ein paar Schritte weiter. Ortstermin am Rande des Mosi oa Tunya Nationalparks, auch er Teil des großen KAZA-Projekts: eine kleine Streusiedlung, zwei Dutzend Häuser, das Wasser kommt vom nahen Sambesi, die Felder sind sauber parzelliert und mit Mais und Tomaten, Kürbissen und Hirse bebaut. Normalerweise, und wenn der Regen sich an die üblichen Zyklen hält, halten die Elefanten Abstand und bleiben im Wald jenseits des Flusses. Doch wenn der Niederschlag ausbleibt, und er bleibt inzwischen oft aus, sind die Feldfrüchte zu verlockend. Dann überqueren sie den Fluss und trampeln durch die Flächen – und die erhoffte Ernte wird zum Totalausfall. Für die Subsistenzfarmer ist das existenziell.

    Bauer Bryan Kwambwa, 46, berichtet vom Kampf des Dorfs gegen die Tiere. Die Farmer spannten einen Drahtzaun um ihre Felder, sie übernachteten in den Pflanzungen, sie lärmten mit Trommeln, sie schossen mit Chillikanonen, sie versuchten die Tiere mit Alufolie zu irritieren. Es half alles nichts. Den Zaun klauten Metalldiebe, Trommeln und Chili verloren ihren Schrecken, an die Alu-Schnipsel gewöhnten sich die Tiere, drei Dorfbewohner kamen innerhalb weniger Jahre in der Auseinandersetzung mit den Tieren ums Leben.

    Mittel gegen Metalldiebe

    Bis die KfW zu Hilfe kam. Sie ersetzte die Metalldrähte durch ein preiswertes Polyethylenband, stromleitend, aber für Metalldiebe uninteressant, sie installierte PV-Module und einen kleinen Speicher für die Stromversorgung, sie sorgte dafür, dass in der nahen Stadt Ersatzteile vorrätig sind. “Jetzt bleiben die Elefanten auf Abstand, wir haben normale Ernten und schlafen nachts wieder zuhause”, schwärmt Bauer Kwambwa.

    Kwambwa weiß um den Wert der Elefanten für den Tourismus. Und er weiß auch sehr genau, dass ursprüngliche Wanderrouten der Elefanten jetzt versperrt sind. Er sagt: “Wir haben ihren Lebensraum eingeschränkt.” Weshalb die Bauern nach der Ernte den Zaun wieder abbauen. Menschen und Tiere könnten miteinander auskommen. “Wir müssen ihnen aber einen Korridor lassen”, sagt Kwambwa. Das ist die Lösung im Süden Sambias.

    Ruf nach internationaler Hilfe

    Zurück in den Norden Botswanas, wo die Konflikte mit den Elefanten zunehmen. Für einen Polyethylenzaun fehlt das Geld, sagt Chairman Shamukuni. Wenn es Geld gibt für einen geschossenen Elefanten, sind erst einmal Gesundheitsstation, die Schulerweiterung oder feste Marktstände wichtiger. “Wir brauchen internationale Hilfe”, sagt er. “Die KfW könnte doch mit einer Initiative kommen.” Wir können Wege aufzeigen, sagen sie bei der KfW. Aber wir können nicht überall helfen. Denn auch die deutschen Mittel sind begrenzt.

    Dumezweni Mthimkhulu, der provokante Wildlife-Minister von Botswana, ist kürzlich im Alter von nur 45 Jahren verstorben. Der Konflikt um Wasser, Nahrung und Lebensräume geht weiter.

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    Katja Keul: “Deutschland und Südafrika verbinden gemeinsame Werte”

    Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul.
    Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul.

    Die Energiewende in Südafrika steht im Zentrum der Kooperation zwischen Deutschland und Südafrika. Geht es hier voran?

    Staatssekretärin Jennifer Morgan, die Sonderbeauftragte für Klimapolitik im Auswärtigen Amt, hatte ja schon Südafrika vor einigen Wochen besucht und Gespräche mit der Regierung geführt. Mein Eindruck ist, dass der politische Wille der südafrikanischen Regierung vorhanden ist, die Energiewende voranzutreiben. Bei uns hat der Kohleausstieg auch lange gedauert. Wir haben 20 Jahre gebraucht, um die Kohleförderung abzuwickeln und gleichzeitig soziale Verwerfungen zu vermeiden. Klimapolitik war allerdings nicht der Schwerpunkt meines Besuches.

    Sondern?

    Ich hatte drei Schwerpunkte. Zuerst war ich in der Provinz Eastern Cape, wo ich Gespräche zur deutschen Missionsgeschichte hatte. Dann bin ich nach Pretoria gereist, um meinen Kollegen im Außenministerium zu treffen und mich mit ihm zu außenpolitischen Themen auszutauschen. Und schließlich war ich Marikana in der Provinz North West, wo sich das Platinbergwerk des Lonmin-Konzerns befindet. Dort wurden im August 2012 34 streikende Bergarbeiter von der Polizei erschossen, was international als “Marikana-Massaker” Schlagzeilen machte.

