in Syrien ist das Regime von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad gestürzt. Während sich der Diktator nach Russland absetzte, flüchteten Offiziere der syrischen Armee nach Libyen. Das Land ist enger Vertrauter Assads, aber auch Russlands. Unser Nordafrika-Experte Mirco Keilberth erklärt, welche Schlüsselrolle Libyen für das Assad-Regime in der Vergangenheit gespielt hat und wie es die Regimefreunde auch künftig unterstützen könnte.
Zudem schauen wir auf einen Streit im Entwicklungsausschuss des Bundestags und die Gründe dafür, warum die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit afrikanischen Ländern in dieser Legislatur wohl nicht mehr verabschiedet werden dürften.
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Die Landung der Maschine der privaten syrischen Fluggesellschaft Cham Wings am Samstagnachmittag auf dem Flughafen von Bengasi fand in Libyen nur wenig Beachtung. Dabei waren 200 Offiziere der syrischen Armee an Bord, die mit ihrer Ausreise die unblutige Übergabe der Hauptstadt an die Rebellen eingeläutet hatten. Nach Angaben von libyschen Journalisten sind sie nun auf dem Weg nach Deutschland.
Möglich ist dies durch die enge Kooperation zwischen Khalifa Haftar, dem Milizenführer in Ostlibyen, Baschar al-Assad und russischen Militärs. Haftar hat – ähnlich wie Assad – der russischen Armee die Stationierung von Truppen erlaubt, die im Gegenzug seine Macht garantieren. Der Kreml verlegt gerade einen Großteil seiner in Syrien stationierten Flugzeuge, Luftabwehrsysteme und Soldaten nach Libyen.
An der Seite Haftars kämpfen schon seit Jahren syrische Söldner, die Assad zur Unterstützung seines Verbündeten geschickt hatte. Diese Dreier-Allianz hat 2023, nachdem sich die syrische Opposition scheinbar geschlagen nach Idlib zurückgezogen hatte, eine Migrationsroute von Damaskus über Libyen bis nach Nordrhein-Westfalen eingerichtet. Mehrere hundert regimetreue Kämpfer und ihre Familien wurden seitdem über Bengasi, Westlibyen und Sizilien nach Deutschland geschleust, berichten libysche Journalisten, die namentlich nicht genannt werden wollen. Mit dem Ende der Assad-Herrschaft könnte ihre Zahl dramatisch steigen, warnt der Syrien-Experten Lawand Kiki vom Syrian Reporting Center.
Tausende Täter werden wegen Kriegsverbrechen gesucht, die sie während des 13-jährigen Bürgerkriegs begangen haben. Nicht nur Menschenrechtsorganisationen, auch die staatlichen Behörden selber haben Folter, willkürliche Verurteilungen und Morde in Syrien sorgfältig dokumentiert. “Trotz der nun weiterverbreiteten Versöhnungsrhetorik werden viele Täter nach Deutschland kommen, um sich der Rache und Strafverfolgung in ihrer Heimat zu entziehen“, so Kiki weiter.
Über die Schmuggelroute entlang der über 2.000 Kilometer langen Küste ist auch in Libyen wenig bekannt. Ein Geschäftsmann aus Bengasi berichtet Table.Briefings allerdings, wie Offiziere der Tareq bin Ziad-Brigade, einer Sondereinheit der Libyscher National-Armee (LNA) Haftars, Zeugen der regelmäßig anreisenden Reisegruppen zum Schweigen verdammen: “Ich hatte im Sommer ein Hotel in Bengasi bezogen und wollte mich des Nachts über den ungeheuren Lärm beschweren, den eine angekommene Gruppe machte.” Der Rezeptionist sagte ihm, es seien Syrer auf der Weiterreise nach Westlibyen. “Aber die in der Lobby sitzenden Offiziere im Hintergrund warnten uns eindringlich, über die Gäste aus Syrien mit niemandem zu sprechen“, so der Geschäftsmann.
Zweimal die Woche landen seit dem letzten Sommer jeweils bis zu 200 Passagiere aus Damaskus an Bord von Chams-Wings-Maschinen in Bengasi, berichten Gesprächspartner Table.Briefings in Libyen. Auf Facebookseiten einiger Reisenden taucht eine alternative Route über den von der Hisbollah kontrollierten libanesischen Grenzort Tfail auf. Nach dem heimlichen Grenzübertritt werden die syrischen Regimeanhänger in Bussen zum Flughafen von Beirut transportiert und fliegen von dort nach Bengasi. Nach der Landung sorgen Angehörige der Tareq bin Ziad Brigade für den Weitertransport ins Stadtzentrum und setzen die Syrer in Busse in Richtung der westlibyschen Hafenstadt Sabratha.
Schon am Folgetag legen die Boote mit den aus Deraa oder Damaskus stammenden Regimeanhängern ab. Die libyschen Schmuggler bieten ihnen schnelle Holzboote und nicht die seeuntüchtigen Kähne, in die sie Migranten aus West- oder Zentralafrika zwingen. Daher wird die syrische Migrationsroute von Hilfsorganisationen oder italienischen Küstenwache oft nicht erfasst. “Beunruhigend ist aber auch nicht die Zahl der Regimeanhänger, sondern wer kommt. Es wurden in diesen Einheiten auch Radikale angeheuert“, sagt Syrien-Experte Lawand Kiki.
Vor den am letzten Wochenende ankommenden Offiziellen des Assad-Regimes waren es vor allem Kommandeure von Stadtteilmilizen, die in den letzten Monaten demobilisiert worden waren. Seit den letzten Jahren standen sie dem vom Regime gewünschten Versöhnungsprozess mit der Bevölkerung im Weg.
“Diese Gruppen haben in Deraa und anderen Orten rund um Damaskus mit willkürlicher Brutalität geherrscht”, berichtet ein nach Deutschland geflohener syrischer Menschenrechtsaktivist. “In den letzten Jahren standen die Söldner auf den Lohnlisten der russischen Truppen. Doch wegen der vielen Morde störten sie und wurden nach Deutschland geschickt, um die syrische Opposition unter Druck zu setzen.”
Wie viele Regimeanhänger nun nach dem Sturz des Regimes tatsächlich kommen, wird vom Kurs der Rebellen abhängen. Abu Mohamed al-Dscholani, der Anführer der HTS-Allianz, wirbt für Versöhnung der politischen Gegner. Doch die Szenen vor dem Saidnaya-Gefängnis vom Sonntag zeigt, wie blutig die Rache an den Regimeanhängern die nächsten Monate werden könnte.
Syrer im ganzen Land sind auf der Suche nach vermissten Angehörigen, die von Sicherheitskräften verschleppt worden waren. Wer als Gegner des Regimes in die Fänge des Moukhabarat, des staatlichen Sicherheitsdienstes geriet, verschwand oft über Jahre in Saidnaya, ohne dass Angehörige davon erfuhren. “Es gibt tausende Familien, die bald fordern werden, dass die Täter vor einem Gericht landen“, sagt Lawand Kiki. Der Syrer begrüßt, wie viele seiner Landsleute, den Sturz des Regimes, aber warnt: “Wenn der nun neu entstehende Staat sich nicht schnell um die Aufarbeitung der Vergangenheit kümmert, wird es zu einem neuen Kreislauf der Gewalt kommen.”
Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit afrikanischen Ländern werden in dieser Legislatur aller Voraussicht nach nicht vom Bundestag verabschiedet. Die Grünen-Fraktion sieht grundlegenden Reformbedarf bei den Abkommen, die bereits von 20 Jahren ausgehandelt wurden. “Im Zentrum unserer Wirtschaftsbeziehungen mit den Partnerländern muss die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung aller Beteiligten stehen.” Deshalb brauche es mehr als jahrzehntealte Abkommen. “Es braucht das klare Bekenntnis zu Umwelt- und Arbeitsstandards und Maßnahmen, die langfristige Wertschöpfung in den Partnerländern stärken”, sagte Karo Otte, Entwicklungspolitikerin der Grünen im Bundestag, Table.Briefings.
Dazu würden unter anderem Spielräume für industrielle Entwicklung, Vernetzung von Unternehmen und Unterstützung bei Investitionen in die Infrastruktur gehören. “Schlüssel hierfür sind auch die nachhaltige Ausrichtung und die Stärkung von Investitionsprogrammen wie Global Gateway und der Förderungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Dies sind notwendige Zeichen des Engagements gegenüber unseren Partnerländern, die es über die bloße Ratifizierung der EPAs hinaus braucht”, so Otte weiter. Die Grünen beziehen sich dabei auf Zweifel und Kritik aus der afrikanischen Zivilgesellschaft, die ebenfalls eine Überarbeitung der Abkommen fordert.
Bereits im Mai hatte Entwicklungsministerin Svenja Schulze die Abkommen dem Bundeskabinett vorgelegt. Das Kabinett hatte diesen zugestimmt und zur Beratung im Bundestag gegeben. “Wir wollen unsere Handels- und Investitionsbeziehungen vertiefen und diversifizieren, damit Deutschland weniger abhängig von einzelnen Wirtschaftsmächten ist. Dazu gehört auch, dass mehr Wertschöpfung in unseren Partnerländern stattfindet”, hatte Schulze damals die Abkommen kommentiert.
Die Verhandlungen zu den Abkommen wurden bereits vor über 20 Jahren zwischen der EU und den entsprechenden afrikanischen Abkommenspartnern abgeschlossen. Seit mehreren Jahren sind die Verträge bereits in vorläufiger Anwendung. Konkret handelt es sich um folgende Abkommen:
Hintergrund der Abkommen war die rechtliche Regelung des Handels zwischen der EU und den afrikanischen Partnerländern. Angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung waren Länder wie Südafrika, Kamerun, Ghana, aber auch die Côte d’Ivoire nicht mehr unter die Kategorie der Least Developed Countries gefallen. Damit wäre die von der Welthandelsorganisation festgelegte vollständige Zollbefreiung für Waren aus diesen Ländern ausgelaufen. Die Abkommen gewährleisten nun also – vorläufig – weiterhin uneingeschränkten Zugang für Waren aus den Partnerländern zum EU-Markt. Gleichzeitig senken die afrikanischen Länder ihrerseits Zölle auf Produkte aus der EU ab.
Ein Sprecher des BMZ bestätigte auf Table.Briefings-Anfrage, dass die Abkommen tatsächlich nicht alle aktuellen Standards im Bereich Handel und Nachhaltigkeit – inklusive Arbeitsschutz – abdecken. Dennoch könnten die Abkommen bei entsprechenden Verstößen ganz oder teilweise ausgesetzt werden. “Im Rahmen des deutschen Ratifizierungsprozesses können keine Änderungen an den Abkommenstexten selbst mehr vorgenommen werden”, teilte der Sprecher zudem mit. Die Bundesregierung wolle sich jedoch in den Erweiterungsverhandlungen für die Stärkung der Nachhaltigkeitsbestimmungen einsetzen.
