zwischen Marokko und Algerien brodelt es an vielen Stellen, und die aktuelle Weltlage verschärft die Spannungen weiter. Der schwelende Konflikt zwischen den beiden nordafrikanischen Ländern verhindert die regionale Integration und birgt außerdem das ständige Risiko einer Eskalation. Die Auslöser dafür können so banal sein wie ein Fußballspiel, hat Mirco Keilberth beobachtet.
Im Africa.Table erwarten Sie weitere Analysen, Nachrichten, Experten-Meinungen und Interviews.
Lesen Sie auch am Donnerstag unsere Sonderausgabe, in der wir den Ausgang der Wahlen in Südafrika analysieren werden.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.
Die Eskalation zwischen dem marokkanischen Fußballclub RS Renaissance Sportive Berkane und der USM Algier hatte sich lange angebahnt. Zu Jahresbeginn stellte die Clubführung von Berkane unter großem Medienecho ein neues Trikot vor. Neben dem Vereinslogo prangen darauf die Umrisse Marokkos, vereint mit der Westsahara. Seit dem Abzug der ehemaligen spanischen Kolonialherren 1974 sieht Marokko das Gebiet als marokkanisch an. Die algerische Regierung dagegen bietet der bewaffneten Autonomiebewegung Frente Polisario Zuflucht und Waffenhilfe.
Der Konflikt zwischen Algerien und Marokko brodelt an vielen Schauplätzen. Den Funktionären von Berkane muss bewusst gewesen sein, welch eine Provokation die Landkarte auf den Trikots im Halbfinale des afrikanischen Confederation Cups darstellen würde. Daran ändert wenig, dass der afrikanische Fußballverband das Trikot offiziell freigegeben hat.
Während die ersten marokkanischen Spieler nach Ankunft in Algier schon im Bus zum Stadium saßen, konfiszierten algerische Beamte die Trikots am Flughafenzoll. Die Führung von Berkane weigerte sich, in Afrikas zweitwichtigstem Clubwettbewerb ohne das neue Dress anzutreten. Das Spiel fiel aus. Zum Rückspiel in Berkane eine Woche darauf stand nur das Heimteam auf dem Platz. Berkane wurde per Schiedsgericht zum Sieger erklärt und verlor das Finale in Kairo. Der algerische Verband wandte sich an das Schiedsgericht der Fifa in der Schweiz, das noch kein Urteil gefällt hat.
“Die Mitschuld an dieser Eskalation liegt eindeutig beim afrikanischen Fußballverband“, sagt Maher Mezahi, einer der renommiertesten Beobachter des afrikanischen Fußballs. “Auf dem gesamten Kontinent sind Grenzen ein sensibles Thema.” Es war das erste Mal, dass marokkanische Sportler mit der Karte des vereinten Marokko und Westsahara international aufgetreten sind.
Das marokkanische Vorgehen widerspreche den Fifa-Konventionen, meint der Sohn algerischer Eltern. Nur wenn die Karte Teil des Teamlogos sei, so wie es bei den südafrikanischen oder mauretanischen Mannschaften der Fall ist, sei die Verwendung von Karten gestattet. Es gibt einen Präzedenzfall, der zeigt, wie aktuell das Thema auch in anderen Teilen der Welt ist. Der brasilianische Club Palestino trug Trikots mit einer Karte Palästinas vor der Teilung 1947. Die Fifa verhängte daraufhin Sanktionen.
Der Streit hat auch Auswirkungen auf die fußballverrückten marokkanischen und algerischen Gemeinden im Ausland. Deren Verhältnis sei im Allgemeinen besser als berichtet wird, sagt der in Marseille lebende Marokkaner Mohamed Alaoui. Doch mit jeder durch die Medien des Heimatlandes gepeitschten Eskalation zwischen Vertretern beider Länder steige die Abscheu gegen die jeweils andere Regierung. “Ich habe das Gefühl, dass mit einem äußeren Feind von sozialen Konflikten abgelenkt werden soll. Aber dort, wo beide Nationen zusammenleben, steht der soziale Frieden auf dem Spiel.”
Unter Fußballfans wird die Lage mitunter differenzierter als in den Medien gesehen. “Die nach Algier gereisten Anhänger von Berkane schienen mir nicht glücklich darüber zu sein, dass ihr Club für politische Spielchen benutzt worden ist“, glaubt Maher Mezahi. “Das gleiche gilt für die algerischen Fans und das von USM Algier ignorierte Rückspiel. Fans wollen ihre Mannschaft spielen sehen.”
Zwar sind für junge Algerier und Marokkaner die geschlossenen Grenzen zwischen beiden Länder Normalität. Doch spätestens seitdem Menschenhändler über die grünen Grenzen hinweg Migranten nach Europa schicken, wächst die Kritik. Während in der Ecowas-Zone visumfreies Reisen selbstverständlich und ein gemeinsamer Wirtschaftsraum entstanden ist, erinnere Nordafrika an die Grenze zwischen Nord-und Südkorea, witzeln viele.
Seit Amtsbeginn gibt sich auch der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune angriffslustig. Die Polisario verfügt seit zwei Monaten offenbar über ein brandneues Regiment an Panzern russischer Bauart. Für die großflächigen Waldbrände in der Kabilei-Region vor zwei Jahren machten algerische Offizielle Marokko verantwortlich. Regionale Projekte wie eine Zugverbindung von Casablanca in die tunesische Hafenstadt Sfax und weiter nach Libyen oder Kairo bleiben angesichts der politischen Eiszeit zwischen Algerien und Marokko Träumerei.
Die aktuelle Weltlage hat die Situation verschärft. Seit dem Gaza-Krieg ist für die überwältigende Mehrheit der Algerier die Annäherung an das marokkanische Königshaus ein Verrat an der palästinensischen Sache. Für Marokkaner ist es wiederum unverzeihlich, dass Algerien der Polisario Unterschlupf und Waffen gewährt.
Doch es gibt auch Lichtblicke. Beim letzten internationalen Spiel von USM Algier verboten die Behörden eine von der “Ultras”-Fangruppe organisierte Choreographie im Stadion. Nach Informationen aus der Szene hatten sie sich mit marokkanischen Fans zusammengetan, um eine Friedensbotschaft zu senden. Es waren die Anhänger des Vereins Zamalek, dem großen Rivalen von RS Berkane.
Trotz des Migrationsabkommens der EU mit diversen afrikanischen Ländern läuft das Geschäft mit der illegalen Migration auf der Transitroute, die durch Niger und Libyen führt. Mit Ägypten, Mauretanien, Tunesien hat die EU milliardenschwere Vereinbarungen geschlossen, um die Migration in Richtung Norden zu bekämpfen. Ungeachtet dessen verdienen viele Akteure in Afrika weiterhin gut an der illegalen Migration.
Gut sichtbar ist das in Agadez im Norden von Niger. Bis 2015 galt die Wüstenstadt als Drehkreuz für Migranten. Dann kam ein von der EU unterstütztes Gesetz, das die Reise durch die Wüste Richtung libysche und algerische Grenze für alle Menschen ohne nigrische oder libysche Staatsangehörigkeit für illegal erklärte. Alle, die geschäftlich mit den Migranten zu tun hatten, machten sich damals strafbar.
Doch die Militärjunta unter General Abdourahamane Tiani (manchmal Tchiani transkribiert) hat dieses Gesetz Ende November außer Kraft gesetzt. Nun läuft das Geschäft mit der illegalen Migraton wie zuvor. An den Migranten verdienen in Niger nach Informationen von Table.Briefings verschiedene Gruppen. Eine zweifelsfreie Überprüfung der Angaben ist nicht möglich.
Ein exemplarischer Überblick für die Route von Agadez in den Süden Libyens:
Grob überschlagen zahlt eine Person, die sich von Agadez auf den Weg nach Libyen macht, 138.000 bis 198.000 CFA-Franc reine Transportkosten, inklusive Abgaben (rund 210 bis 303 Euro).
Zuletzt wurden wenigstens 70 Pickups (und bis zu 130) in einer Woche ab Agadez gezählt. Bei 30 Passagieren pro Fahrzeug werden im Geschäft mit den Migranten, die aus Agadez abfahren, also rechnerisch mindestens 289,8 Millionen CFA-Franc – rund 442.000 Euro – pro Woche umgeschlagen.
“Seit Anfang Januar sind mehr als 160.000 Migranten Richtung Norden gezogen, davon etwa 40.000 nach Algerien und der Rest nach Libyen. Mehr als 60 Prozent der Grenzgänger kommen aus Niger. Die meisten von ihnen suchen in Libyen für einige Monate Arbeit auf Baustellen und in der Landwirtschaft; sie kommen in der Regel zurück. Deswegen war das von der EU angestoßene Verbot jeglicher Hilfe für Migranten aus Agadez auch so unbeliebt, weil es nicht nur Menschen aus westafrikanischen Nachbarländern traf, die nach Europa wollen, sondern auch Arbeitssuchende aus dem Niger, die ihr Glück in Libyen machen wollten“, heißt es in einem aktuellen Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Die zweitgrößte Gruppe der Migranten stammt demnach aus Nigeria. Etliche Migranten werden wieder aus Nordafrika abgeschoben, etwa aus Algerien oder Tunesien.
Die EU und die DR Kongo haben kürzlich ein Abkommen über den Export von Germanium geschlossen. Bei den Rohstoffen für die Energiewende kommt Afrika eine neue geopolitische Relevanz zu. Was bedeutet das für unsere europäische Zusammenarbeit mit Afrika?
Wir kommen aus einer Welt, in der wir abhängig waren von den USA, was die Sicherheitspolitik angeht, von Russland, was die Energiepolitik angeht und von China, was die Wachstumspolitik angeht. Jetzt müssen wir darauf setzen, das zu diversifizieren. Bei der Sicherheitsarchitektur müssen wir selbst zusehen, dass wir stärker werden. Beim Wirtschaftswachstum und der Energieversorgung brauchen wir jedoch Partner. Und Afrika bietet dabei eine gigantische Chance.
