am Freitag hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sein neues Afrika-Konzept vorgestellt. Darin beschreibt er, welche strategischen Ziele des BMEL künftig bei seiner Zusammenarbeit mit Afrika verfolgt. Unter anderem fordert er auch mehr Investitionen deutscher Unternehmen in afrikanische Landwirtschaft. Dafür hat er auch am Montag beim German-African Agribusiness Forum. Gemeinsam mit meiner Kollegin Lucia Weiß habe ich Ihnen die wichtigsten Details zusammengetragen.
Mein Kollege Arne Schütte hat sich außerdem Ende des vergangenen Jahres Deutschlands Prestigeprojekt Hyphen in Namibia angeschaut. Dort soll künftig Grüner Wasserstoff produziert werden. Es gibt jedoch auch ordentlich Kritik an dem Projekt.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Den Auftakt der Grünen Woche widmete Landwirtschaftsminister Cem Özdemir Afrika. Am Freitag stellte der Grünen-Politiker gemeinsam mit der Landwirtschaftskommissarin der Afrikanischen Union (AU), Josefa Sacko, sein neues Afrika-Konzept vor. Beide Politiker stehen kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit – Sacko wird nach zwei Amtszeiten der nächsten Kommission, die im Februar gewählt wird, nicht mehr angehören. Özdemir wird nach den Bundestagswahlen sein Amt als Landwirtschaftsminister ebenfalls abgeben. 2026 will Özdemir Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden. Daher wurden beide nicht müde zu betonen, dass sie sich auch über ihre Amtszeit hinaus dafür einsetzen wollen, ihr “Vermächtnis”, wie es Sacko nennt, zu verteidigen.
Oberste Priorität hat dabei selbstverständlich der Kampf gegen den Hunger in Afrika. Diesem will das Landwirtschaftsministerium (BMEL) in seinem Konzept unter anderem mit einem stärkeren Fokus auf Agrarökologie sowie mehr Investitionen aus der Privatwirtschaft begegnen. “Wir befürworten nachdrücklich die Beteiligung des Privatsektors an Projekten auf und mit dem afrikanischen Kontinent“, sagte Özdemir daher auch vor Unternehmern am Montag beim German-African Agribusiness Forum (GAAF).
Die Agrarökologie ist ein ganzheitlicher Ansatz in der Landwirtschaft, der ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte verbindet. Dadurch soll auch eine “nachhaltige handelspolitische Beziehung zum Nachbarkontinent” aufgebaut werden, heißt es in dem BMEL-Papier. Konkret bedeutet das:
Zudem stellt das BMEL zwei weitere Bereiche ins Zentrum seiner Strategie:
Bereich 1: Agrar- und Ernährungssysteme neu denken
Bereich 2: Partnerschaften aufbauen, Wissen teilen, gemeinsam Innovation vorantreiben und durch Handel stärken
Gerade das letzte Ziel ist für die afrikanischen Länder von oberster Priorität. Die Abhängigkeit von Importen aus dem Ausland bringt afrikanische Länder immer wieder in Bedrängnis. “Es ist günstiger für die Welternährungsorganisation, einen Container mit Mais von Mexiko in die Demokratische Republik Kongo zu transportieren, als aus Sambia oder Südafrika”, sagte Südafrikas Landwirtschaftsminister John Steenhuisen während des GAAF. Diese Logistikprobleme müsse Afrika als Kontinent dringend angehen.
Das BMEL berücksichtigt allerdings in seinem Papier auch “geopolitische Verschiebungen” auf dem Kontinent. Diese dürften jedoch nicht bedeuten, dass Partnerschaften auf dem afrikanischen Kontinent nicht weiter aufrechterhalten werden könnten. Dieser pragmatische Ansatz zeigte sich ebenfalls am Wochenende in Berlin. Neben der Grünen Woche und dem GAAF fand am Wochenende zudem die weltweit größte informelle Agrarministerkonferenz mit etwa 80 teilnehmenden Delegationen statt. Die Militärregierung in Bamako schickte ihren Minister Daniel Siméon Kéléma nach Berlin.
Er betonte im Gespräch mit Table.Briefings, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Deutschland trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen sei. Der Sahel leide unter einer doppelten Krise, die die Ernährungssicherheit der Menschen bedroht: Trockenheit beziehungsweise verschobene Regenzeiten sowie Gewalt. Deutschland sei vor allem für das Wassermanagement ein wichtiger Partner für Mali, so Kéléma.
Die Elfenbeinküste umwarb Deutschland am Wochenende mit dem Verweis auf beliebte Konsumprodukte. Deutschland solle sein Engagement ausbauen, “weil wir heute der weltweit führende Produzent von Kakao sind, auch bei Kaffee und an erster Stelle bei Cashewnüssen, mit fast 1,2 Millionen Tonnen Cashewnüssen, die produziert werden. Für uns ist es also an der Zeit, dass Deutschland als europäischer Marktführer seine Rolle übernimmt, zumindest, um uns dabei zu helfen, die verschiedenen anderen Sektoren weiterzuentwickeln“, so Yao Jacques Datté vom ivorischen Landwirtschaftsministerium im Gespräch mit Table.Briefings. Insbesondere im Bereich der Forschung könne Deutschland etwa helfen, klimaangepasste Sorten von Anbaufrüchten wie Kakao zu entwickeln.
Als Doppelminister – Landwirtschaft und Bildung – betonte Özdemir, wie untrennbar beide Fachbereiche verbunden sind und zusammen gedacht werden müssten. Als eine der ersten konkreten Umsetzungen seines Konzepts stellte Özdemir am Montag daher die Initiative mit dem sperrigen Namen “African-German Centre of Exellence for Sustainable and Resilient Food Systems and Applied Agricultural and Food Data Science” vor. Dabei handelt es sich um eine Wissenschaftskooperation zwischen der Universität von Hohenheim und vier Universitäten im südlichen Afrika. Ziel der Kooperation ist es, klimaresiliente Anbaumethoden sowie den Einsatz von indigenen Feldfrüchten zu erforschen. Geläufiger wird die Initiative sicherlich unter dem kürzeren Namen Ukudla (abgeleitet vom Nguni-Wort für Nahrung).
Finanziert wird die Initiative mit insgesamt 6,5 Millionen Euro bis 2029 aus Mitteln des Auswärtigen Amts, des BMBF, des BMEL sowie der National Research Foundation in Südafrika. Konkret sollen bis Sommer dieses Jahres zwei neue Professuren an der University of Western Cape geschaffen werden. Zudem sieht die Finanzierung Mittel für ein Doktorandenprogramm vor. Mitarbeit: Julia Dahm.
Das Hyphen-Projekt in Namibia ist eines der weltweit größten für Grünen Wasserstoff. Seine Befürworter meinen, das Projekt könne dazu beitragen, Namibia zu industrialisieren, und dem Land so einen wirtschaftlichen Entwicklungsschub verpassen. Kritiker sind weitaus skeptischer, unter anderem wegen Größe und Rentabilität des Projekts und wegen Umweltbedenken.
Das Hyphen-Konsortium gehört zu je 38 Prozent dem Brandenburger Erneuerbaren-Entwickler Enertrag und dem Investitions- und Infrastrukturentwickler Nicholas Holdings, sowie dem namibischen Staat, der die restlichen 24 Prozent hält. Deutschland zählt zu den wichtigsten Unterstützern des Vorhabens. Im März 2024 stellte das Bundeswirtschaftsministerium die Anerkennung als strategisches “Auslandsprojekt im Interesse der Bundesrepublik Deutschland” in Aussicht.
Das Projekt nahe der Hafenstadt Lüderitz steckt noch in der Vorbereitungsphase und soll ab 2028 mithilfe von Solar- und Windenergie Wasserstoff aus entsalztem Meerwasser produzieren. Der Wasserstoff soll in Ammoniak umgewandelt werden, das sich besser zum Transport eignet. Anschließen kann dieses nach Europa, Japan und Südkorea exportiert werden. Neben der Energieinfrastruktur in der Wüste und der Entsalzungsanlage müssen Anlagen zur Ammoniaksynthese und ein neuer Hafen gebaut werden. Hyphen strebt eine Produktion von 350.000 Tonnen Grünen Wasserstoff pro Jahr an, was einer Million Tonnen grünem Ammoniak entspricht. Damit können fünf bis sechs Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr eingespart werden. Bis 2029 soll die Jahresproduktion auf zwei Millionen Tonnen Ammoniak erhöht werden. Der Investitionsumfang beträgt rund zehn Milliarden US-Dollar und entspricht damit in etwa dem namibischen BIP.
Diese Pläne sind für Namibia ein Mega-Projekt. Hyphen und der namibische Staat gehen davon aus, dass die Projekte um Lüderitz die Einwohnerzahl des Ortes von rund 15.000 verdoppeln könnten. Das Unternehmen plant die Installation von sechs bis acht Gigawatt mithilfe von 600 bis 800 Windrädern und einem Solarpark von 50 Quadratkilometern. Das übersteige die Kapazität des heutigen namibischen Netzes um das Neunfache, erklärt Hyphen-CEO Marco Raffinetti Table.Briefings im Lüderitzer Büro des Unternehmens. Zugleich ist das Vorhaben im Verhältnis zum weltweiten Bedarf an industriellem Treibstoff winzig: “Unser Projekt reicht gerade so aus, um ein großes Stahlwerk zu dekarbonisieren“, sagt Raffinetti.
Schon der Bau dürfte eine große Herausforderung darstellen, denn für den Transport der Bauteile sind spezielle Lkw nötig. Allein für die Installation eines einzigen Windrads braucht man zehn solcher Trucks. In Namibia gibt es keinen einzigen solcher Lkw und auch keine dafür ausgebildeten Fahrer. Ingenieure, die den Bau beaufsichtigen könnten, sind in dem Land ebenfalls rar.
Hyphen hat es sich eigentlich zum Ziel gesetzt, 90 Prozent der prognostizierten Arbeitsplätze mit Namibiern zu besetzen. Erwartet werden rund 15.000 temporäre Jobs während der Bauphase sowie 3.000 permanente Jobs. Das Unternehmen führt derzeit eine Arbeitsmarktstudie durch, um zu ermitteln, wie viele Namibier ein passendes Profil haben, wie Toni Beukes, Hyphens Head of Environment, Social & Governance, im Gespräch mit Table.Briefings erzählt. “90 Prozent Namibier während des Baus ist nicht machbar“, sagt sie. Und: “Wir werden Leute ausbilden müssen.” Die Bundesregierung hat “die Herausforderung der Verfügbarkeit von Fachkräften” ebenfalls erkannt, wie aus einer aktuellen Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linke-Gruppe hervorgeht.
Auch der angestrebte Anteil von 30 Prozent lokaler Beschaffung werde wohl voraussichtlich nicht erreicht werden, sagt Beukes. Die hohen Qualitätsanforderungen machten es schwierig, lokale Zulieferer einzubeziehen, erklärt sie.
