Fans von Konferenzen werden in dieser Woche auf ihre Kosten kommen, vor allem wenn sie sich für Afrika interessieren. In Kasan laden die Brics-Staaten zu ihrem Gipfeltreffen. In Washington findet das traditionelle Herbstmeeting von IWF und Weltbank statt. Und auf den Samoa-Inseln schließlich treffen sich die Mitgliedsstaaten des Commonwealth.
Selbstverständlich begleiten wir diese Konferenzen für Sie und versorgen Sie in dieser Ausgabe mit den wichtigsten Nachrichten. Doch der eine oder andere Gipfel wird uns mit Sicherheit darüber hinaus noch beschäftigen.
Außerdem haben wir auch in dieser Ausgabe spannende Analysen und Berichte. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.
Beim 16. Brics-Gipfel, der am Dienstag in der russischen Stadt Kasan beginnt, wird ein besonderer Schwerpunkt auf den Themen wirtschaftliche Kooperation und Finanzströme liegen. Russland übernimmt damit den Vorsitz der Gruppe für ein Jahr – trotz Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine. Der Gipfel markiert einen neuen Meilenstein in der Geschichte der Brics-Gruppe. Denn es ist das erste reguläre Treffen der Staaten im größeren Kreis, seit mit Beginn dieses Jahres Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate Mitglieder der Gruppe sind. Brics hat sich zugunsten Afrikas vergrößert und der Anspruch der Gruppe auf mehr globale Mitbestimmung manifestiert sich weiter. Auch mit den neuen Mitgliedern steht eine mögliche Brics-Währung weiterhin oben auf der Agenda. Mit dem Zahlungssystem “Brics Pay” ist ein erster Schritt bereits vollzogen.
Bis dahin war es allerdings ein langer Weg. Bereits auf dem ersten Brics-Gipfel 2009 in der russischen Stadt Jekaterinburg – damals noch als Bric ohne Südafrika – wurde die Idee einer Weltreservewährung zuerst diskutiert. Auch wenn in die offizielle Erklärung des Gipfels kaum eine explizierte Referenz zu der alternativen Währung aufgenommen wurde, war dies dennoch der erste Anstoß auf globaler Ebene, die Vormachtstellung des US-Dollars zumindest infrage zu stellen. Konkreter wurde dies erst beim 6. Gipfel in Brasilien 2014.
In der “Fortaleza Declaration” kündigten die Brics-Staats- und Regierungschefs die Gründung der New Development Bank (NDB) an. Diese war als Konkurrenz zur Weltbank und der International Finance Corporation (IFC) gedacht. Zwar fehlt es der Bank bislang noch an Durchschlagskraft und ihr wird ein schwaches Management nachgesagt, dennoch sprachen die Brics-Staaten seinerzeit von einem “historischen Moment”. Dieser sollte das “wachsende Prestige” von Brics ausdrücken. Die Mitglieder riefen eine “neue Ära globaler Machtstrukturen” aus.
Sieben Jahre später, beim 14. Gipfel in China, der wegen der COVID-19-Pandemie virtuell stattfand, kündigte dann der russische Präsident Wladimir Putin an, dass Brics an einer Reservewährung arbeite, die auf einem Korb der Brics-Währungen basiere. Der letzte Gipfel in Johannesburg im vergangenen Jahr machte dann Schlagzeilen mit der Erweiterung von Brics, was dem Staatenverbund mehr Gewicht verleiht. Der Gipfel wurde als historischer Schritt bezeichnet, der das neue Selbstbewusstsein des Globalen Süden verdeutlicht. “Es ist ganz klar, dass die Brics-Gipfel zunehmend an Bedeutung gewinnen und die Organisation nicht länger als bloßes Diskussionsforum abgetan werden kann”, sagt Kar Yong Ang, Finanzmarktanalyst bei Octa Broker. “Dieses Jahr könnte sich das Brics-Treffen als ein weiterer Wendepunkt erweisen, insbesondere für die internationale Finanzwelt.“
Doch bis der US-Dollar in Bedrängnis gerät, ist es noch ein weiter Weg. Der südafrikanische Finanzminister Enoch Godongwana etwa hob hervor, dass eine Brics-Währung bereits existierende Währungen wie den US-Dollar nicht ersetzen sollen. Stattdessen gehe es darum, Handelstransaktionen in einheimischen Währungen abzuwickeln. “Es handelt sich um ein Zahlungssystem, das eine verstärkte Nutzung lokaler Währungen ermöglicht”, sagte Godongwana und fügte hinzu, dass es sich dabei nicht um eine Alternative zu Swift, dem wichtigsten internationalen Zahlungssystems, handele.
Während des Brics-Business-Forums am 17. und 18. Oktober in Moskau bekamen Delegierte Karten ausgehändigt, die mit 500 Rubel (knapp fünf Euro) aufgeladen waren, und mit denen sie in Läden einkaufen konnten, die das “Brics Pay”-Logo hatten. Brics Pay ermöglicht Zahlungen per QR-Code und soll nationale Zahlungssysteme mit denen der Brics-Staaten verknüpfen. Die Technologie basiert auf Blockchain und unterstützt digitale Währungen oder Kryptowährungen wie Stablecoins, die an nationale Währungen gekoppelt sind und von Goldreserven abgefedert werden.
Ziel ist es, den grenzüberschreitenden Handel innerhalb des Brics-Blocks zu erleichtern. An dem Projekt wird seit fünf Jahren gearbeitet und bedarf noch der Zustimmung aller Brics-Mitglieder. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Brics-Staats- und Regierungschefs ihre Finanzminister gebeten, ihre lokalen Währungen und Zahlungssysteme auf Kompatibilität mit dem Brics-System zu untersuchen.
Auch das stärkste Brics-Land, China, argumentiert in diese Richtung, wie die staatliche KP-Zeitung “Global Times” kürzlich schrieb: “Chinesische Experten sagten, dass diese Initiative den Brics-Ländern erweiterte Zahlungsoptionen für die Abwicklung von Waren und Dienstleistungen bietet und so ihre Wirtschaftsbeziehungen weiter festigen wird.” Darüber hinaus könne dieser Ansatz dazu beitragen, die übermäßige Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern, die Dominanz des Dollars auszugleichen, die finanzielle Diversifizierung zu fördern und die wirtschaftliche Autonomie der Brics-Mitglieder darüber hinaus zu stärken.
In diesem Jahr wird der brasilianische Präsident Lula da Silva nicht zum Gipfel anreisen können, da ihm seine Ärzte nach einem Sturz von einer Reise nach Russland abgeraten haben. In Johannesburg vor einem Jahr hat er sich noch für eine Alternative zum US-Dollar starkgemacht. Auch seine Vorgängerin, Dilma Rousseff, die seit März 2023 die Präsidentschaft der in Shanghai ansässigen New Development Bank innehat, erklärte in einer ähnlichen Weise, dass ihre Bank beabsichtige “nationale Währungen für Investitionen in den privaten Sektor der Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten zu nutzen”. Dennoch, Brasilien verfolgt auch eine differenzierte Position, die zur Vorsicht bei der Umsetzung einer möglichen Brics-Währung mahnt. Denn die Ambitionen und wirtschaftlichen Realitäten sollen die für Brasilien wichtigen Beziehungen zu westlichen Staaten nicht gefährden.
Bis eine Brics-Währung tatsächlich auf festen Beinen steht, werden noch Jahre vergehen, in denen die Zentralbanken der Brics-Länder die Modalitäten und finanzpolitischen Ausrichtungen verhandeln müssen. So lange wird “Brics Pay” eine technische Lösung bleiben, die die Handelsströme zwischen Brics-Ländern erleichtert. Immerhin.
Am Montag hat der Gipfel der Commonwealth-Staatengruppe in Apia, der Hauptstadt der Pazifikinsel Samoa, begonnen. Für Afrika hat der Gipfel besondere Bedeutung, denn der künftige Generalsekretär des Commonwealth wird erstmals seit 24 Jahren wieder aus einem afrikanischen Land stammen. Wer die Position übernehmen wird, soll sich während des Treffens, das bis zum 26. Oktober dauern wird, entscheiden.
Zwei Männer und eine Frau bewerben sich um das Amt:
Alle drei Anwärter engagieren sich für folgende Anliegen:
Der Klimawandel steht auch im Fokus des laufenden Gipfels in Apia. Zum Auftakt der Veranstaltung am Montag hatten die Organisationen der Zivilgesellschaft das Sagen. “Sie fordern Klimagerechtigkeit und ebenbürtigen Zugang zur Gesundheitsversorgung für die Länder des Südens”, sagte Sue Onslow, Gastprofessorin für politische Ökonomie am King’s College in London, die am Commonwealth Gipfel teilnimmt.
Laut Onslow geht es vor allem darum, dass die Bürger, insbesondere auch Frauen, beteiligt werden sollen, wenn die Regierungen Strategien für die grüne Energiewende beschließen. “Es darf keinen Top-Down-Ansatz geben”, so die Professorin. Zudem müssten die Barrieren für die Finanzierung von Projekten zur Abfederung der Klimafolgen in den Ländern des Globalen Südens abgebaut werden.
Ein weiterer Schwerpunkt in den Diskussionen sei die Finanzierung von Infrastruktur im Gesundheitsbereich und der Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen. Angesichts des Klimawandels sei dies besonders wichtig, weil er das Risiko von Krankheiten und Mangelernährung erhöhe. Onslow erwartet, dass der Commonwealth in Samoa klare Forderungen für die Weltklimakonferenz in Baku im November verabschiedet.
Aktuell sind 21 afrikanische Länder Mitglied des Commonwealth. Wenn es nach dem Staatenbund ginge, könnten aber noch mehr beitreten. Eine Commonwealth-Sprecherin verweist auf die Vorteile einer Mitgliedschaft für afrikanische Länder. So würden derzeit sechs afrikanische Staaten mit knapp 280.000 Dollar dabei unterstützt, Anträge für Projekte eines nachhaltigen Land- und Wassermanagements zu schreiben und dafür eine Finanzierung zu finden. Es werde zudem erwartet, dass der Samoa-Gipfel eine Erklärung zum Schutz der Meere verabschiede.
Ithiel Batumike, Analyst beim kongolesischen Think-Tank Ebuteli, kritisiert, dass das Commonwealth wie auch das französischsprachige Pendant, die Organisation Internationale de la Francophonie (OIF), von den ehemaligen Kolonialmächten und von den Industriestaaten dominiert würden. “Sie tragen den größten Teil zum Budget bei und haben das Sagen”, so Batumike. Die Bevölkerung in den Mitgliedsländern des globalen Südens spüre kaum Verbesserungen. Das gelte insbesondere für die OIF. Die ehemaligen französischen Kolonien hätten tendenziell größere wirtschaftliche und politische Probleme als die ehemaligen britischen Kolonien. Batumike hält es trotzdem für wichtig, dass die Länder des Südens in den Staatenorganisationen bleiben. “Es gibt historische Verflechtungen, und es ist wichtig, im Gespräch zu bleiben”, sagt der Politik-Analyst.
Dem Commonwealth und der OIF sind inzwischen auch Staaten beigetreten, die keine britischen oder französischen Kolonien waren. Zudem gibt es Doppelmitgliedschaften. Auch Teilgebiete können den Organisationen beitreten. Ein Beispiel ist das Saarland. Das frankophile Bundesland ist seit dem Gipfel der OIF Anfang Oktober Mitglied mit Beobachterstatus. “Wir wollen Synergien in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Forschung und Kultur ausloten”, sagt die stellvertretende Regierungssprecherin des Saarlands, Jennifer Collet. Mit Blick auf afrikanische Staaten könnten sich Kooperationen beim Anwerben von Fachkräften oder bei Ressourcen für die Wasserstoffstrategie des Saarlands ergeben.
Die EU konzentriert sich momentan auf Mauretanien und Senegal, um irreguläre Migration nach Europa zu reduzieren. Da die Zusammenarbeit mit den militärregierten Sahel-Staaten – insbesondere auch mit Niger, durch das eine Migrationsroute Richtung Norden führt – schwierig geworden ist, dürfte die EU ihre Strategie angepasst haben. Wenig beachtet abseits der weltpolitischen Topthemen Nahost, Ukraine und US-Wahl herrscht auch lange nach dem prestigeträchtigen Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Februar ein reges Kommen und Gehen europäischer Politiker in Mauretanien und Senegal.