Wie müssen wir dabei die Zusammenarbeit verändern?
Bisher hat man auf Afrika ganz oft mit einer Entwicklungszusammenarbeits-Brille geschaut, zu einem gewissen Teil auch geopolitisch, wenig aber aus einer wirtschaftlichen Sicht. Das muss sich dringend ändern. Denn Afrika bietet ein riesiges Potenzial in drei großen Bereichen: Das eine ist die Versorgung mit Rohstoffen. Das andere ist das bereits angesprochene afrikanische Potenzial, was die Erzeugung von Energie angeht – von Wasserstoff über Biomasse-Produkte bis hin zur Produktion von E-Fuels und alternativen Kraftstoffen. Drittens gibt es ein riesiges Wachstumspotenzial. Die Bevölkerung in Afrika verdoppelt sich fast bis 2050. Die afrikanischen Staaten bieten als Absatzmärkte ungeheure Möglichkeiten.
Haben Deutschland und Europa in Afrika dabei überhaupt noch die Chance, zu China aufzuholen?
Wir müssen aufholen, wir können aber auch aufholen. Es gibt ja genug Kritik an der chinesischen Vorgehensweise in Afrika, Kredite zu vergeben. Wenn diese nicht zurückgezahlt werden können, müssen dann eben zum Beispiel Schürfrechte abgetreten werden. Diese Kritik müssen wir nutzen, indem wir ehrlich sagen, was das Interesse Europas und Deutschlands ist, wenn wir mit einem Land zusammenarbeiten. Europa ist außerdem als Absatzmarkt für die afrikanischen Länder hochinteressant. Wir sind bereit, vergleichsweise hohe Preise zu zahlen, weil wir einfach sehr reiche Länder sind. Zudem gibt es in Europa viel Kapital. Den Marktzugang so zu gestalten, dass wir mehr Freihandel ermöglichen, ist eine weitere Komponente in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern. Das ist etwas, das China so nicht bietet.
Und trotzdem gibt es immer wieder den Vorwurf aus Afrika, dass nicht wirklich klar ist, welche Interessen insbesondere Deutschland verfolgt. Woran liegt das?
Deutschland hat sich in der internationalen Zusammenarbeit ganz oft nicht getraut, eigene Positionen hart vorzutragen. Auch in der Diskussion auf europäischer Ebene sieht man, dass Deutschland sehr zurückhaltend ist. Das ist sicherlich zu einem Teil historisch bedingt. Das geht aber nicht mehr in einer geopolitischen Welt mit den Blöcken China und den USA und mit der neuen Position, die die Brics-Staaten einnehmen. In dieser Konstellation kann Deutschland seine eigenen Interessen nicht mehr hintanstellen. Wir müssen jetzt selbstbewusster sagen: Wir brauchen Energie, die können wir bei euch vor Ort produzieren, und wir arbeiten dabei gerne mit euch zusammen. Wir müssen in Deutschland die Angst davor ablegen, unsere Interessen zu vertreten.
Das möchte die FDP unter anderem auch mit der “Allianz der Demokratien” vorantreiben …
Bei der Allianz der Demokratien geht es darum, den größten Freihandelsraum weltweit zu schaffen, in dem Handelsbeziehungen zu demokratischen Staaten einfacher sind. Dadurch soll der Einfluss von Autokratien wie Russland und China eingedämmt werden. Das heißt aber nicht, dass dieser Handelsraum exklusiv ist. Wir wollen auch mit China weiter zusammenarbeiten. Aber wenn wir mittel- und langfristig die geopolitische und geostrategische Rolle Deutschlands stärken wollen, müssen wir gezielter mit Partnern zusammenarbeiten.
Die FDP kritisiert auch, dass das neue EU-Lieferkettengesetz zu einem Hemmnis für die intensivere Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika werden könnte. Wie wollen Sie das verhindern?
Das europäische Lieferkettengesetz ist genau für solche Länder, die in eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland und Europa eintreten wollen, ein Problem. Große Unternehmen, die ein Afrika-Geschäft aufbauen, stellen sich die Frage, welche Risiken sie eingehen wollen. Wer sein Risiko minimieren will, geht oft gar nicht erst in Länder, in denen unklar ist, ob möglicherweise Schwierigkeiten in der Lieferkette drohen. Damit schießen wir uns selbst ins Knie. Und deswegen müssen wir jetzt extrem genau schauen, wie wir diese Lieferkettenrichtlinie in unserer nationalen Gesetzgebung ausgestalten. Natürlich gilt europäisches Recht, aber genauso gilt es zu überprüfen, wie es sich auswirkt. Das Lieferkettengesetz darf gerade in der Zusammenarbeit mit Afrika nicht zum Hindernis werden.
Lukas Köhler ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP im Bundestag sowie seit 2023 stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Bayern. Köhler ist Experte seiner Partei für Klimapolitik und gehört dem Bundestag seit 2017 an.
Die Ausarbeitung der neuen afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung durch das Auswärtige Amt stehen offenbar kurz vor dem Abschluss. Aus dem Ministerium hieß es, die Veröffentlichung der für die Afrikapolitik der Bundesregierung maßgeblichen Leitlinien sind für den Spätsommer dieses Jahres geplant. Das Megatrends-Afrika-Projekt der Stiftung Wissenschaft und Politik veröffentlichte vergangene Woche bereits eine Ideensammlung für die künftige Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Afrika. In dem Papier sind Interviews und Essays zusammengetragen, die der Thinktank in den vergangenen Jahren zu dem Thema veröffentlicht hat.
Der Subsahara-Afrika-Beauftragte im Auswärtigen Amt, Christoph Retzlaff, traf sich zuletzt auch mit Mitgliedern des Bundestages. Ziel der Gespräche war es, sich über die afrikapolitischen Ziele der Abgeordneten zu informieren und sie bei der Ausarbeitung der Leitlinien zu berücksichtigen. “Es ist gut, dass die afrikapolitischen Leitlinien überarbeitet werden. Es ist besonders wichtig, dass sich die koloniale Aufarbeitung und das Aufbrechen von globalen Machtungerechtigkeiten in den Leitlinien niederschlagen. Außerdem müssen wir genau darauf achten, dass die Interessen der afrikanischen Partner*innen ernst genommen werden und die Expertise der afrikanischen Diaspora und von Thinktanks Eingang in die Leitlinien finden”, sagte Deborah Düring, außenpolitische Sprecherin der Grünen.
Auch die anderen Ressorts – insbesondere das BMZ und das BMWK – sind in die Beratungen einbezogen. “Wichtig ist dem BMZ eine neue Haltung in der Zusammenarbeit mit dem afrikanischen Kontinent – eine Haltung, die auf Respekt und Gegenseitigkeit gründet”, teilte ein Sprecher des Ministeriums Table.Briefings mit. Laut BMZ sollten afrikanische Partnerstaaten in ihren eigenen Entwicklungswegen gestärkt werden.
Diese Themen sollen im Fokus stehen:
Zudem solle sich die Bundesregierung für die Überwindung von Ungleichheiten aus der Kolonialzeit, die globale Gesundheit, Pandemieprävention und Bildung einsetzen. Das BMWK äußerte sich zum Ausarbeitungsprozess zunächst nicht und verwies auf das Auswärtige Amt. dre
Am morgigen Mittwoch gehen die Südafrikaner zur Wahl. Präsident und ANC-Vorsitzender Cyril Ramaphosa hatte sich am Sonntag noch einmal an die Nation gewandt, was ihm scharfe Kritik einbrachte. In einer Staatsansprache zählte er die Errungenschaften seiner Regierung auf, und erinnerte Südafrikaner, von ihrem demokratischen Recht Gebrauch zu machen und wählen zu gehen.
Vielen erschien die Rede als ANC-Kampagne, die Ramaphosa benutze, um die Erfolge seiner Amtszeit zu beschönigen. “Das ist eine Wahlkampfrede”, sagte Mmusi Maimane, Vorsitzender der Partei Build One South Africa. “Machtmissbrauch von Cyril Ramaphosa.” Dieser sprach von Erfolgen bei der wirtschaftlichen Entwicklung, Bekämpfung der Kriminalität und Korruption und sozialen Programmen gegen die Armut. Am Vortag hatte der ANC seine letzte Wahlveranstaltung im FNB-Stadium in Johannesburg, wo allerdings nur zwei Drittel der 90.000 Sitzplätze besetzt waren. Andere Parteien schlossen ebenfalls den Wahlkampf am Wochenende ab.
Zum ersten Mal seit 30 Jahren wird die Regierungspartei ANC voraussichtlich die absolute Mehrheit verlieren. Bei den letzten Wahlen 2019 konnte die Partei noch 57,5 Prozent aller Stimmen gewinnen. Südafrika stellt sich daher auf eine Koalitionsregierung ein – ein Novum. Die siebte demokratische Wahl nach Ende der Apartheid, in der über die Zusammenstellung des nationalen Parlaments und der neun Provinzvertretungen abgestimmt wird, gilt daher als “historisch”. Nach jüngsten Wahlprognosen wird der ANC die absolute Mehrheit verlieren und etwas mehr als 45 Prozent der Stimmen bekommen, nachdem die Partei im April sogar unter 40 Prozent gefallen war. Die größte Oppositionspartei, die Demokratische Allianz (DA), wird etwas mehr als 20 Prozent erreichen, die linksradikalen Economic Freedom Fighters (EFF) liegen bei rund zehn Prozent. Beide Parteien würden somit ein ähnliches Wahlergebnis wie vor fünf Jahren einfahren. Der neuen Partei MK (uMkhonto weSizwe) des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma werden etwas mehr als sechs Prozent vorhergesagt.
