Table.Briefing: Africa

Afrikas Schuldenstand + BRICS soll erweitert werden + Minusma-Ende belastet Niger

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Schuldenlast einiger afrikanischer Staaten hat zuletzt immer wieder die Sorge um eine neue Schuldenkrise auf dem Kontinent befeuert. Wie berechtigt ist diese Befürchtung? Christian von Hiller hat die Fakten zusammengetragen.

Im Vorfeld des für August angesetzten BRICS-Gipfels haben Algerien, Ägypten und Äthiopien ihre Absicht bekräftigt, dem Wirtschaftsbündnis beizutreten. Die geplante Vergrößerung und die mögliche Einführung einer gemeinsamen Währung zeugen von den wachsenden politischen Ansprüchen der aufstrebenden Länder, wie Andreas Sieren beschreibt.

Beim UN-Nachhaltigkeitsforum in New York wurde deutlich, dass die Nachhaltigkeitsziele bis 2030 kaum noch zu erreichen sind. Das gilt für die Länder Afrikas umso mehr. Julian Hilgers hat die Konferenz für uns besucht, und beschreibt, wie die afrikanischen Länder bei der Erreichung der Ziele besser unterstützt werden könnten.

Und wir stellen Ihnen mit Tony Elumelu einen der wohl bemerkenswertesten Unternehmer Afrikas vor. Der nigerianische Geschäftsmann, der schon mit allen Ehren vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron empfangen wurde, will mit der Tony Elumelu Foundation das Unternehmertum in Afrika fördern.

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Ihr
Arne Schütte
Bild von Arne  Schütte

Analyse

Wie hoch verschuldet Afrika wirklich ist

Die Nachrichten zur Verschuldung Afrikas kommen derzeit in dichter Folge, wie eine Auswertung der vergangenen Tage zeigt:

  • Sambia erhält vom IWF eine Zahlung von 189 Millionen Dollar, teilte der Währungsfonds am Wochenende mit. Diese war monatelang zurückgehalten worden, als das Land mit seinen Gläubigern, darunter China, einen Vertrag über die Umstrukturierung seiner Schulden aushandelte.
  • In Ghana hat das Finanzministerium die Besitzer inländischer Anleihen aufgefordert, inländische Dollar-Anleihen im Wert von 809,9 Millionen Dollar gegen ein Paket neuer Anleihen mit längerer Laufzeit zu tauschen.
  • In Äthiopien warten die Auslandsgläubiger laut dem französischen Botschafter Rémi Maréchaux darauf, dass der IWF eine Bewertung der Schuldentragfähigkeit durchführt, bevor die im Pariser Club vereinten Gläubiger mit der Umschuldung Äthiopiens fortfahren können.

Kurz, es geht wieder die Sorge um, Afrika könne in eine neue Schuldenkrise abrutschen. Doch wie berechtigt ist diese Angst tatsächlich? Wir haben die Fakten zusammengetragen.

  • Die weltweite Staatsverschuldung stieg im vergangenen Jahr auf den Rekordwert von 92 Billionen Dollar, heißt es in einem Bericht der Vereinten Nationen. In Afrika werde mehr Geld für Zinsen aufgewendet als für Bildung oder Gesundheit.
  • Auf 645 Milliarden Dollar beliefen sich die Schulden der afrikanischen Staaten zum Jahresende 2021. Zahlen für das vergangene Jahr liegen noch nicht vor.
  • Der Schuldendienst wird in diesem Jahr auf 68,9 Milliarden Dollar steigen. Im Jahr 2010 waren es 17,3 Milliarden Dollar. Der Höhepunkt wird im kommenden Jahr mit 74 Milliarden Dollar erreicht. 2025 liegt der Schuldendienst dann bei 66,5 Milliarden Dollar.
  • Der Schuldendienst wird in diesem Jahr laut der Internationalen Schuldenstatistik 10,6 Prozent der afrikanischen Staatsausgaben binden. 2010 waren es 3,5 Prozent.
  • Größter Kreditgeber ist nicht China, sondern der Westen. Chinas Anteil an den afrikanischen Gesamtschulden liegt bei 13 Prozent und der des Westens bei 54 Prozent. Multilaterale Institutionen, beispielsweise die Weltbank, halten die restlichen 33 Prozent.
  • China hat 63,3 Milliarden Dollar bilaterale Darlehen vergeben und 20,9 Milliarden Dollar private Kredite. Multilaterale Finanzinstitute haben Kredite von 210 Milliarden Dollar laufen, private Gläubiger (ohne China) den größten Anteil mit 262,6 Milliarden Dollar.
  • Die Schuldenquote Afrikas ist mit 24 Prozent des BIP relativ gering. Im Euroraum ist den nationalen Regierungen gemäß der Maastricht-Kriterien eine Verschuldung von 60 Prozent erlaubt. Dennoch sind viele afrikanische Regierungen überfordert, denn es zählt nicht nur die Schuldenquote, sondern auch die Fähigkeit, die Schulden durch entsprechende Staatseinnahmen zu bedienen.
  • Ghana und Sambia befinden sich schon im Zahlungsausfall. Tschad und Äthiopien verhandeln eine Umschuldung.
  • Afrikanische Regierungen haben an den internationalen Finanzmärkten Anleihen im Volumen von 193 Milliarden Dollar emittiert. Diese Anleihen sind der größte Anteil der Schulden von 262,6 Milliarden Dollar privater Gläubiger. Diese sind nicht nur Spekulanten. Die Anleihen können sich auch in den Lebensversicherungen oder anderen Produkten zur Altersvorsorge europäischer Sparer finden.
  • Deutschland hält private Forderungen gegenüber Afrika von 1,8 Milliarden Dollar. Großbritannien kommt auf 14,6 Milliarden Dollar, Frankreich auf 6 Milliarden Dollar, China besagte 20,9 Milliarden Dollar. Sogar Israel hat mit 2,8 Milliarden Dollar höhere private Forderungen in Afrika als Deutschland.
  • Deutschland ist bei den bilateralen Schulden vorne dabei. Das sind staatliche Kredite, die zwischen Regierungen abgeschlossen werden. Deutschland kommt auf 10,1 Milliarden Dollar. Davor liegt nur Frankreich mit 14,5 Milliarden Dollar. Hinter Deutschland folgen Japan mit 8,9 Milliarden Dollar, die VAE mit 6,9 Milliarden Dollar und Indien mit 4,6 Milliarden Dollar.
  • Woher kommen die Schulden? Für die privaten Verbindlichkeiten lässt sich sagen, dass viele Banken und Anleger in den Zeiten niedriger Zinsen in Europa und den USA verzweifelt Anlagemöglichkeiten in hochverzinste Anleihen und Kredite gesucht haben. Dabei sind sie auch in Afrika fündig geworden. Auch Anleger in Europa haben auf diese Weise ihre Altersvorsorge aufbessern können.
  • Afrika leidet unter einem krassen Ungleichgewicht zwischen dem Zufluss an Eigenkapital und Fremdkapital: Die Welt hat, wie gesagt, Afrika mit Krediten von 645 Milliarden Dollar finanziert. Doch nur 45 Milliarden Dollar Eigenkapital in Form von Direktinvestitionen sind Afrika im vergangenen Jahr zugeflossen. Die Zahlen lassen sich allerdings nicht ganz vergleichen, da die Zahlen für Fremdkapital den Schuldenbestand erfassen, die über die Direktinvestitionen die neuen Zusagen.
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BRICS soll um einige Buchstaben wachsen

Zwei Themen werden den 15. BRICS-Gipfel in Südafrika Ende August bestimmen: eine eigene BRICS-Währung und die mögliche Erweiterung der Gruppe, der derzeit Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika angehören. Beides wird jedoch von der Frage überschattet, ob Russlands Präsident Wladimir Putin teilnehmen kann.

Der Attraktivität von BRICS schadet die Debatte um den russischen Präsidenten nicht: Eine Reihe von Ländern in Lateinamerika, dem Nahen Osten und Asien haben ihr Interesse an BRICS bekundet, darunter starke Kandidaten wie Argentinien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Iran, Bangladesch und Indonesien.

In Afrika streben Algerien, Äthiopien und Ägypten eine Mitgliedschaft an. Algerien ist diese Woche auf Einladung Xi Jinpings in China, unter anderem, um über die mögliche Mitgliedschaft zu sprechen. Ägypten, Führungsmacht im nördlichen Afrika, hat einen Antrag im Juni gestellt. Bereits im Februar trat Ägypten als erstes afrikanisches Land nach Südafrika der New Development Bank der BRICS-Staaten bei. Sie will unter anderem die globale Anhängigkeit vom amerikanischen Dollar verringern.

Angespannte Beziehungen zum Westen

Auch Äthiopien hat im Juni formal um Aufnahme gebeten. Das Land hat nach Nigeria die zweitgrößte Bevölkerung Afrikas und ist mit mehr als sieben Prozent eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften auf dem Kontinent. Allerdings ist die Wirtschaft erst halb so groß wie die von Südafrika, dem kleinsten BRICS-Partner.

Äthiopiens Beziehung zum Westen ist aufgrund des Bürgerkrieges im Norden angespannt. Das macht BRICS für Premierminister Abiy Ahmed Ali, ein Friedensnobelpreisträger, nur noch attraktiver. BRICS verfolgt eine Politik der Nichteinmischung, was sowohl Äthiopien als auch anderen BRICS-Anwärtern mehr zusagt als der Druck, den westliche Nationen regelmäßig ausüben. Ali hat zwischenzeitlich enge Beziehungen zu China und Indien aufgebaut. Alle Anwärter betrachten BRICS, die mächtige Alternative zum Westen, als eine globale Initiative, zu der sie sich hingezogen fühlen.