Vergangene Woche besuchte die EU-Kommissarin für internationale Zusammenarbeit, Jutta Urpilainen, die Region und hatte ein Angebot im Gepäck: 30 Millionen soll der Senegal bekommen, um “die Tragödien auf hoher See zu beenden”. So drückte es die EU-Kommissarin bei ihrem Besuch in Dakar Ende vergangener Woche aus. Die EU entspreche damit einer Anfrage der senegalesischen Regierung. Die Mittel würden verwendet, um den senegalesischen Behörden zu helfen, Migranten in Gefahr zu retten. Das Geld solle zudem gegen Menschenschmuggel und für die Aufklärung über die Risiken irregulärer Migration eingesetzt werden, so Urpilainen. Während ihres Besuchs traf die Kommissarin auch Senegals Präsidenten Diomaye Faye zum Gespräch. Schon jetzt finanziert die EU-Kommission Sicherheitskräfte im Senegal mit rund sechs Millionen Euro, um gegen Menschenhandel vorzugehen.
Die jüngste Ankündigung dürfte auch im benachbarten Mauretanien mit großem Interesse wahrgenommen werden: Denn das Land ist inzwischen zu einem Anlaufort für Menschen aus der ganzen Region geworden, die per Boot auf die Kanaren und damit nach Europa gelangen möchten. Von der Leyen hatte deswegen 210 Millionen Euro bei ihrem Besuch im Februar zugesagt.
Die jüngsten Zahlen von Frontex zeigen, dass von Januar bis September 2024 rund 30.600 Menschen auf der Westafrika-Route kamen. Das ist eine Zunahme um 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch liegt die Westafrika-Route immer noch an dritter Stelle, hinter der Ost-Mittelmeer-Route (45.600, plus 15 Prozent) sowie der zentralen Mittelmeer-Route (47.700, minus 64 Prozent). Insgesamt gingen die irregulären Grenzübertritte in die EU jedoch im laufenden Jahr um rund 42 Prozent auf 166.000 zurück.
Unter den häufigsten Herkünften sind Syrien, Mali und die Ukraine. Für die Westafrika-Route sind vor allem Menschen aus Mali, Senegal und Marokko registriert worden. Insbesondere Spanien ist Vorreiter eines regionalen Ansatzes in Westafrika: Ministerpräsident Sanchez verknüpfte bei seinem Besuch Ende August die drei Länder Mauretanien, Senegal und Gambia. Er verfolgte damit gleichermaßen die Spur von vielen Migranten zurück: In Mauretanien fahren viele Boote von der Küste ab, vorzugsweise aus der nördlich gelegenen Hafenstadt Nouadhibou.
Vor Ort ist im Stadtbild ersichtlich, dass vor allem junge Senegalesen dort nach Arbeit suchen: Als Tagelöhner warten sie an Straßenkreuzungen auf Aufträge oder verdienen etwas Geld rund um die Fischerei, Haupteinnahmequelle der Stadt. Im Gespräch mit Table.Briefings geben mehrere Personen an, dass sie sich wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage im Senegal auf den Weg gemacht hätten und die Reise per Boot auf die Kanaren in Betracht zögen.
Das bestätigt die Erfahrungen, die zivilgesellschaftliche Vertreter vor Ort mit Table.Briefings geteilt haben. Menschen aus dem Senegal reisen in der Regel per Bus ein. Darunter sind auch Menschen mit anderen Staatsangehörigkeiten, insbesondere Mali, aber auch Elfenbeinküste. In Nouakchott wie auch in Nouadhibou wohnen Menschen, die sich potenziell auf eine Abfahrt per Boot vorbereiten, oft in Häusern zusammen. Malier, die seit mehreren Jahren lediglich für Jobs in Noaudhibou lebten, gaben gegenüber Table.Briefings an, bewusst abseits der Community zu wohnen – um bei eventuellen polizeilichen Durchsuchungen nicht in Verdacht zu geraten.
Nach Table.Briefings-Informationen aus Insiderkreisen im Senegal und in Mauretanien werden Boote, die zur Überfahrt auf die Kanaren genutzt werden, häufig in Gambia hergestellt. Das Holz wird den Angaben zufolge zumindest teilweise aus der südlich an Gambia grenzenden senegalesischen Region Casamance geliefert. Der Holzschmuggel ist eine traditionelle Einkommensquelle für Rebellen in der Casamance. Die fertigen Boote, die als besonders stabil und seetauglich gelten, werden demnach über den Wasserweg aus Gambia in die nördlich angrenzende senegalesische Sine Saloum-Region gebracht. Diese wird weniger engmaschig überwacht als andere Küstenabschnitte im Senegal. Von dort werden die Boote weiter per Seeweg transportiert.
Spanien treibt bilateral, aber auch innerhalb der EU derweil einen doppelten Ansatz in der Migrationsfrage voran – eine Kombination aus Partnerschaft und rigider Abwehr. So vereinbarte Sanchez in Mauretanien einen ersten Versuch zirkulärer Migration. Ausgewählte Menschen aus Mauretanien sollen regulär nach Spanien einreisen und dort arbeiten können. Perspektivisch sollen sie mit ihrem Know-how dann wieder zurückkehren und der mauretanischen Wirtschaft helfen.
Auf der anderen Seite setzt Spanien auf Grenzschutz: Rund 100 Beamte, ein Großteil davon von der militärischen Guardia Civil, sind in Mauretanien, Senegal und Gambia im Einsatz. Vor kurzem warb Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska damit, die EU-Grenzschutzeinheit Frontex in der Region einzusetzen.
Seit Sonntag sind übrigens auch sechs Bundestagsmitglieder in Mauretanien unterwegs, anschließend soll die Reise in den Senegal führen. Nach Informationen von Table.Briefings sind folgende Abgeordnete bei der Reise dabei:
Das Programm konzentriert sich vor allem auf Wirtschaft, beinhaltet aber auch das Thema Migration.
Auf die Ankündigung des IWF, im Rahmen des Poverty Reduction and Growth Trust (PRGT) den ärmsten Ländern (LIC) Darlehen von acht Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, werden voraussichtlich weitere Maßnahmen folgen. Der IWF hat bereits mitgeteilt, dieses Thema auf seinem bis 26. Oktober stattfindenden Herbstmeeting weiter diskutieren zu wollen.
Auch der Thinktank Atlantic Council erwartet laut einem Papier im Vorfeld der Herbsttagung von IWF und Weltbank, dass weitere Finanzhilfen für die Länder mit niedrigem Einkommen, vor allem aus Afrika, folgen werden. “Der IWF hat darauf hingewiesen, dass im G20 Global Framework bereits Fortschritte bei der Bewältigung dieser Herausforderung erzielt worden sind”, heißt es dort weiter.
In der vergangenen Woche hat der IWF ein Finanzpaket von acht Milliarden Dollar für die LIC genehmigt. Diese Mittel aus dem PRGT werden zinslos ausgeliehen. Durch dieses Paket verdoppelt sich laut IWF die jährliche Kreditvergabekapazität des PRGT auf 2,7 Milliarden SZR (3,6 Milliarden Dollar).
“Der neue Finanzierungsrahmen ermöglicht es, die Nettoeinnahmen und Rücklagen des IWF in den nächsten fünf Jahren zur Erhöhung der Subventionsmittel für den PRGT einzusetzen“, heißt es beim IWF. Der PRGT ist das wichtigste Instrument des IWF zur Bereitstellung zinsgünstiger Finanzierungen für Länder mit niedrigem Einkommen. Aktuell liegt der Zinssatz bei null Prozent.
Als Low Income Country gelten Länder mit einem Bruttonationaleinkommen von weniger als 1,085 Dollar je Kopf. In Afrika waren dies laut Weltbank im Jahr 2023:
Der Poverty Reduction and Growth Trust ist, wie sein Name nahelegt, eine Art Fonds. Zur Finanzierungsrunde 2021 haben 40 Länder beigetragen, darunter Deutschland mit 148 Millionen SZR. Im vergangenen Jahr lag das Ziel für Darlehen bei 12,6 Milliarden SZR und für Subventionsmittel bei 2,3 Milliarden SZR. Diese beiden Ziele wurden 2023 erreicht.
Allerdings ist nach Meinung des IWF eine weitere Finanzierungsrunde notwendig. Angesichts des hohen Finanzierungsbedarfs der LIC dürfte die Nachfrage nach PRGT-Krediten für die Jahre 2020 bis 2024 voraussichtlich 30 Milliarden SZR erreichen und damit in etwa über dem vierfachen langjährigen Mittelwert liegen.
“PRGT-Subventionen haben einen starken Multiplikatoreffekt“, heißt es beim IWF. “Jeder mobilisierte Dollar an Subventionsmitteln ermöglicht es dem PRGT, zinslose Kredite im Wert von etwa fünf Dollar bereitzustellen.”
Die Strategie des IWF im Hinblick auf die Verschuldung der LIC beruht auf drei Säulen:
Schon auf dem Frühjahrsmeeting hatte der IWF zu diesem Thema einen Global Sovereign Debt Roundtable organisiert. Auf dem nun stattfindenden Herbstmeeting soll an diesem Thema weitergearbeitet werden.
“Diese Maßnahmen helfen zumindest bedingt, doch der IWF sollte bei seinen Reformideen ehrgeiziger sein”, fordert der Atlantic Council. “So muss der Verhandlungsprozess zur Umschuldung verbessert werden, um den Umschuldungsprozess zu beschleunigen.” Sambia beispielsweise habe drei Jahre benötigt, um seine Umschuldung abzuschließen. hlr
Wenn in dieser Woche 200 Deutsche – ehemalige Soldaten der Bundeswehr und ihre Frauen – zur Erinnerungsfeier in die portugiesische Stadt Beja reisen, wird es ein bisschen wie früher sein. Da werden sie vom guten Zusammenhalt zwischen den Kameraden sprechen, von den netten Einheimischen und von Portugal, jenem Land, zu dem die meisten “Bejaner”, wie sie sich nennen, immer noch eine intensive Beziehung haben.
Afrika wird unter Umständen weniger präsent sein. Dabei spielte der deutsche Luftwaffenstützpunkt Basis Nr. 11, vor 60 Jahren im Baixo Alentejano eingerichtet, für das Regime des portugiesischen Diktators Antonio Salazar und seine Kriege gegen die Befreiungsbewegungen in Angola, Mozambik und Guinea-Bissau eine wichtige Rolle. Es war kein rühmliches Kapitel für die junge Bundesrepublik.
Der damalige Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß hatte die deutsche Militärbasis im portugiesischen Niemandsland im Kalten Krieg vorangetrieben. Ziel war es, einen Luftwaffenstützpunkt außerhalb sowjetischer Reichweite zu besitzen. Dort sollten sämtliche Piloten der F 104 G Starfighter ihre Grundausbildung erhalten. Beim Nato-Mitglied Portugal wurde Strauß fündig. Denn tatsächlich schafften es Raketen bis Mitte der 1960er-Jahre noch nicht bis zur Iberischen Halbinsel.
Zugutekam Strauß, dass er sich bereits 1959 das Wohlwollen der Regierung Salazar durch Aufträge zur Anfertigung von Munition und des G3-Gewehrs an die portugiesische Militärindustrie erkauft hatte. In den Folgejahren umfasste die militärische Kooperation mit Portugal nicht nur die Errichtung der Basis in Beja, sondern auch den Verkauf gebrauchter Waffen der Bundeswehr an die portugiesische Armee, Luftwaffe und Marine – für schätzungsweise 20 Millionen DM. 1966 kauften die Portugiesen 40 Fiat-G-91 Flugzeuge aus deutschem Bestand.
Damit trug die Bundesrepublik maßgeblich zu den Kolonialkriegen Salazars bei. “Die deutschen Waffen waren essenziell für die militärische Präsenz Portugals in Afrika”, sagt die portugiesische Historikerin Ana Monica Fonseca.
Auch für Antonio Muñoz Sánchez, Experte für deutsch-portugiesische Beziehungen an der Universität Lissabon, steht fest: “Ein armes Land wie Portugal hätte keine Kriege an drei Fronten und dazu Tausende von Meilen entfernt in Afrika allein führen können. Das ging nur mit externer Unterstützung.” Und diese wurde im Wesentlichen von den Deutschen und ihren Waffen geleistet, so Sánchéz.