Neben Bedenken um die Machbarkeit gibt es auch Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Projekts. Der namibische Ökonom Rowland Brown etwa, der zu den profiliertesten Kritikern der namibischen Wasserstoffpläne zählt, ist skeptisch, ob sich genug Abnehmer finden. Er warnt davor, sich zu sehr auf Nachfrageprojektionen zu verlassen. Tatsächlich hat der internationale Beraterkonzern McKinsey in seiner Global Energy Perspective 2024 den projizierten Wasserstoff-Zuwachs bis 2050 aufgrund höherer Produktionskosten um zehn bis 25 Prozent nach unten korrigiert. “Grüner Wasserstoff ist derzeit kommerziell nicht rentabel und das wird sehr wahrscheinlich noch eine Weile so bleiben”, schreibt Brown in einem Meinungsbeitrag für die Tageszeitung The Namibian.
Modellrechnungen des Namibia Investment Promotion and Development Board gehen davon aus, dass Namibia Grünen Wasserstoff zu Kosten von etwa 1,50 US-Dollar pro Kilogramm produzieren wird. Damit würde das Land zu den günstigsten Produzenten weltweit zählen. Die Internationale Energieagentur prognostizierte 2023 ähnlich niedrige Kosten von 2,50 US-Dollar pro Kilo. Eine Studie der Universität Oxford vom März 2024 ermittelte dagegen Kosten von 5,43 bis 9,21 Euro pro Kilogramm, was die Rentabilität Hyphens infrage stellen könnte.
Zwar hat Hyphen im Dezember 2022 gemeinsam mit RWE beschlossen, die Lieferung von bis zu 300.000 Tonnen grünem Ammoniak pro Jahr zu prüfen. Seither ist das Vorhaben aber nicht konkretisiert worden. Auch die Absichtserklärungen mit zwei weiteren Konzernen über die Lieferung von insgesamt 750.000 Tonnen Ammoniak sind nicht-bindend.
Umweltschützer kritisieren das Vorhaben, weil die Projektfläche in einem für die Öffentlichkeit gesperrten Nationalpark liegt. Im //Tsau-Khaeb-Park gibt es einige der seltensten Sukkulenten der Welt. Hyphen führt entsprechende Umweltstudien durch und verweist darauf, dass seine Anlagen nur in einem winzigen Teil des Geländes stehen sollen – etwa 0,07 Prozent. Bei einer Tour durch den 26.000 Quadratkilometer großen Park wird recht deutlich: In dieser kargen und leeren Ödnis ist trotz Sukkulenten reichlich Platz.
James Mnyupe, Wasserstoff-Kommissar der namibischen Regierung, ist trotz aller Kritik an Hyphen zuversichtlich. Angesprochen auf die möglicherweise geringer als erwartete Nachfrage, verweist er auf das lokale Potenzial: “Die von Hyphen produzierten Moleküle müssen nicht alle nach Europa oder Japan transportiert werden”, sagte er Table.Briefings. Man könne den Wasserstoff auch über geplante Pipelines an die Nachbarländer verkaufen, oder aber ihn direkt vor Ort industriell nutzen. “Ein Projekt wie Hyphen könnte die Grundlage bieten für ein Turbinenwerk von Envision oder Vestas hier in Namibia, oder ein Elektrolyseurwerk von Siemens“, meint Mnyupe.
Dieser Text ist auf einer Recherchereise in Namibia entstanden. Finanziert wurde die Reise durch die Internationalen Journalisten-Programme (IJP).
In der landwirtschaftlichen Produktion in Afrika bleibt der kritische Punkt die Ernährungssicherheit aller Menschen auf dem Kontinent. Vor gut einer Woche trafen sich die Landwirtschaftsminister der Afrikanischen Union (AU) zu einem außerordentlichen Gipfel in Uganda und verabschiedeten die “Kampala Declaration”, eine neue Zehn-Jahres-Strategie zur Agrarentwicklung für Afrika. Das sogenannte Comprehensive Africa Agriculture Development Programme (CAADP) soll dem Kontinent zum Aufbau widerstandsfähiger und nachhaltiger Agrar- und Lebensmittelproduktionssysteme von 2026 bis 2035 verhelfen. Landwirtschaftliche Produktion soll gesteigert und verbessert werden.
Als Nachfolgedokument der “Malabo Declaration” von 2014 hat die “Kampala Declaration” die ehrgeizigen Ziele, unter anderem den Hunger in Afrika auszurotten, die Unterernährung zu verringern, den innerafrikanischen Handel anzutreiben und die landwirtschaftliche Widerstandsfähigkeit zu stärken. Auf dem 37. AU-Gipfel im vergangenen Februar äußerten sich jedoch die Staat- und Regierungschefs über die schleppende Umsetzung des Programms. AU-Kommissionsvorsitzender, Moussa Faki Mahamat, zeigte sich besorgt. Zwar gebe es “Fortschritte”, aber in einem “unbefriedigenden Tempo”. Das CAADP existiert bereits seit 2003. Damals gab es das Ziel, dass mindestens zehn Prozent der Staatshaushalte für landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung bereitgestellt werden sollen. Zudem sollte die landwirtschaftliche Produktion jährlich um mindestens sechs Prozent wachsen. Beides wurde nicht erreicht.
Neu in dem Programm ist jetzt eine Verlagerung der Schwerpunktsetzung von landwirtschaftlich bedingtem Wachstum hin zu einem breiteren Ansatz in der Agrar- und Lebensmittelindustrie. Eile ist geboten. Denn das Ziel, bis 2025 Hunger und Unterernährung in den Griff zu bekommen, wurde weitestgehend verfehlt. Selbst 2030 sieht unwahrscheinlich aus. Nach wie vor sind 20,4 Prozent der Menschen in Afrika von Hunger bedroht, 58 Prozent haben mit unzureichender Nahrungssicherheit zu kämpfen, so der Bericht “The State of Food Security and Nutrition the World 2024″ der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Auch die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) hat weltweit eine Zunahme der Nahrungsmittelunsicherheit beobachtet. Zwar wurden in Afrika beim landwirtschaftlichen Anbau Fortschritte erzielt. Unterernährung beleibt jedoch kritisch, was Entwicklung ausbremst.
Seit Jahren hadert die landwirtschaftliche Produktion in Afrika mit Rückschlägen, zuletzt unter anderem verursacht durch die Covid-19-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine, zunehmenden Klimawandel, und weit verbreitete Korruption. Der Ukrainekrieg ließ die Düngerpreise in die Höhe schießen, der immer noch nicht das Niveau von vor der Covid-Pandemie erreicht hat. Auch stiegen die Lebensmittelpreise stark an. Daher die Eile, dass alle Beteiligten entlang der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette die Herausforderungen angehen und moderne Agrarsystem entwickeln. “Dieser strategische Wandel basiert auf der Anerkennung der komplexen Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Ernährung, wirtschaftlicher Entwicklung und anderen Sektoren”, schrieb Agrarexperte Kiran Pandey kürzlich. “Um Kompromisse und Wechselwirkungen anzugehen, müssen die politischen Maßnahmen besser integriert werden und nachhaltige Praktiken vom Erzeuger bis zum Verbraucher, die Komplexität der Wertschöpfungskette und die Auswirkungen auf Ernährung und Nährstoffe berücksichtigen.”
Der neue Ansatz priorisiert ökologische Nachhaltigkeit. Durch die Förderung von vielfältiger, nahrhafter und erschwinglicher Ernährung sollen alle Formen von Mangelernährung bekämpft werden. Afrikanische Staaten müssen sich vor allem auch gegen Schocks wie den Klimawandel, Pandemien, Konflikte und wirtschaftliche Rückschläge wappnen. Auch wird die Bevölkerung Afrikas bis 2050 auf 2,5 Milliarden Menschen anwachsen, was zusätzlichen Druck bedeutet.
Die aktuelle CAADP-Strategie umfasst ehrgeizige Ziele wie die Reduzierung der Nachernteverluste um 50 Prozent, die Verdreifachung des innerafrikanischen Handels mit Agrar- und Lebensmittelprodukten und Betriebsmitteln, und die Erhöhung des Anteils lokal verarbeiteter Lebensmittel auf 35 Prozent des Agrar- und Lebensmittel-BIPs – bis 2035. Der Hintergrund der Strategie ist, dass afrikanische Staats- und Regierungschefs Wertschöpfung fördern sollen, um sich von der Anhängigkeit von Nahrungsmittelimporten zu lösen, wie etwa Ugandas Präsident, Yoweri Museveni argumentiert. “Die Wertschöpfung landwirtschaftlicher Produkte gewährleistet eine vertikale Integration im Agrarsektor – vom Garten auf den Tisch und vom Bauernhof in den Küchenschrank”, sagte er. Und fügte noch einen Seitenhieb auf den globalen Norden hinzu: “Dieses Afrika, in dem es keine Nahrungsmittel gibt und das betteln muss, ist nicht das wahre Afrika, sondern das koloniale und neokoloniale Afrika. Es ist eine Schande. Der Kampf um die Wertschöpfung ist groß, weil Lobbys Afrika als rohstoffproduzierenden Kontinent erhalten wollen“, so der Präsident.
Die AU-Kommissarin für Landwirtschaft, blaue Wirtschaft und nachhaltige Umwelt, Josefa Sacko, wertet den Gipfel als Erfolg. “Wir haben jetzt einen klaren Fahrplan, eine Theorie des Wandels, die den Weg zur Transformation skizziert, realistische und umsetzbare strategische Ziele, einen breiten politischen Rahmen zur Verbesserung von Ansätzen im Lebensmittelsystem und Ziele, die die Bestrebungen des Kontinents widerspiegeln”, sagte sie. In eine ähnliche Richtung argumentiert das World Economic Forum, das diese Woche in Davos begann. In einem Strategiepapier empfiehlt es Afrika, lokale Wertschöpfungsnetzwerke aufzubauen, Kreislaufwirtschaftsmodelle zu unterstützen, Mischfinanzierung umzusetzen und benachteiligte Kleinbauern zu unterstützen.
Während Donald Trump sein Amt als neuer US-Präsident antritt, nimmt auch sein Afrika-Team langsam Gestalt an. Dies berichtete der Informationsdienst Africa Intelligence. Das wichtige Amt des Assistant Secretary of State for African Affairs, zuständig im State Department für die Beziehungen zum Kontinent, wird demnach voraussichtlich J. Peter Pham besetzen. Die Afrika-Abteilung des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) im Weißen Haus soll wohl Joe Foltz übernehmen.
Beide waren bereits unter der ersten Trump-Regierung mit Afrika betraut. Pham war US-Sondergesandter für die Afrikanischen Großen Seen und später für die Sahelzone. Er ist außerdem Vorsitzender des Bergbauunternehmens HPX, das in Liberia einen Infrastrukturkorridor für den Eisenexport entwickeln will.