Dass die Grünen nun noch einmal eine Überarbeitung der Abkommen fordern, sorgt insbesondere bei der FDP für Kritik. “Die Grünen haben durch ihre Blockadehaltung im Ausschuss dafür gesorgt, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den afrikanischen Staaten in dieser Legislaturperiode gegen den Willen der Bundesregierung nicht ratifiziert werden”, sagte FDP-Entwicklungspolitiker Christoph Hoffmann. Er ist überzeugt, dass die EPAs die Wirtschaftsentwicklung in den afrikanischen Staaten fördern.
Dass Deutschland die Abkommen jetzt auf absehbare Zeit wohl nicht ratifizieren wird, hat daher vor allem Signalwirkung. “Deutschlands Reputation in Afrika hat durch das Verhalten der Grünen immensen Schaden genommen. In Zeiten, in denen Russland und China aggressiv auf den afrikanischen Markt drängen, können wir uns unverlässliches Handeln wie in diesem Fall schlicht nicht leisten”, sagte Hoffmann.
Auch die Union zeigte sich irritiert. “Seit Monaten steht das Thema immer wieder auf der Tagesordnung, wird jedoch jedes Mal von den Ampelparteien kurz vor der Ausschussberatung abgesetzt. Dabei sind die Abkommen längst fertig und sollten sofort ratifiziert werden“, sagte CSU-Entwicklungspolitiker Wolfgang Stefinger.
Laut einer Studie der Industrievereinigung GSM Association (GSMA) entfielen 2024 weltweit 48 Prozent aller mobilen Geldkonten, insgesamt 835 Millionen, auf Subsahara-Afrika. Die Region gilt damit als Vorreiter für digitale Zahlungsmethoden. Regional verteilen sich die mobilen Konten auf 50 Millionen in Ostafrika, 66 Millionen in Westafrika, vierzehn Millionen in Zentralafrika und vier Millionen im südlichen Afrika. Doch es ist noch ein weiter Weg, bis der Zahlungsverkehr vollends digitalisiert ist. Zunächst bleibt Bargeld die bevorzugte Zahlungsmethode.
Denn trotz der Fortschritte werden in Afrika immer noch 90 Prozent aller Transaktionen im Einzelhandel in bar abgewickelt. Nur 34 Prozent der Erwachsenen verfügen über ein traditionelles Bankkonto. Auch in der informellen Wirtschaft ist Bargeld das Finanzmittel der Wahl. Dennoch bringt das digitale Banking wichtige Vorteile, die auch für das Wirtschaftswachstum des Kontinents nicht unerheblich sind. Mit dem Vorstoß zur digitalen finanziellen Inklusion sollen unter anderem Transaktionskosten reduziert werden, um das Wachstum anzukurbeln, heißt es in einem Bericht der Weltbank.
Schon häufig war Afrika Vorreiter bei innovativen Zahlungstechnologien, wie etwa Mpesa, welches 2007 von den Mobilfunkbetreibern Vodafone und Safaricom in Kenia eingeführt wurde. Nutzern wurde damit das Senden und Empfangen von Geld ermöglicht. Heute hat Mpesa mehr als 60 Millionen Nutzer und wickelt täglich Transaktionen im Wert von über einer Milliarde US-Dollar ab. Andere ähnliche elektronische und sofortige Zahlungssysteme definieren alltägliche Transaktionen auf einem Kontinent neu.
Rufaida Hamilton, Leiterin des Zahlungsverkehrs bei der südafrikanischen Standard Bank, sagt, der größte Wendepunkt für Afrika sei gewesen, “als man erkannte, dass die bloße Bereitstellung eines Bankkontos nicht ausreicht, um die Ziele der finanziellen Inklusion zu erreichen”. Die Möglichkeit, Geld einfach und sofort zu überweisen, wurde mit traditionellen Bankkonten nicht erfüllt. Mit allgegenwärtigen Zahlungssystemen wird zukünftig die Abhängigkeit von Bargeld reduziert. Es geht um eine Zukunft mit einem “Nebeneinander einer Vielzahl von Zahlungsoptionen, die miteinander konkurrieren und interagieren”, so Hamilton. Digitale Zahlungssysteme umfassen Produkte von Banken, Fintechs, Einzelhändlern und Mobilfunkbetreibern. 28 Sofortzahldienste gibt es derzeit in Afrika, wobei einige Länder mehr als ein System benutzen.
Der Gesamttransaktionswert auf dem Markt für digitale Zahlungen in Afrika wird bis Ende dieses Jahres voraussichtlich 191 Milliarden US-Dollar erreichen, hat die deutsche Online-Plattform Statista ausgerechnet. Ein Großteil davon, insgesamt 117 Milliarden US-Dollar, entfällt auf Mobile POS-Zahlungen (Mobile point-of-sale), also Zahlungen via Smartphone, Tablet oder ähnlichen drahtlosen Geräten, die die Funktion einer Registrierkasse oder eines elektronischen POS-Terminals ausüben können. Erwartet wird eine jährliche Zuwachsrate von rund 26 Prozent bis Ende des Jahrzehnts, was zu einem prognostizierten Gesamtbetrag von 611,2 Milliarden US-Dollar allein auf dem afrikanischen Kontinent führt.
In Kenia allerdings stockt der Digitalisierungstrend. Die Bevölkerung fragt wieder vermehrt traditionelle Bankdienstleistungen nach. In den vergangenen drei Jahren ging die Nutzung des mobilen Bankings von 34,4 Prozent 2021 auf 31,2 Prozent im Jahr 2024 zurück. Laut der FinAccess-Haushaltsumfrage 2024, die von der Zentralbank, dem statistischen Amt und dem Financial Sector Deepening Trust Kenya zusammengestellt wurde, benutzt knapp die Hälfte der Bevölkerung in den städtischen Regionen mobiles Banking. In den ländlichen Regionen liegt der Anteil lediglich unter einem Viertel. Vor allem ältere Menschen (55 Jahre oder älter), besonders in den ländlichen Regionen, bevorzugen traditionelles Banking. Jüngere städtische Bewohner hingegen bevorzugen die Nutzung mobiler Banken, so der Bericht.
Als Gründe für den Trend in Kenia verweist der Bericht unter anderem auf das Bargeldtransferprogramm der kenianischen Regierung, mit dem Bargeldzahlungen an ärmere Bürger getätigt werden. Außerdem weisen die Autoren auf die Vorliebe von mehr als der Hälfte der Bevölkerung für direkte Interaktionen in Bankfilialen, wo man auch nicht von stabilen Internetverbindungen abhängig ist.
Ungeachtet dessen soll der digitale Zahlungsverkehr weiter vereinfacht werden – auch international. Südafrika wird 2025 den Vorsitz der G20-Arbeitsgruppe für zugängliche sofortige grenzüberschreitende Zahlungen übernehmen. Wichtig ist hier die Geschwindigkeit grenzüberschreitender Zahlungen und die Reduzierung von Transaktionskosten. Zusätzlich müssen die Standards der Zahlensysteme harmonisiert werden.
Am Dienstag beginnt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine sechstägige Reise nach Nigeria, Südafrika und Lesotho. Am Mittwoch sind in Nigerias Hauptstadt Abuja Gespräche mit dem Präsidenten der Ecowas-Kommission Omar Touray sowie mit dem nigerianischen Präsidenten Bola Tinubu geplant. Anschließend wird der Bundespräsident in die Wirtschaftsmetropole Lagos fliegen und sich mit Vertretern nigerianischer Unternehmen und Start-ups austauschen. Der Bundespräsident wird seinerseits von einer deutschen Wirtschaftsdelegation begleitet. Folgende Unternehmen sind mit dem Bundespräsidenten auf seiner Reise nach Afrika dabei:
Zudem sind Katja Keul aus dem Auswärtigen Amt sowie Michael Kellner, parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Teil der Delegation des Bundespräsidenten.
In Südafrika stehen Gespräche mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa sowie dem Parteivorsitzenden der Democratic Alliance (DA), John Steenhuisen, auf dem Programm. Die DA ist seit Anfang Juli Teil der Koalitionsregierung in Südafrika, Steenhuisen ist Landwirtschaftsminister. In Lesotho trifft sich Steinmeier mit dem König von Lesotho, Letsie III., sowie dem Premierminister Samuel Matekane. Es ist der erste Besuch eines deutschen Bundespräsidenten in Lesotho.
Es ist bereits die dritte Reise des Bundespräsidenten nach Afrika in diesem Jahr. Während seiner Reise nach Ägypten im September standen einerseits die Wirtschaftsbeziehungen zu dem nordafrikanischen Land im Fokus, gleichzeitig ging es auch um Ägyptens Rolle als Vermittler im Gaza-Konflikt. Im Februar war der Bundespräsident zur Trauerfeier für den verstorbenen namibischen Präsidenten Hage Geingob nach Windhuk gereist. Dabei hatte Steinmeier eine Entschuldigung für die Gewalttaten während der deutschen Kolonialzeit in Aussicht gestellt, sobald das Versöhnungsabkommen mit Namibia abgeschlossen ist. Dafür bekam der Bundespräsident Kritik aus Namibia, da die Aussage suggerierte, die Bundesregierung mache eine Entschuldigung von der Unterzeichnung des Abkommens abhängig. dre
Salvador Pinto da França ist neuer Afrika-Berater der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas. Der Diplomat hat langjährige Afrika-Erfahrung vorzuweisen. Schlagzeilen machte Da França allerdings kürzlich, weil er Niger verlassen musste. Dort war er zuletzt als EU-Botschafter tätig. Die Militärregierung in Niamey hatte ihm vorgeworfen, EU-Hilfen für Flutopfer ohne Absprachen verteilt zu haben. Brüssel dementierte dies und teilte mit, die EU habe ihren Botschafter aus Niger zurückgerufen.
Da França war bereits in einigen afrikanischen Ländern tätig: Vor Niger arbeitete er von 2018 bis 2022 als stellvertretender Delegationsleiter und Leiter der politischen Abteilung für die EU-Delegation in Mali. Zu Karrierebeginn war Da França für die portugiesischen Botschaften in Ägypten und Guinea-Bissau stationiert.