Kampf gegen die Dollar-Dominanz

Zudem soll BRICS Druck auf die in von den USA und Europa dominierten Finanzstrukturen ausüben, wie kürzlich in Paris auf dem Summit for a New Global Financial Pact deutlich wurde. Auch die Schaffung einer eigenen Währung steht im Raum. Auf dem Paris-Gipfel sagte der brasilianische Präsident Lula da Silva: “Manche Leute bekommen Angst, wenn ich sage, dass wir neue Währungen für den Handel schaffen müssen.” Dies zeige, wie wichtig diese Diskussion sei, “und wenn es nach mir geht, wird sie beim BRICS-Treffen stattfinden”.

Eine BRICS-Währung könnte die Dominanz des Dollar ins Wanken bringen, schreibt das US-Fachblatt Foreign Politics (Samuel P. Huntington: “Der Kampf der Kulturen”). Zudem, fordert Lula, müsse man “mehr afrikanische Kollegen dazu bringen, sich zu beteiligen.” Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa pflichtete Lula bei, auch wenn das die exklusive Position Südafrikas als einziger BRICS-Vertreter Afrikas relativiert. Wichtiger ist: Die Länder sind hilfreich, wenn es darum geht, die Reform der globalen Finanzarchitektur voranzutreiben. BRICS soll mehr internationale Einflussnahme in einer zunehmend multipolaren Welt bringen.

In der Zwischenzeit geht das Tauziehen um eine politische Lösung für die mögliche Teilnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin weiter. Für Südafrika wäre es die beste Lösung, Putin bliebe zu Hause. “Es ist ein großes Dilemma für uns”, sagte Südafrikas Vize-Präsident Paul Mashatile. “Natürlich können wir ihn nicht verhaften. Es ist fast so, als würde man einen Freund zu sich nach Hause einladen und ihn dann verhaften.”

Diplomatische Initiativen in Richtung Russland

Alle drei anderen Lösungen fanden bei BRICS keinen Rückhalt: den Gipfel nach China zu verlegen, statt Putin Russlands Außenminister einzuladen, oder einen virtuellen BRICS-Gipfel abzuhalten. Nun wird Ramaphosa persönlich mit Putin sprechen. “Der Präsident wird später in diesem Monat zum Russland-Afrika-Gipfel reisen. Dort werden die Gespräche fortgesetzt“, heißt es in dessen Umfeld. In Sankt Petersburg, wo der Gipfel Ende Juli stattfindet, wird Ramaphosa auch die afrikanische Ukraine-Friedensinitiative, die im Juni unternommen wurde, wieder aufgreifen.

Der ehemalige Präsident von Südafrika, Jacob Zuma, ist schon in Russland – auch um sich medizinisch behandeln zu lassen, wie es heißt. Das südafrikanische Verfassungsgericht entschied allerdings am Donnerstag, dass Zuma wieder zurück ins Gefängnis muss, um den Rest seiner fünfzehnmonatigen Haftstrafe abzusitzen.

Zuma wurde zuvor nach acht Wochen Haftverschonung gewährt, auch aus “gesundheitlichen Gründen”, wie es heißt. In der Woche zuvor hatte Zuma an einer Konferenz in Sambia Russlands Verbündeten Belarus vertreten. Allein daran zeigt sich: Die BRICS-Länder halten zusammen, auch wenn sie Putins Krieg für falsch halten.

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Warum Afrika bei den Nachhaltigkeitszielen zurückliegt

Die Bilanz der Komoren fällt ernüchternd aus. Nur bei zwei der 17 Nachhaltigkeitszielen (SDG) machten die Komoren ausreichende Fortschritte, sagte Daniel Ali Bandar, Generalsekretär des Landes bei der Vorstellung des Zwischenberichts auf dem UN-Nachhaltigkeitsforum in New York. Besonders der Klimawandel mache dem Land zu schaffen. “Das Land ist dem Anstieg des Meeresspiegels, dem Risiko von Überschwemmungen, Wirbelstürmen und Erdrutschen ausgesetzt”, sagte Bandar.

Nach aktuellem Stand würden die Komoren bis 2030 kein einziges Nachhaltigkeitsziel erreichen. Damit ist das Land nicht allein. “Wenn Sie so wollen, ist die SDG-Erreichung in Afrika besonders schlecht, besonders besorgniserregend”, sagte Axel Berger, stellvertretender Direktor des German Institute of Development and Sustainability (IDOS) und geschäftsführender Direktor des Sustainable Development Solutions Network (SDSN).

Andere Finanz- und Steuerpolitik notwendig

Im Ranking zum aktuellen Stand der SDG-Erreichung liegen die Komoren auf Rang 154 von 166. An Staaten in Subsahara-Afrika gehen auch die letzten drei Plätze: Hinten liegen der Tschad, die Zentralafrikanische Republik und Südsudan. Vielen Staaten in Afrika fehlen offenbar die Mittel im Haushalt für nachhaltige Investitionen.

Afrika sei auf dem internationalen Kapitalmarkt benachteiligt, beklagte Ahunna Eziakonwa, Regionaldirektorin beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). “Kredite werden immer teurer, und viele afrikanische Länder müssen einen großen Teil ihrer Einnahmen für ihre Schulden ausgeben, anstatt sie in die Grundversorgung und die Wirtschaft zu investieren”, sagte Ahunna Eziakonwa.

Was also muss geschehen, damit die Staaten in Afrika den Nachhaltigkeitszielen näher kommen? Eine neue Finanz- und Schuldenpolitik gegenüber afrikanischen Staaten wurde auf dem UN-Forum diskutiert. So wollen afrikanische Staaten vom Herbst an in der UN-Generalversammlung eine Steuerkonvention zur Sprache bringen. “Das Steuersystem wurde entworfen, um die Ausbeuter zu schützen”, kritisierte der Ökonom Jason Rosario Braganza vom African Forum and Network on Debt and Development und forderte eine gerechtere Verteilung der Macht.

Neuer IWF-Kredit für Sambia

Auch die Um- und Entschuldung der afrikanischen Staaten gilt als wichtiger Baustein, um nachhaltige Investitionen zu erleichtern. Wie das gehen könnte, zeigt das Beispiel Sambia. Nachdem die sambische Regierung im Juni in Paris eine Restrukturierung der Schulden von 6,3 Milliarden Euro vereinbart hatte, gab der IWF während des Nachhaltigkeitsforums grünes Licht für einen ersten Neukredit.

Eziakonwa sieht aber auch die Staaten selbst in der Pflicht: “Afrika muss seine Produktionskapazitäten ausbauen, besonders in Sachen Nahrungsmittel und Energie. Der Kontinent hat ein großes Potenzial an jungen Arbeitskräften”, sagte die UN-Vertreterin. “Wenn hier Arbeitsplätze, besonders im Technologiebereich, geschaffen werden, würde das einen enormen Schub für die Transformation der Volkswirtschaften und für die Erreichung vieler SDGs bedeuten.”

Die komorische Regierung will die Umsetzung der Agenda 2030 mit einem Post-Covid-Konjunkturplan bis 2026 beschleunigen, das komorische Finanzsystem stärken und die Zinsen sinken lassen. So wollen die Komoren das Land auch für private Investitionen attraktiver machen. Ohne die, da sind sich die Beteiligten auf dem Nachhaltigkeitsforum einig, könnten die Nachhaltigkeitsziele in afrikanischen Staaten, auf keinen Fall erreicht werden.

Die Reise zum UN-Nachhaltigkeitsforum (HLPF) fand im Rahmen eines Workshops der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen und des Pressenetzwerks für Jugendthemen statt und wurde vom BMZ finanziert.

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News

Bundesregierung sucht in Afrika Kontakt zu China

In der vergangenen Woche hat die Bundesregierung ihre lang erwartete China-Strategie veröffentlicht. In dem Dokument beschreibt die Regierung ihre strategische Ausrichtung gegenüber der Volksrepublik auf verschiedenen Politikfeldern. Auch der afrikanische Kontinent spielt dabei eine Rolle, allerdings eine nachgeordnete – und meist nur im Rahmen von Bestrebungen der Europäischen Union (EU). 

So setzt die Bundesregierung etwa auf gemeinsame Fachdialoge mit der chinesischen Regierung zu regionalen Themen wie zum Beispiel Afrika. Deutsche und chinesische Auslandsvertretungen sollen sich an ihren Dienstorten vermehrt austauschen und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit ausloten. Auch die entwicklungspolitische Zusammenarbeit im Rahmen des Deutsch-Chinesischen Zentrums für nachhaltige Entwicklung in Peking wird bekräftigt. 

Zugleich sind die Passagen zu Afrika auch als Reaktion auf das starke chinesische Engagement auf dem Kontinent zu verstehen. Die Volksrepublik sei dort “sehr aktiv” und gewinne zunehmend an Einfluss, etwa durch ihr handelspolitisches Engagement und die militärische Präsenz am Horn von Afrika. Bei gemeinsamen Interessen soll mit China kooperiert werden. Genauso betont die Bundesregierung jedoch, Afrika sei “Zielregion für europäische Infrastrukturfinanzierungen” im Rahmen der Global Gateway Initiative der EU sowie der Partnerschaft für Infrastruktur und Investitionen der G7-Staaten (PGII). Ein “wohlhabendes, friedliches und resilientes Afrika” sei ein zentrales Ziel der EU. 