Foltz war schon während Trumps erster Amtszeit Mitglied des NSC. Während der Biden-Regierung nahm er einen Posten bei USAID an. Derzeit arbeitet Foltz im Unterausschuss für Afrika des US-Repräsentantenhauses.
Obwohl ihre Nominierungen noch nicht bestätigt sind, haben sowohl Foltz als auch Pham bereits Delegationen aus der DR Kongo empfangen, die im Dezember von Präsident Félix Tshisekedi nach Washington geschickt wurden. Pham unterhält seit langem gute Beziehungen zur Regierung Tshisekedi.
Tibor Nagy, Assistant Secretary of State for African Affairs in der ersten Trump-Regierung, hat seine vorübergehende Rückkehr ins US-Außenministerium angekündigt. In einem Post auf X stellte er klar, seine Rolle werde “über nur Afrika hinausgehen”.
Diese Personalien könnten ein Umschwenken der USA mit Blick auf das Horn von Afrika bedeuten. Sowohl Nagy als auch Pham sind der Ansicht, dass die USA strategische Chancen verpassen, wenn sie Somaliland nicht als unabhängigen Staat anerkennen. Nagy argumentierte: “Trumps Anerkennung Somalilands liegt im besten Interesse der Vereinigten Staaten”. In ähnlicher Weise setzt sich Pham häufig in den sozialen Medien für die Sache ein.
Cameron Hudson, Afrika-Chef des NSC unter Präsident George W. Bush, und Joshua Meservey sind weitere potenzielle Kandidaten für Trumps neue Regierung. Meservey ist derzeit Senior Fellow am Hudson Institute und war zuvor sieben Jahre lang bei der konservativen Heritage Foundation tätig. Auch die Heritage Foundation hat sich kürzlich dafür ausgesprochen, dass die USA als erstes Land Somaliland anerkennen.
Trumps Afrika-Team wird sich darüber hinaus mit dem Einfluss der evangelikalen Christen auseinandersetzen müssen. In den letzten Jahren haben evangelikale Führer vermehrt die “woken” Elemente von Joe Bidens Afrika-Politik kritisiert. Gemeint ist etwa der Einsatz für den Schutz von LGBTQ-Personen. ajs
In ihrem Maßnahmenpapier “Bayern-Agenda” fordert die CSU massive Einsparungen bei der Entwicklungszusammenarbeit. Diese müsse auf das durchschnittliche OECD-Niveau abgesenkt werden, heißt es in dem Papier, das am Montag vom CSU-Parteivorstand beschlossen wurde. Alle Ausgaben des Entwicklungshaushalts müssten geprüft und klar an deutschen Interessen ausgerichtet werden. Länder, die sich weigerten, Staatsangehörige zurückzunehmen, sollten künftig keine Entwicklungsgelder erhalten, schlägt die CSU vor. Damit gibt die CSU einen deutlich schärferen Ton vor als im gemeinsamen Wahlprogramm mit der Schwesterpartei CDU.
Laut Zahlen der OECD lagen die durchschnittlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance; ODA) 2023 bei 0,37 Prozent der Länderhaushalte. International haben sich die Geberländer eigentlich darauf verständigt, jährlich eigentlich 0,7 Prozent ihres Haushalts für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Deutschland hatte 2023 die Quote mit 0,82 Prozent erfüllt. Die ODA-Quote der USA lag hingegen lediglich bei 0,24 Prozent. Dennoch waren die USA 2023 in absoluten Zahlen der größte Geber, gefolgt von Deutschland. 2023 stellte Deutschland insgesamt 37,9 Milliarden US-Dollar an Hilfen zur Verfügung.
Auf einem Panel des German-African Agribusiness Forums kritisierte Olaf Deutschbein, Berliner Büroleiter der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (Unido), die allgemeine Debatte um Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit. “Sollten solche Forderungen umgesetzt werden, können wir uns Diskussionen darüber, wie wir den Hunger in Afrika stoppen können, grundsätzlich sparen”, so Deutschbein. dre

Afrika ist ein Kontinent im Aufbruch – jung, dynamisch und voller Potenzial. Doch während andere Nationen, allen voran China, strategisch und entschlossen handeln, zögert Deutschland und agiert ineffizient in seiner Afrikapolitik – mit wirtschaftlichen und geopolitischen Kosten für Afrika und Europa. In unserem Zeitalter systemischer Konkurrenz zwischen Demokratien und autoritären Regimen ist eine strategische Partnerschaft mit Afrika der Schlüssel, um Demokratien weltweit zu fördern und unseren Wohlstand zu sichern.
Leider hinken wir hinterher. Bereits 1996 ermutigte Peking mit der Strategie “Zou chu qu” (“Schwärmt aus”) seine Unternehmen, international zu expandieren. Das Ergebnis: Innerhalb von drei Jahrzehnten stieg das Handelsvolumen zwischen China und Afrika von einer Milliarde US-Dollar (1993) auf 282 Milliarden US-Dollar (2023). Deutschland hingegen liegt mittlerweile weit dahinter mit nur 61 Milliarden Euro (2023).
Chinas Modell kurzfristiger Vorteile – Kredite ohne Auflagen, Infrastrukturprojekte, die von chinesischen Arbeitskräften gebaut werden und autoritäre Stabilität – schafft sichtbare Ergebnisse in Häfen, Straßen und Eisenbahnen. Diese Infrastrukturprojekte zielen darauf ab, exklusiven chinesischen Zugang zu Afrikas Rohstoffen zu sichern, statt der afrikanischen Bevölkerung zu nützen. Die Rohstoffe werden unverarbeitet, ohne nennenswerte lokale Wertschöpfung, direkt nach China zur Weiterverarbeitung exportiert. Ein Modell, das perfekt gemacht ist, um autokratische Entwicklungen zu stärken. Autoritäre Herrscher, gestützt durch
chinesische Wirtschaftskraft und russische Sicherheit, festigen ihre Macht. Kleine Eliten bereichern sich. Dem Volk hingegen wird nur so viel übriggelassen, dass möglichst kein Aufstand ausbricht.
Im Gegensatz zu China fehlt Deutschland eine kohärente Afrikastrategie – stattdessen existieren sechs kaum koordinierte Ansätze innerhalb der Bundesregierung, die zu ineffizienten Doppelstrukturen, verschwendeten Steuergeldern und einer geschwächten Position im globalen Wettbewerb führen. Zur selbstkritischen Analyse muss es auch dazu gehören, dass Deutschland und Europa in den vergangenen Jahrzehnten zu oft den
afrikanischen Kontinent mit gut gemeinten Ratschlägen zu retten versucht haben, statt pragmatische wirtschaftliche Angebote zu machen. Kein externer Akteur – weder die USA, noch Europa, noch China – kann Afrika “retten”. Nur Afrika selbst kann das tun und genau das streben die jungen Gesellschaften dort an.
Das heißt allerdings weder, dass Afrika uns nicht braucht, noch, dass wir im Systemwettbewerb chancenlos sind. Die neue Demokratische Strategie-Initiative Berlin formuliert es treffend: “Wir müssen unser strategisches Selbstbewusstsein als Demokratien wiederentdecken und dürfen den Mythos eines unausweichlichen Niedergangs der Demokratie nicht akzeptieren.” Dem stimme ich zu.
Die Afrikanische Union und die EU haben sich der Förderung von Demokratie, Sicherheit und Stabilität verpflichtet. Anders als China können demokratische Nationen diese Bestrebungen fördern. Unser Modell kann Jobs schaffen und damit eine Perspektive bieten, die breiten Wohlstand für die afrikanische Bevölkerung schafft. Dies liegt auch in unserem eigenen Interesse, denn Chinas Rohstoffstrategie hält Afrika in Exportabhängigkeit und uns wiederum in Abhängigkeit von China.
Die Folgen sind offensichtlich: Eine Unterbrechung der chinesischen Lithiumlieferungen würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt 115 Milliarden Euro kosten. Allein die Automobilindustrie würde Verluste von 42 Milliarden Euro erleiden. Angesichts des Krieges in Europa und der Stärkung autoritärer Regime sind solche geopolitischen Risiken nicht mehr hinnehmbar. Die Ära des “Wandels durch Handel”, die auf Just-in-Time-Lieferketten und der Annahme basierte, dass wirtschaftliche Verflechtungen systemische Konflikte lösen könnten, ist vorbei. Die neue geoökonomische Realität verlangt von uns strategische Investitionen in Vorräte, resilientere Lieferketten und eine kohärente auswärtige Politik.
Dieser Ansatz muss sich auch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) widerspiegeln – und er wird einige Reformen erfordern. Der afrikanische Kontinent besteht aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Das macht das BMZ zu dem zentralen Akteur in der Koordination. Anstelle der derzeitigen sechs fragmentierten Afrikastrategien braucht Deutschland eine einheitliche, mit Brüssel abgestimmte Strategie, die mutig die “Zeitenwende” reflektiert. Die Entwicklungspolitik muss weiterhin Grundbedürfnisse wie Armutsbekämpfung, Ernährung, Gesundheit und Bildung in den ärmsten Ländern Afrikas adressieren. Der Fokus sollte jedoch auf Investitionen, Infrastruktur und Handel liegen; flankiert von strukturellen Reformen in den Partnerländern.
Dieses Verständnis ist im BMZ aktuell aber noch nicht angekommen. Seit Amtsantritt hat Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze zwölf Reisen nach Afrika unternommen. Bei keiner einzigen davon war ein Vertreter der Privatwirtschaft in der Delegation. Gleichzeitig wurde der Haushaltstitel, mit dem die Wirtschaft gefördert wird, nicht nur konstant verkleinert, sondern der Empfängerkreis des geringeren Budgets auch noch um Gewerkschaften erweitert. Diese beiden Beispiele sind symptomatisch für ein grundlegendes Missverständnis der aktuellen Entwicklungspolitik. Der Mentalitätswandel muss im eigenen Haus beginnen. Das BMZ muss die Industrie als Partner sehen, der Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen kann. Nur mit einem integrierten Ansatz, der Wirtschaft, Diplomatie und Entwicklungspolitik verknüpft, kann Deutschland eine glaubwürdige Alternative zu autoritären Modellen bieten und seine Rolle in Afrika stärken.
Wolfgang Stefinger sitzt seit 2013 für die CSU im Bundestag. Er ist Mitglied des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zudem ist Stefinger seit 2018 stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe Südliches Afrika.
Hinweis der Redaktion: Über China zu diskutieren heißt heute mehr denn je: kontrovers debattieren. Wir möchten die Vielfalt der Standpunkte abbilden, damit Sie einen Einblick in die Breite der Debatte gewinnen können. Standpunkte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.
