heute begehen wir ein ganz besonderes Jubiläum mit Ihnen: Sie sehen gerade die 100. Ausgabe des Africa.Table auf Ihrem Bildschirm. Im Januar 2023 ist unsere erste Ausgabe erschienen, etwas überhastet, weil wir Ihnen unbedingt die neue Afrika-Strategie des BMZ vorstellen wollten. Aber das neue Professional Briefing hat sich rasch etabliert. Wir danken Ihnen für Ihre Treue, und wenn Ihnen der Africa.Table gefällt, freuen wir uns, wenn Sie uns weiterempfehlen.
Marokko hat seine Beziehungen mit Israel im Jahr 2020 in Folge der Abraham Accords normalisiert. Doch angesichts des israelischen Vorgehens im Gazastreifen regt sich in der marokkanischen Bevölkerung Widerstand gegen die militärische Kooperation zwischen den beiden Ländern – Demonstrationsverboten der Regierung zum Trotz. Mirco Keilberth erklärt, warum das Königshaus an der Partnerschaft mit Israel festhalten will.
Außerdem erwarten Sie weitere Analysen und aktuelle Nachrichten aus Afrika.
Wir wünschen eine aufschlussreiche Lektüre.
Marokko gerät immer mehr in den Gaza-Konflikt. Mit jedem Tag, an dem die Bombardierungen des Gazastreifens live auf die Mobiltelefone der Marokkaner übertragen werden, steigt der Widerstand im Land gegen die Normalisierung der Beziehungen zu Israel.
Straßenproteste hat die marokkanische Regierung aus Angst vor Kritik mittlerweile verboten. Doch nun wird die Zivilgesellschaft mit neuen Mitteln aktiv. Eine Aktivistengruppe forderte die Regierung vor kurzem auf, dem japanischen Frachtschiff Vertom Odette, das unter Luxemburger Flagge fährt, die Durchfahrt von marokkanischen Hoheitsgewässern zu untersagen. Menschenechtsaktivisten vermuten, dass die Vertom Odette Waffen für Israel geladen hat.
Das Handelsschiff verließ Indien am 18. April und sollte vergangene Woche im spanischen Hafen Cartagena einlaufen. Nachdem die spanischen Behörden dies offenbar ablehnten, hieß es anfang, das Schiff nehme nun Kurs auf den slowenischen Hafen Koper. Laut der Website Marine Traffic soll die Vertom Odette am Abend des heutigen Dienstags im Hafen von Bar in Montenegro eintreffen. Diese Information bestätigt die Website Vessel Finder.
Schiffe, die vom Atlantik nach Osten fahren, müssen die Straße von Gibraltar passieren, die Spanien und Marokko trennt, um ins Mittelmeer zu gelangen. In einem Schreiben an den marokkanischen Premierminister Aziz Akhnoush brachte die sich “Front zur Unterstützung Palästinas und gegen Normalisierung mit Israel” nennende Gruppe ihre Besorgnis zum Ausdruck, dass sich Marokko mit der Durchfahrt der Vertom Odette an Kriegsverbrechen beteilige.
“Unser Ziel ist es, zu verhindern, dass die marokkanischen Behörden vor den Augen der Welt und des internationalen Rechts in Anschuldigungen wegen Mittäterschaft bei der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt werden“, heißt es im Schreiben der Aktivisten.
Marokko pflegt seit Jahrzehnten gute Kontakte zu Israel. Trotz der ablehnenden Meinung vieler Marokkaner verfolgt König Mohamed VI. weiter diesen Kurs. So kooperiert Marokko mit der israelischen Rüstungsindustrie, aus Angst vor der zahlenmäßig überlegenen algerischen Armee. Während Rabat als enger Partner Washingtons gilt und alte Panzerbestände in die Ukraine geliefert hat, sucht Algier dagegen die Nähe Pekings und Moskaus.
Wie brisant die Lage im Nordwesten Afrikas ist, zeigte ein Tweet des damaligen US-Präsidenten Donald Trump am 10. Dezember 2022. Für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Marokko und Israel würden die USA den Anspruch Marokkos auf die Westsahara anerkennen, so Trump. Mittlerweile sind die im Rahmen der Abraham Accords aufgenommenen Kontakte zwischen Tel Aviv und Rabat rege. Die ohnehin frostigen Beziehungen Rabats zu Algerien liegen dagegen auf Eis.
Algier dagegen unterstützt den bewaffneten Widerstand der ins algerische Exil gezwungenen Sahrawis von der Polisario. Neben dem Iran gilt Algerien als einer der schärfsten Gegner Israels. Auch in Tunesien und Libyen ist jeglicher Kontakt mit israelischen Offiziellen verboten. Die libysche Außenministerin Najla al Mangoush wurde im August 2023 entlassen und von Milizen bedroht, nachdem der israelische Außenminister ein Treffen mit ihr öffentlich gemacht hatte.
Unter jungen und gebildeten Marokkanern war die Anerkennung Israels weniger ein Thema als in den Armenvierteln der Städte. Doch seit dem Beginn des Gaza-Krieges ist der Widerstand gegen das Abraham-Abkommen in der politischen und wirtschaftlichen Elite angekommen. Auf sozialen Medien forderten Tausende die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass die Vertom Odette Israel nicht erreicht.
Das Schiff hat erstmals propalästinensische Aktivisten aus Europa und Nordafrika vereint. Vor dem Sitz des luxemburgischem Außenministeriums veranstalteten Dutzende von Aktivisten der Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS) in Luxemburg ein Sit-in. Sie forderten, dass das Schiff nicht länger unter Luxemburger Flagge fährt.
In Marokko könnten sich die Proteste auf die Rüstungsindustrie ausweiten. In nur zehn Jahren ist Marokko zum führenden Autoproduzenten Afrikas aufgestiegen. Diesen Erfolg will Mohamed VI. nun in der Herstellung von Drohnen wiederholen.
Bluebird, eine Tochtergesellschaft der Israel Aerospace Industries (IAI), verkündete Ende April, in Marokko die Produktion des Angriffsdrohne SpyX aufzunehmen. Marokkos Armee hat bereits hunderte israelische Hightech-Drohnen im Einsatz oder bestellt. Laut dem International Peace Research Institute (Sipri) in Stockholm stammt die Mehrzahl der Waffen von Marokkos Armee aus Israel. Immerhin elf Prozent der Produktion von Israels Rüstungsindustrie wird nach Nordafrika exportiert.
Aufgrund der eingeschränkten Meinungsfreiheit und dem Feindbild Algerien traut sich derzeit niemand in Marokko, die militärische Kooperation mit Israel in Frage zu stellen. Dennoch zeigen die vielen wütenden Reaktionen auf den Fall der Vertom Odette: Die große Empörung unter den Marokkanern kratzt am Ruf des Königshauses. Den Kurs ändern wird Mohamed VI. voraussichtlich nicht, allein schon aufgrund der schlechten Beziehungen zu Algerien.
Humanitäre Gesten sollen jedoch die Lage entschärfen. Mehr als 30 Tonnen Hilfsgüter hatte das Königshaus zuletzt für die Zivilbevölkerung von Gaza an den Grenzübergang Rafah geschickt und die Medien darüber groß berichten lassen. Doch positive Reaktionen blieben weitgehend aus.
Ihr Unternehmen Maiborn Wolff ist ein Software-Entwickler mit Hauptsitz in München und vor allem deutschen Kunden. Warum haben Sie mit Ojemba eine Tochtergesellschaft in Afrika gegründet?
In der deutschen IT-Branche herrscht ein erheblicher Arbeitskräftemangel. Laut Bitkom sind rund 140.000 Arbeitsplätze unbesetzt. Bis 2030 wird diese Zahl sogar auf eine halbe Million anwachsen. In Afrika dagegen wird es auf Dauer einen Talentüberschuss geben, weil die Nachfrage einfach noch nicht so groß ist und wir dort eine Demografie haben, die extrem jung ist im Gegensatz zu Europa.
Zweitens haben wir durch das Kaufkraftgefälle eine Situation, wo wir in Europa Leistungen anbieten können, die vom Qualitätsniveau gut oder sehr gut sind, aber zu einem Preis, der deutlich niedriger ist. Und das, ohne Menschen vor Ort auszubeuten. Unsere Entwickler beziehen überdurchschnittliche Gehälter zu sehr guten Arbeitsbedingungen.
Es ist eine Win-Win-Situation. Wir im Norden bekommen gute Talente zu vernünftigen Preisen. Und im Süden schaffen wir Ausbildung, Arbeitsplätze und Einkommen und tragen im Prinzip auch dazu bei, eine Mittelschicht auszubilden.
Warum sind Sie ausgerechnet nach Ruanda gegangen?
Wir haben dort sehr gute Rahmenbedingungen vorgefunden. Es ist ein sehr strukturiertes und sicheres Land. Manche nennen es auch die Schweiz Afrikas. Ein wichtiger Punkt ist auch die Zeitzone. Dass Ruanda und Deutschland in der gleichen Zeitzone liegen, vereinfacht die Zusammenarbeit der Standorte erheblich. Außerdem haben wir in Ruanda jemanden gefunden, der schon ein Ausbildungsprogramm anbot, das zu 80 Prozent unseren Vorstellungen entsprach. In Subsahara-Afrika gibt es nur sehr wenige Länder, in denen man die Leute direkt von der Uni einstellen kann, und dann kommen die meisten von Privatunis. Aber dann haben wir plötzlich so eine Selektion drin, die mehr nach Wirtschaftlichkeit und Wohlstand geht und nicht nach Intelligenz. Wir wollen aber die Schlauesten, nicht die Reichsten. Also muss ich mich dazu bekennen, die Leute erst auszubilden.
Wie sieht diese Ausbildung aus?
Wir haben unser Konzept zusammengeführt mit dem von The Gym, das ist eine Art IT-Bootcamp in Kigali. Gemeinsam haben wir 30 Leute auf unsere Kosten komplett ohne Fördermittel ausgebildet. Wir haben neun Personen eingestellt, die The Gym schon ausgebildet hatte. Die haben wir noch etwas nachgeschult und sie dann als Coaches für die anderen 30 eingesetzt. Von denen haben wir jetzt 17 eingestellt. Das heißt, wir haben 26 Entwicklerinnen und Entwickler in Ruanda, die wir selbst auf ein Niveau gebracht haben, das unserem deutschen Qualitätsanspruch gerecht wird.
Für die nächste Ausbildungsrunde haben wir uns vorgenommen, ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu erreichen. In der neuen Kohorte haben wir einen leichten Frauenüberschuss, sodass wir hoffen, dass wir dann am Ende auch fifty-fifty einstellen können.
Können Sie alle einstellen, die Sie ausbilden?
Wir haben schon vor, die meisten, die wir ausbilden, auch einzustellen. Eine Person auszubilden, kostet uns etwa 8.000 Euro. Es ist natürlich gut für den lokalen Arbeitsmarkt, dass wir dieses Geld investieren. Aber wir können nicht auf Dauer für Andere ausbilden.