Den Bewohnern Südafrikas macht vor allem die hohe Arbeitslosigkeit zu schaffen. Aber auch die marode Infrastruktur des Landes bereitet Sorgen. Die Stromversorgung war jahrelang ungenügend, hat sich aber in letzten zwei Monaten stabilisiert. Jetzt ist die Wasserversorgung gefährdet. Hinzu kommt, dass die meisten Städte und Gemeinden im Land in einem sehr schlechten Zustand sind. Die Wähler sind enttäuscht und wollen Veränderung. Die Polizei ist auf mögliche Unruhen vorbereitet.
Knapp 28 Millionen Wähler haben sich registrieren lassen (von 62 Millionen Einwohnern). Es gibt 23.292 Wahlstationen. Das Wahlalter ist 18 Jahre. In Südafrika wird der Präsident auf fünf Jahre gewählt und darf sich nur einmal wiederwählen lassen.
Table.Briefings wird am Donnerstag über die Wahl in Südafrika mit einer Sonderausgabe berichten. as
Deutsche Unternehmen in Ostafrika erwarten in den nächsten zwölf Monaten ein überwiegend positives Geschäftsklima. Dies geht aus einer Umfrage der AHK Nairobi unter deutschen Unternehmern in Uganda, Tansania, Ruanda, Äthiopien und Kenia hervor, die Table.Briefings vorliegt. In allen abgefragten Kategorien erwartet eine Mehrheit der Befragten entweder keine Veränderung oder eine Verbesserung. Der Anteil jener, die mit einer Verschlechterung rechnen, liegt in allen Kategorien unter dem Anteil positiver Erwartungen.
Laut AHK Nairobi rechnen etwa 49 Prozent der Befragten mit einer positiven Entwicklung des eigenen Unternehmens innerhalb der kommenden zwölf Monate, während nur knapp sieben Prozent einen Abschwung befürchten. Ein knappes Viertel der befragten Unternehmen plant zusätzliche Investitionen, und rund 45 Prozent streben an, ihr Investitionsniveau zu halten. Ein gutes Drittel der Befragten geht davon aus, in den nächsten zwölf Monaten mehr Mitarbeiter einzustellen.
Als größte Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung nennen die Befragten Wechselkursschwankungen (65 Prozent), die wirtschaftspolitische Lage (50 Prozent) und die Bedingungen für die Finanzierung (48 Prozent). Probleme mit der Infrastruktur (14 Prozent) und Rohstoffpreisen (17 Prozent) sind hingegen weniger wichtig.
Mit Blick auf die Diversifizierung von Lieferketten und Absatzmärkten betrachten die befragten Unternehmer zunehmende rechtliche und regulatorische Fragen als das größte Hindernis (52 Prozent), gefolgt von hohen Geschäftskosten (41 Prozent) und der Schwierigkeit, passende Geschäftspartner zu finden (38 Prozent). Weiterhin werden die Unternehmer durch Handelsbarrieren und die Ermittlung geeigneter Absatzmärkte (je 22 Prozent) sowie die Identifizierung geeigneter Standorte für neue Produktionsanlagen (7 Prozent) gebremst. Immerhin zwölf Prozent sehen sich bei der Diversifizierung keinen Schwierigkeiten ausgesetzt.
Die überwiegende Mehrheit der Befragten geht nicht davon aus, dass die EU-Regeln über Kohlenstoffpreise zu vermehrter Verlagerung von Produktionskapazität nach Ostafrika führen. Dennoch sehen mehr als 60 Prozent Potenzial für deutsche und europäische Unternehmen in der Region bei der Bereitstellung erneuerbarer Energie. Auch bei industrieller Energieeffizienz (47 Prozent), Gebäudeenergieeffizienz (43 Prozent) und E-Mobilität (42 Prozent) sehen die Befragten Chancen für deutsche und europäische Unternehmen. Wasserstoff (23 Prozent) und Hochspannungstechnologie (14 Prozent) schätzen die Befragten hingegen weniger vielversprechend ein. ajs
Die britische Zeitung Guardian hat die umfangreichste und vielfältigste Afrika-Berichterstattung, gefolgt von der französischen Agentur AFP und Al Jazeera aus Katar, die gleichauf den 2. und 3. Platz belegten. Das ergibt der nun veröffentlichte Global Media Index for Africa.
Das Africa No Filter, ein Institut, das sich mit dem Bild von Afrika in der Welt beschäftigt, gibt ihn gemeinsam mit dem Africa Centre New York und der University of Cape Town erstmals heraus. Der britische Economist und die US-Medien New York Times (Platz 18), Wall Street Journal (19) und Washington Post (20) belegen die hinteren Plätze. Sie alle haben eine schlechtere Bewertung als das russische Staatsmedium Russia Today erreicht.
Bei der Ausgewogenheit führen die französische Zeitung Le Monde und die Deutsche Welle, die allerdings nur Rang 7 erreicht, einen Platz vor dem chinesischen Nachrichtensender CGTN. Was die Vermeidung von Stereotypen betrifft, kam die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua auf den ersten Platz, während der britische Economist in diesem Punkt auf dem letzten Platz landete.
Nachrichten prägen die Art und Weise wie der Kontinent weltweit wahrgenommen wird. Medienberichte beeinflussen auch Investitionen, Tourismus und die Politik gegenüber dem Kontinent.
“Unsere Untersuchung ist auch ein Aufruf zum Handeln an die globalen Medien, ihre Berichte über Afrika kritisch zu hinterfragen und deren Auswirkungen zu verstehen”, sagte Professor Wallace Chuma, der die Studie leitete.
Ausgewertet wurden über sechs Monate mehr als 1000 Online-Beiträge von 20 der weltweit einflussreichsten Nachrichtenanbietern, die die Berichterstattung über Afrika bestimmen, darunter aus Deutschland die Deutsche Welle, sowie die Nachrichtensender Al Jazeera, BBC, CGTN, CNN, RFI, Russia Today und VOA News, die Zeitungen Financial Times, Le Monde, New York Times, The Economist, The Guardian, Wall Street Journal und Washington Post, und die Nachrichtenagenturen AFP, Associated Press, Bloomberg, Reuters und Xinhua. Der Africa.Table von Table.Briefings wurde noch nicht in die Untersuchung aufgenommen.
Der Global Media Index for Africa dürfte die größte Medienanalyse sein, die jemals zu Afrika durchgeführt wurde. Die Forscher sahen sich die Vielfalt der behandelten Themen, die behandelten Länder, die Zahl der Quellen und die Tiefe der Berichterstattung an.
Nach Auswertung aller 20 Medien stuften die Forscher die Berichterstattung zu Afrika als “mittel” ein, was Raum für Verbesserungen bietet, etwa in puncto Kontinuität. Die Berichterstattung konzentriert sich auf eine Handvoll von Ländern, so die Studie. Vor allem einflussreiche Männer waren die Hauptquellen, darunter Politiker und Experten. Stimmen von gewöhnlichen Afrikanern fehlten. as
Seit Jahren verlieren europäische und deutsche Unternehmen Marktanteile im Wettbewerb mit außereuropäischen Anbietern bei Infrastrukturprojekten in Afrika. Dies trifft auf Bauunternehmen zu, aber zunehmend auch auf Zulieferer von Technologien des für Deutschland wertschöpfungsintensiven Maschinen-und Anlagenbaus (zum Beispiel Bauzulieferer). Auch Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien sind zunehmend betroffen.
Schon 2016 lautete es im DIHK-Energiewende-Barometer: “Anders als der bessere Barometerwert erwarten lässt, stagniert zudem der Anteil der Unternehmen, die aufgrund der Energiewende neue Absatzmärkte oder Geschäftsfelder erschließen. Es ist daher fraglich, ob das Energiewende-Know-how Made in Germany im gewünschten Maße weltweit nachgefragt wird.“
Dabei ist der Bedarf enorm. Der Aufbau einer technischen Infrastruktur in Afrika erfordert einen frühzeitigen und detaillierten Input, um eine nachhaltige und umweltfreundliche Stadt-und Raumplanung zu ermöglichen, den Ressourcenverbrauch zu senken und die Umweltnebenwirkungen zu reduzieren.
Europäische, mediterrane und afrikanische Hersteller haben entlang der Lieferkette und großen Infrastrukturprojekte beträchtliche Chancen, die besten, nachhaltigsten, wartungsfreundlichsten und umweltfreundlichsten Technologien in die Wertschöpfungskette einzubringen.
Bei Projektausschreibungen sollten europäische und afrikanische Unternehmen besser im Vorfeld und in der Planungs- respektive Finanzierungsphase eingebunden werden. Bisher erhalten große Infrastrukturprojekte in Afrika meist nur Angebote von nicht-afrikanischen Bietern. Dies ist aus makroökonomischer Sicht weder nachhaltig, noch unterstützt es den Transfer der umweltfreundlichsten Technologie nach Afrika.
Gemeinsame Konsortien und technologische Kooperationen aus Afrika, Europa und dem Mittelmeerraum dienen der Nachhaltigkeit größerer Infrastrukturausschreibungen. Diese tragen anschließend erheblich dazu bei, Arbeitsplätze und Erträge nach Europa, in den Mittelmeerraum und in afrikanische Staaten zurückzubringen und so diese Allianzen enger zusammenzubinden.
Auf das Wettbewerbsumfeld in Afrika ist die deutsche Industrie zu wenig vorbereitet. Ein Dilemma für die deutsche Wertschöpfung im außereuropäischen Wettbewerb ist, dass wir in vielen Marktnischen trotz unbeugsamem Willen zum Erfolg, Innovationskraft und vertrieblicher Spitzenleistung verlieren.
Die Projektkonstellation bei Projekten der Entwicklungshilfe sowie zu wenig detaillierte Technologievorgaben behindern tendenziell deutsche Unternehmen im Maschinen-und Anlagenbau. Gerade in der Umwelttechnik sind sie oft in der Rolle des Zulieferers und werden dadurch zunehmend disruptiv verdrängt.