    Im Außenministerium hatte ihr Counterpart allerdings keine Zeit. Hat er gesagt, warum?

    Ich kenne Alvin Botes schon seit einiger Zeit. Es war in der Tat schade, dass er seinen Außenminister im Kabinett vertreten musste, als ich da war. Aber wir werden das Treffen so bald wie möglich nachholen.

    Wie verliefen Ihre Gespräche in Eastern Cape?

    Die Provinz unterhält seit 30 Jahren eine Partnerschaft mit dem Bundesland Niedersachsen. Kooperation gibt es auf regionaler und lokaler Ebene und wir haben eine permanente Repräsentantin von Niedersachsen vor Ort. Ich habe dort Gespräche zur Aufarbeitung der Vergangenheit geführt, über die deutschen Siedler und deutschen Missionare und ihre Rolle. Dieser Austausch beruht auf einem Wunsch Südafrikas. Wir wollen gemeinsam diese Missionsgeschichte erforschen und zugänglich machen. Koloniale Aufarbeitung ist ein wichtiges Thema.

    Sie waren in Stutterheim, einem Ort mit knapp 50.000 Einwohnern. Warum dort?

    Stutterheim gehört zur Gemeinde Amahlathi, die eine lokale Partnerschaft mit der Gemeinde Lamspringe in Niedersachsen unterhält. Diese Partnerschaft wird im Rahmen der “Kommunalen Nachhaltigkeitspartnerschaften” auch von der Bundesregierung finanziell gefördert. Die Gemeinde Stutterheim hatte ihren Ursprung in einer deutschen Missionsstation, wo zufälligerweise mein Urgroßvater Pastor an der lutherischen Kirche vor gut 100 Jahren war. Und so kam ich nicht nur mit der Bürgermeisterin und dem Gemeinderat zusammen, sondern auch mit dem Kirchenvorstand.

    Eigentlich sollten Sie auch den Premier der Provinz, Oscar Mabuyane, treffen. Warum hat es nicht geklappt?

    In der Provinz Eastern Cape war es zwei Tage vorher in der Stadt Lusikisiki zur grausamen Tötung einer Großfamilie gekommen. Deshalb hat der Premierminister der Provinz sich mit Angehörigen und Überlebenden der getroffen und konnte den Termin verständlicherweise nicht wahrnehmen.

    … dabei sind 18 Menschen ums Leben gekommen, darunter 15 Frauen …

    … Ja. Das hat mir noch einmal vor die Augen geführt, vor welchen Herausforderungen Polizei und Strafverfolgung in Südafrika stehen. Auch deshalb streben wir einen Ausbau der Kooperation mit Niedersachsen im Polizeibereich an. Damit wollen wir einen Beitrag dazu leisten, Polizei und Rechtsstaatlichkeit in Südafrika zu stärken.

    Das “Marikana-Massaker” war ein ähnlicher Fall. Was konnten Sie zu Aufarbeitung beitragen?

    Ich hatte zu Marikana schon als Parlamentarierin gearbeitet, weil BASF in meinem Wahlkreis in Niedersachen ansässig ist und Katalysatoren mit Platin aus Marikana baut. 30 Prozent des gesamten Platins, das der Lonmin-Konzern dort fördert, wird nach Deutschland exportiert. Schon damals drehten sich die Diskussionen um Menschenrechte in Lieferketten. Jetzt wollte ich mit ein Bild vor Ort machen, wie die Aufarbeitung des Massakers vorangekommen ist und wie es den Arbeitern heute geht.

    Und?

    Es gibt Fortschritte, auch wenn noch viel getan werden muss. Die Arbeiter sind immer noch in einer schwierigen Situation.

    Ist Südafrika für das Auswärtige Amt ein wichtiger Partner?

    Deutschland und Südafrika teilen gemeinsame Werte, auch wenn wir vielleicht nicht zu allen Themen eine Meinung teilen. Aber wir können miteinander reden und voneinander lernen. Uns verbinden globale Herausforderungen, die wir auch gemeinsam angehen müssen. Wir wollen die Länder Afrikas – bei all ihrer Verschiedenheit natürlich in sehr unterschiedlicher Art und Weise – als internationale Partner gewinnen. Wir brauchen uns gegenseitig in dieser Welt. Der Krieg in Europa hat gezeigt, dass Kriege und Krisen immer auch globale Auswirkungen haben. Der Krieg Russlands in der Ukraine hat furchtbare Auswirkungen auch Afrika. Trotzdem positionieren sich einzelne afrikanische Länder teils sehr unterschiedlich dazu. Sie sind ein wichtiger Teil der internationalen Staatengemeinschaft, ihre Stimmen müssen international mehr Gewicht bekommen, auch in den Vereinten Nationen. Südafrika ist neben Ländern wie Kenia oder Nigeria ein wichtiger Partner. Und das sieht man ja auch an der engen Zusammenarbeit zwischen uns.