Er besitzt neben der portugiesischen auch die französische Staatsbürgerschaft und spricht nach eigenen Angaben auch fließend Arabisch, Spanisch, Italienisch und Deutsch. Der neue Sonderbeauftragte der EU für den Sahel, João Cravinho, ist ebenfalls Portugiese und ehemaliger Außenminister seines Landes. lcw
Côte d’Ivoire macht von einem neuen Finanzierungsinstrument der Weltbank zur Schuldenumwandlung Gebrauch. Im Rahmen des Programms “Debt for Development” tauscht die Côte d’Ivoire alte, teure Anleihen ein und bekommt dafür von der Weltbank günstigere Kredite. In dem Prozess soll die Bonität von Krediten in Höhe von insgesamt fast 400 Millionen Euro verbessert werden. Diese wären in den kommenden fünf Jahren fällig geworden. Zu den günstigeren Zinsen gewährt die Weltbank zudem auch längere Laufzeiten. “Durch diese Maßnahme spart Côte d’Ivoire 60 Millionen Euro ein, die wir für den Bau von Schulen für 30.000 Schüler verwenden werden”, erklärte Adama Coulibaly, der ivorische Minister für Finanzen und Haushalt.
Nach Angaben der Weltbank haben lediglich eins von zehn Kindern in Côte d’Ivoire Zugang zu vorschulischer Bildung. Damit liegt das Land deutlich unter dem Durchschnitt von 28 Prozent in Subsahara-Afrika. Vor allem im ländlichen Raum ist der Zugang zu Bildung erschwert. Dabei gilt seit 2015 in Côte d’Ivoire eine Schulpflicht für Kinder zwischen sechs und 16 Jahren.
Mit der Umschuldung will die Weltbank die positive Entwicklung in dem westafrikanischen Land weiterhin sicherstellen. Vor der Corona-Pandemie konnte Côte d’Ivoire ein Wirtschaftswachstum von rund acht Prozent vorweisen. In den vergangenen zehn Jahren stieg der Human-Capital-Index von 0.30 auf 0.38 Punkte. Nach Angaben der afrikanischen Entwicklungsbank lag das Wirtschaftswachstum 2023 immerhin wieder bei 6,5 Prozent – 0,3 Prozent mehr als 2022. dre
Die Welt ist mit einer historischen Schuldenkrise konfrontiert. Aktuell sind zwölf der ärmsten Länder der Welt zahlungsunfähig oder stehen kurz davor. Staaten nutzen Schulden, um in Infrastruktur, Wirtschaft und soziale Fürsorge zu investieren. Problematisch wird es allerdings, wenn die Auslandsverschuldung zu hoch wird. Die Ursachen für die aktuelle Schuldenkrise sind vielfältig: höhere Kosten für Energie- und Lebensmittelimporte, schwankende Rohstoffpreise, hohe Staatsausgaben durch Naturkatastrophen infolge der Klimakrise und teilweise schlechte Regierungsführung. Zusätzlich verschärft wurde diese Krise in den letzten Jahren durch die Erhöhung der europäischen und US-amerikanischen Leitzinsen. Dadurch stiegen die Zinsen weltweit.
Im vergangenen Jahr zahlten die Länder des Globalen Südens insgesamt 847 Milliarden US-Dollar Zinsen – ein Anstieg von 26 Prozent in zwei Jahren. Mit großen Folgen für die Staatshaushalte der betreffenden Länder. So wendeten 45 Länder 15 Prozent oder mehr ihrer Staatseinnahmen auf, um Schulden und die damit verbundenen Zinsen zu begleichen. In Sambia waren es sogar 40 Prozent, in Laos und Angola über 60 Prozent. Für Investitionen und soziale Ausgaben blieb ihnen nur noch wenig Geld. Besonders besorgniserregend ist die hohe Schuldenlast vieler Länder des Globalen Südens angesichts der menschengemachten Klimakatastrophe, die sie besonders stark trifft. Die überschuldeten Staaten können dringend notwendige Investitionen in Klimaanpassung und -resilienz nicht tätigen, was auf lange Sicht noch teurer wird.
Auch für den Kampf gegen Armut stellt Überschuldung ein großes Hemmnis dar: In vielen Ländern führt dies nämlich zu Kürzungen bei sozialen Leistungen, der Gesundheitsversorgung und den Bildungsausgaben. Gleichzeitig werden die Steuern für die Mehrheit der Bevölkerung erhöht. Statt Armut zu verringern, verschlechtert sich so die Situation vor allem für ohnehin vulnerable Gruppen. Die Auswirkungen der Schuldenkrise werden so zu einem Katalysator für soziale und politische Instabilität, wie beispielsweise die heftigen Proteste der letzten Monate in Kenia zeigen. Dort protestierten Millionen gegen Steuererhöhungen und staatliche Sparpläne, die vom Internationalen Währungsfonds unterstützt wurden. In gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizei kamen mindestens 65 Menschen ums Leben. Die Ereignisse in Kenia sollten uns als Weckruf dienen. Überschuldung führt nicht nur zu wirtschaftlicher, sondern auch zu sozialer und politischer Instabilität, die sich über nationale Grenzen hinaus ausbreiten kann.
Solange es kein geordnetes Verfahren für die Entschuldung von Staaten gibt, geraten die überschuldeten Staaten zunehmend in Abhängigkeit von China. China, das der größte einzelstaatliche Kreditgeber für Länder des Globalen Südens ist, nutzt die Vergabe von Krediten als ein Instrument, um seine geostrategischen Ziele zu erreichen.
Um die Schuldenfalle zu durchbrechen, sind Schuldenerlasse unumgänglich. Derzeit gibt es aber keinen rechtlichen Rahmen für den Fall, dass ein Staat zahlungsunfähig wird. Es kommt also auf den guten Willen der Gläubiger an, ob es einen Schuldenerlass gibt. Die Verhandlungen sind außerdem komplex und langwierig, weil es kein existierendes Verfahren dafür gibt. Das ist ungünstig für die Gläubiger – vor allem aber schmerzlich für den Schuldnerstaat, der währenddessen finanziell gelähmt ist. Während staatliche Gläubiger eher bereit sind, Schulden zu erlassen, weigern sich gewinnorientierte private Gläubiger oft, ihren Teil beizutragen.
Das Fehlen eines rechtlichen Rahmens führt so zu Blockaden oder unzureichenden Schuldenerlassen, bei denen private Gläubiger weniger beitragen. Nicht selten müssen Schuldnerstaaten so das durch staatliche Erlasse freigewordene Geld verwenden, um Schulden mit privaten Gläubigern zu begleichen, anstatt notwendige Investitionen zu tätigen. Ein Beispiel dafür ist Sri Lanka, das 2022 zahlungsunfähig wurde. Während andere Gläubiger über einen Schuldenerlass verhandelten, versuchte die Hamilton Reserve Bank, die volle Rückzahlung ihrer Forderungen – inklusive Strafzinsen – einzuklagen.
Langfristig braucht es daher ein internationales Staateninsolvenzverfahren, das die Einigung zwischen Schuldnerstaat und den vielen Gläubigern – darunter staatliche Akteure, private Investoren und multilaterale Institutionen wie die Weltbank – über den erforderlichen Schuldenerlass gerecht und wirksam regelt.
Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem Staateninsolvenzverfahren könnte Deutschland mit einem sogenannten “Safe-Harbour-Gesetz” machen. Dieses würde es unkooperativen Gläubigern erschweren, Forderungen per Klage durchzusetzen, und würde das Auslandsvermögen der Schuldnerstaaten in Deutschland schützen. Vor allem aber hätte es eine starke internationale Signalwirkung: Deutschland würde als stabiler und fairer Partner in internationalen Finanzfragen auftreten. Belgien, das Vereinigte Königreich und der US-Bundesstaat New York planen beispielsweise ähnliche Regeln und könnten von einem Vorstoß Deutschlands ermutigt werden, diese tatsächlich zu verabschieden.
Seit Beginn der Legislaturperiode haben wir intensiv an der Entwicklung eines Safe-Harbour-Gesetzes gearbeitet. Wir haben dem Finanzministerium Vorschläge unterbreitet, wie Deutschland einen positiven Beitrag leisten könnte, und auf die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs gedrungen. Aber wie in vielen anderen Politikbereichen auch, hat das damals von der FDP geführte Haus keine konstruktive Rolle eingenommen, sondern unsere und weitere Vorschläge aus der Zivilgesellschaft abgeblockt.
Aber um Armut zu bekämpfen, die Klimakatastrophe zu bewältigen und globale Stabilität zu gewährleisten, müssen wir dringend einen Ausweg aus der Schuldenfalle finden. Langfristig ist das nur mit einem internationalen Staateninsolvenzverfahren möglich. Als Zwischenschritt muss Deutschland dringend ein Safe-Harbour-Gesetz verabschieden. Denn es ist politisch völlig unverantwortlich, Maßnahmen zur Lösung der internationalen Schuldenkrise weiter aufzuschieben.
Deborah Düring ist seit 2021 Mitglied des Bundestags für die Partei Bündnis 90/Die Grünen. Sie ist die außenpolitische Sprecherin ihrer Partei. Zudem ist sie Mitglied des Finanzausschusses.
Tagesspiegel: Mysteriöse Krankheit. Im Kongo breitet sich eine mysteriöse Krankheit aus. Laut den Gesundheitsbehörden in der betroffenen Region Panzi in der Provinz Kwango sind bereits über 140 Menschen, hauptsächlich Kinder, gestorben. Die Erreger und Übertragungswege sind noch unbekannt. (“Zahl der Erkrankungen steigt weiter: Mysteriöse ‘Krankheit X’ im Kongo noch nicht identifiziert”)
Jeune Afrique: Journalist wird Premierminister in Burkina Faso. Ibrahim Traoré, der Anführer der regierenden Junta in Burkina Faso, hat am Samstag Rimtalba Jean Emmanuel Ouédraogo zum Premierminister ernannt. Ouédraogo war zuvor Chefredakteur und später Direktor des öffentlichen Fernsehens in Burkina Faso. (“In Burkina Faso ernennt die Junta Jean Emmanuel Ouédraogo zum Premierminister”)
Nation: Milliardenverluste durch Beamte. Eine Evaluation von 32 Großprojekten in Kenia hat offengelegt, dass kenianische Beamte Schäden in Milliardenhöhe zu verantworten haben. Dazu zählen unter anderem auch Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung und verschleppte Bauvorhaben. (“Audit reveals plundered loans, waste of billions in mega projects”)
The Guardian: Streit unter Gewerkschaften. Das Federal Workers Forum (FWF) übte am Sonntag scharfe Kritik an dem Nigeria Labour Congress (NLC) und dem Trade Union Congress (TUC) und erklärte, die beiden wichtigsten Gewerkschaften hätten die nigerianischen Arbeiter im Stich gelassen. (“You’ve failed workers, labour group slams NLC, TUC”)
Washington Post: Chance für Behinderte. Ein Projekt in Südafrika will Menschen mit Behinderung eine Beschäftigung im Agrarsektor verschaffen. Südafrika kämpft mit einer hohen Arbeitslosenquote. (“A farming project in South Africa is helping deaf people build skills and find jobs”)
Tagesschau: Hunger durch Dürre. Der Süden Afrikas leidet unter einer schweren Dürre, mit kaum Regen in diesem Jahr. Die Landwirtschaft ist zusammengebrochen, Wasser und Lebensmittel sind knapp. In Malawi hat sich die Zahl der unterernährten Kinder im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht, und auch die Gewalt in der Region nimmt zu. (“Dürre sorgt für Hunger und viel Gewalt”)
Reuters: Kredit für Marokko. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) hat am Donnerstag einen Kreditvertrag über 350 Millionen Euro (370 Millionen Dollar) mit Marokko unterzeichnet. Außerdem erwägt die Bank, dem Land weitere 650 Millionen Euro zur Finanzierung der Infrastruktur für die Fußballweltmeisterschaft 2030 zu leihen. (“African Development Bank pledges $1 billion to Morocco”)
BBC: Uranbergbau ohne Frankreich. Die nigerianischen Militärmachthaber sind entschlossen, Frankreich aus allen bedeutenden Sektoren der nigerianischen Wirtschaft zu verdrängen, insbesondere aus dem Uranbergbau. In dieser Woche gab das französische Atomunternehmen Orano bekannt, dass die Junta, die operative Kontrolle über das lokale Bergbauunternehmen Somaïr übernommen hat. (“How a uranium mine became a pawn in the row between Niger and France”)
Jürgen Zimmerer zählt zu den profiliertesten Vertretern der antikolonialen Debatte in Deutschland. Doch seine kritische Haltung hatte der in Hamburg lehrende Historiker keineswegs schon immer, wie er im Gespräch mit Table.Briefings berichtet. “Ich habe in der Schule die zweifelhafte Ehre gehabt, einen der letzten waschechten Nazis im bayerischen Schuldienst als Geschichtslehrer zu haben”, erzählt Zimmerer. “Von ihm haben wir gelernt, der deutsche Kolonialismus war eine tolle Sache. Schlimm waren die Briten und die Franzosen.”