Ökonomisch funktioniert unser Konzept nur, wenn wir skalieren. Wenn wir klein blieben, dann hätten wir ein schlechtes Verhältnis von den Kosten, die wir in Deutschland produzieren, für Vertrieb, Ausbildung etc. zu den Umsätzen. Wir müssen also langfristig auf ein paar Hundert Mitarbeiter kommen.
Sehen Sie dafür denn genug Wachstumspotenzial?
Ja, wir sehen großes Potenzial sowohl auf der Talentseite als auch auf der Nachfrageseite. Unser nigerianischer Partner hat es mal sehr zugespitzt gesagt: “Auf dem afrikanischen Kontinent bekommst du noch das eine Prozent an den schlausten Leuten”. An die kommt man in Europa kaum mehr zu bezahlbaren Gehältern heran. Das bietet uns beste Chancen, unser Konzept zu kopieren und damit nach Kampala, Nairobi oder Kapstadt zu gehen.
Von der Marktseite her sehe ich eigentlich auch keine Beschränkungen, aus zwei Gründen: Erstens ist der Digitalisierungsbedarf in Europa, in Deutschland und weltweit immens. Zweitens können wir wegen des Kaufkraftgefälles hochwertige Dienstleistungen zu sehr günstigen Preisen anbieten, sowohl für Mittelständler als auch für Start-Ups.
Wo liegt der Unterschied zwischen Ojemba und der deutschen Muttergesellschaft Maiborn Wolff?
Auch mit Ojemba bedienen wir vor allem deutsche Kunden. Aber wir wollten Ojemba bewusst zu einem afrikanischen Unternehmen machen. Auch deshalb ist einer unserer Anteilseigner Nigerianer. Wir konnten sogar schon afrikanische Kunden gewinnen: Ein Reiseveranstalter aus Kamerun hat sich an uns gewandt, weil er lieber in Afrika entwickeln lassen will. Und ein Health-Tech-Start-Up aus Guinea. Aus Kostengründen einerseits, aber auch aus panafrikanischer Solidarität.
Zum anderen ist das Geschäftsmodell ein bisschen anders. Anders als bei Maiborn Wolff wollen wir mit Ojemba auch ganze Teams “vermieten”, die dann lange Zeit für andere Unternehmen arbeiten oder mittelfristig sogar dorthin wechseln.
Langfristig setzen wir auch darauf, dass sich der afrikanische Markt entwickelt und wir uns mehr Kunden auf dem Kontinent erschließen. Aber im Moment ist das Modell: Wir bringen Arbeit und Chancen zu den Kollegen auf dem afrikanischen Kontinent.
Volker Maiborn ist Geschäftsführer des IT-Unternehmens Maiborn Wolff, das er 1989 gemeinsam mit Studienfreunden gründete. Maiborn Wolff unterhält heute sieben Büros in Deutschland sowie je eines in Spanien und Tunesien. 2023 gründete Maiborn gemeinsam mit Partnern eine Tochtergesellschaft in Ruanda: Ojemba.
Nach der Wahlschlappe wollte er nicht die Defensive geraten, also hatte Präsident Cyril Ramaphosa am vergangenen Donnerstag Abend eine politische Überraschung parat. Seine Partei, der African National Congress (ANC), hat bei den Wahlen Ende Mai rund ein Viertel ihrer Stimmen und somit erstmals die absolute Mehrheit verloren. Nun will er eine größtmögliche Koalition bilden. Eine Regierung der Nationalen Einheit, die viele einbindet, aber von ihm geführt wird.
Das sogenannte Government of National Unity (GNU) hat es am Kap schon einmal gegeben, von 1994 bis 1997, als Nelson Mandela und der ANC zwar klar mit über 62 Prozent der Stimmen die ersten demokratischen Wahlen in Südafrika gewann, aber der ANC bewusst wichtige Ministerposten an die politischen Konkurrenten der National Party (NP), der ehemaligen Apartheid-Partei, und der Inkatha Freedom Party (IFP) vergab. Mandela wollte damals sicherstellen, dass der Übergang in die Demokratie friedlich vonstatten ging. Er, der als exzellenter Brückenbauer zwischen den rivalisierenden Parteien galt, tat es aus einer Position der Stärke.
Beim ANC-Chef Ramaphosa ist es anders. Nach der massiven Wahlschlappe vor knapp zwei Wochen hat der ANC nicht nur wie erwartetet die absolute Mehrheit verloren und wird zum ersten Mal seit 30 Jahren zu einer Koalitionsregierung gezwungen. Noch schwerwiegender: Die etwas mehr als 40 Prozent des ANC, das schlechteste Ergebnis in seiner Geschichte, erlaubt der Partei nur eine Regierung mit mindestens einer der drei großen Oppositionspartei, der Democratic Alliance (DA), der uMkhonto we Sizwe (MK), oder den Economic Freedom Fighters (EFF).
In Afrika gab es eine GNU-Regierung 2007 in Kenia, nachdem die Wahlergebnisse von der Opposition angefochten worden waren. Eine politische Krise in Italien 2021 mündete ebenfalls in eine GNU-Regierung. Für Ramaphosa kommen jetzt die Gespräche einem schwierigen Spagat gleich, denn er darf die Vorlieben und Interessen der ANC-Basis nicht ignorieren. Innerhalb der Partei gibt es einen progressiveren Flügel, der auf seiner Seite steht und einer Zusammenarbeit mit der DA nicht abgeneigt ist, aber auch einen Flügel, für den dies einem Verrat gleichkäme. Hinzu kommt, dass sowohl MK als auch EFF eine Zusammenarbeit mit der DA eher ablehnen. Die MK, die laut Ex-Präsident Jacob Zuma “dem ANC zu seinem früheren Glanz verhelfen soll”‘ will das auf keinen Fall. Also arbeitet sie mit Ramaphosa nicht zusammenarbeiten und fordert stattdessen seinen Rücktrifft. “Das kommt nicht in Frage”, so Fikile Mbalula, ANC-Generalsekretär: “Ramaphosa bleibt.”
Ramaphosa verkauft die Große Koalition somit als die beste Lösung “im Interesse der Nation”. Was er möchte, ist eine breite Konsensregierung unter der Führung und gewissen Kontrolle des ANC. Die Schwäche des ANC, von einer Oppositionspartei bei der Regierungsbildung abhängig zu sein, hat Ramaphosa entschärft, indem er auf eine Regierung setzt, in der sich im Prinzip alle Parteien einbringen können. Anstatt in ideologischen Grabenkämpfen der linken MK und EFF sowie der liberalen und zentral-rechten DA verwickelt zu werden, hat der ANC alle Parteien eingeladen und zwingt diese zu einem Konsens, bei dem Ramaphosa nicht umhergeschubst wird, sondern den Vermittler gibt – wie schon 1994 als Gewerkschaftsführer.
Die MK, die als wahrscheinlicher Koalitionspartner des ANC gehandelt wurde, ziert sich immer noch und war bisher noch nicht zu intensiven Gesprächen mit dem ANC bereit. Die Partei hat sich somit derzeit eher ins Abseits bugsiert und es wird weniger wahrscheinlich, dass sie Teil des GNU wird. Auch die EFF, die sich noch im Vorfeld der Wahlen als Partner angeboten und dazu noch den Posten des Finanzministers eingefordert hatte, ist kleinlauter geworden. Die Parteiführung beklagt sich vielmehr darüber, dass sich Südafrika nicht in der Nach-Apartheidzeit von Nelson Mandela befinde und nur eine vernünftige Koalition und nicht eine GNU das Land voranbringen könne. “Wir können mit dem Feind nicht die Macht teilen”, schrieb EFF-Chef Julius Malema auf X. Die EFF sowohl als die MK, überrascht von Ramaphosas Schachzug, haben erkannt, dass sie bei einer Großen Koalition Machtverluste hinnehmen müssen. Anders die DA, die Möglichkeiten der Mitbestimmung sieht und sich dementsprechend positioniert.
Am Freitag hatte die DA bereits den Rahmen für ihre Verhandlungen mit dem ANC abgesteckt. In den sechs Hauptpunkten halten sie unter anderem die Verfassung hoch und setzen sich für die Unabhängigkeit der südafrikanischen Zentralbank ein. Unterstützt wird auch die “Operation Vulindlela”, das wirksame Reformprogramm des Präsidenten. “Diese Grundsatzerklärung der DA ist pragmatisch und zeigt, dass die Partei Gespräche mit dem ANC geführt hat”, sagt die Journalistin Ferial Haffajee in der südafrikanischen Zeitung Daily Maverick. Das Verhandlungsteam der DA traf sich bereits Samstag mit ANC-Vertretern in einem Hotel in Johannesburg, und versuchte, direkte Konfrontationen zu vermeiden.
Jetzt ist noch eine Woche bis zur Regierungsbildung. Geht die Rechnung einer Großen Koalition auf, sollte Ramaphosa genug Stimmen bekommen, um für fünf weitere Jahre als Präsident zu regieren. Dass er dann schwächer ist, nimmt er in Kauf.
Digitalminister Volker Wissing hat während seines dreitägigen Besuchs in Ruanda am ICANN80 Policy Forum teilgenommen. Die ICANN, eine 1998 gegründete gemeinnützige Organisation, beschäftigt sich mit globalen Regulierungsfragen des Internets. “Die ICANN ist ein lebendiges Zeugnis dafür, wie das Multi-Stakeholder-Modell erfolgreich gelebt wird. Deutschland wird gern weiter seinen Teil dazu beitragen, das Multi-Stakeholder-Prinzip zu stärken – damit wir gemeinsam Zugang, Stabilität, Freiheit und Offenheit des Internets auch in Zukunft gewährleisten.”
Neben der Teilnahme an der ICANN traf sich der Digitalminister auch zum bilateralen Austausch mit seiner ruandischen Amtskollegin sowie dem Infrastrukturminister des ostafrikanischen Landes. Ziel der Reise ist es laut dem Ministerium für Digitales und Verkehr, den Austausch mit den Ländern des Globalen Südens im Sinne der internationalen Digitalstrategie der Bundesregierung zu stärken.
Während der Reise des Ministers standen auch Besuche des VW-Montagewerks in Ruanda sowie bei den Start-ups Ampersand und Zipline auf dem Programm. Ampersand produziert elektrisch betriebene Motorräder für den ostafrikanischen Markt. Zipline stellt Drohnen her, die für die Lieferung von medizinischen Gütern eingesetzt werden. “Digitalisierung rettet Leben. Hier in Muanga in Ruanda werden am Tag 400 Drohnen mit lebensnotwendigen Medikamenten und Blutkonserven ins Land geschickt”, sagte der Minister am Montag. Diese bräuchten nur 15 Minuten, um Patienten in 45 Kilometern Entfernung zu erreichen. “So macht Technologie, so macht Digitalisierung die Welt besser”, sagte Wissing. Am Samstag hatte Wissing zudem die Gedenkstätte des ruandischen Genozids besucht und einen Kranz niedergelegt. dre
Die Regierung des Sudan will in Wirtschafts- und Militärfragen enger mit Russland kooperieren. Dies berichtete die regierungsnahe Zeitung Sudan Tribune. Demnach hat sich der stellvertretende Vorsitzende des sudanesischen Übergangsrates, Malik Agar, am Freitag vergangener Woche mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow getroffen. Dabei sollen sie beschlossen haben, einen schon vereinbarten bilateralen Militärausschuss zu aktivieren.