    Präsident Cyril Ramaphosa setzt sich für mehr Mitsprache Afrikas in der internationalen Gemeinschaft ein. Inwieweit findet er Unterstützung beim Auswärtigen Amt?

    Deutschland war entschiedener Antrieb dafür, dass die Afrikanische Union Mitglied in den G20 wird. Ministerin Annalena Baerbock hat immer wieder deutlich gemacht, dass wir uns eine stärkere multilaterale Rolle Afrikas wünschen. Dazu gehört eine Reform des UN-Sicherheitsrates und eine Stärkung der Afrikanischen Union. Gerade bei Lösungsansätzen für die großen Konflikte, vor denen wir jetzt stehen, etwa im Sudan, spielen afrikanische Institutionen eine ganz wichtige Rolle.

    Was erwarten Sie von Südafrikas G20-Vorsitz im kommenden Jahr?

    Es ist jetzt ein guter Moment, über mehr Verantwortung Afrikas zu sprechen, dieses Thema wird Südafrika 2025 durch den G20-Vorsitz vorantreiben. Afrika insgesamt braucht ein größeres Gewicht und muss international sichtbarer werden. Dazu gehören ganz entscheidend auch Reformen der globalen Finanzarchitektur, wie es kürzlich in New York bei “Summit for the Future”, den Deutschland gemeinsam mit Namibia ganz wesentlich vorbereitet hatte, thematisiert wurde.

    Entwickelt sich Afrika in die richtige Richtung?

    Afrika ist ein sehr diverser Kontinent mit 54 sehr unterschiedlichen Ländern, deren Entwicklung und Politik nicht pauschal bewertet werden können. Der Krieg in Sudan ist aktuell die größte humanitäre Katastrophe weltweit. Es gibt auf dem Kontinent aber zahlreiche Erfolgsgeschichten mit dynamischen Entwicklungen nicht nur bei wirtschaftlichen Wachstumsraten, sondern auch bei Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit. Und es gibt den berechtigten Wunsch, eine größere Rolle in der globalen Politik einzunehmen. Deshalb sind der Kanzler und die Außenministerin, trotz Ukraine-Krieg und Nahost, auch weiter so engagiert in ihrer Besuchsdiplomatie in Afrika.

    Wir sehen aber auch in Afrika, was uns global ebenfalls Sorgen macht, dass die Demokratie unter Druck steht. Wir haben das in der Sahelzone erlebt, was wenig erfreuliche Entwicklungen sind. Umso wichtiger ist die Zusammenarbeit mit unseren Partnern, die unsere Werte teilen und sich für Demokratie einsetzen, um diesem Trend entgegenzuwirken.   

    Wird sich die Außenpolitik der Grünen ändern, wenn die Partei eine neue Spitze wählt?

    Das sehe ich derzeit nicht. Ministerin Baerbock bleibt ja Außenministerin. Wir Grünen werden uns personell neu aufstellen und weiter unsere wertebasierte, menschenrechtsorientierte Außenpolitik verfolgen. Denn Interessen und Werte sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Afrika wird dabei weiterhin ganz oben auf der Agenda stehen.   

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    Kamerun: Sorgen über die politische und wirtschaftliche Zukunft

    Seit bald 42 Jahren regiert Paul Biya Kamerun mit eiserner Hand. Zuletzt kamen Zweifel am Gesundheitszustand des 91 Jahre alten Staatspräsidenten auf. Seit seiner Reise zum China-Afrika-Forum (Focac) nach Peking Anfang September wurde er öffentlich nicht mehr gesehen. Jüngster Auslöser war sein Fernbleiben am Gipfeltreffen zur Frankophonie in Paris am vergangenen Wochenende.

    Nun ist die Regierung den Gerüchten um Biyas Gesundheit entgegengetreten. “In den herkömmlichen Medien und den sozialen Netzwerken kursieren Gerüchte aller Art über den Zustand des Präsidenten”, sagte Regierungssprecher Rene Sadi in einer Erklärung. “Die Regierung stellt unmissverständlich fest, dass diese Gerüchte reine Fantasie sind … und dementiert sie hiermit offiziell.”

    Dass ein Staatsoberhaupt seine Untertanen regelmäßig über sein Wohlergehen informiert, hat etwas Feudales. Und genauso regiert Biya das Land. Regelmäßig ist sein barocker Lebensstil Gegenstand europäischer Medienberichte, seine teuren Aufenthalte im Hotel Intercontinental in Genf oder die teuren Kleider und extravaganten Frisuren seiner zweiten Frau Chantal.

    Ungeahnte Folgen

    Nun stellt sich jedoch die Frage nach Biyas Nachfolge. “Er ist über 90 Jahre alt und hat sich schon lange nicht mehr am Tagesgeschäft beteiligt, aber wenn er stirbt, wird die Situation wahrscheinlich außer Kontrolle geraten”, zitiert Reuters einen afrikanischen, ungenannten Minister, der am Frankophonie-Gipfel teilnahm. “Niemand hat sich auf die Folgen vorbereitet. Wir wissen nicht, wie Kamerun ohne Paul Biya aussehen würde.”

