die Parteien schärfen angesichts der geplanten Neuwahlen im kommenden Jahr bereits ihr entwicklungspolitisches Profil. Sowohl die SPD als auch in der CSU wurden in dieser Woche neue Ansätze vorgestellt. Auch Friedrich Merz äußerte sich zuletzt zu einer möglichen Zusammenlegung von BMZ und Auswärtigem Amt. Wir fassen Ihnen die Debatte zusammen. Zudem blicken wir in einer weiteren Analyse auf die Lage am Horn von Afrika. In dieser Woche hat die Bundesregierung zwei Bundeswehreinsätze in Ostafrika verlängert.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Ihr David Renke
Analyse
Wahlkampf: SPD und CSU schärfen ihr entwicklungspolitisches Profil
Angesichts des verkürzten Bundestagswahlkampfs sortieren sich SPD und Union auch in der Frage der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) neu und schärfen ihr Profil. So hat sich CSU-Entwicklungspolitiker Wolfgang Stefinger in dieser Woche mit einem Brief an wichtige Entwicklungsverbände gewandt. Darin fordert Stefinger, das Ende der Ampel-Koalition und die aktuell unsichere Haushaltslage als Chance zu begreifen, um die Entwicklungspolitik grundlegend zu reformieren. “Unser Ziel muss es sein, mit weniger Geld mehr Wirkung zu erzielen”, heißt es in dem Brief. Dafür sei eine Reform des Entwicklungsministeriums (BMZ) die Voraussetzung. Folgende fünf Reformpunkte schlägt Stefinger vor:
Klassische Entwicklungspolitik soll auf die ärmsten Entwicklungsländer beschränkt werden. Die entsprechenden Regierungen müssen zudem zu einem rechtsstaatlichen Reformkurs bereit sein.
Neue Ansätze für Partnerentwicklungsländer: wirtschaftlicher Ansatz bei Ländern, die nicht in die erste Kategorie der ärmsten Entwicklungsländer fallen. Zuständig für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Kooperationen mit Unternehmen und Wirtschaftsverbänden soll ein eigener Staatssekretär im BMZ sein.
Kohärente Strategien für globale Herausforderungen: Vor allem beim Thema Klimawandel fordert Stefinger einen gebündelten und strategischen Ansatz.
Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements: Akteure der Zivilgesellschaft sollen demnach stärker in die deutsche EZ einbezogen werden. Zudem fordert Stefinger ein Ende der “künstlichen Trennung zwischen humanitärer Hilfe und EZ”. Dies koste unnötige Ressourcen.
Dennoch scheint die Frage der Umstrukturierung bei der EZ in der Union nicht letztgültig geklärt zu sein. Denn auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich am Mittwoch zur Debatte geäußert. Dabei hatte er sich offen dafür gezeigt, die wirtschaftliche Zusammenarbeit in das Auswärtige Amt zu integrieren. In einem Gespräch in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik sagte Merz, dass er sich in dieser Frage noch nicht entschieden habe und dies gerne mit einem künftigen Koalitionspartner absprechen wolle. Grundsätzlich sei er für die Debatte allerdings offen. “Humanitäre Hilfe bleibt ein wichtiger Aspekt in unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit, aber auch die Selbstertüchtigung in marktwirtschaftlichen Strukturen, um den Ländern die Chance zu geben, auch schneller und besser aus eigener Kraft zu wachsen”, so Merz weiter.
Auch SPD legt Afrika-Papier vor
Bereits am Dienstag hatte die SPD-Fraktion im Bundestag über ein neues Papier zur Afrika-Politik abgestimmt. Vor allem in der Sahelzone wirbt die SPD für “pragmatische Wege der Zusammenarbeit”. Gleichzeitig spricht sich die Partei für die Kontinuität des feministischen Ansatzes in der Afrika-Politik aus. “Um besonders für junge Menschen und Frauen nachhaltige Perspektiven zu schaffen, bleibt die feministische Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik unabdingbar. Deshalb müssen dafür auch weiterhin ausreichend Mittel zur Verfügung gestellten werden“, heißt es in dem Papier.
Zudem sei ein vernetzter, ressortübergreifender Ansatz aus Entwicklungs-, Sicherheits- und Außenpolitik zentral. Im Sahel hatten das Verteidigungsministerium und das BMZ, die beide SPD-geführt sind, zuletzt eine engere Zusammenarbeit gesucht.
Schulze stößt Aufarbeitung von Kolonialitäten an
Unabhängig davon veranstaltete Entwicklungsministerin Svenja Schulze am Mittwoch eine Konferenz unter dem Motto “Rethinking development policy: How to confront coloniality”. Die Veranstaltung ist Teil der Gedenkveranstaltungen der Bundesregierung anlässlich der Berliner Konferenz, die vor 140 Jahren stattfand und die koloniale Aufteilung Afrikas unter den imperialistischen Mächten rechtlich absicherte.
Laut dem BMZ gebe es noch heute auch in der EZ koloniale Kontinuitäten, die das Ministerium in einem internen Prozess bereits angegangen sei. Darüber hinaus will das Haus den Dialog auch auf Partnerorganisationen im Rahmen der Konferenz ausweiten. “Es ist mir persönlich als deutsche Ministerin ein Anliegen, dass wir hier der Berliner Afrika-Konferenz von 1884 gedenken und dass wir ihre noch heute spürbaren Auswirkungen anerkennen“, sagte Schulze in ihrer Eröffnungsrede der Veranstaltung. Deutschland habe sich bis jetzt nicht mit der eigenen Verantwortung auseinandergesetzt.
Fortbildungen für BMZ-Mitarbeiter
Im BMZ habe im vergangenen Jahr ein Prozess begonnen, die kolonialen Kontinuitäten im eigenen Ministerium aufzuarbeiten. Dies umfasse unter anderem:
Fortbildungsmaßnahmen für BMZ-Mitarbeiter,
eine veränderte Verhandlungspraxis etwa bei Regierungsverhandlungen unter anderem durch Einbezug von lokalem Wissen und
Abbau von asymmetrischen Machtstrukturen im internationalen System, unter anderem durch mehr Beteiligung von Ländern des Globalen Südens.
Auch Schulze kommt nicht ganz ohne einen Blick auf den Wahlkampf aus. So weist sie darauf hin, dass die Aufarbeitung auch über die Legislatur hinaus erfolgen müsse. “Für die Auseinandersetzung mit Kolonialitäten ist ein langer Atem notwendig”, sagte Schulze. Die Veranstaltung sei ein Auftrag, den Prozess weiter fortzuführen.
Afrika-Politik
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Sahel
SPD
Wahlkampf
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Horn von Afrika: Bundesregierung verlängert Bundeswehreinsätze
Die Bundesregierung hat in der Kabinettssitzung am Mittwoch beschlossen, die Einsätze der Bundeswehr im Roten Meer sowie im Südsudan fortzusetzen. “Aufgrund der für Anfang 2025 vorgesehenen Neuwahlen sollen für die vier in absehbarer Zeit auslaufenden Bundestagsmandate nun vorzeitig Verlängerungen auf den Weg gebracht werden”, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch. Neben den beiden Einsätzen am Horn von Afrika will die Bundesregierung noch zwei Einsätze im Mittelmeer verlängern.
Konkret handelt es sich um folgende Einsätze:
die EU-geführte Operation Eunavfor Aspides im Roten Meer und in Bab al-Mandab,
die UN-Mission UNMISS im Südsudan,
die ebenfalls EU-geführte Eunavor Med Irini
sowie die Nato-geführte Operation Sea Guardian.
Die beiden Mandate am Horn von Afrika sollen nach Regierungsangaben inhaltlich unverändert bis zum 31. Oktober 2025 verlängert werden. Der Bundestag muss die entsprechenden Mandate allerdings noch bestätigen.
Stabilität im Roten Meer für Deutschland entscheidend
Das Bundestagsmandat der Eunavfor Aspides, das vorläufig bis zum 25. Februar 2025 läuft, sieht einen Einsatz von bis zu 700 Soldaten vor. Im Südsudan sind bis zu 50 Soldaten im Einsatz. Das Bundestagsmandat läuft noch bis Ende März 2025.
