es war die Woche der Diplomaten. Selbstverständlich stand die Gipfeldiplomatie im Vordergrund. Wir berichten über den Brics-Gipfel in Kasan und die IWF-Herbsttagung in Washington – und was für Afrika-Kenner bei diesen Konferenzen wichtig war. Aber still und leise hat auch König Mohamed VI. für Marokko einen diplomatischen Erfolg verzeichnet. Er hat nicht nur erreicht, dass sich Frankreich an Marokko annähert, sondern auch, dass Frankreich in der Westsahara-Frage auf Marokko zugeht. Man darf gespannt sein, was sich daraus noch ergibt.
Sie ahnen es: Wir haben eine Ausgabe zusammengestellt, die Ihnen eine breite Vielfalt an Analysen, Berichten und Nachrichten bietet. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.
Die Staatschefs der afrikanischen Brics-Mitglieder haben die Rolle der Staatengruppe auf dem 16. Brics-Gipfel, der am Donnerstag in Kasan zu Ende ging, gelobt. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa sprach in seiner Rede während des Gipfels von Russland als “geschätztem Verbündeten und Freund” seit den Tagen der Apartheid. In seiner Rede konzentrierte er sich auf die gemeinsame Stärke, die Brics habe, um die Welt gerechter zu gestalten: “Genauso wie Brics eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer neuen multipolaren Weltordnung spielt, muss es auch seine Stimme nutzen, um den Wandel voranzutreiben. Gemeinsam zeigen wir die Vorteile von Kooperation statt Konkurrenz. Als zunehmend einflussreiche Gruppe müssen wir den Erfolg dieser erweiterten Gruppe sicherstellen”, sagte er.
Ähnlich argumentierte der Premierminister des neuen Brics-Mitglieds Äthiopien, Abiy Ahmed Ali: “Ich sehe in Brics eine enorme Chance. Mit ihrer gemeinsamen Stimme, die fast die Hälfte der Weltbevölkerung und über ein Drittel des globalen BIP repräsentiert, hat Brics das Potenzial, eine transformative Kraft für eine gerechtere Weltordnung zu sein”, sagte Abiy.
So auch der Vertreter des zweiten neuen Brics-Mitglieds aus Afrika. In seiner Rede sagte Ägyptens Präsident Abd al-Fattah as-Sisi: “Ägypten betont, wie wichtig es ist, die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit im Bereich der Finanzabwicklung unter Verwendung der lokalen Währungen zu verbessern und die komparativen Vorteile der Mitgliedsstaaten zu nutzen, um gemeinsame Wirtschafts-, Investitions- und Entwicklungsprojekte zu starten.”
Dies wurde auch in der Abschlusserklärung des Gipfels sichtbar. In der “Kazan Declaration” betonten die Staats- und Regierungschefs den Wunsch nach mehr Multilateralismus und einer gerechteren internationalen Ordnung. “Wir bekräftigen unser Bekenntnis zum Multilateralismus und halten uns an das Völkerrecht, einschließlich der UN-Charta als Eckpfeiler”, heißt es in der Erklärung. Die Staats- und Regierungschefs hoben zudem hervor, dass souveräne Staaten zusammenarbeiten müssten, um den internationalen Frieden, die Sicherheit und eine nachhaltige Entwicklung aufrechtzuerhalten. Die G20 solle hier das wichtigste globale Forum sein.
Sorge bereitet die steigende Zahl an gewalttätigen Konflikten in der Welt, die auch erhebliche internationale und regionale Auswirkungen haben. So setzen sich die Brics-Regierungen für eine friedliche Lösung von Streitigkeiten durch Diplomatie, Dialog und Vermittlung ein. “Wir betonen die Notwendigkeit, uns an Bemühungen zur Konfliktprävention zu beteiligen, einschließlich der Bekämpfung ihrer Ursachen”, heißt es in dem Dokument. Und konkret zu Afrika: “Wir bekräftigen, dass das Prinzip ‘Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme’ weiterhin als Grundlage für die Konfliktlösung auf dem afrikanischen Kontinent dienen sollte.” Vor allem mit einer “entscheidenden Rolle” für die Afrikanische Union (AU).
“Große Besorgnis” hingegen wurde über die eskalierende Gewalt in den besetzten palästinensischen Gebieten, insbesondere in Gaza, und im Südlibanon, ausgedrückt. Gefordert wurde ein sofortiger Waffenstillstand in Gaza, die bedingungslose Freilassung der Geiseln und die Versorgung der Region mit humanitärer Hilfe. Und: “Wir erkennen die vorläufigen Maßnahmen des Internationalen Gerichtshofs im von Südafrika gegen Israel eingeleiteten Verfahren an.” Gleichzeitig verurteilte die Gruppe in ihrer Abschlusserklärung Terrorismus in all seinen Formen: “Wir erkennen an, dass alle Terrorakte kriminell und nicht zu rechtfertigen sind, unabhängig von ihren Motiven.”
Noch deutlicher wurde es bei den laut den Brics-Staaten einseitigen Maßnahmen und Sanktionen, die als störend für die Weltwirtschaft und den internationalen Handel bezeichnet wurden: Eine klare Kritik an westlichen Regierungen. “Solche Maßnahmen untergraben die UN-Charta, das multilaterale Handelssystem und behindern die Erreichung nachhaltiger Entwicklungsziele”, so die Erklärung. Die BRICS-Staats- und Regierungschefs betonten stattdessen die Notwendigkeit eines fairen und integrativen globalen Wirtschaftssystems und forderten eine Reform der Bretton-Woods-Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank.
Sie plädierten zudem für eine stärkere Vertretung der Schwellen- und Entwicklungsländer, darunter aus Afrika, nicht nur in diesen Institutionen, sondern auch in globalen Entscheidungsprozessen. Die Brics-Staaten bekräftigten ihre Unterstützung für ein regelbasiertes, offenes, transparentes und faires multilaterales Handelssystem, das sich um die Welthandelsorganisation (WTO) dreht. Darüber hinaus betonen sie die Rolle der Neuen Entwicklungsbank (NDB) bei der Förderung der Infrastrukturentwicklung und des nachhaltigen Wachstums in den Mitgliedsländern. Wie erwartet verpflichten sich die Staats- und Regierungschefs, die Finanzierung der NDB in lokalen Währungen auszuweiten und innovative Finanzierungsmechanismen zu unterstützen, um die Entwicklung in den Schwellenmärkten voranzutreiben.
Derweil forderte der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft die Europäische Union und Deutschland auf, anlässlich des Brics-Gipfels den zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Einfluss von China und Russland auf große afrikanische Länder ernst zu nehmen. In Afrika würde das Interesse an den Brics-Strukturen wachsen, daher müsse Europa dringend eigene, konkurrenzfähige Angebote machen. “Afrika sucht Partner für die pragmatische Lösung von Problemen. Und Afrika sucht eine eigene Rolle in der Weltpolitik. Es sollte ein Weckruf für Europa sein, dass wir beides offenbar nur bedingt anbieten”, sagte Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins. “Die EU darf nicht abwarten und zusehen. Wir brauchen hier neue Ansätze in der Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern und panafrikanischen Institutionen.”
Rund sechs Wochen vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Ghana entwickeln sich die massiven, langfristigen Umweltschäden durch den Goldabbau zu einem zentralen Thema im Wahlkampf. 60 Prozent aller Gewässer in Ghana sind bereits durch illegale Minenaktivitäten verschmutzt, schätzt die nationale Kommission für Wasser (Water Resources Commission). Für Ghanas Bevölkerung hat das schwerwiegende Folgen: Ab 2030 müsse Ghana Trinkwasser importieren, wenn die Verschmutzung der Flüsse, Seen und des Grundwassers so weitergeht wie bisher, prognostizierte John Peter Amewu bereits 2018. Damals war Amweu Minister für Boden und natürliche Ressourcen.
In Ghana wird für das illegale Goldschürfen (ebenso wie für das illegale Abgraben von Sand) das Wort “galamsey” verwendet. Es ist zum Kampfbegriff geworden, mit Hashtags in den sozialen Medien wie #saynotogalamsey. Bei Demonstrationen in den vergangenen Wochen, unter anderem in der Hauptstadt Accra, brachten Demonstranten schmutziges Wasser in Flaschen mit – um deutlich zu machen, dass das Trinkwasser immer knapper wird. Bei den Protesten wurden auch Aktivisten festgenommen.
Gleichzeitig ist das Gold ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das westafrikanische Land, denn Ghana ist Afrikas größter Goldproduzent. 2023 produzierte Ghana rund 4,03 Millionen Unzen. Vor allem artisanaler – also handwerklicher – Goldabbau sorgte in den vergangenen Jahren für ein Wachstum der Abbaumengen. Dieser Bereich macht laut einem Bericht der ghanaischen Kammer für Bergbauunternehmen rund ein Drittel der Produktion aus. Weltweit liegt das westafrikanische Land unter den Top 10 der Goldproduzenten.