    Die Gefahr eines Zerfalls ist real, da unter Biya die Zerrissenheit im Land enorm zugenommen hat. Seit 2017 herrscht ein Sezessionskrieg in den anglophonen Teilen des Landes, der bisher rund 6000 Menschenleben gekostet hat.

    Wirtschaftlich potent, aber fragil

    Bisher war Kamerun ein wirtschaftlicher Stabilitätsfaktor. Auf eine Wachstumsrate von 3,8 Prozent kam das Land im vergangenen Jahr. Im laufenden könnte sie laut Afrikanischer Entwicklungsbank auf mehr als vier Prozent steigen. Schon heute unterstützt der IWF die Wirtschaft mit einer hybriden Extended Credit Facility (ECF) und einer Extended Fund Facility (EFF).

    Kamerun verfüge über großes wirtschaftliches Potenzial, sei aber nach wie vor fragil, heißt es auch in einer Analyse des US-Außenministeriums. Ursachen dafür seien eine hohe Schuldenlast, institutionelle und verwaltungstechnische Schwächen, interne Spaltungen, soziale Ausgrenzung, Aufstände, Konflikte entlang der Grenzen und eine zunehmende Häufigkeit klimabedingter Naturkatastrophen. “Die politischen Risiken nehmen zu, darunter die Unsicherheit hinsichtlich der Präsidentschaftsnachfolge”, warnen die USA. hlr

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    WHO will Finanzierung auf Gesundheitsgipfel in Berlin sichern

    Im Rahmen des Weltgesundheitsgipfels, der vom 13. bis 15. Oktober in Berlin stattfindet, will die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit einer neuen Finanzierungsrunde ihr Ziel der “Gesundheit für alle” sicherstellen. Neben dem Gastgeberland Deutschland unterstützen auch Frankreich und Norwegen das neue Finanzierungsinstrument der WHO. Weitere Themen des Gipfeltreffens sollen Antibiotikaresistenzen, der Kampf gegen Mpox sowie die Digitalisierung des Gesundheitssektors sein.

    Neben Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Entwicklungsministerin Svenja Schulze als Redner auf dem Gipfel angekündigt.

    Weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind:

    • Tedros Adhanom Ghebreyesus, WHO-Generaldirektor
    • Jenista Mhagama, Gesundheitsministerin von Tansania
    • Khumbize Kandodo Chiponda, Gesundheitsministerin von Malawi
    • Amani Abou-Zeid, Kommissarin für Infrastruktur und Energie der Afrikanischen Union
    • Joy Phumaphi, Co-Vorsitzende des Global Preparedness Monitoring Board der WHO und Weltbank sowie ehemalige Gesundheitsministerin von Botswana
    • Sania Nishtar, CEO der Impfallianz Gavi
    • Bill Gates, Vorsitzender der Gates Foundation
    • Liam Smeeth, Direktor der London School of Hygiene & Tropical Medicine
    • Michael Sen, Vorstandsvorsitzender von Fresenius. dre
    • Afrikanische Union
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    • Karl Lauterbach
    • Olaf Scholz
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    Elfenbeinküste: Anteile an Kakao-Verarbeiter nach Malaysia verkauft

    Die Regierung der Elfenbeinküste verkauft einen Anteil am Verarbeiter von Kakaobohnen Transcao an das malaysische Unternehmen Guan Chong Berhad. Dies hat Agence Ecofin am Donnerstag berichtet. Die Regulierungsbehörde Conseil du Café-Cacao (CCC) drängt dem Bericht zufolge auf “mehr Fachwissen und Investitionen, um den Kakao-Sektor auszubauen”. Transcao solle seine Interessen auf dem wachsenden asiatischen Markt stärken.

    Die Nachricht hat insofern politische Brisanz, als aus afrikanischen Wirtschaftskreisen immer wieder die Forderung erhoben wird, die Wertschöpfung bei Erzeugnissen wie Kakao, Kaffee und tropischen Früchten verstärkt in Afrika anzusiedeln. Dabei soll die Beteiligung des malaysischen Unternehmens helfen. Dies zeigt, wie die Verflechtung zwischen Unternehmen aus Schwellenländern zunimmt.

    Bis zum Jahr 2030 will die Regierung 100 Prozent der Primärverarbeitung ihrer Jahresernte sicherstellen. Die Elfenbeinküste stellt rund zwei Millionen Tonnen Kakao her. Das sind rund 45 Prozent der Weltproduktion.

    Zahlreiche Investitionen in Aussicht gestellt

    Die Verbindung zwischen Transcao und Guan Chong ebnet laut CCC den Weg für zahlreiche Investitionen in die lokale Industrie, hieß es beim CCC. Am Dienstag haben der CCC und Guan Chong Berhad vereinbart, dass der malaysische Konzern vom CCC einen Anteil von 25 Prozent an Transcao zu einem nicht genannten Kaufpreis erwirbt. Die Beteiligung könne in Abstimmung mit der Regierung der Elfenbeinküste erhöht werden.