Die Stabilität der Handelsroute durch das Rote Meer hat für Deutschland hohe Priorität. Bereits im März 2024 sagte Außenministerin Annalena Baerbock, dass “98 Prozent des deutschen Handels mit Ostasien per Schiff durch das Rote Meer laufen” und dass die Angriffe der Huthi-Rebellen aus dem Jemen einen großen Einfluss auf diesen Handel hätten. Doch auch von anderer Seite droht durch Piraterie vor der somalischen Küste Gefahr.
Lage am Horn von Afrika bleibt angespannt
Indes bleibt die Lage am Horn von Afrika angespannt, seit Äthiopien mit dem international nicht anerkannten Somaliland über einen Zugang zum Golf von Aden verhandelt. Somaliland ist seit 33 Jahren faktisch von Somalia unabhängig.
Im Rahmen des als Memorandum of Understandings (MoU) festgehaltenen Abkommens will Äthiopien einen 20 Kilometer langen Küstenstreifen für 50 Jahre pachten. Damit verschafft sich das Binnenland Äthiopien Zugang zum Gold von Aden. Im Gegenzug bietet Äthiopien Berichten zufolge Somaliland die diplomatische Anerkennung sowie Anteile an seinen Wirtschaftssektoren wie Ethiopian Airlines an. Das hatte Somalia verärgert und zu Spekulationen über einen möglichen militärischen Konflikt geführt. Schon jetzt ist die Sorge groß, dass die in Somalia aktiven islamistischen Terroristen der Al-Shabaab-Miliz angesichts der Spannungen wieder an Einfluss gewinnen könnten.
Machtwechsel in Somaliland
Auch die Wahlen in Somaliland und der damit einhergehende friedliche Machtwechsel dürften die Situation zunächst nicht weiter entspannen. Am 13. November hatte das Land gewählt. Nach sieben Jahren musste Präsident Musa Abdi Bihi, die Macht an seinen Nachfolger Abdirahman Mohamed Abdullahi, auch bekannt als “Irro”, abgeben. Irro, der die Wahl mit 64 Prozent der Stimmen gewann, wird der sechste Präsident seit der selbsterklärten Unabhängigkeit des Landes sein. In Somaliland gibt es nun die Hoffnung, dass die Fähigkeit des Landes zur demokratischen Machtübergabe weitere Länder überzeugt, das Land international anzuerkennen.
Gulaid Yusuf Idaan, Professor für Internationales Recht und Diplomatie an der Universität von Somaliland, erklärte gegenüber Table.Briefings: “Die Wahl in Somaliland ist sehr wichtig. Denn wir wollen der Welt sagen, dass wir ein freies und demokratisches Land sind und beweisen, dass wir eine demokratische Machtübergabe durchführen.”
Union hatte mehr deutsches Engagement gefordert
Bei dem Abkommen mit Äthiopien setzt Irro offenbar auf Kontinuität. Irro versprach den Wählern, das umstrittene Abkommen zu überprüfen. Gulaid sagte zu Table.Briefings, dass der neu gewählte Präsident “das MoU weiterführen […], dem Parlament von Somaliland zur Verabschiedung vorlegen und es wirksam umsetzen wird.”
Mit Blick auf die angespannte Lage in Somalia und Äthiopien, aber auch im Sudan hatte die Unionsfraktion im Bundestag bereits im Sommer in einem Antrag ein stärkeres deutsches Engagement am Horn von Afrika und am Golf von Aden gefordert. In dem Antrag schreiben die Abgeordneten, dass sich Deutschland in einem “sicherheitspolitischen Blindflug” in der Region befinde. Die deutsche Beteiligung an der Mission Eunavfor Aspides sei zwar ein richtiger Schritt, bei weitem aber noch nicht ausreichend. Die Union hatte die Bundesregierung aufgefordert, die deutsche Präsenz in der Region durch “diplomatisches und militärisches Fachpersonal aufzustocken, um einen sichereren Informationsfluss zu gewährleisten”.
Äthiopien
Bundeswehr
Geopolitik
Rotes Meer
Somalia
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News
Wahlen in Namibia: Swapo siegt, Opposition erkennt Ergebnis nicht an
Bei den Wahlen in Namibia hat die langjährige Regierungspartei und ehemalige Befreiungsbewegung Swapo sich gerade noch einmal an der Macht halten können. Angesichts schleppender Fortschritte seit der Unabhängigkeit im Jahr 1990, weit verbreiteter Arbeitslosigkeit, besonders unter Jugendlichen, und hoher wirtschaftlicher Ungleichheit hatten einige Beobachter prognostiziert, die Swapo könne eventuell das Präsidentenamt und ihre Parlamentsmehrheit verlieren. Doch Vizepräsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah holte 58 Prozent der Stimmen und konnte so einen Stichwahlgang vermeiden. Bei den Parlamentswahlen holte die Swapo rund 53 Prozent der Stimmen. Damit bekommt die Partei 51 Sitze in der Nationalversammlung – für eine Mehrheit sind 49 Sitze nötig. Es ist das schlechteste Ergebnis für die Swapo seit der Unabhängigkeit.
Der Verlauf der Wahlen hat in Namibia für Unmut gesorgt. Wegen mangelnder Stimmzettel und logistischer wie technischer Probleme konnten viele Namibier ihre Stimmen nicht wie geplant am 27. November abgeben. Die Wahlkommission verlängerte daraufhin die Stimmabgabe bis zum nächsten Tag. Schließlich verkündete sie noch eine Wiedereröffnung von 36 Wahllokalen für den 29. und 30. November. Die Rechtmäßigkeit der Verlängerung wird jedoch von Experten und der wichtigsten Oppositionspartei IPC infrage gestellt. Auch die Auswahl der Wahllokale für die Verlängerung wird kritisiert. Die Wahlkommission hatte keine überzeugende Begründung für die Auswahl geliefert. Zudem steht der Vorwurf im Raum, dass Wahllokale in Hochburgen der Swapo wiedereröffnet wurden, während in der von der IPC dominierten Region Erongo keine Wahllokale von der Verlängerung betroffen waren. Obwohl sich 1,4 Millionen Namibier zu Wahl registriert hatten, konnten nur rund 1,1 Millionen Stimmen gezählt werden.
Opposition boykottierte Bekanntgabe der Ergebnisse
In Reaktion auf die holprige Wahl hat die IPC verkündet, sie erkenne die Wahl nicht an und werde gerichtlich dagegen vorgehen. Der Präsidentschaftskandidat der IPC, Panduleni Itula, sprach von einer “Vielzahl von Unregelmäßigkeiten”. Auch gegen die Verlängerung der Wahl will die IPC gerichtlich vorgehen. Einige kleinere Oppositionsparteien haben sich dem angeschlossen. Die Oppositionsparteien boykottierten die Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse.
Die Wahlbeobachtermission der Afrikanischen Union (AU) erteilte der namibischen Wahlkommission ein Transparenzranking von nur 50 Prozent. Eine vorläufige Untersuchung der AU-Beobachtermission vom 29. November ergab jedoch keine Beweise für Wahlfälschungen.
Netumbo Nandi-Ndaitwah wird aller Voraussicht nach am 21. März 2025 als erste Präsidentin Namibias ihren Amtseid schwören. Auch das neugewählte Parlament wird im März zusammentreten. ajs
Afrikanische Union
Demokratie
Namibia
Wahlen
EU-Migrationspolitik: Klimamobilität in Afrika fördern
Die deutsche und europäische Entwicklungs- und Migrationspolitik sollte sich stärker für die Implementierung regionaler Personenfreizügigkeit in Afrika engagieren. So könnten angesichts der steigenden Anzahl von Klimaflüchtlingen sichere und geordnete Migrationswege geschaffen werden, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Nach Angaben der NGO Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) waren allein im vergangenen Jahr weltweit mehr als 26 Millionen Menschen aufgrund von Umweltkatastrophen gezwungen, innerhalb ihres Heimatlandes zu fliehen. Laut einem Bericht der Weltbank dürfte die Zahl in Subsahara-Afrika bis 2050 auf 86 Millionen steigen. Hinzu kommen 19 Millionen Menschen in Nordafrika. Damit liegt die Zahl weit vor anderen Weltregionen. In Ostasien und dem Pazifik rechnet die Weltbank mit 49 Millionen Binnenflüchtlingen.