Zimmerer fand das als junger Schüler plausibel. “Diese ganze koloniale Nostalgie war überzeugend. Man fällt darauf sehr leicht herein”, sagt er. Erst während des Studiums habe er festgestellt, dass sein Geschichtsunterricht von Unwahrheiten geprägt war. Zimmerer studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Germanistik, zunächst an der Universität Regensburg, dann kam er mit einem Stipendium nach Oxford. Unter dem renommierten Kolonialhistoriker Terence Ranger schrieb Zimmerer 1991 seine Abschlussarbeit über die deutsche Kolonialherrschaft in Namibia, das ein Jahr zuvor unabhängig geworden war.
“Da habe ich festgestellt, alles, was ich in der Schule gelernt habe, war eine Lüge”, sagt Zimmerer. “Das hat mich sehr erschüttert.” Seither habe ihn das Thema nicht mehr losgelassen. So befasste er sich dann auch im Rahmen seiner Promotion an der Universität Freiburg mit der deutschen Kolonialpolitik in Deutsch-Südwestafrika (heutiges Namibia). Anschließend begann er Bücher zu schreiben, etwa über die Kontinuitäten zwischen der deutschen Kolonialpolitik und der Ostpolitik der Nationalsozialisten. “Mir fiel auf, dass vieles, was ich über den Nationalsozialismus und die Ostbesetzung im Studium lernte, mich sehr daran erinnerte, was ich aus Namibia von den Deutschen kannte”, beschreibt Zimmerer die Entstehungsgeschichte seines Buches “Von Windhuk nach Auschwitz?”.
“Wenn man sich die deutsche Geschichte anschaut, dann sieht man im Abstand von 40 Jahren zweimal einen Genozid“, erklärt Zimmerer. “Es gab zweimal den Versuch, einen rassistischen Vernichtungskrieg zu führen, und es gab zweimal den Versuch, einen Rassenstaat zu errichten, mit allem, was dazugehört, etwa Rassentrennungsgesetze. Einmal im Kaiserreich, in Südwestafrika, einmal im NS-Regime, in Osteuropa.” Diese seien im Grunde von der gleichen Elite verübt worden, im Abstand von nur einer Generation. “Das ist ein sehr geringer Abstand. Es wäre schon sehr erstaunlich, wenn es hier keine Beziehung gäbe“, meint Zimmerer. Die drei tragenden Säulen dieser Verbrechen, Bürokratie, Wissenschaft und Militär, seien zudem stark von Lehrer-Schüler-Verhältnissen geprägt.
“Der Ostkrieg, damit meine ich die Periode zwischen 1939 und 1945, war also im Grunde ein gigantischer Kolonialkrieg“, so Zimmerer. “Hier wurde eigentlich ein zweiter Versuch unternommen, ein deutsches Kolonialreich zu gründen.” Das sei auch durch Zitate von Hitler gut belegt, etwa: “Russland ist unser Indien.” Zimmerer betont aber, er wolle keine kausale Verbindung herstellen. “Es ist eher so, als die Nazis ’33 den Militärs und den Wissenschaftlern und den Bürokraten sagten, es gibt keine Bremsen mehr, da entfaltete sich wieder ein Denken, wie man es auch im Kolonialismus hat.”
Zimmerer ist auch Genozidforscher und einer der Mitgründer des International Network of Genocide Scholars. Von 2005 bis 2017 amtierte er als Gründungspräsident des Netzwerks. “Wir haben den Verband ziemlich genau 100 Jahre nach dem Genozid in Namibia gegründet”, sagt Zimmerer. Damals habe der deutsche Staat von dessen Aufarbeitung noch nichts wissen wollen. “Wir haben dann beschlossen, wenn Deutschland kein steinernes Denkmal baut, dann bauen wir quasi ein menschliches Denkmal, einen internationalen Verband, der den Genozid an den Herero und Nama zum Anlass nahm, um die Erforschung von Genozid international zu fördern. Und gleichzeitig damit das Verdrängen des Völkermordes in Deutschland zu unterlaufen. Und jetzt hat der Verband weltweit Mitglieder und führt alle zwei Jahre internationale Tagungen durch, ob in San Francisco, Kapstadt oder Jerusalem.”
Doch der Wissenschaftler befasst sich nicht nur mit historischen Debatten. Auch mit Blick auf das aktuelle Verhältnis Europas zu Afrika äußert Zimmerer immer wieder scharfe Kritik. “Europa ist dabei, sich mental und physisch einzumauern“, sagt er. “Das wird verheerend sein, weil Europa historisch gesprochen ja nur Europa werden konnte, indem es in den Austausch mit der Welt trat. Das war oft gewaltsam, aber zugleich auch kultureller und intellektueller Natur.” Europa sei ein Kontinent, der sich nicht einmauern dürfe, ohne sein Wesen zu verraten.
Angesichts der historischen Zeitenwende und der wachsenden Rolle Afrikas kann Zimmerer nicht verstehen, warum Programme des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, das Budget der Goethe-Institute oder Humboldt Fellowships gekürzt werden: “Deutschland kürzt die Programme, mit denen man in Austausch mit anderen Ländern geht. Das ist völlig unverständlich.” Auch seine eigene Forschungsstelle an der Universität Hamburg soll nicht fortgeführt werden. Er verstehe nicht, was die Stadt Hamburg dazu bewogen habe, eine international anerkannte Forschungseinrichtung “gegen alle Zusagen zu zerschlagen”, schrieb er kürzlich auf X.
“Ich glaube, dass Europa, und Deutschland ganz besonders, noch nicht gemerkt hat, dass das koloniale Zeitalter vorüber ist“, so Zimmerer zu Table.Briefings. “Wir sind jetzt im Übergang zur postkolonialen Globalisierung.” Diese zeichne sich durch eine radikale Dezentrierung Europas aus, sowohl militärisch und ökonomisch als auch intellektuell. Afrika hingegen sei ein Kontinent der Zukunft. “Das heißt, wir sind in Europa eigentlich das kleinere Anhängsel eines gigantischen Kontinents mit unglaublichem Potenzial“, meint Zimmerer. “Wir müssten alles tun, um mit Afrika in eine gleichberechtigte Kooperation zu kommen. Das tun wir nicht. Wir sind arrogant.”
Er verweist etwa auf das europäische Unverständnis über die Haltung afrikanischer Staaten zu Gaza und der Ukraine. “Die sind nicht per se auf der Seite des Westens. Wieso sind sie nicht auf der Seite des Westens? Wir sind doch die Guten, wir verteidigen doch die Menschenrechte.” Aus afrikanischer Perspektive sei das jedoch heuchlerisch. “Die Afrikaner haben die letzten 300 Jahre immer die Europäer erlebt, die sagen: Wir verteidigen die Menschenrechte. Und eigentlich waren sie immer der Gelackmeierte dabei. Die Glaubwürdigkeit Europas in puncto Menschenrechte ist in weiten Teilen Afrikas also ziemlich gering.”
Deutschland verspiele derzeit die letzten Reste seiner Glaubwürdigkeit, findet er. Unabhängig von den deutschen Absichten, der Ukraine zu helfen, oder aber der historischen Verpflichtung aus dem Holocaust nachzukommen, sei die Art und Weise, wie dies geschehe – die Außenwirkung – verheerend. Man müsse auch die Position der Anderen ernst nehmen. “Wir müssten das, was wir für uns beanspruchen, auch den Anderen zugestehen, etwa aus geschichtlichen Erfahrungen heraus zu agieren, und wir kämen ins Gespräch”, so Zimmerer.
“Ja, in Afrika gibt es autoritäre Elemente”, räumt er ein. Das sei aber nicht “typisch afrikanisch”, sondern ein globales Phänomen, sagt er mit Verweis auf Donald Trump und Viktor Orbán. “Zugleich gibt es in Afrika starke prodemokratische Bewegungen, während in Deutschland offenbar Teile der Gesellschaft die Demokratie abschaffen wollen.” Arne Schütte
Süßlich-blumig, rot-gold-klar und geschmeidig: Honig vom Baobab-Baum ist in jedem Fall eine sehr leckere Sache. Zu finden ist er zum Beispiel in Mali, etwa in der Region von Ségou, dem Herzen des früheren Bambara-Reiches. Vor Ort verkauft wird das Produkt oft in Plastikflaschen mit selbst gedruckten Etiketten. Im Online-Handel ist malischer Baobab-Honig zurzeit schwer zu bekommen – aber es gibt Alternativen von anderswo, etwa aus dem Senegal.