RFI: Nigeria wird Brics-Partner. So wie es zuvor bereits Äthiopien, Algerien und Uganda getan haben, ist nun auch Nigeria Partnerstaat des Brics-Wirtschaftsbündnisses geworden. Brics-Partnerländer können an den Aktivitäten der Gruppe teilnehmen, ohne über Entscheidungsbefugnisse zu verfügen. Don Mello, der Brics-Vertreter für Zentral- und Westafrika, begrüßt den Schritt Nigerias. Er hofft, dass sich weitere afrikanische Länder der Brics-Vision anschließen werden, da dies seiner Meinung nach neue Partnerschaften und erweiterte Kooperationsmöglichkeiten mit sich bringen könnte. (“Le Nigeria devient pays partenaire des BRICS”)
NAU: Marokkanischer Spion festgenommen. Die marokkanischen Behörden haben Verbindungen zu einem mutmaßlichen Spion, der in Deutschland festgenommen wurde, zurückgewiesen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft soll er spätestens seit Januar 2022 damit begonnen haben, Mitglieder der Hirak-Bewegung in Deutschland für einen marokkanischen Dienst auszuspionieren. Der mutmaßliche Spion wurde am Mittwoch nach etwa sechs Wochen Auslieferungshaft in Spanien nach Deutschland überstellt und bei seiner Ankunft am Flughafen Frankfurt am Main festgenommen. (“Marokko dementiert Verbindungen zu mutmaßlichem Spion”)
New York Times: US wirft sudanesischer Armee Einsatz von Chemiewaffen vor. Die sudanesische Armee hat nach US-Angaben mindestens zweimal Chemiewaffen gegen die paramilitärische Rapid Support Forces (RSF) eingesetzt. Der Einsatz chemischer Waffen markiert eine weitere Eskalation im Konflikt zwischen dem sudanesischen Militär und den rivalisierenden RSF. (“Sudan’s Military Has Used Chemical Weapons Twice, U.S. Officials Say”)
The Times: Generalstaatsanwalt kritisiert Gewalt. Kenias Generalstaatsanwalt Justin Muturi kritisiert das harte Vorgehen des Staates gegen jugendliche Demonstranten im vergangenen Sommer. Auch sein Sohn war betroffen und wurde festgenommen. Er wurde erst freigelassen, nachdem Präsident Ruto beim Geheimdienstchef interveniert hatte. (“Kenyan minister exposes state kidnappers after son’s release”)
Africa News: Mode, kein Müll. Kenia importiert jedes Jahr rund 200.000 Tonnen Alttextilien, von denen ein Großteil auf Mülldeponien landet und die Umwelt belastet. Die Sozialunternehmensgruppe Africa Collect Textiles (ACT) beschäftigt in einer Fabrik in der kenianischen Hauptstadt Nairobi Frauen, um aus Modeabfällen etwas Neues zu schaffen. ACT sorgt so nicht nur für weniger Abfälle und geringe CO₂-Emissionen, sondern stößt auch ein Kreislaufökosystem für Textilien an. (“enyan social enterprise aims to reduce environmental impact of textile waste”)
Bloomberg: Südafrika geht politische Reformen an. Pretoria beginnt, sich den größten Wachstumshemmnissen wie Korruption und Stromausfällen zu stellen, die Südafrikas Industrie und Handel geschwächt haben. Die Regierung hat angekündigt, den privaten Sektor einzubinden, um bei der Verwaltung der krisengebeutelten Häfen und des Güterbahnnetzes des Landes zu helfen, und es werden Maßnahmen ergriffen, um die Einwanderung von Arbeitskräften mit dringend benötigten Qualifikationen zu erleichtern. (“Africas Biggest Economy Is About To Turn A Corner “)
Semafor: Vertretung in Somaliland. Der einflussreiche US-China-Unterausschuss im US-Repräsentantenhaus fordert das Außenministerium auf, eine Vertretung in Somaliland, der de facto unabhängigen Region Somalias, zu eröffnen, um dem zunehmenden chinesischen Einfluss in der Region entgegenzuwirken. Ein solcher Schritt sei entscheidend, um die strategischen Interessen der USA am Horn von Afrika zu fördern und dem wachsenden Einfluss Chinas entgegenzuwirken. Die Vereinigten Staaten und die internationale Gemeinschaft erkennen Somaliland nicht als eigenständiges Land an. (“US House committee calls for Somaliland office to counter China”)
Semafor: Eigenständiger Weg. W. Gyude Moore schreibt in einem Kommentar, dass China kürzlich ein riesiges Wasserkraftprojekt im Wert von 140 Milliarden US-Dollar zur Stauung des Yarlung Tsangpo Flusses in Tibet genehmigt hat. Afrika könnte von China lernen und in Zukunft eigene Pläne umsetzen, ohne sich von externen “Partnern” wie multilateralen Institutionen, Europäern, Amerikanern oder Chinesen beeinflussen zu lassen, und stattdessen seinen eigenen Weg gehen. (“Analysis: The risk of outsourcing Africa’s ambition”)

Vier von fünf Menschen weltweit, die zu den ärmsten gehören, leben auf dem Land. Ihnen will der Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) der Vereinten Nationen helfen – und sammelt Geld. Zwei Milliarden US-Dollar ist die aktuelle Zielmarke, davon wurden laut IFAD bisher rund 1,4 Milliarden US-Dollar erreicht. Die zwei Milliarden sollen zehn Milliarden an Investitionen generieren und mehr als 100 Millionen armen Menschen in ländlichen Gebieten weltweit helfen.
Zu den größten Gebern weltweit gehören:
Und vom afrikanischen Kontinent:
Gérardine Mukeshimana steht als IFAD-Vizepräsidentin weit oben in der UN-Hierarchie. Die Menschen, um die sie und ihre Organisation sich besonders kümmern, sind die Kleinbauern. Laut IFAD produzieren sie ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittel und bis zu 70 Prozent der Lebensmittel in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Mukeshimana glaubt daran, dass die Wirtschaft den Kleinbauern helfen kann: “Was es braucht, ist der politische Wille in großem Umfang zu investieren, das richtige landwirtschaftliche Know-how und Innovationen einzusetzen sowie kleine und mittlere Agrarunternehmen und lokale sowie regionale Märkte zu stärken, um die ländlichen Volkswirtschaften insgesamt anzukurbeln“, sagte sie bei ihrem Amtsantritt.
Seit 2023 ist Mukeshimana beim IFAD und hat ein umfassendes Portfolio: Sie soll zu der strategischen Ausrichtung und Leistung des Fonds beitragen. Außerdem verantwortet sie den Haushalt des IFAD, die Qualitätssicherung, das Veränderungsmanagement und Innovationen.
Bevor Mukeshimana zu den UN wechselte, war sie in der nationalen Politik tätig. Von 2014 bis 2023 arbeitete Mukeshimana in Ruanda als Landwirtschaftsministerin. Auch in dieser Rolle kümmerte sie sich schon um die Verbindung von Privatwirtschaft und Landwirtschaft. Zudem legte sie einen besonderen Fokus auf Frauen und Jugendliche. Alle diese Themen haben sich in Mukeshimanas Karriere als anschlussfähig erwiesen. Sie war Mitte Januar auch in Berlin beim Global Forum for Food and Agriculture zugegen und diskutierte unter anderem über Best Practice Beispiele der Agrarökologie aus Südostasien.
Ein Schwerpunkt der Diskussion lag dabei auch auf technischen Lösungen, wie sie im Paradigma der Bioökonomie – die sich fern von Erdöl, aber durchaus industriell und nicht kleinbäuerlich versteht – eine große Bedeutung haben. Da Ruanda auf dem afrikanischen Kontinent für seine Avantgarde-Stellung in Technologiefragen durchaus bekannt ist, dürfte Mukeshimana auch in dieser Weise von ihrem beruflichen Hintergrund profitiert haben.
Bevor sie in die Politik wechselte, arbeitete Mukeshimana viele Jahre in der Wissenschaft – aber auch dort beschäftigte sie sich schon lange mit der Suche nach konkreten Lösungen. Sie forschte sowohl in Afrika als auch in den USA. So war sie Postdoktorandin für Molekularbiologie am Biosciences East and Central Africa Hub des International Livestock Research Institute (ILRI). Dort setzte sie Biotechnologien ein, um die Lebensgrundlagen von Millionen einkommensschwacher Menschen in Afrika zu verbessern.
Mukeshimana war außerdem Postdoktorandin an der Michigan State University, nationale Koordinatorin des Weltbank-Programms zur Unterstützung des ländlichen Sektors in Ruanda sowie Dozentin an der Fakultät für Landwirtschaft der National University of Rwanda, ihrer Alma Mater. Mukeshimana hat einen Bachelor of Science in Agrartechnik von der National University of Rwanda sowie einen Master-Abschluss und eine Promotion in Pflanzenzüchtung und Genetik, Boden- und Pflanzwissenschaften von der Michigan State University. Lucia Weiß

Der Historiker Markus Hedrich widmet sich in seinem neuesten Buch dem prominenten deutschen Wissenschaftler Bernhard Nocht – und dessen Beziehungen zum deutschen Kolonialreich. Der Name “Nocht” kommt bekannt vor, denn das 1900 gegründete Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg ist als “Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin” (BNITM) bekannt. Es gehört zur Elite deutscher Forschungseinrichtungen und ist Mitglied in der Leibniz-Gemeinschaft.
Das Institut verweist auf seiner Webseite darauf, dass es sich bereits seit Beginn der 1990er Jahre kritisch mit seiner Geschichte auseinandergesetzt habe. Denn: “Wie alle Tropeninstitute, die um 1900 gegründet wurden, hat auch das BNITM seine Wurzeln in der Kolonialzeit.” Der Name Nocht ist dennoch bis heute erhalten geblieben. Das kritisiert der Historiker Jürgen Zimmerer von der Universität Hamburg in seinem Vorwort zu Hedrichs Studie. Nocht sei keineswegs ein Vorbild, sondern ein “kolonialer Karrierist und kaiserlicher Gesundheitsorganisator”, schreibt Zimmerer.
Problematisch sei vor allem, dass Nocht auch nach dem Ende des deutschen Kolonialregimes ein überzeugter Kolonialrevisionist geblieben sei, inklusive menschenfeindlicher rassistischer Ansichten. Außerdem wurde das Tropeninstitut erst während der NS-Zeit 1942 nach Nocht benannt – ein Geburtstagsgeschenk des Hamburger Gauleiters Karl Kaufmann zu Nochts 85. “Das nationalsozialistische Regime vereinnahmte Nocht und Nocht ließ sich willig vereinnahmen”, konstatiert Zimmerer. lcw
Markus Hedrich: “Bernhard Nocht. Der Organisator der deutschen Kolonialmedizin. Eine Biografie”. Wallstein Verlag, Göttingen, 2025, 351 Seiten. 30 Euro
am Freitag hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sein neues Afrika-Konzept vorgestellt. Darin beschreibt er, welche strategischen Ziele des BMEL künftig bei seiner Zusammenarbeit mit Afrika verfolgt. Unter anderem fordert er auch mehr Investitionen deutscher Unternehmen in afrikanische Landwirtschaft. Dafür hat er auch am Montag beim German-African Agribusiness Forum. Gemeinsam mit meiner Kollegin Lucia Weiß habe ich Ihnen die wichtigsten Details zusammengetragen.