Getrieben wird die Entwicklung auch durch den steigenden Goldpreis. Momentan steht er bei etwa 2.747 US-Dollar pro Feinunze (Stand: 24.10.2024). Neben den großen Unternehmen, die Gold abbauen – allen voran die Newmont Ghana Gold Limited – schürft ein großer Teil der Bevölkerung Gold von Hand und in kleinem Maßstab. Etwa zehn Millionen Menschen, also fast ein Drittel der Bevölkerung Ghanas, hängen von den Einnahmen aus dem artisanalen Goldschürfen ab, wie eine Studie zeigt. Fast immer handelt es sich dabei um illegales Goldschürfen: Die Quote liegt bei 85 Prozent.
Illegaler Goldabbau und die katastrophalen Folgen für die Umwelt sind seit Jahrzehnten ein Thema in Ghana, das immer wiederkehrt. Mehrfach riefen verschiedene Regierungen das Militär dazu auf, bei der Bekämpfung mitzuhelfen, etwa mit “Operation Halt”, “Operation Vanguard”, “Operation Flush Out” oder “Galamstop”.
Auch der scheidende Präsident Nana Akufo-Addo hatte es sich bei Amtsantritt 2017 auf die Fahne geschrieben, gegen das illegale Goldabbauen vorzugehen. Kurzfristig war jegliches Goldschürfen für kleine Firmen verboten worden. Das könnte sich wiederholen, befürchten Unternehmer, die legal arbeiten.
Der Wissenschaftler und Minenexperte Kenneth Joseph Bansah von der Missouri University of Science and Technology hat untersucht, warum der Kampf gegen das illegale Goldschürfen seit Jahren nicht vorankommt. In einer Studie von 2023 fasst er neun Faktoren in absteigender Relevanz zusammen:
Die illegalen Goldschürfer halten sich nicht an Regeln und Umweltvorschriften. Unter anderem kommt Quecksilber zum Einsatz, das in die Gewässer gelangt. Das verschmutzte Wasser verunreinigt Nahrungsmittel, macht Menschen krank und hat Auswirkungen auf den Anbau von Agrarrohstoffen wie etwa Kakao – einem weiteren wichtigen Wirtschaftsfaktor in Ghana.
In diesem Jahr eröffnete die Regierung eine eigene Raffinerie für Gold, damit die Verarbeitung nach internationalem Standard innerhalb des Landes stattfinden und somit mehr Wertschöpfung für Ghana generiert werden kann. Der illegale Goldabbau boomt auch deshalb, weil arme Menschen keine andere Einkommensquelle finden. Die Verarbeitung des Edelmetalls nach Ghana zu holen, kann also als Ansatz gesehen werden, langfristig alternative Verdienstmöglichkeiten zu schaffen.
Kommende Woche will der französische Innenminister Bruno Retailleau nach Marokko reisen und über Migrations- und Rücknahmeabkommen verhandeln. Marokkos König Mohammed VI. kann den Besuch als diplomatischen Erfolg verbuchen, denn er belegt, dass sich die Beziehungen zwischen Frankreich und Marokko weiter verbessern. Zuletzt zeigte sich dies auch in der Westsahara-Frage, als Emmanuel Macron im Sommer – noch während der Olympischen Spiele – in einem Brief an Mohammed VI implizit mitgeteilt hat, dass Paris den marokkanischen Plan für die Westsahara unterstütze. Ganz uneigennützig war das nicht.
Schon damals vermuteten Analysten hinter der politischen Kehrtwende Frankreichs die Flüchtlingsfrage als ein wesentliches Motiv – sprich, das Bemühen, sich mit einer pro-marokkanischen Haltung zur Westsahara die Kooperation des nordafrikanischen Landes bei der Migration zu sichern. Der Besuch Retailleaus scheint das nun zu bestätigen.
Der Plan Marokkos sieht die Schaffung autonomer politischer Institutionen in der Region sowie die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und einen Hafen am Atlantik vor. Die Kontrolle über Außenpolitik, Verteidigung und Währung wäre Marokko vorbehalten – etwas, das die Unabhängigkeitsbewegung der einheimischen Sahrauis unter der Führung der Frente Polisario nicht akzeptiert.
Mitte Oktober äußerte sich König Mohammed VI. in seiner Rede vor dem Parlament zur Eröffnung der Herbstperiode auch selbst eingehend zur Lage in der Westsahara und zu Frankreichs Kehrtwende. Immer mehr “einflussreiche Staaten” und “ständige Mitglieder des Sicherheitsrates” seien bereit, die marokkanische Position zur Westsahara anzuerkennen.
Das stimmt jedoch nur zum Teil. Zwar betrachten bereits Spanien und die USA, die Golfstaaten und eine Reihe afrikanischer und lateinamerikanischer Länder die Westsahara als Teil Marokkos. Doch überwiegend herrschte bislang ein internationaler Konsens, wonach die Annexion des phosphatreichen und damit wirtschaftlich und strategisch durchaus wichtigen Gebietes durch Marokko in den 1970er-Jahren rechtswidrig war. Mit diesem Konsens brach nun Macron.
Kein Wunder also, dass der König in seiner Rede vor den Abgeordneten dem französischen Präsidenten umfänglich dankte – vor allem für die “positive Dynamik”, die damit in die seit Jahrzehnten stagnierenden Bemühungen komme, den Konflikt zu lösen. Mit Macrons Unterstützung, so der König weiter, könne die Regelung der Westsahara-Frage nun in eine “neue Phase” übergehen – von der bloßen “Management-Phase”, zu “entschlossenem und proaktivem Handeln”. Dieses erfordere auch verstärkte und “solidarische” Diplomatie-Anstrengungen seitens Partei und Parlament sowie eine bessere Kooperation seiner beiden Kammern.
In seiner Rede hob Mohammed VI. zugleich die wirtschaftlichen und strategischen Entwicklungsinitiativen hervor, die Marokko in der Sahara bereits gestartet habe – etwa die Gaspipeline Marokko-Nigeria und gemeinsame Initiativen der sogenannten afrikanischen Atlantikstaaten. Die Sahara, so der König, sei eine Achse, die “nicht nur für Marokko, sondern für die Stabilität und Entwicklung der gesamten Region von strategischer Bedeutung” ist. Insgesamt zeigte sich der König in seiner Rede zuversichtlich, dass die Westsahara-Frage “bald gelöst” werden könne.
Gleichzeitig rief er aber auch zu “Wachsamkeit” auf – ein Begriff, der von den nationalen Medien in ihren anschließenden, eingehenden Analysen der Rede immer wieder herausgestellt wurde. Denn klar ist: Macrons politische Wende bedeutet noch lange keine gesamt-europäische Kehrtwende in der Westsahara-Frage. Erst Anfang Oktober hatte der EuGH ein Fischerei- und Landwirtschafts-Abkommen Brüssels mit Rabat aufgekündigt, da dies die Westsahara umfasse, aber die Belange der einheimischen Sahrauis nicht berücksichtige – ein juristischer Erfolg für die Frente Polisario, die gegen die EU geklagt hatte.
In seiner Rede vor dem Parlament erwähnte der König diese Auseinandersetzung mit keinem Wort. Er spielte lediglich auf “die wenigen Staaten” an, “deren Standpunkte in dieser Frage immer noch gegen die Logik von Recht und gegen die Geschichte verstoßen”. Diese Staaten müssten nun durch “rechtliche, politische und historische Beweise” von dem Anspruch Marokkos auf die “Südprovinzen” genannte Westsahara überzeugt werden. Oder durch vermehrte politisch-taktische Deals, wie das Beispiel Frankreichs zeigt.
Die Konjunkturaussichten trüben sich für Subsahara-Afrika wider Erwarten ein. Dies geht aus dem jüngsten World Economic Outlook 2024 hervor, den der IWF auf seinem Herbsttreffen veröffentlicht hat. “Das globale Wachstum dürfte stabil, aber enttäuschend bleiben”, heißt es dort (Seite XIV). Vor allem für Subsahara-Afrika hat der IWF seine Wachstumsprognose gegenüber dem Ausblick vom April gesenkt.
Aktuell rechnet der IWF für Subsahara-Afrika 2024 mit einem Wachstum von 3,6 Prozent. Im April lag die Prognose bei 3,8 Prozent. Für Nigeria hat der IWF zwischen April und Oktober die Prognose von 3,3 Prozent auf 2,9 Prozent zurückgenommen. Immerhin haben die IWF-Volkswirte die Erwartung für das kommende Jahr von 4,0 Prozent (April) auf 4,2 Prozent erhöht.