Der majestätische Baobab gilt als Lebensbaum. Produkte vom Baobab werden inzwischen oft als Superfood bezeichnet. Den Menschen vor Ort ist die gesundheitsfördernde Wirkung schon lange bekannt. Der Honig enthält demnach viel Vitamin C, Kalzium und Ballaststoffe. Damit soll der Baobab-Honig gut sein gegen grippale Infekte, Magen-Darm-Verstimmungen oder Gliederschmerzen. lcw
in Syrien ist das Regime von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad gestürzt. Während sich der Diktator nach Russland absetzte, flüchteten Offiziere der syrischen Armee nach Libyen. Das Land ist enger Vertrauter Assads, aber auch Russlands. Unser Nordafrika-Experte Mirco Keilberth erklärt, welche Schlüsselrolle Libyen für das Assad-Regime in der Vergangenheit gespielt hat und wie es die Regimefreunde auch künftig unterstützen könnte.
Zudem schauen wir auf einen Streit im Entwicklungsausschuss des Bundestags und die Gründe dafür, warum die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit afrikanischen Ländern in dieser Legislatur wohl nicht mehr verabschiedet werden dürften.
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Die Landung der Maschine der privaten syrischen Fluggesellschaft Cham Wings am Samstagnachmittag auf dem Flughafen von Bengasi fand in Libyen nur wenig Beachtung. Dabei waren 200 Offiziere der syrischen Armee an Bord, die mit ihrer Ausreise die unblutige Übergabe der Hauptstadt an die Rebellen eingeläutet hatten. Nach Angaben von libyschen Journalisten sind sie nun auf dem Weg nach Deutschland.
Möglich ist dies durch die enge Kooperation zwischen Khalifa Haftar, dem Milizenführer in Ostlibyen, Baschar al-Assad und russischen Militärs. Haftar hat – ähnlich wie Assad – der russischen Armee die Stationierung von Truppen erlaubt, die im Gegenzug seine Macht garantieren. Der Kreml verlegt gerade einen Großteil seiner in Syrien stationierten Flugzeuge, Luftabwehrsysteme und Soldaten nach Libyen.
An der Seite Haftars kämpfen schon seit Jahren syrische Söldner, die Assad zur Unterstützung seines Verbündeten geschickt hatte. Diese Dreier-Allianz hat 2023, nachdem sich die syrische Opposition scheinbar geschlagen nach Idlib zurückgezogen hatte, eine Migrationsroute von Damaskus über Libyen bis nach Nordrhein-Westfalen eingerichtet. Mehrere hundert regimetreue Kämpfer und ihre Familien wurden seitdem über Bengasi, Westlibyen und Sizilien nach Deutschland geschleust, berichten libysche Journalisten, die namentlich nicht genannt werden wollen. Mit dem Ende der Assad-Herrschaft könnte ihre Zahl dramatisch steigen, warnt der Syrien-Experten Lawand Kiki vom Syrian Reporting Center.
Tausende Täter werden wegen Kriegsverbrechen gesucht, die sie während des 13-jährigen Bürgerkriegs begangen haben. Nicht nur Menschenrechtsorganisationen, auch die staatlichen Behörden selber haben Folter, willkürliche Verurteilungen und Morde in Syrien sorgfältig dokumentiert. “Trotz der nun weiterverbreiteten Versöhnungsrhetorik werden viele Täter nach Deutschland kommen, um sich der Rache und Strafverfolgung in ihrer Heimat zu entziehen“, so Kiki weiter.
Über die Schmuggelroute entlang der über 2.000 Kilometer langen Küste ist auch in Libyen wenig bekannt. Ein Geschäftsmann aus Bengasi berichtet Table.Briefings allerdings, wie Offiziere der Tareq bin Ziad-Brigade, einer Sondereinheit der Libyscher National-Armee (LNA) Haftars, Zeugen der regelmäßig anreisenden Reisegruppen zum Schweigen verdammen: “Ich hatte im Sommer ein Hotel in Bengasi bezogen und wollte mich des Nachts über den ungeheuren Lärm beschweren, den eine angekommene Gruppe machte.” Der Rezeptionist sagte ihm, es seien Syrer auf der Weiterreise nach Westlibyen. “Aber die in der Lobby sitzenden Offiziere im Hintergrund warnten uns eindringlich, über die Gäste aus Syrien mit niemandem zu sprechen“, so der Geschäftsmann.
Zweimal die Woche landen seit dem letzten Sommer jeweils bis zu 200 Passagiere aus Damaskus an Bord von Chams-Wings-Maschinen in Bengasi, berichten Gesprächspartner Table.Briefings in Libyen. Auf Facebookseiten einiger Reisenden taucht eine alternative Route über den von der Hisbollah kontrollierten libanesischen Grenzort Tfail auf. Nach dem heimlichen Grenzübertritt werden die syrischen Regimeanhänger in Bussen zum Flughafen von Beirut transportiert und fliegen von dort nach Bengasi. Nach der Landung sorgen Angehörige der Tareq bin Ziad Brigade für den Weitertransport ins Stadtzentrum und setzen die Syrer in Busse in Richtung der westlibyschen Hafenstadt Sabratha.
Schon am Folgetag legen die Boote mit den aus Deraa oder Damaskus stammenden Regimeanhängern ab. Die libyschen Schmuggler bieten ihnen schnelle Holzboote und nicht die seeuntüchtigen Kähne, in die sie Migranten aus West- oder Zentralafrika zwingen. Daher wird die syrische Migrationsroute von Hilfsorganisationen oder italienischen Küstenwache oft nicht erfasst. “Beunruhigend ist aber auch nicht die Zahl der Regimeanhänger, sondern wer kommt. Es wurden in diesen Einheiten auch Radikale angeheuert“, sagt Syrien-Experte Lawand Kiki.
Vor den am letzten Wochenende ankommenden Offiziellen des Assad-Regimes waren es vor allem Kommandeure von Stadtteilmilizen, die in den letzten Monaten demobilisiert worden waren. Seit den letzten Jahren standen sie dem vom Regime gewünschten Versöhnungsprozess mit der Bevölkerung im Weg.
“Diese Gruppen haben in Deraa und anderen Orten rund um Damaskus mit willkürlicher Brutalität geherrscht”, berichtet ein nach Deutschland geflohener syrischer Menschenrechtsaktivist. “In den letzten Jahren standen die Söldner auf den Lohnlisten der russischen Truppen. Doch wegen der vielen Morde störten sie und wurden nach Deutschland geschickt, um die syrische Opposition unter Druck zu setzen.”
Wie viele Regimeanhänger nun nach dem Sturz des Regimes tatsächlich kommen, wird vom Kurs der Rebellen abhängen. Abu Mohamed al-Dscholani, der Anführer der HTS-Allianz, wirbt für Versöhnung der politischen Gegner. Doch die Szenen vor dem Saidnaya-Gefängnis vom Sonntag zeigt, wie blutig die Rache an den Regimeanhängern die nächsten Monate werden könnte.
Syrer im ganzen Land sind auf der Suche nach vermissten Angehörigen, die von Sicherheitskräften verschleppt worden waren. Wer als Gegner des Regimes in die Fänge des Moukhabarat, des staatlichen Sicherheitsdienstes geriet, verschwand oft über Jahre in Saidnaya, ohne dass Angehörige davon erfuhren. “Es gibt tausende Familien, die bald fordern werden, dass die Täter vor einem Gericht landen“, sagt Lawand Kiki. Der Syrer begrüßt, wie viele seiner Landsleute, den Sturz des Regimes, aber warnt: “Wenn der nun neu entstehende Staat sich nicht schnell um die Aufarbeitung der Vergangenheit kümmert, wird es zu einem neuen Kreislauf der Gewalt kommen.”
Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit afrikanischen Ländern werden in dieser Legislatur aller Voraussicht nach nicht vom Bundestag verabschiedet. Die Grünen-Fraktion sieht grundlegenden Reformbedarf bei den Abkommen, die bereits von 20 Jahren ausgehandelt wurden. “Im Zentrum unserer Wirtschaftsbeziehungen mit den Partnerländern muss die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung aller Beteiligten stehen.” Deshalb brauche es mehr als jahrzehntealte Abkommen. “Es braucht das klare Bekenntnis zu Umwelt- und Arbeitsstandards und Maßnahmen, die langfristige Wertschöpfung in den Partnerländern stärken”, sagte Karo Otte, Entwicklungspolitikerin der Grünen im Bundestag, Table.Briefings.
Dazu würden unter anderem Spielräume für industrielle Entwicklung, Vernetzung von Unternehmen und Unterstützung bei Investitionen in die Infrastruktur gehören. “Schlüssel hierfür sind auch die nachhaltige Ausrichtung und die Stärkung von Investitionsprogrammen wie Global Gateway und der Förderungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Dies sind notwendige Zeichen des Engagements gegenüber unseren Partnerländern, die es über die bloße Ratifizierung der EPAs hinaus braucht”, so Otte weiter. Die Grünen beziehen sich dabei auf Zweifel und Kritik aus der afrikanischen Zivilgesellschaft, die ebenfalls eine Überarbeitung der Abkommen fordert.
Bereits im Mai hatte Entwicklungsministerin Svenja Schulze die Abkommen dem Bundeskabinett vorgelegt. Das Kabinett hatte diesen zugestimmt und zur Beratung im Bundestag gegeben. “Wir wollen unsere Handels- und Investitionsbeziehungen vertiefen und diversifizieren, damit Deutschland weniger abhängig von einzelnen Wirtschaftsmächten ist. Dazu gehört auch, dass mehr Wertschöpfung in unseren Partnerländern stattfindet”, hatte Schulze damals die Abkommen kommentiert.
Die Verhandlungen zu den Abkommen wurden bereits vor über 20 Jahren zwischen der EU und den entsprechenden afrikanischen Abkommenspartnern abgeschlossen. Seit mehreren Jahren sind die Verträge bereits in vorläufiger Anwendung. Konkret handelt es sich um folgende Abkommen:
Hintergrund der Abkommen war die rechtliche Regelung des Handels zwischen der EU und den afrikanischen Partnerländern. Angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung waren Länder wie Südafrika, Kamerun, Ghana, aber auch die Côte d’Ivoire nicht mehr unter die Kategorie der Least Developed Countries gefallen. Damit wäre die von der Welthandelsorganisation festgelegte vollständige Zollbefreiung für Waren aus diesen Ländern ausgelaufen. Die Abkommen gewährleisten nun also – vorläufig – weiterhin uneingeschränkten Zugang für Waren aus den Partnerländern zum EU-Markt. Gleichzeitig senken die afrikanischen Länder ihrerseits Zölle auf Produkte aus der EU ab.
Ein Sprecher des BMZ bestätigte auf Table.Briefings-Anfrage, dass die Abkommen tatsächlich nicht alle aktuellen Standards im Bereich Handel und Nachhaltigkeit – inklusive Arbeitsschutz – abdecken. Dennoch könnten die Abkommen bei entsprechenden Verstößen ganz oder teilweise ausgesetzt werden. “Im Rahmen des deutschen Ratifizierungsprozesses können keine Änderungen an den Abkommenstexten selbst mehr vorgenommen werden”, teilte der Sprecher zudem mit. Die Bundesregierung wolle sich jedoch in den Erweiterungsverhandlungen für die Stärkung der Nachhaltigkeitsbestimmungen einsetzen.