Das alles geschah, während die USA ein Waffenembargo gegen Salazar beschlossen, und die UN Portugal wiederholt dazu aufrief, den afrikanischen Staaten ihre Unabhängigkeit zu gewähren. mh
Südafrika plant den Bau des ersten Flüssiggas-Terminals des Landes im Hafen von Richards Bay. Das neue Zululand Energy Terminal mit einer Kapazität zwei Millionen Tonnen LNG pro Jahr in der ersten Phase des Projekts soll die Versorgung mit Gas zur industriellen Nutzung sicherstellen. In der zweiten Phase soll das Terminal eine Kapazität von fünf Millionen Tonnen pro Jahr erreichen. Der Plan sieht außerdem vor, dass Transnet, der staatliche kontrollierte Betreiber der südafrikanischen Eisenbahnen, Häfen und Pipelines, seine Pipeline-Infrastruktur für den Transport von verflüssigtem Erdgas (LNG) von der Küste zu den wichtigsten Märkten im Landesinneren umnutzt.
Südafrika importiert derzeit rund 90 Prozent seines Gases über die 865 Kilometer lange Mosambik-Secunda-Pipeline aus den Gasfeldern Pande und Temane in Mosambik. Diese betreibt die Republic of Mozambique Pipeline Investments Company (Rompco), ein Joint Venture der Regierungen von Südafrika und Mosambik, an dem zudem das südafrikanische Öl- und Chemieunternehmen Sasol beteiligt ist.
Allerdings hat diese Geschäftsverbindung keine große Zukunft. Es wird erwartet, dass die Gaslieferungen aus Pande und Temane in den nächsten Jahren zurückgehen werden, da diese Gasvorkommen erschöpft sind. Infolgedessen wird Sasol voraussichtlich Ende Juni 2026 die Versorgung der industriellen Gasverbraucher in Südafrika einstellen.
Die Industrial Gas Users’ Association of Southern Africa (IGUA-SA) warnte Anfang des Jahres: “Die Folgen eines plötzlichen Versorgungsengpasses sind tiefgreifend und reichen von erhöhten Energiekosten bis hin zu möglichen Arbeitsplatzverlusten und wirtschaftlicher Instabilität.” Der IGUA-SA-Vorsitzende Thomas Shaw erklärte im Jahresbericht 2024 der Organisation, dass mehrere wichtige Industriezweige für ihren Fortbestand “in hohem Maße” auf Gasenergie angewiesen sind. “Diese Industrien erstrecken sich über mehrere Wirtschaftssektoren, darunter Chemie, Stahl, Glas, Lebensmittel und Getränke, in Gauteng, Free State, KwaZulu-Natal und Mpumalanga“, so Shaw.
Laut IGUA-SA-Bericht sichern die industriellen Gasverbraucher in Südafrika rund 70.000 Arbeitsplätze und tragen jährlich zwischen 300 und 500 Milliarden Rand zur Wirtschaft bei. “Eine Unterbrechung der Gasversorgung wird zu zahlreichen Werksschließungen und einem erheblichen Rückgang der Produktionsleistung in KwaZulu-Natal, Gauteng und Mpumalanga führen”, so Shaw.
Um dies zu verhindern, beauftragte Transnet im Januar ein Konsortium, bestehend aus Transnet Pipelines und Vopak Terminals Durban, mit der Entwicklung und dem Betrieb des neuen LNG-Terminals in Richards Bay. Im September unterzeichneten zudem der staatliche Stromversorger Eskom und Sasol eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Erörterung künftiger LNG-Anforderungen. Sibongiseni Khathi, Geschäftsführer von Transnet Pipelines, erklärte Anfang Oktober auf der Africa Oil Week in Kapstadt, dass das Unternehmen die neue LNG-Infrastruktur bis 2027 in Betrieb nehmen will.
Khathi sagte auch, Transnet bereite die Umwidmung der Lilly-Pipeline vor, um LNG von Richards Bay sowohl zum Industriestandort Secunda als auch nach Durban transportieren zu können. Die Pipeline leitet derzeit Gas von Secunda über Empangeni nach Durban durch, mit wichtigen Entnahmestellen entlang der Strecke. Der Plan sieht den Anschluss an das geplante LNG-Terminal vor sowie die Teilung des Durchflusses in Empangeni, damit das Gas in beide Richtungen nach Durban und Secunda fließen kann.
Unterdessen teilte Rompco im August mit, das Unternehmen prüfe die Möglichkeit, Gas über das mosambikanische Matola-Terminal zu liefern. Diese Anlage entwickelt die Beluluane Gas Company, ein Joint Venture zwischen dem südafrikanischen Energieunternehmen Gigajoule und dem französischen Energiekonzern Total Energies. Nach Angaben von Rompco soll das Matola-Terminal Mitte 2026 mit einer erwarteten Kapazität von zwei Millionen Tonnen LNG pro Jahr in Betrieb gehen. “Die Verbindung der LNG-Lieferungen aus Matola mit der Rompco-Pipeline wird die Versorgungssicherheit auf dem südafrikanischen Energiemarkt erhöhen und sicherstellen, dass die Mosambik-Secunda-Pipeline voll ausgelastet wird”, so Rompco. ajs
Seit Jahrzehnten dominieren die Ratingagenturen Standard & Poor’s (S&P), Moody’s und Fitch den globalen Markt für Kreditratings. Diese Agenturen spielen eine zentrale Rolle in der Finanzwelt, indem sie Ländern, Unternehmen und Finanzprodukten Bewertungen zuweisen, die das Risiko und die Kreditwürdigkeit widerspiegeln. Die Macht der Ratingagenturen wird auch auf der IWF-Herbsttagung, die diese Woche in Washington stattfindet, eine Rolle spielen.
Für viele afrikanische Länder stellt die Abhängigkeit von diesen Agenturen eine Herausforderung dar. Kritiker werfen ihnen vor, afrikanische Staaten zu streng zu bewerten und dadurch den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten zu erschweren. Die Afrikanische Union (AU) hat diesen Bedenken Gehör geschenkt und plant die Gründung einer eigenen Ratingagentur, die von 2025 an tätig werden soll. Doch wie realistisch sind diese Pläne, und welche Auswirkungen könnten sie haben?
Die Ratings von S&P, Moody’s und Fitch sind entscheidend dafür, zu welchen Konditionen Länder und Unternehmen an Kredite und Investitionen gelangen. Viele afrikanische Länder kämpfen seit Jahren mit niedrigen Ratings. Dadurch können sie nur zu hohen Kosten, begrenzt durch enge Limits oder nur nach Bereitstellung umfassender Sicherheiten Kredite aufnehmen. Dies wiederum belastet ihre Wirtschaft und Wachstumsperspektiven.
Zudem stehen amerikanische Agenturen unter dem Verdacht, mit einem dollar-zentrischen Blick auf Märkte zu schauen und historische Ungerechtigkeiten nicht ausreichend zu berücksichtigen.
Eine afrikanische Ratingagentur könnte die spezifischen Gegebenheiten des Kontinents besser berücksichtigen. Viele afrikanische Länder befinden sich in einer Phase wirtschaftlicher Transformation, mit hohen Wachstumsraten und Anstrengungen zur Diversifizierung ihrer Wirtschaft. Diese Entwicklungen haben manche Analysten weitab in New York nicht so im Blick wie Analysten vor Ort.
Ein weiteres Ziel der AU ist es, den Einfluss externer Akteure auf die Finanzmärkte des Kontinents zu verringern. Mit einer eigenen Ratingagentur könnte Afrika unabhängiger von den Entscheidungen und Einschätzungen westlicher Finanzinstitutionen werden und so mehr Kontrolle über seine wirtschaftliche Entwicklung erlangen.
Trotz der großen Erwartungen gibt es auch Stimmen, die die Wirksamkeit einer afrikanischen Ratingagentur infrage stellen. Akin Dawodu, Leiter der Abteilung für Subsahara-Afrika bei der Citibank, bezweifelt, dass eine neue Agentur wesentliche Veränderungen bewirken wird. Seiner Meinung nach hängt die Wirksamkeit einer Ratingagentur maßgeblich von der Glaubwürdigkeit ab, die Investoren ihr beimessen. “Eine Bewertung ist nur so gut, wie die Glaubwürdigkeit, die Investoren bereit sind, ihr zu geben”, sagt Dawodu.
Diese Skepsis ist nicht unbegründet. Um auf dem internationalen Finanzmarkt erfolgreich zu sein, muss eine Ratingagentur das Vertrauen der Anleger gewinnen. Dies erfordert nicht nur eine hohe Fachkompetenz, sondern auch eine starke institutionelle Unabhängigkeit und Transparenz. Nur wenn Investoren der neuen Agentur zutrauen, objektive und verlässliche Ratings zu erstellen, wird diese einen Mehrwert bieten können.
Es besteht die Gefahr, dass die Agentur als politisches Instrument wahrgenommen wird, das weniger auf die tatsächliche Wirtschaftslage eines Landes schaut und stattdessen politische Ziele verfolgt. Eine solche Wahrnehmung würde ihre Glaubwürdigkeit untergraben und sie ins Abseits stellen.
Beispiele in Europa und in Asien zeigen, wie dornenreich der Weg ist, eine unabhängige Ratingagentur aufzubauen. Sind Ratingagenturen staatstreu, wie etwa in China, finden sie bei internationalen Investoren nicht ausreichend Glaubwürdigkeit. Positionieren sich Ratingagenturen unabhängig, kämpfen sie jahrzehntelang darum, die Rentabilitätsschwelle zu erreichen, wie etwa die Scope Group in Berlin, die sich als “europäische Alternative” versteht.
Das Schaffen von Vertrauen in eine afrikanische Agentur wird ein langwieriger Prozess sein. Es bedarf erheblicher Anstrengungen, um institutionelle Strukturen zu schaffen, die mit den internationalen Standards mithalten können. Die AU wird sicherstellen müssen, dass die neue Agentur unabhängig von politischen Einflüssen arbeitet und klare, transparente Bewertungsrichtlinien entwickelt, die Investoren nachvollziehen können.
Darüber hinaus könnte die neue Agentur eine Kooperation mit etablierten internationalen Agenturen in Erwägung ziehen. Durch Partnerschaften und den Austausch von Know-how könnte sie ihre Glaubwürdigkeit stärken und sicherstellen, dass ihre Bewertungen international anerkannt werden. Eine solche Zusammenarbeit könnte helfen, den anfänglichen Widerstand und die Skepsis der globalen Investoren zu überwinden.
Auf der Suche nach geeigneten Vorbildern geriet schon manche Ratingagentur, auch in Afrika, in die Versuchung, mit den US-Agenturen zusammenzuarbeiten in der Hoffnung, in kollegialer Partnerschaft einen eigenen Ansatz zu entwickeln. Meist endeten diese Agenturen aber in ihrer Übernahme durch eine der “großen Drei”.
Die Gründung einer afrikanischen Ratingagentur könnte einen Schritt hin zu einer gerechteren und unabhängigen Bewertung afrikanischer Volkswirtschaften darstellen. Sie bietet die Möglichkeit, die Gegebenheiten des Kontinents besser zu berücksichtigen und afrikanischen Ländern einen faireren Zugang zu internationalen Kapitalmärkten zu ermöglichen.
Es bleibt abzuwarten, ob die afrikanische Ratingagentur das Vertrauen der internationalen Investoren gewinnen kann oder ob sie nur eine weitere von vielen Institutionen bleibt, die mit guten Absichten gestartet ist, aber letztlich wenig Einfluss hat.
Dr. Oliver Everling ist Geschäftsführer der Rating Evidence GmbH in Frankfurt. Seit 1998 berät, publiziert und investiert er in Ratings und Ratingagenturen und war oder ist Gastprofessor in Peking, Aufsichtsratsvorsitzender, ein nach der EU-Verordnung über Ratingagenturen bestellter Direktor, Beiratsmitglied oder Mitglied von Ratingkommissionen.