In ihrem Bericht weisen die beiden Autorinnen darauf hin, dass die EU mit ihrer Migrationspolitik in der Frage der Personenfreizügigkeit in Afrika nicht kongruent handele. In der IGAD-Region würde die EU regionale Freizügigkeit fördern. In der Ecowas-Region habe die EU hingegen einen restriktiven Kurs gefahren. Mit wenig Erfolg: In Niger hat die Militärjunta das mit der EU abgeschlossene Migrationsabkommen im vergangenen Jahr aufgekündigt. “Gegen den möglichen kurzfristigen Vorteil der Migrationskooperation mit einzelnen Staaten ist der entwicklungspolitische und ökonomische Nutzen abzuwägen, der sich längerfristig aus gut funktionierender regionaler Zusammenarbeit allgemein und konkret aus der Personenfreizügigkeit innerhalb afrikanischer Regionen ergibt”, schreiben die Autorinnen. dre
Ecowas
Europäische Kommission
Freizügigkeit
Klimawandel
Migrationspolitik
Ostafrika
SWP
Westafrika
Wissenschaft
Formel 1: Ruanda will Rennen nach Kigali holen
Ruanda will die Formel 1 nach mehr als dreißig Jahren zurück nach Afrika holen. “Wir sind interessiert – es wäre eine gute Sache für den Sport selbst und für Ruanda”, sagte Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe dem US-Medium Semafor. Das letzte afrikanische Formel-1-Rennen fand 1993 auf dem Kyalami Grand Prix Circuit in Südafrika statt.
Die Pläne Ruandas sind Teil der großangelegten Strategie, Sportevents in das kleine Land in Ostafrika zu holen. Auch mit europäischen Fußballklubs und der NBA hat Ruanda unlängst kooperiert. Mit großen Investitionen in Sportstätten und der Austragung prestigeträchtiger Sportveranstaltungen will das Land seine Einnahmen aus dem Tourismus steigern. Laut Angaben des staatlichen Rwanda Development Board beliefen sich im Jahr 2022 die Einnahmen aus dem Tourismus auf rund 620 Millionen US-Dollar. Die Strategie brachte dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame den Vorwurf ein, “Sportwashing” zu betreiben und von den Problemen in dem autoritär regierten Land ablenken zu wollen.
Zuletzt hatte sich auch Südafrika darum bemüht, wieder ein Rennen der Formel 1 austragen zu dürfen. Bereits vor zwei Jahren hatte sich Formel-1-Chef Stefano Domenicali dafür ausgesprochen, künftig auch wieder Rennen in Afrika austragen zu wollen. dre
Ruanda
Sport
Südafrika
Presseschau
FAZ: Türkei wächst in Afrika. Die Türkei engagiert sich zunehmend in Afrika. Türkische Bergbaukonzerne bauen Rohstoffe ab und fördern Gas und Öl. Für die Produkte türkischer Unternehmen ist Afrika zu einem immer wichtiger werdenden Markt geworden. (“Erdoğan hat den Wert Afrikas erkannt”)
NTV: Hunger im Süden Afrikas. Die UN warnen vor einer schweren Hungerkrise im Süden Afrikas. Dort sind 26 Millionen Menschen aufgrund einer langanhaltenden Dürre von Nahrungsmittelknappheit betroffen. Die Krise, die unter anderem durch das Wetterphänomen El Niño verursacht wurde, wird sich bis zur nächsten Ernte im März oder April weiter verschärfen. (“26 Millionen Menschen im südlichen Afrika von Dürre betroffen”)
Washington Post: Katastrophe im Sudan. 19 Monate Bürgerkrieg haben eines der größten Länder Afrikas verwüstet. 26 Millionen Menschen – etwa die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung – sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Die Vereinten Nationen stufen fast zehn Millionen Menschen sogar als “kritisch ernährungsunsicher” ein. (“The world’s ‘worst crisis’ is in Sudan”)
ZDF: Wohnungsnot in Südafrika. In Südafrika nimmt die Zahl der Obdachlosen zu. Steigende Mieten und ein Mangel an gut bezahlten Jobs führen dazu, dass sich selbst gut ausgebildete Südafrikaner oft keine Wohnung leisten können. Verschärft wird die Situation durch das Fehlen sozialer Sicherungssysteme. (“Südafrika: Warum immer mehr obdachlos sind”)
Semafor: Rezession durch Dürre. Südafrikas Wirtschaft ist im dritten Quartal dieses Jahres aufgrund der schwachen Entwicklung im Agrarsektor unerwartet geschrumpft. Der Rückgang im Agrarsektor um fast 29 Prozent ist auf die Auswirkungen der Dürre auf die Mais-, Sojabohnen-, Weizen- und Sonnenblumenernte sowie auf die von Obst und Gemüse zurückzuführen. (“South Africa’s contracting economy blamed on agriculture sector”)
New York Times: Erste afrikanische Kuratorin. Koyo Kouoh, eine der führenden Kuratorinnen Afrikas, wird die Leitung der 61. Ausgabe der Biennale von Venedig übernehmen. Kouoh, die in Kamerun geboren wurde, ist derzeit Chefkuratorin und geschäftsführende Direktorin des Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt. (“Koyo Kouoh Is Named 1st African Woman to Curate Venice Biennale”)
Standpunkt
Digitales Afrika: Ein Muss, kein “Nice-to-have”
Von Wolfgang Niedermark
Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des BDI.
Das Mooresche Gesetz besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren in integrierten Schaltkreisen alle zwei Jahre verdoppelt. Dadurch konnte die Leistungsfähigkeit von Halbleitern in den letzten Jahrzehnten exponentiell gesteigert werden. Dies stellt die Grundlage der digitalen Revolution Ende des letzten Jahrhunderts dar. Durch den rasanten Fortschritt leben wir heute in einer technologisch völlig anderen Realität als noch vor zehn Jahren. Neben den offensichtlichen Vorteilen zwingt dieser technologische Imperativ, Innovationen zu adaptieren, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Versäumt es Afrika, den technologischen Fortschritt zu adaptieren, droht der Kontinent wirtschaftlich noch weiter zurückzufallen. In einer zunehmend digitalisierten Welt wird eine leistungsfähige Internetverbindung zu einem kritischen Standortfaktor. Die in einem Land verfügbare IT-Leistung ist entscheidend für zukünftige Geschäftsfelder – Stichwort Künstliche Intelligenz.
Vor allem aber hält die Nutzung von neuen Technologien und Innovationen Chancen auf einen alternativen Entwicklungspfad für Afrika bereit. Denn sie stellen Lösungen für die drängende Probleme des Kontinents dar. Smart Farming steigert die Effizienz der Landwirtschaft, dem wichtigsten Wirtschaftssektor in vielen Ländern Afrikas. Satellitentechnologien liefern Wetterdaten in Echtzeit und ermöglichen Frühwarnsysteme für Ereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Stürme. Blockchain-Technologien erhöhen die Transparenz von Lieferketten und bekämpfen somit effektiv die Verletzung von Sozial- und Umweltstandards.
Für Freihandel sind digitale Technologien ein Gamechanger
Eine aktuelle Publikation des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), “Bytes without Borders”, befasst sich näher mit der zentralen Rolle von digitalen Technologien für das Gelingen einer panafrikanischen Freihandelszone. Mit der fortschreitenden digitalen Transformation der Wirtschaft werden Telekommunikationskanäle und digitale Infrastrukturen für einen integrierten Markt immer wichtiger – vor allem, weil sie die traditionelle Infrastruktur in vielen Bereichen gravierend ergänzen. Der digitale Marktplatz wird auch in Afrika sukzessive den physischen Marktplatz verdrängen: 2050 wird die afrikanische Internetwirtschaft schätzungsweise mehr als 700 Milliarden US-Dollar generieren.