    Transcao betreibt zwei Kakaoverarbeitungsfabriken mit einer Jahreskapazität von jeweils 50.000 Tonnen, einmal in Yopougon, einem Vorort von Abidjan, und einmal in der Küstenstadt San Pédro. Darüber hinaus verfügt das Unternehmen über zwei Lagerhäuser mit einer Kapazität von 140.000 Tonnen in Abidjan und von 160.000 Tonnen in San Pédro.

    Nicht die erste Investition in der Elfenbeinküste

    Die Beteiligung an Transcao ist nicht die erste Investition von Guan Chong im Land. Im Juli 2023 eröffnete der Konzern bereits in San Pédro eine Kakaomahlanlage mit einer Verarbeitungskapazität von 60.000 Tonnen im Jahr, erweiterbar auf 240.000 Tonnen. Die Investition lag bei insgesamt 78 Millionen US-Dollar.

    Der Markt für die Verarbeitung von Kakao befand sich lange in der Hand europäischer und amerikanischer Konzerne. Heute ist das belgisch-schweizerische Unternehmen Barry Callebaut zwar immer noch Marktführer. Doch auf dem zweiten Rang liegt das Unternehmen aus Singapur Olam International. Auf Rang drei folgt der US-Konzern Cargill. Viertgrößter Kakaoverarbeiter auf der Welt ist Guan Chong. Dies zeigt, wie stark die asiatischen Märkte an Bedeutung für den Kakaomarkt gewinnen.

    Guan Chong kommt auf einen Börsenwert von umgerechnet 742 Millionen Euro. Vor fünf Jahren hatte Guan Chong in Deutschland bereits die Schokinag Holding GmbH in Mannheim zum Preis von 29,9 Millionen Euro übernommen. hlr

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    Standpunkt

    Private Militär- und Sicherheitsunternehmen als geopolitische Spoiler

    Von Andreas Wittkowsky
    Andreas Wittkowsky ist seit 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF).

    Zunehmend werden internationale Friedenseinsätze aus dem Geschäft gedrängt – am gravierendsten in Mali, Niger und Burkina Faso. Dabei fällt einem bestimmten Typus von Militär- und Sicherheitsunternehmen (MSCs) die Rolle als Spoiler und Brandbeschleuniger zu. Insbesondere die russische Gruppe Wagner und ihre Auffangorganisation Afrika-Korps stechen hier hervor. Von den autoritären Putschistenregimes werden sie für ihr robustes Vorgehen geschätzt. Die MSCs und der russische Staat hinter ihnen pochen auch nicht auf Demokratie und Menschenrechte, Good Governance oder staatliche Anti-Korruptionsprogramme.

    Die Einsatzländer deklarieren ihren Kurswechsel als ultimative Demonstration ihrer Souveränität. Dagegen ist es offensichtlich, dass es den russischen Sicherheitspartnern um die Stärkung ihres geopolitischen Einflusses und die Verdrängung des Westens aus Afrika geht. Ihr Einsatz gegen Rebellengruppen, vermutete Terroristen und Oppositionelle ist zudem regelmäßig von Berichten über Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung begleitet.

    Internationales Regelwerk ist schwach und birgt Abhängigkeiten

    Intransparenz ist dabei ein gezielt eingesetztes Instrument, um die äußere Einmischung zu bestreiten (Prinzip der “plausible deniability”). Zwar gibt es ein internationales Regelwerk, doch ist dieses sehr schwach, denn seine Umsetzung ist vom Willen der beteiligten Staaten, nationales Recht zu setzen und durchzusetzen, abhängig. Diese Voraussetzung fehlt in vielen aktuellen Konflikten.

    Die russische Gruppe Wagner sticht hier besonders hervor. Ihre Einsatzgebiete lagen überall dort, wo Moskau seinen geopolitischen Einfluss stärken, aber eine direkte Intervention bestreiten wollte. Kein anderes der rund 40 russischen MSCs schickte in vergleichbarem Umfang Personal in Kampfeinsätze. Die personellen Verbindungen zu russischen Sicherheitskräften waren eng, die russischen Streitkräfte unterstützten die Gruppe auch logistisch. Wo immer Wagner militärisch eingriff, folgten bald Berichte über exzessive Brutalitäten, Folter, Vergewaltigungen und Hinrichtungen.

    Nach der Prigoshin-Meuterei im Juli 2023 wurde das Konglomerat offiziell zerschlagen. Das russische Verteidigungsministerium gründete das Afrika-Korps als Auffanggesellschaft, womit es eindeutig staatlicher Natur ist. Doch weiterhin operiert Wagner zumindest teilweise unter eigener Flagge. Auf den Bildern eines Hinterhalts, bei dem Tuareg-Rebellen im Juli rund 80 russische Uniformträger im Norden Malis töteten, sind Wagner-Insignien klar zu erkennen.