Washington Post: Protest nach Wahl in Mosambik. Die Regierungspartei Frelimo ist der Sieger der Wahlen in Mosambik. Die Opposition sagt, bei den Wahlen sei betrogen worden und ruft zu Streiks auf. (“Long-ruling party leads in Mozambique’s election as opposition candidate calls for strike”)
Reuters: Kenias abgesetzter Vizepräsident erhebt Vorwürfe. Rigathi Gachagua beklagt nach seiner Absetzung als Vizepräsident, dass sein Sicherheitsteam abgezogen worden sei. Präsident William Ruto sei verantwortlich, wenn ihm etwas zustoßen sollte. Gachagua bezeichnete die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als politisch motiviert. Gachagua wurde am Donnerstag wegen fünf von elf Anklagepunkten, darunter grober Verstoß gegen die Verfassung und Anstiftung zu ethnischem Hass, angeklagt. (“Kenya’s impeached deputy president says his security withdrawn, safety at risk”)
Deutsche Welle: Gewalt gegen Flüchtlinge. Wegen Menschenrechtsverletzungen im Umgang mit Flüchtlingen kritisieren die Vereinten Nationen Tunesien. Die Küstenwache soll, um Flüchtlinge abzuwehren, auch Gewalt einsetzen. (“Tunesien: Harsche Kritik an Maßnahmen gegen Migranten”)
Africa News: Wassermangel im Sudan. Im Sudan ist nach Lebensmitteln nun auch Wasser knapp und teuer. Immer weniger Menschen können sich in dem Bürgerkriegsland Trinkwasser leisten. Der Wassermangel könnte zu mehr Cholerafällen führen. (“Cholera fears as Sudan faces a worsening water crisis”)
Spiegel: Südafrikaner sind optimistisch. Seit Juli wird Südafrika erstmals von einer Koalitionsregierung regiert, die vom ANC und der liberalen Democratic Alliance dominiert wird. Das Bündnis sorgt bei den Bürgern für Optimismus. 60 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die neue Regierung gute Arbeit leistet. (“Optimismus am Kap der Guten Hoffnung”)
FAZ: Tunesien entwickelt sich zu einer Diktatur. Der Arabische Frühling begann in Tunesien. Der wiedergewählte Präsident Kaïs Saïed entwickelt sich immer mehr zum Diktator. Die antiisraelische Stimmung hilft ihm dabei, seine Macht auszubauen. (“Die Rückkehr der starken Männer”)
The Standard: Touristenattraktion Kilimandscharo. Bei der Verleihung der World Travel Awards (WTA) im kenianischen Diani gelang es Tansania, mehr Preise zu gewinnen als Kenia. Der Serengeti-Nationalpark wurde zum führenden Nationalpark Afrikas gekürt und der Kilimandscharo erhielt den Titel der größten Touristenattraktion des Kontinents. (“Tanzania beats Kenya in latest tourism awards”)
Guardian: Film über Raubkunst kommt in die Kinos. Die französisch-senegalesische Filmemacherin Mati Diop hat einen Film über die Rückgabe von Raubkunst gedreht, der afrikanischen Stimmen Gehör verschafft. Ihr Film “Dahomey” hat den Hauptpreis der diesjährigen Berlinale gewonnen und kommt am 24. Oktober in die deutschen Kinos. (“‘I felt this film was my duty’: director Mati Diop on Dahomey, about the return of looted African treasures”)
Africa News: Mona Lisa in Marokko. Die Art Explora Foundation veranstaltete vom 11. bis 17. Oktober in Zusammenarbeit mit dem Louvre und dem Centre Pompidou ein Wanderkunstfestival in Marokko. Ziel war es, Kunst und Kultur einem breiten Publikum näherzubringen. Unter den ausgestellten Werken befand sich auch eine digitale Version der weltberühmten Mona Lisa von Leonardo da Vinci. (“Museum at berth brings culture to Moroccan audiences”)
Auf dem 16. Gipfel der Brics-Staaten, der am heutigen Dienstag in Kasan in Russland beginnt, werden sich die Teilnehmer an mindestens ein neues Gesicht gewöhnen müssen. Monale Ratsoma tritt dort erstmals als Vizepräsident und Finanzvorstand der New Development Bank (NDB) auf. Seine Ernennung liegt zwar schon drei Monate zurück, unterstreicht aber die führende Rolle, die Südafrika innerhalb des Brics-Staatenverbundes spielt.
In seiner neuen Position, die er im Juli angetreten hat, ist Ratsoma vor allem für das Portfoliomanagement und die Finanzfunktionen der Bank verantwortlich. “Die Ernennung markiert einen wichtigen Meilenstein in Südafrikas Ziel, die Beziehungen der NDB zu dem Land sowie zu anderen Brics-Mitgliedern und anderen Schwellenländern und Ländern des Globalen Südens zu vertiefen”, ließ der südafrikanische Finanzminister und scheidende Vorsitzende des NDB-Aussichtsrates, Enoch Godongwana, in einer Erklärung verkünden.
Ratsoma bringe eine “Fülle von Erfahrungen in den Bereichen Entwicklungsfinanzierung, Investitionen und internationale Kapitalmärkte” mit. “Er wird Südafrikas umfangreiche Bemühungen vorantreiben, den Zugang zu zinsgünstigen und wettbewerbsfähigen Finanzierungen zu erleichtern”, so die Erklärung. Ratsoma beerbt Leslie Maasdorp, der den Posten von 2015 bis 2024 innehatte.
Die künftige Richtung der NDB wird beim Brics-Gipfel in Kasan mit großem Interesse erwartet. Der Bank wird schleppende Kreditvergabe nachgesagt. Gleichzeitig wächst innerhalb der Brics-Gruppe das Gewicht Afrikas. Seit Beginn des Jahres ist der Kontinent mit der Aufnahme von Ägypten und Äthiopien noch stärker in dem Staatenbund vertreten. Drei der mittlerweile neun Brics-Länder, jetzt als Brics Plus bekannt, liegen in Afrika.
Die NDB, die ihren Hauptsitz in Shanghai hat, beschäftigt eine Reihe von Vizepräsidenten, die die Mitgliedsländer vertreten. Dennoch hat sie nur einen Finanzvorstand. Damit nimmt ein Südafrikaner eine hervorgehobene Position in der Bank ein. Südafrika war zudem das erste Brics-Land, das eine NDB-Zweigstelle für den afrikanischen Kontinent eröffnete. Inzwischen gibt es Regionalvertretungen auch in Brasilien, Indien und Russland.
Anders als die Weltbank, die Stimmenrechte nach der gehaltenen Kapitalbeteiligung verteilt, gibt es bei der NDB eine Stimme pro Mitgliedsland, die zudem kein Vetorecht haben. Die NDB ist offen für Mitglieder aus allen Staaten der Vereinten Nationen. Jedoch müssen die fünf ursprünglichen Brics-Länder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika mit 55 Prozent die Stimmenmehrheit behalten. Mitglieder der NDB, ohne Brics-Mitgliedschaft, sind derzeit Algerien, Bangladesch und Uruguay.
Jedoch wird Ratsoma die afrikanischen Interessen im Auge behalten. Im September kündigte das südafrikanische Finanzministerium an, dass die NDB einen Kredit in Höhe von knapp einer Milliarde Euro für die Finanzierung der Entwicklung der Wasser- und Sanitätsinfrastruktur des Landes genehmigt hatte. Diese Finanzierung ist als Zuschuss für Kommunen gedacht, um dort den Rückstand in der Infrastruktur abzubauen. Zudem soll sichergestellt werden, dass grundlegende Dienstleistungen auch bedürftige Haushalte erreichen.
Südafrika plagt seit Jahren die marode Infrastruktur, die vor allem in Kommunen zu einem teilweisen Zusammenbruch der Wasserversorgung geführt hat. “Wir begrüßen die Finanzierungszusagen der NDB“, sagte Finanzminister Godongwana. “Sie werden erheblich dazu beitragen, die finanziellen Herausforderungen zu bewältigen, mit denen einige unserer Programme und staatlichen Unternehmen konfrontiert sind”, sagte er weiter. “Wir sind für jede noch so kleine Finanzierung dankbar.”
Details zur Entwicklung und Finanzierung der Infrastruktur werden in der Erklärung zur mittelfristigen Haushaltspolitik im Oktober vorgestellt. Ebenfalls im September wurde ein Darlehensvertrag über umgerechnet rund 250 Millionen Euro mit dem staatlichen Transportunternehmen Transnet vereinbart. Dieses beitreibt in Südafrika Eisenbahnen, Häfen und Pipelines und hadert seit Jahren mit Ineffizienz und zunehmend sich verschlechternder Infrastruktur, was das Wirtschaftswachstum am Kap ausbremst. Bisher hat Südafrika umgerechnet rund 300 Millionen Euro von der NDB erhalten.
Ratsoma ist kein neues Gesicht bei der NDB. Von 2014 bis 2018 war er bereits Generaldirektor des African Regional Centre (ARC) der Bank. Das ARC wurde im August 2017 in Johannesburg eröffnet, mit dem Ziel einen Beitrag zur Infrastrukturentwicklung in Südafrika zu leisten und an der Entwicklungsagenda des afrikanischen Kontinents mitzuwirken.
Dass das ARC in Johannesburg etabliert wurde, basiert auf einer Vereinbarung zwischen dem damaligen NDB-Präsidenten, K.V. Kamath, aus Indien und der ehemaligen südafrikanischen Außenministerin, Maite Nkoana-Mashabane. Die Eröffnung der ersten Regionalniederlassung der NDB war ein wichtiger Meilenstein für die Bank. “Das ARC wird das Gesicht der NDB in Afrika sein”, sagte Kamat damals. “Es wird schrittweise einen wachsenden Bereich der Arbeit der Bank übernehmen, beginnend mit der Projektidentifizierung und -vorbereitung.”
Vor seinem Brics-Engagement hatte Ratsoma verschiedene leitende Positionen im südafrikanischen Finanzministerium, darunter stellvertretender Generaldirektor für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Generaldirektor für internationale und regionale Wirtschaftspolitik. In diesen Funktionen hat Ratsoma maßgeblich an der Gestaltung der Wirtschaftspolitik Südafrikas mitgewirkt. Vor seinen Positionen im öffentlichen Sektor arbeitete er im privaten Unternehmenssektor als Chefökonom und kommissarischer CEO bei Thebe Stockbroking. Zudem war er in verschiedenen Geschäftsbanken beschäftigt. Damit bringt er reichlich Erfahrung für seine neue Aufgabe mit. Andreas Sieren
Südafrika gilt als Unterstützer von Palästina. Nun soll sogar der “Sandton Drive” in Johannesburg in “Leila Khaled Drive” unbenannt werden. Khaled ist führendes Mitglied der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), die von der EU als terroristische Organisation eingestuft wird. Sie machte sich 1969 beim Flug TWA 840 von Rom nach Tel Aviv als eine der ersten Flugzeugentführerinnen einen Namen. Der Westen bezeichnete sie daraufhin als Top-Terroristin, die arabische Welt feierte sie als Heldin. Südafrika nennt sie eine “Freiheitskämpferin”, die nun mit einer nach ihr benannten Straße geehrt werden soll. Und das in Sandton, der teuersten Quadratmeile Afrikas.
Sandton Drive ist eine der besten Adressen in Johannesburg, an dem internationalen Unternehmen Niederlassungen haben und das exklusive Sandton City Shopping Centre liegt. Auch das amerikanische Konsulat liegt am Sandton Drive. Die Regierungspartei Demokratische Allianz (DA) sammelte als Protest 5.500 Unterschriften gegen die Umbenennung.
Die heute 80-jährige Khaled hat schon lange dem bewaffneten Kampf abgeschworen und setzt sich seit Jahrzehnten für Themen wie Feminismus, Globaler Süden und Palästina ein. Ihr wird allerdings noch immer offener Antisemitismus vorgeworfen. In Deutschland war sie das letzte Mal 2016. Zu den Hamas-Massakern vom 7. Oktober sagte sie: “Wir sind bereit, mit unserem Blut und Fleisch, mit unseren Familien zu bezahlen, um dieses Land zu befreien.”
Diese Haltung gibt es zum Teil auch in Südafrika, wie kürzlich der deutsche Botschafter Andreas Peschke erfahren musste. Auf der 5th International Social Justice Conference in Kapstadt warf der bekannte Aktivist Zackie Achmat Deutschland vor, den Schmerz des Völkermordes am jüdischen Volk zu “missbrauchen”, und Israel “nach Kräften zu unterstützen”. An Peschke gerichtet sagte Achmat: “Wir bedauern zutiefst, dass Sie hierher eingeladen wurden.” Der Botschafter antwortete souverän in einem Tweet auf “X”: “Herr Achmat ist mein Land angegangen. Ich habe zugehört. Als ich antwortete, hörte er nicht zu. Das ist bedauerlich. Wenn wir uns gegenseitig nicht zuhören, werden wir kein einziges Problem lösen.” as
Fans von Konferenzen werden in dieser Woche auf ihre Kosten kommen, vor allem wenn sie sich für Afrika interessieren. In Kasan laden die Brics-Staaten zu ihrem Gipfeltreffen. In Washington findet das traditionelle Herbstmeeting von IWF und Weltbank statt. Und auf den Samoa-Inseln schließlich treffen sich die Mitgliedsstaaten des Commonwealth.
