am Montag beginnt der 5. German African Business Summit (GABS) der Subsahara-Afrika Initiative der deutschen Wirtschaft (Safri). Schon vorab fordert der BDI gezielte deutsche Investitionen in die digitale Infrastruktur in Afrika. In einem Thesenpapier, das Table.Briefings exklusiv vorliegt, formuliert der Verband fünf Forderungen an die Politik. An dieser Stelle wollen wir Sie außerdem schon auf unsere Sonderberichterstattung rund um den Gipfel hinweisen. Von Montag bis Mittwoch wird der Africa.Table täglich erscheinen und Sie mit den wichtigsten GABS-Informationen versorgen.
In dieser Ausgabe schauen wir zudem auf Südafrika, das den Vorsitz der G20 ab dem 01. Dezember übernimmt. Mein Kollege Arne Schütte hat analysiert, welche Schwerpunkte das Land während seiner Präsidentschaft setzen will.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Leküre!
Vor dem Start des German African Business Summits (GABS), der am Montag in Nairobi startet, hat der Bundesverband der deutschen Industrie mehr Investitionen in die digitale Infrastruktur Afrikas gefordert. Diese sei zentral, um das volle Potenzial des afrikanischen Freihandelsabkommen (AfCFTA) auszuschöpfen. In dem Thesenpapier formuliert der BDI entsprechend fünf Forderungen an die deutsche (Entwicklungs-)Politik. Demnach muss die deutsche Politik:
Die deutsche Politik ist mit Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck sowie BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbath durchaus prominent auf dem GABS vertreten.
Zwar gilt das AfCFTA als zentraler Katalysator für den innerafrikanischen Handel, dennoch bleiben Zweifel, da der afrikanische Handel durch unzureichende physische Infrastruktur gehemmt wird – insbesondere in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Das belegen auch Zahlen der African Finance Cooperation in einem Bericht zum Stand der afrikanischen Infrastruktur 2024. Demnach kommt Subsahara-Afrika im Schnitt auf 2,3 Kilometer Straße pro 100 Quadratkilometer. Im Vergleich dazu: Indien – eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften weltweit – kommt auf das 60-Fache, nämlich auf 138 Kilometer auf der gleichen Fläche. Diese Handelshemmnisse bleiben also bestehen, sollten lediglich Zölle im Rahmen des AfCFTA fallen, so die Prognose des BDI.
Vor diesem Hintergrund komme der digitalen Infrastruktur besondere Bedeutung zu. Insbesondere, da Afrika in den vergangenen Jahren kaum Investitionen in Straßen, Flughäfen oder ins Schienennetz anlocken konnte. Lediglich in Hafeninfrastruktur wurde mit 13,1 Milliarden US-Dollar in den vergangenen Jahren mehr Geld als in anderen Weltregionen investiert.
Auch die Afrikanische Union (AU) hat die Notwendigkeit des Ausbaus der digitalen Infrastruktur erkannt und während ihres Gipfeltreffens im Februar dieses Jahres das AfCFTA Digital Protocol verabschiedet. Damit will die AU einheitliche Regelungen und Standards für innerafrikanischen digitalen Handel schaffen. Bereits 2020 errechnete die International Finance Corporation zusammen mit Google, dass die afrikanische Internetwirtschaft bis 2050 rund 712 Milliarden US-Dollar einbringen könnte. Zudem könnten 140 Millionen zusätzliche Jobs geschaffen werden.
Doch nicht nur wirtschaftlich ist das Thema relevant, sondern es hat auch eine geopolitische Dimension. In einem Bericht des Forschungsprojekts Megatrends Afrika hieß es bereits 2022, dass die Informations- und Kommunikationstechnikbranche (IKT) ein Schlüsselsektor für die chinesische Wirtschaft und ein wichtiger Teil der chinesischen ausländischen Direktinvestitionen sei. Demnach investierte China bereits 2018 mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar in den IKT-Sektor. Mit Erfolg, wie die Zahlen zeigen: Laut der Internationalen Fernmeldeunion stieg die 3G-Netzabdeckung in Afrika bis 2023 auf 83 Prozent. 2010 lag die Abdeckung noch bei 22 Prozent.
Dabei ist nicht auszuschließen, dass China seine Technik in den afrikanischen Ländern zur Spionage einsetzen und demokratische Regierungssysteme unterwandern könnte, warnen Jason Warner und Toyosi Ajibade vom Centre for Strategic and International Studies (CSIS). Schon jetzt würde China afrikanischen Ländern “Smart-City”-Lösungen zur Verfügung stellen, die von Verkehrsmanagementsystemen, energieeffizienten Gebäudetechnologien, Lösungen für das Abfall- und Wassermanagement bis hin zu intelligenten Gesundheitssystemen reichten. Demnach nutzten folgende Länder bereits die Anwendungen: Botswana, Elfenbeinküste, Ghana, Kenia, Mauritius, Marokko, Südafrika, Uganda, und Sambia.
Am 01. Dezember startet offiziell die südafrikanische G20-Präsidentschaft. Es ist das erste Mal, dass ein afrikanisches Land dem Zusammenschluss der 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer vorsteht, die zusammen 56 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen und für 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich sind. Die Europäische Union und seit vergangenem Jahr auch die Afrikanische Union (AU) sind ebenfalls Mitglieder.
Präsident Cyril Ramaphosa nutzte seine Abschlussrede auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro in der vergangenen Woche schon einmal, um die südafrikanischen Prioritäten für das nächste Jahr zu kommunizieren. Für seinen Vorsitz hat sich Pretoria das Motto “Solidarität, Gleichheit, Nachhaltigkeit” gewählt. Darüber hinaus hat Ramaphosa drei Bereiche zur Priorität erklärt:
Was genau die Südafrikaner mit inklusivem Wachstum meinen und wie konkret es erreicht werden soll, ist noch unklar. Für Melanie Müller, Afrika-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), verweist dieser Punkt auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Südafrikas und anderer afrikanischer Staaten in Folge der Coronapandemie und des Ukrainekriegs. “Das ist etwas, was in Europa nicht mehr so im Blick ist”, sagte Müller im Gespräch mit Table.Briefings. “Es ist dort zu einem wirklich dramatischen Einbruch des Wirtschaftswachstums gekommen”, so Müller weiter. Dieser sei teilweise noch immer nicht überwunden. “Für die afrikanischen Staaten sind hier vor allem hohe Jugendarbeitslosigkeit und die geringe lokale Wertschöpfung wichtige Herausforderungen.”
Auch das Thema Ernährung ist für den afrikanischen Kontinent von zentraler Bedeutung. Durch den Ukrainekrieg sind in vielen Ländern die Lebensmittelpreise in die Höhe geschnellt. Die Auswirkungen des Klimawandels erschweren zudem den lokalen Anbau. So haben Lesotho, Malawi, Namibia, Sambia und Simbabwe in den vergangenen Monaten den nationalen Katastrophenstand ausrufen müssen, da Ernten und Viehbestände durch die anhaltende Dürre zerstört wurden. In Sambia wurden 70 Prozent und in Simbabwe 80 Prozent der Ernte vernichtet, wie Lola Castro, Regionaldirektorin für das südliche Afrika beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, im Juli mitteilte.
Südafrika nimmt also erwartungsgemäß den gesamten Kontinent in den Fokus seines G20-Vorsitzes. Das bestätigt auch SWP-Expertin Müller: “Ich gehe davon aus, dass es eine sehr afrikanische G20-Präsidentschaft wird“, sagt sie. Dabei muss Südafrika allerdings seine Position als einziger afrikanischer Staat in der Gruppe mit der Zugehörigkeit zur AU, die ebenfalls G20-Mitglied ist, ausbalancieren. In der AU ist Südafrika nur eines von 55 Ländern. In der Vergangenheit hatten andere afrikanische Länder Südafrika nicht immer gern in der Rolle des Sprechers für den Kontinent gesehen.