Der digitale Marktplatz vernetzt über den gesamten Kontinent Nachfrager und Anbieter und ermöglicht einen kostengünstigen Austausch von Waren und Dienstleistungen. Eine digitale Plattform ermöglicht potenziell allen Afrikanerinnen und Afrikanern den Zugang zum afrikanischen Markplatz. Dies ist vor allem für jene 800 Millionen Menschen relevant, die in ländlichen oder abgelegeneren Regionen in Afrika leben und Gefahr laufen, nicht unmittelbar von der Freihandelszone profitieren zu können. Satelliten sind in der Lage, auch in diesen Regionen stabiles und schnelles Internet bereitzustellen.
Ebenso wird ohne ein digitales Bezahlsystem der grenzüberschreitende Warenverkehr schnell an seine Grenzen stoßen: 60 Prozent der Afrikanerinnen und Afrikaner besitzen kein Bankkonto. Niedrigschwellige Angebote, die das Führen eines Bankkontos obsolet machen, werden ihren Teil zum Erfolg des Freihandels beitragen.
Das Anerkennen des Potenzials verpflichtet zum Handeln
Ob im Freihandel, im Klimaschutz oder in der Agrarwirtschaft – digitale Technologien erweisen sich als zentrale Treiber für die wirtschaftliche Entwicklung afrikanischer Staaten. Wird deren Potenzial jedoch ungenutzt gelassen, vertieft sich die technologische Kluft zwischen Afrika und dem Rest der Welt. Auch die Realisierung eines gemeinsamen afrikanischen Marktes, wie ihn die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) vorsieht, wird nur dann von nachhaltigem Erfolg gekrönt sein, wenn nichttarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden. Digitale Lösungen können hierfür einen wesentlichen Beitrag leisten.
Unsere Partner in Afrika erwarten ein stärkeres Engagement von Deutschland im lokalen (digitalen) Infrastruktursektor. Wir sollten zeigen, dass wir die Prioritäten unserer afrikanischen Partner ernst nehmen, in deren genau wie in unserem eigenen Interesse.
Wolfgang Niedermark ist seit Oktober 2020 Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands deutscher Industrie (BDI). Zuvor war er mehrere Jahre Leiter der Auslandshandelskammer Hongkong.
Afrika
Deutsche Wirtschaft
Digitalisierung
GABS
Investitionen
Künstliche Intelligenz
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Transformation
Wirtschaft
Heads
Omar Alieu Touray – An der Spitze der Ecowas in turbulenten Zeiten
Omar Alieu Touray spricht während der UN-Generalversammlung im September.
Präsident der Ecowas-Kommission war nie ein leichter Job. Denn die Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten ist eine Gruppe voller verschiedener Interessen. Da sind etwa die Unterschiede zwischen den anglophonen und den frankophonen Staaten, jene zwischen den kleineren Staaten und den Schwergewichten wie Nigeria, oder die Differenzen zwischen den Küstenstaaten und denen im Hinterland, die für ihre Importe auf die Häfen ihrer Nachbarn angewiesen sind. Und seit der gambische Diplomat Omar Alieu Touray den Job des Ecowas-Kommissionspräsidenten im Juli 2022 angetreten ist, sind die Schwierigkeiten noch gewachsen.
Sahel-Krise ist eine Gefahr für Ecowas
So drohte die Ecowas in Folge des Militärputsches in Niger im Juli 2023 beinahe zu zerbrechen. Nachdem zuvor schon in Mali, Guinea und Burkina Faso Militärs die Macht übernommen hatten, wollten einige Ecowas-Mitglieder ein Zeichen gegen die Staatsputsche setzen. Sie erließen Sanktionen und forderten, der Putsch in Niger müsse rückgängig gemacht werden und der abgesetzte Präsident Mohamed Bazoum wieder eingesetzt werden. Andernfalls, so die Drohung, werde Ecowas militärisch in Niger intervenieren.
So weit kam es dann doch nicht. Aber die nigrische Krise hat die Ecowas dennoch nachhaltig beschädigt: Gemeinsam mit Mali und Burkina Faso kündigte Niger im Januar dieses Jahres seinen Austritt aus dem Staatenbund an. Die drei Länder gründeten stattdessen eine Allianz der Sahel-Staaten, innerhalb derer sie künftig eng zusammenarbeiten wollen. Langfristig soll die Allianz nach eigenen Angaben sogar zu einem Föderalstaat verschmelzen.
Kampf gegen regionale Unsicherheit wird schwieriger
Nach Ansicht von Ecowas-Vertretern ist der Exit der Sahel-Staaten eine Bedrohung für den 1975 gegründeten Staatenbund und Westafrika insgesamt. “Unsere Region läuft Gefahr, sich aufzulösen“, warnte auch Touray im Juli. Der Schritt der Sahel-Juntas untergräbt die Fortschritte bei der Freizügigkeit von Gütern und Menschen in der Region. Vielleicht noch wichtiger: er beeinträchtigt die Bemühungen im Kampf gegen regionale Unsicherheit. Denn in Westafrika, insbesondere in den Sahel-Staaten, treibt eine Vielzahl von Milizen und Terrorgruppen ihr Unwesen. Deren Aktivitäten breiten sich aber auch auf die weiter südlich gelegenen Küstenstaaten aus. Im Kampf gegen diese transnationalen Gruppen ist regionale Kooperation das oberste Gebot. Stehen Ecowas und die Allianz der Sahel-Staaten einander jedoch argwöhnisch oder gar feindlich gegenüber, wird die Zusammenarbeit schwierig oder sogar unmöglich.
Unter Touray hat der Block den senegalesischen Präsidenten Bassirou Diomaye Faye mit der Vermittlung in der Krise mit den Sahel-Staaten beauftragt. Faye stammt aus der gleichen Generation wie die Militärführer in den drei abtrünnigen Staaten und ist damit viel jünger als die anderen Führer der Region. Er teilt auch die Kritik der Juntas an der Rolle der westlichen Mächte in der Region, insbesondere an Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht in allen vier Ländern.
Bisher sind die Fortschritte bei der Vermittlung für die Ecowas enttäuschend. Der Block hat gelobt, “energischere” Versöhnungsbemühungen zu unternehmen. Gleichzeitig entwickelt die Ecowas aber auch “einen vorausschauenden Notfallplan” für alle Eventualitäten in den Beziehungen zu den Juntas. Dazu gehört auch die Mobilisierung einer 5000 Mann starken regionalen Bereitschaftstruppe zur Terrorismusbekämpfung. Die Truppe soll zunächst aus einer 1650 Mann starken Brigade bestehen, die im Laufe der Zeit aufgestockt werden soll.
Erfahrener Diplomat mit UN-Kenntnis
Neben der Sahel-Krise kümmert sich Touray, der in der nächsten Woche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen wird, auch noch um die alltäglicheren Belange der Ecowas-Mitglieder. So etwa vor der UN-Generalversammlung im September, die anlässlich des Summit for the Future zusammengekommen war. In seiner Rede stellte er den UN-Zukunftspakt infrage und betonte, dass viele der darin enthaltenen Verpflichtungen bereits zuvor in verschiedenen UN-Rahmenwerken formuliert worden seien. “Die Tatsache, dass wir zu denselben alten Verpflichtungen zurückgekehrt sind, deutet darauf hin, dass wir immer noch einen größeren politischen Willen brauchen, um die guten Versprechen einzulösen“, bemerkte er. “Wenn wir wieder einmal versagen, wird die Geschichte auf diesen Gipfel nicht als einen Gipfel der Zukunft, sondern als einen Gipfel der Vergangenheit zurückblicken”, fügte er hinzu.