Selbstverständlich begleiten wir diese Konferenzen für Sie und versorgen Sie in dieser Ausgabe mit den wichtigsten Nachrichten. Doch der eine oder andere Gipfel wird uns mit Sicherheit darüber hinaus noch beschäftigen.
Außerdem haben wir auch in dieser Ausgabe spannende Analysen und Berichte. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.
Beim 16. Brics-Gipfel, der am Dienstag in der russischen Stadt Kasan beginnt, wird ein besonderer Schwerpunkt auf den Themen wirtschaftliche Kooperation und Finanzströme liegen. Russland übernimmt damit den Vorsitz der Gruppe für ein Jahr – trotz Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine. Der Gipfel markiert einen neuen Meilenstein in der Geschichte der Brics-Gruppe. Denn es ist das erste reguläre Treffen der Staaten im größeren Kreis, seit mit Beginn dieses Jahres Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate Mitglieder der Gruppe sind. Brics hat sich zugunsten Afrikas vergrößert und der Anspruch der Gruppe auf mehr globale Mitbestimmung manifestiert sich weiter. Auch mit den neuen Mitgliedern steht eine mögliche Brics-Währung weiterhin oben auf der Agenda. Mit dem Zahlungssystem “Brics Pay” ist ein erster Schritt bereits vollzogen.
Bis dahin war es allerdings ein langer Weg. Bereits auf dem ersten Brics-Gipfel 2009 in der russischen Stadt Jekaterinburg – damals noch als Bric ohne Südafrika – wurde die Idee einer Weltreservewährung zuerst diskutiert. Auch wenn in die offizielle Erklärung des Gipfels kaum eine explizierte Referenz zu der alternativen Währung aufgenommen wurde, war dies dennoch der erste Anstoß auf globaler Ebene, die Vormachtstellung des US-Dollars zumindest infrage zu stellen. Konkreter wurde dies erst beim 6. Gipfel in Brasilien 2014.
In der “Fortaleza Declaration” kündigten die Brics-Staats- und Regierungschefs die Gründung der New Development Bank (NDB) an. Diese war als Konkurrenz zur Weltbank und der International Finance Corporation (IFC) gedacht. Zwar fehlt es der Bank bislang noch an Durchschlagskraft und ihr wird ein schwaches Management nachgesagt, dennoch sprachen die Brics-Staaten seinerzeit von einem “historischen Moment”. Dieser sollte das “wachsende Prestige” von Brics ausdrücken. Die Mitglieder riefen eine “neue Ära globaler Machtstrukturen” aus.
Sieben Jahre später, beim 14. Gipfel in China, der wegen der COVID-19-Pandemie virtuell stattfand, kündigte dann der russische Präsident Wladimir Putin an, dass Brics an einer Reservewährung arbeite, die auf einem Korb der Brics-Währungen basiere. Der letzte Gipfel in Johannesburg im vergangenen Jahr machte dann Schlagzeilen mit der Erweiterung von Brics, was dem Staatenverbund mehr Gewicht verleiht. Der Gipfel wurde als historischer Schritt bezeichnet, der das neue Selbstbewusstsein des Globalen Süden verdeutlicht. “Es ist ganz klar, dass die Brics-Gipfel zunehmend an Bedeutung gewinnen und die Organisation nicht länger als bloßes Diskussionsforum abgetan werden kann”, sagt Kar Yong Ang, Finanzmarktanalyst bei Octa Broker. “Dieses Jahr könnte sich das Brics-Treffen als ein weiterer Wendepunkt erweisen, insbesondere für die internationale Finanzwelt.“
Doch bis der US-Dollar in Bedrängnis gerät, ist es noch ein weiter Weg. Der südafrikanische Finanzminister Enoch Godongwana etwa hob hervor, dass eine Brics-Währung bereits existierende Währungen wie den US-Dollar nicht ersetzen sollen. Stattdessen gehe es darum, Handelstransaktionen in einheimischen Währungen abzuwickeln. “Es handelt sich um ein Zahlungssystem, das eine verstärkte Nutzung lokaler Währungen ermöglicht”, sagte Godongwana und fügte hinzu, dass es sich dabei nicht um eine Alternative zu Swift, dem wichtigsten internationalen Zahlungssystems, handele.
Während des Brics-Business-Forums am 17. und 18. Oktober in Moskau bekamen Delegierte Karten ausgehändigt, die mit 500 Rubel (knapp fünf Euro) aufgeladen waren, und mit denen sie in Läden einkaufen konnten, die das “Brics Pay”-Logo hatten. Brics Pay ermöglicht Zahlungen per QR-Code und soll nationale Zahlungssysteme mit denen der Brics-Staaten verknüpfen. Die Technologie basiert auf Blockchain und unterstützt digitale Währungen oder Kryptowährungen wie Stablecoins, die an nationale Währungen gekoppelt sind und von Goldreserven abgefedert werden.
Ziel ist es, den grenzüberschreitenden Handel innerhalb des Brics-Blocks zu erleichtern. An dem Projekt wird seit fünf Jahren gearbeitet und bedarf noch der Zustimmung aller Brics-Mitglieder. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Brics-Staats- und Regierungschefs ihre Finanzminister gebeten, ihre lokalen Währungen und Zahlungssysteme auf Kompatibilität mit dem Brics-System zu untersuchen.
Auch das stärkste Brics-Land, China, argumentiert in diese Richtung, wie die staatliche KP-Zeitung “Global Times” kürzlich schrieb: “Chinesische Experten sagten, dass diese Initiative den Brics-Ländern erweiterte Zahlungsoptionen für die Abwicklung von Waren und Dienstleistungen bietet und so ihre Wirtschaftsbeziehungen weiter festigen wird.” Darüber hinaus könne dieser Ansatz dazu beitragen, die übermäßige Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern, die Dominanz des Dollars auszugleichen, die finanzielle Diversifizierung zu fördern und die wirtschaftliche Autonomie der Brics-Mitglieder darüber hinaus zu stärken.
In diesem Jahr wird der brasilianische Präsident Lula da Silva nicht zum Gipfel anreisen können, da ihm seine Ärzte nach einem Sturz von einer Reise nach Russland abgeraten haben. In Johannesburg vor einem Jahr hat er sich noch für eine Alternative zum US-Dollar starkgemacht. Auch seine Vorgängerin, Dilma Rousseff, die seit März 2023 die Präsidentschaft der in Shanghai ansässigen New Development Bank innehat, erklärte in einer ähnlichen Weise, dass ihre Bank beabsichtige “nationale Währungen für Investitionen in den privaten Sektor der Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten zu nutzen”. Dennoch, Brasilien verfolgt auch eine differenzierte Position, die zur Vorsicht bei der Umsetzung einer möglichen Brics-Währung mahnt. Denn die Ambitionen und wirtschaftlichen Realitäten sollen die für Brasilien wichtigen Beziehungen zu westlichen Staaten nicht gefährden.
Bis eine Brics-Währung tatsächlich auf festen Beinen steht, werden noch Jahre vergehen, in denen die Zentralbanken der Brics-Länder die Modalitäten und finanzpolitischen Ausrichtungen verhandeln müssen. So lange wird “Brics Pay” eine technische Lösung bleiben, die die Handelsströme zwischen Brics-Ländern erleichtert. Immerhin.
Am Montag hat der Gipfel der Commonwealth-Staatengruppe in Apia, der Hauptstadt der Pazifikinsel Samoa, begonnen. Für Afrika hat der Gipfel besondere Bedeutung, denn der künftige Generalsekretär des Commonwealth wird erstmals seit 24 Jahren wieder aus einem afrikanischen Land stammen. Wer die Position übernehmen wird, soll sich während des Treffens, das bis zum 26. Oktober dauern wird, entscheiden.
Zwei Männer und eine Frau bewerben sich um das Amt:
Alle drei Anwärter engagieren sich für folgende Anliegen:
Der Klimawandel steht auch im Fokus des laufenden Gipfels in Apia. Zum Auftakt der Veranstaltung am Montag hatten die Organisationen der Zivilgesellschaft das Sagen. “Sie fordern Klimagerechtigkeit und ebenbürtigen Zugang zur Gesundheitsversorgung für die Länder des Südens”, sagte Sue Onslow, Gastprofessorin für politische Ökonomie am King’s College in London, die am Commonwealth Gipfel teilnimmt.
Laut Onslow geht es vor allem darum, dass die Bürger, insbesondere auch Frauen, beteiligt werden sollen, wenn die Regierungen Strategien für die grüne Energiewende beschließen. “Es darf keinen Top-Down-Ansatz geben”, so die Professorin. Zudem müssten die Barrieren für die Finanzierung von Projekten zur Abfederung der Klimafolgen in den Ländern des Globalen Südens abgebaut werden.
Ein weiterer Schwerpunkt in den Diskussionen sei die Finanzierung von Infrastruktur im Gesundheitsbereich und der Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen. Angesichts des Klimawandels sei dies besonders wichtig, weil er das Risiko von Krankheiten und Mangelernährung erhöhe. Onslow erwartet, dass der Commonwealth in Samoa klare Forderungen für die Weltklimakonferenz in Baku im November verabschiedet.
Aktuell sind 21 afrikanische Länder Mitglied des Commonwealth. Wenn es nach dem Staatenbund ginge, könnten aber noch mehr beitreten. Eine Commonwealth-Sprecherin verweist auf die Vorteile einer Mitgliedschaft für afrikanische Länder. So würden derzeit sechs afrikanische Staaten mit knapp 280.000 Dollar dabei unterstützt, Anträge für Projekte eines nachhaltigen Land- und Wassermanagements zu schreiben und dafür eine Finanzierung zu finden. Es werde zudem erwartet, dass der Samoa-Gipfel eine Erklärung zum Schutz der Meere verabschiede.
Ithiel Batumike, Analyst beim kongolesischen Think-Tank Ebuteli, kritisiert, dass das Commonwealth wie auch das französischsprachige Pendant, die Organisation Internationale de la Francophonie (OIF), von den ehemaligen Kolonialmächten und von den Industriestaaten dominiert würden. “Sie tragen den größten Teil zum Budget bei und haben das Sagen”, so Batumike. Die Bevölkerung in den Mitgliedsländern des globalen Südens spüre kaum Verbesserungen. Das gelte insbesondere für die OIF. Die ehemaligen französischen Kolonien hätten tendenziell größere wirtschaftliche und politische Probleme als die ehemaligen britischen Kolonien. Batumike hält es trotzdem für wichtig, dass die Länder des Südens in den Staatenorganisationen bleiben. “Es gibt historische Verflechtungen, und es ist wichtig, im Gespräch zu bleiben”, sagt der Politik-Analyst.
Dem Commonwealth und der OIF sind inzwischen auch Staaten beigetreten, die keine britischen oder französischen Kolonien waren. Zudem gibt es Doppelmitgliedschaften. Auch Teilgebiete können den Organisationen beitreten. Ein Beispiel ist das Saarland. Das frankophile Bundesland ist seit dem Gipfel der OIF Anfang Oktober Mitglied mit Beobachterstatus. “Wir wollen Synergien in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Forschung und Kultur ausloten”, sagt die stellvertretende Regierungssprecherin des Saarlands, Jennifer Collet. Mit Blick auf afrikanische Staaten könnten sich Kooperationen beim Anwerben von Fachkräften oder bei Ressourcen für die Wasserstoffstrategie des Saarlands ergeben.
Die EU konzentriert sich momentan auf Mauretanien und Senegal, um irreguläre Migration nach Europa zu reduzieren. Da die Zusammenarbeit mit den militärregierten Sahel-Staaten – insbesondere auch mit Niger, durch das eine Migrationsroute Richtung Norden führt – schwierig geworden ist, dürfte die EU ihre Strategie angepasst haben. Wenig beachtet abseits der weltpolitischen Topthemen Nahost, Ukraine und US-Wahl herrscht auch lange nach dem prestigeträchtigen Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Februar ein reges Kommen und Gehen europäischer Politiker in Mauretanien und Senegal.