“In den letzten Jahren ist es Südafrika aber gelungen, diesbezüglich moderater aufzutreten und sich etwas sensibler einzubringen”, meint Müller. Zudem komme die Zusammenarbeit auch auf die AU an, die innerhalb der G20 noch neu und unerfahren sei. “Das wird eine spannende Frage, inwiefern Südafrika Erfahrungen weitergibt, wie sich die AU da aufstellt und welche Mechanismen man findet, um sich zu koordinieren. Das ist, glaube ich, eine ziemliche Herausforderung”, sagte Müller.
An das Thema Künstliche Intelligenz (KI), das auch Gegenstand der Diskussionen in Rio war, will Südafrika vertieft anknüpfen. “Neben rechtlichen Fragen und der Regulierung von KI bezieht sich dies auf die Frage, wie sich Industrialisierungsprozesse und Wirtschaften verändern, etwa mit Blick auf Arbeitsplätze und die Notwendigkeit menschlicher Arbeitskraft”, sagte Müller. Es müsse ausgelotet werden, welche positiven und negativen Effekte KI auf eine Volkswirtschaft haben, gerade im globalen Süden.
Eine Taskforce für KI soll diesen Fragen während der südafrikanischen Präsidentschaft auf den Grund gehen und ausloten, wie afrikanische Perspektiven stärker in den internationalen Diskurs eingespeist werden können. “Schließlich findet auf dem Kontinent dazu keine nennenswerte Forschung und Entwicklung statt. Und das, was anderswo entwickelt wird, bezieht afrikanische Perspektiven nicht automatisch mit ein,” so Müller. In diesem Lichte erscheine eine Auseinandersetzung mit KI wichtig.
Weitere Themen, die Ramaphosa in seinen insgesamt drei Reden in Rio für wichtig erklärte, sind der Kampf gegen den Klimawandel, Stärkung und Reform multilateraler Institutionen und Mechanismen sowie ein faireres globales Finanzsystem, etwa mit Blick auf Umschuldung. All dies sind Anliegen, die sowohl Südafrika als auch andere Länder des globalen Südens immer wieder auf die Agenda gesetzt haben.
Südafrikas G20-Vorsitz könnte zum geopolitischen Drahtseilakt werden, glaubt Müller. “Südafrikas Vorsitz folgt auf Indien und Brasilien. Diese drei mittleren Mächte aus dem globalen Süden haben sich in den letzten Jahren stark koordiniert. Sie wollen sich nicht in einen Systemkonflikt zwischen China und den USA reinziehen lassen und stattdessen gemeinsam daran arbeiten, multilaterale Strukturen gerechter zu gestalten”, sagt sie. Für Südafrika wird das nicht einfach, denn sowohl China als auch die USA sind wichtige Handelspartner für das Land.
Im Westen der namibischen Hauptstadt Windhoek befindet sich die einzige offizielle Mao-Zedong-Statue außerhalb Chinas. Sie wurde im Sommer 2024 als Wahrzeichen der von China mitfinanzierten “Chairman Mao Schule” im Stadtteil Otjomuise enthüllt. Chinas Botschafter Zhao Weiping erklärte zur Einweihung, der Große Vorsitzende stünde für die “ewige Freundschaft” der beiden Länder. Der namibische Schriftsteller und Politologe Joseph Diescho kritisierte die Errichtung der Statue auf “Namibias souveränem Boden” dagegen scharf: Die Entscheidung sei ganz offenbar ohne die Beteiligung von Namibiern getroffen worden, kommentierte er trocken.
So oder so: Die Statue ist ein deutliches Symbol für das selbstbewusste Auftreten der Chinesen in dem südafrikanischen Land, das bis 1915 deutsche Kolonie war und bis zur Unabhängigkeit im Jahr 1990 unter südafrikanischer Vorherrschaft stand. Von den drei Millionen Einwohnern des Landes sind laut Schätzungen zwischen 4.000 und 6.000 Menschen chinesische Staatsbürger oder chinesischstämmige Namibier, projektgebundene Vertragsarbeiter nicht einberechnet. Im Straßenbild sind sie, abgesehen von Restaurants, vereinzelten “China Shops” und dem übersehbaren China Town in der Hauptstadt erstaunlich unsichtbar.
In der namibischen Wirtschaft sind die Chinesen dafür umso präsenter. Auch wenn die chinesischen Direktinvestitionen in Namibia im Gegensatz zu anderen afrikanischen Ländern wie Kenia, Südafrika oder Angola eher gering ausfallen, dominieren chinesische Firmen den Wettbewerb um staatliche Ausschreibungen in unzähligen Sektoren.
Chinesische Unternehmen haben in den vergangenen Jahren in Namibia Bürogebäude, Straßen, Eisenbahnen, Häfen und Flughäfen gebaut und erneuert. Der deutsch-namibische Politik- und Afrikawissenschaftler Henning Melber spricht im Interview mit Table.Briefings von einem “Quasi-Monopol chinesischer Firmen bei der Vergabe von Staatsaufträgen für öffentliche Arbeiten”.
Auch Mega-Projekte wie die größte Meerwasserentsalzungsanlage Namibias oder das größte Solarkraftwerk des Landes werden von chinesischen Konzernen unter Aufbietung von Win-Win-Superlativen umgesetzt. Besonders aktiv sind chinesische Firmen im Bergbausektor, der 14,4 Prozent zum namibischen Bruttoinlandsprodukt beiträgt. Ein Monopol haben die Chinesen dabei vor allem beim Abbau von Uran.
2019 hatte die China National Uranium Corporation Limited (CNUC) die Uranmine Rössing, eine der größten und am längsten betriebenen Uranminen der Welt, vom britisch-australischen Bergbaugiganten Rio Tinto übernommen. Etwa 4,5 Prozent des weltweiten Uranangebots kommen von hier. Im Gegenzug importiert Namibia hauptsächlich Konsumgüter, Textilien, Elektronik und leichte Maschinen aus China. Im vergangenen Jahr entfielen rund 8,9 Prozent der Gesamteinfuhren Namibias auf China. Damit ist die Volksrepublik nach Südafrika der wichtigste Wirtschaftspartner des Landes.
Während die politische Elite des Landes die chinesischen Aktivitäten hofiert und befürwortet, sind unter den einfachen Namibiern Ressentiments nicht ungewöhnlich. Hört man sich auf den Straßen um, wird zwar anerkannt, dass China seine Projekte planmäßig und in der Regel gut umsetzt. Andererseits wird aber auch seit Jahren kritisiert, dass die Chinesen lokalen Arbeitskräften zu geringe Löhne zahlen und sie mitunter schlecht behandeln.
Erst im Januar hatte die chinesische Botschaft in Namibia derlei Vorwürfe erneut zurückgewiesen: Man halte sich an lokale Standards und Geschäftspraktiken. So negativ wie um das Jahr 2021, als es unter Führung des Gewerkschaftsaktivisten Michael Amushelelo sogar anti-chinesische Proteste gab, sei die Stimmung jedoch nicht mehr, sagt die Politikanalystin Rakkel Andreas, die für das namibischen Institute for Public Policy Research (IPPR) ein Papier über die chinesisch-namibischen Beziehungen mitgeschrieben hat.
“Die anti-chinesische Stimmung ging zum Teil auch darauf zurück, dass Namibier das Gefühl hatten, dass der Zustrom von kleinen chinesischen Pop-up-Läden Räume besetzte, in denen sie sonst ihre Waren verkauften.” Viele chinesische Geschäftsinhaber würden, sensibilisiert von den Ereignissen, mittlerweile umsichtiger vorgehen, sagt Andreas. Und gerade auf dem Land hätten ihre Läden auch eine Versorgungslücke geschlossen.
Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die am Donnerstag stattfinden und voraussichtlich am Wochenende ausgezählt sein werden, habe China als Thema und Einflussagent dementsprechend kaum eine Rolle gespielt, sagt Andreas. Peking scheint am Wahlsieg der Swapo Party of Namibia (ehemals South-West Africa People’s Organisation), der Partei, die seit der Unabhängigkeit Namibias im Jahr 1990 ununterbrochen an der Macht ist, nicht zu zweifeln.