Agar ist dem Bericht zufolge am 3. Juni zum 27. Internationalen Wirtschaftsforum nach St. Petersburg gereist. Während seines mehrtägigen Aufenthalts hat er mit Lawrow unter anderem über den Stand des Bürgerkriegs im Land gesprochen und den Bau einer russischen Militärbasis im Sudan thematisiert. Den sudanesischen Medienbericht bestätigte das russische Nachrichtenportal Sputnik News.
Im Sudan herrscht ein Bürgerkrieg zwischen Machthaber Abdel Fattah Abdelrahman Burhan und seinem ehemaligen Vize Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemeti: Die Armee kämpft gegen die von Hemeti angeführten paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF).
Der Konflikt hat bisher nach UN-Angaben rund 16.000 Tote und 33.000 Verletzte gefordert. Viele Menschen leiden unter Hunger. Etwa neun Millionen Menschen sind auf der Flucht, im Sudan selbst oder viele auch im Tschad. Dies ist nach dem Urteil des früheren UN-Sonderbeauftragten für den Sudan, Volker Perthes, die derzeit größte humanitäre Krise der Welt.
Agar hat zudem Lawrow das Interesse der sudanesischen Regierung übermittelt, ein Abkommen über den Bau eines russischen Marinestützpunkts am Roten Meer aufzugreifen. “Wir möchten dieses Abkommen auf jeden Fall wiederbeleben, wenn beide Länder dazu bereit sind”, sagte Agar.
Dabei sollten auch die Interessen anderer Länder entlang der Küste des Roten Meeres berücksichtigt werden. Saudi-Arabien versucht, den Bau dieses Marinestützpunkts zu verhindern, da es seine Sicherheitsinteressen gefährdet sieht. Das Rote Meer ist an dieser Stelle weniger als 300 Kilometer breit.
Der Krieg mit den RSF hat die sudanesische Armee veranlasst, den Bau der russischen Marinebasis voranzutreiben. Die Regierung unter General Burhan bekräftigte, dass sie für andere Länder offen sei, die ähnliche Stützpunkte auf der sudanesischen Seite des Roten Meeres errichten wollen.
Dabei hat er offenbar Dschibuti im Sinn, das ein lukratives Geschäft mit Militärbasen betreibt. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1977 beherbergt Dschibuti den größten Stützpunkt der französischen Streitkräfte in Afrika: schätzungsweise 2.000 Mann der Land-, Luft- und Marinestreitkräfte. Zunächst war dort die 13. Halbbrigade der Fremdenlegion stationiert, seit einer Umstrukturierung noch das 5e Régiment interarmes d’outre-mer (5e RIAOM).
Daneben beherbergt Dschibuti einen Militärstützpunkt der USA in der ehemaligen Kaserne der Fremdenlegion, Camp Lemonnier. Außerdem unterhalten Italien und Japan Militärbasen im Land. Die deutsche Marine steuerte von Dschibuti aus die Anti-Piraterie-Mission Atalanta. Zudem betreibt China dort seit 2017 einen Marinestützpunkt. Die internationale Präsenz in Dschibuti könnte Russland antreiben, ebenfalls eine Militärbasis am Roten Meer zu besitzen. hlr
Europa statt China: Angola hat lange auf chinesische Partner gesetzt, um die Bahninfrastruktur zu modernisieren. Doch mit der trauten Zweisamkeit ist es vorbei, seit sich technische Probleme häufen. Im vergangenen Jahr bekam deshalb ein Konsortium europäischer Unternehmen den Zuschlag, den Lobito Atlantic Railway (LAR) auszubauen und zu betreiben.
Das ist nicht zuletzt politischer Flankierung zu verdanken. Die EU hat gemeinsam mit den USA attraktive Finanzierungspakete für den Ausbau der Infrastruktur in Angola geschnürt. In diesem Jahr konnte die Regierung in Luanda deshalb weitere vielversprechende Projekte auf den Weg bringen, darunter eine Bahnstrecke nach Sambia.
Das zeigt, dass die Infrastruktur-Initiative der EU Global Gateway Fahrt aufnimmt. Europas Finanzierungsangebote für Bahnstrecken, Solarparks und digitale Netze werden gerade in Afrika als Alternative zu chinesischen Krediten wahrgenommen. Damit ist die EU auf einem guten Weg, Pekings geopolitischen Einfluss zu begrenzen und Partnerschaften zu vertiefen.
Die erfreuliche Tendenz sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Weg noch weit ist. Die künftige EU-Kommission muss den Global Gateway deshalb weiter vorantreiben. Und die Wirtschaft sollte die politische Weichenstellung als Chance für unternehmerische Investitionen auf dem Zukunftskontinent sehen – und endlich die verbreitete Afrika-Skepsis hinterfragen.
Warum ein stärkeres Engagement europäischer Unternehmen wichtig ist, zeigt Beispiel des LAR, der von der Küste Angolas in die rohstoffreiche DR Kongo führt. Politiker hoffen deshalb, dass sich mit der Bahnverbindung auch die Versorgung Europas mit Kobalt, Nickel und anderen Rohstoffen verbessert, die wir für die grüne Transformation brauchen.
Der Haken an der Sache: China treibt ein Konkurrenzprojekt voran – eine Bahnstrecke, die von der DR Kongo an den Indischen Ozean führt. Zudem haben chinesische Unternehmen in großem Stil in Minen in der Region investiert. So die europäische Wirtschaft hier weitgehend außen vorbleibt, dürfte sich die Rohstoffversorgung nicht wesentlich verbessern.
Natürlich sind Argumente gegen ein Engagement schnell gefunden, besonders wenn Compliance-Beauftragte und Controller mitreden. Zu korrupt, zu intransparent und in Zeiten verschärfter Lieferkettengesetze ohnehin nicht opportun, heißt es dann schnell.
Derlei Pauschalskepsis ist jedoch unangebracht. So bescheinigt Transparency International etlichen afrikanischen Ländern Fortschritte im Kampf gegen Korruption. Das rohstoffreiche Sambia zum Beispiel liegt im TI-Ranking inzwischen vor Ländern wie Brasilien oder Serbien. Auch Angola hat kräftig aufgeholt und fast zu Indonesien aufgeschlossen.
Und die DR Kongo? Beibt ein schwieriges Pflaster, aber Präsident Félix Tshisekedi hat Investitionen aus Europa zur Chefsache erklärt und eine neue Abteilung gegründet, die einen “direkten Dialog” mit Interessenten führt. Zudem betont seine Botschafterin in Berlin, dass höhere soziale Standards eine Top-Priorität sind. Auch deshalb setze ihre Regierung auf Investoren aus Europa.
Manager und Unternehmer haben nun zwei Möglichkeiten: Sie können die Aussagen als Lippenbekenntnisse abtun und weiter Vorurteile pflegen. Oder sie nehmen sie zum Anlass, sich persönlich ein Bild zu machen. Dafür sollten sie aber wissen: Afrikanische Gesprächspartner reagieren oft empfindlich, wenn sie merken, dass es allein um Rohstoff-Abbau und -Export geht.
Sie erwarten zu Recht, dass Investitionen die Wertschöpfung vor Ort erhöhen. Wer seine Chancen auf den Zuschlag erhöhen will, sollte deshalb prüfen, ob und inwieweit Rohstoffe vor Ort weiterverarbeitet werden können. Das wäre zugleich ein erkennbarer Bruch mit kolonialem Denken und ein starkes Signal, dass “Augenhöhe” mehr als eine Floskel ist.
Daniel Schönwitz ist Volkswirt, Wirtschaftsjournalist und Buchautor. Er ist mit Mitglied des Africa First Networks, das der Unternehmer Martin A. Schoeller gegründet hat. Zuletzt erschienen ist von Daniel Schönwitz und Martin A. Schoeller das Buch: “Afrika First! Die Agenda für unsere gemeinsame Zukunft”.
Bloomberg: Russland zwingt junge Afrikaner in der Ukraine zu kämpfen. Der Kreml zwingt tausende Migranten und ausländische Studenten gemeinsam mit russischen Soldaten im Ukrainekrieg zu kämpfen, berichten europäische Beamte. Demnach weigere sich der Staat, Visa und Aufenthaltstitel zu verlängern, wenn die Betroffenen nicht der russischen Armee beitreten, und drohe mit Abschiebung. Schon die Söldnergruppe Wagner hatte mit ähnlichen Methoden Kämpfer “rekrutiert”.
New York Times: USA scheitern im Sahel. Nach mehr als einem Jahrzehnt und Hunderten von Millionen Dollar an Sicherheitshilfe sind die regionalen Bemühungen der USA zur Terrorismusbekämpfung in der Sahelzone weitgehend gescheitert. US-Beamte wollen ihren Ansatz umgestalten und sich mehr auf lokale anstatt auf globale Probleme fokussieren. Anstatt sich auf große Stützpunkte und eine ständige Militärpräsenz zu verlassen, soll sich die Strategie auf gut finanzierte Initiativen konzentrieren, die Sicherheit, Regierungsführung und Entwicklung umfassen – und sowohl die Ausbildung von Soldaten als auch neue Elektrifizierungs- oder Wasserprojekte finanzieren.
Le Monde: Erneuter Streit zwischen Benin und Niger. Nachdem durch chinesische Vermittlung zunächst der Export von nigrischem Öl über Benin möglich gemacht wurde, nehmen die Spannungen zwischen den beiden westafrikanischen Ländern wieder zu. Benin hat fünf nigrische Staatsangehörige verhaftet, von denen es einige der Spionage beschuldigt. Die nigrische Junta beschuldigt Benin des “Kidnappings”. Unterdessen bleibt die Grenze zwischen den beiden Ländern geschlossen und die Ölausfuhr blockiert.
Financial Times: Beninischer Minister: Ecowas soll sich aus der regionalen Innenpolitik heraushalten. Westafrikas wichtigster Wirtschaftsclub sollte sich auf die wirtschaftliche Integration und den Kampf gegen Armut und Terrorismus konzentrieren und sich nicht in die Innenpolitik der Mitgliedsstaaten einmischen, so der Außenminister Benins. Shegun Adjadi Bakari sagte der Financial Times, dass die Ecowas reformiert werden sollte und dass eine Einigung darüber, wie auf politische Krisen zu reagieren sei, von größter Bedeutung sei. Die Ecowas müsse angesichts des mangelnden Erfolgs bei der Wiederherstellung der Demokratie in den von Putschen betroffenen Ländern ihren Ansatz ändern.