Vergangene Woche besuchte die EU-Kommissarin für internationale Zusammenarbeit, Jutta Urpilainen, die Region und hatte ein Angebot im Gepäck: 30 Millionen soll der Senegal bekommen, um “die Tragödien auf hoher See zu beenden”. So drückte es die EU-Kommissarin bei ihrem Besuch in Dakar Ende vergangener Woche aus. Die EU entspreche damit einer Anfrage der senegalesischen Regierung. Die Mittel würden verwendet, um den senegalesischen Behörden zu helfen, Migranten in Gefahr zu retten. Das Geld solle zudem gegen Menschenschmuggel und für die Aufklärung über die Risiken irregulärer Migration eingesetzt werden, so Urpilainen. Während ihres Besuchs traf die Kommissarin auch Senegals Präsidenten Diomaye Faye zum Gespräch. Schon jetzt finanziert die EU-Kommission Sicherheitskräfte im Senegal mit rund sechs Millionen Euro, um gegen Menschenhandel vorzugehen.
Die jüngste Ankündigung dürfte auch im benachbarten Mauretanien mit großem Interesse wahrgenommen werden: Denn das Land ist inzwischen zu einem Anlaufort für Menschen aus der ganzen Region geworden, die per Boot auf die Kanaren und damit nach Europa gelangen möchten. Von der Leyen hatte deswegen 210 Millionen Euro bei ihrem Besuch im Februar zugesagt.
Die jüngsten Zahlen von Frontex zeigen, dass von Januar bis September 2024 rund 30.600 Menschen auf der Westafrika-Route kamen. Das ist eine Zunahme um 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch liegt die Westafrika-Route immer noch an dritter Stelle, hinter der Ost-Mittelmeer-Route (45.600, plus 15 Prozent) sowie der zentralen Mittelmeer-Route (47.700, minus 64 Prozent). Insgesamt gingen die irregulären Grenzübertritte in die EU jedoch im laufenden Jahr um rund 42 Prozent auf 166.000 zurück.
Unter den häufigsten Herkünften sind Syrien, Mali und die Ukraine. Für die Westafrika-Route sind vor allem Menschen aus Mali, Senegal und Marokko registriert worden. Insbesondere Spanien ist Vorreiter eines regionalen Ansatzes in Westafrika: Ministerpräsident Sanchez verknüpfte bei seinem Besuch Ende August die drei Länder Mauretanien, Senegal und Gambia. Er verfolgte damit gleichermaßen die Spur von vielen Migranten zurück: In Mauretanien fahren viele Boote von der Küste ab, vorzugsweise aus der nördlich gelegenen Hafenstadt Nouadhibou.
Vor Ort ist im Stadtbild ersichtlich, dass vor allem junge Senegalesen dort nach Arbeit suchen: Als Tagelöhner warten sie an Straßenkreuzungen auf Aufträge oder verdienen etwas Geld rund um die Fischerei, Haupteinnahmequelle der Stadt. Im Gespräch mit Table.Briefings geben mehrere Personen an, dass sie sich wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage im Senegal auf den Weg gemacht hätten und die Reise per Boot auf die Kanaren in Betracht zögen.
Das bestätigt die Erfahrungen, die zivilgesellschaftliche Vertreter vor Ort mit Table.Briefings geteilt haben. Menschen aus dem Senegal reisen in der Regel per Bus ein. Darunter sind auch Menschen mit anderen Staatsangehörigkeiten, insbesondere Mali, aber auch Elfenbeinküste. In Nouakchott wie auch in Nouadhibou wohnen Menschen, die sich potenziell auf eine Abfahrt per Boot vorbereiten, oft in Häusern zusammen. Malier, die seit mehreren Jahren lediglich für Jobs in Noaudhibou lebten, gaben gegenüber Table.Briefings an, bewusst abseits der Community zu wohnen – um bei eventuellen polizeilichen Durchsuchungen nicht in Verdacht zu geraten.
Nach Table.Briefings-Informationen aus Insiderkreisen im Senegal und in Mauretanien werden Boote, die zur Überfahrt auf die Kanaren genutzt werden, häufig in Gambia hergestellt. Das Holz wird den Angaben zufolge zumindest teilweise aus der südlich an Gambia grenzenden senegalesischen Region Casamance geliefert. Der Holzschmuggel ist eine traditionelle Einkommensquelle für Rebellen in der Casamance. Die fertigen Boote, die als besonders stabil und seetauglich gelten, werden demnach über den Wasserweg aus Gambia in die nördlich angrenzende senegalesische Sine Saloum-Region gebracht. Diese wird weniger engmaschig überwacht als andere Küstenabschnitte im Senegal. Von dort werden die Boote weiter per Seeweg transportiert.
Spanien treibt bilateral, aber auch innerhalb der EU derweil einen doppelten Ansatz in der Migrationsfrage voran – eine Kombination aus Partnerschaft und rigider Abwehr. So vereinbarte Sanchez in Mauretanien einen ersten Versuch zirkulärer Migration. Ausgewählte Menschen aus Mauretanien sollen regulär nach Spanien einreisen und dort arbeiten können. Perspektivisch sollen sie mit ihrem Know-how dann wieder zurückkehren und der mauretanischen Wirtschaft helfen.
Auf der anderen Seite setzt Spanien auf Grenzschutz: Rund 100 Beamte, ein Großteil davon von der militärischen Guardia Civil, sind in Mauretanien, Senegal und Gambia im Einsatz. Vor kurzem warb Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska damit, die EU-Grenzschutzeinheit Frontex in der Region einzusetzen.
Seit Sonntag sind übrigens auch sechs Bundestagsmitglieder in Mauretanien unterwegs, anschließend soll die Reise in den Senegal führen. Nach Informationen von Table.Briefings sind folgende Abgeordnete bei der Reise dabei:
Das Programm konzentriert sich vor allem auf Wirtschaft, beinhaltet aber auch das Thema Migration.
Auf die Ankündigung des IWF, im Rahmen des Poverty Reduction and Growth Trust (PRGT) den ärmsten Ländern (LIC) Darlehen von acht Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, werden voraussichtlich weitere Maßnahmen folgen. Der IWF hat bereits mitgeteilt, dieses Thema auf seinem bis 26. Oktober stattfindenden Herbstmeeting weiter diskutieren zu wollen.
Auch der Thinktank Atlantic Council erwartet laut einem Papier im Vorfeld der Herbsttagung von IWF und Weltbank, dass weitere Finanzhilfen für die Länder mit niedrigem Einkommen, vor allem aus Afrika, folgen werden. “Der IWF hat darauf hingewiesen, dass im G20 Global Framework bereits Fortschritte bei der Bewältigung dieser Herausforderung erzielt worden sind”, heißt es dort weiter.
In der vergangenen Woche hat der IWF ein Finanzpaket von acht Milliarden Dollar für die LIC genehmigt. Diese Mittel aus dem PRGT werden zinslos ausgeliehen. Durch dieses Paket verdoppelt sich laut IWF die jährliche Kreditvergabekapazität des PRGT auf 2,7 Milliarden SZR (3,6 Milliarden Dollar).
“Der neue Finanzierungsrahmen ermöglicht es, die Nettoeinnahmen und Rücklagen des IWF in den nächsten fünf Jahren zur Erhöhung der Subventionsmittel für den PRGT einzusetzen“, heißt es beim IWF. Der PRGT ist das wichtigste Instrument des IWF zur Bereitstellung zinsgünstiger Finanzierungen für Länder mit niedrigem Einkommen. Aktuell liegt der Zinssatz bei null Prozent.
Als Low Income Country gelten Länder mit einem Bruttonationaleinkommen von weniger als 1,085 Dollar je Kopf. In Afrika waren dies laut Weltbank im Jahr 2023:
Der Poverty Reduction and Growth Trust ist, wie sein Name nahelegt, eine Art Fonds. Zur Finanzierungsrunde 2021 haben 40 Länder beigetragen, darunter Deutschland mit 148 Millionen SZR. Im vergangenen Jahr lag das Ziel für Darlehen bei 12,6 Milliarden SZR und für Subventionsmittel bei 2,3 Milliarden SZR. Diese beiden Ziele wurden 2023 erreicht.
Allerdings ist nach Meinung des IWF eine weitere Finanzierungsrunde notwendig. Angesichts des hohen Finanzierungsbedarfs der LIC dürfte die Nachfrage nach PRGT-Krediten für die Jahre 2020 bis 2024 voraussichtlich 30 Milliarden SZR erreichen und damit in etwa über dem vierfachen langjährigen Mittelwert liegen.
“PRGT-Subventionen haben einen starken Multiplikatoreffekt“, heißt es beim IWF. “Jeder mobilisierte Dollar an Subventionsmitteln ermöglicht es dem PRGT, zinslose Kredite im Wert von etwa fünf Dollar bereitzustellen.”
Die Strategie des IWF im Hinblick auf die Verschuldung der LIC beruht auf drei Säulen:
Schon auf dem Frühjahrsmeeting hatte der IWF zu diesem Thema einen Global Sovereign Debt Roundtable organisiert. Auf dem nun stattfindenden Herbstmeeting soll an diesem Thema weitergearbeitet werden.
“Diese Maßnahmen helfen zumindest bedingt, doch der IWF sollte bei seinen Reformideen ehrgeiziger sein”, fordert der Atlantic Council. “So muss der Verhandlungsprozess zur Umschuldung verbessert werden, um den Umschuldungsprozess zu beschleunigen.” Sambia beispielsweise habe drei Jahre benötigt, um seine Umschuldung abzuschließen. hlr
Wenn in dieser Woche 200 Deutsche – ehemalige Soldaten der Bundeswehr und ihre Frauen – zur Erinnerungsfeier in die portugiesische Stadt Beja reisen, wird es ein bisschen wie früher sein. Da werden sie vom guten Zusammenhalt zwischen den Kameraden sprechen, von den netten Einheimischen und von Portugal, jenem Land, zu dem die meisten “Bejaner”, wie sie sich nennen, immer noch eine intensive Beziehung haben.
Afrika wird unter Umständen weniger präsent sein. Dabei spielte der deutsche Luftwaffenstützpunkt Basis Nr. 11, vor 60 Jahren im Baixo Alentejano eingerichtet, für das Regime des portugiesischen Diktators Antonio Salazar und seine Kriege gegen die Befreiungsbewegungen in Angola, Mozambik und Guinea-Bissau eine wichtige Rolle. Es war kein rühmliches Kapitel für die junge Bundesrepublik.
Der damalige Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß hatte die deutsche Militärbasis im portugiesischen Niemandsland im Kalten Krieg vorangetrieben. Ziel war es, einen Luftwaffenstützpunkt außerhalb sowjetischer Reichweite zu besitzen. Dort sollten sämtliche Piloten der F 104 G Starfighter ihre Grundausbildung erhalten. Beim Nato-Mitglied Portugal wurde Strauß fündig. Denn tatsächlich schafften es Raketen bis Mitte der 1960er-Jahre noch nicht bis zur Iberischen Halbinsel.
Zugutekam Strauß, dass er sich bereits 1959 das Wohlwollen der Regierung Salazar durch Aufträge zur Anfertigung von Munition und des G3-Gewehrs an die portugiesische Militärindustrie erkauft hatte. In den Folgejahren umfasste die militärische Kooperation mit Portugal nicht nur die Errichtung der Basis in Beja, sondern auch den Verkauf gebrauchter Waffen der Bundeswehr an die portugiesische Armee, Luftwaffe und Marine – für schätzungsweise 20 Millionen DM. 1966 kauften die Portugiesen 40 Fiat-G-91 Flugzeuge aus deutschem Bestand.
Damit trug die Bundesrepublik maßgeblich zu den Kolonialkriegen Salazars bei. “Die deutschen Waffen waren essenziell für die militärische Präsenz Portugals in Afrika”, sagt die portugiesische Historikerin Ana Monica Fonseca.
Auch für Antonio Muñoz Sánchez, Experte für deutsch-portugiesische Beziehungen an der Universität Lissabon, steht fest: “Ein armes Land wie Portugal hätte keine Kriege an drei Fronten und dazu Tausende von Meilen entfernt in Afrika allein führen können. Das ging nur mit externer Unterstützung.” Und diese wurde im Wesentlichen von den Deutschen und ihren Waffen geleistet, so Sánchéz.