    Regulierung und Strafverfolgung gegen destabilisierende MSCs

    Friedenseinsätze können mit der Bereitschaft der russischen MSCs, das eigene Personal aktiv in Kampfhandlungen zu schicken, nicht konkurrieren. Kurzfristig lässt sich daran nichts ändern. Dennoch gibt es vier Ansätze, den destabilisierenden Wirkungen dieser geopolitischen Spoiler entgegenzuwirken:

    1. Regulierung: Die Weiterentwicklung der internationalen Regulierung von MSCs bleibt wichtig, wird aber in Bezug auf hybride oder staatliche MSCs keine Abhilfe schaffen. Die bisherigen Konventionen decken deren Aktivitäten nicht ausreichend ab. In absehbarer Zeit wird es auch den erforderlichen Konsens nicht geben, weil sie dem geopolitischen Einsatzzweck von MSCs zuwiderlaufen.
    2. Öffentlichkeit: Die Dokumentation von Menschenrechtsverstößen durch Wagner und andere private Sicherheitsunternehmen ist wichtig, um Öffentlichkeit zu schaffen, den Einsatz der Unternehmen und ihrer Auftraggeber zu delegitimieren, politischen Handlungswillen zu generieren und Gegennarrative zu entwickeln.
    3. Strafverfolgung: Eine umfassende Dokumentation sollte auch eine juristische Verfolgung von Gräueltaten durch internationale oder nationale Gerichte in Zukunft ermöglichen. Hauptverantwortliche sind zu identifizieren und nach Möglichkeit dingfest zu machen.
    4. Robuste Diplomatie: Weiterhin müssen Staaten, die MSCs im eigenen Land einsetzen, auf menschenrechtliche Standards verpflichtet werden. Neben Anreizen sind auch Sanktionen nötig, die Machthaber und ihre Patronagenetzwerke treffen.

    Andreas Wittkowsky ist beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) verantwortlich für Einsatzwissen und Missionsmonitoring. Zuvor war er Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde und mehrere Jahre für die UN im Einsatz in Kosovo.

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    Presseschau

    VOA: Forderung nach sicherer Route in die Golfstaaten. Amy Pope, die Leiterin der Internationalen Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Nationen, hat dazu aufgerufen, eine sichere Route für die Migration in die Golfstaaten zu schaffen. Die momentan viel genutzte, gefährliche Route am östlichen Horn von Afrika entlang fordere immer mehr Menschenleben. (“UN calls for safer migration from Horn of Africa to Gulf countries “)

    Tagesschau: Tunesiens Präsident Saied im Amt bestätigt. Bei der Präsidentschaftswahl in Tunesien wurde Amtsinhaber Kaïs Saïed nach vorläufigen Ergebnissen erwartungsgemäß für weitere fünf Jahre als Staatschef bestätigt. Laut der Wahlbehörde ISIE erhielt Saied mehr als 90 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die beiden Gegenkandidaten, von denen einer in Haft ist, blieben weit hinter Saied zurück und erhielten nur 7,4 Prozent bzw. knapp zwei Prozent der Stimmen. Bereits am Sonntagabend, nach Schließung der Wahllokale, zeichnete sich Saïeds klarer Sieg ab. (“Tunesiens Präsident Saied wiedergewählt”)

    Deutschlandfunk: Arbeiter streiken für höhere Löhne. Etwa hundert Tage nach dem Beginn der Regierung der Nationalen Einheit von Afrikanischem Nationalkongress und Demokratischer Allianz hat der südafrikanische Gewerkschaftsbund Cosatu zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen. Die Bevölkerung demonstriert gegen niedrige Löhne und die hohe Arbeitslosigkeit. (“Zehntausende in Südafrika beteiligen sich an Generalstreik”)

    Financial Times: ANC offen für private Investoren. Für Südafrikas traditionelle Regierungspartei African National Congress (ANC) ist offen für private Investitionen. In der vergangenen Woche reiste Vizepräsident Paul Mashatile als Leiter Delegation nach Großbritannien, wo er bei Investoren – darunter JP Morgan Chase und Goldman Sachs – um Investitionen in Energie-, Wasser- und Güterbahnprojekte warb. (“Privatisation not a ‘swear word’, says South Africa’s deputy president”)

    Africa News: Flüchtlingskatastrophe im Sudan. Am Dienstag debattierte das Europäische Parlament über die Lage im Sudan. Der Konflikt im Sudan habe zu Vertreibungen in einem Ausmaß geführt, wie sie seit dem Krieg in Syrien nicht mehr vorgekommen seien, sagte Věra Jourová, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Werte und Transparenz. Mittlerweile gäbe es im Sudan 10,9 Millionen Binnenflüchtlinge und weitere 2,2 Millionen Menschen hätten die Grenze in die Nachbarländer überquert. (“EU parliament debates Sudan conflict, calls for civilian transition”)