Die Swapo unterhält mit Peking eine langjährige “Allwetterfreundschaft”, die noch auf die Zeit vor der Unabhängigkeit zurückgeht und stets auch Parteispenden und Stipendien für Kader und Kaderkinder beinhaltete. Die Swapo-Regierung stand auch in ihrer antiimperialistischen Rhetorik und der Idee eines Sozialismus mit namibischer Charakteristik Peking stets nahe. Vielen Namibiern, insbesondere den jüngeren zufolge, mangelt es der Swapo jedoch an Visionen für die Zukunft, etwa ein Rezept gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Sie sagen, die Partei habe eine korrupte Vetternwirtschaft geschaffen und den Ausverkauf des Landes vorangetrieben, vor allem auch an China.
Der Handel Namibias mit der Volksrepublik sei nach wie vor nicht diversifiziert und trage daher nicht zu den wirtschaftlichen Ambitionen Namibias bei, durch Industrialisierung das Beschäftigungsniveau und den Lebensstandard zu erhöhen, schreibt der Thinktank IPPR. Noch einen Tag vor der Präsidentschaftswahl forderte die Construction Industries Federation of Namibia (CIF) die kommende Regierung auf, bei der Vergabe von Bauaufträgen mehr lokale Unternehmen zu berücksichtigen. Als schlechtes Beispiel nannte die Federation das Projekt zur Erneuerung der Ogongo-Oshakati-Pipeline im Wert von 12,56 Millionen Euro, das vollständig an ausländische Auftragnehmer vergeben wurde, darunter die China Gezhouba Group Company und die China Jiangxi Economic and Technical International Corporation.
“Im Falle der wahrscheinlichen Wahl der Swapo-Kandidatin Netumbo Nandi Ndaitwah wird die beiderseits erklärte Allwetterfreundschaft zwischen China und Namibia weiter gefestigt. Sie war bereits als Außenministerin eine zuverlässige Verbündete”, sagt Henning Melber. Sollte der Fall eintreten, dass sich die politischen Verhältnisse grundlegend ändern, wäre je nach Konstellation eine Revision dieser Beziehungen jedoch nicht gänzlich auszuschließen. “Insbesondere bei der bevorzugten Vergabe von Staatsaufträgen für öffentliche Arbeiten wie Straßenbau würde wohl das Quasi-Monopol chinesischer Firmen zugunsten der Berücksichtigung der heimischen Bauindustrie wanken. Der Präsenz Chinas im Bergbausektor und insbesondere der Uranförderung dürfte dies aber keinen Abbruch tun.”
Am Dienstag hat Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Memoiren vorgestellt. Auf über 700 Seiten blickt sie dabei auf ihren persönlichen Werdegang und ihre 16 Jahre dauernde Kanzlerschaft zurück. Ein eigenes Kapitel widmet Merkel dabei auch ihrer Afrika-Politik – insgesamt knapp sechs Seiten. Dabei fokussiert sich Merkel auf zwei zentrale Themenkomplexe: zunächst der Kampf gegen Ebola und schließlich die Gründung des Compact with Africa (CwA). Hinzu kommt noch ein kurzes Kapitel über den Konflikt in Libyen.
Ausgangspunkt für den CwA seien die Krisenerfahrungen mit Ebola, aber auch die zunehmende Migration gewesen. “Ein sich selbst tragender wirtschaftlicher Aufschwung konnte nur dort entstehen, wo private Investoren durch eine gute Regierungsführung unterstützt wurden”, schreibt Merkel in ihrem Buch. Daher habe sie private Investitionen in den Ländern besonders fördern wollen, in denen sich die Regierungsführung verbesserte.
Insbesondere mit Blick auf China sei es ihr zudem darum gegangen, neue, faire Partnerschaften zwischen den G20 und den afrikanischen Ländern aufzubauen und eine Alternative zu chinesischen Initiativen zu entwickeln. Dies sei ihr gelungen, resümiert Merkel selbstbewusst. Etwas irritierend ist dabei allerdings, dass Merkel offenbar erst mit dem Compact with Africa ein Interesse an den afrikanischen Ländern entwickelt hat. “Um die Vielfalt der afrikanischen Länder besser kennenzulernen, besuchte ich seit 2016 in jedem Jahr einige von ihnen“, schreibt die Ex-Kanzlerin. Da war sie allerdings schon mehr als zehn Jahre im Amt. Dabei hätte die Zusammenarbeit schon zu Beginn viel enger laufen können – war doch Merkels erster ausländischer Staatsgast Namibias damaliger Präsident Hifikepunye Pohamba. dre
Al Jazeera: Russische Uran-Vorhaben könnten Namibias Grundwasser gefährden. Das russische Staatsunternehmen Rosatom will in einer der ärmsten Regionen Namibias nach Uran bohren. Die örtlichen Bauern fürchten um eine lebenswichtige Wasserader, die das südliche Afrika versorgt. Dem Konzern wird vorgeworfen, eine Einflusskampagne in Namibia zu führen, um die Bedenken zu zerstreuen. (“Is Russia poisoning Namibia’s water in its hunt for uranium?”)
VOA: Hoffnung auf US-Investitionen. Tibor P. Nagy Jr., in Donald Trumps erster Regierung Vize-Unterstaatssekretär für afrikanische Angelegenheiten, hat sich dafür ausgesprochen, dass die neue US-Regierung unter Trump mehr in Afrika investiert und den African Growth and Opportunity Act (AGOA) erneuert. (“Incoming Trump administration ‘optimistic’ about the future of U.S.- Africa relations”)
BBC: Propagandastar zurück in Russland. Kürzlich ist der russische Propagandist Maxim Shugalei, der in Afrika eng mit der Gruppe Wagner zusammenarbeitet, aus dem Gefängnis im Tschad entlassen worden. Zwei Monate zuvor war er im September verhaftet worden. Nun ist er gemeinsam mit zwei weiteren russischen Mithäftlingen in seine Heimat ausgereist. (“Why Russia’s Africa propaganda warrior was sent home”)
BBC: Faustine Ndugulile in Indien gestorben. Der neue Regionaldirektor der Weltgesundheitsorganisation für Afrika, Dr. Faustine Ndugulile aus Tansania, ist nur drei Monate nach seiner Wahl gestorben. Der 55-jährige Abgeordnete und Arzt starb am Mittwochmorgen während einer Behandlung in Indien.