AP: In Coupversuch involvierte US-Bürger in DR Kongo vor Militärgericht gestellt. Drei Amerikaner, die beschuldigt werden, an dem Putschversuch im vergangenen Monat beteiligt gewesen zu sein, erschienen am Freitag zusammen mit Dutzenden anderer Angeklagter vor einem Militärgericht in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa. Unter ihnen war Marcel Malanga, der Sohn des mutmaßlichen Putschistenführers, Oppositionspolitiker Christian Malanga. Ein weiterer Angeklagter ist ein Freund von Malangas Sohn, dessen Familie angibt, er sei im Kongo nur auf Urlaubsreise gewesen. Der dritte US-Bürger ist ein Unternehmer mit Verbindungen zu Malangas Goldgeschäften in Mosambik.
Reuters: Marokkos Hafen Tanger Med erwartet Überschreitung der Containerkapazität. Der marokkanische Hafen Tanger Med, der größte im Mittelmeerraum, rechnet damit, seine nominale Abfertigungskapazität von neun Millionen Containern in diesem Jahr zu übertreffen, so der stellvertretende Geschäftsführer des Hafens. In den anliegenden Industriezonen sind 1.200 Unternehmen angesiedelt, die 110.000 Menschen beschäftigen und im vergangenen Jahr Exporte im Wert von 15 Milliarden US-Dollar erwirtschafteten. Das entspricht einem Fünftel der gesamten marokkanischen Exporte. Es ist geplant, die Industriezonen von 2.500 Hektar auf 5.000 Hektar zu erweitern, um mehr Investoren in Branchen mit hoher Wertschöpfung anzuziehen.
The Punch: Benzinpreise in Nigeria könnten sich halbieren. Der Preis für Benzin an der Zapfsäule dürfte von mehr als 600 Naira pro Liter auf etwa 300 Naira pro Liter sinken, wenn die Dangote Petroleum Refinery und andere einheimische Hersteller mit der Massenproduktion beginnen. Dies geht aus einer Erklärung von Betreibern modularer Raffinerien vom Sonntag hervor. Sie warnten jedoch, dies könne nur erreicht werden, wenn die Regierung die Versorgung der lokalen Raffinerien mit ausreichend Rohöl sicherstellt. Mitte Mai hatte Aliko Dangote, der reichste Mann Afrikas, erklärt, dass Nigeria nach den Plänen der Dangote-Raffinerie ab Juni dieses Jahres kein Benzin mehr importieren müsse.
Al Jazeera: Südafrika legalisiert Cannabis. Kurz vor den südafrikanischen Wahlen ist eine wichtige Änderung der Drogengesetze des Landes erfolgt, die von vielen Beobachtern unbemerkt blieb. Nur einen Tag vor dem historischen Urnengang unterzeichnete Präsident Cyril Ramaphosa den Cannabis for Private Purposes Act, der Südafrika zum ersten afrikanischen Land macht, das den Konsum von Marihuana legalisiert. Erwachsene dürfen die Pflanze nun frei anbauen und konsumieren (außer in Gegenwart von Kindern). Das Gesetz sieht auch vor, dass diejenigen, die zuvor mit solchen Taten gegen das Gesetz verstoßen haben, automatisch aus dem Strafregister gelöscht werden.
Thomas Schäfer – Vorstandsmitglied und Marken-CEO bei Volkswagen / Vorsitzender der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI)
Thomas Schäfer vertritt die geballte Afrika-Kenntnis beim Autobauer VW. Denn Schäfer war langjähriger CEO der VW-Group in Südafrika. Mittlerweile ist der gebürtige Marburger Vorstandsvorsitzender der Pkw-Sparte der Wolfsburger. Das Thema Afrika begleitet Schäfer allerdings immer noch – seit Oktober 2023 ist Schäfer ehrenamtlicher Vorsitzender der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI).
Sabine Dall’Omo – CEO für Subsahara-Afrika bei Siemens / Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft
Seit einem Jahr steht sie dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft vor. Dabei zählt Sabine Dall’Omo zu den wenigen deutschen Managerinnen, die das Afrika-Geschäft ihres Arbeitgebers aus Afrika heraus leiten. Seit mehr als 37 Jahren ist Sabine Dall’Omo “Siemensianerin” und leitet seit mehr als zehn Jahren als CEO Siemens Sub-Saharan Africa das Afrika-Geschäft des Konzerns.
Stefan Tavares Bollow – Geschäftsführer bei Gauff Engineering
Das Ingenieursunternehmen Gauff ist Pionier in Deutschland, wenn es ums Afrika-Geschäft geht. Unternehmensgründer Helmut Gauff ist seit den 1960er-Jahren auf dem Kontinent aktiv. Stefan Tavares Bollow hat in der Zwischenzeit die Geschäftsführung der Gauff GmbH & Co. Engineering KG übernommen und führt das Afrika-Engagement des Unternehmens mit derselben Leidenschaft fort. Dabei hat er seinen Schreibtisch in Viana, nahe der angolanischen Hauptstadt Luanda, stehen.
Florian Witt – Geschäftsfeldleiter International Banking und Firmenkunden bei der Bank Oddo BHF
Es gibt nur wenige Banker in Deutschland, die sich mit so viel Nachdruck für Afrika einsetzen, wie der Geschäftsfeldleiter International Banking, Firmenkunden und Devisenhandel der deutsch-französischen Bank Oddo BHF in Frankfurt. Davor arbeitete Florian Witt bei der Commerzbank und war dort für das Afrika-Geschäft verantwortlich. Lange war er auch im Aufsichtsrat der AKA Ausfuhrkreditbank. Im Vorstand des Afrika-Vereins wie auch bei der Internationalen Handelskammer in Paris setzt er sich dafür ein, bessere Rahmenbedingungen für Finanzierungen in Afrika zu schaffen. Sein Ansatz dabei ist, dass die Wahrnehmung der Risiken im Afrika-Geschäft stärker auf Daten und Fakten aufbauen sollte. Dies ermöglicht nämlich ein deutlich differenzierteres Bild der wahren Risiken.
Stefan Wintels – Vorstandsvorsitzender der KfW-Bankengruppe
Stefan Wintels steht der KfW-Bankengruppe seit 2021 vor. Zuvor machte er in der Privatwirtschaft Karriere bei Deutscher Bank und Citigroup. Für die Förderbank arbeitet er auch aus der Überzeugung, dass Deutschland und Europa im laufenden “Jahrzehnt der Entscheidungen” die Beziehungen zu Afrika neu aufstellen müssen. Wintels hat es sich zum Ziel gemacht, die KfW an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen und sie zur “digitalen Transformations- und Förderbank” auszubauen. Daneben ist die KfW einer der wichtigsten Finanziers von Projekten und Geschäft in Afrika.
Martina Biene – Geschäftsführerin und Vorsitzende der Volkswagen Group Africa
Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Martina Biene für den Wolfsburger Autobauer, unter anderem in den Bereichen Vertrieb, Marketing, Produktplanung und -marketing. 2019 kam sie als Leiterin der Pkw-Marke erstmals nach Südafrika. Nach einer weiteren Station in Wolfsburg kehrte sie 2022 ans Kap zurück und übernahm die Geschäftsführung der afrikanischen VW-Sparte. Seither ist sie auch verantwortlich für das einzige Volkswagen-Werk auf dem Kontinent in Kariega in der südafrikanischen Provinz Ostkap.
Nader Imani – Executive Vice-President Global Education bei Festo Didactic
Der schwäbische Steuerungs- und Automatisierungshersteller Festo hat Bildung als Marktchance schon vor Jahrzehnten für sich entdeckt. Bereits 1962 gründete das Unternehmen seine Tochtergesellschaft Festo Didactic, die Fachkräfte für den Umgang mit seinen hochmodernen technischen Produkten fit macht. Was ursprünglich zur Weiterbildung der eigenen Kunden gedacht war, hat sich inzwischen zu einem international tätigen Aus- und Weiterbildungsunternehmen entwickelt. Nader Imani, bei Festo Didactic als Executive Vice-President für Global Education verantwortlich, weiß genau, wie man in Afrika am besten ausbildet.
Martin Schoeller – Unternehmer
Durch und durch Familienunternehmer ist der Chef der Schoeller Group GmbH in München, die auf Verpackungen spezialisiert ist. So hatte Martin Schoeller den heutigen Bierkasten entwickelt und erzielte damit großen Erfolg. In Afrika selbst ist das Unternehmen nicht aktiv. Doch dem Kontinent gehört Schoellers große Leidenschaft. So hat er das Netzwerk Africa First gegründet, das den Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft auf den afrikanischen Kontinent tragen will.
Markus Thill – President Africa Region bei Bosch
Der Elektrokonzern Robert Bosch aus Stuttgart ist eines der wenigen deutschen Unternehmen, die eine echte Afrika-Strategie entwickelt haben. Markus Thill steht als President Region Africa der in Südafrika angesiedelten Tochtergesellschaft Robert Bosch (Pty) vor. Bosch verfolgt dank Thill für alle Sparten eine klare Strategie, die den gesamten afrikanischen Kontinent: Automobilzuliefergeschäft, Elektrowerkzeuge, Elektrohausgeräte, Erneuerbare Energie. Eine derart systematische Herangehensweise an den afrikanischen Markt ist leider noch zu sehr eine Ausnahme in der deutschen Wirtschaft.
Roland Siller – Geschäftsführer der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG)
Roland Siller ist seit 2021 Vorsitzender der Geschäftsführung der DEG. Die KfW-Tochtergesellschaft finanzierte 2023 mit einem Volumen von 1,9 Milliarden Euro privatwirtschaftliche Investitionen im Globalen Süden. Siller kann als DEG-Chef auf jahrzehntelange Erfahrung in der Finanzierung von Projekten in Entwicklungsländern zurückgreifen. Seit 1993 arbeitet Siller für die KfW und DEG in verschiedenen Positionen.
Das Bergland Fouta Djallon in Guinea ist bekannt als der “Wasserturm Westafrikas”. Hier befinden sich die Quellen der sieben wichtigsten Flüsse in diesem Teil des Kontinents. Der Senegal hat hier seine Quellen, aber auch der Gambia, die beide nach Norden fließen. Der Rio Corubal entspringt in diesen Bergen, der Konkouré, der Little Scarcies, der Tinkisso und schließlich der Niger.
Doch dem Fouta Djallon geht das Wasser aus. Immer häufiger und für immer längere Zeit versiegen die Quellen. Dadurch haben die Dorfbewohner in den Bergen häufig weder Wasser noch Strom. Im Verdacht stehen der Klimawandel und menschliche Eingriffe in den Wasserhaushalt. Jetzt haben eine Delegation der Vereinten Nationen, der Ecowas und diverser Ministerien von Guinea eine Erkundung gestartet. “Bevor wir irgendwelche Aktionen beschließen, müssen wir erst die Diagnose vornehmen“, meint Robert Gouantoueu Guei, Koordinator bei der FAO. Die Mission ist immerhin Ausdruck eines gestiegenen Umweltbewusstseins. hlr
heute begehen wir ein ganz besonderes Jubiläum mit Ihnen: Sie sehen gerade die 100. Ausgabe des Africa.Table auf Ihrem Bildschirm. Im Januar 2023 ist unsere erste Ausgabe erschienen, etwas überhastet, weil wir Ihnen unbedingt die neue Afrika-Strategie des BMZ vorstellen wollten. Aber das neue Professional Briefing hat sich rasch etabliert. Wir danken Ihnen für Ihre Treue, und wenn Ihnen der Africa.Table gefällt, freuen wir uns, wenn Sie uns weiterempfehlen.