Mein Kollege Arne Schütte hat sich außerdem Ende des vergangenen Jahres Deutschlands Prestigeprojekt Hyphen in Namibia angeschaut. Dort soll künftig Grüner Wasserstoff produziert werden. Es gibt jedoch auch ordentlich Kritik an dem Projekt.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Den Auftakt der Grünen Woche widmete Landwirtschaftsminister Cem Özdemir Afrika. Am Freitag stellte der Grünen-Politiker gemeinsam mit der Landwirtschaftskommissarin der Afrikanischen Union (AU), Josefa Sacko, sein neues Afrika-Konzept vor. Beide Politiker stehen kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit – Sacko wird nach zwei Amtszeiten der nächsten Kommission, die im Februar gewählt wird, nicht mehr angehören. Özdemir wird nach den Bundestagswahlen sein Amt als Landwirtschaftsminister ebenfalls abgeben. 2026 will Özdemir Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden. Daher wurden beide nicht müde zu betonen, dass sie sich auch über ihre Amtszeit hinaus dafür einsetzen wollen, ihr “Vermächtnis”, wie es Sacko nennt, zu verteidigen.
Oberste Priorität hat dabei selbstverständlich der Kampf gegen den Hunger in Afrika. Diesem will das Landwirtschaftsministerium (BMEL) in seinem Konzept unter anderem mit einem stärkeren Fokus auf Agrarökologie sowie mehr Investitionen aus der Privatwirtschaft begegnen. “Wir befürworten nachdrücklich die Beteiligung des Privatsektors an Projekten auf und mit dem afrikanischen Kontinent“, sagte Özdemir daher auch vor Unternehmern am Montag beim German-African Agribusiness Forum (GAAF).
Die Agrarökologie ist ein ganzheitlicher Ansatz in der Landwirtschaft, der ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte verbindet. Dadurch soll auch eine “nachhaltige handelspolitische Beziehung zum Nachbarkontinent” aufgebaut werden, heißt es in dem BMEL-Papier. Konkret bedeutet das:
Zudem stellt das BMEL zwei weitere Bereiche ins Zentrum seiner Strategie:
Bereich 1: Agrar- und Ernährungssysteme neu denken
Bereich 2: Partnerschaften aufbauen, Wissen teilen, gemeinsam Innovation vorantreiben und durch Handel stärken
Gerade das letzte Ziel ist für die afrikanischen Länder von oberster Priorität. Die Abhängigkeit von Importen aus dem Ausland bringt afrikanische Länder immer wieder in Bedrängnis. “Es ist günstiger für die Welternährungsorganisation, einen Container mit Mais von Mexiko in die Demokratische Republik Kongo zu transportieren, als aus Sambia oder Südafrika”, sagte Südafrikas Landwirtschaftsminister John Steenhuisen während des GAAF. Diese Logistikprobleme müsse Afrika als Kontinent dringend angehen.
Das BMEL berücksichtigt allerdings in seinem Papier auch “geopolitische Verschiebungen” auf dem Kontinent. Diese dürften jedoch nicht bedeuten, dass Partnerschaften auf dem afrikanischen Kontinent nicht weiter aufrechterhalten werden könnten. Dieser pragmatische Ansatz zeigte sich ebenfalls am Wochenende in Berlin. Neben der Grünen Woche und dem GAAF fand am Wochenende zudem die weltweit größte informelle Agrarministerkonferenz mit etwa 80 teilnehmenden Delegationen statt. Die Militärregierung in Bamako schickte ihren Minister Daniel Siméon Kéléma nach Berlin.
Er betonte im Gespräch mit Table.Briefings, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Deutschland trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen sei. Der Sahel leide unter einer doppelten Krise, die die Ernährungssicherheit der Menschen bedroht: Trockenheit beziehungsweise verschobene Regenzeiten sowie Gewalt. Deutschland sei vor allem für das Wassermanagement ein wichtiger Partner für Mali, so Kéléma.
Die Elfenbeinküste umwarb Deutschland am Wochenende mit dem Verweis auf beliebte Konsumprodukte. Deutschland solle sein Engagement ausbauen, “weil wir heute der weltweit führende Produzent von Kakao sind, auch bei Kaffee und an erster Stelle bei Cashewnüssen, mit fast 1,2 Millionen Tonnen Cashewnüssen, die produziert werden. Für uns ist es also an der Zeit, dass Deutschland als europäischer Marktführer seine Rolle übernimmt, zumindest, um uns dabei zu helfen, die verschiedenen anderen Sektoren weiterzuentwickeln“, so Yao Jacques Datté vom ivorischen Landwirtschaftsministerium im Gespräch mit Table.Briefings. Insbesondere im Bereich der Forschung könne Deutschland etwa helfen, klimaangepasste Sorten von Anbaufrüchten wie Kakao zu entwickeln.
Als Doppelminister – Landwirtschaft und Bildung – betonte Özdemir, wie untrennbar beide Fachbereiche verbunden sind und zusammen gedacht werden müssten. Als eine der ersten konkreten Umsetzungen seines Konzepts stellte Özdemir am Montag daher die Initiative mit dem sperrigen Namen “African-German Centre of Exellence for Sustainable and Resilient Food Systems and Applied Agricultural and Food Data Science” vor. Dabei handelt es sich um eine Wissenschaftskooperation zwischen der Universität von Hohenheim und vier Universitäten im südlichen Afrika. Ziel der Kooperation ist es, klimaresiliente Anbaumethoden sowie den Einsatz von indigenen Feldfrüchten zu erforschen. Geläufiger wird die Initiative sicherlich unter dem kürzeren Namen Ukudla (abgeleitet vom Nguni-Wort für Nahrung).
Finanziert wird die Initiative mit insgesamt 6,5 Millionen Euro bis 2029 aus Mitteln des Auswärtigen Amts, des BMBF, des BMEL sowie der National Research Foundation in Südafrika. Konkret sollen bis Sommer dieses Jahres zwei neue Professuren an der University of Western Cape geschaffen werden. Zudem sieht die Finanzierung Mittel für ein Doktorandenprogramm vor. Mitarbeit: Julia Dahm.
Das Hyphen-Projekt in Namibia ist eines der weltweit größten für Grünen Wasserstoff. Seine Befürworter meinen, das Projekt könne dazu beitragen, Namibia zu industrialisieren, und dem Land so einen wirtschaftlichen Entwicklungsschub verpassen. Kritiker sind weitaus skeptischer, unter anderem wegen Größe und Rentabilität des Projekts und wegen Umweltbedenken.
Das Hyphen-Konsortium gehört zu je 38 Prozent dem Brandenburger Erneuerbaren-Entwickler Enertrag und dem Investitions- und Infrastrukturentwickler Nicholas Holdings, sowie dem namibischen Staat, der die restlichen 24 Prozent hält. Deutschland zählt zu den wichtigsten Unterstützern des Vorhabens. Im März 2024 stellte das Bundeswirtschaftsministerium die Anerkennung als strategisches “Auslandsprojekt im Interesse der Bundesrepublik Deutschland” in Aussicht.
Das Projekt nahe der Hafenstadt Lüderitz steckt noch in der Vorbereitungsphase und soll ab 2028 mithilfe von Solar- und Windenergie Wasserstoff aus entsalztem Meerwasser produzieren. Der Wasserstoff soll in Ammoniak umgewandelt werden, das sich besser zum Transport eignet. Anschließen kann dieses nach Europa, Japan und Südkorea exportiert werden. Neben der Energieinfrastruktur in der Wüste und der Entsalzungsanlage müssen Anlagen zur Ammoniaksynthese und ein neuer Hafen gebaut werden. Hyphen strebt eine Produktion von 350.000 Tonnen Grünen Wasserstoff pro Jahr an, was einer Million Tonnen grünem Ammoniak entspricht. Damit können fünf bis sechs Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr eingespart werden. Bis 2029 soll die Jahresproduktion auf zwei Millionen Tonnen Ammoniak erhöht werden. Der Investitionsumfang beträgt rund zehn Milliarden US-Dollar und entspricht damit in etwa dem namibischen BIP.
Diese Pläne sind für Namibia ein Mega-Projekt. Hyphen und der namibische Staat gehen davon aus, dass die Projekte um Lüderitz die Einwohnerzahl des Ortes von rund 15.000 verdoppeln könnten. Das Unternehmen plant die Installation von sechs bis acht Gigawatt mithilfe von 600 bis 800 Windrädern und einem Solarpark von 50 Quadratkilometern. Das übersteige die Kapazität des heutigen namibischen Netzes um das Neunfache, erklärt Hyphen-CEO Marco Raffinetti Table.Briefings im Lüderitzer Büro des Unternehmens. Zugleich ist das Vorhaben im Verhältnis zum weltweiten Bedarf an industriellem Treibstoff winzig: “Unser Projekt reicht gerade so aus, um ein großes Stahlwerk zu dekarbonisieren“, sagt Raffinetti.
Schon der Bau dürfte eine große Herausforderung darstellen, denn für den Transport der Bauteile sind spezielle Lkw nötig. Allein für die Installation eines einzigen Windrads braucht man zehn solcher Trucks. In Namibia gibt es keinen einzigen solcher Lkw und auch keine dafür ausgebildeten Fahrer. Ingenieure, die den Bau beaufsichtigen könnten, sind in dem Land ebenfalls rar.
Hyphen hat es sich eigentlich zum Ziel gesetzt, 90 Prozent der prognostizierten Arbeitsplätze mit Namibiern zu besetzen. Erwartet werden rund 15.000 temporäre Jobs während der Bauphase sowie 3.000 permanente Jobs. Das Unternehmen führt derzeit eine Arbeitsmarktstudie durch, um zu ermitteln, wie viele Namibier ein passendes Profil haben, wie Toni Beukes, Hyphens Head of Environment, Social & Governance, im Gespräch mit Table.Briefings erzählt. “90 Prozent Namibier während des Baus ist nicht machbar“, sagt sie. Und: “Wir werden Leute ausbilden müssen.” Die Bundesregierung hat “die Herausforderung der Verfügbarkeit von Fachkräften” ebenfalls erkannt, wie aus einer aktuellen Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linke-Gruppe hervorgeht.
Auch der angestrebte Anteil von 30 Prozent lokaler Beschaffung werde wohl voraussichtlich nicht erreicht werden, sagt Beukes. Die hohen Qualitätsanforderungen machten es schwierig, lokale Zulieferer einzubeziehen, erklärt sie.