Die Wachstumsschwäche Afrikas macht auch ein Vergleich mit “Emerging and Developing Asia” – den aufstrebenden Schwellenländern in Asien – deutlich. Dort erwartet der IWF ein Wachstum von 5,3 Prozent in diesem Jahr und von 5,0 Prozent im kommenden Jahr.
Selbst mit der Anhebung der Erwartung für 2025 bleibt die afrikanische Wirtschaft weit unter ihrem Wachstumspotenzial. Jan Reents und Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel haben in einer im Juni veröffentlichten Studie nachgewiesen, dass das reale BIP je Kopf in Afrika seit mehr als zehn Jahren kontinuierlich sinkt.
Dies erklären sie – wobei sie dem theoretischen Ansatz von Daron Acemoğlu und James Robinson folgen – mit diesen Faktoren:
Das zweite große Thema auf dem Herbsttreffen war die steigende globale Verschuldung. “Lockere Finanzierungsbedingungen, die kurzfristige Risiken in Schach halten, begünstigen zugleich die Entstehung von Schwachstellen – wie etwa hohe Vermögensbewertungen, den weltweiten Anstieg privater und staatlicher Schulden und eine verstärkte Fremdkapitalaufnahme durch Nichtbanken-Finanzinstitute -, was wiederum Risiken für die künftige Finanzstabilität mit sich bringt”, heißt es im Global Financial Stability Report (Seite X), den der IWF ebenfalls auf dem Herbsttreffen vorgestellt hat.
Der verschärfte globale Wettbewerb um Fremdkapital trifft auch den afrikanischen Kontinent. “Im verbleibenden Jahr 2024 (rund vier Milliarden US-Dollar) sowie 2025 und 2026 (etwa 13 Milliarden und 14 Milliarden US-Dollar) werden erhebliche Volumina an Schulden in den Frontier-Ländern fällig“, heißt es weiter (Seite 21). “Etwa 60 Prozent der fälligen Anleihen stammen von Ländern mit Renditen von etwa zehn Prozent oder mehr, vor allem von Frontier-Ländern in Südasien und Afrika südlich der Sahara.”
Damit kommt auf die Frontier-Länder eine Phase erhöhter Unsicherheit zu. Denn es ist unklar, ob diese Schuldner die fällig werdenden Schulden in voller Höhe refinanzieren können und wenn ja, zu welchen Konditionen.
“Geopolitische Fragmentierung, hohe Kreditkosten und die anhaltend hohen Lebenshaltungskosten stellen einen schwierigen Rahmen für die Politikgestaltung dar”, sagten der nigerianische Finanzminister Wale Edun und IWF-Generaldirektorin Kristalina Georgieva in einem gemeinsamen Statement. “Einige Länder sind zudem mit sozialer Instabilität und Unsicherheit konfrontiert, was der Bevölkerung hohe menschliche Kosten aufbürdet, die Wachstumsaussichten untergräbt und die wirtschaftliche Anfälligkeit verschärft.” hlr
Laut einem aktuellen Bericht der East African Science and Technology Commission (EASTECO) und des Stockholm Environment Institute können die ostafrikanischen Länder ihre Bioressourcen nicht in ausreichendem Maße für ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum nutzen. Der Bericht wurde im Rahmen des Global Bioeconomy Summit vorgestellt. Der Gipfel fand vom 23. bis 24. Oktober in Nairobi statt.
Im Fokus des Gipfels stand die Transformation der fossilen Wirtschaft hin zu einer auf nachwachsenden Rohstoffen basierenden Ökonomie. Es war die erste Ausgabe des Gipfels auf dem afrikanischen Kontinent, nachdem Berlin Gastgeber der ersten drei Treffen war. Organisator des ersten Gipfeltreffens 2015 war der deutsche Bioökonomierat, ein Beratungsgremium der Bundesregierung.
Laut dem Bericht biete die Transformation hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie den Ländern in Ostafrika grundsätzlich vielfältige Chancen. Dazu zählt laut den Autoren des Berichts die Schaffung von Jobs, bessere Nahrungssicherheit und Gesundheit. Dass die Transformation zurzeit noch stockt, liege jedoch an verschiedenen Punkten. Unter anderem fehle Infrastruktur, insbesondere im Bereich Transport, aber auch bei der Energieversorgung. Zudem werde die nachhaltige Entwicklung durch fehlende Fachkräfte und Technologie verzögert.
Im Rahmen der Eröffnungsfeier am Mittwoch sandte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger eine Videobotschaft. Das Forschungsministerium unterstützt mit einer eigenen Förderrichtlinie die “Agrarsysteme der Zukunft”. Ziel ist es, die Forschung zu nachhaltigen Agrarsystemen weltweit voranzutreiben. Auch Michael Kellner, parlamentarischer Staatssekretär im BMWK, schickte eine Videobotschaft zum Gipfel.
Vor Ort nahm die parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Claudia Müller, teil. Nach Angaben des BMEL will sich die Staatssekretärin zudem im Rahmen ihres Besuchs in Kenia zu bilateralen Gesprächen mit Vertretern des kenianischen Landwirtschaftsministeriums sowie Mitgliedern des kenianischen Landfrauen- und Bauernverbands treffen. dre
Die Nigerian Upstream Petroleum Regulatory Commission (NUPRC) hat den Verkauf der Öl- und Gasanlagen von Exxon Mobil an das nigerianische Energieunternehmen Seplat Energy genehmigt. Damit endet eine zweijährige Verzögerung bei der Finalisierung des 1,3 Milliarden Dollar schweren Deals.
Dagegen hat die NUPRC mehrere andere Transaktionen untersagt. Diese Unternehmen sind davon betroffen:
Im Rahmen der Vereinbarung mit Exxon Mobil wird Seplat einen Anteil von 40 Prozent an vier Ölförderpachtverträgen und den dazugehörigen Anlagen erwerben, darunter das Exportterminal Qua Iboe. Seplat wird außerdem einen Anteil von 51 Prozent an der Anlage zur Rückgewinnung von Flüssiggas in Bonny River halten. Diese hat früher die lokale Exxon-Tochtergesellschaft Mobil Producing Nigeria betrieben.
Die Veräußerung der Vermögenswerte von Shell an die Renaissance Africa Energy Company habe den behördlichen Prüfungen nicht standgehalten, sagte Komolafe. “Die NUPRC hat bei der Umsetzung dieses Prinzips sieben regulatorische Säulen entwickelt, um die Veräußerung im Upstream-Ölsektor aus Gründen der Vernunft und des Schutzes des nationalen Interesses zu leiten”, sagte Komolafe weiter.
Exxon Mobil und andere multinationale Ölunternehmen (IOC) ziehen sich derzeit aus der nigerianischen Onshore-Öl- und Gasindustrie zurück und richten ihr Engagement auf Onshore-Projekte aus. Nach der Entscheidung von Shell zur Desinvestition kündigte Total Energies an, seine Minderheitsbeteiligung an einem bedeutenden Onshore-Öl-Joint-Venture in Nigeria zu verkaufen.
Umweltaktivisten hatten zahlreiche Schadensersatzklagen gegen das Unternehmen eingereicht, um eine Entschädigung für die Umweltschäden zu erhalten, wie Table Briefings berichtet hatte. Seit Jahrzehnten beschuldigen Aktivisten zahlreiche Ölunternehmen der “chronischen Umweltverschmutzung” und fordern die Beseitigung der Folgen und Entschädigungen.
“Liebe Landsleute, unsere Regierung ist der freien Marktwirtschaft, dem freien Eintritt und dem freien Austritt von Investitionen verpflichtet, während wir gleichzeitig die Unantastbarkeit und Wirksamkeit unserer Regulierungsprozesse wahren”, sagte Staatspräsident Tinubu in einer Ansprache am 1. Oktober. “Dieses Prinzip leitet die Desinvestitionen in unserem Upstream-Erdölsektor, wo wir uns verpflichtet fühlen, das Schicksal positiv zu verändern.
Kelvin Emmanuel, Mitbegründer und CEO von Dairy Hills Limited und Energieexperte, sagte, diese Genehmigung für die Transaktion von Seplat sei die erste große Öl- und Gasinvestition seit Tinubus Amtsantritt. “Die Aufgabe des Präsidenten besteht darin, sein Team zu bitten, unverzüglich einen steuerlichen Rahmen für Begleitgas zu entwickeln, das unter den Produktionsbeteiligungsvertrag (PSC) fällt”, sagte Emmanuel weiter. Samuel Ajala
Africa News: Unsicherheit destabilisiert Staaten. Nach einem Bericht der Mo Ibrahim Foundation hat sich die Qualität der Regierungsarbeit in der Hälfte der afrikanischen Länder in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert. Hauptgrund seien zunehmende Sicherheitsprobleme, die immer mehr Staaten destabilisieren. (“Nearly half of Africa’s population faces worsening governance”)
Deutsche Welle: Afrika für US-Politiker unwichtig. Weder für die Demokraten noch für die Republikaner spielt Afrika im Präsidentschaftswahlkampf eine Rolle. Afrika steht weit unten auf der Prioritätenliste amerikanischer Politiker. (“Was bedeuten die US-Wahlen für Afrika?”)