    Le Monde: Größtes Theater Afrikas steht leer. Seit dem Sommer ist Rabats neues großes Theater, das größte Afrikas, sogar auf einem neuen 20-Dirham-Schein abgebildet. Als Symbol der “reichen soziokulturellen Entwicklung” des Landes, so die Zentralbank des Königreichs. Abgesehen davon bleibt das Gebäude trotz seiner Fertigstellung im Jahr 2021 geschlossen. Noch hat kein Zuschauer die Schwelle des 1.800 Sitzplätze umfassenden Theaters überschritten. (“Morocco built Africa’s largest theater but it remains closed”)

    Standard: Weltkatastrophe im Sudan. Seit dem Bürgerkrieg im Kongo vor zwei Jahrzehnten hatte kein Konflikt in Afrika so große geopolitische Auswirkungen wie der im Sudan. Der Krieg zwischen der regulären sudanesischen Armee und der Miliz Rapid Support Forces (RSF) eskalierte vor 17 Monaten, was zu Zehntausenden von Todesopfern führte. Die Vereinigten Arabischen Emirate tragen mit Waffenlieferungen an die RSF über den Tschad und Darfour den Konflikt weiter an. (“Im Tschad offenbart sich die Heuchelei des Westens in der Sahelzone”)

    Heads

    Daniel Chapo: Neuer Präsident in Mosambik?

    Mosambiks Präsidentschaftskandidat Daniel Chapo bei der Stimmabgabe in seiner Heimatprovinz Inhambane.
    Mosambiks Präsidentschaftskandidat Daniel Chapo bei der Stimmabgabe in seiner Heimatprovinz Inhambane.

    Mosambik hat diese Woche gewählt. Am Mittwoch konnten 17 Millionen Wahlberechtigte der 32 Millionen Einwohner des südostafrikanischen Landes an die Urnen gehen, um über den neuen Präsidenten, zehn Provinzgouverneure und ein neues Parlament zu entscheiden. Die Regierungspartei Frelimo (Frente de Libertação de Moçambique, die Mosambikanische Befreiungspartei) regiert ununterbrochen seit der Unabhängigkeit von Mosambik 1975. Auch diesmal wird erwartet, dass Frelimo weiter an der Macht bleiben wird.

    Jedoch bahnt sich ein Generationswechsel an. Bei den diesjährigen Wahlen werden Daniel Chapo, Frelimo-Präsidentschaftskandidat, die besten Chancen eingeräumt, der neue Präsident von Mosambik zu werden. Bislang ist Chapo, 47, allerdings relativ unbekannt. Es wäre der erste Präsident des Landes, der nach der Unabhängigkeit 1975 geboren wurde. Auch wäre er der erste Staatschef, der nicht im mosambikanischen Bürgerkrieg, der zwischen 1977 und 1992 das Land zerrüttete, gekämpft hatte. Chapo verfügt zudem über keinerlei militärische Führungserfahrung, anders als alle ehemaligen Präsidenten von Mosambik. Der noch amtierende Staatspräsident Filipe Nyusi, 65, muss nach acht Jahren und zwei Amtszeiten abtreten.

    Enger Vertrauter des amtierenden Präsidenten

    Chapo gilt als enger Vertrauter des scheidenden Präsidenten Nyusi und hat gute Verbindungen zu Nyusis Gefolgsleuten. Seine politische Karriere begann 2009, als er sich Frelimo anschloss. Zuvor hatte sich der Politiker bereits in der Jugendorganisation der Partei engagiert. Seit dem 11. Frelimo-Parteitag 2017 sitzt Chapo im Zentralkomitee der Partei und wurde fünf Jahre später in seinem Amt bestätigt. Das Zentralkomitee wählte ihn schließlich mit 225 Stimmen (94 Prozent) zum Präsidentschaftskandidaten für die Partei. Der Gegenkandidat Roque Silva Samuel, ehemaliger Generalsekretär der Partei, hatte keine Chance. Seit Mai ist Chapo nun Interimsgeneralsekretär von Frelimo.

    Er gilt als enger Vertrauter von Präsident Nyusi und hat gute Verbindungen zu Nyusi-Gefolgsleuten. Vor allem bei der jüngeren Bevölkerung von Mosambik regt sich Hoffnung für einen Wandel in dem Land, auch wenn die existierenden Machtstrukturen von Frelimo Chapo voraussichtlich wenig politischen Spielraum geben werden.

    Gouverneur der Provinz Inhambane

    Chapo, geboren 1977, war von 2016 bis 2024 zwei Amtszeiten lang Gouverneur der Provinz Inhambane, bevor er zum Präsidentschaftskandidaten ernannt wurde. Als Gouverneur galt er als erfolgreich und machte sich mit dem Bau von asphaltierten Straßen, Schulen und Gesundheitsstationen einen Namen. Er verbesserte auch die Wasserversorgung in den Distrikthauptstädten der Provinz. Chapo etablierte mindestens eine Bankfiliale in jedem Distrikt in der Provinz und folgte damit dem landesweiten Programm “Um distrito, um banco”. Damit sollte das Bankennetzwerk in Mosambik ausgebaut werden.