Sieben Vorschläge zur Abhilfe:
Lars Späth verantwortet in der mittelständischen Unternehmensgruppe Aqseptence Group GmbH (zuvor Teil der Bilfinger SE) die Sparte Passavant-Geiger, ein Maschinenbau-Unternehmen mit Standorten in Aarbergen, Karlsruhe, Bückeburg, Rimpar und Modena (Italien). Er ist Mitglied im Industrieausschuss der IHK Karlsruhe und Gemeindevertreter in Alsbach-Hähnlein (Hessen).
BBC: UN-Expertin warnt vor Völkermord im Sudan. Während die öffentliche Aufmerksamkeit vor allem den Konflikten in der Ukraine und im Gazastreifen gilt, wächst in der sudanesischen Region Darfur das Risiko eines Genozids, warnt die UN-Sonderberaterin des Generalsekretärs für die Verhütung von Völkermord, Alice Wairimu Nderitu. In der belagerten Stadt Al-Faschir, in der sich die Kämpfe in den vergangenen Tagen verschärft haben, würden Zivilisten aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit angegriffen, so Nderitu. Die Situation sei alarmierend und “Ruanda-ähnlich”. Eine medizinische Hilfsorganisation in der Stadt meldete innerhalb von zehn Tagen mehr als 700 Todesopfer.
Al Jazeera: Burkina Faso verlängert Militärregierung um fünf Jahre. Das burkinische Militär hat 2022 durch einen Staatsstreich die Macht übernommen und versprochen, im Juli dieses Jahres Wahlen abzuhalten, um eine zivile Regierung wiederherzustellen. Nun argumentiert die Junta, die Sicherheitslage im Land habe Vorrang. Die Militärmachthaber wollen weitere fünf Jahre an der Macht bleiben, nachdem in einem nationalen Dialog vereinbart wurde, den Übergang zurück zur Demokratie ab Juli um 60 Monate zu verlängern.
The Economist: Chinesische Rüstungsgüter in Afrika stark gefragt. China hat Russland als größten Waffenlieferanten südlich der Sahara abgelöst. Zwischen 2019 und 2023 haben 21 Länder in der Region größere Waffenlieferungen aus China erhalten. Dazu zählen beispielsweise Kriegsschiffe für Dschibuti und Mauretanien sowie Drohnen für Nigeria und die DR Kongo. In Verbindung mit flexiblen Finanzierungsvereinbarungen, militärischer Zusammenarbeit und der Ausbildung von Offizieren bieten die Chinesen ein attraktives Angebot für afrikanische Armeen.
Bloomberg: Asiens reichster Mann setzt auf Telekommunikation in Afrika. Reliance Industries, das Konglomerat des indischen Geschäftsmanns Mukesh Ambani, wird Netzwerkinfrastruktur und Smartphones für einen neu gegründeten Breitbandanbieter in Ghana liefern. Das Unternehmen namens NGIC will noch in diesem Jahr den Betrieb aufnehmen und 5G für Mobilfunk- und Internetanbieter stellen. Weitere strategische Partner sind Nokia, Microsoft und der indische IT-Konzern Tech Mahindra. NGIC hält Exklusivrechte für die Bereitstellung von 5G-Diensten in Ghana.
Africa Intelligence: Uganda – Brückenkopf der russischen Gesundheitsdiplomatie. Im vergangenen Monat fand in der ugandischen Hauptstadt Kampala der erste russisch-afrikanische Gipfel zu Infektionskrankheiten statt. Zu der von der russischen Gesundheitsbehörde Rospotrebnadsor ausgerichteten Veranstaltung reisten Wissenschaftler aus rund 20 Ländern sowie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Gesundheitsagentur der Afrikanischen Union (Africa CDC). Für Moskau ist Uganda ein wichtiger Partner, da sich das Land den internationalen Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen hat.
African Business: Wie die Digitalisierung die Gender-Finanzierungslücke schließen kann. Afrikanerinnen halten weniger häufig als ihre männlichen Mitbürger Vermögen auf ihren Namen, was bedeutet, dass sie häufiger keine Sicherheiten für einen Kredit haben, seltener einen offiziellen Ausweis besitzen und seltener ein Bankkonto haben. Frauen sind auch mit systembedingten Vorurteilen konfrontiert: Kreditgeber im formellen Sektor zögern eher, sie zu finanzieren. Eine digital gestützte Kreditvergabe bietet Frauen, die keine Sicherheiten bieten oder keine Auskunft über ihre Kredithistorie geben können, die Möglichkeit, in das System integriert zu werden, indem die Hürden für den Zugang zu Finanzmitteln gesenkt werden.
Le Monde: Tunesiens Präsident sucht Nähe zu Iran. Der tunesische Präsident Kaïs Saied hat am vergangenen Mittwoch überraschend an der Beerdigung des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Teheran teilgenommen, der drei Tage zuvor bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war. Seit seiner Weigerung, ein Abkommen mit dem IWF über ein Darlehen in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar zu unterzeichnen, sieht der tunesische Staatschef seine Möglichkeiten rarer werden und sucht neue Partner. Bestimmte Kreise um Saied unterhalten schon lange Beziehungen zur Islamischen Republik. Der letzte Besuch eines tunesischen Staatschefs im Iran geht auf das Jahr 1965 zurück.
Xinhua: Abiy wünscht sich mehr chinesische Bauprojekte. Der äthiopische Premierminister Abiy Ahmed hat das chinesische Bauunternehmen China Communications Construction Company (CCCC) aufgefordert, sein Engagement in Äthiopien auszubauen. Darum habe er den CCCC-Vorstandsvorsitzenden in einem Telefongespräch gebeten, teilte Abiys Büro mit. CCCC ist an vielen großen Infrastrukturprojekten in Äthiopien beteiligt, darunter Industrieparks, Straßen und wichtige nationale Entwicklungsprojekte.
“Senegal ist eines meiner Heimatländer und Deutschland auch”, sagt Ibou Coulibaly Diop im Gespräch mit Table.Briefings. Geboren und aufgewachsen ist der 45-Jährige im Senegal, doch seit rund 20 Jahren lebt er in Berlin.
Inzwischen hat Diop, der beim Stadtmuseum Berlin angestellt ist, eine ganz besondere Aufgabe bearbeitet: Für das Land Berlin hat er ein Konzept vorgelegt, wie die koloniale Vergangenheit aufgearbeitet und die Menschen zum Nachdenken darüber angeregt werden können. So soll es etwa einen dauerhaften “Erinnerungsort” an der Adresse geben, an der 1884/1885 die Berliner Konferenz tagte. Die schrieb bekanntlich die de facto Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter mehreren Kolonialmächten fest.
“Eine Gesellschaft, die so plural ist, braucht unterschiedliche Perspektiven auf die gesamte Geschichte. Und dazu braucht es ein Erinnerungskonzept, das auch die koloniale Vergangenheit von Berlin sichtbar macht. Auf der einen Seite geht es darum, Ort zu markieren und auf der anderen Seite darum, eine Auseinandersetzung damit zu ermöglichen”, sagt Diop in Dakar zu Table.Briefings. Diop ist regelmäßig im Senegal, der eine aktive Museums- und Kunstszene hat. Gekommen war Diop dieses Mal eigentlich für die Biennale Dakar, eine der wichtigsten Ausstellungen für zeitgenössische Kunst auf dem Kontinent. Die wurde allerdings kurzfristig von der neuen Regierung im Senegal verschoben. Es fehle am nötigen Geld, hieß es.
Der an der Uni Potsdam promovierte Literaturwissenschaftler ist bestens vernetzt mit Vordenkern der Dekolonisierung: Etwa mit dem ebenfalls senegalesischen Ökonomen und Publizisten Felwine Sarr, der mit der französischen Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy einen viel beachteten Bericht für die Rückgabe von Raubkunst aus Frankreich geschrieben hat.
Über den kulturellen Austausch zwischen dem afrikanischen Kontinent und Deutschland kann Diop, der in der Vergangenheit unter anderem in der Pressestelle der Humboldt-Universität (HU) gearbeitet hat, eine Menge erzählen. Als Kurator für das Humboldt-Forum in Berlin setzte er den in Vergessenheit geratenen Wissenschaftler und Kulturvermittler Janheinz Jahn in Szene, beruhend auf dessen umfangreichem Archiv, das die HU angekauft hat.
Im Gespräch mit Diop wird deutlich, dass es ihm bei der Debatte um die koloniale Vergangenheit um viel mehr geht als theoretische Konzepte für Museen. Er legt den Schwerpunkt darauf, wie Menschen aus unterschiedlichen Ländern sich begegnen können und miteinander umgehen. Ein Ansatz, der sich auf alle gesellschaftlichen Bereiche übertragen ließe, auch die Wirtschaft. “Die Frage ist, was machen zum Beispiel Unternehmen heute anders in Afrika, als wie damals Rohstoffe und auch Menschen von A nach B zu transportieren? Wie gestalten sie die Beziehung heute? Diese Frage muss immer das Handeln begleiten, gerade aus dem geschichtlichen Wissen heraus.”
Die von Berlin angestoßene Initiative zur Dekolonisierung sieht Diop als einen ersten Schritt. “Ich bin froh, dass wir überhaupt so weit sind, dass wir versuchen eine Sprache zu finden, um uns dieser Geschichte anzunähern. Und dass diese Annäherung nicht als Bedrohung für eine Gesellschaft gesehen wird, sondern eine Erweiterung.” Das hieße nicht, dass eine solche Pionierarbeit konfliktfrei laufe: “Es wird dann nur schwierig für mich wenn kommt “ja, aber”. Wenn man versucht, diese Perspektive als etwas zu sehen, was außerhalb von Deutschland behandelt werden soll. Nach dem Motto: Ja, aber Deutschland war nur kurz auf dem afrikanischen Kontinent.”