Marokko hat seine Beziehungen mit Israel im Jahr 2020 in Folge der Abraham Accords normalisiert. Doch angesichts des israelischen Vorgehens im Gazastreifen regt sich in der marokkanischen Bevölkerung Widerstand gegen die militärische Kooperation zwischen den beiden Ländern – Demonstrationsverboten der Regierung zum Trotz. Mirco Keilberth erklärt, warum das Königshaus an der Partnerschaft mit Israel festhalten will.
Außerdem erwarten Sie weitere Analysen und aktuelle Nachrichten aus Afrika.
Wir wünschen eine aufschlussreiche Lektüre.
Marokko gerät immer mehr in den Gaza-Konflikt. Mit jedem Tag, an dem die Bombardierungen des Gazastreifens live auf die Mobiltelefone der Marokkaner übertragen werden, steigt der Widerstand im Land gegen die Normalisierung der Beziehungen zu Israel.
Straßenproteste hat die marokkanische Regierung aus Angst vor Kritik mittlerweile verboten. Doch nun wird die Zivilgesellschaft mit neuen Mitteln aktiv. Eine Aktivistengruppe forderte die Regierung vor kurzem auf, dem japanischen Frachtschiff Vertom Odette, das unter Luxemburger Flagge fährt, die Durchfahrt von marokkanischen Hoheitsgewässern zu untersagen. Menschenechtsaktivisten vermuten, dass die Vertom Odette Waffen für Israel geladen hat.
Das Handelsschiff verließ Indien am 18. April und sollte vergangene Woche im spanischen Hafen Cartagena einlaufen. Nachdem die spanischen Behörden dies offenbar ablehnten, hieß es anfang, das Schiff nehme nun Kurs auf den slowenischen Hafen Koper. Laut der Website Marine Traffic soll die Vertom Odette am Abend des heutigen Dienstags im Hafen von Bar in Montenegro eintreffen. Diese Information bestätigt die Website Vessel Finder.
Schiffe, die vom Atlantik nach Osten fahren, müssen die Straße von Gibraltar passieren, die Spanien und Marokko trennt, um ins Mittelmeer zu gelangen. In einem Schreiben an den marokkanischen Premierminister Aziz Akhnoush brachte die sich “Front zur Unterstützung Palästinas und gegen Normalisierung mit Israel” nennende Gruppe ihre Besorgnis zum Ausdruck, dass sich Marokko mit der Durchfahrt der Vertom Odette an Kriegsverbrechen beteilige.
“Unser Ziel ist es, zu verhindern, dass die marokkanischen Behörden vor den Augen der Welt und des internationalen Rechts in Anschuldigungen wegen Mittäterschaft bei der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt werden“, heißt es im Schreiben der Aktivisten.
Marokko pflegt seit Jahrzehnten gute Kontakte zu Israel. Trotz der ablehnenden Meinung vieler Marokkaner verfolgt König Mohamed VI. weiter diesen Kurs. So kooperiert Marokko mit der israelischen Rüstungsindustrie, aus Angst vor der zahlenmäßig überlegenen algerischen Armee. Während Rabat als enger Partner Washingtons gilt und alte Panzerbestände in die Ukraine geliefert hat, sucht Algier dagegen die Nähe Pekings und Moskaus.
Wie brisant die Lage im Nordwesten Afrikas ist, zeigte ein Tweet des damaligen US-Präsidenten Donald Trump am 10. Dezember 2022. Für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Marokko und Israel würden die USA den Anspruch Marokkos auf die Westsahara anerkennen, so Trump. Mittlerweile sind die im Rahmen der Abraham Accords aufgenommenen Kontakte zwischen Tel Aviv und Rabat rege. Die ohnehin frostigen Beziehungen Rabats zu Algerien liegen dagegen auf Eis.
Algier dagegen unterstützt den bewaffneten Widerstand der ins algerische Exil gezwungenen Sahrawis von der Polisario. Neben dem Iran gilt Algerien als einer der schärfsten Gegner Israels. Auch in Tunesien und Libyen ist jeglicher Kontakt mit israelischen Offiziellen verboten. Die libysche Außenministerin Najla al Mangoush wurde im August 2023 entlassen und von Milizen bedroht, nachdem der israelische Außenminister ein Treffen mit ihr öffentlich gemacht hatte.
Unter jungen und gebildeten Marokkanern war die Anerkennung Israels weniger ein Thema als in den Armenvierteln der Städte. Doch seit dem Beginn des Gaza-Krieges ist der Widerstand gegen das Abraham-Abkommen in der politischen und wirtschaftlichen Elite angekommen. Auf sozialen Medien forderten Tausende die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass die Vertom Odette Israel nicht erreicht.
Das Schiff hat erstmals propalästinensische Aktivisten aus Europa und Nordafrika vereint. Vor dem Sitz des luxemburgischem Außenministeriums veranstalteten Dutzende von Aktivisten der Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS) in Luxemburg ein Sit-in. Sie forderten, dass das Schiff nicht länger unter Luxemburger Flagge fährt.
In Marokko könnten sich die Proteste auf die Rüstungsindustrie ausweiten. In nur zehn Jahren ist Marokko zum führenden Autoproduzenten Afrikas aufgestiegen. Diesen Erfolg will Mohamed VI. nun in der Herstellung von Drohnen wiederholen.
Bluebird, eine Tochtergesellschaft der Israel Aerospace Industries (IAI), verkündete Ende April, in Marokko die Produktion des Angriffsdrohne SpyX aufzunehmen. Marokkos Armee hat bereits hunderte israelische Hightech-Drohnen im Einsatz oder bestellt. Laut dem International Peace Research Institute (Sipri) in Stockholm stammt die Mehrzahl der Waffen von Marokkos Armee aus Israel. Immerhin elf Prozent der Produktion von Israels Rüstungsindustrie wird nach Nordafrika exportiert.
Aufgrund der eingeschränkten Meinungsfreiheit und dem Feindbild Algerien traut sich derzeit niemand in Marokko, die militärische Kooperation mit Israel in Frage zu stellen. Dennoch zeigen die vielen wütenden Reaktionen auf den Fall der Vertom Odette: Die große Empörung unter den Marokkanern kratzt am Ruf des Königshauses. Den Kurs ändern wird Mohamed VI. voraussichtlich nicht, allein schon aufgrund der schlechten Beziehungen zu Algerien.
Humanitäre Gesten sollen jedoch die Lage entschärfen. Mehr als 30 Tonnen Hilfsgüter hatte das Königshaus zuletzt für die Zivilbevölkerung von Gaza an den Grenzübergang Rafah geschickt und die Medien darüber groß berichten lassen. Doch positive Reaktionen blieben weitgehend aus.
Ihr Unternehmen Maiborn Wolff ist ein Software-Entwickler mit Hauptsitz in München und vor allem deutschen Kunden. Warum haben Sie mit Ojemba eine Tochtergesellschaft in Afrika gegründet?
In der deutschen IT-Branche herrscht ein erheblicher Arbeitskräftemangel. Laut Bitkom sind rund 140.000 Arbeitsplätze unbesetzt. Bis 2030 wird diese Zahl sogar auf eine halbe Million anwachsen. In Afrika dagegen wird es auf Dauer einen Talentüberschuss geben, weil die Nachfrage einfach noch nicht so groß ist und wir dort eine Demografie haben, die extrem jung ist im Gegensatz zu Europa.
Zweitens haben wir durch das Kaufkraftgefälle eine Situation, wo wir in Europa Leistungen anbieten können, die vom Qualitätsniveau gut oder sehr gut sind, aber zu einem Preis, der deutlich niedriger ist. Und das, ohne Menschen vor Ort auszubeuten. Unsere Entwickler beziehen überdurchschnittliche Gehälter zu sehr guten Arbeitsbedingungen.
Es ist eine Win-Win-Situation. Wir im Norden bekommen gute Talente zu vernünftigen Preisen. Und im Süden schaffen wir Ausbildung, Arbeitsplätze und Einkommen und tragen im Prinzip auch dazu bei, eine Mittelschicht auszubilden.
Warum sind Sie ausgerechnet nach Ruanda gegangen?
Wir haben dort sehr gute Rahmenbedingungen vorgefunden. Es ist ein sehr strukturiertes und sicheres Land. Manche nennen es auch die Schweiz Afrikas. Ein wichtiger Punkt ist auch die Zeitzone. Dass Ruanda und Deutschland in der gleichen Zeitzone liegen, vereinfacht die Zusammenarbeit der Standorte erheblich. Außerdem haben wir in Ruanda jemanden gefunden, der schon ein Ausbildungsprogramm anbot, das zu 80 Prozent unseren Vorstellungen entsprach. In Subsahara-Afrika gibt es nur sehr wenige Länder, in denen man die Leute direkt von der Uni einstellen kann, und dann kommen die meisten von Privatunis. Aber dann haben wir plötzlich so eine Selektion drin, die mehr nach Wirtschaftlichkeit und Wohlstand geht und nicht nach Intelligenz. Wir wollen aber die Schlauesten, nicht die Reichsten. Also muss ich mich dazu bekennen, die Leute erst auszubilden.
Wie sieht diese Ausbildung aus?
Wir haben unser Konzept zusammengeführt mit dem von The Gym, das ist eine Art IT-Bootcamp in Kigali. Gemeinsam haben wir 30 Leute auf unsere Kosten komplett ohne Fördermittel ausgebildet. Wir haben neun Personen eingestellt, die The Gym schon ausgebildet hatte. Die haben wir noch etwas nachgeschult und sie dann als Coaches für die anderen 30 eingesetzt. Von denen haben wir jetzt 17 eingestellt. Das heißt, wir haben 26 Entwicklerinnen und Entwickler in Ruanda, die wir selbst auf ein Niveau gebracht haben, das unserem deutschen Qualitätsanspruch gerecht wird.
Für die nächste Ausbildungsrunde haben wir uns vorgenommen, ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu erreichen. In der neuen Kohorte haben wir einen leichten Frauenüberschuss, sodass wir hoffen, dass wir dann am Ende auch fifty-fifty einstellen können.
Können Sie alle einstellen, die Sie ausbilden?
Wir haben schon vor, die meisten, die wir ausbilden, auch einzustellen. Eine Person auszubilden, kostet uns etwa 8.000 Euro. Es ist natürlich gut für den lokalen Arbeitsmarkt, dass wir dieses Geld investieren. Aber wir können nicht auf Dauer für Andere ausbilden.