Im Umgang mit den UN hat Touray bereits Erfahrung, war er doch von 2007 bis 2008 gambischer UN-Botschafter, bevor er zum Außenminister seines Landes ernannt wurde. Von 2009 bis 2012 arbeitete der Diplomat außerdem für die UN-Wirtschaftskommission für Afrika und das UN-Welternährungsprogramm. Anschließend heuerte er bei der Islamischen Entwicklungsbank an, auf Posten in Saudi-Arabien und der Elfenbeinküste. Seine jetzige Position als Präsident der Ecowas-Kommission hat Touray noch bis 2026 inne. Arne Schütte
die Parteien schärfen angesichts der geplanten Neuwahlen im kommenden Jahr bereits ihr entwicklungspolitisches Profil. Sowohl die SPD als auch in der CSU wurden in dieser Woche neue Ansätze vorgestellt. Auch Friedrich Merz äußerte sich zuletzt zu einer möglichen Zusammenlegung von BMZ und Auswärtigem Amt. Wir fassen Ihnen die Debatte zusammen. Zudem blicken wir in einer weiteren Analyse auf die Lage am Horn von Afrika. In dieser Woche hat die Bundesregierung zwei Bundeswehreinsätze in Ostafrika verlängert.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Ihr David Renke
Analyse
Wahlkampf: SPD und CSU schärfen ihr entwicklungspolitisches Profil
Angesichts des verkürzten Bundestagswahlkampfs sortieren sich SPD und Union auch in der Frage der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) neu und schärfen ihr Profil. So hat sich CSU-Entwicklungspolitiker Wolfgang Stefinger in dieser Woche mit einem Brief an wichtige Entwicklungsverbände gewandt. Darin fordert Stefinger, das Ende der Ampel-Koalition und die aktuell unsichere Haushaltslage als Chance zu begreifen, um die Entwicklungspolitik grundlegend zu reformieren. “Unser Ziel muss es sein, mit weniger Geld mehr Wirkung zu erzielen”, heißt es in dem Brief. Dafür sei eine Reform des Entwicklungsministeriums (BMZ) die Voraussetzung. Folgende fünf Reformpunkte schlägt Stefinger vor:
Klassische Entwicklungspolitik soll auf die ärmsten Entwicklungsländer beschränkt werden. Die entsprechenden Regierungen müssen zudem zu einem rechtsstaatlichen Reformkurs bereit sein.
Neue Ansätze für Partnerentwicklungsländer: wirtschaftlicher Ansatz bei Ländern, die nicht in die erste Kategorie der ärmsten Entwicklungsländer fallen. Zuständig für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Kooperationen mit Unternehmen und Wirtschaftsverbänden soll ein eigener Staatssekretär im BMZ sein.
Kohärente Strategien für globale Herausforderungen: Vor allem beim Thema Klimawandel fordert Stefinger einen gebündelten und strategischen Ansatz.
Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements: Akteure der Zivilgesellschaft sollen demnach stärker in die deutsche EZ einbezogen werden. Zudem fordert Stefinger ein Ende der “künstlichen Trennung zwischen humanitärer Hilfe und EZ”. Dies koste unnötige Ressourcen.
Dennoch scheint die Frage der Umstrukturierung bei der EZ in der Union nicht letztgültig geklärt zu sein. Denn auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich am Mittwoch zur Debatte geäußert. Dabei hatte er sich offen dafür gezeigt, die wirtschaftliche Zusammenarbeit in das Auswärtige Amt zu integrieren. In einem Gespräch in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik sagte Merz, dass er sich in dieser Frage noch nicht entschieden habe und dies gerne mit einem künftigen Koalitionspartner absprechen wolle. Grundsätzlich sei er für die Debatte allerdings offen. “Humanitäre Hilfe bleibt ein wichtiger Aspekt in unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit, aber auch die Selbstertüchtigung in marktwirtschaftlichen Strukturen, um den Ländern die Chance zu geben, auch schneller und besser aus eigener Kraft zu wachsen”, so Merz weiter.
Auch SPD legt Afrika-Papier vor
Bereits am Dienstag hatte die SPD-Fraktion im Bundestag über ein neues Papier zur Afrika-Politik abgestimmt. Vor allem in der Sahelzone wirbt die SPD für “pragmatische Wege der Zusammenarbeit”. Gleichzeitig spricht sich die Partei für die Kontinuität des feministischen Ansatzes in der Afrika-Politik aus. “Um besonders für junge Menschen und Frauen nachhaltige Perspektiven zu schaffen, bleibt die feministische Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik unabdingbar. Deshalb müssen dafür auch weiterhin ausreichend Mittel zur Verfügung gestellten werden“, heißt es in dem Papier.
Zudem sei ein vernetzter, ressortübergreifender Ansatz aus Entwicklungs-, Sicherheits- und Außenpolitik zentral. Im Sahel hatten das Verteidigungsministerium und das BMZ, die beide SPD-geführt sind, zuletzt eine engere Zusammenarbeit gesucht.
Schulze stößt Aufarbeitung von Kolonialitäten an
Unabhängig davon veranstaltete Entwicklungsministerin Svenja Schulze am Mittwoch eine Konferenz unter dem Motto “Rethinking development policy: How to confront coloniality”. Die Veranstaltung ist Teil der Gedenkveranstaltungen der Bundesregierung anlässlich der Berliner Konferenz, die vor 140 Jahren stattfand und die koloniale Aufteilung Afrikas unter den imperialistischen Mächten rechtlich absicherte.
Laut dem BMZ gebe es noch heute auch in der EZ koloniale Kontinuitäten, die das Ministerium in einem internen Prozess bereits angegangen sei. Darüber hinaus will das Haus den Dialog auch auf Partnerorganisationen im Rahmen der Konferenz ausweiten. “Es ist mir persönlich als deutsche Ministerin ein Anliegen, dass wir hier der Berliner Afrika-Konferenz von 1884 gedenken und dass wir ihre noch heute spürbaren Auswirkungen anerkennen“, sagte Schulze in ihrer Eröffnungsrede der Veranstaltung. Deutschland habe sich bis jetzt nicht mit der eigenen Verantwortung auseinandergesetzt.
Fortbildungen für BMZ-Mitarbeiter
Im BMZ habe im vergangenen Jahr ein Prozess begonnen, die kolonialen Kontinuitäten im eigenen Ministerium aufzuarbeiten. Dies umfasse unter anderem:
Fortbildungsmaßnahmen für BMZ-Mitarbeiter,
eine veränderte Verhandlungspraxis etwa bei Regierungsverhandlungen unter anderem durch Einbezug von lokalem Wissen und
Abbau von asymmetrischen Machtstrukturen im internationalen System, unter anderem durch mehr Beteiligung von Ländern des Globalen Südens.
Auch Schulze kommt nicht ganz ohne einen Blick auf den Wahlkampf aus. So weist sie darauf hin, dass die Aufarbeitung auch über die Legislatur hinaus erfolgen müsse. “Für die Auseinandersetzung mit Kolonialitäten ist ein langer Atem notwendig”, sagte Schulze. Die Veranstaltung sei ein Auftrag, den Prozess weiter fortzuführen.
Afrika-Politik
BMZ
Bundestagswahl 2025
CSU
Entwicklungspolitik
Entwicklungszusammenarbeit
Globaler Süden
Sahel
SPD
Wahlkampf
Translation missing.
Horn von Afrika: Bundesregierung verlängert Bundeswehreinsätze
Die Bundesregierung hat in der Kabinettssitzung am Mittwoch beschlossen, die Einsätze der Bundeswehr im Roten Meer sowie im Südsudan fortzusetzen. “Aufgrund der für Anfang 2025 vorgesehenen Neuwahlen sollen für die vier in absehbarer Zeit auslaufenden Bundestagsmandate nun vorzeitig Verlängerungen auf den Weg gebracht werden”, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch. Neben den beiden Einsätzen am Horn von Afrika will die Bundesregierung noch zwei Einsätze im Mittelmeer verlängern.
Konkret handelt es sich um folgende Einsätze:
die EU-geführte Operation Eunavfor Aspides im Roten Meer und in Bab al-Mandab,
die UN-Mission UNMISS im Südsudan,
die ebenfalls EU-geführte Eunavor Med Irini
sowie die Nato-geführte Operation Sea Guardian.
Die beiden Mandate am Horn von Afrika sollen nach Regierungsangaben inhaltlich unverändert bis zum 31. Oktober 2025 verlängert werden. Der Bundestag muss die entsprechenden Mandate allerdings noch bestätigen.