Trotzdem ist Diop optimistisch. “Das alles kann anstrengend sein, aber ich sehe dieses Land als Zukunftsland für meine eigenen Kinder. Weil sie Deutschland unmittelbar als ihr erstes Heimatland sehen”, sagt der mehrfache Familienvater, der seinen Kindern auch seine Muttersprache Wolof beibringt. Lucia Weiß
zwischen Marokko und Algerien brodelt es an vielen Stellen, und die aktuelle Weltlage verschärft die Spannungen weiter. Der schwelende Konflikt zwischen den beiden nordafrikanischen Ländern verhindert die regionale Integration und birgt außerdem das ständige Risiko einer Eskalation. Die Auslöser dafür können so banal sein wie ein Fußballspiel, hat Mirco Keilberth beobachtet.
Im Africa.Table erwarten Sie weitere Analysen, Nachrichten, Experten-Meinungen und Interviews.
Lesen Sie auch am Donnerstag unsere Sonderausgabe, in der wir den Ausgang der Wahlen in Südafrika analysieren werden.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.
Die Eskalation zwischen dem marokkanischen Fußballclub RS Renaissance Sportive Berkane und der USM Algier hatte sich lange angebahnt. Zu Jahresbeginn stellte die Clubführung von Berkane unter großem Medienecho ein neues Trikot vor. Neben dem Vereinslogo prangen darauf die Umrisse Marokkos, vereint mit der Westsahara. Seit dem Abzug der ehemaligen spanischen Kolonialherren 1974 sieht Marokko das Gebiet als marokkanisch an. Die algerische Regierung dagegen bietet der bewaffneten Autonomiebewegung Frente Polisario Zuflucht und Waffenhilfe.
Der Konflikt zwischen Algerien und Marokko brodelt an vielen Schauplätzen. Den Funktionären von Berkane muss bewusst gewesen sein, welch eine Provokation die Landkarte auf den Trikots im Halbfinale des afrikanischen Confederation Cups darstellen würde. Daran ändert wenig, dass der afrikanische Fußballverband das Trikot offiziell freigegeben hat.
Während die ersten marokkanischen Spieler nach Ankunft in Algier schon im Bus zum Stadium saßen, konfiszierten algerische Beamte die Trikots am Flughafenzoll. Die Führung von Berkane weigerte sich, in Afrikas zweitwichtigstem Clubwettbewerb ohne das neue Dress anzutreten. Das Spiel fiel aus. Zum Rückspiel in Berkane eine Woche darauf stand nur das Heimteam auf dem Platz. Berkane wurde per Schiedsgericht zum Sieger erklärt und verlor das Finale in Kairo. Der algerische Verband wandte sich an das Schiedsgericht der Fifa in der Schweiz, das noch kein Urteil gefällt hat.
“Die Mitschuld an dieser Eskalation liegt eindeutig beim afrikanischen Fußballverband“, sagt Maher Mezahi, einer der renommiertesten Beobachter des afrikanischen Fußballs. “Auf dem gesamten Kontinent sind Grenzen ein sensibles Thema.” Es war das erste Mal, dass marokkanische Sportler mit der Karte des vereinten Marokko und Westsahara international aufgetreten sind.
Das marokkanische Vorgehen widerspreche den Fifa-Konventionen, meint der Sohn algerischer Eltern. Nur wenn die Karte Teil des Teamlogos sei, so wie es bei den südafrikanischen oder mauretanischen Mannschaften der Fall ist, sei die Verwendung von Karten gestattet. Es gibt einen Präzedenzfall, der zeigt, wie aktuell das Thema auch in anderen Teilen der Welt ist. Der brasilianische Club Palestino trug Trikots mit einer Karte Palästinas vor der Teilung 1947. Die Fifa verhängte daraufhin Sanktionen.
Der Streit hat auch Auswirkungen auf die fußballverrückten marokkanischen und algerischen Gemeinden im Ausland. Deren Verhältnis sei im Allgemeinen besser als berichtet wird, sagt der in Marseille lebende Marokkaner Mohamed Alaoui. Doch mit jeder durch die Medien des Heimatlandes gepeitschten Eskalation zwischen Vertretern beider Länder steige die Abscheu gegen die jeweils andere Regierung. “Ich habe das Gefühl, dass mit einem äußeren Feind von sozialen Konflikten abgelenkt werden soll. Aber dort, wo beide Nationen zusammenleben, steht der soziale Frieden auf dem Spiel.”
Unter Fußballfans wird die Lage mitunter differenzierter als in den Medien gesehen. “Die nach Algier gereisten Anhänger von Berkane schienen mir nicht glücklich darüber zu sein, dass ihr Club für politische Spielchen benutzt worden ist“, glaubt Maher Mezahi. “Das gleiche gilt für die algerischen Fans und das von USM Algier ignorierte Rückspiel. Fans wollen ihre Mannschaft spielen sehen.”
Zwar sind für junge Algerier und Marokkaner die geschlossenen Grenzen zwischen beiden Länder Normalität. Doch spätestens seitdem Menschenhändler über die grünen Grenzen hinweg Migranten nach Europa schicken, wächst die Kritik. Während in der Ecowas-Zone visumfreies Reisen selbstverständlich und ein gemeinsamer Wirtschaftsraum entstanden ist, erinnere Nordafrika an die Grenze zwischen Nord-und Südkorea, witzeln viele.
Seit Amtsbeginn gibt sich auch der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune angriffslustig. Die Polisario verfügt seit zwei Monaten offenbar über ein brandneues Regiment an Panzern russischer Bauart. Für die großflächigen Waldbrände in der Kabilei-Region vor zwei Jahren machten algerische Offizielle Marokko verantwortlich. Regionale Projekte wie eine Zugverbindung von Casablanca in die tunesische Hafenstadt Sfax und weiter nach Libyen oder Kairo bleiben angesichts der politischen Eiszeit zwischen Algerien und Marokko Träumerei.
Die aktuelle Weltlage hat die Situation verschärft. Seit dem Gaza-Krieg ist für die überwältigende Mehrheit der Algerier die Annäherung an das marokkanische Königshaus ein Verrat an der palästinensischen Sache. Für Marokkaner ist es wiederum unverzeihlich, dass Algerien der Polisario Unterschlupf und Waffen gewährt.
Doch es gibt auch Lichtblicke. Beim letzten internationalen Spiel von USM Algier verboten die Behörden eine von der “Ultras”-Fangruppe organisierte Choreographie im Stadion. Nach Informationen aus der Szene hatten sie sich mit marokkanischen Fans zusammengetan, um eine Friedensbotschaft zu senden. Es waren die Anhänger des Vereins Zamalek, dem großen Rivalen von RS Berkane.
Trotz des Migrationsabkommens der EU mit diversen afrikanischen Ländern läuft das Geschäft mit der illegalen Migration auf der Transitroute, die durch Niger und Libyen führt. Mit Ägypten, Mauretanien, Tunesien hat die EU milliardenschwere Vereinbarungen geschlossen, um die Migration in Richtung Norden zu bekämpfen. Ungeachtet dessen verdienen viele Akteure in Afrika weiterhin gut an der illegalen Migration.
Gut sichtbar ist das in Agadez im Norden von Niger. Bis 2015 galt die Wüstenstadt als Drehkreuz für Migranten. Dann kam ein von der EU unterstütztes Gesetz, das die Reise durch die Wüste Richtung libysche und algerische Grenze für alle Menschen ohne nigrische oder libysche Staatsangehörigkeit für illegal erklärte. Alle, die geschäftlich mit den Migranten zu tun hatten, machten sich damals strafbar.
Doch die Militärjunta unter General Abdourahamane Tiani (manchmal Tchiani transkribiert) hat dieses Gesetz Ende November außer Kraft gesetzt. Nun läuft das Geschäft mit der illegalen Migraton wie zuvor. An den Migranten verdienen in Niger nach Informationen von Table.Briefings verschiedene Gruppen. Eine zweifelsfreie Überprüfung der Angaben ist nicht möglich.
Ein exemplarischer Überblick für die Route von Agadez in den Süden Libyens:
Grob überschlagen zahlt eine Person, die sich von Agadez auf den Weg nach Libyen macht, 138.000 bis 198.000 CFA-Franc reine Transportkosten, inklusive Abgaben (rund 210 bis 303 Euro).
Zuletzt wurden wenigstens 70 Pickups (und bis zu 130) in einer Woche ab Agadez gezählt. Bei 30 Passagieren pro Fahrzeug werden im Geschäft mit den Migranten, die aus Agadez abfahren, also rechnerisch mindestens 289,8 Millionen CFA-Franc – rund 442.000 Euro – pro Woche umgeschlagen.
“Seit Anfang Januar sind mehr als 160.000 Migranten Richtung Norden gezogen, davon etwa 40.000 nach Algerien und der Rest nach Libyen. Mehr als 60 Prozent der Grenzgänger kommen aus Niger. Die meisten von ihnen suchen in Libyen für einige Monate Arbeit auf Baustellen und in der Landwirtschaft; sie kommen in der Regel zurück. Deswegen war das von der EU angestoßene Verbot jeglicher Hilfe für Migranten aus Agadez auch so unbeliebt, weil es nicht nur Menschen aus westafrikanischen Nachbarländern traf, die nach Europa wollen, sondern auch Arbeitssuchende aus dem Niger, die ihr Glück in Libyen machen wollten“, heißt es in einem aktuellen Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Die zweitgrößte Gruppe der Migranten stammt demnach aus Nigeria. Etliche Migranten werden wieder aus Nordafrika abgeschoben, etwa aus Algerien oder Tunesien.
Die EU und die DR Kongo haben kürzlich ein Abkommen über den Export von Germanium geschlossen. Bei den Rohstoffen für die Energiewende kommt Afrika eine neue geopolitische Relevanz zu. Was bedeutet das für unsere europäische Zusammenarbeit mit Afrika?
Wir kommen aus einer Welt, in der wir abhängig waren von den USA, was die Sicherheitspolitik angeht, von Russland, was die Energiepolitik angeht und von China, was die Wachstumspolitik angeht. Jetzt müssen wir darauf setzen, das zu diversifizieren. Bei der Sicherheitsarchitektur müssen wir selbst zusehen, dass wir stärker werden. Beim Wirtschaftswachstum und der Energieversorgung brauchen wir jedoch Partner. Und Afrika bietet dabei eine gigantische Chance.