Ökonomisch funktioniert unser Konzept nur, wenn wir skalieren. Wenn wir klein blieben, dann hätten wir ein schlechtes Verhältnis von den Kosten, die wir in Deutschland produzieren, für Vertrieb, Ausbildung etc. zu den Umsätzen. Wir müssen also langfristig auf ein paar Hundert Mitarbeiter kommen.
Sehen Sie dafür denn genug Wachstumspotenzial?
Ja, wir sehen großes Potenzial sowohl auf der Talentseite als auch auf der Nachfrageseite. Unser nigerianischer Partner hat es mal sehr zugespitzt gesagt: “Auf dem afrikanischen Kontinent bekommst du noch das eine Prozent an den schlausten Leuten”. An die kommt man in Europa kaum mehr zu bezahlbaren Gehältern heran. Das bietet uns beste Chancen, unser Konzept zu kopieren und damit nach Kampala, Nairobi oder Kapstadt zu gehen.
Von der Marktseite her sehe ich eigentlich auch keine Beschränkungen, aus zwei Gründen: Erstens ist der Digitalisierungsbedarf in Europa, in Deutschland und weltweit immens. Zweitens können wir wegen des Kaufkraftgefälles hochwertige Dienstleistungen zu sehr günstigen Preisen anbieten, sowohl für Mittelständler als auch für Start-Ups.
Wo liegt der Unterschied zwischen Ojemba und der deutschen Muttergesellschaft Maiborn Wolff?
Auch mit Ojemba bedienen wir vor allem deutsche Kunden. Aber wir wollten Ojemba bewusst zu einem afrikanischen Unternehmen machen. Auch deshalb ist einer unserer Anteilseigner Nigerianer. Wir konnten sogar schon afrikanische Kunden gewinnen: Ein Reiseveranstalter aus Kamerun hat sich an uns gewandt, weil er lieber in Afrika entwickeln lassen will. Und ein Health-Tech-Start-Up aus Guinea. Aus Kostengründen einerseits, aber auch aus panafrikanischer Solidarität.
Zum anderen ist das Geschäftsmodell ein bisschen anders. Anders als bei Maiborn Wolff wollen wir mit Ojemba auch ganze Teams “vermieten”, die dann lange Zeit für andere Unternehmen arbeiten oder mittelfristig sogar dorthin wechseln.
Langfristig setzen wir auch darauf, dass sich der afrikanische Markt entwickelt und wir uns mehr Kunden auf dem Kontinent erschließen. Aber im Moment ist das Modell: Wir bringen Arbeit und Chancen zu den Kollegen auf dem afrikanischen Kontinent.
Volker Maiborn ist Geschäftsführer des IT-Unternehmens Maiborn Wolff, das er 1989 gemeinsam mit Studienfreunden gründete. Maiborn Wolff unterhält heute sieben Büros in Deutschland sowie je eines in Spanien und Tunesien. 2023 gründete Maiborn gemeinsam mit Partnern eine Tochtergesellschaft in Ruanda: Ojemba.
Nach der Wahlschlappe wollte er nicht die Defensive geraten, also hatte Präsident Cyril Ramaphosa am vergangenen Donnerstag Abend eine politische Überraschung parat. Seine Partei, der African National Congress (ANC), hat bei den Wahlen Ende Mai rund ein Viertel ihrer Stimmen und somit erstmals die absolute Mehrheit verloren. Nun will er eine größtmögliche Koalition bilden. Eine Regierung der Nationalen Einheit, die viele einbindet, aber von ihm geführt wird.
Das sogenannte Government of National Unity (GNU) hat es am Kap schon einmal gegeben, von 1994 bis 1997, als Nelson Mandela und der ANC zwar klar mit über 62 Prozent der Stimmen die ersten demokratischen Wahlen in Südafrika gewann, aber der ANC bewusst wichtige Ministerposten an die politischen Konkurrenten der National Party (NP), der ehemaligen Apartheid-Partei, und der Inkatha Freedom Party (IFP) vergab. Mandela wollte damals sicherstellen, dass der Übergang in die Demokratie friedlich vonstatten ging. Er, der als exzellenter Brückenbauer zwischen den rivalisierenden Parteien galt, tat es aus einer Position der Stärke.
Beim ANC-Chef Ramaphosa ist es anders. Nach der massiven Wahlschlappe vor knapp zwei Wochen hat der ANC nicht nur wie erwartetet die absolute Mehrheit verloren und wird zum ersten Mal seit 30 Jahren zu einer Koalitionsregierung gezwungen. Noch schwerwiegender: Die etwas mehr als 40 Prozent des ANC, das schlechteste Ergebnis in seiner Geschichte, erlaubt der Partei nur eine Regierung mit mindestens einer der drei großen Oppositionspartei, der Democratic Alliance (DA), der uMkhonto we Sizwe (MK), oder den Economic Freedom Fighters (EFF).
In Afrika gab es eine GNU-Regierung 2007 in Kenia, nachdem die Wahlergebnisse von der Opposition angefochten worden waren. Eine politische Krise in Italien 2021 mündete ebenfalls in eine GNU-Regierung. Für Ramaphosa kommen jetzt die Gespräche einem schwierigen Spagat gleich, denn er darf die Vorlieben und Interessen der ANC-Basis nicht ignorieren. Innerhalb der Partei gibt es einen progressiveren Flügel, der auf seiner Seite steht und einer Zusammenarbeit mit der DA nicht abgeneigt ist, aber auch einen Flügel, für den dies einem Verrat gleichkäme. Hinzu kommt, dass sowohl MK als auch EFF eine Zusammenarbeit mit der DA eher ablehnen. Die MK, die laut Ex-Präsident Jacob Zuma “dem ANC zu seinem früheren Glanz verhelfen soll”‘ will das auf keinen Fall. Also arbeitet sie mit Ramaphosa nicht zusammenarbeiten und fordert stattdessen seinen Rücktrifft. “Das kommt nicht in Frage”, so Fikile Mbalula, ANC-Generalsekretär: “Ramaphosa bleibt.”
Ramaphosa verkauft die Große Koalition somit als die beste Lösung “im Interesse der Nation”. Was er möchte, ist eine breite Konsensregierung unter der Führung und gewissen Kontrolle des ANC. Die Schwäche des ANC, von einer Oppositionspartei bei der Regierungsbildung abhängig zu sein, hat Ramaphosa entschärft, indem er auf eine Regierung setzt, in der sich im Prinzip alle Parteien einbringen können. Anstatt in ideologischen Grabenkämpfen der linken MK und EFF sowie der liberalen und zentral-rechten DA verwickelt zu werden, hat der ANC alle Parteien eingeladen und zwingt diese zu einem Konsens, bei dem Ramaphosa nicht umhergeschubst wird, sondern den Vermittler gibt – wie schon 1994 als Gewerkschaftsführer.
Die MK, die als wahrscheinlicher Koalitionspartner des ANC gehandelt wurde, ziert sich immer noch und war bisher noch nicht zu intensiven Gesprächen mit dem ANC bereit. Die Partei hat sich somit derzeit eher ins Abseits bugsiert und es wird weniger wahrscheinlich, dass sie Teil des GNU wird. Auch die EFF, die sich noch im Vorfeld der Wahlen als Partner angeboten und dazu noch den Posten des Finanzministers eingefordert hatte, ist kleinlauter geworden. Die Parteiführung beklagt sich vielmehr darüber, dass sich Südafrika nicht in der Nach-Apartheidzeit von Nelson Mandela befinde und nur eine vernünftige Koalition und nicht eine GNU das Land voranbringen könne. “Wir können mit dem Feind nicht die Macht teilen”, schrieb EFF-Chef Julius Malema auf X. Die EFF sowohl als die MK, überrascht von Ramaphosas Schachzug, haben erkannt, dass sie bei einer Großen Koalition Machtverluste hinnehmen müssen. Anders die DA, die Möglichkeiten der Mitbestimmung sieht und sich dementsprechend positioniert.
Am Freitag hatte die DA bereits den Rahmen für ihre Verhandlungen mit dem ANC abgesteckt. In den sechs Hauptpunkten halten sie unter anderem die Verfassung hoch und setzen sich für die Unabhängigkeit der südafrikanischen Zentralbank ein. Unterstützt wird auch die “Operation Vulindlela”, das wirksame Reformprogramm des Präsidenten. “Diese Grundsatzerklärung der DA ist pragmatisch und zeigt, dass die Partei Gespräche mit dem ANC geführt hat”, sagt die Journalistin Ferial Haffajee in der südafrikanischen Zeitung Daily Maverick. Das Verhandlungsteam der DA traf sich bereits Samstag mit ANC-Vertretern in einem Hotel in Johannesburg, und versuchte, direkte Konfrontationen zu vermeiden.
Jetzt ist noch eine Woche bis zur Regierungsbildung. Geht die Rechnung einer Großen Koalition auf, sollte Ramaphosa genug Stimmen bekommen, um für fünf weitere Jahre als Präsident zu regieren. Dass er dann schwächer ist, nimmt er in Kauf.
Digitalminister Volker Wissing hat während seines dreitägigen Besuchs in Ruanda am ICANN80 Policy Forum teilgenommen. Die ICANN, eine 1998 gegründete gemeinnützige Organisation, beschäftigt sich mit globalen Regulierungsfragen des Internets. “Die ICANN ist ein lebendiges Zeugnis dafür, wie das Multi-Stakeholder-Modell erfolgreich gelebt wird. Deutschland wird gern weiter seinen Teil dazu beitragen, das Multi-Stakeholder-Prinzip zu stärken – damit wir gemeinsam Zugang, Stabilität, Freiheit und Offenheit des Internets auch in Zukunft gewährleisten.”
Neben der Teilnahme an der ICANN traf sich der Digitalminister auch zum bilateralen Austausch mit seiner ruandischen Amtskollegin sowie dem Infrastrukturminister des ostafrikanischen Landes. Ziel der Reise ist es laut dem Ministerium für Digitales und Verkehr, den Austausch mit den Ländern des Globalen Südens im Sinne der internationalen Digitalstrategie der Bundesregierung zu stärken.
Während der Reise des Ministers standen auch Besuche des VW-Montagewerks in Ruanda sowie bei den Start-ups Ampersand und Zipline auf dem Programm. Ampersand produziert elektrisch betriebene Motorräder für den ostafrikanischen Markt. Zipline stellt Drohnen her, die für die Lieferung von medizinischen Gütern eingesetzt werden. “Digitalisierung rettet Leben. Hier in Muanga in Ruanda werden am Tag 400 Drohnen mit lebensnotwendigen Medikamenten und Blutkonserven ins Land geschickt”, sagte der Minister am Montag. Diese bräuchten nur 15 Minuten, um Patienten in 45 Kilometern Entfernung zu erreichen. “So macht Technologie, so macht Digitalisierung die Welt besser”, sagte Wissing. Am Samstag hatte Wissing zudem die Gedenkstätte des ruandischen Genozids besucht und einen Kranz niedergelegt. dre
Die Regierung des Sudan will in Wirtschafts- und Militärfragen enger mit Russland kooperieren. Dies berichtete die regierungsnahe Zeitung Sudan Tribune. Demnach hat sich der stellvertretende Vorsitzende des sudanesischen Übergangsrates, Malik Agar, am Freitag vergangener Woche mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow getroffen. Dabei sollen sie beschlossen haben, einen schon vereinbarten bilateralen Militärausschuss zu aktivieren.