Standard: Ukraine kämpft in Mali gegen Russen. Die Ukraine unterstützt in Mali Tuareg-Rebellen im Kampf gegen russische Wagner-Söldner. Mit ukrainischen Drohnen werden gezielt im Norden des Landes Einheiten der Russen angegriffen. (“Ukrainer bekämpfen Russen bis in die Sahara”)
Africa News: Emanzipation schafft Wachstum. Wären die Frauen in Afrika den Männern gleichgestellt, könnte nach Berechnungen der Weltbank das BIP bis 2025 um 2,5 Billionen Dollar gesteigert werden. Das größte Problem auf diesem Weg sei die schlechte Gesundheitsversorgung von Frauen. (“African Women: The backbone of economies and the urgent call for healthcare equity”)
Deutsche Welle: Unruhen in Nigeria. Während der nigerianische Präsident Bola Tinubu sein Kabinett umbildete, ist es zu schweren Unruhen gekommen. In dem trotz Öl armen Land haben sich die Hoffnungen der Bevölkerung nicht erfüllt, dass Tinubu mit Reformen die wirtschaftliche Lage verbessert. (“Nigeria: Bola Tinubu reshuffles cabinet amid economic crisis”)
Forbes: Sexuelle Gewalt im Bürgerkrieg. Die NGO Physicians for Human Rights hat einen Bericht über den starken Anstieg sexueller Gewalt durch das Militär des Kongo, bewaffnete Gruppen und UN-Friedenstruppen veröffentlicht. Seitdem die Rebellengruppe M23 im Jahr 2021 wieder aktiv wurde, habe sich die Lage verschärft. (“Massive Influx Of Conflict-Related Sexual Violence Cases In Eastern DRC”)
Reuters: Kenia erfüllt Kreditauflagen. Kenia hat bei der Überprüfung seines Kreditprogramms alle vom Internationalen Währungsfonds vorgegebenen Ziele erfüllt. Das Land rechnet damit, seine Zusammenarbeit mit dem globalen Geldgeber fortzusetzen. Kenia hatte 2021 ein vierjähriges Kreditprogramm vom IWF erhalten. (“Kenya fulfilled all targets in IMF review, central bank governor says”)
Süddeutsche: Gewalt in Südafrika. Auch 30 Jahre nach Ende der Apartheid gehören in Südafrika fast 80 Prozent des Farmlandes Weißen. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Konflikten. Angst vor Gewalt bestimmt den Alltag vieler Menschen. (“Tatort Orangenbaum”)
Guardian: Kritik an EU-Kommission. Die Kommission hat die Ergebnisse einer Menschenrechtsuntersuchung in Tunesien nicht veröffentlicht, die sie kurz vor der Ankündigung eines Migrationsabkommens mit dem Land durchgeführt hatte. Eine Recherche des Guardian belegte Menschenrechtsverletzungen durch von der EU finanzierte Sicherheitskräfte in Tunesien. (“EU refuses to publish findings of Tunisia human rights inquiry”)
FAZ: Paul Collier befürchtet Anstieg der Armut. Der britische Ökonom und Afrika-Experte Paul Collier rechnet damit, dass die Ärmsten unter der Weltbevölkerung noch ärmer werden könnten. Für Afrika seien auch Rohstofffunde selten ein Segen. (“Die unterste Milliarde wird noch ärmer”)
Rose Mwebaza steht ein ereignisreicher Herbst bevor. Am Donnerstag diskutierte die Regionaldirektorin für Afrika des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) auf dem Bio Economy Summit über die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der UN. Für Mwebaza ist es in vielerlei Hinsicht ein Heimspiel. Denn der Gipfel findet in Nairobi statt, wo auch der Sitz von UNEP ist. Gleichzeitig ist die inhaltliche Debatte der Kern ihrer Arbeit beim Umweltprogramm.
Dennoch ist der Gipfel nur ein Zwischenstopp für Mwebaza, die schon längst in den Vorbereitungen für die Weltklimakonferenz (Cop 29) Mitte November in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku steckt. Zuletzt zum Beispiel beim Treffen der afrikanischen Umweltminister in Abidjan Anfang September, als die Minister über die zunehmende Desertifikation auf dem Kontinent berieten.
Die gebürtige Uganderin bringt eine jahrzehntelange Erfahrung in verschiedenen Positionen der Vereinten Nationen mit. Vor ihrer Position beim UNEP arbeitete Mwebeza als Direktorin des Beirats des United Nations Climate Technology Centre and Network (CTCN). Die Organisation unterstützt den Technologietransfer zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Mit der Klimatechnologie sollen sich Länder, die schon jetzt von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, besser schützen und die Folgen des Klimawandels abfedern können. Zudem war Mwebeza Programmmanagerin im Afrika-Büro des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) in Addis Abeba und beriet zudem den Vorsitzenden der Afrikanischen Union sowie den Ausschuss der afrikanischen Staats- und Regierungschefs in Klimafragen. Für die Afrikanische Entwicklungsbank war sie anschließend als Chief Natural Resources Officer in Abidjan tätig. Die Afrika-Direktion hat Mwebaza seit 2023 inne.
Begonnen hat die Juristin ihre Karriere allerdings als Dozentin an ihrer Alma Mater, der Makerere-Universität in Kampala. Mwebaza hält zudem akademische Abschlüsse von der University of Florida und der Macquarie University in Sydney, an der sie promoviert wurde. In einem Interview mit der kenianischen Zeitung “The Nation” sagte Mwebaza über sich: “Es war mir immer wichtiger, Gemeinschaften zu unterstützen, die sich keinen Anwalt leisten können. Deshalb habe ich die Angebote großer Rechtskanzleien abgelehnt und mich entschieden, in die Lehre zu gehen. Das gab mir die Flexibilität, Pro-Bono-Fälle zu übernehmen.” Bereits im Alter von 29 Jahren wurde sie zur Dekanin der juristischen Fakultät ernannt.
Ihr Interesse für Umweltthemen weckte schließlich ihr Engagement für Landrechte, insbesondere der nomadischen Gemeinschaften in Ostafrika und die Frage, wie die Ökosysteme dieser Gemeinschaften geschützt werden können. Angesichts der unterschiedlichen Stationen in ihrer Karriere ist es wenig verwunderlich, dass sich Mwebaza für einen ganzheitlichen Ansatz beim Schutz der Umwelt einsetzt. Dabei weist sie immer wieder darauf hin, dass der Klimawandel ganz besonders auf die ländlichen Gemeinschaften in Afrika einwirkt.
Das dürfe auf multinationaler Ebene nicht vergessen werden. “Es wird immer wichtiger für die afrikanischen Länder, Unterstützung für diejenigen zu bekommen, die aufgrund der zunehmenden Extremwetterereignisse ihre Lebensgrundlage verloren haben”, sagte Mwebaza auch dem Africa Regional Forum on Sustainable Development in diesem Frühjahr. Dass sich Extremwetter in Afrika durch den Klimawandel verschärfen, zeigt eine aktuelle Studie der Forschungsinitiative World Weather Attribution. Auf der Weltklimakonferenz wird es für Mwebaza daher wichtig sein, das Thema der Klimafinanzierung erneut nach oben auf die Agenda der COP29 zu setzen. David Renke
Der Flug von Nairobi nach Daressalam dauert in der Regel rund 1,5 Stunden. Die Flugzeit für ein Nickerchen zu nutzen, empfiehlt sich allerdings nicht. Denn nach etwa einer guten halben Stunde Flugzeit erwartet die Passagiere das Highlight des Flugs: Vom Fenster des Fliegers aus kann man die Spitze des höchsten Bergs in Afrika, dem 5895 Meter hohen Kilimandscharo, entdecken. Tatsächlich handelt es sich dabei allerdings um den Uhuru-Peak (Uhuru ist Swahili und bedeutet Freiheit), dem Gipfel des Kibo. Dieser wiederum ist der höchste Berg des Kilimandscharo-Massivs, das trotz der umgangssprachlichen Verkürzung tatsächlich aus einer Bergkette mit mehreren Gipfeln besteht.