(“Africa’s incoming health boss dies aged 55”)
Telegraph: Starlink macht Internet billiger. Die Einführung des Internetdienstes Starlink in Afrika könnte die Verbreitung von Telegesundheitsdiensten auf dem Kontinent beschleunigen. Seit Anfang 2023 wurde Starlink in 15 afrikanischen Ländern eingeführt, was dazu führte, dass einige lokale Anbieter mit Preiskämpfen reagierten und die Kosten für ihre Nutzer senkten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. (“Starlink roll-out across Africa could transform digital health services”)
Deutschlandfunk: Immer mehr Binnenflüchtlinge. Die Zahl der Binnenflüchtlinge in Afrika hat sich in den letzten 15 Jahren verdreifacht. Laut dem Bericht der Beobachtungsstelle für Binnenvertriebene flohen die meisten vor Gewalt und bewaffneten Konflikten. Besonders betroffen waren der Sudan, die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Nigeria und Somalia. (“Zahl der Binnenflüchtlinge in afrikanischen Ländern verdreifacht sich”)
Le Monde: Räumungsaktionen beendet. Die Regierung der Elfenbeinküste hat die sofortige Einstellung der “Räumungsaktionen” in der Millionenmetropole Abidjan angekündigt. Die Räumungen, die im Januar begonnen hatten, wurden mit unhygienischen Zuständen und der Gefahr von Unruhen begründet. (“Côte d’Ivoire : les destructions de quartiers insalubres suspendues à Abidjan”)
Washington Post: Amtsenthebungsverfahren soll wieder aufgenommen werden. Zwei südafrikanische Oppositionsparteien haben das oberste Gericht des Landes gebeten, das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Cyril Ramaphosa wegen des sogenannten Sofa-Skandals wiederaufzunehmen. Bei dem Fall geht es um mehr als eine halbe Million Dollar Bargeld, die er in einem Sofa auf seiner Ranch versteckt hatte. (“Opposition parties ask South Africa’s top court to revive impeachment hearings for the president”)
NTV: Schlag gegen Cyberkriminelle. Interpol nahm in Afrika 1006 Personen unter dem Verdacht der Internet-Kriminalität fest. Die “Operation Serengeti” fand vom 2. September bis zum 31. Oktober in 19 afrikanischen Ländern statt. Ziel waren mutmaßliche Kriminelle, die durch Ransomware, Hackerangriffe und digitale Erpressung Zehntausende Menschen finanziell geschädigt haben. (“Schlag gegen Cyberkriminalität: Interpol nimmt mehr als 1000 Menschen in Afrika fest”)
Semafor: Zugang zu internationalen Kapitalmärkten. Simbabwe hat seinen Gläubigern am Montag seine neue Wirtschaftspolitik vorgestellt, damit den Weg zurück zu den internationalen Kapitalmärkten zu ebnen. Teil der Politik ist ein Entschädigungspaket in Höhe von 331 Millionen US-Dollar für weiße Farmer, deren Farmen vor 25 Jahren enteignet wurden. (“Zimbabwe plots return to international capital markets”)
Africanews: Warnung vor Überschwemmungen. Umweltgruppen in Ghana warnen vor der Überschwemmungsgefahr in der Hauptstadt Accra und fordern die Regierung auf, dem Hochwasserschutz Priorität einzuräumen und weitere Präventivmaßnahmen zu ergreifen. In Accra leben fast drei Millionen Menschen. Aufgrund der Überbevölkerung mussten Zehntausende in hochwassergefährdete Gebiete ziehen. (“Risk of floods in Ghana’s capital of Accra blamed on city planning”)
Inge Herbert, Regionaldirektorin für Subsahara-Afrika der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF), hat lange vor dem Ukraine-Krieg und den weltweiten wirtschaftlichen und geopolitischen Verwerfungen erkannt, wie wichtig Afrika ist: “Es gibt jetzt wesentlich mehr Interesse an Afrika in der Welt. Wir Europäer müssen uns anstrengen, um weiterhin auf dem Kontinent relevant zu bleiben”, urteilt sie im Gespräch mit Table.Briefings. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Herbert in afrikanischen Ländern tätig, darunter in Südafrika, im Senegal, in der Elfenbeinküste, Mali und Tansania.
Mit ihrer Arbeit will sie helfen, Brücken zwischen Europa und Afrika aufzubauen und Vorurteile sowie Klischees abzubauen. Ihr Engagement für die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Kontinenten führte sie in bedeutende Positionen, unter anderem in Dakar, Daressalam oder derzeit Johannesburg, wo sie das FNF-Regionalbüro leitet. Wo Herbert tätig ist, wirbt sie für mehr Verständnis und Austausch. Denn sie ist überzeugt: Afrika ist voller Vielfalt, Innovation, wirtschaftlichem Potenzial und wird in Zukunft eine noch prominentere Rolle in der Welt einnehmen.
Als familiäre Umstände die ausgebildete Juristin 2005 erstmals nach Afrika führten, erkannte sie schnell, welche Chancen die Region bieten und wie viel sie mit ihrer beruflichen und persönlichen Erfahrung erreichen kann. Zuvor war sie für das Stakeholder-Management des millionenschweren Unternehmens Veolia Water in Berlin verantwortlich. Danach folgte sie ihrer Leidenschaft für Kunst und vermarktete das Kunsthandwerk von tansanischen Massai-Frauen an internationale Kunden.
Zugleich absolvierte Herbert an der University of Cape Town (UCT) Afrikas renommiertes Executive MBA-Programm und begann, ein panafrikanisches Netzwerk aufzubauen, in dem sich heute zahlreiche Vordenker und Entscheider des Kontinents befinden. Die guten Verbindungen helfen ihr bei ihrer Arbeit, die tief in der Überzeugung verwurzelt ist, dass Bildung und Empowerment die Schlüssel zu selbst bestimmter Entwicklung sind.
Diese Vision leitete auch ihre Arbeit beim African World Heritage Fund in Johannesburg, wo sie als Head of International Partnerships and Communication Kampagnen und Finanzierungsstrategien entwickelte. Auf Konferenzen von internationalen Organisationen wie der UNESCO oder der African Union (AU) warb sie für Afrikas Weltkulturerbestätte, die sie als kulturelles Fundament für selbstbewusste sozioökonomische Entwicklung und als “Image-Booster” für Afrika betrachtet.
Nach Stationen in Ostafrika und Südafrika folgte 2013 ihr erstes Engagement für die FNF in Westafrika. Als Projektleiterin im Senegal, in der Elfenbeinküste und in Mali baute sie mit lokalen und internationalen Partnern Initiativen in den Bereichen Bildung, Menschenrechte und Marktwirtschaft auf. Sie war damit so erfolgreich, dass ihr die Elfenbeinküste den “Officier de l’Ordre National de la Côte d’Ivoire” verlieh.
Die hohe Auszeichnung war eine Anerkennung für die engen Verbindungen auf Augenhöhe, die Herbert zwischen Westafrika und Europa fünf Jahre lang aufgebaut hatte, vor allem bei der “Unterstützung von Entwicklungs- und Bildungsmaßnahmen für Jugendliche, politische Führer und die Zivilgesellschaft der Elfenbeinküste”, wie es in der Begründung hieß. Herberts Beitrag für die “Sensibilisierung für irreguläre Migration seit 2014” wurde ebenfalls gewürdigt.
Heute verantwortet Herbert als Regionalbüroleiterin die Projekte der Stiftung in der gesamten Region Subsahara-Afrika. Von Johannesburg steuert sie die Zusammenarbeit mit Partnern wie dem ugandischen Oppositionsführer Bobi Wine oder der südafrikanischen Regierungspartei Democratic Alliance (DA). “Wir befähigen und unterstützen Menschen dabei, sich weiterzuentwickeln”, beschreibt sie den Kern ihrer Arbeit.
Ihre Kooperation mit der “African Leadership Academy” in Johannesburg oder die Verleihung des “Africa Freedom Prize” an Autorinnen wie Chimamanda Ngozi Adichie (Nigeria) und Tsitsi Dangarembga (Simbabwe) zeigen, wie sie Organisationen und Individuen unterstützt, die für eine selbstbestimmte Zukunft einstehen. In diesem Jahr ging der Freedom Prize zum ersten Mal an ein amtierendes Staatsoberhaupt: Wavel Ramkalawan, Präsident der Seychellen.
Herbert wünscht sich, dass noch mehr Menschen das Potenzial Afrikas erkennen. Daran möchte sie weiterarbeiten – als politische und kulturelle Botschafterin, angetrieben von einer Leidenschaft für Afrika, das, wie sie sagt, “einem mehr gibt als man selbst geben kann”. Andreas Sieren
Auf den ersten Blick schreibt Michael Birnbaum in seinem zweiten Roman nach Mulele eine packende Geschichte über den Sudan. Das Dinka-Mädchen Adur wird von Sklavenhändlern entführt und in Khartum an eine wohlhabende Familie verkauft. Ihr Vater versucht mithilfe des deutschen Journalisten Michael Baumann wiederzufinden. Doch es geht nur vordergründig um diese Geschichte. Tatsächlich geht es darum, wie westliche Diplomaten den modernen Sklavenhandel für ihre Machtpolitik instrumentalisieren. So bekommt auch Birnbaums zweiter Roman einen packenden Bezug zur Aktualität.