Beim Handel bekräftigt die Bundesregierung ihre Unterstützung für EU-Initiativen zur Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika, etwa durch Wirtschaftsabkommen mit den OAKPS-Staaten und die Umsetzung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone. Zudem unterstützt Deutschland eine Reform der Welthandelsorganisation, auf die die vor allem die Länder des globalen Südens drängen. 

Die Bundesregierung betont auch Chinas “besondere Verantwortung bei der Schuldenrestrukturierung für hochverschuldete Staaten”. Die internationale Schuldenarchitektur müsse unter Mitarbeit Chinas weiterentwickelt werden. Bei Resolutionsinitiativen innerhalb der Vereinten Nationen will die Bundesregierung künftig mehr “auf Interessen globaler Partner in Afrika, Asien und Lateinamerika eingehen und ihre aktive Mitarbeit suchen”. ajs

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Algerien setzt auf China und BRICS

Der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune ist am Montag zu einem mehrtägigen Staatsbesuch nach Peking gereist. Bei den Gesprächen mit chinesischen Offiziellen geht es um bilaterale Projekte im Bergbau, bei Infrastruktur und bei der Energie, aber auch um den Ausbau der chinesischen Beziehungen zu arabischen Staaten im Allgemeinen. Auch um den Wunsch Algeriens, der BRICS-Gruppe beizutreten, geht es in Peking. Für die Volksrepublik ist Algerien vor allem wegen seiner strategischen Position als nordafrikanisches Gateway im Rahmen der Belt and Road Initiative von Bedeutung. 

“Wir haben unsere Absicht zum Ausdruck gebracht, den BRICS beizutreten, und freuen uns auf den Gipfel, der im August in Südafrika stattfinden wird”, sagte der algerische Außenminister Ahmad Attaf der Nachrichtenagentur Agenzia Nova. Algerien hat außerdem seine Absicht erklärt, der BRICS-Entwicklungsbank New Development Bank beizutreten, sowie offiziell den Beitritt zur Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit beantragt, wenn auch nur als Beobachtermitglied. Beide Organisationen sind, ebenso wie die BRICS selbst, gegründet worden, um alternative Institutionen zu dem westlich geführten System von Weltbank und IWF aufzubauen. 

Neben Algerien hoffen weitere afrikanische Staaten darauf, beim BRICS-Gipfel im August in die Gruppe aufgenommen zu werden, etwa Ägypten, Nigeria und Äthiopien. Insgesamt haben knapp 20 Länder im Vorfeld des Gipfels ihr Interesse bekundet, darunter auch Schwergewichte wie Indonesien, Mexiko und Saudi-Arabien. ajs

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Mota-Engil liefert Eisenbahnen an Nigeria

Die nigerianische Tochtergesellschaft des portugiesischen Bauunternehmens Mota-Engil hat einen Vertrag über die Lieferung und Finanzierung von Schienenfahrzeugen mit dem nigerianischen Transportministerium abgeschlossen. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Konzerns hervor. Die Fahrzeuge im Wert von 840 Millionen Euro sind für eine neue Strecke im Norden des Landes gedacht, die die nigerianische Stadt Kano mit der Stadt Maradi in Niger verbinden soll. Die Lieferung und Inbetriebnahme der Schienenfahrzeuge erfolgt laut Mota-Engil innerhalb der nächsten vier Jahre.

Mit dem Bau der neuen Strecke hat Nigeria ebenfalls Mota-Engil beauftragt. Der Vertrag hat einen Umfang von knapp zwei Milliarden Euro. Die Vereinbarung verpflichtet Mota-Engil außerdem zum Bau einer Universität in Nigeria. Das Projekt ist Teil eines Regierungsplans zum Bau von Eisenbahnnetzen in ganz Nigeria. Damit soll die schlechte Verkehrsinfrastruktur verbessert werden, die das Wirtschaftswachstum seit Jahrzehnten behindert. 

Mota-Engil ist auf dem Kontinent mit vielen Projekten vertreten – etwa beim Ausbau der tansanischen Eisenbahn – aber auch in Nigeria nachgefragt: Im November wurde ein von Mota-Engil geführtes Konsortium in die engere Auswahl für den Bau einer Brücke im Wert von 2,5 Milliarden Euro im Bundesstaat Lagos gezogen. ajs

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Rohstoffhändler bringt Kakao-Preis zum Fallen

Monatelang ist der Preis für Kakao steil in die Höhe gegangen, doch nun ist er kräftig abgestürzt. Dahinter könnte ein großer Rohstoffhändler stehen. Seit Ende September sind die Notierungen an den Rohstoffbörsen in New York und London um rund 47 Prozent gestiegen. Davon haben die beiden weltgrößten Erzeugerländer Elfenbeinküste und Ghana profitiert, aber auch Kamerun und Nigeria.

Doch nun ist der Preisauftrieb abrupt zu Ende gegangen. In London ist der Preis für Kakao von 2873 Pfund je Tonne Anfang Juni auf bis zu 2492 Pfund gestürzt – ein Minus von gut 13 Prozent in gerade einmal zwei Wochen. Am Montag notierte der Kontrakt bei 2509 Pfund. Ein Grund für den Kurssturz ist, dass die europäischen Hersteller im zweiten Quartal laut der Europäischen Kakaovereinigung ECA weniger Kakao verarbeitet haben. Dies wiederum könnte an den starken Preiserhöhungen für Schokolade und andere Kakaoprodukte im Zuge der allgemein gestiegenen Inflation liegen.

So hat der weltgrößte Schokoladenhersteller Barry Callebaut in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass er in den ersten neun Monaten seines Geschäftsjahrs per Ende Mai weniger Schokolade verkauft hat. Das Volumen fiel um 2,7 Prozent auf 1,7 Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahr. Bei Schokolade ging das Volumen sogar um 3,7 Prozent zurück. Der schweizerische Konzern arbeitet nach dem Cost-Plus-Modell: Preissteigerungen für Kakao, Energie oder Transport werden direkt an die Industriekunden weitergegeben. Die Aktie hat in den vergangenen sechs Monaten 12,6 Prozent an Wert verloren.

Zusätzlich haben Gerüchte, wonach dass ein großer Rohstoffhändler an der Rohstoffbörse ICE Europe seit Februar eine dominante Position aufgebaut haben soll, den Kakaopreis bewegt. In Kombination mit dem angespannten Angebot habe dies an den Terminbörsen den Preis für Kakaokontrakte mit kurzer Laufzeit stark steigen lassen, berichtete Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank. Diese Spekulationsgeschäfte hatten den Kakaopreis seit Februar offenbar über Gebühr steigen lassen, sodass dieser nun wieder zurückfällt. hlr

  • Handel
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Digitalausschuss in Kenia und Ruanda

In der vergangenen Woche hat eine Delegation des Bundestagsauschusses für Digitales die beiden Länder Kenia und Ruanda besucht. Die Abgeordneten informierten sich darüber, welche Innovationen und Lösungen zur Gestaltung der digitalen Transformation in diesen beispielhaften afrikanischen Ländern vorangetrieben werden. 

Die Delegationsteilnehmer führten Gespräche mit Vertretern aus den jeweiligen Parlamenten und Regierungen, mit Akteuren internationaler Institutionen und der Zivilgesellschaft sowie mit politischen Stiftungen und im Digitalmarkt agierenden Firmen und Innovationszentren. In Kenia besuchten die Abgeordneten unter anderem das Digitalministerium und das Klimavorhersagezentrum der nordostafrikanischen Regionalorganisation Intergovernmental Authority on Development (IGAD). In Ruanda informierte sich die Delegation unter anderem über die digitale Agenda des Landes und den Ausbau der digitalen Infrastruktur

Die Delegation wurde geleitet von der Ausschussvorsitzenden Tabea Rößner (Grüne). Weitere Teilnehmer waren Anna Kassautzki und Armand Zorn (beide SPD), Franziska Hoppermann und Nadine Schön (beide CDU/CSU), Tobias Bacherle (Grüne) sowie Maximilian Mordhorst (FDP). ajs 

  • Digitalisierung
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Standpunkt

Niger wird die Folgen des Minusma-Abzugs spüren

Von Ulf Laessing

Malis Militärregierung hat überraschend entschieden, die Blauhelm-Mission Minusma – zu der die Bundeswehr gehört – bis Ende Dezember zu beenden. Die westlichen Partner hatten erwartet, dass Bamako bei der routinemäßigen Verlängerung des Mandats zum 30. Juni Probleme machen wird, etwa wegen aus Sicht der Junta lästigen Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen. Doch dass die Junta-Führung gleich die Mission ganz rauswirft, kam selbst für das malische Militär überraschend.

Hektisch wurden in den Folgetagen Krisensitzungen beim Generalstab einberufen, weil die Armee jetzt plötzlich mehr als zehn Stützpunkte der Minusma übernehmen soll. Dafür fehlt es an Soldaten und Material. Einige Diplomaten vermuten denn auch, dass Mali so viel Druck beim Abzug macht in der Hoffnung, dass die Mission dann nicht alles Material transportieren kann und den Maliern unfreiwillig etwa gepanzerte Fahrzeuge überlässt.

Die Blauhelme haben nicht aktiv wie die französische Armee gegen Dschihadisten gekämpft, aber mit ihrer Präsenz die großen Städte wie Gao oder Mopti im Zentrum sicher gemacht hat und damit der malischen Armee den Rücken freigehalten. Die Städte sind auch Zufluchtsorte von Menschen, die vor den Dschihadisten oder den Übergriffen der Armee und Russen fliehen – sie werden jetzt deutlich unsicher, kleinere Städte wie Menaka könnten sogar an die Dschihadisten fallen.