Dass die Grünen nun noch einmal eine Überarbeitung der Abkommen fordern, sorgt insbesondere bei der FDP für Kritik. “Die Grünen haben durch ihre Blockadehaltung im Ausschuss dafür gesorgt, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den afrikanischen Staaten in dieser Legislaturperiode gegen den Willen der Bundesregierung nicht ratifiziert werden”, sagte FDP-Entwicklungspolitiker Christoph Hoffmann. Er ist überzeugt, dass die EPAs die Wirtschaftsentwicklung in den afrikanischen Staaten fördern.
Dass Deutschland die Abkommen jetzt auf absehbare Zeit wohl nicht ratifizieren wird, hat daher vor allem Signalwirkung. “Deutschlands Reputation in Afrika hat durch das Verhalten der Grünen immensen Schaden genommen. In Zeiten, in denen Russland und China aggressiv auf den afrikanischen Markt drängen, können wir uns unverlässliches Handeln wie in diesem Fall schlicht nicht leisten”, sagte Hoffmann.
Auch die Union zeigte sich irritiert. “Seit Monaten steht das Thema immer wieder auf der Tagesordnung, wird jedoch jedes Mal von den Ampelparteien kurz vor der Ausschussberatung abgesetzt. Dabei sind die Abkommen längst fertig und sollten sofort ratifiziert werden“, sagte CSU-Entwicklungspolitiker Wolfgang Stefinger.
Laut einer Studie der Industrievereinigung GSM Association (GSMA) entfielen 2024 weltweit 48 Prozent aller mobilen Geldkonten, insgesamt 835 Millionen, auf Subsahara-Afrika. Die Region gilt damit als Vorreiter für digitale Zahlungsmethoden. Regional verteilen sich die mobilen Konten auf 50 Millionen in Ostafrika, 66 Millionen in Westafrika, vierzehn Millionen in Zentralafrika und vier Millionen im südlichen Afrika. Doch es ist noch ein weiter Weg, bis der Zahlungsverkehr vollends digitalisiert ist. Zunächst bleibt Bargeld die bevorzugte Zahlungsmethode.
Denn trotz der Fortschritte werden in Afrika immer noch 90 Prozent aller Transaktionen im Einzelhandel in bar abgewickelt. Nur 34 Prozent der Erwachsenen verfügen über ein traditionelles Bankkonto. Auch in der informellen Wirtschaft ist Bargeld das Finanzmittel der Wahl. Dennoch bringt das digitale Banking wichtige Vorteile, die auch für das Wirtschaftswachstum des Kontinents nicht unerheblich sind. Mit dem Vorstoß zur digitalen finanziellen Inklusion sollen unter anderem Transaktionskosten reduziert werden, um das Wachstum anzukurbeln, heißt es in einem Bericht der Weltbank.
Schon häufig war Afrika Vorreiter bei innovativen Zahlungstechnologien, wie etwa Mpesa, welches 2007 von den Mobilfunkbetreibern Vodafone und Safaricom in Kenia eingeführt wurde. Nutzern wurde damit das Senden und Empfangen von Geld ermöglicht. Heute hat Mpesa mehr als 60 Millionen Nutzer und wickelt täglich Transaktionen im Wert von über einer Milliarde US-Dollar ab. Andere ähnliche elektronische und sofortige Zahlungssysteme definieren alltägliche Transaktionen auf einem Kontinent neu.
Rufaida Hamilton, Leiterin des Zahlungsverkehrs bei der südafrikanischen Standard Bank, sagt, der größte Wendepunkt für Afrika sei gewesen, “als man erkannte, dass die bloße Bereitstellung eines Bankkontos nicht ausreicht, um die Ziele der finanziellen Inklusion zu erreichen”. Die Möglichkeit, Geld einfach und sofort zu überweisen, wurde mit traditionellen Bankkonten nicht erfüllt. Mit allgegenwärtigen Zahlungssystemen wird zukünftig die Abhängigkeit von Bargeld reduziert. Es geht um eine Zukunft mit einem “Nebeneinander einer Vielzahl von Zahlungsoptionen, die miteinander konkurrieren und interagieren”, so Hamilton. Digitale Zahlungssysteme umfassen Produkte von Banken, Fintechs, Einzelhändlern und Mobilfunkbetreibern. 28 Sofortzahldienste gibt es derzeit in Afrika, wobei einige Länder mehr als ein System benutzen.
Der Gesamttransaktionswert auf dem Markt für digitale Zahlungen in Afrika wird bis Ende dieses Jahres voraussichtlich 191 Milliarden US-Dollar erreichen, hat die deutsche Online-Plattform Statista ausgerechnet. Ein Großteil davon, insgesamt 117 Milliarden US-Dollar, entfällt auf Mobile POS-Zahlungen (Mobile point-of-sale), also Zahlungen via Smartphone, Tablet oder ähnlichen drahtlosen Geräten, die die Funktion einer Registrierkasse oder eines elektronischen POS-Terminals ausüben können. Erwartet wird eine jährliche Zuwachsrate von rund 26 Prozent bis Ende des Jahrzehnts, was zu einem prognostizierten Gesamtbetrag von 611,2 Milliarden US-Dollar allein auf dem afrikanischen Kontinent führt.
In Kenia allerdings stockt der Digitalisierungstrend. Die Bevölkerung fragt wieder vermehrt traditionelle Bankdienstleistungen nach. In den vergangenen drei Jahren ging die Nutzung des mobilen Bankings von 34,4 Prozent 2021 auf 31,2 Prozent im Jahr 2024 zurück. Laut der FinAccess-Haushaltsumfrage 2024, die von der Zentralbank, dem statistischen Amt und dem Financial Sector Deepening Trust Kenya zusammengestellt wurde, benutzt knapp die Hälfte der Bevölkerung in den städtischen Regionen mobiles Banking. In den ländlichen Regionen liegt der Anteil lediglich unter einem Viertel. Vor allem ältere Menschen (55 Jahre oder älter), besonders in den ländlichen Regionen, bevorzugen traditionelles Banking. Jüngere städtische Bewohner hingegen bevorzugen die Nutzung mobiler Banken, so der Bericht.
Als Gründe für den Trend in Kenia verweist der Bericht unter anderem auf das Bargeldtransferprogramm der kenianischen Regierung, mit dem Bargeldzahlungen an ärmere Bürger getätigt werden. Außerdem weisen die Autoren auf die Vorliebe von mehr als der Hälfte der Bevölkerung für direkte Interaktionen in Bankfilialen, wo man auch nicht von stabilen Internetverbindungen abhängig ist.
Ungeachtet dessen soll der digitale Zahlungsverkehr weiter vereinfacht werden – auch international. Südafrika wird 2025 den Vorsitz der G20-Arbeitsgruppe für zugängliche sofortige grenzüberschreitende Zahlungen übernehmen. Wichtig ist hier die Geschwindigkeit grenzüberschreitender Zahlungen und die Reduzierung von Transaktionskosten. Zusätzlich müssen die Standards der Zahlensysteme harmonisiert werden.
Am Dienstag beginnt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine sechstägige Reise nach Nigeria, Südafrika und Lesotho. Am Mittwoch sind in Nigerias Hauptstadt Abuja Gespräche mit dem Präsidenten der Ecowas-Kommission Omar Touray sowie mit dem nigerianischen Präsidenten Bola Tinubu geplant. Anschließend wird der Bundespräsident in die Wirtschaftsmetropole Lagos fliegen und sich mit Vertretern nigerianischer Unternehmen und Start-ups austauschen. Der Bundespräsident wird seinerseits von einer deutschen Wirtschaftsdelegation begleitet. Folgende Unternehmen sind mit dem Bundespräsidenten auf seiner Reise nach Afrika dabei:
Zudem sind Katja Keul aus dem Auswärtigen Amt sowie Michael Kellner, parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Teil der Delegation des Bundespräsidenten.
In Südafrika stehen Gespräche mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa sowie dem Parteivorsitzenden der Democratic Alliance (DA), John Steenhuisen, auf dem Programm. Die DA ist seit Anfang Juli Teil der Koalitionsregierung in Südafrika, Steenhuisen ist Landwirtschaftsminister. In Lesotho trifft sich Steinmeier mit dem König von Lesotho, Letsie III., sowie dem Premierminister Samuel Matekane. Es ist der erste Besuch eines deutschen Bundespräsidenten in Lesotho.
Es ist bereits die dritte Reise des Bundespräsidenten nach Afrika in diesem Jahr. Während seiner Reise nach Ägypten im September standen einerseits die Wirtschaftsbeziehungen zu dem nordafrikanischen Land im Fokus, gleichzeitig ging es auch um Ägyptens Rolle als Vermittler im Gaza-Konflikt. Im Februar war der Bundespräsident zur Trauerfeier für den verstorbenen namibischen Präsidenten Hage Geingob nach Windhuk gereist. Dabei hatte Steinmeier eine Entschuldigung für die Gewalttaten während der deutschen Kolonialzeit in Aussicht gestellt, sobald das Versöhnungsabkommen mit Namibia abgeschlossen ist. Dafür bekam der Bundespräsident Kritik aus Namibia, da die Aussage suggerierte, die Bundesregierung mache eine Entschuldigung von der Unterzeichnung des Abkommens abhängig. dre
Salvador Pinto da França ist neuer Afrika-Berater der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas. Der Diplomat hat langjährige Afrika-Erfahrung vorzuweisen. Schlagzeilen machte Da França allerdings kürzlich, weil er Niger verlassen musste. Dort war er zuletzt als EU-Botschafter tätig. Die Militärregierung in Niamey hatte ihm vorgeworfen, EU-Hilfen für Flutopfer ohne Absprachen verteilt zu haben. Brüssel dementierte dies und teilte mit, die EU habe ihren Botschafter aus Niger zurückgerufen.
Da França war bereits in einigen afrikanischen Ländern tätig: Vor Niger arbeitete er von 2018 bis 2022 als stellvertretender Delegationsleiter und Leiter der politischen Abteilung für die EU-Delegation in Mali. Zu Karrierebeginn war Da França für die portugiesischen Botschaften in Ägypten und Guinea-Bissau stationiert.