Stand Birnbaums erster Roman in der Tradition von William Forsythe oder John Le Carré, hat Adur seine Stärken in Beschreibungen und Erzählungen. Wieder spielt Birnbaum gekonnt aus, dass er als ehemaliger Korrespondent der Süddeutschen Zeitung bestens mit den Konflikten, ethnischen und kulturellen Zusammenhängen in dieser Region Afrikas vertraut ist. hlr
Michael Birnbaum: Adur. Ein Sklavenroman aus dem Sudan. Verlag epubli. Taschenbuch, 538 Seiten, 19,99 Euro.
am Montag beginnt der 5. German African Business Summit (GABS) der Subsahara-Afrika Initiative der deutschen Wirtschaft (Safri). Schon vorab fordert der BDI gezielte deutsche Investitionen in die digitale Infrastruktur in Afrika. In einem Thesenpapier, das Table.Briefings exklusiv vorliegt, formuliert der Verband fünf Forderungen an die Politik. An dieser Stelle wollen wir Sie außerdem schon auf unsere Sonderberichterstattung rund um den Gipfel hinweisen. Von Montag bis Mittwoch wird der Africa.Table täglich erscheinen und Sie mit den wichtigsten GABS-Informationen versorgen.
In dieser Ausgabe schauen wir zudem auf Südafrika, das den Vorsitz der G20 ab dem 01. Dezember übernimmt. Mein Kollege Arne Schütte hat analysiert, welche Schwerpunkte das Land während seiner Präsidentschaft setzen will.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Leküre!
Vor dem Start des German African Business Summits (GABS), der am Montag in Nairobi startet, hat der Bundesverband der deutschen Industrie mehr Investitionen in die digitale Infrastruktur Afrikas gefordert. Diese sei zentral, um das volle Potenzial des afrikanischen Freihandelsabkommen (AfCFTA) auszuschöpfen. In dem Thesenpapier formuliert der BDI entsprechend fünf Forderungen an die deutsche (Entwicklungs-)Politik. Demnach muss die deutsche Politik:
Die deutsche Politik ist mit Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck sowie BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbath durchaus prominent auf dem GABS vertreten.
Zwar gilt das AfCFTA als zentraler Katalysator für den innerafrikanischen Handel, dennoch bleiben Zweifel, da der afrikanische Handel durch unzureichende physische Infrastruktur gehemmt wird – insbesondere in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Das belegen auch Zahlen der African Finance Cooperation in einem Bericht zum Stand der afrikanischen Infrastruktur 2024. Demnach kommt Subsahara-Afrika im Schnitt auf 2,3 Kilometer Straße pro 100 Quadratkilometer. Im Vergleich dazu: Indien – eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften weltweit – kommt auf das 60-Fache, nämlich auf 138 Kilometer auf der gleichen Fläche. Diese Handelshemmnisse bleiben also bestehen, sollten lediglich Zölle im Rahmen des AfCFTA fallen, so die Prognose des BDI.
Vor diesem Hintergrund komme der digitalen Infrastruktur besondere Bedeutung zu. Insbesondere, da Afrika in den vergangenen Jahren kaum Investitionen in Straßen, Flughäfen oder ins Schienennetz anlocken konnte. Lediglich in Hafeninfrastruktur wurde mit 13,1 Milliarden US-Dollar in den vergangenen Jahren mehr Geld als in anderen Weltregionen investiert.
Auch die Afrikanische Union (AU) hat die Notwendigkeit des Ausbaus der digitalen Infrastruktur erkannt und während ihres Gipfeltreffens im Februar dieses Jahres das AfCFTA Digital Protocol verabschiedet. Damit will die AU einheitliche Regelungen und Standards für innerafrikanischen digitalen Handel schaffen. Bereits 2020 errechnete die International Finance Corporation zusammen mit Google, dass die afrikanische Internetwirtschaft bis 2050 rund 712 Milliarden US-Dollar einbringen könnte. Zudem könnten 140 Millionen zusätzliche Jobs geschaffen werden.
Doch nicht nur wirtschaftlich ist das Thema relevant, sondern es hat auch eine geopolitische Dimension. In einem Bericht des Forschungsprojekts Megatrends Afrika hieß es bereits 2022, dass die Informations- und Kommunikationstechnikbranche (IKT) ein Schlüsselsektor für die chinesische Wirtschaft und ein wichtiger Teil der chinesischen ausländischen Direktinvestitionen sei. Demnach investierte China bereits 2018 mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar in den IKT-Sektor. Mit Erfolg, wie die Zahlen zeigen: Laut der Internationalen Fernmeldeunion stieg die 3G-Netzabdeckung in Afrika bis 2023 auf 83 Prozent. 2010 lag die Abdeckung noch bei 22 Prozent.
Dabei ist nicht auszuschließen, dass China seine Technik in den afrikanischen Ländern zur Spionage einsetzen und demokratische Regierungssysteme unterwandern könnte, warnen Jason Warner und Toyosi Ajibade vom Centre for Strategic and International Studies (CSIS). Schon jetzt würde China afrikanischen Ländern “Smart-City”-Lösungen zur Verfügung stellen, die von Verkehrsmanagementsystemen, energieeffizienten Gebäudetechnologien, Lösungen für das Abfall- und Wassermanagement bis hin zu intelligenten Gesundheitssystemen reichten. Demnach nutzten folgende Länder bereits die Anwendungen: Botswana, Elfenbeinküste, Ghana, Kenia, Mauritius, Marokko, Südafrika, Uganda, und Sambia.
Am 01. Dezember startet offiziell die südafrikanische G20-Präsidentschaft. Es ist das erste Mal, dass ein afrikanisches Land dem Zusammenschluss der 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer vorsteht, die zusammen 56 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen und für 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich sind. Die Europäische Union und seit vergangenem Jahr auch die Afrikanische Union (AU) sind ebenfalls Mitglieder.
Präsident Cyril Ramaphosa nutzte seine Abschlussrede auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro in der vergangenen Woche schon einmal, um die südafrikanischen Prioritäten für das nächste Jahr zu kommunizieren. Für seinen Vorsitz hat sich Pretoria das Motto “Solidarität, Gleichheit, Nachhaltigkeit” gewählt. Darüber hinaus hat Ramaphosa drei Bereiche zur Priorität erklärt:
Was genau die Südafrikaner mit inklusivem Wachstum meinen und wie konkret es erreicht werden soll, ist noch unklar. Für Melanie Müller, Afrika-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), verweist dieser Punkt auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Südafrikas und anderer afrikanischer Staaten in Folge der Coronapandemie und des Ukrainekriegs. “Das ist etwas, was in Europa nicht mehr so im Blick ist”, sagte Müller im Gespräch mit Table.Briefings. “Es ist dort zu einem wirklich dramatischen Einbruch des Wirtschaftswachstums gekommen”, so Müller weiter. Dieser sei teilweise noch immer nicht überwunden. “Für die afrikanischen Staaten sind hier vor allem hohe Jugendarbeitslosigkeit und die geringe lokale Wertschöpfung wichtige Herausforderungen.”
Auch das Thema Ernährung ist für den afrikanischen Kontinent von zentraler Bedeutung. Durch den Ukrainekrieg sind in vielen Ländern die Lebensmittelpreise in die Höhe geschnellt. Die Auswirkungen des Klimawandels erschweren zudem den lokalen Anbau. So haben Lesotho, Malawi, Namibia, Sambia und Simbabwe in den vergangenen Monaten den nationalen Katastrophenstand ausrufen müssen, da Ernten und Viehbestände durch die anhaltende Dürre zerstört wurden. In Sambia wurden 70 Prozent und in Simbabwe 80 Prozent der Ernte vernichtet, wie Lola Castro, Regionaldirektorin für das südliche Afrika beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, im Juli mitteilte.
Südafrika nimmt also erwartungsgemäß den gesamten Kontinent in den Fokus seines G20-Vorsitzes. Das bestätigt auch SWP-Expertin Müller: “Ich gehe davon aus, dass es eine sehr afrikanische G20-Präsidentschaft wird“, sagt sie. Dabei muss Südafrika allerdings seine Position als einziger afrikanischer Staat in der Gruppe mit der Zugehörigkeit zur AU, die ebenfalls G20-Mitglied ist, ausbalancieren. In der AU ist Südafrika nur eines von 55 Ländern. In der Vergangenheit hatten andere afrikanische Länder Südafrika nicht immer gern in der Rolle des Sprechers für den Kontinent gesehen.