Stabilität im Roten Meer für Deutschland entscheidend
Das Bundestagsmandat der Eunavfor Aspides, das vorläufig bis zum 25. Februar 2025 läuft, sieht einen Einsatz von bis zu 700 Soldaten vor. Im Südsudan sind bis zu 50 Soldaten im Einsatz. Das Bundestagsmandat läuft noch bis Ende März 2025.
Die Stabilität der Handelsroute durch das Rote Meer hat für Deutschland hohe Priorität. Bereits im März 2024 sagte Außenministerin Annalena Baerbock, dass “98 Prozent des deutschen Handels mit Ostasien per Schiff durch das Rote Meer laufen” und dass die Angriffe der Huthi-Rebellen aus dem Jemen einen großen Einfluss auf diesen Handel hätten. Doch auch von anderer Seite droht durch Piraterie vor der somalischen Küste Gefahr.
Lage am Horn von Afrika bleibt angespannt
Indes bleibt die Lage am Horn von Afrika angespannt, seit Äthiopien mit dem international nicht anerkannten Somaliland über einen Zugang zum Golf von Aden verhandelt. Somaliland ist seit 33 Jahren faktisch von Somalia unabhängig.
Im Rahmen des als Memorandum of Understandings (MoU) festgehaltenen Abkommens will Äthiopien einen 20 Kilometer langen Küstenstreifen für 50 Jahre pachten. Damit verschafft sich das Binnenland Äthiopien Zugang zum Gold von Aden. Im Gegenzug bietet Äthiopien Berichten zufolge Somaliland die diplomatische Anerkennung sowie Anteile an seinen Wirtschaftssektoren wie Ethiopian Airlines an. Das hatte Somalia verärgert und zu Spekulationen über einen möglichen militärischen Konflikt geführt. Schon jetzt ist die Sorge groß, dass die in Somalia aktiven islamistischen Terroristen der Al-Shabaab-Miliz angesichts der Spannungen wieder an Einfluss gewinnen könnten.
Machtwechsel in Somaliland
Auch die Wahlen in Somaliland und der damit einhergehende friedliche Machtwechsel dürften die Situation zunächst nicht weiter entspannen. Am 13. November hatte das Land gewählt. Nach sieben Jahren musste Präsident Musa Abdi Bihi, die Macht an seinen Nachfolger Abdirahman Mohamed Abdullahi, auch bekannt als “Irro”, abgeben. Irro, der die Wahl mit 64 Prozent der Stimmen gewann, wird der sechste Präsident seit der selbsterklärten Unabhängigkeit des Landes sein. In Somaliland gibt es nun die Hoffnung, dass die Fähigkeit des Landes zur demokratischen Machtübergabe weitere Länder überzeugt, das Land international anzuerkennen.
Gulaid Yusuf Idaan, Professor für Internationales Recht und Diplomatie an der Universität von Somaliland, erklärte gegenüber Table.Briefings: “Die Wahl in Somaliland ist sehr wichtig. Denn wir wollen der Welt sagen, dass wir ein freies und demokratisches Land sind und beweisen, dass wir eine demokratische Machtübergabe durchführen.”
Union hatte mehr deutsches Engagement gefordert
Bei dem Abkommen mit Äthiopien setzt Irro offenbar auf Kontinuität. Irro versprach den Wählern, das umstrittene Abkommen zu überprüfen. Gulaid sagte zu Table.Briefings, dass der neu gewählte Präsident “das MoU weiterführen […], dem Parlament von Somaliland zur Verabschiedung vorlegen und es wirksam umsetzen wird.”
Mit Blick auf die angespannte Lage in Somalia und Äthiopien, aber auch im Sudan hatte die Unionsfraktion im Bundestag bereits im Sommer in einem Antrag ein stärkeres deutsches Engagement am Horn von Afrika und am Golf von Aden gefordert. In dem Antrag schreiben die Abgeordneten, dass sich Deutschland in einem “sicherheitspolitischen Blindflug” in der Region befinde. Die deutsche Beteiligung an der Mission Eunavfor Aspides sei zwar ein richtiger Schritt, bei weitem aber noch nicht ausreichend. Die Union hatte die Bundesregierung aufgefordert, die deutsche Präsenz in der Region durch “diplomatisches und militärisches Fachpersonal aufzustocken, um einen sichereren Informationsfluss zu gewährleisten”.
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Wahlen in Namibia: Swapo siegt, Opposition erkennt Ergebnis nicht an
Bei den Wahlen in Namibia hat die langjährige Regierungspartei und ehemalige Befreiungsbewegung Swapo sich gerade noch einmal an der Macht halten können. Angesichts schleppender Fortschritte seit der Unabhängigkeit im Jahr 1990, weit verbreiteter Arbeitslosigkeit, besonders unter Jugendlichen, und hoher wirtschaftlicher Ungleichheit hatten einige Beobachter prognostiziert, die Swapo könne eventuell das Präsidentenamt und ihre Parlamentsmehrheit verlieren. Doch Vizepräsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah holte 58 Prozent der Stimmen und konnte so einen Stichwahlgang vermeiden. Bei den Parlamentswahlen holte die Swapo rund 53 Prozent der Stimmen. Damit bekommt die Partei 51 Sitze in der Nationalversammlung – für eine Mehrheit sind 49 Sitze nötig. Es ist das schlechteste Ergebnis für die Swapo seit der Unabhängigkeit.
Der Verlauf der Wahlen hat in Namibia für Unmut gesorgt. Wegen mangelnder Stimmzettel und logistischer wie technischer Probleme konnten viele Namibier ihre Stimmen nicht wie geplant am 27. November abgeben. Die Wahlkommission verlängerte daraufhin die Stimmabgabe bis zum nächsten Tag. Schließlich verkündete sie noch eine Wiedereröffnung von 36 Wahllokalen für den 29. und 30. November. Die Rechtmäßigkeit der Verlängerung wird jedoch von Experten und der wichtigsten Oppositionspartei IPC infrage gestellt. Auch die Auswahl der Wahllokale für die Verlängerung wird kritisiert. Die Wahlkommission hatte keine überzeugende Begründung für die Auswahl geliefert. Zudem steht der Vorwurf im Raum, dass Wahllokale in Hochburgen der Swapo wiedereröffnet wurden, während in der von der IPC dominierten Region Erongo keine Wahllokale von der Verlängerung betroffen waren. Obwohl sich 1,4 Millionen Namibier zu Wahl registriert hatten, konnten nur rund 1,1 Millionen Stimmen gezählt werden.
Opposition boykottierte Bekanntgabe der Ergebnisse
In Reaktion auf die holprige Wahl hat die IPC verkündet, sie erkenne die Wahl nicht an und werde gerichtlich dagegen vorgehen. Der Präsidentschaftskandidat der IPC, Panduleni Itula, sprach von einer “Vielzahl von Unregelmäßigkeiten”. Auch gegen die Verlängerung der Wahl will die IPC gerichtlich vorgehen. Einige kleinere Oppositionsparteien haben sich dem angeschlossen. Die Oppositionsparteien boykottierten die Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse.
Die Wahlbeobachtermission der Afrikanischen Union (AU) erteilte der namibischen Wahlkommission ein Transparenzranking von nur 50 Prozent. Eine vorläufige Untersuchung der AU-Beobachtermission vom 29. November ergab jedoch keine Beweise für Wahlfälschungen.
Netumbo Nandi-Ndaitwah wird aller Voraussicht nach am 21. März 2025 als erste Präsidentin Namibias ihren Amtseid schwören. Auch das neugewählte Parlament wird im März zusammentreten. ajs
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EU-Migrationspolitik: Klimamobilität in Afrika fördern
Die deutsche und europäische Entwicklungs- und Migrationspolitik sollte sich stärker für die Implementierung regionaler Personenfreizügigkeit in Afrika engagieren. So könnten angesichts der steigenden Anzahl von Klimaflüchtlingen sichere und geordnete Migrationswege geschaffen werden, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Nach Angaben der NGO Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) waren allein im vergangenen Jahr weltweit mehr als 26 Millionen Menschen aufgrund von Umweltkatastrophen gezwungen, innerhalb ihres Heimatlandes zu fliehen. Laut einem Bericht der Weltbank dürfte die Zahl in Subsahara-Afrika bis 2050 auf 86 Millionen steigen. Hinzu kommen 19 Millionen Menschen in Nordafrika. Damit liegt die Zahl weit vor anderen Weltregionen. In Ostasien und dem Pazifik rechnet die Weltbank mit 49 Millionen Binnenflüchtlingen.