Hubschrauber und Jets von der russischen Resterampe

Die malische Armee hat seit 2012 die Sicherheitskrise nicht gemeistert. Mali hat zwar mehr als 30 Hubschrauber und Jets von Russland gekauft, aber dies war eher die Resterampe, die nicht in der Ukraine gebraucht wird – einige Maschinen waren 40 Jahre alt. Mindestens ein Hubschrauber und ein Jet sind bereits abgestürzt. Mehr noch: Die Malier fliegen jetzt zwar mehr Luftangriffe, aber sie können wie bisher kein Territorium halten. Alle Offensiven mit Hilfe russischer Söldner sind verpufft.

Mit dem Abzug der Minusma wird die Armee noch weniger Operationen durchführen können. Auch die mehr als 1000 Russen werden daran nichts ändern. Deren Brutalität treibt den Dschihadisten eher neue Freiwillige zu. Schlimmer noch: Die Minusma hat Tausende Ortskräfte beschäftigt und einen weitgehend nicht-existenten Staat ersetzt. Vom Brunnenbau bis zur Qualifizierung von Arbeitslosen, neuen Gebäuden für die Polizei sowie Versorgung von Binnenflüchtlingen machen die Vereinen Nationen bisher viel, was eigentlich Aufgaben von Behörden sein sollte.

Doch in Mali ist der Zentralstaat außerhalb der Hauptstadt Bamako im Süden kaum tätig. Schulen und Krankenhäuser sind häufig Fehlanzeige in ländlichen Regionen. Daher sind bisher auch alle Militäroperationen gescheitert. Die Dschihadisten kommen schnell nach einer Rückeroberung eines Dorfes zurück und bauen einen Parallelstaat mit eigener Justiz auf.

Erhöhte Fluchtbewegungen in der Region

Man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, wie der Konflikt weitergehen wird. Tausende Minusma-Mitarbeiter werden jetzt arbeitslos – die meisten werden keine vernünftigen Jobs finden, weil die Mission häufig der größte Arbeitgeber vor Ort ist. Einige werden sich kriminellen Banden und gar Dschihadisten anschließen, die gezielt arbeitslose junge Männer rekrutieren.

Wenn die Städte in der Region nicht mehr sicherer werden, werden die Binnenflüchtlinge vor allem nach Niger oder Algerien weiterziehen. Beide Länder merken schon jetzt einen erheblichen Anstieg von Flüchtlingen, seitdem der Islamische Staat im Norden mit dem Abzug der Franzosen letztes Jahr eine Offensive begonnen hat. Es gibt mehr als 100.000 Binnenflüchtlinge allein im Norden.

Niger liegt an der Mittelmeerroute, wo es seit einiger Zeit auch mehr Bootsabfahrten gibt. Niger ist jetzt schon mit der mit Migration von Armutsflüchtlingen überfordert. Der Staat ist dort genauso schwach wie in Mali und kämpft ebenfalls mit Dschihadisten. Das Land ist derzeit der Fokus der westlichen Partner im Sahelraum, aber all die Hilfsprogramme werden möglicherweise verpuffen, wenn der Norden Malis noch instabiler wird.

Ulf Laessing ist Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Bamako.

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Presseschau

Financial Times: Nigeria könnte sich schneller erholen als Südafrika. Die beiden Riesen der afrikanischen Wirtschaft haben ein schwieriges Jahrzehnt hinter sich. Südafrika schien im beschwerlichen Kampf gegen die eigenen strukturellen Probleme lange die Nase vorn zu haben, doch nun könnte Nigerias Moment gekommen sein.

Bloomberg: Afrikanische Länder wollen stärker von Kohlenstoffausgleich profitieren. Afrikanische Regierungen profitieren trotz günstiger Bedingungen bisher kaum vom wachsenden globalen Handel mit Emissionskompensationen. Einige Länder verfolgen nun Initiativen, um dies zu ändern.

Financial Times: Ägypten privatisiert staatliche Vermögenswerte. Die ägyptische Regierung hat staatseigene Vermögenswerte im Wert von knapp zwei Milliarden Dollar an ägyptische Investoren und einen Investmentfonds aus den Vereinigten Arabischen Emiraten verkauft. Dabei geht es etwa um Anteile an Ölkonzernen und Hotels.

Semafor: Afrikanische Handelsminister fordern Überarbeitung von AGOA. Beim US-Africa Business Summit in Botswana in der vergangenen Woche forderten die Minister eine sofortige Erneuerung des amerikanischen African Growth and Opportunity Act (AGOA). Dies würde es ermöglichen, Investitionen in afrikanische Volkswirtschaften besser zu planen und aufrechtzuerhalten.

BBC: Teure Flüge behindern wirtschaftliche Entwicklung Afrikas. Das Fliegen innerhalb Afrikas ist teurer als fast überall sonst auf der Welt. Häufig sind interkontinentale Flüge günstiger als jene innerhalb des Kontinents. Das macht Geschäfte in Afrika unglaublich schwierig und teuer – und betroffen ist nicht nur die Elite der Reisenden.

Business Insider: Afrikas Startup-Städte. Die Tech-Startup-Szene in Afrika wächst beträchtlich und hat die Region zu einem Zentrum der Innovation gemacht. Einige Städte haben bemerkenswerte Erfolge vorzuweisen und ziehen damit Unternehmer und Investoren gleichermaßen an.

Afrique XXI: Frankreich sucht neuen Ansatz für Militäreinsätze in Afrika. Die anti-französische Stimmung in vielen afrikanischen Ländern zwingt Paris, seine Militärdoktrin neu zu bewerten. Doch trotz der französischen Beteuerungen, man habe aus den Fehlern im Sahel gelernt, sind viele der strategischen Neuerungen nur kosmetischer Natur.

Foreign Policy: Sudan-Konflikt ist Stellvertreterkrieg der Golfstaaten. Der ressourcenreiche Sudan mit seiner strategischen Lage als Brücke zwischen Afrika und der Arabischen Halbinsel ist zum Schauplatz der saudisch-emiratischen Rivalität geworden. Beide Länder setzen darauf, mit der Unterstützung einer der Konfliktparteien eine Vormachtstellung in der Region zu erlangen.

Al Jazeera: Irans Präsident auf Afrika-Tour. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat seine Afrika-Reise mit der Unterzeichnung mehrerer Übereinkommen mit Simbabwe abgeschlossen. Zuvor hatte Raisi Kenia und Uganda besucht und auch dort Abkommen unterzeichnet. Der international isolierte Iran sucht derzeit nach neuen Partnern.

Heads

Tony Elumelu – Unternehmer-Star in ungewohntem Aufzug

Tony Elumelu
Der nigerianische Unternehmer Tony Elumelu.

Tony Elumelu ist ohne jeden Zweifel einer der bemerkenswertesten Unternehmer Afrikas. Er könnte nun auch einer der extravagantesten werden. Seit einigen Tagen kursieren im nigerianischen Internet vielkommentierte Berichte darüber, wie der Geschäftsmann auf einer Veranstaltung “in wunderschönen, völlig verrückten Jeans” auftauchte, wie ein Nutzer witzelte. Dabei stand Elumelu bisher dafür, stets in maßgeschneiderten Anzügen, weißen Hemden und mit eleganter Krawatte aufzutreten.

Das entsprechende Video zu seinem Auftritt in zerrissenen Jeans, heraushängendem Hemd, weißen Sneakern und Rucksack auf dem Rücken veröffentlichte Elumelu im Übrigen selbst auf Tik Tok. In nigerianischen Banken wäre ein solcher Aufzug niemals erlaubt, machte sich ein Internetnutzer über dieses Ereignis lustig.

Elumelu hat damit jedoch gezeigt, dass er in Bezug auf die Setzung von Standards längst in die Kategorie eines Richard Branson, Bill Gates oder Mark Zuckerberg aufgestiegen ist, eine Kategorie von Unternehmer-Stars, in der die Normen, denen sich gewöhnliche Angestellte unterwerfen müssen, nicht mehr gelten.

Auf der Liste der einflussreichsten Menschen

Der sechzigjährige Unternehmer aus der zentralnigerianischen Stadt Jos zählte auch zuvor schon zu den Unternehmer-Stars auf dem Kontinent. Das amerikanische Magazin Times zählt ihn seit 2020 zu den 100 einflussreichsten Menschen auf der Welt. Auf der Forbes-Liste der reichsten Afrikaner wird Elumelu zwar nicht mehr unter den Top 20 geführt, da er zuletzt auf ein geschätztes Vermögen von rund 700 Millionen Dollar kommt.

Doch das mag auch daran liegen, dass er nach seinen unternehmerischen Erfolgen das Interesse auf die Wohltätigkeit und seine Tony Elumelu Foundation verlegt hat. Elumelu steht für den Erfolg der United Bank for Africa, die er bis 2010 aktiv führte und der er heute als Präsident vorsteht. Auch an der Börse läuft die UBA hervorragend. In den vergangenen zwölf Monaten ist der Aktienkurs um mehr als 70 Prozent gestiegen. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2023 erhöhte sich der Gewinn um beeindruckende 29,1 Prozent.

Aktivitäten in Strom, Energie und Krankenhäusern

Seine Unternehmensbeteiligungen bündelt Elumelu seit 2010 zum großen Teil in der Heirs Holdings. Sie kontrolliert auch die Mehrheit an der Transnational Corporation (Trans Corp), einem Konglomerat mit Aktivitäten in der Stromerzeugung, im Krankenhausbereich und im Energiesektor. An der Börse Lagos schoss der Aktienkurs aufgrund starker operativer Zahlen in den vergangenen zwölf Monaten um 174 Prozent in die Höhe. Im Mai kaufte seine Frau Awele Elumelu 5,08 Prozent der Trans-Corp-Aktien zum Preis von 7,3 Millionen Euro dazu.