Wie müssen wir dabei die Zusammenarbeit verändern?
Bisher hat man auf Afrika ganz oft mit einer Entwicklungszusammenarbeits-Brille geschaut, zu einem gewissen Teil auch geopolitisch, wenig aber aus einer wirtschaftlichen Sicht. Das muss sich dringend ändern. Denn Afrika bietet ein riesiges Potenzial in drei großen Bereichen: Das eine ist die Versorgung mit Rohstoffen. Das andere ist das bereits angesprochene afrikanische Potenzial, was die Erzeugung von Energie angeht – von Wasserstoff über Biomasse-Produkte bis hin zur Produktion von E-Fuels und alternativen Kraftstoffen. Drittens gibt es ein riesiges Wachstumspotenzial. Die Bevölkerung in Afrika verdoppelt sich fast bis 2050. Die afrikanischen Staaten bieten als Absatzmärkte ungeheure Möglichkeiten.
Haben Deutschland und Europa in Afrika dabei überhaupt noch die Chance, zu China aufzuholen?
Wir müssen aufholen, wir können aber auch aufholen. Es gibt ja genug Kritik an der chinesischen Vorgehensweise in Afrika, Kredite zu vergeben. Wenn diese nicht zurückgezahlt werden können, müssen dann eben zum Beispiel Schürfrechte abgetreten werden. Diese Kritik müssen wir nutzen, indem wir ehrlich sagen, was das Interesse Europas und Deutschlands ist, wenn wir mit einem Land zusammenarbeiten. Europa ist außerdem als Absatzmarkt für die afrikanischen Länder hochinteressant. Wir sind bereit, vergleichsweise hohe Preise zu zahlen, weil wir einfach sehr reiche Länder sind. Zudem gibt es in Europa viel Kapital. Den Marktzugang so zu gestalten, dass wir mehr Freihandel ermöglichen, ist eine weitere Komponente in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern. Das ist etwas, das China so nicht bietet.
Und trotzdem gibt es immer wieder den Vorwurf aus Afrika, dass nicht wirklich klar ist, welche Interessen insbesondere Deutschland verfolgt. Woran liegt das?
Deutschland hat sich in der internationalen Zusammenarbeit ganz oft nicht getraut, eigene Positionen hart vorzutragen. Auch in der Diskussion auf europäischer Ebene sieht man, dass Deutschland sehr zurückhaltend ist. Das ist sicherlich zu einem Teil historisch bedingt. Das geht aber nicht mehr in einer geopolitischen Welt mit den Blöcken China und den USA und mit der neuen Position, die die Brics-Staaten einnehmen. In dieser Konstellation kann Deutschland seine eigenen Interessen nicht mehr hintanstellen. Wir müssen jetzt selbstbewusster sagen: Wir brauchen Energie, die können wir bei euch vor Ort produzieren, und wir arbeiten dabei gerne mit euch zusammen. Wir müssen in Deutschland die Angst davor ablegen, unsere Interessen zu vertreten.
Das möchte die FDP unter anderem auch mit der “Allianz der Demokratien” vorantreiben …
Bei der Allianz der Demokratien geht es darum, den größten Freihandelsraum weltweit zu schaffen, in dem Handelsbeziehungen zu demokratischen Staaten einfacher sind. Dadurch soll der Einfluss von Autokratien wie Russland und China eingedämmt werden. Das heißt aber nicht, dass dieser Handelsraum exklusiv ist. Wir wollen auch mit China weiter zusammenarbeiten. Aber wenn wir mittel- und langfristig die geopolitische und geostrategische Rolle Deutschlands stärken wollen, müssen wir gezielter mit Partnern zusammenarbeiten.
Die FDP kritisiert auch, dass das neue EU-Lieferkettengesetz zu einem Hemmnis für die intensivere Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika werden könnte. Wie wollen Sie das verhindern?
Das europäische Lieferkettengesetz ist genau für solche Länder, die in eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland und Europa eintreten wollen, ein Problem. Große Unternehmen, die ein Afrika-Geschäft aufbauen, stellen sich die Frage, welche Risiken sie eingehen wollen. Wer sein Risiko minimieren will, geht oft gar nicht erst in Länder, in denen unklar ist, ob möglicherweise Schwierigkeiten in der Lieferkette drohen. Damit schießen wir uns selbst ins Knie. Und deswegen müssen wir jetzt extrem genau schauen, wie wir diese Lieferkettenrichtlinie in unserer nationalen Gesetzgebung ausgestalten. Natürlich gilt europäisches Recht, aber genauso gilt es zu überprüfen, wie es sich auswirkt. Das Lieferkettengesetz darf gerade in der Zusammenarbeit mit Afrika nicht zum Hindernis werden.
Lukas Köhler ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP im Bundestag sowie seit 2023 stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Bayern. Köhler ist Experte seiner Partei für Klimapolitik und gehört dem Bundestag seit 2017 an.
Die Ausarbeitung der neuen afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung durch das Auswärtige Amt stehen offenbar kurz vor dem Abschluss. Aus dem Ministerium hieß es, die Veröffentlichung der für die Afrikapolitik der Bundesregierung maßgeblichen Leitlinien sind für den Spätsommer dieses Jahres geplant. Das Megatrends-Afrika-Projekt der Stiftung Wissenschaft und Politik veröffentlichte vergangene Woche bereits eine Ideensammlung für die künftige Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Afrika. In dem Papier sind Interviews und Essays zusammengetragen, die der Thinktank in den vergangenen Jahren zu dem Thema veröffentlicht hat.
Der Subsahara-Afrika-Beauftragte im Auswärtigen Amt, Christoph Retzlaff, traf sich zuletzt auch mit Mitgliedern des Bundestages. Ziel der Gespräche war es, sich über die afrikapolitischen Ziele der Abgeordneten zu informieren und sie bei der Ausarbeitung der Leitlinien zu berücksichtigen. “Es ist gut, dass die afrikapolitischen Leitlinien überarbeitet werden. Es ist besonders wichtig, dass sich die koloniale Aufarbeitung und das Aufbrechen von globalen Machtungerechtigkeiten in den Leitlinien niederschlagen. Außerdem müssen wir genau darauf achten, dass die Interessen der afrikanischen Partner*innen ernst genommen werden und die Expertise der afrikanischen Diaspora und von Thinktanks Eingang in die Leitlinien finden”, sagte Deborah Düring, außenpolitische Sprecherin der Grünen.
Auch die anderen Ressorts – insbesondere das BMZ und das BMWK – sind in die Beratungen einbezogen. “Wichtig ist dem BMZ eine neue Haltung in der Zusammenarbeit mit dem afrikanischen Kontinent – eine Haltung, die auf Respekt und Gegenseitigkeit gründet”, teilte ein Sprecher des Ministeriums Table.Briefings mit. Laut BMZ sollten afrikanische Partnerstaaten in ihren eigenen Entwicklungswegen gestärkt werden.
Diese Themen sollen im Fokus stehen:
Zudem solle sich die Bundesregierung für die Überwindung von Ungleichheiten aus der Kolonialzeit, die globale Gesundheit, Pandemieprävention und Bildung einsetzen. Das BMWK äußerte sich zum Ausarbeitungsprozess zunächst nicht und verwies auf das Auswärtige Amt. dre
Am morgigen Mittwoch gehen die Südafrikaner zur Wahl. Präsident und ANC-Vorsitzender Cyril Ramaphosa hatte sich am Sonntag noch einmal an die Nation gewandt, was ihm scharfe Kritik einbrachte. In einer Staatsansprache zählte er die Errungenschaften seiner Regierung auf, und erinnerte Südafrikaner, von ihrem demokratischen Recht Gebrauch zu machen und wählen zu gehen.
Vielen erschien die Rede als ANC-Kampagne, die Ramaphosa benutze, um die Erfolge seiner Amtszeit zu beschönigen. “Das ist eine Wahlkampfrede”, sagte Mmusi Maimane, Vorsitzender der Partei Build One South Africa. “Machtmissbrauch von Cyril Ramaphosa.” Dieser sprach von Erfolgen bei der wirtschaftlichen Entwicklung, Bekämpfung der Kriminalität und Korruption und sozialen Programmen gegen die Armut. Am Vortag hatte der ANC seine letzte Wahlveranstaltung im FNB-Stadium in Johannesburg, wo allerdings nur zwei Drittel der 90.000 Sitzplätze besetzt waren. Andere Parteien schlossen ebenfalls den Wahlkampf am Wochenende ab.
Zum ersten Mal seit 30 Jahren wird die Regierungspartei ANC voraussichtlich die absolute Mehrheit verlieren. Bei den letzten Wahlen 2019 konnte die Partei noch 57,5 Prozent aller Stimmen gewinnen. Südafrika stellt sich daher auf eine Koalitionsregierung ein – ein Novum. Die siebte demokratische Wahl nach Ende der Apartheid, in der über die Zusammenstellung des nationalen Parlaments und der neun Provinzvertretungen abgestimmt wird, gilt daher als “historisch”. Nach jüngsten Wahlprognosen wird der ANC die absolute Mehrheit verlieren und etwas mehr als 45 Prozent der Stimmen bekommen, nachdem die Partei im April sogar unter 40 Prozent gefallen war. Die größte Oppositionspartei, die Demokratische Allianz (DA), wird etwas mehr als 20 Prozent erreichen, die linksradikalen Economic Freedom Fighters (EFF) liegen bei rund zehn Prozent. Beide Parteien würden somit ein ähnliches Wahlergebnis wie vor fünf Jahren einfahren. Der neuen Partei MK (uMkhonto weSizwe) des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma werden etwas mehr als sechs Prozent vorhergesagt.