Das alles geschah, während die USA ein Waffenembargo gegen Salazar beschlossen, und die UN Portugal wiederholt dazu aufrief, den afrikanischen Staaten ihre Unabhängigkeit zu gewähren. mh
Südafrika plant den Bau des ersten Flüssiggas-Terminals des Landes im Hafen von Richards Bay. Das neue Zululand Energy Terminal mit einer Kapazität zwei Millionen Tonnen LNG pro Jahr in der ersten Phase des Projekts soll die Versorgung mit Gas zur industriellen Nutzung sicherstellen. In der zweiten Phase soll das Terminal eine Kapazität von fünf Millionen Tonnen pro Jahr erreichen. Der Plan sieht außerdem vor, dass Transnet, der staatliche kontrollierte Betreiber der südafrikanischen Eisenbahnen, Häfen und Pipelines, seine Pipeline-Infrastruktur für den Transport von verflüssigtem Erdgas (LNG) von der Küste zu den wichtigsten Märkten im Landesinneren umnutzt.
Südafrika importiert derzeit rund 90 Prozent seines Gases über die 865 Kilometer lange Mosambik-Secunda-Pipeline aus den Gasfeldern Pande und Temane in Mosambik. Diese betreibt die Republic of Mozambique Pipeline Investments Company (Rompco), ein Joint Venture der Regierungen von Südafrika und Mosambik, an dem zudem das südafrikanische Öl- und Chemieunternehmen Sasol beteiligt ist.
Allerdings hat diese Geschäftsverbindung keine große Zukunft. Es wird erwartet, dass die Gaslieferungen aus Pande und Temane in den nächsten Jahren zurückgehen werden, da diese Gasvorkommen erschöpft sind. Infolgedessen wird Sasol voraussichtlich Ende Juni 2026 die Versorgung der industriellen Gasverbraucher in Südafrika einstellen.
Die Industrial Gas Users’ Association of Southern Africa (IGUA-SA) warnte Anfang des Jahres: “Die Folgen eines plötzlichen Versorgungsengpasses sind tiefgreifend und reichen von erhöhten Energiekosten bis hin zu möglichen Arbeitsplatzverlusten und wirtschaftlicher Instabilität.” Der IGUA-SA-Vorsitzende Thomas Shaw erklärte im Jahresbericht 2024 der Organisation, dass mehrere wichtige Industriezweige für ihren Fortbestand “in hohem Maße” auf Gasenergie angewiesen sind. “Diese Industrien erstrecken sich über mehrere Wirtschaftssektoren, darunter Chemie, Stahl, Glas, Lebensmittel und Getränke, in Gauteng, Free State, KwaZulu-Natal und Mpumalanga“, so Shaw.
Laut IGUA-SA-Bericht sichern die industriellen Gasverbraucher in Südafrika rund 70.000 Arbeitsplätze und tragen jährlich zwischen 300 und 500 Milliarden Rand zur Wirtschaft bei. “Eine Unterbrechung der Gasversorgung wird zu zahlreichen Werksschließungen und einem erheblichen Rückgang der Produktionsleistung in KwaZulu-Natal, Gauteng und Mpumalanga führen”, so Shaw.
Um dies zu verhindern, beauftragte Transnet im Januar ein Konsortium, bestehend aus Transnet Pipelines und Vopak Terminals Durban, mit der Entwicklung und dem Betrieb des neuen LNG-Terminals in Richards Bay. Im September unterzeichneten zudem der staatliche Stromversorger Eskom und Sasol eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Erörterung künftiger LNG-Anforderungen. Sibongiseni Khathi, Geschäftsführer von Transnet Pipelines, erklärte Anfang Oktober auf der Africa Oil Week in Kapstadt, dass das Unternehmen die neue LNG-Infrastruktur bis 2027 in Betrieb nehmen will.
Khathi sagte auch, Transnet bereite die Umwidmung der Lilly-Pipeline vor, um LNG von Richards Bay sowohl zum Industriestandort Secunda als auch nach Durban transportieren zu können. Die Pipeline leitet derzeit Gas von Secunda über Empangeni nach Durban durch, mit wichtigen Entnahmestellen entlang der Strecke. Der Plan sieht den Anschluss an das geplante LNG-Terminal vor sowie die Teilung des Durchflusses in Empangeni, damit das Gas in beide Richtungen nach Durban und Secunda fließen kann.
Unterdessen teilte Rompco im August mit, das Unternehmen prüfe die Möglichkeit, Gas über das mosambikanische Matola-Terminal zu liefern. Diese Anlage entwickelt die Beluluane Gas Company, ein Joint Venture zwischen dem südafrikanischen Energieunternehmen Gigajoule und dem französischen Energiekonzern Total Energies. Nach Angaben von Rompco soll das Matola-Terminal Mitte 2026 mit einer erwarteten Kapazität von zwei Millionen Tonnen LNG pro Jahr in Betrieb gehen. “Die Verbindung der LNG-Lieferungen aus Matola mit der Rompco-Pipeline wird die Versorgungssicherheit auf dem südafrikanischen Energiemarkt erhöhen und sicherstellen, dass die Mosambik-Secunda-Pipeline voll ausgelastet wird”, so Rompco. ajs
Seit Jahrzehnten dominieren die Ratingagenturen Standard & Poor’s (S&P), Moody’s und Fitch den globalen Markt für Kreditratings. Diese Agenturen spielen eine zentrale Rolle in der Finanzwelt, indem sie Ländern, Unternehmen und Finanzprodukten Bewertungen zuweisen, die das Risiko und die Kreditwürdigkeit widerspiegeln. Die Macht der Ratingagenturen wird auch auf der IWF-Herbsttagung, die diese Woche in Washington stattfindet, eine Rolle spielen.
Für viele afrikanische Länder stellt die Abhängigkeit von diesen Agenturen eine Herausforderung dar. Kritiker werfen ihnen vor, afrikanische Staaten zu streng zu bewerten und dadurch den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten zu erschweren. Die Afrikanische Union (AU) hat diesen Bedenken Gehör geschenkt und plant die Gründung einer eigenen Ratingagentur, die von 2025 an tätig werden soll. Doch wie realistisch sind diese Pläne, und welche Auswirkungen könnten sie haben?
Die Ratings von S&P, Moody’s und Fitch sind entscheidend dafür, zu welchen Konditionen Länder und Unternehmen an Kredite und Investitionen gelangen. Viele afrikanische Länder kämpfen seit Jahren mit niedrigen Ratings. Dadurch können sie nur zu hohen Kosten, begrenzt durch enge Limits oder nur nach Bereitstellung umfassender Sicherheiten Kredite aufnehmen. Dies wiederum belastet ihre Wirtschaft und Wachstumsperspektiven.
Zudem stehen amerikanische Agenturen unter dem Verdacht, mit einem dollar-zentrischen Blick auf Märkte zu schauen und historische Ungerechtigkeiten nicht ausreichend zu berücksichtigen.
Eine afrikanische Ratingagentur könnte die spezifischen Gegebenheiten des Kontinents besser berücksichtigen. Viele afrikanische Länder befinden sich in einer Phase wirtschaftlicher Transformation, mit hohen Wachstumsraten und Anstrengungen zur Diversifizierung ihrer Wirtschaft. Diese Entwicklungen haben manche Analysten weitab in New York nicht so im Blick wie Analysten vor Ort.
Ein weiteres Ziel der AU ist es, den Einfluss externer Akteure auf die Finanzmärkte des Kontinents zu verringern. Mit einer eigenen Ratingagentur könnte Afrika unabhängiger von den Entscheidungen und Einschätzungen westlicher Finanzinstitutionen werden und so mehr Kontrolle über seine wirtschaftliche Entwicklung erlangen.
Trotz der großen Erwartungen gibt es auch Stimmen, die die Wirksamkeit einer afrikanischen Ratingagentur infrage stellen. Akin Dawodu, Leiter der Abteilung für Subsahara-Afrika bei der Citibank, bezweifelt, dass eine neue Agentur wesentliche Veränderungen bewirken wird. Seiner Meinung nach hängt die Wirksamkeit einer Ratingagentur maßgeblich von der Glaubwürdigkeit ab, die Investoren ihr beimessen. “Eine Bewertung ist nur so gut, wie die Glaubwürdigkeit, die Investoren bereit sind, ihr zu geben”, sagt Dawodu.
Diese Skepsis ist nicht unbegründet. Um auf dem internationalen Finanzmarkt erfolgreich zu sein, muss eine Ratingagentur das Vertrauen der Anleger gewinnen. Dies erfordert nicht nur eine hohe Fachkompetenz, sondern auch eine starke institutionelle Unabhängigkeit und Transparenz. Nur wenn Investoren der neuen Agentur zutrauen, objektive und verlässliche Ratings zu erstellen, wird diese einen Mehrwert bieten können.
Es besteht die Gefahr, dass die Agentur als politisches Instrument wahrgenommen wird, das weniger auf die tatsächliche Wirtschaftslage eines Landes schaut und stattdessen politische Ziele verfolgt. Eine solche Wahrnehmung würde ihre Glaubwürdigkeit untergraben und sie ins Abseits stellen.
Beispiele in Europa und in Asien zeigen, wie dornenreich der Weg ist, eine unabhängige Ratingagentur aufzubauen. Sind Ratingagenturen staatstreu, wie etwa in China, finden sie bei internationalen Investoren nicht ausreichend Glaubwürdigkeit. Positionieren sich Ratingagenturen unabhängig, kämpfen sie jahrzehntelang darum, die Rentabilitätsschwelle zu erreichen, wie etwa die Scope Group in Berlin, die sich als “europäische Alternative” versteht.
Das Schaffen von Vertrauen in eine afrikanische Agentur wird ein langwieriger Prozess sein. Es bedarf erheblicher Anstrengungen, um institutionelle Strukturen zu schaffen, die mit den internationalen Standards mithalten können. Die AU wird sicherstellen müssen, dass die neue Agentur unabhängig von politischen Einflüssen arbeitet und klare, transparente Bewertungsrichtlinien entwickelt, die Investoren nachvollziehen können.
Darüber hinaus könnte die neue Agentur eine Kooperation mit etablierten internationalen Agenturen in Erwägung ziehen. Durch Partnerschaften und den Austausch von Know-how könnte sie ihre Glaubwürdigkeit stärken und sicherstellen, dass ihre Bewertungen international anerkannt werden. Eine solche Zusammenarbeit könnte helfen, den anfänglichen Widerstand und die Skepsis der globalen Investoren zu überwinden.
Auf der Suche nach geeigneten Vorbildern geriet schon manche Ratingagentur, auch in Afrika, in die Versuchung, mit den US-Agenturen zusammenzuarbeiten in der Hoffnung, in kollegialer Partnerschaft einen eigenen Ansatz zu entwickeln. Meist endeten diese Agenturen aber in ihrer Übernahme durch eine der “großen Drei”.
Die Gründung einer afrikanischen Ratingagentur könnte einen Schritt hin zu einer gerechteren und unabhängigen Bewertung afrikanischer Volkswirtschaften darstellen. Sie bietet die Möglichkeit, die Gegebenheiten des Kontinents besser zu berücksichtigen und afrikanischen Ländern einen faireren Zugang zu internationalen Kapitalmärkten zu ermöglichen.
Es bleibt abzuwarten, ob die afrikanische Ratingagentur das Vertrauen der internationalen Investoren gewinnen kann oder ob sie nur eine weitere von vielen Institutionen bleibt, die mit guten Absichten gestartet ist, aber letztlich wenig Einfluss hat.
Dr. Oliver Everling ist Geschäftsführer der Rating Evidence GmbH in Frankfurt. Seit 1998 berät, publiziert und investiert er in Ratings und Ratingagenturen und war oder ist Gastprofessor in Peking, Aufsichtsratsvorsitzender, ein nach der EU-Verordnung über Ratingagenturen bestellter Direktor, Beiratsmitglied oder Mitglied von Ratingkommissionen.