Wenn man Glück hat und der Flugplan es zulässt, fliegt der Pilot eine Schleife um den Uhuru-Peak. Das ermöglicht einen exzellenten Ausblick auf die jährlich schrumpfenden Gletscher und den vulkanischen Krater des Gipfels. Der Vorteil: Man kann den Gipfel in Ruhe begutachten, ohne sich selbst an den fordernden, mehrtägigen Aufstieg machen zu müssen. dre
es war die Woche der Diplomaten. Selbstverständlich stand die Gipfeldiplomatie im Vordergrund. Wir berichten über den Brics-Gipfel in Kasan und die IWF-Herbsttagung in Washington – und was für Afrika-Kenner bei diesen Konferenzen wichtig war. Aber still und leise hat auch König Mohamed VI. für Marokko einen diplomatischen Erfolg verzeichnet. Er hat nicht nur erreicht, dass sich Frankreich an Marokko annähert, sondern auch, dass Frankreich in der Westsahara-Frage auf Marokko zugeht. Man darf gespannt sein, was sich daraus noch ergibt.
Sie ahnen es: Wir haben eine Ausgabe zusammengestellt, die Ihnen eine breite Vielfalt an Analysen, Berichten und Nachrichten bietet. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.
Die Staatschefs der afrikanischen Brics-Mitglieder haben die Rolle der Staatengruppe auf dem 16. Brics-Gipfel, der am Donnerstag in Kasan zu Ende ging, gelobt. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa sprach in seiner Rede während des Gipfels von Russland als “geschätztem Verbündeten und Freund” seit den Tagen der Apartheid. In seiner Rede konzentrierte er sich auf die gemeinsame Stärke, die Brics habe, um die Welt gerechter zu gestalten: “Genauso wie Brics eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer neuen multipolaren Weltordnung spielt, muss es auch seine Stimme nutzen, um den Wandel voranzutreiben. Gemeinsam zeigen wir die Vorteile von Kooperation statt Konkurrenz. Als zunehmend einflussreiche Gruppe müssen wir den Erfolg dieser erweiterten Gruppe sicherstellen”, sagte er.
Ähnlich argumentierte der Premierminister des neuen Brics-Mitglieds Äthiopien, Abiy Ahmed Ali: “Ich sehe in Brics eine enorme Chance. Mit ihrer gemeinsamen Stimme, die fast die Hälfte der Weltbevölkerung und über ein Drittel des globalen BIP repräsentiert, hat Brics das Potenzial, eine transformative Kraft für eine gerechtere Weltordnung zu sein”, sagte Abiy.
So auch der Vertreter des zweiten neuen Brics-Mitglieds aus Afrika. In seiner Rede sagte Ägyptens Präsident Abd al-Fattah as-Sisi: “Ägypten betont, wie wichtig es ist, die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit im Bereich der Finanzabwicklung unter Verwendung der lokalen Währungen zu verbessern und die komparativen Vorteile der Mitgliedsstaaten zu nutzen, um gemeinsame Wirtschafts-, Investitions- und Entwicklungsprojekte zu starten.”
Dies wurde auch in der Abschlusserklärung des Gipfels sichtbar. In der “Kazan Declaration” betonten die Staats- und Regierungschefs den Wunsch nach mehr Multilateralismus und einer gerechteren internationalen Ordnung. “Wir bekräftigen unser Bekenntnis zum Multilateralismus und halten uns an das Völkerrecht, einschließlich der UN-Charta als Eckpfeiler”, heißt es in der Erklärung. Die Staats- und Regierungschefs hoben zudem hervor, dass souveräne Staaten zusammenarbeiten müssten, um den internationalen Frieden, die Sicherheit und eine nachhaltige Entwicklung aufrechtzuerhalten. Die G20 solle hier das wichtigste globale Forum sein.
Sorge bereitet die steigende Zahl an gewalttätigen Konflikten in der Welt, die auch erhebliche internationale und regionale Auswirkungen haben. So setzen sich die Brics-Regierungen für eine friedliche Lösung von Streitigkeiten durch Diplomatie, Dialog und Vermittlung ein. “Wir betonen die Notwendigkeit, uns an Bemühungen zur Konfliktprävention zu beteiligen, einschließlich der Bekämpfung ihrer Ursachen”, heißt es in dem Dokument. Und konkret zu Afrika: “Wir bekräftigen, dass das Prinzip ‘Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme’ weiterhin als Grundlage für die Konfliktlösung auf dem afrikanischen Kontinent dienen sollte.” Vor allem mit einer “entscheidenden Rolle” für die Afrikanische Union (AU).
“Große Besorgnis” hingegen wurde über die eskalierende Gewalt in den besetzten palästinensischen Gebieten, insbesondere in Gaza, und im Südlibanon, ausgedrückt. Gefordert wurde ein sofortiger Waffenstillstand in Gaza, die bedingungslose Freilassung der Geiseln und die Versorgung der Region mit humanitärer Hilfe. Und: “Wir erkennen die vorläufigen Maßnahmen des Internationalen Gerichtshofs im von Südafrika gegen Israel eingeleiteten Verfahren an.” Gleichzeitig verurteilte die Gruppe in ihrer Abschlusserklärung Terrorismus in all seinen Formen: “Wir erkennen an, dass alle Terrorakte kriminell und nicht zu rechtfertigen sind, unabhängig von ihren Motiven.”
Noch deutlicher wurde es bei den laut den Brics-Staaten einseitigen Maßnahmen und Sanktionen, die als störend für die Weltwirtschaft und den internationalen Handel bezeichnet wurden: Eine klare Kritik an westlichen Regierungen. “Solche Maßnahmen untergraben die UN-Charta, das multilaterale Handelssystem und behindern die Erreichung nachhaltiger Entwicklungsziele”, so die Erklärung. Die BRICS-Staats- und Regierungschefs betonten stattdessen die Notwendigkeit eines fairen und integrativen globalen Wirtschaftssystems und forderten eine Reform der Bretton-Woods-Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank.
Sie plädierten zudem für eine stärkere Vertretung der Schwellen- und Entwicklungsländer, darunter aus Afrika, nicht nur in diesen Institutionen, sondern auch in globalen Entscheidungsprozessen. Die Brics-Staaten bekräftigten ihre Unterstützung für ein regelbasiertes, offenes, transparentes und faires multilaterales Handelssystem, das sich um die Welthandelsorganisation (WTO) dreht. Darüber hinaus betonen sie die Rolle der Neuen Entwicklungsbank (NDB) bei der Förderung der Infrastrukturentwicklung und des nachhaltigen Wachstums in den Mitgliedsländern. Wie erwartet verpflichten sich die Staats- und Regierungschefs, die Finanzierung der NDB in lokalen Währungen auszuweiten und innovative Finanzierungsmechanismen zu unterstützen, um die Entwicklung in den Schwellenmärkten voranzutreiben.
Derweil forderte der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft die Europäische Union und Deutschland auf, anlässlich des Brics-Gipfels den zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Einfluss von China und Russland auf große afrikanische Länder ernst zu nehmen. In Afrika würde das Interesse an den Brics-Strukturen wachsen, daher müsse Europa dringend eigene, konkurrenzfähige Angebote machen. “Afrika sucht Partner für die pragmatische Lösung von Problemen. Und Afrika sucht eine eigene Rolle in der Weltpolitik. Es sollte ein Weckruf für Europa sein, dass wir beides offenbar nur bedingt anbieten”, sagte Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins. “Die EU darf nicht abwarten und zusehen. Wir brauchen hier neue Ansätze in der Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern und panafrikanischen Institutionen.”
Rund sechs Wochen vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Ghana entwickeln sich die massiven, langfristigen Umweltschäden durch den Goldabbau zu einem zentralen Thema im Wahlkampf. 60 Prozent aller Gewässer in Ghana sind bereits durch illegale Minenaktivitäten verschmutzt, schätzt die nationale Kommission für Wasser (Water Resources Commission). Für Ghanas Bevölkerung hat das schwerwiegende Folgen: Ab 2030 müsse Ghana Trinkwasser importieren, wenn die Verschmutzung der Flüsse, Seen und des Grundwassers so weitergeht wie bisher, prognostizierte John Peter Amewu bereits 2018. Damals war Amweu Minister für Boden und natürliche Ressourcen.
In Ghana wird für das illegale Goldschürfen (ebenso wie für das illegale Abgraben von Sand) das Wort “galamsey” verwendet. Es ist zum Kampfbegriff geworden, mit Hashtags in den sozialen Medien wie #saynotogalamsey. Bei Demonstrationen in den vergangenen Wochen, unter anderem in der Hauptstadt Accra, brachten Demonstranten schmutziges Wasser in Flaschen mit – um deutlich zu machen, dass das Trinkwasser immer knapper wird. Bei den Protesten wurden auch Aktivisten festgenommen.
Gleichzeitig ist das Gold ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das westafrikanische Land, denn Ghana ist Afrikas größter Goldproduzent. 2023 produzierte Ghana rund 4,03 Millionen Unzen. Vor allem artisanaler – also handwerklicher – Goldabbau sorgte in den vergangenen Jahren für ein Wachstum der Abbaumengen. Dieser Bereich macht laut einem Bericht der ghanaischen Kammer für Bergbauunternehmen rund ein Drittel der Produktion aus. Weltweit liegt das westafrikanische Land unter den Top 10 der Goldproduzenten.