Agar ist dem Bericht zufolge am 3. Juni zum 27. Internationalen Wirtschaftsforum nach St. Petersburg gereist. Während seines mehrtägigen Aufenthalts hat er mit Lawrow unter anderem über den Stand des Bürgerkriegs im Land gesprochen und den Bau einer russischen Militärbasis im Sudan thematisiert. Den sudanesischen Medienbericht bestätigte das russische Nachrichtenportal Sputnik News.
Im Sudan herrscht ein Bürgerkrieg zwischen Machthaber Abdel Fattah Abdelrahman Burhan und seinem ehemaligen Vize Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemeti: Die Armee kämpft gegen die von Hemeti angeführten paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF).
Der Konflikt hat bisher nach UN-Angaben rund 16.000 Tote und 33.000 Verletzte gefordert. Viele Menschen leiden unter Hunger. Etwa neun Millionen Menschen sind auf der Flucht, im Sudan selbst oder viele auch im Tschad. Dies ist nach dem Urteil des früheren UN-Sonderbeauftragten für den Sudan, Volker Perthes, die derzeit größte humanitäre Krise der Welt.
Agar hat zudem Lawrow das Interesse der sudanesischen Regierung übermittelt, ein Abkommen über den Bau eines russischen Marinestützpunkts am Roten Meer aufzugreifen. “Wir möchten dieses Abkommen auf jeden Fall wiederbeleben, wenn beide Länder dazu bereit sind”, sagte Agar.
Dabei sollten auch die Interessen anderer Länder entlang der Küste des Roten Meeres berücksichtigt werden. Saudi-Arabien versucht, den Bau dieses Marinestützpunkts zu verhindern, da es seine Sicherheitsinteressen gefährdet sieht. Das Rote Meer ist an dieser Stelle weniger als 300 Kilometer breit.
Der Krieg mit den RSF hat die sudanesische Armee veranlasst, den Bau der russischen Marinebasis voranzutreiben. Die Regierung unter General Burhan bekräftigte, dass sie für andere Länder offen sei, die ähnliche Stützpunkte auf der sudanesischen Seite des Roten Meeres errichten wollen.
Dabei hat er offenbar Dschibuti im Sinn, das ein lukratives Geschäft mit Militärbasen betreibt. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1977 beherbergt Dschibuti den größten Stützpunkt der französischen Streitkräfte in Afrika: schätzungsweise 2.000 Mann der Land-, Luft- und Marinestreitkräfte. Zunächst war dort die 13. Halbbrigade der Fremdenlegion stationiert, seit einer Umstrukturierung noch das 5e Régiment interarmes d’outre-mer (5e RIAOM).
Daneben beherbergt Dschibuti einen Militärstützpunkt der USA in der ehemaligen Kaserne der Fremdenlegion, Camp Lemonnier. Außerdem unterhalten Italien und Japan Militärbasen im Land. Die deutsche Marine steuerte von Dschibuti aus die Anti-Piraterie-Mission Atalanta. Zudem betreibt China dort seit 2017 einen Marinestützpunkt. Die internationale Präsenz in Dschibuti könnte Russland antreiben, ebenfalls eine Militärbasis am Roten Meer zu besitzen. hlr
Europa statt China: Angola hat lange auf chinesische Partner gesetzt, um die Bahninfrastruktur zu modernisieren. Doch mit der trauten Zweisamkeit ist es vorbei, seit sich technische Probleme häufen. Im vergangenen Jahr bekam deshalb ein Konsortium europäischer Unternehmen den Zuschlag, den Lobito Atlantic Railway (LAR) auszubauen und zu betreiben.
Das ist nicht zuletzt politischer Flankierung zu verdanken. Die EU hat gemeinsam mit den USA attraktive Finanzierungspakete für den Ausbau der Infrastruktur in Angola geschnürt. In diesem Jahr konnte die Regierung in Luanda deshalb weitere vielversprechende Projekte auf den Weg bringen, darunter eine Bahnstrecke nach Sambia.
Das zeigt, dass die Infrastruktur-Initiative der EU Global Gateway Fahrt aufnimmt. Europas Finanzierungsangebote für Bahnstrecken, Solarparks und digitale Netze werden gerade in Afrika als Alternative zu chinesischen Krediten wahrgenommen. Damit ist die EU auf einem guten Weg, Pekings geopolitischen Einfluss zu begrenzen und Partnerschaften zu vertiefen.
Die erfreuliche Tendenz sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Weg noch weit ist. Die künftige EU-Kommission muss den Global Gateway deshalb weiter vorantreiben. Und die Wirtschaft sollte die politische Weichenstellung als Chance für unternehmerische Investitionen auf dem Zukunftskontinent sehen – und endlich die verbreitete Afrika-Skepsis hinterfragen.
Warum ein stärkeres Engagement europäischer Unternehmen wichtig ist, zeigt Beispiel des LAR, der von der Küste Angolas in die rohstoffreiche DR Kongo führt. Politiker hoffen deshalb, dass sich mit der Bahnverbindung auch die Versorgung Europas mit Kobalt, Nickel und anderen Rohstoffen verbessert, die wir für die grüne Transformation brauchen.
Der Haken an der Sache: China treibt ein Konkurrenzprojekt voran – eine Bahnstrecke, die von der DR Kongo an den Indischen Ozean führt. Zudem haben chinesische Unternehmen in großem Stil in Minen in der Region investiert. So die europäische Wirtschaft hier weitgehend außen vorbleibt, dürfte sich die Rohstoffversorgung nicht wesentlich verbessern.
Natürlich sind Argumente gegen ein Engagement schnell gefunden, besonders wenn Compliance-Beauftragte und Controller mitreden. Zu korrupt, zu intransparent und in Zeiten verschärfter Lieferkettengesetze ohnehin nicht opportun, heißt es dann schnell.
Derlei Pauschalskepsis ist jedoch unangebracht. So bescheinigt Transparency International etlichen afrikanischen Ländern Fortschritte im Kampf gegen Korruption. Das rohstoffreiche Sambia zum Beispiel liegt im TI-Ranking inzwischen vor Ländern wie Brasilien oder Serbien. Auch Angola hat kräftig aufgeholt und fast zu Indonesien aufgeschlossen.
Und die DR Kongo? Beibt ein schwieriges Pflaster, aber Präsident Félix Tshisekedi hat Investitionen aus Europa zur Chefsache erklärt und eine neue Abteilung gegründet, die einen “direkten Dialog” mit Interessenten führt. Zudem betont seine Botschafterin in Berlin, dass höhere soziale Standards eine Top-Priorität sind. Auch deshalb setze ihre Regierung auf Investoren aus Europa.
Manager und Unternehmer haben nun zwei Möglichkeiten: Sie können die Aussagen als Lippenbekenntnisse abtun und weiter Vorurteile pflegen. Oder sie nehmen sie zum Anlass, sich persönlich ein Bild zu machen. Dafür sollten sie aber wissen: Afrikanische Gesprächspartner reagieren oft empfindlich, wenn sie merken, dass es allein um Rohstoff-Abbau und -Export geht.
Sie erwarten zu Recht, dass Investitionen die Wertschöpfung vor Ort erhöhen. Wer seine Chancen auf den Zuschlag erhöhen will, sollte deshalb prüfen, ob und inwieweit Rohstoffe vor Ort weiterverarbeitet werden können. Das wäre zugleich ein erkennbarer Bruch mit kolonialem Denken und ein starkes Signal, dass “Augenhöhe” mehr als eine Floskel ist.
Daniel Schönwitz ist Volkswirt, Wirtschaftsjournalist und Buchautor. Er ist mit Mitglied des Africa First Networks, das der Unternehmer Martin A. Schoeller gegründet hat. Zuletzt erschienen ist von Daniel Schönwitz und Martin A. Schoeller das Buch: “Afrika First! Die Agenda für unsere gemeinsame Zukunft”.
Bloomberg: Russland zwingt junge Afrikaner in der Ukraine zu kämpfen. Der Kreml zwingt tausende Migranten und ausländische Studenten gemeinsam mit russischen Soldaten im Ukrainekrieg zu kämpfen, berichten europäische Beamte. Demnach weigere sich der Staat, Visa und Aufenthaltstitel zu verlängern, wenn die Betroffenen nicht der russischen Armee beitreten, und drohe mit Abschiebung. Schon die Söldnergruppe Wagner hatte mit ähnlichen Methoden Kämpfer “rekrutiert”.
New York Times: USA scheitern im Sahel. Nach mehr als einem Jahrzehnt und Hunderten von Millionen Dollar an Sicherheitshilfe sind die regionalen Bemühungen der USA zur Terrorismusbekämpfung in der Sahelzone weitgehend gescheitert. US-Beamte wollen ihren Ansatz umgestalten und sich mehr auf lokale anstatt auf globale Probleme fokussieren. Anstatt sich auf große Stützpunkte und eine ständige Militärpräsenz zu verlassen, soll sich die Strategie auf gut finanzierte Initiativen konzentrieren, die Sicherheit, Regierungsführung und Entwicklung umfassen – und sowohl die Ausbildung von Soldaten als auch neue Elektrifizierungs- oder Wasserprojekte finanzieren.
Le Monde: Erneuter Streit zwischen Benin und Niger. Nachdem durch chinesische Vermittlung zunächst der Export von nigrischem Öl über Benin möglich gemacht wurde, nehmen die Spannungen zwischen den beiden westafrikanischen Ländern wieder zu. Benin hat fünf nigrische Staatsangehörige verhaftet, von denen es einige der Spionage beschuldigt. Die nigrische Junta beschuldigt Benin des “Kidnappings”. Unterdessen bleibt die Grenze zwischen den beiden Ländern geschlossen und die Ölausfuhr blockiert.
Financial Times: Beninischer Minister: Ecowas soll sich aus der regionalen Innenpolitik heraushalten. Westafrikas wichtigster Wirtschaftsclub sollte sich auf die wirtschaftliche Integration und den Kampf gegen Armut und Terrorismus konzentrieren und sich nicht in die Innenpolitik der Mitgliedsstaaten einmischen, so der Außenminister Benins. Shegun Adjadi Bakari sagte der Financial Times, dass die Ecowas reformiert werden sollte und dass eine Einigung darüber, wie auf politische Krisen zu reagieren sei, von größter Bedeutung sei. Die Ecowas müsse angesichts des mangelnden Erfolgs bei der Wiederherstellung der Demokratie in den von Putschen betroffenen Ländern ihren Ansatz ändern.