Washington Post: Protest nach Wahl in Mosambik. Die Regierungspartei Frelimo ist der Sieger der Wahlen in Mosambik. Die Opposition sagt, bei den Wahlen sei betrogen worden und ruft zu Streiks auf. (“Long-ruling party leads in Mozambique’s election as opposition candidate calls for strike”)
Reuters: Kenias abgesetzter Vizepräsident erhebt Vorwürfe. Rigathi Gachagua beklagt nach seiner Absetzung als Vizepräsident, dass sein Sicherheitsteam abgezogen worden sei. Präsident William Ruto sei verantwortlich, wenn ihm etwas zustoßen sollte. Gachagua bezeichnete die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als politisch motiviert. Gachagua wurde am Donnerstag wegen fünf von elf Anklagepunkten, darunter grober Verstoß gegen die Verfassung und Anstiftung zu ethnischem Hass, angeklagt. (“Kenya’s impeached deputy president says his security withdrawn, safety at risk”)
Deutsche Welle: Gewalt gegen Flüchtlinge. Wegen Menschenrechtsverletzungen im Umgang mit Flüchtlingen kritisieren die Vereinten Nationen Tunesien. Die Küstenwache soll, um Flüchtlinge abzuwehren, auch Gewalt einsetzen. (“Tunesien: Harsche Kritik an Maßnahmen gegen Migranten”)
Africa News: Wassermangel im Sudan. Im Sudan ist nach Lebensmitteln nun auch Wasser knapp und teuer. Immer weniger Menschen können sich in dem Bürgerkriegsland Trinkwasser leisten. Der Wassermangel könnte zu mehr Cholerafällen führen. (“Cholera fears as Sudan faces a worsening water crisis”)
Spiegel: Südafrikaner sind optimistisch. Seit Juli wird Südafrika erstmals von einer Koalitionsregierung regiert, die vom ANC und der liberalen Democratic Alliance dominiert wird. Das Bündnis sorgt bei den Bürgern für Optimismus. 60 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die neue Regierung gute Arbeit leistet. (“Optimismus am Kap der Guten Hoffnung”)
FAZ: Tunesien entwickelt sich zu einer Diktatur. Der Arabische Frühling begann in Tunesien. Der wiedergewählte Präsident Kaïs Saïed entwickelt sich immer mehr zum Diktator. Die antiisraelische Stimmung hilft ihm dabei, seine Macht auszubauen. (“Die Rückkehr der starken Männer”)
The Standard: Touristenattraktion Kilimandscharo. Bei der Verleihung der World Travel Awards (WTA) im kenianischen Diani gelang es Tansania, mehr Preise zu gewinnen als Kenia. Der Serengeti-Nationalpark wurde zum führenden Nationalpark Afrikas gekürt und der Kilimandscharo erhielt den Titel der größten Touristenattraktion des Kontinents. (“Tanzania beats Kenya in latest tourism awards”)
Guardian: Film über Raubkunst kommt in die Kinos. Die französisch-senegalesische Filmemacherin Mati Diop hat einen Film über die Rückgabe von Raubkunst gedreht, der afrikanischen Stimmen Gehör verschafft. Ihr Film “Dahomey” hat den Hauptpreis der diesjährigen Berlinale gewonnen und kommt am 24. Oktober in die deutschen Kinos. (“‘I felt this film was my duty’: director Mati Diop on Dahomey, about the return of looted African treasures”)
Africa News: Mona Lisa in Marokko. Die Art Explora Foundation veranstaltete vom 11. bis 17. Oktober in Zusammenarbeit mit dem Louvre und dem Centre Pompidou ein Wanderkunstfestival in Marokko. Ziel war es, Kunst und Kultur einem breiten Publikum näherzubringen. Unter den ausgestellten Werken befand sich auch eine digitale Version der weltberühmten Mona Lisa von Leonardo da Vinci. (“Museum at berth brings culture to Moroccan audiences”)
Auf dem 16. Gipfel der Brics-Staaten, der am heutigen Dienstag in Kasan in Russland beginnt, werden sich die Teilnehmer an mindestens ein neues Gesicht gewöhnen müssen. Monale Ratsoma tritt dort erstmals als Vizepräsident und Finanzvorstand der New Development Bank (NDB) auf. Seine Ernennung liegt zwar schon drei Monate zurück, unterstreicht aber die führende Rolle, die Südafrika innerhalb des Brics-Staatenverbundes spielt.
In seiner neuen Position, die er im Juli angetreten hat, ist Ratsoma vor allem für das Portfoliomanagement und die Finanzfunktionen der Bank verantwortlich. “Die Ernennung markiert einen wichtigen Meilenstein in Südafrikas Ziel, die Beziehungen der NDB zu dem Land sowie zu anderen Brics-Mitgliedern und anderen Schwellenländern und Ländern des Globalen Südens zu vertiefen”, ließ der südafrikanische Finanzminister und scheidende Vorsitzende des NDB-Aussichtsrates, Enoch Godongwana, in einer Erklärung verkünden.
Ratsoma bringe eine “Fülle von Erfahrungen in den Bereichen Entwicklungsfinanzierung, Investitionen und internationale Kapitalmärkte” mit. “Er wird Südafrikas umfangreiche Bemühungen vorantreiben, den Zugang zu zinsgünstigen und wettbewerbsfähigen Finanzierungen zu erleichtern”, so die Erklärung. Ratsoma beerbt Leslie Maasdorp, der den Posten von 2015 bis 2024 innehatte.
Die künftige Richtung der NDB wird beim Brics-Gipfel in Kasan mit großem Interesse erwartet. Der Bank wird schleppende Kreditvergabe nachgesagt. Gleichzeitig wächst innerhalb der Brics-Gruppe das Gewicht Afrikas. Seit Beginn des Jahres ist der Kontinent mit der Aufnahme von Ägypten und Äthiopien noch stärker in dem Staatenbund vertreten. Drei der mittlerweile neun Brics-Länder, jetzt als Brics Plus bekannt, liegen in Afrika.
Die NDB, die ihren Hauptsitz in Shanghai hat, beschäftigt eine Reihe von Vizepräsidenten, die die Mitgliedsländer vertreten. Dennoch hat sie nur einen Finanzvorstand. Damit nimmt ein Südafrikaner eine hervorgehobene Position in der Bank ein. Südafrika war zudem das erste Brics-Land, das eine NDB-Zweigstelle für den afrikanischen Kontinent eröffnete. Inzwischen gibt es Regionalvertretungen auch in Brasilien, Indien und Russland.
Anders als die Weltbank, die Stimmenrechte nach der gehaltenen Kapitalbeteiligung verteilt, gibt es bei der NDB eine Stimme pro Mitgliedsland, die zudem kein Vetorecht haben. Die NDB ist offen für Mitglieder aus allen Staaten der Vereinten Nationen. Jedoch müssen die fünf ursprünglichen Brics-Länder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika mit 55 Prozent die Stimmenmehrheit behalten. Mitglieder der NDB, ohne Brics-Mitgliedschaft, sind derzeit Algerien, Bangladesch und Uruguay.
Jedoch wird Ratsoma die afrikanischen Interessen im Auge behalten. Im September kündigte das südafrikanische Finanzministerium an, dass die NDB einen Kredit in Höhe von knapp einer Milliarde Euro für die Finanzierung der Entwicklung der Wasser- und Sanitätsinfrastruktur des Landes genehmigt hatte. Diese Finanzierung ist als Zuschuss für Kommunen gedacht, um dort den Rückstand in der Infrastruktur abzubauen. Zudem soll sichergestellt werden, dass grundlegende Dienstleistungen auch bedürftige Haushalte erreichen.
Südafrika plagt seit Jahren die marode Infrastruktur, die vor allem in Kommunen zu einem teilweisen Zusammenbruch der Wasserversorgung geführt hat. “Wir begrüßen die Finanzierungszusagen der NDB“, sagte Finanzminister Godongwana. “Sie werden erheblich dazu beitragen, die finanziellen Herausforderungen zu bewältigen, mit denen einige unserer Programme und staatlichen Unternehmen konfrontiert sind”, sagte er weiter. “Wir sind für jede noch so kleine Finanzierung dankbar.”
Details zur Entwicklung und Finanzierung der Infrastruktur werden in der Erklärung zur mittelfristigen Haushaltspolitik im Oktober vorgestellt. Ebenfalls im September wurde ein Darlehensvertrag über umgerechnet rund 250 Millionen Euro mit dem staatlichen Transportunternehmen Transnet vereinbart. Dieses beitreibt in Südafrika Eisenbahnen, Häfen und Pipelines und hadert seit Jahren mit Ineffizienz und zunehmend sich verschlechternder Infrastruktur, was das Wirtschaftswachstum am Kap ausbremst. Bisher hat Südafrika umgerechnet rund 300 Millionen Euro von der NDB erhalten.
Ratsoma ist kein neues Gesicht bei der NDB. Von 2014 bis 2018 war er bereits Generaldirektor des African Regional Centre (ARC) der Bank. Das ARC wurde im August 2017 in Johannesburg eröffnet, mit dem Ziel einen Beitrag zur Infrastrukturentwicklung in Südafrika zu leisten und an der Entwicklungsagenda des afrikanischen Kontinents mitzuwirken.
Dass das ARC in Johannesburg etabliert wurde, basiert auf einer Vereinbarung zwischen dem damaligen NDB-Präsidenten, K.V. Kamath, aus Indien und der ehemaligen südafrikanischen Außenministerin, Maite Nkoana-Mashabane. Die Eröffnung der ersten Regionalniederlassung der NDB war ein wichtiger Meilenstein für die Bank. “Das ARC wird das Gesicht der NDB in Afrika sein”, sagte Kamat damals. “Es wird schrittweise einen wachsenden Bereich der Arbeit der Bank übernehmen, beginnend mit der Projektidentifizierung und -vorbereitung.”
Vor seinem Brics-Engagement hatte Ratsoma verschiedene leitende Positionen im südafrikanischen Finanzministerium, darunter stellvertretender Generaldirektor für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Generaldirektor für internationale und regionale Wirtschaftspolitik. In diesen Funktionen hat Ratsoma maßgeblich an der Gestaltung der Wirtschaftspolitik Südafrikas mitgewirkt. Vor seinen Positionen im öffentlichen Sektor arbeitete er im privaten Unternehmenssektor als Chefökonom und kommissarischer CEO bei Thebe Stockbroking. Zudem war er in verschiedenen Geschäftsbanken beschäftigt. Damit bringt er reichlich Erfahrung für seine neue Aufgabe mit. Andreas Sieren
Südafrika gilt als Unterstützer von Palästina. Nun soll sogar der “Sandton Drive” in Johannesburg in “Leila Khaled Drive” unbenannt werden. Khaled ist führendes Mitglied der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), die von der EU als terroristische Organisation eingestuft wird. Sie machte sich 1969 beim Flug TWA 840 von Rom nach Tel Aviv als eine der ersten Flugzeugentführerinnen einen Namen. Der Westen bezeichnete sie daraufhin als Top-Terroristin, die arabische Welt feierte sie als Heldin. Südafrika nennt sie eine “Freiheitskämpferin”, die nun mit einer nach ihr benannten Straße geehrt werden soll. Und das in Sandton, der teuersten Quadratmeile Afrikas.
Sandton Drive ist eine der besten Adressen in Johannesburg, an dem internationalen Unternehmen Niederlassungen haben und das exklusive Sandton City Shopping Centre liegt. Auch das amerikanische Konsulat liegt am Sandton Drive. Die Regierungspartei Demokratische Allianz (DA) sammelte als Protest 5.500 Unterschriften gegen die Umbenennung.
Die heute 80-jährige Khaled hat schon lange dem bewaffneten Kampf abgeschworen und setzt sich seit Jahrzehnten für Themen wie Feminismus, Globaler Süden und Palästina ein. Ihr wird allerdings noch immer offener Antisemitismus vorgeworfen. In Deutschland war sie das letzte Mal 2016. Zu den Hamas-Massakern vom 7. Oktober sagte sie: “Wir sind bereit, mit unserem Blut und Fleisch, mit unseren Familien zu bezahlen, um dieses Land zu befreien.”
Diese Haltung gibt es zum Teil auch in Südafrika, wie kürzlich der deutsche Botschafter Andreas Peschke erfahren musste. Auf der 5th International Social Justice Conference in Kapstadt warf der bekannte Aktivist Zackie Achmat Deutschland vor, den Schmerz des Völkermordes am jüdischen Volk zu “missbrauchen”, und Israel “nach Kräften zu unterstützen”. An Peschke gerichtet sagte Achmat: “Wir bedauern zutiefst, dass Sie hierher eingeladen wurden.” Der Botschafter antwortete souverän in einem Tweet auf “X”: “Herr Achmat ist mein Land angegangen. Ich habe zugehört. Als ich antwortete, hörte er nicht zu. Das ist bedauerlich. Wenn wir uns gegenseitig nicht zuhören, werden wir kein einziges Problem lösen.” as