Getrieben wird die Entwicklung auch durch den steigenden Goldpreis. Momentan steht er bei etwa 2.747 US-Dollar pro Feinunze (Stand: 24.10.2024). Neben den großen Unternehmen, die Gold abbauen – allen voran die Newmont Ghana Gold Limited – schürft ein großer Teil der Bevölkerung Gold von Hand und in kleinem Maßstab. Etwa zehn Millionen Menschen, also fast ein Drittel der Bevölkerung Ghanas, hängen von den Einnahmen aus dem artisanalen Goldschürfen ab, wie eine Studie zeigt. Fast immer handelt es sich dabei um illegales Goldschürfen: Die Quote liegt bei 85 Prozent.
Illegaler Goldabbau und die katastrophalen Folgen für die Umwelt sind seit Jahrzehnten ein Thema in Ghana, das immer wiederkehrt. Mehrfach riefen verschiedene Regierungen das Militär dazu auf, bei der Bekämpfung mitzuhelfen, etwa mit “Operation Halt”, “Operation Vanguard”, “Operation Flush Out” oder “Galamstop”.
Auch der scheidende Präsident Nana Akufo-Addo hatte es sich bei Amtsantritt 2017 auf die Fahne geschrieben, gegen das illegale Goldabbauen vorzugehen. Kurzfristig war jegliches Goldschürfen für kleine Firmen verboten worden. Das könnte sich wiederholen, befürchten Unternehmer, die legal arbeiten.
Der Wissenschaftler und Minenexperte Kenneth Joseph Bansah von der Missouri University of Science and Technology hat untersucht, warum der Kampf gegen das illegale Goldschürfen seit Jahren nicht vorankommt. In einer Studie von 2023 fasst er neun Faktoren in absteigender Relevanz zusammen:
Die illegalen Goldschürfer halten sich nicht an Regeln und Umweltvorschriften. Unter anderem kommt Quecksilber zum Einsatz, das in die Gewässer gelangt. Das verschmutzte Wasser verunreinigt Nahrungsmittel, macht Menschen krank und hat Auswirkungen auf den Anbau von Agrarrohstoffen wie etwa Kakao – einem weiteren wichtigen Wirtschaftsfaktor in Ghana.
In diesem Jahr eröffnete die Regierung eine eigene Raffinerie für Gold, damit die Verarbeitung nach internationalem Standard innerhalb des Landes stattfinden und somit mehr Wertschöpfung für Ghana generiert werden kann. Der illegale Goldabbau boomt auch deshalb, weil arme Menschen keine andere Einkommensquelle finden. Die Verarbeitung des Edelmetalls nach Ghana zu holen, kann also als Ansatz gesehen werden, langfristig alternative Verdienstmöglichkeiten zu schaffen.
Kommende Woche will der französische Innenminister Bruno Retailleau nach Marokko reisen und über Migrations- und Rücknahmeabkommen verhandeln. Marokkos König Mohammed VI. kann den Besuch als diplomatischen Erfolg verbuchen, denn er belegt, dass sich die Beziehungen zwischen Frankreich und Marokko weiter verbessern. Zuletzt zeigte sich dies auch in der Westsahara-Frage, als Emmanuel Macron im Sommer – noch während der Olympischen Spiele – in einem Brief an Mohammed VI implizit mitgeteilt hat, dass Paris den marokkanischen Plan für die Westsahara unterstütze. Ganz uneigennützig war das nicht.
Schon damals vermuteten Analysten hinter der politischen Kehrtwende Frankreichs die Flüchtlingsfrage als ein wesentliches Motiv – sprich, das Bemühen, sich mit einer pro-marokkanischen Haltung zur Westsahara die Kooperation des nordafrikanischen Landes bei der Migration zu sichern. Der Besuch Retailleaus scheint das nun zu bestätigen.
Der Plan Marokkos sieht die Schaffung autonomer politischer Institutionen in der Region sowie die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und einen Hafen am Atlantik vor. Die Kontrolle über Außenpolitik, Verteidigung und Währung wäre Marokko vorbehalten – etwas, das die Unabhängigkeitsbewegung der einheimischen Sahrauis unter der Führung der Frente Polisario nicht akzeptiert.
Mitte Oktober äußerte sich König Mohammed VI. in seiner Rede vor dem Parlament zur Eröffnung der Herbstperiode auch selbst eingehend zur Lage in der Westsahara und zu Frankreichs Kehrtwende. Immer mehr “einflussreiche Staaten” und “ständige Mitglieder des Sicherheitsrates” seien bereit, die marokkanische Position zur Westsahara anzuerkennen.
Das stimmt jedoch nur zum Teil. Zwar betrachten bereits Spanien und die USA, die Golfstaaten und eine Reihe afrikanischer und lateinamerikanischer Länder die Westsahara als Teil Marokkos. Doch überwiegend herrschte bislang ein internationaler Konsens, wonach die Annexion des phosphatreichen und damit wirtschaftlich und strategisch durchaus wichtigen Gebietes durch Marokko in den 1970er-Jahren rechtswidrig war. Mit diesem Konsens brach nun Macron.
Kein Wunder also, dass der König in seiner Rede vor den Abgeordneten dem französischen Präsidenten umfänglich dankte – vor allem für die “positive Dynamik”, die damit in die seit Jahrzehnten stagnierenden Bemühungen komme, den Konflikt zu lösen. Mit Macrons Unterstützung, so der König weiter, könne die Regelung der Westsahara-Frage nun in eine “neue Phase” übergehen – von der bloßen “Management-Phase”, zu “entschlossenem und proaktivem Handeln”. Dieses erfordere auch verstärkte und “solidarische” Diplomatie-Anstrengungen seitens Partei und Parlament sowie eine bessere Kooperation seiner beiden Kammern.
In seiner Rede hob Mohammed VI. zugleich die wirtschaftlichen und strategischen Entwicklungsinitiativen hervor, die Marokko in der Sahara bereits gestartet habe – etwa die Gaspipeline Marokko-Nigeria und gemeinsame Initiativen der sogenannten afrikanischen Atlantikstaaten. Die Sahara, so der König, sei eine Achse, die “nicht nur für Marokko, sondern für die Stabilität und Entwicklung der gesamten Region von strategischer Bedeutung” ist. Insgesamt zeigte sich der König in seiner Rede zuversichtlich, dass die Westsahara-Frage “bald gelöst” werden könne.
Gleichzeitig rief er aber auch zu “Wachsamkeit” auf – ein Begriff, der von den nationalen Medien in ihren anschließenden, eingehenden Analysen der Rede immer wieder herausgestellt wurde. Denn klar ist: Macrons politische Wende bedeutet noch lange keine gesamt-europäische Kehrtwende in der Westsahara-Frage. Erst Anfang Oktober hatte der EuGH ein Fischerei- und Landwirtschafts-Abkommen Brüssels mit Rabat aufgekündigt, da dies die Westsahara umfasse, aber die Belange der einheimischen Sahrauis nicht berücksichtige – ein juristischer Erfolg für die Frente Polisario, die gegen die EU geklagt hatte.
In seiner Rede vor dem Parlament erwähnte der König diese Auseinandersetzung mit keinem Wort. Er spielte lediglich auf “die wenigen Staaten” an, “deren Standpunkte in dieser Frage immer noch gegen die Logik von Recht und gegen die Geschichte verstoßen”. Diese Staaten müssten nun durch “rechtliche, politische und historische Beweise” von dem Anspruch Marokkos auf die “Südprovinzen” genannte Westsahara überzeugt werden. Oder durch vermehrte politisch-taktische Deals, wie das Beispiel Frankreichs zeigt.
Die Konjunkturaussichten trüben sich für Subsahara-Afrika wider Erwarten ein. Dies geht aus dem jüngsten World Economic Outlook 2024 hervor, den der IWF auf seinem Herbsttreffen veröffentlicht hat. “Das globale Wachstum dürfte stabil, aber enttäuschend bleiben”, heißt es dort (Seite XIV). Vor allem für Subsahara-Afrika hat der IWF seine Wachstumsprognose gegenüber dem Ausblick vom April gesenkt.
Aktuell rechnet der IWF für Subsahara-Afrika 2024 mit einem Wachstum von 3,6 Prozent. Im April lag die Prognose bei 3,8 Prozent. Für Nigeria hat der IWF zwischen April und Oktober die Prognose von 3,3 Prozent auf 2,9 Prozent zurückgenommen. Immerhin haben die IWF-Volkswirte die Erwartung für das kommende Jahr von 4,0 Prozent (April) auf 4,2 Prozent erhöht.