“In den letzten Jahren ist es Südafrika aber gelungen, diesbezüglich moderater aufzutreten und sich etwas sensibler einzubringen”, meint Müller. Zudem komme die Zusammenarbeit auch auf die AU an, die innerhalb der G20 noch neu und unerfahren sei. “Das wird eine spannende Frage, inwiefern Südafrika Erfahrungen weitergibt, wie sich die AU da aufstellt und welche Mechanismen man findet, um sich zu koordinieren. Das ist, glaube ich, eine ziemliche Herausforderung”, sagte Müller.
An das Thema Künstliche Intelligenz (KI), das auch Gegenstand der Diskussionen in Rio war, will Südafrika vertieft anknüpfen. “Neben rechtlichen Fragen und der Regulierung von KI bezieht sich dies auf die Frage, wie sich Industrialisierungsprozesse und Wirtschaften verändern, etwa mit Blick auf Arbeitsplätze und die Notwendigkeit menschlicher Arbeitskraft”, sagte Müller. Es müsse ausgelotet werden, welche positiven und negativen Effekte KI auf eine Volkswirtschaft haben, gerade im globalen Süden.
Eine Taskforce für KI soll diesen Fragen während der südafrikanischen Präsidentschaft auf den Grund gehen und ausloten, wie afrikanische Perspektiven stärker in den internationalen Diskurs eingespeist werden können. “Schließlich findet auf dem Kontinent dazu keine nennenswerte Forschung und Entwicklung statt. Und das, was anderswo entwickelt wird, bezieht afrikanische Perspektiven nicht automatisch mit ein,” so Müller. In diesem Lichte erscheine eine Auseinandersetzung mit KI wichtig.
Weitere Themen, die Ramaphosa in seinen insgesamt drei Reden in Rio für wichtig erklärte, sind der Kampf gegen den Klimawandel, Stärkung und Reform multilateraler Institutionen und Mechanismen sowie ein faireres globales Finanzsystem, etwa mit Blick auf Umschuldung. All dies sind Anliegen, die sowohl Südafrika als auch andere Länder des globalen Südens immer wieder auf die Agenda gesetzt haben.
Südafrikas G20-Vorsitz könnte zum geopolitischen Drahtseilakt werden, glaubt Müller. “Südafrikas Vorsitz folgt auf Indien und Brasilien. Diese drei mittleren Mächte aus dem globalen Süden haben sich in den letzten Jahren stark koordiniert. Sie wollen sich nicht in einen Systemkonflikt zwischen China und den USA reinziehen lassen und stattdessen gemeinsam daran arbeiten, multilaterale Strukturen gerechter zu gestalten”, sagt sie. Für Südafrika wird das nicht einfach, denn sowohl China als auch die USA sind wichtige Handelspartner für das Land.
Im Westen der namibischen Hauptstadt Windhoek befindet sich die einzige offizielle Mao-Zedong-Statue außerhalb Chinas. Sie wurde im Sommer 2024 als Wahrzeichen der von China mitfinanzierten “Chairman Mao Schule” im Stadtteil Otjomuise enthüllt. Chinas Botschafter Zhao Weiping erklärte zur Einweihung, der Große Vorsitzende stünde für die “ewige Freundschaft” der beiden Länder. Der namibische Schriftsteller und Politologe Joseph Diescho kritisierte die Errichtung der Statue auf “Namibias souveränem Boden” dagegen scharf: Die Entscheidung sei ganz offenbar ohne die Beteiligung von Namibiern getroffen worden, kommentierte er trocken.
So oder so: Die Statue ist ein deutliches Symbol für das selbstbewusste Auftreten der Chinesen in dem südafrikanischen Land, das bis 1915 deutsche Kolonie war und bis zur Unabhängigkeit im Jahr 1990 unter südafrikanischer Vorherrschaft stand. Von den drei Millionen Einwohnern des Landes sind laut Schätzungen zwischen 4.000 und 6.000 Menschen chinesische Staatsbürger oder chinesischstämmige Namibier, projektgebundene Vertragsarbeiter nicht einberechnet. Im Straßenbild sind sie, abgesehen von Restaurants, vereinzelten “China Shops” und dem übersehbaren China Town in der Hauptstadt erstaunlich unsichtbar.
In der namibischen Wirtschaft sind die Chinesen dafür umso präsenter. Auch wenn die chinesischen Direktinvestitionen in Namibia im Gegensatz zu anderen afrikanischen Ländern wie Kenia, Südafrika oder Angola eher gering ausfallen, dominieren chinesische Firmen den Wettbewerb um staatliche Ausschreibungen in unzähligen Sektoren.
Chinesische Unternehmen haben in den vergangenen Jahren in Namibia Bürogebäude, Straßen, Eisenbahnen, Häfen und Flughäfen gebaut und erneuert. Der deutsch-namibische Politik- und Afrikawissenschaftler Henning Melber spricht im Interview mit Table.Briefings von einem “Quasi-Monopol chinesischer Firmen bei der Vergabe von Staatsaufträgen für öffentliche Arbeiten”.
Auch Mega-Projekte wie die größte Meerwasserentsalzungsanlage Namibias oder das größte Solarkraftwerk des Landes werden von chinesischen Konzernen unter Aufbietung von Win-Win-Superlativen umgesetzt. Besonders aktiv sind chinesische Firmen im Bergbausektor, der 14,4 Prozent zum namibischen Bruttoinlandsprodukt beiträgt. Ein Monopol haben die Chinesen dabei vor allem beim Abbau von Uran.
2019 hatte die China National Uranium Corporation Limited (CNUC) die Uranmine Rössing, eine der größten und am längsten betriebenen Uranminen der Welt, vom britisch-australischen Bergbaugiganten Rio Tinto übernommen. Etwa 4,5 Prozent des weltweiten Uranangebots kommen von hier. Im Gegenzug importiert Namibia hauptsächlich Konsumgüter, Textilien, Elektronik und leichte Maschinen aus China. Im vergangenen Jahr entfielen rund 8,9 Prozent der Gesamteinfuhren Namibias auf China. Damit ist die Volksrepublik nach Südafrika der wichtigste Wirtschaftspartner des Landes.
Während die politische Elite des Landes die chinesischen Aktivitäten hofiert und befürwortet, sind unter den einfachen Namibiern Ressentiments nicht ungewöhnlich. Hört man sich auf den Straßen um, wird zwar anerkannt, dass China seine Projekte planmäßig und in der Regel gut umsetzt. Andererseits wird aber auch seit Jahren kritisiert, dass die Chinesen lokalen Arbeitskräften zu geringe Löhne zahlen und sie mitunter schlecht behandeln.
Erst im Januar hatte die chinesische Botschaft in Namibia derlei Vorwürfe erneut zurückgewiesen: Man halte sich an lokale Standards und Geschäftspraktiken. So negativ wie um das Jahr 2021, als es unter Führung des Gewerkschaftsaktivisten Michael Amushelelo sogar anti-chinesische Proteste gab, sei die Stimmung jedoch nicht mehr, sagt die Politikanalystin Rakkel Andreas, die für das namibischen Institute for Public Policy Research (IPPR) ein Papier über die chinesisch-namibischen Beziehungen mitgeschrieben hat.
“Die anti-chinesische Stimmung ging zum Teil auch darauf zurück, dass Namibier das Gefühl hatten, dass der Zustrom von kleinen chinesischen Pop-up-Läden Räume besetzte, in denen sie sonst ihre Waren verkauften.” Viele chinesische Geschäftsinhaber würden, sensibilisiert von den Ereignissen, mittlerweile umsichtiger vorgehen, sagt Andreas. Und gerade auf dem Land hätten ihre Läden auch eine Versorgungslücke geschlossen.
Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die am Donnerstag stattfinden und voraussichtlich am Wochenende ausgezählt sein werden, habe China als Thema und Einflussagent dementsprechend kaum eine Rolle gespielt, sagt Andreas. Peking scheint am Wahlsieg der Swapo Party of Namibia (ehemals South-West Africa People’s Organisation), der Partei, die seit der Unabhängigkeit Namibias im Jahr 1990 ununterbrochen an der Macht ist, nicht zu zweifeln.