In ihrem Bericht weisen die beiden Autorinnen darauf hin, dass die EU mit ihrer Migrationspolitik in der Frage der Personenfreizügigkeit in Afrika nicht kongruent handele. In der IGAD-Region würde die EU regionale Freizügigkeit fördern. In der Ecowas-Region habe die EU hingegen einen restriktiven Kurs gefahren. Mit wenig Erfolg: In Niger hat die Militärjunta das mit der EU abgeschlossene Migrationsabkommen im vergangenen Jahr aufgekündigt. “Gegen den möglichen kurzfristigen Vorteil der Migrationskooperation mit einzelnen Staaten ist der entwicklungspolitische und ökonomische Nutzen abzuwägen, der sich längerfristig aus gut funktionierender regionaler Zusammenarbeit allgemein und konkret aus der Personenfreizügigkeit innerhalb afrikanischer Regionen ergibt”, schreiben die Autorinnen. dre
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Formel 1: Ruanda will Rennen nach Kigali holen
Ruanda will die Formel 1 nach mehr als dreißig Jahren zurück nach Afrika holen. “Wir sind interessiert – es wäre eine gute Sache für den Sport selbst und für Ruanda”, sagte Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe dem US-Medium Semafor. Das letzte afrikanische Formel-1-Rennen fand 1993 auf dem Kyalami Grand Prix Circuit in Südafrika statt.
Die Pläne Ruandas sind Teil der großangelegten Strategie, Sportevents in das kleine Land in Ostafrika zu holen. Auch mit europäischen Fußballklubs und der NBA hat Ruanda unlängst kooperiert. Mit großen Investitionen in Sportstätten und der Austragung prestigeträchtiger Sportveranstaltungen will das Land seine Einnahmen aus dem Tourismus steigern. Laut Angaben des staatlichen Rwanda Development Board beliefen sich im Jahr 2022 die Einnahmen aus dem Tourismus auf rund 620 Millionen US-Dollar. Die Strategie brachte dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame den Vorwurf ein, “Sportwashing” zu betreiben und von den Problemen in dem autoritär regierten Land ablenken zu wollen.
Zuletzt hatte sich auch Südafrika darum bemüht, wieder ein Rennen der Formel 1 austragen zu dürfen. Bereits vor zwei Jahren hatte sich Formel-1-Chef Stefano Domenicali dafür ausgesprochen, künftig auch wieder Rennen in Afrika austragen zu wollen. dre
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Presseschau
FAZ: Türkei wächst in Afrika. Die Türkei engagiert sich zunehmend in Afrika. Türkische Bergbaukonzerne bauen Rohstoffe ab und fördern Gas und Öl. Für die Produkte türkischer Unternehmen ist Afrika zu einem immer wichtiger werdenden Markt geworden. (“Erdoğan hat den Wert Afrikas erkannt”)
NTV: Hunger im Süden Afrikas. Die UN warnen vor einer schweren Hungerkrise im Süden Afrikas. Dort sind 26 Millionen Menschen aufgrund einer langanhaltenden Dürre von Nahrungsmittelknappheit betroffen. Die Krise, die unter anderem durch das Wetterphänomen El Niño verursacht wurde, wird sich bis zur nächsten Ernte im März oder April weiter verschärfen. (“26 Millionen Menschen im südlichen Afrika von Dürre betroffen”)
Washington Post: Katastrophe im Sudan. 19 Monate Bürgerkrieg haben eines der größten Länder Afrikas verwüstet. 26 Millionen Menschen – etwa die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung – sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Die Vereinten Nationen stufen fast zehn Millionen Menschen sogar als “kritisch ernährungsunsicher” ein. (“The world’s ‘worst crisis’ is in Sudan”)
ZDF: Wohnungsnot in Südafrika. In Südafrika nimmt die Zahl der Obdachlosen zu. Steigende Mieten und ein Mangel an gut bezahlten Jobs führen dazu, dass sich selbst gut ausgebildete Südafrikaner oft keine Wohnung leisten können. Verschärft wird die Situation durch das Fehlen sozialer Sicherungssysteme. (“Südafrika: Warum immer mehr obdachlos sind”)
Semafor: Rezession durch Dürre. Südafrikas Wirtschaft ist im dritten Quartal dieses Jahres aufgrund der schwachen Entwicklung im Agrarsektor unerwartet geschrumpft. Der Rückgang im Agrarsektor um fast 29 Prozent ist auf die Auswirkungen der Dürre auf die Mais-, Sojabohnen-, Weizen- und Sonnenblumenernte sowie auf die von Obst und Gemüse zurückzuführen. (“South Africa’s contracting economy blamed on agriculture sector”)
New York Times: Erste afrikanische Kuratorin. Koyo Kouoh, eine der führenden Kuratorinnen Afrikas, wird die Leitung der 61. Ausgabe der Biennale von Venedig übernehmen. Kouoh, die in Kamerun geboren wurde, ist derzeit Chefkuratorin und geschäftsführende Direktorin des Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt. (“Koyo Kouoh Is Named 1st African Woman to Curate Venice Biennale”)
Standpunkt
Digitales Afrika: Ein Muss, kein “Nice-to-have”
Von Wolfgang Niedermark
Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des BDI.
Das Mooresche Gesetz besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren in integrierten Schaltkreisen alle zwei Jahre verdoppelt. Dadurch konnte die Leistungsfähigkeit von Halbleitern in den letzten Jahrzehnten exponentiell gesteigert werden. Dies stellt die Grundlage der digitalen Revolution Ende des letzten Jahrhunderts dar. Durch den rasanten Fortschritt leben wir heute in einer technologisch völlig anderen Realität als noch vor zehn Jahren. Neben den offensichtlichen Vorteilen zwingt dieser technologische Imperativ, Innovationen zu adaptieren, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Versäumt es Afrika, den technologischen Fortschritt zu adaptieren, droht der Kontinent wirtschaftlich noch weiter zurückzufallen. In einer zunehmend digitalisierten Welt wird eine leistungsfähige Internetverbindung zu einem kritischen Standortfaktor. Die in einem Land verfügbare IT-Leistung ist entscheidend für zukünftige Geschäftsfelder – Stichwort Künstliche Intelligenz.
Vor allem aber hält die Nutzung von neuen Technologien und Innovationen Chancen auf einen alternativen Entwicklungspfad für Afrika bereit. Denn sie stellen Lösungen für die drängende Probleme des Kontinents dar. Smart Farming steigert die Effizienz der Landwirtschaft, dem wichtigsten Wirtschaftssektor in vielen Ländern Afrikas. Satellitentechnologien liefern Wetterdaten in Echtzeit und ermöglichen Frühwarnsysteme für Ereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Stürme. Blockchain-Technologien erhöhen die Transparenz von Lieferketten und bekämpfen somit effektiv die Verletzung von Sozial- und Umweltstandards.
Für Freihandel sind digitale Technologien ein Gamechanger
Eine aktuelle Publikation des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), “Bytes without Borders”, befasst sich näher mit der zentralen Rolle von digitalen Technologien für das Gelingen einer panafrikanischen Freihandelszone. Mit der fortschreitenden digitalen Transformation der Wirtschaft werden Telekommunikationskanäle und digitale Infrastrukturen für einen integrierten Markt immer wichtiger – vor allem, weil sie die traditionelle Infrastruktur in vielen Bereichen gravierend ergänzen. Der digitale Marktplatz wird auch in Afrika sukzessive den physischen Marktplatz verdrängen: 2050 wird die afrikanische Internetwirtschaft schätzungsweise mehr als 700 Milliarden US-Dollar generieren.