    Der Jurist und Journalist Chapo versprach, gegen Korruption auch in der eigenen Partei vorzugehen. Zudem wolle er dafür sorgen, dass in der von bewaffneten Konflikten betroffenen Provinz Cabo Delgado im Norden des Landes wieder Frieden herrscht. Die jahrelange terroristische Gewalt legt die Energieprojekte der Provinz lahm.

    Chapo hält auch enge Verbindungen zur Regierungspartei und ehemaligen Freiheitsbewegung African National Congress (ANC) im benachbarten Südafrika, wo mehr als 300.000 mosambikanische Staatsbürger leben, fast die Hälfte davon wahlberechtigt.

    Jugend mit hohen Erwartungen an Politiker

    Viele der Wähler sind jedoch immer noch skeptisch, dass Chapo tatsächlich den Wandel herbeiführen kann. “Der Generationswechsel wird für Frelimo zu einem großen Thema, denn die Jugend ist der am stärksten betroffene Teil der Gesellschaft und fordert eine bessere Politik, Arbeitsplätze und einen besseren öffentlichen Dienst”, sagte Americo Maluana, ein Analyst des in Maputo ansässigen Zentrums für Demokratie und Menschenrechte (CDD). “Das Erbe des Befreiungskampfes reicht immer weniger aus, um die Macht des Amtsinhabers zu legitimieren. Die Jugend erwartet mehr”, fügte er hinzu.

    Ein Gegenkandidat ist Ossufo Momade, 63, der Führer der oppositionellen Mosambikanischen Nationalen Widerstandsbewegung (Renamo), die nur etwas mehr als ein Fünftel der Parlamentssitze belegt und schwach in den Gemeinden vertreten ist. Momade gehört der alten Garde von Mosambik an und bekam lediglich 21 Prozent der Stimmen bei den vergangenen Jahren 2019.

    Kaum Chancen für Oppositionskandidaten

    Der andere Kandidat ist der weitaus jüngere Venancio Mondlane, 50, der eine starke Basis bei jungen Mosambikanern hat, die zweidrittel der Bevölkerung ausmachen. Die Jugend sieht in ihm einen Hoffnungskandidaten. Mondlane saß für Renamo im Parlament, kandidierte im vergangenen Jahr erfolglos für das Bürgermeisteramt von Hauptstadt Maputo. Er trat als unabhängiger Kandidat an, unterstützt von der Democratic Alliance Coalition (CAD), einer Koalition aus neun politischen Gruppen, nachdem der Versuch gescheitert war, Momade als Vorsitzender von Renamo zu beerben.

    Angetreten ist auch Lutero Simango, 64, der Vorsitzende der drittgrößten Partei Mosambiks, der Demokratischen Bewegung Mosambik (MDM), der Fabriken bauen lassen will, um mehr Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen. Den drei Kandidaten werden jedoch geringe Chancen gegenüber Chapo eingeräumt. Vorläufige Hochrechnungen der Wahlen werden in den kommenden Tagen erwartet. Die ersten amtlichen Wahlergebnisse gibt es allerdings erst in knapp zwei Wochen. Andreas Sieren

    • Demokratie
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    Nachtisch

    Tea Time im Senegal
    Tea Time im Senegal.

    40 Grad im Schatten, heißer Wind, die Sonne senkrecht – was wäre da besser als ein heißer, süßer Tee? 28 Grad, strömender Regen, Mitternacht – erst mal noch ein Gläschen Attaya schlürfen. So heißt der aromatische Grüntee, zumindest im Senegal. Und der geht für die Einheimischen immer, gleichgültig ob Tag oder Nacht, Sonne oder Regen, Mauretanien oder Mali. Klassisch getrunken wird der Tee auch nach dem Essen und wenn Gäste zu Besuch kommen.

    Der Tee stammt meist aus China, wird mit reichlich Zucker zubereitet und frischer Minze. Wenn die fehlt, dann macht Not erfinderisch: Attaya mit geschmolzenen Minzbonbons kann auch erstaunlich gut schmecken. Gekocht – oder vielleicht besser gebraut? – wird das Heißgetränk in einem mehrstufigen aufwändigen Verfahren. Viele Nationen bestehen aus Teeprofis, die auch im Auto immer alles für eine Pause dabeihaben.

    Für diejenigen, die von Tee keine Ahnung haben, ist es eindrucksvoll, das gekonnte Hin- und Herkippen von Tee von einem Gläschen ins andere zu bestaunen. Das ergibt eine schöne, schaumige Krone. Die Teekultur ist in vielen Ländern Westafrikas verbreitet und äußerst beliebt. Die erste Runde ist die stärkste, dann folgen in der Regel noch mindestens zwei, wenn man so eine Thein- und vor allem Zuckerdosis verkraften kann. Schöner Nebeneffekt, oder eigentlich das Hauptanliegen der kleinen Teezeremonie ist das Zusammensitzen und Schwatzen, das Teilen von Tee und Gedanken. lcw

    • Senegal

    Africa.Table Redaktion

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