Neben Bedenken um die Machbarkeit gibt es auch Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Projekts. Der namibische Ökonom Rowland Brown etwa, der zu den profiliertesten Kritikern der namibischen Wasserstoffpläne zählt, ist skeptisch, ob sich genug Abnehmer finden. Er warnt davor, sich zu sehr auf Nachfrageprojektionen zu verlassen. Tatsächlich hat der internationale Beraterkonzern McKinsey in seiner Global Energy Perspective 2024 den projizierten Wasserstoff-Zuwachs bis 2050 aufgrund höherer Produktionskosten um zehn bis 25 Prozent nach unten korrigiert. “Grüner Wasserstoff ist derzeit kommerziell nicht rentabel und das wird sehr wahrscheinlich noch eine Weile so bleiben”, schreibt Brown in einem Meinungsbeitrag für die Tageszeitung The Namibian.
Modellrechnungen des Namibia Investment Promotion and Development Board gehen davon aus, dass Namibia Grünen Wasserstoff zu Kosten von etwa 1,50 US-Dollar pro Kilogramm produzieren wird. Damit würde das Land zu den günstigsten Produzenten weltweit zählen. Die Internationale Energieagentur prognostizierte 2023 ähnlich niedrige Kosten von 2,50 US-Dollar pro Kilo. Eine Studie der Universität Oxford vom März 2024 ermittelte dagegen Kosten von 5,43 bis 9,21 Euro pro Kilogramm, was die Rentabilität Hyphens infrage stellen könnte.
Zwar hat Hyphen im Dezember 2022 gemeinsam mit RWE beschlossen, die Lieferung von bis zu 300.000 Tonnen grünem Ammoniak pro Jahr zu prüfen. Seither ist das Vorhaben aber nicht konkretisiert worden. Auch die Absichtserklärungen mit zwei weiteren Konzernen über die Lieferung von insgesamt 750.000 Tonnen Ammoniak sind nicht-bindend.
Umweltschützer kritisieren das Vorhaben, weil die Projektfläche in einem für die Öffentlichkeit gesperrten Nationalpark liegt. Im //Tsau-Khaeb-Park gibt es einige der seltensten Sukkulenten der Welt. Hyphen führt entsprechende Umweltstudien durch und verweist darauf, dass seine Anlagen nur in einem winzigen Teil des Geländes stehen sollen – etwa 0,07 Prozent. Bei einer Tour durch den 26.000 Quadratkilometer großen Park wird recht deutlich: In dieser kargen und leeren Ödnis ist trotz Sukkulenten reichlich Platz.
James Mnyupe, Wasserstoff-Kommissar der namibischen Regierung, ist trotz aller Kritik an Hyphen zuversichtlich. Angesprochen auf die möglicherweise geringer als erwartete Nachfrage, verweist er auf das lokale Potenzial: “Die von Hyphen produzierten Moleküle müssen nicht alle nach Europa oder Japan transportiert werden”, sagte er Table.Briefings. Man könne den Wasserstoff auch über geplante Pipelines an die Nachbarländer verkaufen, oder aber ihn direkt vor Ort industriell nutzen. “Ein Projekt wie Hyphen könnte die Grundlage bieten für ein Turbinenwerk von Envision oder Vestas hier in Namibia, oder ein Elektrolyseurwerk von Siemens“, meint Mnyupe.
Dieser Text ist auf einer Recherchereise in Namibia entstanden. Finanziert wurde die Reise durch die Internationalen Journalisten-Programme (IJP).
In der landwirtschaftlichen Produktion in Afrika bleibt der kritische Punkt die Ernährungssicherheit aller Menschen auf dem Kontinent. Vor gut einer Woche trafen sich die Landwirtschaftsminister der Afrikanischen Union (AU) zu einem außerordentlichen Gipfel in Uganda und verabschiedeten die “Kampala Declaration”, eine neue Zehn-Jahres-Strategie zur Agrarentwicklung für Afrika. Das sogenannte Comprehensive Africa Agriculture Development Programme (CAADP) soll dem Kontinent zum Aufbau widerstandsfähiger und nachhaltiger Agrar- und Lebensmittelproduktionssysteme von 2026 bis 2035 verhelfen. Landwirtschaftliche Produktion soll gesteigert und verbessert werden.
Als Nachfolgedokument der “Malabo Declaration” von 2014 hat die “Kampala Declaration” die ehrgeizigen Ziele, unter anderem den Hunger in Afrika auszurotten, die Unterernährung zu verringern, den innerafrikanischen Handel anzutreiben und die landwirtschaftliche Widerstandsfähigkeit zu stärken. Auf dem 37. AU-Gipfel im vergangenen Februar äußerten sich jedoch die Staat- und Regierungschefs über die schleppende Umsetzung des Programms. AU-Kommissionsvorsitzender, Moussa Faki Mahamat, zeigte sich besorgt. Zwar gebe es “Fortschritte”, aber in einem “unbefriedigenden Tempo”. Das CAADP existiert bereits seit 2003. Damals gab es das Ziel, dass mindestens zehn Prozent der Staatshaushalte für landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung bereitgestellt werden sollen. Zudem sollte die landwirtschaftliche Produktion jährlich um mindestens sechs Prozent wachsen. Beides wurde nicht erreicht.
Neu in dem Programm ist jetzt eine Verlagerung der Schwerpunktsetzung von landwirtschaftlich bedingtem Wachstum hin zu einem breiteren Ansatz in der Agrar- und Lebensmittelindustrie. Eile ist geboten. Denn das Ziel, bis 2025 Hunger und Unterernährung in den Griff zu bekommen, wurde weitestgehend verfehlt. Selbst 2030 sieht unwahrscheinlich aus. Nach wie vor sind 20,4 Prozent der Menschen in Afrika von Hunger bedroht, 58 Prozent haben mit unzureichender Nahrungssicherheit zu kämpfen, so der Bericht “The State of Food Security and Nutrition the World 2024″ der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Auch die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) hat weltweit eine Zunahme der Nahrungsmittelunsicherheit beobachtet. Zwar wurden in Afrika beim landwirtschaftlichen Anbau Fortschritte erzielt. Unterernährung beleibt jedoch kritisch, was Entwicklung ausbremst.
Seit Jahren hadert die landwirtschaftliche Produktion in Afrika mit Rückschlägen, zuletzt unter anderem verursacht durch die Covid-19-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine, zunehmenden Klimawandel, und weit verbreitete Korruption. Der Ukrainekrieg ließ die Düngerpreise in die Höhe schießen, der immer noch nicht das Niveau von vor der Covid-Pandemie erreicht hat. Auch stiegen die Lebensmittelpreise stark an. Daher die Eile, dass alle Beteiligten entlang der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette die Herausforderungen angehen und moderne Agrarsystem entwickeln. “Dieser strategische Wandel basiert auf der Anerkennung der komplexen Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Ernährung, wirtschaftlicher Entwicklung und anderen Sektoren”, schrieb Agrarexperte Kiran Pandey kürzlich. “Um Kompromisse und Wechselwirkungen anzugehen, müssen die politischen Maßnahmen besser integriert werden und nachhaltige Praktiken vom Erzeuger bis zum Verbraucher, die Komplexität der Wertschöpfungskette und die Auswirkungen auf Ernährung und Nährstoffe berücksichtigen.”
Der neue Ansatz priorisiert ökologische Nachhaltigkeit. Durch die Förderung von vielfältiger, nahrhafter und erschwinglicher Ernährung sollen alle Formen von Mangelernährung bekämpft werden. Afrikanische Staaten müssen sich vor allem auch gegen Schocks wie den Klimawandel, Pandemien, Konflikte und wirtschaftliche Rückschläge wappnen. Auch wird die Bevölkerung Afrikas bis 2050 auf 2,5 Milliarden Menschen anwachsen, was zusätzlichen Druck bedeutet.
Die aktuelle CAADP-Strategie umfasst ehrgeizige Ziele wie die Reduzierung der Nachernteverluste um 50 Prozent, die Verdreifachung des innerafrikanischen Handels mit Agrar- und Lebensmittelprodukten und Betriebsmitteln, und die Erhöhung des Anteils lokal verarbeiteter Lebensmittel auf 35 Prozent des Agrar- und Lebensmittel-BIPs – bis 2035. Der Hintergrund der Strategie ist, dass afrikanische Staats- und Regierungschefs Wertschöpfung fördern sollen, um sich von der Anhängigkeit von Nahrungsmittelimporten zu lösen, wie etwa Ugandas Präsident, Yoweri Museveni argumentiert. “Die Wertschöpfung landwirtschaftlicher Produkte gewährleistet eine vertikale Integration im Agrarsektor – vom Garten auf den Tisch und vom Bauernhof in den Küchenschrank”, sagte er. Und fügte noch einen Seitenhieb auf den globalen Norden hinzu: “Dieses Afrika, in dem es keine Nahrungsmittel gibt und das betteln muss, ist nicht das wahre Afrika, sondern das koloniale und neokoloniale Afrika. Es ist eine Schande. Der Kampf um die Wertschöpfung ist groß, weil Lobbys Afrika als rohstoffproduzierenden Kontinent erhalten wollen“, so der Präsident.
Die AU-Kommissarin für Landwirtschaft, blaue Wirtschaft und nachhaltige Umwelt, Josefa Sacko, wertet den Gipfel als Erfolg. “Wir haben jetzt einen klaren Fahrplan, eine Theorie des Wandels, die den Weg zur Transformation skizziert, realistische und umsetzbare strategische Ziele, einen breiten politischen Rahmen zur Verbesserung von Ansätzen im Lebensmittelsystem und Ziele, die die Bestrebungen des Kontinents widerspiegeln”, sagte sie. In eine ähnliche Richtung argumentiert das World Economic Forum, das diese Woche in Davos begann. In einem Strategiepapier empfiehlt es Afrika, lokale Wertschöpfungsnetzwerke aufzubauen, Kreislaufwirtschaftsmodelle zu unterstützen, Mischfinanzierung umzusetzen und benachteiligte Kleinbauern zu unterstützen.
Während Donald Trump sein Amt als neuer US-Präsident antritt, nimmt auch sein Afrika-Team langsam Gestalt an. Dies berichtete der Informationsdienst Africa Intelligence. Das wichtige Amt des Assistant Secretary of State for African Affairs, zuständig im State Department für die Beziehungen zum Kontinent, wird demnach voraussichtlich J. Peter Pham besetzen. Die Afrika-Abteilung des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) im Weißen Haus soll wohl Joe Foltz übernehmen.
Beide waren bereits unter der ersten Trump-Regierung mit Afrika betraut. Pham war US-Sondergesandter für die Afrikanischen Großen Seen und später für die Sahelzone. Er ist außerdem Vorsitzender des Bergbauunternehmens HPX, das in Liberia einen Infrastrukturkorridor für den Eisenexport entwickeln will.