Den Bewohnern Südafrikas macht vor allem die hohe Arbeitslosigkeit zu schaffen. Aber auch die marode Infrastruktur des Landes bereitet Sorgen. Die Stromversorgung war jahrelang ungenügend, hat sich aber in letzten zwei Monaten stabilisiert. Jetzt ist die Wasserversorgung gefährdet. Hinzu kommt, dass die meisten Städte und Gemeinden im Land in einem sehr schlechten Zustand sind. Die Wähler sind enttäuscht und wollen Veränderung. Die Polizei ist auf mögliche Unruhen vorbereitet.
Knapp 28 Millionen Wähler haben sich registrieren lassen (von 62 Millionen Einwohnern). Es gibt 23.292 Wahlstationen. Das Wahlalter ist 18 Jahre. In Südafrika wird der Präsident auf fünf Jahre gewählt und darf sich nur einmal wiederwählen lassen.
Table.Briefings wird am Donnerstag über die Wahl in Südafrika mit einer Sonderausgabe berichten. as
Deutsche Unternehmen in Ostafrika erwarten in den nächsten zwölf Monaten ein überwiegend positives Geschäftsklima. Dies geht aus einer Umfrage der AHK Nairobi unter deutschen Unternehmern in Uganda, Tansania, Ruanda, Äthiopien und Kenia hervor, die Table.Briefings vorliegt. In allen abgefragten Kategorien erwartet eine Mehrheit der Befragten entweder keine Veränderung oder eine Verbesserung. Der Anteil jener, die mit einer Verschlechterung rechnen, liegt in allen Kategorien unter dem Anteil positiver Erwartungen.
Laut AHK Nairobi rechnen etwa 49 Prozent der Befragten mit einer positiven Entwicklung des eigenen Unternehmens innerhalb der kommenden zwölf Monate, während nur knapp sieben Prozent einen Abschwung befürchten. Ein knappes Viertel der befragten Unternehmen plant zusätzliche Investitionen, und rund 45 Prozent streben an, ihr Investitionsniveau zu halten. Ein gutes Drittel der Befragten geht davon aus, in den nächsten zwölf Monaten mehr Mitarbeiter einzustellen.
Als größte Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung nennen die Befragten Wechselkursschwankungen (65 Prozent), die wirtschaftspolitische Lage (50 Prozent) und die Bedingungen für die Finanzierung (48 Prozent). Probleme mit der Infrastruktur (14 Prozent) und Rohstoffpreisen (17 Prozent) sind hingegen weniger wichtig.
Mit Blick auf die Diversifizierung von Lieferketten und Absatzmärkten betrachten die befragten Unternehmer zunehmende rechtliche und regulatorische Fragen als das größte Hindernis (52 Prozent), gefolgt von hohen Geschäftskosten (41 Prozent) und der Schwierigkeit, passende Geschäftspartner zu finden (38 Prozent). Weiterhin werden die Unternehmer durch Handelsbarrieren und die Ermittlung geeigneter Absatzmärkte (je 22 Prozent) sowie die Identifizierung geeigneter Standorte für neue Produktionsanlagen (7 Prozent) gebremst. Immerhin zwölf Prozent sehen sich bei der Diversifizierung keinen Schwierigkeiten ausgesetzt.
Die überwiegende Mehrheit der Befragten geht nicht davon aus, dass die EU-Regeln über Kohlenstoffpreise zu vermehrter Verlagerung von Produktionskapazität nach Ostafrika führen. Dennoch sehen mehr als 60 Prozent Potenzial für deutsche und europäische Unternehmen in der Region bei der Bereitstellung erneuerbarer Energie. Auch bei industrieller Energieeffizienz (47 Prozent), Gebäudeenergieeffizienz (43 Prozent) und E-Mobilität (42 Prozent) sehen die Befragten Chancen für deutsche und europäische Unternehmen. Wasserstoff (23 Prozent) und Hochspannungstechnologie (14 Prozent) schätzen die Befragten hingegen weniger vielversprechend ein. ajs
Die britische Zeitung Guardian hat die umfangreichste und vielfältigste Afrika-Berichterstattung, gefolgt von der französischen Agentur AFP und Al Jazeera aus Katar, die gleichauf den 2. und 3. Platz belegten. Das ergibt der nun veröffentlichte Global Media Index for Africa.
Das Africa No Filter, ein Institut, das sich mit dem Bild von Afrika in der Welt beschäftigt, gibt ihn gemeinsam mit dem Africa Centre New York und der University of Cape Town erstmals heraus. Der britische Economist und die US-Medien New York Times (Platz 18), Wall Street Journal (19) und Washington Post (20) belegen die hinteren Plätze. Sie alle haben eine schlechtere Bewertung als das russische Staatsmedium Russia Today erreicht.
Bei der Ausgewogenheit führen die französische Zeitung Le Monde und die Deutsche Welle, die allerdings nur Rang 7 erreicht, einen Platz vor dem chinesischen Nachrichtensender CGTN. Was die Vermeidung von Stereotypen betrifft, kam die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua auf den ersten Platz, während der britische Economist in diesem Punkt auf dem letzten Platz landete.
Nachrichten prägen die Art und Weise wie der Kontinent weltweit wahrgenommen wird. Medienberichte beeinflussen auch Investitionen, Tourismus und die Politik gegenüber dem Kontinent.
“Unsere Untersuchung ist auch ein Aufruf zum Handeln an die globalen Medien, ihre Berichte über Afrika kritisch zu hinterfragen und deren Auswirkungen zu verstehen”, sagte Professor Wallace Chuma, der die Studie leitete.
Ausgewertet wurden über sechs Monate mehr als 1000 Online-Beiträge von 20 der weltweit einflussreichsten Nachrichtenanbietern, die die Berichterstattung über Afrika bestimmen, darunter aus Deutschland die Deutsche Welle, sowie die Nachrichtensender Al Jazeera, BBC, CGTN, CNN, RFI, Russia Today und VOA News, die Zeitungen Financial Times, Le Monde, New York Times, The Economist, The Guardian, Wall Street Journal und Washington Post, und die Nachrichtenagenturen AFP, Associated Press, Bloomberg, Reuters und Xinhua. Der Africa.Table von Table.Briefings wurde noch nicht in die Untersuchung aufgenommen.
Der Global Media Index for Africa dürfte die größte Medienanalyse sein, die jemals zu Afrika durchgeführt wurde. Die Forscher sahen sich die Vielfalt der behandelten Themen, die behandelten Länder, die Zahl der Quellen und die Tiefe der Berichterstattung an.
Nach Auswertung aller 20 Medien stuften die Forscher die Berichterstattung zu Afrika als “mittel” ein, was Raum für Verbesserungen bietet, etwa in puncto Kontinuität. Die Berichterstattung konzentriert sich auf eine Handvoll von Ländern, so die Studie. Vor allem einflussreiche Männer waren die Hauptquellen, darunter Politiker und Experten. Stimmen von gewöhnlichen Afrikanern fehlten. as
Seit Jahren verlieren europäische und deutsche Unternehmen Marktanteile im Wettbewerb mit außereuropäischen Anbietern bei Infrastrukturprojekten in Afrika. Dies trifft auf Bauunternehmen zu, aber zunehmend auch auf Zulieferer von Technologien des für Deutschland wertschöpfungsintensiven Maschinen-und Anlagenbaus (zum Beispiel Bauzulieferer). Auch Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien sind zunehmend betroffen.
Schon 2016 lautete es im DIHK-Energiewende-Barometer: “Anders als der bessere Barometerwert erwarten lässt, stagniert zudem der Anteil der Unternehmen, die aufgrund der Energiewende neue Absatzmärkte oder Geschäftsfelder erschließen. Es ist daher fraglich, ob das Energiewende-Know-how Made in Germany im gewünschten Maße weltweit nachgefragt wird.“
Dabei ist der Bedarf enorm. Der Aufbau einer technischen Infrastruktur in Afrika erfordert einen frühzeitigen und detaillierten Input, um eine nachhaltige und umweltfreundliche Stadt-und Raumplanung zu ermöglichen, den Ressourcenverbrauch zu senken und die Umweltnebenwirkungen zu reduzieren.
Europäische, mediterrane und afrikanische Hersteller haben entlang der Lieferkette und großen Infrastrukturprojekte beträchtliche Chancen, die besten, nachhaltigsten, wartungsfreundlichsten und umweltfreundlichsten Technologien in die Wertschöpfungskette einzubringen.
Bei Projektausschreibungen sollten europäische und afrikanische Unternehmen besser im Vorfeld und in der Planungs- respektive Finanzierungsphase eingebunden werden. Bisher erhalten große Infrastrukturprojekte in Afrika meist nur Angebote von nicht-afrikanischen Bietern. Dies ist aus makroökonomischer Sicht weder nachhaltig, noch unterstützt es den Transfer der umweltfreundlichsten Technologie nach Afrika.
Gemeinsame Konsortien und technologische Kooperationen aus Afrika, Europa und dem Mittelmeerraum dienen der Nachhaltigkeit größerer Infrastrukturausschreibungen. Diese tragen anschließend erheblich dazu bei, Arbeitsplätze und Erträge nach Europa, in den Mittelmeerraum und in afrikanische Staaten zurückzubringen und so diese Allianzen enger zusammenzubinden.
Auf das Wettbewerbsumfeld in Afrika ist die deutsche Industrie zu wenig vorbereitet. Ein Dilemma für die deutsche Wertschöpfung im außereuropäischen Wettbewerb ist, dass wir in vielen Marktnischen trotz unbeugsamem Willen zum Erfolg, Innovationskraft und vertrieblicher Spitzenleistung verlieren.
Die Projektkonstellation bei Projekten der Entwicklungshilfe sowie zu wenig detaillierte Technologievorgaben behindern tendenziell deutsche Unternehmen im Maschinen-und Anlagenbau. Gerade in der Umwelttechnik sind sie oft in der Rolle des Zulieferers und werden dadurch zunehmend disruptiv verdrängt.