AP: In Coupversuch involvierte US-Bürger in DR Kongo vor Militärgericht gestellt. Drei Amerikaner, die beschuldigt werden, an dem Putschversuch im vergangenen Monat beteiligt gewesen zu sein, erschienen am Freitag zusammen mit Dutzenden anderer Angeklagter vor einem Militärgericht in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa. Unter ihnen war Marcel Malanga, der Sohn des mutmaßlichen Putschistenführers, Oppositionspolitiker Christian Malanga. Ein weiterer Angeklagter ist ein Freund von Malangas Sohn, dessen Familie angibt, er sei im Kongo nur auf Urlaubsreise gewesen. Der dritte US-Bürger ist ein Unternehmer mit Verbindungen zu Malangas Goldgeschäften in Mosambik.
Reuters: Marokkos Hafen Tanger Med erwartet Überschreitung der Containerkapazität. Der marokkanische Hafen Tanger Med, der größte im Mittelmeerraum, rechnet damit, seine nominale Abfertigungskapazität von neun Millionen Containern in diesem Jahr zu übertreffen, so der stellvertretende Geschäftsführer des Hafens. In den anliegenden Industriezonen sind 1.200 Unternehmen angesiedelt, die 110.000 Menschen beschäftigen und im vergangenen Jahr Exporte im Wert von 15 Milliarden US-Dollar erwirtschafteten. Das entspricht einem Fünftel der gesamten marokkanischen Exporte. Es ist geplant, die Industriezonen von 2.500 Hektar auf 5.000 Hektar zu erweitern, um mehr Investoren in Branchen mit hoher Wertschöpfung anzuziehen.
The Punch: Benzinpreise in Nigeria könnten sich halbieren. Der Preis für Benzin an der Zapfsäule dürfte von mehr als 600 Naira pro Liter auf etwa 300 Naira pro Liter sinken, wenn die Dangote Petroleum Refinery und andere einheimische Hersteller mit der Massenproduktion beginnen. Dies geht aus einer Erklärung von Betreibern modularer Raffinerien vom Sonntag hervor. Sie warnten jedoch, dies könne nur erreicht werden, wenn die Regierung die Versorgung der lokalen Raffinerien mit ausreichend Rohöl sicherstellt. Mitte Mai hatte Aliko Dangote, der reichste Mann Afrikas, erklärt, dass Nigeria nach den Plänen der Dangote-Raffinerie ab Juni dieses Jahres kein Benzin mehr importieren müsse.
Al Jazeera: Südafrika legalisiert Cannabis. Kurz vor den südafrikanischen Wahlen ist eine wichtige Änderung der Drogengesetze des Landes erfolgt, die von vielen Beobachtern unbemerkt blieb. Nur einen Tag vor dem historischen Urnengang unterzeichnete Präsident Cyril Ramaphosa den Cannabis for Private Purposes Act, der Südafrika zum ersten afrikanischen Land macht, das den Konsum von Marihuana legalisiert. Erwachsene dürfen die Pflanze nun frei anbauen und konsumieren (außer in Gegenwart von Kindern). Das Gesetz sieht auch vor, dass diejenigen, die zuvor mit solchen Taten gegen das Gesetz verstoßen haben, automatisch aus dem Strafregister gelöscht werden.
Thomas Schäfer – Vorstandsmitglied und Marken-CEO bei Volkswagen / Vorsitzender der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI)
Thomas Schäfer vertritt die geballte Afrika-Kenntnis beim Autobauer VW. Denn Schäfer war langjähriger CEO der VW-Group in Südafrika. Mittlerweile ist der gebürtige Marburger Vorstandsvorsitzender der Pkw-Sparte der Wolfsburger. Das Thema Afrika begleitet Schäfer allerdings immer noch – seit Oktober 2023 ist Schäfer ehrenamtlicher Vorsitzender der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI).
Sabine Dall’Omo – CEO für Subsahara-Afrika bei Siemens / Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft
Seit einem Jahr steht sie dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft vor. Dabei zählt Sabine Dall’Omo zu den wenigen deutschen Managerinnen, die das Afrika-Geschäft ihres Arbeitgebers aus Afrika heraus leiten. Seit mehr als 37 Jahren ist Sabine Dall’Omo “Siemensianerin” und leitet seit mehr als zehn Jahren als CEO Siemens Sub-Saharan Africa das Afrika-Geschäft des Konzerns.
Stefan Tavares Bollow – Geschäftsführer bei Gauff Engineering
Das Ingenieursunternehmen Gauff ist Pionier in Deutschland, wenn es ums Afrika-Geschäft geht. Unternehmensgründer Helmut Gauff ist seit den 1960er-Jahren auf dem Kontinent aktiv. Stefan Tavares Bollow hat in der Zwischenzeit die Geschäftsführung der Gauff GmbH & Co. Engineering KG übernommen und führt das Afrika-Engagement des Unternehmens mit derselben Leidenschaft fort. Dabei hat er seinen Schreibtisch in Viana, nahe der angolanischen Hauptstadt Luanda, stehen.
Florian Witt – Geschäftsfeldleiter International Banking und Firmenkunden bei der Bank Oddo BHF
Es gibt nur wenige Banker in Deutschland, die sich mit so viel Nachdruck für Afrika einsetzen, wie der Geschäftsfeldleiter International Banking, Firmenkunden und Devisenhandel der deutsch-französischen Bank Oddo BHF in Frankfurt. Davor arbeitete Florian Witt bei der Commerzbank und war dort für das Afrika-Geschäft verantwortlich. Lange war er auch im Aufsichtsrat der AKA Ausfuhrkreditbank. Im Vorstand des Afrika-Vereins wie auch bei der Internationalen Handelskammer in Paris setzt er sich dafür ein, bessere Rahmenbedingungen für Finanzierungen in Afrika zu schaffen. Sein Ansatz dabei ist, dass die Wahrnehmung der Risiken im Afrika-Geschäft stärker auf Daten und Fakten aufbauen sollte. Dies ermöglicht nämlich ein deutlich differenzierteres Bild der wahren Risiken.
Stefan Wintels – Vorstandsvorsitzender der KfW-Bankengruppe
Stefan Wintels steht der KfW-Bankengruppe seit 2021 vor. Zuvor machte er in der Privatwirtschaft Karriere bei Deutscher Bank und Citigroup. Für die Förderbank arbeitet er auch aus der Überzeugung, dass Deutschland und Europa im laufenden “Jahrzehnt der Entscheidungen” die Beziehungen zu Afrika neu aufstellen müssen. Wintels hat es sich zum Ziel gemacht, die KfW an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen und sie zur “digitalen Transformations- und Förderbank” auszubauen. Daneben ist die KfW einer der wichtigsten Finanziers von Projekten und Geschäft in Afrika.
Martina Biene – Geschäftsführerin und Vorsitzende der Volkswagen Group Africa
Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Martina Biene für den Wolfsburger Autobauer, unter anderem in den Bereichen Vertrieb, Marketing, Produktplanung und -marketing. 2019 kam sie als Leiterin der Pkw-Marke erstmals nach Südafrika. Nach einer weiteren Station in Wolfsburg kehrte sie 2022 ans Kap zurück und übernahm die Geschäftsführung der afrikanischen VW-Sparte. Seither ist sie auch verantwortlich für das einzige Volkswagen-Werk auf dem Kontinent in Kariega in der südafrikanischen Provinz Ostkap.
Nader Imani – Executive Vice-President Global Education bei Festo Didactic
Der schwäbische Steuerungs- und Automatisierungshersteller Festo hat Bildung als Marktchance schon vor Jahrzehnten für sich entdeckt. Bereits 1962 gründete das Unternehmen seine Tochtergesellschaft Festo Didactic, die Fachkräfte für den Umgang mit seinen hochmodernen technischen Produkten fit macht. Was ursprünglich zur Weiterbildung der eigenen Kunden gedacht war, hat sich inzwischen zu einem international tätigen Aus- und Weiterbildungsunternehmen entwickelt. Nader Imani, bei Festo Didactic als Executive Vice-President für Global Education verantwortlich, weiß genau, wie man in Afrika am besten ausbildet.
Martin Schoeller – Unternehmer
Durch und durch Familienunternehmer ist der Chef der Schoeller Group GmbH in München, die auf Verpackungen spezialisiert ist. So hatte Martin Schoeller den heutigen Bierkasten entwickelt und erzielte damit großen Erfolg. In Afrika selbst ist das Unternehmen nicht aktiv. Doch dem Kontinent gehört Schoellers große Leidenschaft. So hat er das Netzwerk Africa First gegründet, das den Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft auf den afrikanischen Kontinent tragen will.
Markus Thill – President Africa Region bei Bosch
Der Elektrokonzern Robert Bosch aus Stuttgart ist eines der wenigen deutschen Unternehmen, die eine echte Afrika-Strategie entwickelt haben. Markus Thill steht als President Region Africa der in Südafrika angesiedelten Tochtergesellschaft Robert Bosch (Pty) vor. Bosch verfolgt dank Thill für alle Sparten eine klare Strategie, die den gesamten afrikanischen Kontinent: Automobilzuliefergeschäft, Elektrowerkzeuge, Elektrohausgeräte, Erneuerbare Energie. Eine derart systematische Herangehensweise an den afrikanischen Markt ist leider noch zu sehr eine Ausnahme in der deutschen Wirtschaft.
Roland Siller – Geschäftsführer der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG)
Roland Siller ist seit 2021 Vorsitzender der Geschäftsführung der DEG. Die KfW-Tochtergesellschaft finanzierte 2023 mit einem Volumen von 1,9 Milliarden Euro privatwirtschaftliche Investitionen im Globalen Süden. Siller kann als DEG-Chef auf jahrzehntelange Erfahrung in der Finanzierung von Projekten in Entwicklungsländern zurückgreifen. Seit 1993 arbeitet Siller für die KfW und DEG in verschiedenen Positionen.
Das Bergland Fouta Djallon in Guinea ist bekannt als der “Wasserturm Westafrikas”. Hier befinden sich die Quellen der sieben wichtigsten Flüsse in diesem Teil des Kontinents. Der Senegal hat hier seine Quellen, aber auch der Gambia, die beide nach Norden fließen. Der Rio Corubal entspringt in diesen Bergen, der Konkouré, der Little Scarcies, der Tinkisso und schließlich der Niger.
Doch dem Fouta Djallon geht das Wasser aus. Immer häufiger und für immer längere Zeit versiegen die Quellen. Dadurch haben die Dorfbewohner in den Bergen häufig weder Wasser noch Strom. Im Verdacht stehen der Klimawandel und menschliche Eingriffe in den Wasserhaushalt. Jetzt haben eine Delegation der Vereinten Nationen, der Ecowas und diverser Ministerien von Guinea eine Erkundung gestartet. “Bevor wir irgendwelche Aktionen beschließen, müssen wir erst die Diagnose vornehmen“, meint Robert Gouantoueu Guei, Koordinator bei der FAO. Die Mission ist immerhin Ausdruck eines gestiegenen Umweltbewusstseins. hlr