Er besitzt neben der portugiesischen auch die französische Staatsbürgerschaft und spricht nach eigenen Angaben auch fließend Arabisch, Spanisch, Italienisch und Deutsch. Der neue Sonderbeauftragte der EU für den Sahel, João Cravinho, ist ebenfalls Portugiese und ehemaliger Außenminister seines Landes. lcw
Côte d’Ivoire macht von einem neuen Finanzierungsinstrument der Weltbank zur Schuldenumwandlung Gebrauch. Im Rahmen des Programms “Debt for Development” tauscht die Côte d’Ivoire alte, teure Anleihen ein und bekommt dafür von der Weltbank günstigere Kredite. In dem Prozess soll die Bonität von Krediten in Höhe von insgesamt fast 400 Millionen Euro verbessert werden. Diese wären in den kommenden fünf Jahren fällig geworden. Zu den günstigeren Zinsen gewährt die Weltbank zudem auch längere Laufzeiten. “Durch diese Maßnahme spart Côte d’Ivoire 60 Millionen Euro ein, die wir für den Bau von Schulen für 30.000 Schüler verwenden werden”, erklärte Adama Coulibaly, der ivorische Minister für Finanzen und Haushalt.
Nach Angaben der Weltbank haben lediglich eins von zehn Kindern in Côte d’Ivoire Zugang zu vorschulischer Bildung. Damit liegt das Land deutlich unter dem Durchschnitt von 28 Prozent in Subsahara-Afrika. Vor allem im ländlichen Raum ist der Zugang zu Bildung erschwert. Dabei gilt seit 2015 in Côte d’Ivoire eine Schulpflicht für Kinder zwischen sechs und 16 Jahren.
Mit der Umschuldung will die Weltbank die positive Entwicklung in dem westafrikanischen Land weiterhin sicherstellen. Vor der Corona-Pandemie konnte Côte d’Ivoire ein Wirtschaftswachstum von rund acht Prozent vorweisen. In den vergangenen zehn Jahren stieg der Human-Capital-Index von 0.30 auf 0.38 Punkte. Nach Angaben der afrikanischen Entwicklungsbank lag das Wirtschaftswachstum 2023 immerhin wieder bei 6,5 Prozent – 0,3 Prozent mehr als 2022. dre
Die Welt ist mit einer historischen Schuldenkrise konfrontiert. Aktuell sind zwölf der ärmsten Länder der Welt zahlungsunfähig oder stehen kurz davor. Staaten nutzen Schulden, um in Infrastruktur, Wirtschaft und soziale Fürsorge zu investieren. Problematisch wird es allerdings, wenn die Auslandsverschuldung zu hoch wird. Die Ursachen für die aktuelle Schuldenkrise sind vielfältig: höhere Kosten für Energie- und Lebensmittelimporte, schwankende Rohstoffpreise, hohe Staatsausgaben durch Naturkatastrophen infolge der Klimakrise und teilweise schlechte Regierungsführung. Zusätzlich verschärft wurde diese Krise in den letzten Jahren durch die Erhöhung der europäischen und US-amerikanischen Leitzinsen. Dadurch stiegen die Zinsen weltweit.
Im vergangenen Jahr zahlten die Länder des Globalen Südens insgesamt 847 Milliarden US-Dollar Zinsen – ein Anstieg von 26 Prozent in zwei Jahren. Mit großen Folgen für die Staatshaushalte der betreffenden Länder. So wendeten 45 Länder 15 Prozent oder mehr ihrer Staatseinnahmen auf, um Schulden und die damit verbundenen Zinsen zu begleichen. In Sambia waren es sogar 40 Prozent, in Laos und Angola über 60 Prozent. Für Investitionen und soziale Ausgaben blieb ihnen nur noch wenig Geld. Besonders besorgniserregend ist die hohe Schuldenlast vieler Länder des Globalen Südens angesichts der menschengemachten Klimakatastrophe, die sie besonders stark trifft. Die überschuldeten Staaten können dringend notwendige Investitionen in Klimaanpassung und -resilienz nicht tätigen, was auf lange Sicht noch teurer wird.
Auch für den Kampf gegen Armut stellt Überschuldung ein großes Hemmnis dar: In vielen Ländern führt dies nämlich zu Kürzungen bei sozialen Leistungen, der Gesundheitsversorgung und den Bildungsausgaben. Gleichzeitig werden die Steuern für die Mehrheit der Bevölkerung erhöht. Statt Armut zu verringern, verschlechtert sich so die Situation vor allem für ohnehin vulnerable Gruppen. Die Auswirkungen der Schuldenkrise werden so zu einem Katalysator für soziale und politische Instabilität, wie beispielsweise die heftigen Proteste der letzten Monate in Kenia zeigen. Dort protestierten Millionen gegen Steuererhöhungen und staatliche Sparpläne, die vom Internationalen Währungsfonds unterstützt wurden. In gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizei kamen mindestens 65 Menschen ums Leben. Die Ereignisse in Kenia sollten uns als Weckruf dienen. Überschuldung führt nicht nur zu wirtschaftlicher, sondern auch zu sozialer und politischer Instabilität, die sich über nationale Grenzen hinaus ausbreiten kann.
Solange es kein geordnetes Verfahren für die Entschuldung von Staaten gibt, geraten die überschuldeten Staaten zunehmend in Abhängigkeit von China. China, das der größte einzelstaatliche Kreditgeber für Länder des Globalen Südens ist, nutzt die Vergabe von Krediten als ein Instrument, um seine geostrategischen Ziele zu erreichen.
Um die Schuldenfalle zu durchbrechen, sind Schuldenerlasse unumgänglich. Derzeit gibt es aber keinen rechtlichen Rahmen für den Fall, dass ein Staat zahlungsunfähig wird. Es kommt also auf den guten Willen der Gläubiger an, ob es einen Schuldenerlass gibt. Die Verhandlungen sind außerdem komplex und langwierig, weil es kein existierendes Verfahren dafür gibt. Das ist ungünstig für die Gläubiger – vor allem aber schmerzlich für den Schuldnerstaat, der währenddessen finanziell gelähmt ist. Während staatliche Gläubiger eher bereit sind, Schulden zu erlassen, weigern sich gewinnorientierte private Gläubiger oft, ihren Teil beizutragen.
Das Fehlen eines rechtlichen Rahmens führt so zu Blockaden oder unzureichenden Schuldenerlassen, bei denen private Gläubiger weniger beitragen. Nicht selten müssen Schuldnerstaaten so das durch staatliche Erlasse freigewordene Geld verwenden, um Schulden mit privaten Gläubigern zu begleichen, anstatt notwendige Investitionen zu tätigen. Ein Beispiel dafür ist Sri Lanka, das 2022 zahlungsunfähig wurde. Während andere Gläubiger über einen Schuldenerlass verhandelten, versuchte die Hamilton Reserve Bank, die volle Rückzahlung ihrer Forderungen – inklusive Strafzinsen – einzuklagen.
Langfristig braucht es daher ein internationales Staateninsolvenzverfahren, das die Einigung zwischen Schuldnerstaat und den vielen Gläubigern – darunter staatliche Akteure, private Investoren und multilaterale Institutionen wie die Weltbank – über den erforderlichen Schuldenerlass gerecht und wirksam regelt.
Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem Staateninsolvenzverfahren könnte Deutschland mit einem sogenannten “Safe-Harbour-Gesetz” machen. Dieses würde es unkooperativen Gläubigern erschweren, Forderungen per Klage durchzusetzen, und würde das Auslandsvermögen der Schuldnerstaaten in Deutschland schützen. Vor allem aber hätte es eine starke internationale Signalwirkung: Deutschland würde als stabiler und fairer Partner in internationalen Finanzfragen auftreten. Belgien, das Vereinigte Königreich und der US-Bundesstaat New York planen beispielsweise ähnliche Regeln und könnten von einem Vorstoß Deutschlands ermutigt werden, diese tatsächlich zu verabschieden.
Seit Beginn der Legislaturperiode haben wir intensiv an der Entwicklung eines Safe-Harbour-Gesetzes gearbeitet. Wir haben dem Finanzministerium Vorschläge unterbreitet, wie Deutschland einen positiven Beitrag leisten könnte, und auf die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs gedrungen. Aber wie in vielen anderen Politikbereichen auch, hat das damals von der FDP geführte Haus keine konstruktive Rolle eingenommen, sondern unsere und weitere Vorschläge aus der Zivilgesellschaft abgeblockt.
Aber um Armut zu bekämpfen, die Klimakatastrophe zu bewältigen und globale Stabilität zu gewährleisten, müssen wir dringend einen Ausweg aus der Schuldenfalle finden. Langfristig ist das nur mit einem internationalen Staateninsolvenzverfahren möglich. Als Zwischenschritt muss Deutschland dringend ein Safe-Harbour-Gesetz verabschieden. Denn es ist politisch völlig unverantwortlich, Maßnahmen zur Lösung der internationalen Schuldenkrise weiter aufzuschieben.
Deborah Düring ist seit 2021 Mitglied des Bundestags für die Partei Bündnis 90/Die Grünen. Sie ist die außenpolitische Sprecherin ihrer Partei. Zudem ist sie Mitglied des Finanzausschusses.
Tagesspiegel: Mysteriöse Krankheit. Im Kongo breitet sich eine mysteriöse Krankheit aus. Laut den Gesundheitsbehörden in der betroffenen Region Panzi in der Provinz Kwango sind bereits über 140 Menschen, hauptsächlich Kinder, gestorben. Die Erreger und Übertragungswege sind noch unbekannt. (“Zahl der Erkrankungen steigt weiter: Mysteriöse ‘Krankheit X’ im Kongo noch nicht identifiziert”)
Jeune Afrique: Journalist wird Premierminister in Burkina Faso. Ibrahim Traoré, der Anführer der regierenden Junta in Burkina Faso, hat am Samstag Rimtalba Jean Emmanuel Ouédraogo zum Premierminister ernannt. Ouédraogo war zuvor Chefredakteur und später Direktor des öffentlichen Fernsehens in Burkina Faso. (“In Burkina Faso ernennt die Junta Jean Emmanuel Ouédraogo zum Premierminister”)
Nation: Milliardenverluste durch Beamte. Eine Evaluation von 32 Großprojekten in Kenia hat offengelegt, dass kenianische Beamte Schäden in Milliardenhöhe zu verantworten haben. Dazu zählen unter anderem auch Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung und verschleppte Bauvorhaben. (“Audit reveals plundered loans, waste of billions in mega projects”)
The Guardian: Streit unter Gewerkschaften. Das Federal Workers Forum (FWF) übte am Sonntag scharfe Kritik an dem Nigeria Labour Congress (NLC) und dem Trade Union Congress (TUC) und erklärte, die beiden wichtigsten Gewerkschaften hätten die nigerianischen Arbeiter im Stich gelassen. (“You’ve failed workers, labour group slams NLC, TUC”)
Washington Post: Chance für Behinderte. Ein Projekt in Südafrika will Menschen mit Behinderung eine Beschäftigung im Agrarsektor verschaffen. Südafrika kämpft mit einer hohen Arbeitslosenquote. (“A farming project in South Africa is helping deaf people build skills and find jobs”)
Tagesschau: Hunger durch Dürre. Der Süden Afrikas leidet unter einer schweren Dürre, mit kaum Regen in diesem Jahr. Die Landwirtschaft ist zusammengebrochen, Wasser und Lebensmittel sind knapp. In Malawi hat sich die Zahl der unterernährten Kinder im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht, und auch die Gewalt in der Region nimmt zu. (“Dürre sorgt für Hunger und viel Gewalt”)
Reuters: Kredit für Marokko. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) hat am Donnerstag einen Kreditvertrag über 350 Millionen Euro (370 Millionen Dollar) mit Marokko unterzeichnet. Außerdem erwägt die Bank, dem Land weitere 650 Millionen Euro zur Finanzierung der Infrastruktur für die Fußballweltmeisterschaft 2030 zu leihen. (“African Development Bank pledges $1 billion to Morocco”)
BBC: Uranbergbau ohne Frankreich. Die nigerianischen Militärmachthaber sind entschlossen, Frankreich aus allen bedeutenden Sektoren der nigerianischen Wirtschaft zu verdrängen, insbesondere aus dem Uranbergbau. In dieser Woche gab das französische Atomunternehmen Orano bekannt, dass die Junta, die operative Kontrolle über das lokale Bergbauunternehmen Somaïr übernommen hat. (“How a uranium mine became a pawn in the row between Niger and France”)
Jürgen Zimmerer zählt zu den profiliertesten Vertretern der antikolonialen Debatte in Deutschland. Doch seine kritische Haltung hatte der in Hamburg lehrende Historiker keineswegs schon immer, wie er im Gespräch mit Table.Briefings berichtet. “Ich habe in der Schule die zweifelhafte Ehre gehabt, einen der letzten waschechten Nazis im bayerischen Schuldienst als Geschichtslehrer zu haben”, erzählt Zimmerer. “Von ihm haben wir gelernt, der deutsche Kolonialismus war eine tolle Sache. Schlimm waren die Briten und die Franzosen.”