Den Grundstein für seinen Erfolg hat Elumelu früh gelegt: 1997 übernahm er mit ein paar befreundeten Investoren die Crystal Bank, die in den Strudel der damaligen Bankenkrise in Nigeria geraten war. Er benannte sie in Standard Trust Bank um und machte sie zu einer der erfolgreichsten Banken Westafrikas. 2005 gelang ihm sein nächster Coup: Mit 20 Millionen Dollar, die ihm der Milliardär Femi Otedola geliehen hatte, kaufte die Standard Trust Bank den Konkurrenten United Bank for Africa.

Umworbener Star in Paris

Seitdem expandierte die neue Bank in 20 afrikanische Länder, nach Frankreich, in die USA und nach Großbritannien. Während Elumelu in Deutschland kaum bekannt ist, war er im Herbst 2019 umworbener Stargast in Paris. Präsident Macron hatte den France Invest Africa Club initiiert, der damals die Konferenz Ambition Africa ausrichtete. Macron und sein Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire empfingen Elumelu mit allen Ehren.

“Wir teilen unseren Ehrgeiz zur Förderung von afrikanischen Unternehmern, da diese eine zentrale Rolle für die Wirtschaftsentwicklung Afrikas spielen”, sagte Le Maire. Damit spielte der französische Regierungsvertreter auf die Tony Elumelu Foundation an, die Stiftung, der heute das Hauptinteresse des Unternehmers gilt. 2010 hatte er diese gegründet, um das Unternehmertum in Afrika zu fördern.

Glaube an den freien Markt

Die Stiftung war eines der Gründungsmitglieder des Global Impact Investment Rating System (GIIRS), dessen Ziel es ist, die Wirkung von Impact-Investments methodisch korrekt zu messen und vergleichbar zu machen. Stolz berichtet die Stiftung auf ihrer Website, dass sie seit Gründung mehr als 18.000 junge Unternehmer in allen 54 Ländern Afrikas gefördert habe.

Africapitalism heißt das Programm, das Elumelu seinem wohltätigen Engagement gegeben hat. Diese Wortschöpfung spiegelt seine Überzeugung wider, dass der private Sektor die zentrale Rolle in der Entwicklung des Kontinents übernehmen müsse. Damit ist bei Elumelu der Glaube in die Kraft freier Märkte und privaten Unternehmertums mit Sicherheit stärker ausgeprägt als bei vielen europäischen Entwicklungshelfern, die in Afrika tätig sind. Christian von Hiller

  • Nigeria
  • Unternehmer

Africa.Table Redaktion

AFRICA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Schuldenlast einiger afrikanischer Staaten hat zuletzt immer wieder die Sorge um eine neue Schuldenkrise auf dem Kontinent befeuert. Wie berechtigt ist diese Befürchtung? Christian von Hiller hat die Fakten zusammengetragen.

    Im Vorfeld des für August angesetzten BRICS-Gipfels haben Algerien, Ägypten und Äthiopien ihre Absicht bekräftigt, dem Wirtschaftsbündnis beizutreten. Die geplante Vergrößerung und die mögliche Einführung einer gemeinsamen Währung zeugen von den wachsenden politischen Ansprüchen der aufstrebenden Länder, wie Andreas Sieren beschreibt.

    Beim UN-Nachhaltigkeitsforum in New York wurde deutlich, dass die Nachhaltigkeitsziele bis 2030 kaum noch zu erreichen sind. Das gilt für die Länder Afrikas umso mehr. Julian Hilgers hat die Konferenz für uns besucht, und beschreibt, wie die afrikanischen Länder bei der Erreichung der Ziele besser unterstützt werden könnten.

    Und wir stellen Ihnen mit Tony Elumelu einen der wohl bemerkenswertesten Unternehmer Afrikas vor. Der nigerianische Geschäftsmann, der schon mit allen Ehren vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron empfangen wurde, will mit der Tony Elumelu Foundation das Unternehmertum in Afrika fördern.

    Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

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    Ihr
    Arne Schütte
    Bild von Arne  Schütte

    Analyse

    Wie hoch verschuldet Afrika wirklich ist

    Die Nachrichten zur Verschuldung Afrikas kommen derzeit in dichter Folge, wie eine Auswertung der vergangenen Tage zeigt:

    • Sambia erhält vom IWF eine Zahlung von 189 Millionen Dollar, teilte der Währungsfonds am Wochenende mit. Diese war monatelang zurückgehalten worden, als das Land mit seinen Gläubigern, darunter China, einen Vertrag über die Umstrukturierung seiner Schulden aushandelte.
    • In Ghana hat das Finanzministerium die Besitzer inländischer Anleihen aufgefordert, inländische Dollar-Anleihen im Wert von 809,9 Millionen Dollar gegen ein Paket neuer Anleihen mit längerer Laufzeit zu tauschen.
    • In Äthiopien warten die Auslandsgläubiger laut dem französischen Botschafter Rémi Maréchaux darauf, dass der IWF eine Bewertung der Schuldentragfähigkeit durchführt, bevor die im Pariser Club vereinten Gläubiger mit der Umschuldung Äthiopiens fortfahren können.

    Kurz, es geht wieder die Sorge um, Afrika könne in eine neue Schuldenkrise abrutschen. Doch wie berechtigt ist diese Angst tatsächlich? Wir haben die Fakten zusammengetragen.

    • Die weltweite Staatsverschuldung stieg im vergangenen Jahr auf den Rekordwert von 92 Billionen Dollar, heißt es in einem Bericht der Vereinten Nationen. In Afrika werde mehr Geld für Zinsen aufgewendet als für Bildung oder Gesundheit.
    • Auf 645 Milliarden Dollar beliefen sich die Schulden der afrikanischen Staaten zum Jahresende 2021. Zahlen für das vergangene Jahr liegen noch nicht vor.
    • Der Schuldendienst wird in diesem Jahr auf 68,9 Milliarden Dollar steigen. Im Jahr 2010 waren es 17,3 Milliarden Dollar. Der Höhepunkt wird im kommenden Jahr mit 74 Milliarden Dollar erreicht. 2025 liegt der Schuldendienst dann bei 66,5 Milliarden Dollar.
    • Der Schuldendienst wird in diesem Jahr laut der Internationalen Schuldenstatistik 10,6 Prozent der afrikanischen Staatsausgaben binden. 2010 waren es 3,5 Prozent.
    • Größter Kreditgeber ist nicht China, sondern der Westen. Chinas Anteil an den afrikanischen Gesamtschulden liegt bei 13 Prozent und der des Westens bei 54 Prozent. Multilaterale Institutionen, beispielsweise die Weltbank, halten die restlichen 33 Prozent.
    • China hat 63,3 Milliarden Dollar bilaterale Darlehen vergeben und 20,9 Milliarden Dollar private Kredite. Multilaterale Finanzinstitute haben Kredite von 210 Milliarden Dollar laufen, private Gläubiger (ohne China) den größten Anteil mit 262,6 Milliarden Dollar.
    • Die Schuldenquote Afrikas ist mit 24 Prozent des BIP relativ gering. Im Euroraum ist den nationalen Regierungen gemäß der Maastricht-Kriterien eine Verschuldung von 60 Prozent erlaubt. Dennoch sind viele afrikanische Regierungen überfordert, denn es zählt nicht nur die Schuldenquote, sondern auch die Fähigkeit, die Schulden durch entsprechende Staatseinnahmen zu bedienen.
    • Ghana und Sambia befinden sich schon im Zahlungsausfall. Tschad und Äthiopien verhandeln eine Umschuldung.
    • Afrikanische Regierungen haben an den internationalen Finanzmärkten Anleihen im Volumen von 193 Milliarden Dollar emittiert. Diese Anleihen sind der größte Anteil der Schulden von 262,6 Milliarden Dollar privater Gläubiger. Diese sind nicht nur Spekulanten. Die Anleihen können sich auch in den Lebensversicherungen oder anderen Produkten zur Altersvorsorge europäischer Sparer finden.
    • Deutschland hält private Forderungen gegenüber Afrika von 1,8 Milliarden Dollar. Großbritannien kommt auf 14,6 Milliarden Dollar, Frankreich auf 6 Milliarden Dollar, China besagte 20,9 Milliarden Dollar. Sogar Israel hat mit 2,8 Milliarden Dollar höhere private Forderungen in Afrika als Deutschland.
    • Deutschland ist bei den bilateralen Schulden vorne dabei. Das sind staatliche Kredite, die zwischen Regierungen abgeschlossen werden. Deutschland kommt auf 10,1 Milliarden Dollar. Davor liegt nur Frankreich mit 14,5 Milliarden Dollar. Hinter Deutschland folgen Japan mit 8,9 Milliarden Dollar, die VAE mit 6,9 Milliarden Dollar und Indien mit 4,6 Milliarden Dollar.
    • Woher kommen die Schulden? Für die privaten Verbindlichkeiten lässt sich sagen, dass viele Banken und Anleger in den Zeiten niedriger Zinsen in Europa und den USA verzweifelt Anlagemöglichkeiten in hochverzinste Anleihen und Kredite gesucht haben. Dabei sind sie auch in Afrika fündig geworden. Auch Anleger in Europa haben auf diese Weise ihre Altersvorsorge aufbessern können.
    • Afrika leidet unter einem krassen Ungleichgewicht zwischen dem Zufluss an Eigenkapital und Fremdkapital: Die Welt hat, wie gesagt, Afrika mit Krediten von 645 Milliarden Dollar finanziert. Doch nur 45 Milliarden Dollar Eigenkapital in Form von Direktinvestitionen sind Afrika im vergangenen Jahr zugeflossen. Die Zahlen lassen sich allerdings nicht ganz vergleichen, da die Zahlen für Fremdkapital den Schuldenbestand erfassen, die über die Direktinvestitionen die neuen Zusagen.
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    BRICS soll um einige Buchstaben wachsen

    Zwei Themen werden den 15. BRICS-Gipfel in Südafrika Ende August bestimmen: eine eigene BRICS-Währung und die mögliche Erweiterung der Gruppe, der derzeit Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika angehören. Beides wird jedoch von der Frage überschattet, ob Russlands Präsident Wladimir Putin teilnehmen kann.