Foltz war schon während Trumps erster Amtszeit Mitglied des NSC. Während der Biden-Regierung nahm er einen Posten bei USAID an. Derzeit arbeitet Foltz im Unterausschuss für Afrika des US-Repräsentantenhauses.
Obwohl ihre Nominierungen noch nicht bestätigt sind, haben sowohl Foltz als auch Pham bereits Delegationen aus der DR Kongo empfangen, die im Dezember von Präsident Félix Tshisekedi nach Washington geschickt wurden. Pham unterhält seit langem gute Beziehungen zur Regierung Tshisekedi.
Tibor Nagy, Assistant Secretary of State for African Affairs in der ersten Trump-Regierung, hat seine vorübergehende Rückkehr ins US-Außenministerium angekündigt. In einem Post auf X stellte er klar, seine Rolle werde “über nur Afrika hinausgehen”.
Diese Personalien könnten ein Umschwenken der USA mit Blick auf das Horn von Afrika bedeuten. Sowohl Nagy als auch Pham sind der Ansicht, dass die USA strategische Chancen verpassen, wenn sie Somaliland nicht als unabhängigen Staat anerkennen. Nagy argumentierte: “Trumps Anerkennung Somalilands liegt im besten Interesse der Vereinigten Staaten”. In ähnlicher Weise setzt sich Pham häufig in den sozialen Medien für die Sache ein.
Cameron Hudson, Afrika-Chef des NSC unter Präsident George W. Bush, und Joshua Meservey sind weitere potenzielle Kandidaten für Trumps neue Regierung. Meservey ist derzeit Senior Fellow am Hudson Institute und war zuvor sieben Jahre lang bei der konservativen Heritage Foundation tätig. Auch die Heritage Foundation hat sich kürzlich dafür ausgesprochen, dass die USA als erstes Land Somaliland anerkennen.
Trumps Afrika-Team wird sich darüber hinaus mit dem Einfluss der evangelikalen Christen auseinandersetzen müssen. In den letzten Jahren haben evangelikale Führer vermehrt die “woken” Elemente von Joe Bidens Afrika-Politik kritisiert. Gemeint ist etwa der Einsatz für den Schutz von LGBTQ-Personen. ajs
In ihrem Maßnahmenpapier “Bayern-Agenda” fordert die CSU massive Einsparungen bei der Entwicklungszusammenarbeit. Diese müsse auf das durchschnittliche OECD-Niveau abgesenkt werden, heißt es in dem Papier, das am Montag vom CSU-Parteivorstand beschlossen wurde. Alle Ausgaben des Entwicklungshaushalts müssten geprüft und klar an deutschen Interessen ausgerichtet werden. Länder, die sich weigerten, Staatsangehörige zurückzunehmen, sollten künftig keine Entwicklungsgelder erhalten, schlägt die CSU vor. Damit gibt die CSU einen deutlich schärferen Ton vor als im gemeinsamen Wahlprogramm mit der Schwesterpartei CDU.
Laut Zahlen der OECD lagen die durchschnittlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance; ODA) 2023 bei 0,37 Prozent der Länderhaushalte. International haben sich die Geberländer eigentlich darauf verständigt, jährlich eigentlich 0,7 Prozent ihres Haushalts für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Deutschland hatte 2023 die Quote mit 0,82 Prozent erfüllt. Die ODA-Quote der USA lag hingegen lediglich bei 0,24 Prozent. Dennoch waren die USA 2023 in absoluten Zahlen der größte Geber, gefolgt von Deutschland. 2023 stellte Deutschland insgesamt 37,9 Milliarden US-Dollar an Hilfen zur Verfügung.
Auf einem Panel des German-African Agribusiness Forums kritisierte Olaf Deutschbein, Berliner Büroleiter der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (Unido), die allgemeine Debatte um Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit. “Sollten solche Forderungen umgesetzt werden, können wir uns Diskussionen darüber, wie wir den Hunger in Afrika stoppen können, grundsätzlich sparen”, so Deutschbein. dre

Afrika ist ein Kontinent im Aufbruch – jung, dynamisch und voller Potenzial. Doch während andere Nationen, allen voran China, strategisch und entschlossen handeln, zögert Deutschland und agiert ineffizient in seiner Afrikapolitik – mit wirtschaftlichen und geopolitischen Kosten für Afrika und Europa. In unserem Zeitalter systemischer Konkurrenz zwischen Demokratien und autoritären Regimen ist eine strategische Partnerschaft mit Afrika der Schlüssel, um Demokratien weltweit zu fördern und unseren Wohlstand zu sichern.
Leider hinken wir hinterher. Bereits 1996 ermutigte Peking mit der Strategie “Zou chu qu” (“Schwärmt aus”) seine Unternehmen, international zu expandieren. Das Ergebnis: Innerhalb von drei Jahrzehnten stieg das Handelsvolumen zwischen China und Afrika von einer Milliarde US-Dollar (1993) auf 282 Milliarden US-Dollar (2023). Deutschland hingegen liegt mittlerweile weit dahinter mit nur 61 Milliarden Euro (2023).
Chinas Modell kurzfristiger Vorteile – Kredite ohne Auflagen, Infrastrukturprojekte, die von chinesischen Arbeitskräften gebaut werden und autoritäre Stabilität – schafft sichtbare Ergebnisse in Häfen, Straßen und Eisenbahnen. Diese Infrastrukturprojekte zielen darauf ab, exklusiven chinesischen Zugang zu Afrikas Rohstoffen zu sichern, statt der afrikanischen Bevölkerung zu nützen. Die Rohstoffe werden unverarbeitet, ohne nennenswerte lokale Wertschöpfung, direkt nach China zur Weiterverarbeitung exportiert. Ein Modell, das perfekt gemacht ist, um autokratische Entwicklungen zu stärken. Autoritäre Herrscher, gestützt durch
chinesische Wirtschaftskraft und russische Sicherheit, festigen ihre Macht. Kleine Eliten bereichern sich. Dem Volk hingegen wird nur so viel übriggelassen, dass möglichst kein Aufstand ausbricht.
Im Gegensatz zu China fehlt Deutschland eine kohärente Afrikastrategie – stattdessen existieren sechs kaum koordinierte Ansätze innerhalb der Bundesregierung, die zu ineffizienten Doppelstrukturen, verschwendeten Steuergeldern und einer geschwächten Position im globalen Wettbewerb führen. Zur selbstkritischen Analyse muss es auch dazu gehören, dass Deutschland und Europa in den vergangenen Jahrzehnten zu oft den
afrikanischen Kontinent mit gut gemeinten Ratschlägen zu retten versucht haben, statt pragmatische wirtschaftliche Angebote zu machen. Kein externer Akteur – weder die USA, noch Europa, noch China – kann Afrika “retten”. Nur Afrika selbst kann das tun und genau das streben die jungen Gesellschaften dort an.
Das heißt allerdings weder, dass Afrika uns nicht braucht, noch, dass wir im Systemwettbewerb chancenlos sind. Die neue Demokratische Strategie-Initiative Berlin formuliert es treffend: “Wir müssen unser strategisches Selbstbewusstsein als Demokratien wiederentdecken und dürfen den Mythos eines unausweichlichen Niedergangs der Demokratie nicht akzeptieren.” Dem stimme ich zu.
Die Afrikanische Union und die EU haben sich der Förderung von Demokratie, Sicherheit und Stabilität verpflichtet. Anders als China können demokratische Nationen diese Bestrebungen fördern. Unser Modell kann Jobs schaffen und damit eine Perspektive bieten, die breiten Wohlstand für die afrikanische Bevölkerung schafft. Dies liegt auch in unserem eigenen Interesse, denn Chinas Rohstoffstrategie hält Afrika in Exportabhängigkeit und uns wiederum in Abhängigkeit von China.
Die Folgen sind offensichtlich: Eine Unterbrechung der chinesischen Lithiumlieferungen würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt 115 Milliarden Euro kosten. Allein die Automobilindustrie würde Verluste von 42 Milliarden Euro erleiden. Angesichts des Krieges in Europa und der Stärkung autoritärer Regime sind solche geopolitischen Risiken nicht mehr hinnehmbar. Die Ära des “Wandels durch Handel”, die auf Just-in-Time-Lieferketten und der Annahme basierte, dass wirtschaftliche Verflechtungen systemische Konflikte lösen könnten, ist vorbei. Die neue geoökonomische Realität verlangt von uns strategische Investitionen in Vorräte, resilientere Lieferketten und eine kohärente auswärtige Politik.
Dieser Ansatz muss sich auch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) widerspiegeln – und er wird einige Reformen erfordern. Der afrikanische Kontinent besteht aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Das macht das BMZ zu dem zentralen Akteur in der Koordination. Anstelle der derzeitigen sechs fragmentierten Afrikastrategien braucht Deutschland eine einheitliche, mit Brüssel abgestimmte Strategie, die mutig die “Zeitenwende” reflektiert. Die Entwicklungspolitik muss weiterhin Grundbedürfnisse wie Armutsbekämpfung, Ernährung, Gesundheit und Bildung in den ärmsten Ländern Afrikas adressieren. Der Fokus sollte jedoch auf Investitionen, Infrastruktur und Handel liegen; flankiert von strukturellen Reformen in den Partnerländern.
Dieses Verständnis ist im BMZ aktuell aber noch nicht angekommen. Seit Amtsantritt hat Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze zwölf Reisen nach Afrika unternommen. Bei keiner einzigen davon war ein Vertreter der Privatwirtschaft in der Delegation. Gleichzeitig wurde der Haushaltstitel, mit dem die Wirtschaft gefördert wird, nicht nur konstant verkleinert, sondern der Empfängerkreis des geringeren Budgets auch noch um Gewerkschaften erweitert. Diese beiden Beispiele sind symptomatisch für ein grundlegendes Missverständnis der aktuellen Entwicklungspolitik. Der Mentalitätswandel muss im eigenen Haus beginnen. Das BMZ muss die Industrie als Partner sehen, der Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen kann. Nur mit einem integrierten Ansatz, der Wirtschaft, Diplomatie und Entwicklungspolitik verknüpft, kann Deutschland eine glaubwürdige Alternative zu autoritären Modellen bieten und seine Rolle in Afrika stärken.
Wolfgang Stefinger sitzt seit 2013 für die CSU im Bundestag. Er ist Mitglied des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zudem ist Stefinger seit 2018 stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe Südliches Afrika.
Hinweis der Redaktion: Über China zu diskutieren heißt heute mehr denn je: kontrovers debattieren. Wir möchten die Vielfalt der Standpunkte abbilden, damit Sie einen Einblick in die Breite der Debatte gewinnen können. Standpunkte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.