Zimmerer fand das als junger Schüler plausibel. “Diese ganze koloniale Nostalgie war überzeugend. Man fällt darauf sehr leicht herein”, sagt er. Erst während des Studiums habe er festgestellt, dass sein Geschichtsunterricht von Unwahrheiten geprägt war. Zimmerer studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Germanistik, zunächst an der Universität Regensburg, dann kam er mit einem Stipendium nach Oxford. Unter dem renommierten Kolonialhistoriker Terence Ranger schrieb Zimmerer 1991 seine Abschlussarbeit über die deutsche Kolonialherrschaft in Namibia, das ein Jahr zuvor unabhängig geworden war.
“Da habe ich festgestellt, alles, was ich in der Schule gelernt habe, war eine Lüge”, sagt Zimmerer. “Das hat mich sehr erschüttert.” Seither habe ihn das Thema nicht mehr losgelassen. So befasste er sich dann auch im Rahmen seiner Promotion an der Universität Freiburg mit der deutschen Kolonialpolitik in Deutsch-Südwestafrika (heutiges Namibia). Anschließend begann er Bücher zu schreiben, etwa über die Kontinuitäten zwischen der deutschen Kolonialpolitik und der Ostpolitik der Nationalsozialisten. “Mir fiel auf, dass vieles, was ich über den Nationalsozialismus und die Ostbesetzung im Studium lernte, mich sehr daran erinnerte, was ich aus Namibia von den Deutschen kannte”, beschreibt Zimmerer die Entstehungsgeschichte seines Buches “Von Windhuk nach Auschwitz?”.
“Wenn man sich die deutsche Geschichte anschaut, dann sieht man im Abstand von 40 Jahren zweimal einen Genozid“, erklärt Zimmerer. “Es gab zweimal den Versuch, einen rassistischen Vernichtungskrieg zu führen, und es gab zweimal den Versuch, einen Rassenstaat zu errichten, mit allem, was dazugehört, etwa Rassentrennungsgesetze. Einmal im Kaiserreich, in Südwestafrika, einmal im NS-Regime, in Osteuropa.” Diese seien im Grunde von der gleichen Elite verübt worden, im Abstand von nur einer Generation. “Das ist ein sehr geringer Abstand. Es wäre schon sehr erstaunlich, wenn es hier keine Beziehung gäbe“, meint Zimmerer. Die drei tragenden Säulen dieser Verbrechen, Bürokratie, Wissenschaft und Militär, seien zudem stark von Lehrer-Schüler-Verhältnissen geprägt.
“Der Ostkrieg, damit meine ich die Periode zwischen 1939 und 1945, war also im Grunde ein gigantischer Kolonialkrieg“, so Zimmerer. “Hier wurde eigentlich ein zweiter Versuch unternommen, ein deutsches Kolonialreich zu gründen.” Das sei auch durch Zitate von Hitler gut belegt, etwa: “Russland ist unser Indien.” Zimmerer betont aber, er wolle keine kausale Verbindung herstellen. “Es ist eher so, als die Nazis ’33 den Militärs und den Wissenschaftlern und den Bürokraten sagten, es gibt keine Bremsen mehr, da entfaltete sich wieder ein Denken, wie man es auch im Kolonialismus hat.”
Zimmerer ist auch Genozidforscher und einer der Mitgründer des International Network of Genocide Scholars. Von 2005 bis 2017 amtierte er als Gründungspräsident des Netzwerks. “Wir haben den Verband ziemlich genau 100 Jahre nach dem Genozid in Namibia gegründet”, sagt Zimmerer. Damals habe der deutsche Staat von dessen Aufarbeitung noch nichts wissen wollen. “Wir haben dann beschlossen, wenn Deutschland kein steinernes Denkmal baut, dann bauen wir quasi ein menschliches Denkmal, einen internationalen Verband, der den Genozid an den Herero und Nama zum Anlass nahm, um die Erforschung von Genozid international zu fördern. Und gleichzeitig damit das Verdrängen des Völkermordes in Deutschland zu unterlaufen. Und jetzt hat der Verband weltweit Mitglieder und führt alle zwei Jahre internationale Tagungen durch, ob in San Francisco, Kapstadt oder Jerusalem.”
Doch der Wissenschaftler befasst sich nicht nur mit historischen Debatten. Auch mit Blick auf das aktuelle Verhältnis Europas zu Afrika äußert Zimmerer immer wieder scharfe Kritik. “Europa ist dabei, sich mental und physisch einzumauern“, sagt er. “Das wird verheerend sein, weil Europa historisch gesprochen ja nur Europa werden konnte, indem es in den Austausch mit der Welt trat. Das war oft gewaltsam, aber zugleich auch kultureller und intellektueller Natur.” Europa sei ein Kontinent, der sich nicht einmauern dürfe, ohne sein Wesen zu verraten.
Angesichts der historischen Zeitenwende und der wachsenden Rolle Afrikas kann Zimmerer nicht verstehen, warum Programme des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, das Budget der Goethe-Institute oder Humboldt Fellowships gekürzt werden: “Deutschland kürzt die Programme, mit denen man in Austausch mit anderen Ländern geht. Das ist völlig unverständlich.” Auch seine eigene Forschungsstelle an der Universität Hamburg soll nicht fortgeführt werden. Er verstehe nicht, was die Stadt Hamburg dazu bewogen habe, eine international anerkannte Forschungseinrichtung “gegen alle Zusagen zu zerschlagen”, schrieb er kürzlich auf X.
“Ich glaube, dass Europa, und Deutschland ganz besonders, noch nicht gemerkt hat, dass das koloniale Zeitalter vorüber ist“, so Zimmerer zu Table.Briefings. “Wir sind jetzt im Übergang zur postkolonialen Globalisierung.” Diese zeichne sich durch eine radikale Dezentrierung Europas aus, sowohl militärisch und ökonomisch als auch intellektuell. Afrika hingegen sei ein Kontinent der Zukunft. “Das heißt, wir sind in Europa eigentlich das kleinere Anhängsel eines gigantischen Kontinents mit unglaublichem Potenzial“, meint Zimmerer. “Wir müssten alles tun, um mit Afrika in eine gleichberechtigte Kooperation zu kommen. Das tun wir nicht. Wir sind arrogant.”
Er verweist etwa auf das europäische Unverständnis über die Haltung afrikanischer Staaten zu Gaza und der Ukraine. “Die sind nicht per se auf der Seite des Westens. Wieso sind sie nicht auf der Seite des Westens? Wir sind doch die Guten, wir verteidigen doch die Menschenrechte.” Aus afrikanischer Perspektive sei das jedoch heuchlerisch. “Die Afrikaner haben die letzten 300 Jahre immer die Europäer erlebt, die sagen: Wir verteidigen die Menschenrechte. Und eigentlich waren sie immer der Gelackmeierte dabei. Die Glaubwürdigkeit Europas in puncto Menschenrechte ist in weiten Teilen Afrikas also ziemlich gering.”
Deutschland verspiele derzeit die letzten Reste seiner Glaubwürdigkeit, findet er. Unabhängig von den deutschen Absichten, der Ukraine zu helfen, oder aber der historischen Verpflichtung aus dem Holocaust nachzukommen, sei die Art und Weise, wie dies geschehe – die Außenwirkung – verheerend. Man müsse auch die Position der Anderen ernst nehmen. “Wir müssten das, was wir für uns beanspruchen, auch den Anderen zugestehen, etwa aus geschichtlichen Erfahrungen heraus zu agieren, und wir kämen ins Gespräch”, so Zimmerer.
“Ja, in Afrika gibt es autoritäre Elemente”, räumt er ein. Das sei aber nicht “typisch afrikanisch”, sondern ein globales Phänomen, sagt er mit Verweis auf Donald Trump und Viktor Orbán. “Zugleich gibt es in Afrika starke prodemokratische Bewegungen, während in Deutschland offenbar Teile der Gesellschaft die Demokratie abschaffen wollen.” Arne Schütte
Süßlich-blumig, rot-gold-klar und geschmeidig: Honig vom Baobab-Baum ist in jedem Fall eine sehr leckere Sache. Zu finden ist er zum Beispiel in Mali, etwa in der Region von Ségou, dem Herzen des früheren Bambara-Reiches. Vor Ort verkauft wird das Produkt oft in Plastikflaschen mit selbst gedruckten Etiketten. Im Online-Handel ist malischer Baobab-Honig zurzeit schwer zu bekommen – aber es gibt Alternativen von anderswo, etwa aus dem Senegal.
Der majestätische Baobab gilt als Lebensbaum. Produkte vom Baobab werden inzwischen oft als Superfood bezeichnet. Den Menschen vor Ort ist die gesundheitsfördernde Wirkung schon lange bekannt. Der Honig enthält demnach viel Vitamin C, Kalzium und Ballaststoffe. Damit soll der Baobab-Honig gut sein gegen grippale Infekte, Magen-Darm-Verstimmungen oder Gliederschmerzen. lcw