Die Wachstumsschwäche Afrikas macht auch ein Vergleich mit “Emerging and Developing Asia” – den aufstrebenden Schwellenländern in Asien – deutlich. Dort erwartet der IWF ein Wachstum von 5,3 Prozent in diesem Jahr und von 5,0 Prozent im kommenden Jahr.
Selbst mit der Anhebung der Erwartung für 2025 bleibt die afrikanische Wirtschaft weit unter ihrem Wachstumspotenzial. Jan Reents und Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel haben in einer im Juni veröffentlichten Studie nachgewiesen, dass das reale BIP je Kopf in Afrika seit mehr als zehn Jahren kontinuierlich sinkt.
Dies erklären sie – wobei sie dem theoretischen Ansatz von Daron Acemoğlu und James Robinson folgen – mit diesen Faktoren:
Das zweite große Thema auf dem Herbsttreffen war die steigende globale Verschuldung. “Lockere Finanzierungsbedingungen, die kurzfristige Risiken in Schach halten, begünstigen zugleich die Entstehung von Schwachstellen – wie etwa hohe Vermögensbewertungen, den weltweiten Anstieg privater und staatlicher Schulden und eine verstärkte Fremdkapitalaufnahme durch Nichtbanken-Finanzinstitute -, was wiederum Risiken für die künftige Finanzstabilität mit sich bringt”, heißt es im Global Financial Stability Report (Seite X), den der IWF ebenfalls auf dem Herbsttreffen vorgestellt hat.
Der verschärfte globale Wettbewerb um Fremdkapital trifft auch den afrikanischen Kontinent. “Im verbleibenden Jahr 2024 (rund vier Milliarden US-Dollar) sowie 2025 und 2026 (etwa 13 Milliarden und 14 Milliarden US-Dollar) werden erhebliche Volumina an Schulden in den Frontier-Ländern fällig“, heißt es weiter (Seite 21). “Etwa 60 Prozent der fälligen Anleihen stammen von Ländern mit Renditen von etwa zehn Prozent oder mehr, vor allem von Frontier-Ländern in Südasien und Afrika südlich der Sahara.”
Damit kommt auf die Frontier-Länder eine Phase erhöhter Unsicherheit zu. Denn es ist unklar, ob diese Schuldner die fällig werdenden Schulden in voller Höhe refinanzieren können und wenn ja, zu welchen Konditionen.
“Geopolitische Fragmentierung, hohe Kreditkosten und die anhaltend hohen Lebenshaltungskosten stellen einen schwierigen Rahmen für die Politikgestaltung dar”, sagten der nigerianische Finanzminister Wale Edun und IWF-Generaldirektorin Kristalina Georgieva in einem gemeinsamen Statement. “Einige Länder sind zudem mit sozialer Instabilität und Unsicherheit konfrontiert, was der Bevölkerung hohe menschliche Kosten aufbürdet, die Wachstumsaussichten untergräbt und die wirtschaftliche Anfälligkeit verschärft.” hlr
Laut einem aktuellen Bericht der East African Science and Technology Commission (EASTECO) und des Stockholm Environment Institute können die ostafrikanischen Länder ihre Bioressourcen nicht in ausreichendem Maße für ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum nutzen. Der Bericht wurde im Rahmen des Global Bioeconomy Summit vorgestellt. Der Gipfel fand vom 23. bis 24. Oktober in Nairobi statt.
Im Fokus des Gipfels stand die Transformation der fossilen Wirtschaft hin zu einer auf nachwachsenden Rohstoffen basierenden Ökonomie. Es war die erste Ausgabe des Gipfels auf dem afrikanischen Kontinent, nachdem Berlin Gastgeber der ersten drei Treffen war. Organisator des ersten Gipfeltreffens 2015 war der deutsche Bioökonomierat, ein Beratungsgremium der Bundesregierung.
Laut dem Bericht biete die Transformation hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie den Ländern in Ostafrika grundsätzlich vielfältige Chancen. Dazu zählt laut den Autoren des Berichts die Schaffung von Jobs, bessere Nahrungssicherheit und Gesundheit. Dass die Transformation zurzeit noch stockt, liege jedoch an verschiedenen Punkten. Unter anderem fehle Infrastruktur, insbesondere im Bereich Transport, aber auch bei der Energieversorgung. Zudem werde die nachhaltige Entwicklung durch fehlende Fachkräfte und Technologie verzögert.
Im Rahmen der Eröffnungsfeier am Mittwoch sandte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger eine Videobotschaft. Das Forschungsministerium unterstützt mit einer eigenen Förderrichtlinie die “Agrarsysteme der Zukunft”. Ziel ist es, die Forschung zu nachhaltigen Agrarsystemen weltweit voranzutreiben. Auch Michael Kellner, parlamentarischer Staatssekretär im BMWK, schickte eine Videobotschaft zum Gipfel.
Vor Ort nahm die parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Claudia Müller, teil. Nach Angaben des BMEL will sich die Staatssekretärin zudem im Rahmen ihres Besuchs in Kenia zu bilateralen Gesprächen mit Vertretern des kenianischen Landwirtschaftsministeriums sowie Mitgliedern des kenianischen Landfrauen- und Bauernverbands treffen. dre
Die Nigerian Upstream Petroleum Regulatory Commission (NUPRC) hat den Verkauf der Öl- und Gasanlagen von Exxon Mobil an das nigerianische Energieunternehmen Seplat Energy genehmigt. Damit endet eine zweijährige Verzögerung bei der Finalisierung des 1,3 Milliarden Dollar schweren Deals.
Dagegen hat die NUPRC mehrere andere Transaktionen untersagt. Diese Unternehmen sind davon betroffen:
Im Rahmen der Vereinbarung mit Exxon Mobil wird Seplat einen Anteil von 40 Prozent an vier Ölförderpachtverträgen und den dazugehörigen Anlagen erwerben, darunter das Exportterminal Qua Iboe. Seplat wird außerdem einen Anteil von 51 Prozent an der Anlage zur Rückgewinnung von Flüssiggas in Bonny River halten. Diese hat früher die lokale Exxon-Tochtergesellschaft Mobil Producing Nigeria betrieben.
Die Veräußerung der Vermögenswerte von Shell an die Renaissance Africa Energy Company habe den behördlichen Prüfungen nicht standgehalten, sagte Komolafe. “Die NUPRC hat bei der Umsetzung dieses Prinzips sieben regulatorische Säulen entwickelt, um die Veräußerung im Upstream-Ölsektor aus Gründen der Vernunft und des Schutzes des nationalen Interesses zu leiten”, sagte Komolafe weiter.
Exxon Mobil und andere multinationale Ölunternehmen (IOC) ziehen sich derzeit aus der nigerianischen Onshore-Öl- und Gasindustrie zurück und richten ihr Engagement auf Onshore-Projekte aus. Nach der Entscheidung von Shell zur Desinvestition kündigte Total Energies an, seine Minderheitsbeteiligung an einem bedeutenden Onshore-Öl-Joint-Venture in Nigeria zu verkaufen.
Umweltaktivisten hatten zahlreiche Schadensersatzklagen gegen das Unternehmen eingereicht, um eine Entschädigung für die Umweltschäden zu erhalten, wie Table Briefings berichtet hatte. Seit Jahrzehnten beschuldigen Aktivisten zahlreiche Ölunternehmen der “chronischen Umweltverschmutzung” und fordern die Beseitigung der Folgen und Entschädigungen.
“Liebe Landsleute, unsere Regierung ist der freien Marktwirtschaft, dem freien Eintritt und dem freien Austritt von Investitionen verpflichtet, während wir gleichzeitig die Unantastbarkeit und Wirksamkeit unserer Regulierungsprozesse wahren”, sagte Staatspräsident Tinubu in einer Ansprache am 1. Oktober. “Dieses Prinzip leitet die Desinvestitionen in unserem Upstream-Erdölsektor, wo wir uns verpflichtet fühlen, das Schicksal positiv zu verändern.
Kelvin Emmanuel, Mitbegründer und CEO von Dairy Hills Limited und Energieexperte, sagte, diese Genehmigung für die Transaktion von Seplat sei die erste große Öl- und Gasinvestition seit Tinubus Amtsantritt. “Die Aufgabe des Präsidenten besteht darin, sein Team zu bitten, unverzüglich einen steuerlichen Rahmen für Begleitgas zu entwickeln, das unter den Produktionsbeteiligungsvertrag (PSC) fällt”, sagte Emmanuel weiter. Samuel Ajala
Africa News: Unsicherheit destabilisiert Staaten. Nach einem Bericht der Mo Ibrahim Foundation hat sich die Qualität der Regierungsarbeit in der Hälfte der afrikanischen Länder in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert. Hauptgrund seien zunehmende Sicherheitsprobleme, die immer mehr Staaten destabilisieren. (“Nearly half of Africa’s population faces worsening governance”)
Deutsche Welle: Afrika für US-Politiker unwichtig. Weder für die Demokraten noch für die Republikaner spielt Afrika im Präsidentschaftswahlkampf eine Rolle. Afrika steht weit unten auf der Prioritätenliste amerikanischer Politiker. (“Was bedeuten die US-Wahlen für Afrika?”)