Der digitale Marktplatz vernetzt über den gesamten Kontinent Nachfrager und Anbieter und ermöglicht einen kostengünstigen Austausch von Waren und Dienstleistungen. Eine digitale Plattform ermöglicht potenziell allen Afrikanerinnen und Afrikanern den Zugang zum afrikanischen Markplatz. Dies ist vor allem für jene 800 Millionen Menschen relevant, die in ländlichen oder abgelegeneren Regionen in Afrika leben und Gefahr laufen, nicht unmittelbar von der Freihandelszone profitieren zu können. Satelliten sind in der Lage, auch in diesen Regionen stabiles und schnelles Internet bereitzustellen.
Ebenso wird ohne ein digitales Bezahlsystem der grenzüberschreitende Warenverkehr schnell an seine Grenzen stoßen: 60 Prozent der Afrikanerinnen und Afrikaner besitzen kein Bankkonto. Niedrigschwellige Angebote, die das Führen eines Bankkontos obsolet machen, werden ihren Teil zum Erfolg des Freihandels beitragen.
Das Anerkennen des Potenzials verpflichtet zum Handeln
Ob im Freihandel, im Klimaschutz oder in der Agrarwirtschaft – digitale Technologien erweisen sich als zentrale Treiber für die wirtschaftliche Entwicklung afrikanischer Staaten. Wird deren Potenzial jedoch ungenutzt gelassen, vertieft sich die technologische Kluft zwischen Afrika und dem Rest der Welt. Auch die Realisierung eines gemeinsamen afrikanischen Marktes, wie ihn die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) vorsieht, wird nur dann von nachhaltigem Erfolg gekrönt sein, wenn nichttarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden. Digitale Lösungen können hierfür einen wesentlichen Beitrag leisten.
Unsere Partner in Afrika erwarten ein stärkeres Engagement von Deutschland im lokalen (digitalen) Infrastruktursektor. Wir sollten zeigen, dass wir die Prioritäten unserer afrikanischen Partner ernst nehmen, in deren genau wie in unserem eigenen Interesse.
Wolfgang Niedermark ist seit Oktober 2020 Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands deutscher Industrie (BDI). Zuvor war er mehrere Jahre Leiter der Auslandshandelskammer Hongkong.
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Omar Alieu Touray – An der Spitze der Ecowas in turbulenten Zeiten
Omar Alieu Touray spricht während der UN-Generalversammlung im September.
Präsident der Ecowas-Kommission war nie ein leichter Job. Denn die Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten ist eine Gruppe voller verschiedener Interessen. Da sind etwa die Unterschiede zwischen den anglophonen und den frankophonen Staaten, jene zwischen den kleineren Staaten und den Schwergewichten wie Nigeria, oder die Differenzen zwischen den Küstenstaaten und denen im Hinterland, die für ihre Importe auf die Häfen ihrer Nachbarn angewiesen sind. Und seit der gambische Diplomat Omar Alieu Touray den Job des Ecowas-Kommissionspräsidenten im Juli 2022 angetreten ist, sind die Schwierigkeiten noch gewachsen.
Sahel-Krise ist eine Gefahr für Ecowas
So drohte die Ecowas in Folge des Militärputsches in Niger im Juli 2023 beinahe zu zerbrechen. Nachdem zuvor schon in Mali, Guinea und Burkina Faso Militärs die Macht übernommen hatten, wollten einige Ecowas-Mitglieder ein Zeichen gegen die Staatsputsche setzen. Sie erließen Sanktionen und forderten, der Putsch in Niger müsse rückgängig gemacht werden und der abgesetzte Präsident Mohamed Bazoum wieder eingesetzt werden. Andernfalls, so die Drohung, werde Ecowas militärisch in Niger intervenieren.
So weit kam es dann doch nicht. Aber die nigrische Krise hat die Ecowas dennoch nachhaltig beschädigt: Gemeinsam mit Mali und Burkina Faso kündigte Niger im Januar dieses Jahres seinen Austritt aus dem Staatenbund an. Die drei Länder gründeten stattdessen eine Allianz der Sahel-Staaten, innerhalb derer sie künftig eng zusammenarbeiten wollen. Langfristig soll die Allianz nach eigenen Angaben sogar zu einem Föderalstaat verschmelzen.
Kampf gegen regionale Unsicherheit wird schwieriger
Nach Ansicht von Ecowas-Vertretern ist der Exit der Sahel-Staaten eine Bedrohung für den 1975 gegründeten Staatenbund und Westafrika insgesamt. “Unsere Region läuft Gefahr, sich aufzulösen“, warnte auch Touray im Juli. Der Schritt der Sahel-Juntas untergräbt die Fortschritte bei der Freizügigkeit von Gütern und Menschen in der Region. Vielleicht noch wichtiger: er beeinträchtigt die Bemühungen im Kampf gegen regionale Unsicherheit. Denn in Westafrika, insbesondere in den Sahel-Staaten, treibt eine Vielzahl von Milizen und Terrorgruppen ihr Unwesen. Deren Aktivitäten breiten sich aber auch auf die weiter südlich gelegenen Küstenstaaten aus. Im Kampf gegen diese transnationalen Gruppen ist regionale Kooperation das oberste Gebot. Stehen Ecowas und die Allianz der Sahel-Staaten einander jedoch argwöhnisch oder gar feindlich gegenüber, wird die Zusammenarbeit schwierig oder sogar unmöglich.
Unter Touray hat der Block den senegalesischen Präsidenten Bassirou Diomaye Faye mit der Vermittlung in der Krise mit den Sahel-Staaten beauftragt. Faye stammt aus der gleichen Generation wie die Militärführer in den drei abtrünnigen Staaten und ist damit viel jünger als die anderen Führer der Region. Er teilt auch die Kritik der Juntas an der Rolle der westlichen Mächte in der Region, insbesondere an Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht in allen vier Ländern.
Bisher sind die Fortschritte bei der Vermittlung für die Ecowas enttäuschend. Der Block hat gelobt, “energischere” Versöhnungsbemühungen zu unternehmen. Gleichzeitig entwickelt die Ecowas aber auch “einen vorausschauenden Notfallplan” für alle Eventualitäten in den Beziehungen zu den Juntas. Dazu gehört auch die Mobilisierung einer 5000 Mann starken regionalen Bereitschaftstruppe zur Terrorismusbekämpfung. Die Truppe soll zunächst aus einer 1650 Mann starken Brigade bestehen, die im Laufe der Zeit aufgestockt werden soll.
Erfahrener Diplomat mit UN-Kenntnis
Neben der Sahel-Krise kümmert sich Touray, der in der nächsten Woche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen wird, auch noch um die alltäglicheren Belange der Ecowas-Mitglieder. So etwa vor der UN-Generalversammlung im September, die anlässlich des Summit for the Future zusammengekommen war. In seiner Rede stellte er den UN-Zukunftspakt infrage und betonte, dass viele der darin enthaltenen Verpflichtungen bereits zuvor in verschiedenen UN-Rahmenwerken formuliert worden seien. “Die Tatsache, dass wir zu denselben alten Verpflichtungen zurückgekehrt sind, deutet darauf hin, dass wir immer noch einen größeren politischen Willen brauchen, um die guten Versprechen einzulösen“, bemerkte er. “Wenn wir wieder einmal versagen, wird die Geschichte auf diesen Gipfel nicht als einen Gipfel der Zukunft, sondern als einen Gipfel der Vergangenheit zurückblicken”, fügte er hinzu.
Im Umgang mit den UN hat Touray bereits Erfahrung, war er doch von 2007 bis 2008 gambischer UN-Botschafter, bevor er zum Außenminister seines Landes ernannt wurde. Von 2009 bis 2012 arbeitete der Diplomat außerdem für die UN-Wirtschaftskommission für Afrika und das UN-Welternährungsprogramm. Anschließend heuerte er bei der Islamischen Entwicklungsbank an, auf Posten in Saudi-Arabien und der Elfenbeinküste. Seine jetzige Position als Präsident der Ecowas-Kommission hat Touray noch bis 2026 inne. Arne Schütte