    Der Attraktivität von BRICS schadet die Debatte um den russischen Präsidenten nicht: Eine Reihe von Ländern in Lateinamerika, dem Nahen Osten und Asien haben ihr Interesse an BRICS bekundet, darunter starke Kandidaten wie Argentinien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Iran, Bangladesch und Indonesien.

    In Afrika streben Algerien, Äthiopien und Ägypten eine Mitgliedschaft an. Algerien ist diese Woche auf Einladung Xi Jinpings in China, unter anderem, um über die mögliche Mitgliedschaft zu sprechen. Ägypten, Führungsmacht im nördlichen Afrika, hat einen Antrag im Juni gestellt. Bereits im Februar trat Ägypten als erstes afrikanisches Land nach Südafrika der New Development Bank der BRICS-Staaten bei. Sie will unter anderem die globale Anhängigkeit vom amerikanischen Dollar verringern.

    Angespannte Beziehungen zum Westen

    Auch Äthiopien hat im Juni formal um Aufnahme gebeten. Das Land hat nach Nigeria die zweitgrößte Bevölkerung Afrikas und ist mit mehr als sieben Prozent eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften auf dem Kontinent. Allerdings ist die Wirtschaft erst halb so groß wie die von Südafrika, dem kleinsten BRICS-Partner.

    Äthiopiens Beziehung zum Westen ist aufgrund des Bürgerkrieges im Norden angespannt. Das macht BRICS für Premierminister Abiy Ahmed Ali, ein Friedensnobelpreisträger, nur noch attraktiver. BRICS verfolgt eine Politik der Nichteinmischung, was sowohl Äthiopien als auch anderen BRICS-Anwärtern mehr zusagt als der Druck, den westliche Nationen regelmäßig ausüben. Ali hat zwischenzeitlich enge Beziehungen zu China und Indien aufgebaut. Alle Anwärter betrachten BRICS, die mächtige Alternative zum Westen, als eine globale Initiative, zu der sie sich hingezogen fühlen.

    Kampf gegen die Dollar-Dominanz

    Zudem soll BRICS Druck auf die in von den USA und Europa dominierten Finanzstrukturen ausüben, wie kürzlich in Paris auf dem Summit for a New Global Financial Pact deutlich wurde. Auch die Schaffung einer eigenen Währung steht im Raum. Auf dem Paris-Gipfel sagte der brasilianische Präsident Lula da Silva: “Manche Leute bekommen Angst, wenn ich sage, dass wir neue Währungen für den Handel schaffen müssen.” Dies zeige, wie wichtig diese Diskussion sei, “und wenn es nach mir geht, wird sie beim BRICS-Treffen stattfinden”.

    Eine BRICS-Währung könnte die Dominanz des Dollar ins Wanken bringen, schreibt das US-Fachblatt Foreign Politics (Samuel P. Huntington: “Der Kampf der Kulturen”). Zudem, fordert Lula, müsse man “mehr afrikanische Kollegen dazu bringen, sich zu beteiligen.” Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa pflichtete Lula bei, auch wenn das die exklusive Position Südafrikas als einziger BRICS-Vertreter Afrikas relativiert. Wichtiger ist: Die Länder sind hilfreich, wenn es darum geht, die Reform der globalen Finanzarchitektur voranzutreiben. BRICS soll mehr internationale Einflussnahme in einer zunehmend multipolaren Welt bringen.

    In der Zwischenzeit geht das Tauziehen um eine politische Lösung für die mögliche Teilnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin weiter. Für Südafrika wäre es die beste Lösung, Putin bliebe zu Hause. “Es ist ein großes Dilemma für uns”, sagte Südafrikas Vize-Präsident Paul Mashatile. “Natürlich können wir ihn nicht verhaften. Es ist fast so, als würde man einen Freund zu sich nach Hause einladen und ihn dann verhaften.”

    Diplomatische Initiativen in Richtung Russland

    Alle drei anderen Lösungen fanden bei BRICS keinen Rückhalt: den Gipfel nach China zu verlegen, statt Putin Russlands Außenminister einzuladen, oder einen virtuellen BRICS-Gipfel abzuhalten. Nun wird Ramaphosa persönlich mit Putin sprechen. “Der Präsident wird später in diesem Monat zum Russland-Afrika-Gipfel reisen. Dort werden die Gespräche fortgesetzt“, heißt es in dessen Umfeld. In Sankt Petersburg, wo der Gipfel Ende Juli stattfindet, wird Ramaphosa auch die afrikanische Ukraine-Friedensinitiative, die im Juni unternommen wurde, wieder aufgreifen.

    Der ehemalige Präsident von Südafrika, Jacob Zuma, ist schon in Russland – auch um sich medizinisch behandeln zu lassen, wie es heißt. Das südafrikanische Verfassungsgericht entschied allerdings am Donnerstag, dass Zuma wieder zurück ins Gefängnis muss, um den Rest seiner fünfzehnmonatigen Haftstrafe abzusitzen.

    Zuma wurde zuvor nach acht Wochen Haftverschonung gewährt, auch aus “gesundheitlichen Gründen”, wie es heißt. In der Woche zuvor hatte Zuma an einer Konferenz in Sambia Russlands Verbündeten Belarus vertreten. Allein daran zeigt sich: Die BRICS-Länder halten zusammen, auch wenn sie Putins Krieg für falsch halten.

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    Warum Afrika bei den Nachhaltigkeitszielen zurückliegt

    Die Bilanz der Komoren fällt ernüchternd aus. Nur bei zwei der 17 Nachhaltigkeitszielen (SDG) machten die Komoren ausreichende Fortschritte, sagte Daniel Ali Bandar, Generalsekretär des Landes bei der Vorstellung des Zwischenberichts auf dem UN-Nachhaltigkeitsforum in New York. Besonders der Klimawandel mache dem Land zu schaffen. “Das Land ist dem Anstieg des Meeresspiegels, dem Risiko von Überschwemmungen, Wirbelstürmen und Erdrutschen ausgesetzt”, sagte Bandar.

    Nach aktuellem Stand würden die Komoren bis 2030 kein einziges Nachhaltigkeitsziel erreichen. Damit ist das Land nicht allein. “Wenn Sie so wollen, ist die SDG-Erreichung in Afrika besonders schlecht, besonders besorgniserregend”, sagte Axel Berger, stellvertretender Direktor des German Institute of Development and Sustainability (IDOS) und geschäftsführender Direktor des Sustainable Development Solutions Network (SDSN).

    Andere Finanz- und Steuerpolitik notwendig

    Im Ranking zum aktuellen Stand der SDG-Erreichung liegen die Komoren auf Rang 154 von 166. An Staaten in Subsahara-Afrika gehen auch die letzten drei Plätze: Hinten liegen der Tschad, die Zentralafrikanische Republik und Südsudan. Vielen Staaten in Afrika fehlen offenbar die Mittel im Haushalt für nachhaltige Investitionen.

    Afrika sei auf dem internationalen Kapitalmarkt benachteiligt, beklagte Ahunna Eziakonwa, Regionaldirektorin beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). “Kredite werden immer teurer, und viele afrikanische Länder müssen einen großen Teil ihrer Einnahmen für ihre Schulden ausgeben, anstatt sie in die Grundversorgung und die Wirtschaft zu investieren”, sagte Ahunna Eziakonwa.

    Was also muss geschehen, damit die Staaten in Afrika den Nachhaltigkeitszielen näher kommen? Eine neue Finanz- und Schuldenpolitik gegenüber afrikanischen Staaten wurde auf dem UN-Forum diskutiert. So wollen afrikanische Staaten vom Herbst an in der UN-Generalversammlung eine Steuerkonvention zur Sprache bringen. “Das Steuersystem wurde entworfen, um die Ausbeuter zu schützen”, kritisierte der Ökonom Jason Rosario Braganza vom African Forum and Network on Debt and Development und forderte eine gerechtere Verteilung der Macht.

    Neuer IWF-Kredit für Sambia

    Auch die Um- und Entschuldung der afrikanischen Staaten gilt als wichtiger Baustein, um nachhaltige Investitionen zu erleichtern. Wie das gehen könnte, zeigt das Beispiel Sambia. Nachdem die sambische Regierung im Juni in Paris eine Restrukturierung der Schulden von 6,3 Milliarden Euro vereinbart hatte, gab der IWF während des Nachhaltigkeitsforums grünes Licht für einen ersten Neukredit.