Standard: Ukraine kämpft in Mali gegen Russen. Die Ukraine unterstützt in Mali Tuareg-Rebellen im Kampf gegen russische Wagner-Söldner. Mit ukrainischen Drohnen werden gezielt im Norden des Landes Einheiten der Russen angegriffen. (“Ukrainer bekämpfen Russen bis in die Sahara”)
Africa News: Emanzipation schafft Wachstum. Wären die Frauen in Afrika den Männern gleichgestellt, könnte nach Berechnungen der Weltbank das BIP bis 2025 um 2,5 Billionen Dollar gesteigert werden. Das größte Problem auf diesem Weg sei die schlechte Gesundheitsversorgung von Frauen. (“African Women: The backbone of economies and the urgent call for healthcare equity”)
Deutsche Welle: Unruhen in Nigeria. Während der nigerianische Präsident Bola Tinubu sein Kabinett umbildete, ist es zu schweren Unruhen gekommen. In dem trotz Öl armen Land haben sich die Hoffnungen der Bevölkerung nicht erfüllt, dass Tinubu mit Reformen die wirtschaftliche Lage verbessert. (“Nigeria: Bola Tinubu reshuffles cabinet amid economic crisis”)
Forbes: Sexuelle Gewalt im Bürgerkrieg. Die NGO Physicians for Human Rights hat einen Bericht über den starken Anstieg sexueller Gewalt durch das Militär des Kongo, bewaffnete Gruppen und UN-Friedenstruppen veröffentlicht. Seitdem die Rebellengruppe M23 im Jahr 2021 wieder aktiv wurde, habe sich die Lage verschärft. (“Massive Influx Of Conflict-Related Sexual Violence Cases In Eastern DRC”)
Reuters: Kenia erfüllt Kreditauflagen. Kenia hat bei der Überprüfung seines Kreditprogramms alle vom Internationalen Währungsfonds vorgegebenen Ziele erfüllt. Das Land rechnet damit, seine Zusammenarbeit mit dem globalen Geldgeber fortzusetzen. Kenia hatte 2021 ein vierjähriges Kreditprogramm vom IWF erhalten. (“Kenya fulfilled all targets in IMF review, central bank governor says”)
Süddeutsche: Gewalt in Südafrika. Auch 30 Jahre nach Ende der Apartheid gehören in Südafrika fast 80 Prozent des Farmlandes Weißen. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Konflikten. Angst vor Gewalt bestimmt den Alltag vieler Menschen. (“Tatort Orangenbaum”)
Guardian: Kritik an EU-Kommission. Die Kommission hat die Ergebnisse einer Menschenrechtsuntersuchung in Tunesien nicht veröffentlicht, die sie kurz vor der Ankündigung eines Migrationsabkommens mit dem Land durchgeführt hatte. Eine Recherche des Guardian belegte Menschenrechtsverletzungen durch von der EU finanzierte Sicherheitskräfte in Tunesien. (“EU refuses to publish findings of Tunisia human rights inquiry”)
FAZ: Paul Collier befürchtet Anstieg der Armut. Der britische Ökonom und Afrika-Experte Paul Collier rechnet damit, dass die Ärmsten unter der Weltbevölkerung noch ärmer werden könnten. Für Afrika seien auch Rohstofffunde selten ein Segen. (“Die unterste Milliarde wird noch ärmer”)
Rose Mwebaza steht ein ereignisreicher Herbst bevor. Am Donnerstag diskutierte die Regionaldirektorin für Afrika des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) auf dem Bio Economy Summit über die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der UN. Für Mwebaza ist es in vielerlei Hinsicht ein Heimspiel. Denn der Gipfel findet in Nairobi statt, wo auch der Sitz von UNEP ist. Gleichzeitig ist die inhaltliche Debatte der Kern ihrer Arbeit beim Umweltprogramm.
Dennoch ist der Gipfel nur ein Zwischenstopp für Mwebaza, die schon längst in den Vorbereitungen für die Weltklimakonferenz (Cop 29) Mitte November in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku steckt. Zuletzt zum Beispiel beim Treffen der afrikanischen Umweltminister in Abidjan Anfang September, als die Minister über die zunehmende Desertifikation auf dem Kontinent berieten.
Die gebürtige Uganderin bringt eine jahrzehntelange Erfahrung in verschiedenen Positionen der Vereinten Nationen mit. Vor ihrer Position beim UNEP arbeitete Mwebeza als Direktorin des Beirats des United Nations Climate Technology Centre and Network (CTCN). Die Organisation unterstützt den Technologietransfer zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Mit der Klimatechnologie sollen sich Länder, die schon jetzt von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, besser schützen und die Folgen des Klimawandels abfedern können. Zudem war Mwebeza Programmmanagerin im Afrika-Büro des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) in Addis Abeba und beriet zudem den Vorsitzenden der Afrikanischen Union sowie den Ausschuss der afrikanischen Staats- und Regierungschefs in Klimafragen. Für die Afrikanische Entwicklungsbank war sie anschließend als Chief Natural Resources Officer in Abidjan tätig. Die Afrika-Direktion hat Mwebaza seit 2023 inne.
Begonnen hat die Juristin ihre Karriere allerdings als Dozentin an ihrer Alma Mater, der Makerere-Universität in Kampala. Mwebaza hält zudem akademische Abschlüsse von der University of Florida und der Macquarie University in Sydney, an der sie promoviert wurde. In einem Interview mit der kenianischen Zeitung “The Nation” sagte Mwebaza über sich: “Es war mir immer wichtiger, Gemeinschaften zu unterstützen, die sich keinen Anwalt leisten können. Deshalb habe ich die Angebote großer Rechtskanzleien abgelehnt und mich entschieden, in die Lehre zu gehen. Das gab mir die Flexibilität, Pro-Bono-Fälle zu übernehmen.” Bereits im Alter von 29 Jahren wurde sie zur Dekanin der juristischen Fakultät ernannt.
Ihr Interesse für Umweltthemen weckte schließlich ihr Engagement für Landrechte, insbesondere der nomadischen Gemeinschaften in Ostafrika und die Frage, wie die Ökosysteme dieser Gemeinschaften geschützt werden können. Angesichts der unterschiedlichen Stationen in ihrer Karriere ist es wenig verwunderlich, dass sich Mwebaza für einen ganzheitlichen Ansatz beim Schutz der Umwelt einsetzt. Dabei weist sie immer wieder darauf hin, dass der Klimawandel ganz besonders auf die ländlichen Gemeinschaften in Afrika einwirkt.
Das dürfe auf multinationaler Ebene nicht vergessen werden. “Es wird immer wichtiger für die afrikanischen Länder, Unterstützung für diejenigen zu bekommen, die aufgrund der zunehmenden Extremwetterereignisse ihre Lebensgrundlage verloren haben”, sagte Mwebaza auch dem Africa Regional Forum on Sustainable Development in diesem Frühjahr. Dass sich Extremwetter in Afrika durch den Klimawandel verschärfen, zeigt eine aktuelle Studie der Forschungsinitiative World Weather Attribution. Auf der Weltklimakonferenz wird es für Mwebaza daher wichtig sein, das Thema der Klimafinanzierung erneut nach oben auf die Agenda der COP29 zu setzen. David Renke
Der Flug von Nairobi nach Daressalam dauert in der Regel rund 1,5 Stunden. Die Flugzeit für ein Nickerchen zu nutzen, empfiehlt sich allerdings nicht. Denn nach etwa einer guten halben Stunde Flugzeit erwartet die Passagiere das Highlight des Flugs: Vom Fenster des Fliegers aus kann man die Spitze des höchsten Bergs in Afrika, dem 5895 Meter hohen Kilimandscharo, entdecken. Tatsächlich handelt es sich dabei allerdings um den Uhuru-Peak (Uhuru ist Swahili und bedeutet Freiheit), dem Gipfel des Kibo. Dieser wiederum ist der höchste Berg des Kilimandscharo-Massivs, das trotz der umgangssprachlichen Verkürzung tatsächlich aus einer Bergkette mit mehreren Gipfeln besteht.
Wenn man Glück hat und der Flugplan es zulässt, fliegt der Pilot eine Schleife um den Uhuru-Peak. Das ermöglicht einen exzellenten Ausblick auf die jährlich schrumpfenden Gletscher und den vulkanischen Krater des Gipfels. Der Vorteil: Man kann den Gipfel in Ruhe begutachten, ohne sich selbst an den fordernden, mehrtägigen Aufstieg machen zu müssen. dre