Die Swapo unterhält mit Peking eine langjährige “Allwetterfreundschaft”, die noch auf die Zeit vor der Unabhängigkeit zurückgeht und stets auch Parteispenden und Stipendien für Kader und Kaderkinder beinhaltete. Die Swapo-Regierung stand auch in ihrer antiimperialistischen Rhetorik und der Idee eines Sozialismus mit namibischer Charakteristik Peking stets nahe. Vielen Namibiern, insbesondere den jüngeren zufolge, mangelt es der Swapo jedoch an Visionen für die Zukunft, etwa ein Rezept gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Sie sagen, die Partei habe eine korrupte Vetternwirtschaft geschaffen und den Ausverkauf des Landes vorangetrieben, vor allem auch an China.
Der Handel Namibias mit der Volksrepublik sei nach wie vor nicht diversifiziert und trage daher nicht zu den wirtschaftlichen Ambitionen Namibias bei, durch Industrialisierung das Beschäftigungsniveau und den Lebensstandard zu erhöhen, schreibt der Thinktank IPPR. Noch einen Tag vor der Präsidentschaftswahl forderte die Construction Industries Federation of Namibia (CIF) die kommende Regierung auf, bei der Vergabe von Bauaufträgen mehr lokale Unternehmen zu berücksichtigen. Als schlechtes Beispiel nannte die Federation das Projekt zur Erneuerung der Ogongo-Oshakati-Pipeline im Wert von 12,56 Millionen Euro, das vollständig an ausländische Auftragnehmer vergeben wurde, darunter die China Gezhouba Group Company und die China Jiangxi Economic and Technical International Corporation.
“Im Falle der wahrscheinlichen Wahl der Swapo-Kandidatin Netumbo Nandi Ndaitwah wird die beiderseits erklärte Allwetterfreundschaft zwischen China und Namibia weiter gefestigt. Sie war bereits als Außenministerin eine zuverlässige Verbündete”, sagt Henning Melber. Sollte der Fall eintreten, dass sich die politischen Verhältnisse grundlegend ändern, wäre je nach Konstellation eine Revision dieser Beziehungen jedoch nicht gänzlich auszuschließen. “Insbesondere bei der bevorzugten Vergabe von Staatsaufträgen für öffentliche Arbeiten wie Straßenbau würde wohl das Quasi-Monopol chinesischer Firmen zugunsten der Berücksichtigung der heimischen Bauindustrie wanken. Der Präsenz Chinas im Bergbausektor und insbesondere der Uranförderung dürfte dies aber keinen Abbruch tun.”
Am Dienstag hat Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Memoiren vorgestellt. Auf über 700 Seiten blickt sie dabei auf ihren persönlichen Werdegang und ihre 16 Jahre dauernde Kanzlerschaft zurück. Ein eigenes Kapitel widmet Merkel dabei auch ihrer Afrika-Politik – insgesamt knapp sechs Seiten. Dabei fokussiert sich Merkel auf zwei zentrale Themenkomplexe: zunächst der Kampf gegen Ebola und schließlich die Gründung des Compact with Africa (CwA). Hinzu kommt noch ein kurzes Kapitel über den Konflikt in Libyen.
Ausgangspunkt für den CwA seien die Krisenerfahrungen mit Ebola, aber auch die zunehmende Migration gewesen. “Ein sich selbst tragender wirtschaftlicher Aufschwung konnte nur dort entstehen, wo private Investoren durch eine gute Regierungsführung unterstützt wurden”, schreibt Merkel in ihrem Buch. Daher habe sie private Investitionen in den Ländern besonders fördern wollen, in denen sich die Regierungsführung verbesserte.
Insbesondere mit Blick auf China sei es ihr zudem darum gegangen, neue, faire Partnerschaften zwischen den G20 und den afrikanischen Ländern aufzubauen und eine Alternative zu chinesischen Initiativen zu entwickeln. Dies sei ihr gelungen, resümiert Merkel selbstbewusst. Etwas irritierend ist dabei allerdings, dass Merkel offenbar erst mit dem Compact with Africa ein Interesse an den afrikanischen Ländern entwickelt hat. “Um die Vielfalt der afrikanischen Länder besser kennenzulernen, besuchte ich seit 2016 in jedem Jahr einige von ihnen“, schreibt die Ex-Kanzlerin. Da war sie allerdings schon mehr als zehn Jahre im Amt. Dabei hätte die Zusammenarbeit schon zu Beginn viel enger laufen können – war doch Merkels erster ausländischer Staatsgast Namibias damaliger Präsident Hifikepunye Pohamba. dre
Al Jazeera: Russische Uran-Vorhaben könnten Namibias Grundwasser gefährden. Das russische Staatsunternehmen Rosatom will in einer der ärmsten Regionen Namibias nach Uran bohren. Die örtlichen Bauern fürchten um eine lebenswichtige Wasserader, die das südliche Afrika versorgt. Dem Konzern wird vorgeworfen, eine Einflusskampagne in Namibia zu führen, um die Bedenken zu zerstreuen. (“Is Russia poisoning Namibia’s water in its hunt for uranium?”)
VOA: Hoffnung auf US-Investitionen. Tibor P. Nagy Jr., in Donald Trumps erster Regierung Vize-Unterstaatssekretär für afrikanische Angelegenheiten, hat sich dafür ausgesprochen, dass die neue US-Regierung unter Trump mehr in Afrika investiert und den African Growth and Opportunity Act (AGOA) erneuert. (“Incoming Trump administration ‘optimistic’ about the future of U.S.- Africa relations”)
BBC: Propagandastar zurück in Russland. Kürzlich ist der russische Propagandist Maxim Shugalei, der in Afrika eng mit der Gruppe Wagner zusammenarbeitet, aus dem Gefängnis im Tschad entlassen worden. Zwei Monate zuvor war er im September verhaftet worden. Nun ist er gemeinsam mit zwei weiteren russischen Mithäftlingen in seine Heimat ausgereist. (“Why Russia’s Africa propaganda warrior was sent home”)
BBC: Faustine Ndugulile in Indien gestorben. Der neue Regionaldirektor der Weltgesundheitsorganisation für Afrika, Dr. Faustine Ndugulile aus Tansania, ist nur drei Monate nach seiner Wahl gestorben. Der 55-jährige Abgeordnete und Arzt starb am Mittwochmorgen während einer Behandlung in Indien.