    Eziakonwa sieht aber auch die Staaten selbst in der Pflicht: “Afrika muss seine Produktionskapazitäten ausbauen, besonders in Sachen Nahrungsmittel und Energie. Der Kontinent hat ein großes Potenzial an jungen Arbeitskräften”, sagte die UN-Vertreterin. “Wenn hier Arbeitsplätze, besonders im Technologiebereich, geschaffen werden, würde das einen enormen Schub für die Transformation der Volkswirtschaften und für die Erreichung vieler SDGs bedeuten.”

    Die komorische Regierung will die Umsetzung der Agenda 2030 mit einem Post-Covid-Konjunkturplan bis 2026 beschleunigen, das komorische Finanzsystem stärken und die Zinsen sinken lassen. So wollen die Komoren das Land auch für private Investitionen attraktiver machen. Ohne die, da sind sich die Beteiligten auf dem Nachhaltigkeitsforum einig, könnten die Nachhaltigkeitsziele in afrikanischen Staaten, auf keinen Fall erreicht werden.

    Die Reise zum UN-Nachhaltigkeitsforum (HLPF) fand im Rahmen eines Workshops der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen und des Pressenetzwerks für Jugendthemen statt und wurde vom BMZ finanziert.

    • Nachhaltigkeit
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    News

    Bundesregierung sucht in Afrika Kontakt zu China

    In der vergangenen Woche hat die Bundesregierung ihre lang erwartete China-Strategie veröffentlicht. In dem Dokument beschreibt die Regierung ihre strategische Ausrichtung gegenüber der Volksrepublik auf verschiedenen Politikfeldern. Auch der afrikanische Kontinent spielt dabei eine Rolle, allerdings eine nachgeordnete – und meist nur im Rahmen von Bestrebungen der Europäischen Union (EU). 

    So setzt die Bundesregierung etwa auf gemeinsame Fachdialoge mit der chinesischen Regierung zu regionalen Themen wie zum Beispiel Afrika. Deutsche und chinesische Auslandsvertretungen sollen sich an ihren Dienstorten vermehrt austauschen und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit ausloten. Auch die entwicklungspolitische Zusammenarbeit im Rahmen des Deutsch-Chinesischen Zentrums für nachhaltige Entwicklung in Peking wird bekräftigt. 

    Zugleich sind die Passagen zu Afrika auch als Reaktion auf das starke chinesische Engagement auf dem Kontinent zu verstehen. Die Volksrepublik sei dort “sehr aktiv” und gewinne zunehmend an Einfluss, etwa durch ihr handelspolitisches Engagement und die militärische Präsenz am Horn von Afrika. Bei gemeinsamen Interessen soll mit China kooperiert werden. Genauso betont die Bundesregierung jedoch, Afrika sei “Zielregion für europäische Infrastrukturfinanzierungen” im Rahmen der Global Gateway Initiative der EU sowie der Partnerschaft für Infrastruktur und Investitionen der G7-Staaten (PGII). Ein “wohlhabendes, friedliches und resilientes Afrika” sei ein zentrales Ziel der EU. 

    Beim Handel bekräftigt die Bundesregierung ihre Unterstützung für EU-Initiativen zur Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika, etwa durch Wirtschaftsabkommen mit den OAKPS-Staaten und die Umsetzung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone. Zudem unterstützt Deutschland eine Reform der Welthandelsorganisation, auf die die vor allem die Länder des globalen Südens drängen. 

    Die Bundesregierung betont auch Chinas “besondere Verantwortung bei der Schuldenrestrukturierung für hochverschuldete Staaten”. Die internationale Schuldenarchitektur müsse unter Mitarbeit Chinas weiterentwickelt werden. Bei Resolutionsinitiativen innerhalb der Vereinten Nationen will die Bundesregierung künftig mehr “auf Interessen globaler Partner in Afrika, Asien und Lateinamerika eingehen und ihre aktive Mitarbeit suchen”. ajs

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    Algerien setzt auf China und BRICS

    Der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune ist am Montag zu einem mehrtägigen Staatsbesuch nach Peking gereist. Bei den Gesprächen mit chinesischen Offiziellen geht es um bilaterale Projekte im Bergbau, bei Infrastruktur und bei der Energie, aber auch um den Ausbau der chinesischen Beziehungen zu arabischen Staaten im Allgemeinen. Auch um den Wunsch Algeriens, der BRICS-Gruppe beizutreten, geht es in Peking. Für die Volksrepublik ist Algerien vor allem wegen seiner strategischen Position als nordafrikanisches Gateway im Rahmen der Belt and Road Initiative von Bedeutung. 

    “Wir haben unsere Absicht zum Ausdruck gebracht, den BRICS beizutreten, und freuen uns auf den Gipfel, der im August in Südafrika stattfinden wird”, sagte der algerische Außenminister Ahmad Attaf der Nachrichtenagentur Agenzia Nova. Algerien hat außerdem seine Absicht erklärt, der BRICS-Entwicklungsbank New Development Bank beizutreten, sowie offiziell den Beitritt zur Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit beantragt, wenn auch nur als Beobachtermitglied. Beide Organisationen sind, ebenso wie die BRICS selbst, gegründet worden, um alternative Institutionen zu dem westlich geführten System von Weltbank und IWF aufzubauen. 

    Neben Algerien hoffen weitere afrikanische Staaten darauf, beim BRICS-Gipfel im August in die Gruppe aufgenommen zu werden, etwa Ägypten, Nigeria und Äthiopien. Insgesamt haben knapp 20 Länder im Vorfeld des Gipfels ihr Interesse bekundet, darunter auch Schwergewichte wie Indonesien, Mexiko und Saudi-Arabien. ajs

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    Liebe Beschäftigte in Bundesministerien und obersten Bundesbehörden, Ihre Vorgesetzten (von denen viele China.Table Professional Briefing lesen) fordern in der neuen China-Strategie: “Die China-Kompetenz in der Bundesregierung muss gestärkt werden”. Wir laden Sie ein, so gut informiert zu sein wie Ihre Vorgesetzten. Lernen Sie China.Table Professional Briefing jetzt auch kennen: Zum kostenlosen Test

    Mota-Engil liefert Eisenbahnen an Nigeria

    Die nigerianische Tochtergesellschaft des portugiesischen Bauunternehmens Mota-Engil hat einen Vertrag über die Lieferung und Finanzierung von Schienenfahrzeugen mit dem nigerianischen Transportministerium abgeschlossen. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Konzerns hervor. Die Fahrzeuge im Wert von 840 Millionen Euro sind für eine neue Strecke im Norden des Landes gedacht, die die nigerianische Stadt Kano mit der Stadt Maradi in Niger verbinden soll. Die Lieferung und Inbetriebnahme der Schienenfahrzeuge erfolgt laut Mota-Engil innerhalb der nächsten vier Jahre.

    Mit dem Bau der neuen Strecke hat Nigeria ebenfalls Mota-Engil beauftragt. Der Vertrag hat einen Umfang von knapp zwei Milliarden Euro. Die Vereinbarung verpflichtet Mota-Engil außerdem zum Bau einer Universität in Nigeria. Das Projekt ist Teil eines Regierungsplans zum Bau von Eisenbahnnetzen in ganz Nigeria. Damit soll die schlechte Verkehrsinfrastruktur verbessert werden, die das Wirtschaftswachstum seit Jahrzehnten behindert. 

    Mota-Engil ist auf dem Kontinent mit vielen Projekten vertreten – etwa beim Ausbau der tansanischen Eisenbahn – aber auch in Nigeria nachgefragt: Im November wurde ein von Mota-Engil geführtes Konsortium in die engere Auswahl für den Bau einer Brücke im Wert von 2,5 Milliarden Euro im Bundesstaat Lagos gezogen. ajs

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    Rohstoffhändler bringt Kakao-Preis zum Fallen

    Monatelang ist der Preis für Kakao steil in die Höhe gegangen, doch nun ist er kräftig abgestürzt. Dahinter könnte ein großer Rohstoffhändler stehen. Seit Ende September sind die Notierungen an den Rohstoffbörsen in New York und London um rund 47 Prozent gestiegen. Davon haben die beiden weltgrößten Erzeugerländer Elfenbeinküste und Ghana profitiert, aber auch Kamerun und Nigeria.

    Doch nun ist der Preisauftrieb abrupt zu Ende gegangen. In London ist der Preis für Kakao von 2873 Pfund je Tonne Anfang Juni auf bis zu 2492 Pfund gestürzt – ein Minus von gut 13 Prozent in gerade einmal zwei Wochen. Am Montag notierte der Kontrakt bei 2509 Pfund. Ein Grund für den Kurssturz ist, dass die europäischen Hersteller im zweiten Quartal laut der Europäischen Kakaovereinigung ECA weniger Kakao verarbeitet haben. Dies wiederum könnte an den starken Preiserhöhungen für Schokolade und andere Kakaoprodukte im Zuge der allgemein gestiegenen Inflation liegen.

    So hat der weltgrößte Schokoladenhersteller Barry Callebaut in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass er in den ersten neun Monaten seines Geschäftsjahrs per Ende Mai weniger Schokolade verkauft hat. Das Volumen fiel um 2,7 Prozent auf 1,7 Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahr. Bei Schokolade ging das Volumen sogar um 3,7 Prozent zurück. Der schweizerische Konzern arbeitet nach dem Cost-Plus-Modell: Preissteigerungen für Kakao, Energie oder Transport werden direkt an die Industriekunden weitergegeben. Die Aktie hat in den vergangenen sechs Monaten 12,6 Prozent an Wert verloren.