RFI: Nigeria wird Brics-Partner. So wie es zuvor bereits Äthiopien, Algerien und Uganda getan haben, ist nun auch Nigeria Partnerstaat des Brics-Wirtschaftsbündnisses geworden. Brics-Partnerländer können an den Aktivitäten der Gruppe teilnehmen, ohne über Entscheidungsbefugnisse zu verfügen. Don Mello, der Brics-Vertreter für Zentral- und Westafrika, begrüßt den Schritt Nigerias. Er hofft, dass sich weitere afrikanische Länder der Brics-Vision anschließen werden, da dies seiner Meinung nach neue Partnerschaften und erweiterte Kooperationsmöglichkeiten mit sich bringen könnte. (“Le Nigeria devient pays partenaire des BRICS”)
NAU: Marokkanischer Spion festgenommen. Die marokkanischen Behörden haben Verbindungen zu einem mutmaßlichen Spion, der in Deutschland festgenommen wurde, zurückgewiesen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft soll er spätestens seit Januar 2022 damit begonnen haben, Mitglieder der Hirak-Bewegung in Deutschland für einen marokkanischen Dienst auszuspionieren. Der mutmaßliche Spion wurde am Mittwoch nach etwa sechs Wochen Auslieferungshaft in Spanien nach Deutschland überstellt und bei seiner Ankunft am Flughafen Frankfurt am Main festgenommen. (“Marokko dementiert Verbindungen zu mutmaßlichem Spion”)
New York Times: US wirft sudanesischer Armee Einsatz von Chemiewaffen vor. Die sudanesische Armee hat nach US-Angaben mindestens zweimal Chemiewaffen gegen die paramilitärische Rapid Support Forces (RSF) eingesetzt. Der Einsatz chemischer Waffen markiert eine weitere Eskalation im Konflikt zwischen dem sudanesischen Militär und den rivalisierenden RSF. (“Sudan’s Military Has Used Chemical Weapons Twice, U.S. Officials Say”)
The Times: Generalstaatsanwalt kritisiert Gewalt. Kenias Generalstaatsanwalt Justin Muturi kritisiert das harte Vorgehen des Staates gegen jugendliche Demonstranten im vergangenen Sommer. Auch sein Sohn war betroffen und wurde festgenommen. Er wurde erst freigelassen, nachdem Präsident Ruto beim Geheimdienstchef interveniert hatte. (“Kenyan minister exposes state kidnappers after son’s release”)
Africa News: Mode, kein Müll. Kenia importiert jedes Jahr rund 200.000 Tonnen Alttextilien, von denen ein Großteil auf Mülldeponien landet und die Umwelt belastet. Die Sozialunternehmensgruppe Africa Collect Textiles (ACT) beschäftigt in einer Fabrik in der kenianischen Hauptstadt Nairobi Frauen, um aus Modeabfällen etwas Neues zu schaffen. ACT sorgt so nicht nur für weniger Abfälle und geringe CO₂-Emissionen, sondern stößt auch ein Kreislaufökosystem für Textilien an. (“enyan social enterprise aims to reduce environmental impact of textile waste”)
Bloomberg: Südafrika geht politische Reformen an. Pretoria beginnt, sich den größten Wachstumshemmnissen wie Korruption und Stromausfällen zu stellen, die Südafrikas Industrie und Handel geschwächt haben. Die Regierung hat angekündigt, den privaten Sektor einzubinden, um bei der Verwaltung der krisengebeutelten Häfen und des Güterbahnnetzes des Landes zu helfen, und es werden Maßnahmen ergriffen, um die Einwanderung von Arbeitskräften mit dringend benötigten Qualifikationen zu erleichtern. (“Africas Biggest Economy Is About To Turn A Corner “)
Semafor: Vertretung in Somaliland. Der einflussreiche US-China-Unterausschuss im US-Repräsentantenhaus fordert das Außenministerium auf, eine Vertretung in Somaliland, der de facto unabhängigen Region Somalias, zu eröffnen, um dem zunehmenden chinesischen Einfluss in der Region entgegenzuwirken. Ein solcher Schritt sei entscheidend, um die strategischen Interessen der USA am Horn von Afrika zu fördern und dem wachsenden Einfluss Chinas entgegenzuwirken. Die Vereinigten Staaten und die internationale Gemeinschaft erkennen Somaliland nicht als eigenständiges Land an. (“US House committee calls for Somaliland office to counter China”)
Semafor: Eigenständiger Weg. W. Gyude Moore schreibt in einem Kommentar, dass China kürzlich ein riesiges Wasserkraftprojekt im Wert von 140 Milliarden US-Dollar zur Stauung des Yarlung Tsangpo Flusses in Tibet genehmigt hat. Afrika könnte von China lernen und in Zukunft eigene Pläne umsetzen, ohne sich von externen “Partnern” wie multilateralen Institutionen, Europäern, Amerikanern oder Chinesen beeinflussen zu lassen, und stattdessen seinen eigenen Weg gehen. (“Analysis: The risk of outsourcing Africa’s ambition”)

Vier von fünf Menschen weltweit, die zu den ärmsten gehören, leben auf dem Land. Ihnen will der Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) der Vereinten Nationen helfen – und sammelt Geld. Zwei Milliarden US-Dollar ist die aktuelle Zielmarke, davon wurden laut IFAD bisher rund 1,4 Milliarden US-Dollar erreicht. Die zwei Milliarden sollen zehn Milliarden an Investitionen generieren und mehr als 100 Millionen armen Menschen in ländlichen Gebieten weltweit helfen.
Zu den größten Gebern weltweit gehören:
Und vom afrikanischen Kontinent:
Gérardine Mukeshimana steht als IFAD-Vizepräsidentin weit oben in der UN-Hierarchie. Die Menschen, um die sie und ihre Organisation sich besonders kümmern, sind die Kleinbauern. Laut IFAD produzieren sie ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittel und bis zu 70 Prozent der Lebensmittel in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Mukeshimana glaubt daran, dass die Wirtschaft den Kleinbauern helfen kann: “Was es braucht, ist der politische Wille in großem Umfang zu investieren, das richtige landwirtschaftliche Know-how und Innovationen einzusetzen sowie kleine und mittlere Agrarunternehmen und lokale sowie regionale Märkte zu stärken, um die ländlichen Volkswirtschaften insgesamt anzukurbeln“, sagte sie bei ihrem Amtsantritt.
Seit 2023 ist Mukeshimana beim IFAD und hat ein umfassendes Portfolio: Sie soll zu der strategischen Ausrichtung und Leistung des Fonds beitragen. Außerdem verantwortet sie den Haushalt des IFAD, die Qualitätssicherung, das Veränderungsmanagement und Innovationen.
Bevor Mukeshimana zu den UN wechselte, war sie in der nationalen Politik tätig. Von 2014 bis 2023 arbeitete Mukeshimana in Ruanda als Landwirtschaftsministerin. Auch in dieser Rolle kümmerte sie sich schon um die Verbindung von Privatwirtschaft und Landwirtschaft. Zudem legte sie einen besonderen Fokus auf Frauen und Jugendliche. Alle diese Themen haben sich in Mukeshimanas Karriere als anschlussfähig erwiesen. Sie war Mitte Januar auch in Berlin beim Global Forum for Food and Agriculture zugegen und diskutierte unter anderem über Best Practice Beispiele der Agrarökologie aus Südostasien.
Ein Schwerpunkt der Diskussion lag dabei auch auf technischen Lösungen, wie sie im Paradigma der Bioökonomie – die sich fern von Erdöl, aber durchaus industriell und nicht kleinbäuerlich versteht – eine große Bedeutung haben. Da Ruanda auf dem afrikanischen Kontinent für seine Avantgarde-Stellung in Technologiefragen durchaus bekannt ist, dürfte Mukeshimana auch in dieser Weise von ihrem beruflichen Hintergrund profitiert haben.
Bevor sie in die Politik wechselte, arbeitete Mukeshimana viele Jahre in der Wissenschaft – aber auch dort beschäftigte sie sich schon lange mit der Suche nach konkreten Lösungen. Sie forschte sowohl in Afrika als auch in den USA. So war sie Postdoktorandin für Molekularbiologie am Biosciences East and Central Africa Hub des International Livestock Research Institute (ILRI). Dort setzte sie Biotechnologien ein, um die Lebensgrundlagen von Millionen einkommensschwacher Menschen in Afrika zu verbessern.
Mukeshimana war außerdem Postdoktorandin an der Michigan State University, nationale Koordinatorin des Weltbank-Programms zur Unterstützung des ländlichen Sektors in Ruanda sowie Dozentin an der Fakultät für Landwirtschaft der National University of Rwanda, ihrer Alma Mater. Mukeshimana hat einen Bachelor of Science in Agrartechnik von der National University of Rwanda sowie einen Master-Abschluss und eine Promotion in Pflanzenzüchtung und Genetik, Boden- und Pflanzwissenschaften von der Michigan State University. Lucia Weiß

Der Historiker Markus Hedrich widmet sich in seinem neuesten Buch dem prominenten deutschen Wissenschaftler Bernhard Nocht – und dessen Beziehungen zum deutschen Kolonialreich. Der Name “Nocht” kommt bekannt vor, denn das 1900 gegründete Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg ist als “Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin” (BNITM) bekannt. Es gehört zur Elite deutscher Forschungseinrichtungen und ist Mitglied in der Leibniz-Gemeinschaft.
Das Institut verweist auf seiner Webseite darauf, dass es sich bereits seit Beginn der 1990er Jahre kritisch mit seiner Geschichte auseinandergesetzt habe. Denn: “Wie alle Tropeninstitute, die um 1900 gegründet wurden, hat auch das BNITM seine Wurzeln in der Kolonialzeit.” Der Name Nocht ist dennoch bis heute erhalten geblieben. Das kritisiert der Historiker Jürgen Zimmerer von der Universität Hamburg in seinem Vorwort zu Hedrichs Studie. Nocht sei keineswegs ein Vorbild, sondern ein “kolonialer Karrierist und kaiserlicher Gesundheitsorganisator”, schreibt Zimmerer.
Problematisch sei vor allem, dass Nocht auch nach dem Ende des deutschen Kolonialregimes ein überzeugter Kolonialrevisionist geblieben sei, inklusive menschenfeindlicher rassistischer Ansichten. Außerdem wurde das Tropeninstitut erst während der NS-Zeit 1942 nach Nocht benannt – ein Geburtstagsgeschenk des Hamburger Gauleiters Karl Kaufmann zu Nochts 85. “Das nationalsozialistische Regime vereinnahmte Nocht und Nocht ließ sich willig vereinnahmen”, konstatiert Zimmerer. lcw
Markus Hedrich: “Bernhard Nocht. Der Organisator der deutschen Kolonialmedizin. Eine Biografie”. Wallstein Verlag, Göttingen, 2025, 351 Seiten. 30 Euro