(“Africa’s incoming health boss dies aged 55”)
Telegraph: Starlink macht Internet billiger. Die Einführung des Internetdienstes Starlink in Afrika könnte die Verbreitung von Telegesundheitsdiensten auf dem Kontinent beschleunigen. Seit Anfang 2023 wurde Starlink in 15 afrikanischen Ländern eingeführt, was dazu führte, dass einige lokale Anbieter mit Preiskämpfen reagierten und die Kosten für ihre Nutzer senkten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. (“Starlink roll-out across Africa could transform digital health services”)
Deutschlandfunk: Immer mehr Binnenflüchtlinge. Die Zahl der Binnenflüchtlinge in Afrika hat sich in den letzten 15 Jahren verdreifacht. Laut dem Bericht der Beobachtungsstelle für Binnenvertriebene flohen die meisten vor Gewalt und bewaffneten Konflikten. Besonders betroffen waren der Sudan, die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Nigeria und Somalia. (“Zahl der Binnenflüchtlinge in afrikanischen Ländern verdreifacht sich”)
Le Monde: Räumungsaktionen beendet. Die Regierung der Elfenbeinküste hat die sofortige Einstellung der “Räumungsaktionen” in der Millionenmetropole Abidjan angekündigt. Die Räumungen, die im Januar begonnen hatten, wurden mit unhygienischen Zuständen und der Gefahr von Unruhen begründet. (“Côte d’Ivoire : les destructions de quartiers insalubres suspendues à Abidjan”)
Washington Post: Amtsenthebungsverfahren soll wieder aufgenommen werden. Zwei südafrikanische Oppositionsparteien haben das oberste Gericht des Landes gebeten, das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Cyril Ramaphosa wegen des sogenannten Sofa-Skandals wiederaufzunehmen. Bei dem Fall geht es um mehr als eine halbe Million Dollar Bargeld, die er in einem Sofa auf seiner Ranch versteckt hatte. (“Opposition parties ask South Africa’s top court to revive impeachment hearings for the president”)
NTV: Schlag gegen Cyberkriminelle. Interpol nahm in Afrika 1006 Personen unter dem Verdacht der Internet-Kriminalität fest. Die “Operation Serengeti” fand vom 2. September bis zum 31. Oktober in 19 afrikanischen Ländern statt. Ziel waren mutmaßliche Kriminelle, die durch Ransomware, Hackerangriffe und digitale Erpressung Zehntausende Menschen finanziell geschädigt haben. (“Schlag gegen Cyberkriminalität: Interpol nimmt mehr als 1000 Menschen in Afrika fest”)
Semafor: Zugang zu internationalen Kapitalmärkten. Simbabwe hat seinen Gläubigern am Montag seine neue Wirtschaftspolitik vorgestellt, damit den Weg zurück zu den internationalen Kapitalmärkten zu ebnen. Teil der Politik ist ein Entschädigungspaket in Höhe von 331 Millionen US-Dollar für weiße Farmer, deren Farmen vor 25 Jahren enteignet wurden. (“Zimbabwe plots return to international capital markets”)
Africanews: Warnung vor Überschwemmungen. Umweltgruppen in Ghana warnen vor der Überschwemmungsgefahr in der Hauptstadt Accra und fordern die Regierung auf, dem Hochwasserschutz Priorität einzuräumen und weitere Präventivmaßnahmen zu ergreifen. In Accra leben fast drei Millionen Menschen. Aufgrund der Überbevölkerung mussten Zehntausende in hochwassergefährdete Gebiete ziehen. (“Risk of floods in Ghana’s capital of Accra blamed on city planning”)
Inge Herbert, Regionaldirektorin für Subsahara-Afrika der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF), hat lange vor dem Ukraine-Krieg und den weltweiten wirtschaftlichen und geopolitischen Verwerfungen erkannt, wie wichtig Afrika ist: “Es gibt jetzt wesentlich mehr Interesse an Afrika in der Welt. Wir Europäer müssen uns anstrengen, um weiterhin auf dem Kontinent relevant zu bleiben”, urteilt sie im Gespräch mit Table.Briefings. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Herbert in afrikanischen Ländern tätig, darunter in Südafrika, im Senegal, in der Elfenbeinküste, Mali und Tansania.
Mit ihrer Arbeit will sie helfen, Brücken zwischen Europa und Afrika aufzubauen und Vorurteile sowie Klischees abzubauen. Ihr Engagement für die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Kontinenten führte sie in bedeutende Positionen, unter anderem in Dakar, Daressalam oder derzeit Johannesburg, wo sie das FNF-Regionalbüro leitet. Wo Herbert tätig ist, wirbt sie für mehr Verständnis und Austausch. Denn sie ist überzeugt: Afrika ist voller Vielfalt, Innovation, wirtschaftlichem Potenzial und wird in Zukunft eine noch prominentere Rolle in der Welt einnehmen.
Als familiäre Umstände die ausgebildete Juristin 2005 erstmals nach Afrika führten, erkannte sie schnell, welche Chancen die Region bieten und wie viel sie mit ihrer beruflichen und persönlichen Erfahrung erreichen kann. Zuvor war sie für das Stakeholder-Management des millionenschweren Unternehmens Veolia Water in Berlin verantwortlich. Danach folgte sie ihrer Leidenschaft für Kunst und vermarktete das Kunsthandwerk von tansanischen Massai-Frauen an internationale Kunden.
Zugleich absolvierte Herbert an der University of Cape Town (UCT) Afrikas renommiertes Executive MBA-Programm und begann, ein panafrikanisches Netzwerk aufzubauen, in dem sich heute zahlreiche Vordenker und Entscheider des Kontinents befinden. Die guten Verbindungen helfen ihr bei ihrer Arbeit, die tief in der Überzeugung verwurzelt ist, dass Bildung und Empowerment die Schlüssel zu selbst bestimmter Entwicklung sind.
Diese Vision leitete auch ihre Arbeit beim African World Heritage Fund in Johannesburg, wo sie als Head of International Partnerships and Communication Kampagnen und Finanzierungsstrategien entwickelte. Auf Konferenzen von internationalen Organisationen wie der UNESCO oder der African Union (AU) warb sie für Afrikas Weltkulturerbestätte, die sie als kulturelles Fundament für selbstbewusste sozioökonomische Entwicklung und als “Image-Booster” für Afrika betrachtet.
Nach Stationen in Ostafrika und Südafrika folgte 2013 ihr erstes Engagement für die FNF in Westafrika. Als Projektleiterin im Senegal, in der Elfenbeinküste und in Mali baute sie mit lokalen und internationalen Partnern Initiativen in den Bereichen Bildung, Menschenrechte und Marktwirtschaft auf. Sie war damit so erfolgreich, dass ihr die Elfenbeinküste den “Officier de l’Ordre National de la Côte d’Ivoire” verlieh.
Die hohe Auszeichnung war eine Anerkennung für die engen Verbindungen auf Augenhöhe, die Herbert zwischen Westafrika und Europa fünf Jahre lang aufgebaut hatte, vor allem bei der “Unterstützung von Entwicklungs- und Bildungsmaßnahmen für Jugendliche, politische Führer und die Zivilgesellschaft der Elfenbeinküste”, wie es in der Begründung hieß. Herberts Beitrag für die “Sensibilisierung für irreguläre Migration seit 2014” wurde ebenfalls gewürdigt.
Heute verantwortet Herbert als Regionalbüroleiterin die Projekte der Stiftung in der gesamten Region Subsahara-Afrika. Von Johannesburg steuert sie die Zusammenarbeit mit Partnern wie dem ugandischen Oppositionsführer Bobi Wine oder der südafrikanischen Regierungspartei Democratic Alliance (DA). “Wir befähigen und unterstützen Menschen dabei, sich weiterzuentwickeln”, beschreibt sie den Kern ihrer Arbeit.
Ihre Kooperation mit der “African Leadership Academy” in Johannesburg oder die Verleihung des “Africa Freedom Prize” an Autorinnen wie Chimamanda Ngozi Adichie (Nigeria) und Tsitsi Dangarembga (Simbabwe) zeigen, wie sie Organisationen und Individuen unterstützt, die für eine selbstbestimmte Zukunft einstehen. In diesem Jahr ging der Freedom Prize zum ersten Mal an ein amtierendes Staatsoberhaupt: Wavel Ramkalawan, Präsident der Seychellen.
Herbert wünscht sich, dass noch mehr Menschen das Potenzial Afrikas erkennen. Daran möchte sie weiterarbeiten – als politische und kulturelle Botschafterin, angetrieben von einer Leidenschaft für Afrika, das, wie sie sagt, “einem mehr gibt als man selbst geben kann”. Andreas Sieren
Auf den ersten Blick schreibt Michael Birnbaum in seinem zweiten Roman nach Mulele eine packende Geschichte über den Sudan. Das Dinka-Mädchen Adur wird von Sklavenhändlern entführt und in Khartum an eine wohlhabende Familie verkauft. Ihr Vater versucht mithilfe des deutschen Journalisten Michael Baumann wiederzufinden. Doch es geht nur vordergründig um diese Geschichte. Tatsächlich geht es darum, wie westliche Diplomaten den modernen Sklavenhandel für ihre Machtpolitik instrumentalisieren. So bekommt auch Birnbaums zweiter Roman einen packenden Bezug zur Aktualität.
Stand Birnbaums erster Roman in der Tradition von William Forsythe oder John Le Carré, hat Adur seine Stärken in Beschreibungen und Erzählungen. Wieder spielt Birnbaum gekonnt aus, dass er als ehemaliger Korrespondent der Süddeutschen Zeitung bestens mit den Konflikten, ethnischen und kulturellen Zusammenhängen in dieser Region Afrikas vertraut ist. hlr
Michael Birnbaum: Adur. Ein Sklavenroman aus dem Sudan. Verlag epubli. Taschenbuch, 538 Seiten, 19,99 Euro.