Sieben Vorschläge zur Abhilfe:
Lars Späth verantwortet in der mittelständischen Unternehmensgruppe Aqseptence Group GmbH (zuvor Teil der Bilfinger SE) die Sparte Passavant-Geiger, ein Maschinenbau-Unternehmen mit Standorten in Aarbergen, Karlsruhe, Bückeburg, Rimpar und Modena (Italien). Er ist Mitglied im Industrieausschuss der IHK Karlsruhe und Gemeindevertreter in Alsbach-Hähnlein (Hessen).
BBC: UN-Expertin warnt vor Völkermord im Sudan. Während die öffentliche Aufmerksamkeit vor allem den Konflikten in der Ukraine und im Gazastreifen gilt, wächst in der sudanesischen Region Darfur das Risiko eines Genozids, warnt die UN-Sonderberaterin des Generalsekretärs für die Verhütung von Völkermord, Alice Wairimu Nderitu. In der belagerten Stadt Al-Faschir, in der sich die Kämpfe in den vergangenen Tagen verschärft haben, würden Zivilisten aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit angegriffen, so Nderitu. Die Situation sei alarmierend und “Ruanda-ähnlich”. Eine medizinische Hilfsorganisation in der Stadt meldete innerhalb von zehn Tagen mehr als 700 Todesopfer.
Al Jazeera: Burkina Faso verlängert Militärregierung um fünf Jahre. Das burkinische Militär hat 2022 durch einen Staatsstreich die Macht übernommen und versprochen, im Juli dieses Jahres Wahlen abzuhalten, um eine zivile Regierung wiederherzustellen. Nun argumentiert die Junta, die Sicherheitslage im Land habe Vorrang. Die Militärmachthaber wollen weitere fünf Jahre an der Macht bleiben, nachdem in einem nationalen Dialog vereinbart wurde, den Übergang zurück zur Demokratie ab Juli um 60 Monate zu verlängern.
The Economist: Chinesische Rüstungsgüter in Afrika stark gefragt. China hat Russland als größten Waffenlieferanten südlich der Sahara abgelöst. Zwischen 2019 und 2023 haben 21 Länder in der Region größere Waffenlieferungen aus China erhalten. Dazu zählen beispielsweise Kriegsschiffe für Dschibuti und Mauretanien sowie Drohnen für Nigeria und die DR Kongo. In Verbindung mit flexiblen Finanzierungsvereinbarungen, militärischer Zusammenarbeit und der Ausbildung von Offizieren bieten die Chinesen ein attraktives Angebot für afrikanische Armeen.
Bloomberg: Asiens reichster Mann setzt auf Telekommunikation in Afrika. Reliance Industries, das Konglomerat des indischen Geschäftsmanns Mukesh Ambani, wird Netzwerkinfrastruktur und Smartphones für einen neu gegründeten Breitbandanbieter in Ghana liefern. Das Unternehmen namens NGIC will noch in diesem Jahr den Betrieb aufnehmen und 5G für Mobilfunk- und Internetanbieter stellen. Weitere strategische Partner sind Nokia, Microsoft und der indische IT-Konzern Tech Mahindra. NGIC hält Exklusivrechte für die Bereitstellung von 5G-Diensten in Ghana.
Africa Intelligence: Uganda – Brückenkopf der russischen Gesundheitsdiplomatie. Im vergangenen Monat fand in der ugandischen Hauptstadt Kampala der erste russisch-afrikanische Gipfel zu Infektionskrankheiten statt. Zu der von der russischen Gesundheitsbehörde Rospotrebnadsor ausgerichteten Veranstaltung reisten Wissenschaftler aus rund 20 Ländern sowie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Gesundheitsagentur der Afrikanischen Union (Africa CDC). Für Moskau ist Uganda ein wichtiger Partner, da sich das Land den internationalen Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen hat.
African Business: Wie die Digitalisierung die Gender-Finanzierungslücke schließen kann. Afrikanerinnen halten weniger häufig als ihre männlichen Mitbürger Vermögen auf ihren Namen, was bedeutet, dass sie häufiger keine Sicherheiten für einen Kredit haben, seltener einen offiziellen Ausweis besitzen und seltener ein Bankkonto haben. Frauen sind auch mit systembedingten Vorurteilen konfrontiert: Kreditgeber im formellen Sektor zögern eher, sie zu finanzieren. Eine digital gestützte Kreditvergabe bietet Frauen, die keine Sicherheiten bieten oder keine Auskunft über ihre Kredithistorie geben können, die Möglichkeit, in das System integriert zu werden, indem die Hürden für den Zugang zu Finanzmitteln gesenkt werden.
Le Monde: Tunesiens Präsident sucht Nähe zu Iran. Der tunesische Präsident Kaïs Saied hat am vergangenen Mittwoch überraschend an der Beerdigung des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Teheran teilgenommen, der drei Tage zuvor bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war. Seit seiner Weigerung, ein Abkommen mit dem IWF über ein Darlehen in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar zu unterzeichnen, sieht der tunesische Staatschef seine Möglichkeiten rarer werden und sucht neue Partner. Bestimmte Kreise um Saied unterhalten schon lange Beziehungen zur Islamischen Republik. Der letzte Besuch eines tunesischen Staatschefs im Iran geht auf das Jahr 1965 zurück.
Xinhua: Abiy wünscht sich mehr chinesische Bauprojekte. Der äthiopische Premierminister Abiy Ahmed hat das chinesische Bauunternehmen China Communications Construction Company (CCCC) aufgefordert, sein Engagement in Äthiopien auszubauen. Darum habe er den CCCC-Vorstandsvorsitzenden in einem Telefongespräch gebeten, teilte Abiys Büro mit. CCCC ist an vielen großen Infrastrukturprojekten in Äthiopien beteiligt, darunter Industrieparks, Straßen und wichtige nationale Entwicklungsprojekte.
“Senegal ist eines meiner Heimatländer und Deutschland auch”, sagt Ibou Coulibaly Diop im Gespräch mit Table.Briefings. Geboren und aufgewachsen ist der 45-Jährige im Senegal, doch seit rund 20 Jahren lebt er in Berlin.
Inzwischen hat Diop, der beim Stadtmuseum Berlin angestellt ist, eine ganz besondere Aufgabe bearbeitet: Für das Land Berlin hat er ein Konzept vorgelegt, wie die koloniale Vergangenheit aufgearbeitet und die Menschen zum Nachdenken darüber angeregt werden können. So soll es etwa einen dauerhaften “Erinnerungsort” an der Adresse geben, an der 1884/1885 die Berliner Konferenz tagte. Die schrieb bekanntlich die de facto Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter mehreren Kolonialmächten fest.
“Eine Gesellschaft, die so plural ist, braucht unterschiedliche Perspektiven auf die gesamte Geschichte. Und dazu braucht es ein Erinnerungskonzept, das auch die koloniale Vergangenheit von Berlin sichtbar macht. Auf der einen Seite geht es darum, Ort zu markieren und auf der anderen Seite darum, eine Auseinandersetzung damit zu ermöglichen”, sagt Diop in Dakar zu Table.Briefings. Diop ist regelmäßig im Senegal, der eine aktive Museums- und Kunstszene hat. Gekommen war Diop dieses Mal eigentlich für die Biennale Dakar, eine der wichtigsten Ausstellungen für zeitgenössische Kunst auf dem Kontinent. Die wurde allerdings kurzfristig von der neuen Regierung im Senegal verschoben. Es fehle am nötigen Geld, hieß es.
Der an der Uni Potsdam promovierte Literaturwissenschaftler ist bestens vernetzt mit Vordenkern der Dekolonisierung: Etwa mit dem ebenfalls senegalesischen Ökonomen und Publizisten Felwine Sarr, der mit der französischen Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy einen viel beachteten Bericht für die Rückgabe von Raubkunst aus Frankreich geschrieben hat.
Über den kulturellen Austausch zwischen dem afrikanischen Kontinent und Deutschland kann Diop, der in der Vergangenheit unter anderem in der Pressestelle der Humboldt-Universität (HU) gearbeitet hat, eine Menge erzählen. Als Kurator für das Humboldt-Forum in Berlin setzte er den in Vergessenheit geratenen Wissenschaftler und Kulturvermittler Janheinz Jahn in Szene, beruhend auf dessen umfangreichem Archiv, das die HU angekauft hat.
Im Gespräch mit Diop wird deutlich, dass es ihm bei der Debatte um die koloniale Vergangenheit um viel mehr geht als theoretische Konzepte für Museen. Er legt den Schwerpunkt darauf, wie Menschen aus unterschiedlichen Ländern sich begegnen können und miteinander umgehen. Ein Ansatz, der sich auf alle gesellschaftlichen Bereiche übertragen ließe, auch die Wirtschaft. “Die Frage ist, was machen zum Beispiel Unternehmen heute anders in Afrika, als wie damals Rohstoffe und auch Menschen von A nach B zu transportieren? Wie gestalten sie die Beziehung heute? Diese Frage muss immer das Handeln begleiten, gerade aus dem geschichtlichen Wissen heraus.”
Die von Berlin angestoßene Initiative zur Dekolonisierung sieht Diop als einen ersten Schritt. “Ich bin froh, dass wir überhaupt so weit sind, dass wir versuchen eine Sprache zu finden, um uns dieser Geschichte anzunähern. Und dass diese Annäherung nicht als Bedrohung für eine Gesellschaft gesehen wird, sondern eine Erweiterung.” Das hieße nicht, dass eine solche Pionierarbeit konfliktfrei laufe: “Es wird dann nur schwierig für mich wenn kommt “ja, aber”. Wenn man versucht, diese Perspektive als etwas zu sehen, was außerhalb von Deutschland behandelt werden soll. Nach dem Motto: Ja, aber Deutschland war nur kurz auf dem afrikanischen Kontinent.”
Trotzdem ist Diop optimistisch. “Das alles kann anstrengend sein, aber ich sehe dieses Land als Zukunftsland für meine eigenen Kinder. Weil sie Deutschland unmittelbar als ihr erstes Heimatland sehen”, sagt der mehrfache Familienvater, der seinen Kindern auch seine Muttersprache Wolof beibringt. Lucia Weiß