    Zusätzlich haben Gerüchte, wonach dass ein großer Rohstoffhändler an der Rohstoffbörse ICE Europe seit Februar eine dominante Position aufgebaut haben soll, den Kakaopreis bewegt. In Kombination mit dem angespannten Angebot habe dies an den Terminbörsen den Preis für Kakaokontrakte mit kurzer Laufzeit stark steigen lassen, berichtete Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank. Diese Spekulationsgeschäfte hatten den Kakaopreis seit Februar offenbar über Gebühr steigen lassen, sodass dieser nun wieder zurückfällt. hlr

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    Digitalausschuss in Kenia und Ruanda

    In der vergangenen Woche hat eine Delegation des Bundestagsauschusses für Digitales die beiden Länder Kenia und Ruanda besucht. Die Abgeordneten informierten sich darüber, welche Innovationen und Lösungen zur Gestaltung der digitalen Transformation in diesen beispielhaften afrikanischen Ländern vorangetrieben werden. 

    Die Delegationsteilnehmer führten Gespräche mit Vertretern aus den jeweiligen Parlamenten und Regierungen, mit Akteuren internationaler Institutionen und der Zivilgesellschaft sowie mit politischen Stiftungen und im Digitalmarkt agierenden Firmen und Innovationszentren. In Kenia besuchten die Abgeordneten unter anderem das Digitalministerium und das Klimavorhersagezentrum der nordostafrikanischen Regionalorganisation Intergovernmental Authority on Development (IGAD). In Ruanda informierte sich die Delegation unter anderem über die digitale Agenda des Landes und den Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die Delegation wurde geleitet von der Ausschussvorsitzenden Tabea Rößner (Grüne). Weitere Teilnehmer waren Anna Kassautzki und Armand Zorn (beide SPD), Franziska Hoppermann und Nadine Schön (beide CDU/CSU), Tobias Bacherle (Grüne) sowie Maximilian Mordhorst (FDP). ajs 

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    Standpunkt

    Niger wird die Folgen des Minusma-Abzugs spüren

    Von Ulf Laessing

    Malis Militärregierung hat überraschend entschieden, die Blauhelm-Mission Minusma – zu der die Bundeswehr gehört – bis Ende Dezember zu beenden. Die westlichen Partner hatten erwartet, dass Bamako bei der routinemäßigen Verlängerung des Mandats zum 30. Juni Probleme machen wird, etwa wegen aus Sicht der Junta lästigen Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen. Doch dass die Junta-Führung gleich die Mission ganz rauswirft, kam selbst für das malische Militär überraschend.

    Hektisch wurden in den Folgetagen Krisensitzungen beim Generalstab einberufen, weil die Armee jetzt plötzlich mehr als zehn Stützpunkte der Minusma übernehmen soll. Dafür fehlt es an Soldaten und Material. Einige Diplomaten vermuten denn auch, dass Mali so viel Druck beim Abzug macht in der Hoffnung, dass die Mission dann nicht alles Material transportieren kann und den Maliern unfreiwillig etwa gepanzerte Fahrzeuge überlässt.

    Die Blauhelme haben nicht aktiv wie die französische Armee gegen Dschihadisten gekämpft, aber mit ihrer Präsenz die großen Städte wie Gao oder Mopti im Zentrum sicher gemacht hat und damit der malischen Armee den Rücken freigehalten. Die Städte sind auch Zufluchtsorte von Menschen, die vor den Dschihadisten oder den Übergriffen der Armee und Russen fliehen – sie werden jetzt deutlich unsicher, kleinere Städte wie Menaka könnten sogar an die Dschihadisten fallen.

    Hubschrauber und Jets von der russischen Resterampe

    Die malische Armee hat seit 2012 die Sicherheitskrise nicht gemeistert. Mali hat zwar mehr als 30 Hubschrauber und Jets von Russland gekauft, aber dies war eher die Resterampe, die nicht in der Ukraine gebraucht wird – einige Maschinen waren 40 Jahre alt. Mindestens ein Hubschrauber und ein Jet sind bereits abgestürzt. Mehr noch: Die Malier fliegen jetzt zwar mehr Luftangriffe, aber sie können wie bisher kein Territorium halten. Alle Offensiven mit Hilfe russischer Söldner sind verpufft.

    Mit dem Abzug der Minusma wird die Armee noch weniger Operationen durchführen können. Auch die mehr als 1000 Russen werden daran nichts ändern. Deren Brutalität treibt den Dschihadisten eher neue Freiwillige zu. Schlimmer noch: Die Minusma hat Tausende Ortskräfte beschäftigt und einen weitgehend nicht-existenten Staat ersetzt. Vom Brunnenbau bis zur Qualifizierung von Arbeitslosen, neuen Gebäuden für die Polizei sowie Versorgung von Binnenflüchtlingen machen die Vereinen Nationen bisher viel, was eigentlich Aufgaben von Behörden sein sollte.

    Doch in Mali ist der Zentralstaat außerhalb der Hauptstadt Bamako im Süden kaum tätig. Schulen und Krankenhäuser sind häufig Fehlanzeige in ländlichen Regionen. Daher sind bisher auch alle Militäroperationen gescheitert. Die Dschihadisten kommen schnell nach einer Rückeroberung eines Dorfes zurück und bauen einen Parallelstaat mit eigener Justiz auf.

    Erhöhte Fluchtbewegungen in der Region

    Man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, wie der Konflikt weitergehen wird. Tausende Minusma-Mitarbeiter werden jetzt arbeitslos – die meisten werden keine vernünftigen Jobs finden, weil die Mission häufig der größte Arbeitgeber vor Ort ist. Einige werden sich kriminellen Banden und gar Dschihadisten anschließen, die gezielt arbeitslose junge Männer rekrutieren.

    Wenn die Städte in der Region nicht mehr sicherer werden, werden die Binnenflüchtlinge vor allem nach Niger oder Algerien weiterziehen. Beide Länder merken schon jetzt einen erheblichen Anstieg von Flüchtlingen, seitdem der Islamische Staat im Norden mit dem Abzug der Franzosen letztes Jahr eine Offensive begonnen hat. Es gibt mehr als 100.000 Binnenflüchtlinge allein im Norden.

    Niger liegt an der Mittelmeerroute, wo es seit einiger Zeit auch mehr Bootsabfahrten gibt. Niger ist jetzt schon mit der mit Migration von Armutsflüchtlingen überfordert. Der Staat ist dort genauso schwach wie in Mali und kämpft ebenfalls mit Dschihadisten. Das Land ist derzeit der Fokus der westlichen Partner im Sahelraum, aber all die Hilfsprogramme werden möglicherweise verpuffen, wenn der Norden Malis noch instabiler wird.

    Ulf Laessing ist Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Bamako.

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    Presseschau

    Financial Times: Nigeria könnte sich schneller erholen als Südafrika. Die beiden Riesen der afrikanischen Wirtschaft haben ein schwieriges Jahrzehnt hinter sich. Südafrika schien im beschwerlichen Kampf gegen die eigenen strukturellen Probleme lange die Nase vorn zu haben, doch nun könnte Nigerias Moment gekommen sein.

    Bloomberg: Afrikanische Länder wollen stärker von Kohlenstoffausgleich profitieren. Afrikanische Regierungen profitieren trotz günstiger Bedingungen bisher kaum vom wachsenden globalen Handel mit Emissionskompensationen. Einige Länder verfolgen nun Initiativen, um dies zu ändern.

    Financial Times: Ägypten privatisiert staatliche Vermögenswerte. Die ägyptische Regierung hat staatseigene Vermögenswerte im Wert von knapp zwei Milliarden Dollar an ägyptische Investoren und einen Investmentfonds aus den Vereinigten Arabischen Emiraten verkauft. Dabei geht es etwa um Anteile an Ölkonzernen und Hotels.

    Semafor: Afrikanische Handelsminister fordern Überarbeitung von AGOA. Beim US-Africa Business Summit in Botswana in der vergangenen Woche forderten die Minister eine sofortige Erneuerung des amerikanischen African Growth and Opportunity Act (AGOA). Dies würde es ermöglichen, Investitionen in afrikanische Volkswirtschaften besser zu planen und aufrechtzuerhalten.

    BBC: Teure Flüge behindern wirtschaftliche Entwicklung Afrikas. Das Fliegen innerhalb Afrikas ist teurer als fast überall sonst auf der Welt. Häufig sind interkontinentale Flüge günstiger als jene innerhalb des Kontinents. Das macht Geschäfte in Afrika unglaublich schwierig und teuer – und betroffen ist nicht nur die Elite der Reisenden.

    Business Insider: Afrikas Startup-Städte. Die Tech-Startup-Szene in Afrika wächst beträchtlich und hat die Region zu einem Zentrum der Innovation gemacht. Einige Städte haben bemerkenswerte Erfolge vorzuweisen und ziehen damit Unternehmer und Investoren gleichermaßen an.

    Afrique XXI: Frankreich sucht neuen Ansatz für Militäreinsätze in Afrika. Die anti-französische Stimmung in vielen afrikanischen Ländern zwingt Paris, seine Militärdoktrin neu zu bewerten. Doch trotz der französischen Beteuerungen, man habe aus den Fehlern im Sahel gelernt, sind viele der strategischen Neuerungen nur kosmetischer Natur.

    Foreign Policy: Sudan-Konflikt ist Stellvertreterkrieg der Golfstaaten. Der ressourcenreiche Sudan mit seiner strategischen Lage als Brücke zwischen Afrika und der Arabischen Halbinsel ist zum Schauplatz der saudisch-emiratischen Rivalität geworden. Beide Länder setzen darauf, mit der Unterstützung einer der Konfliktparteien eine Vormachtstellung in der Region zu erlangen.

    Al Jazeera: Irans Präsident auf Afrika-Tour. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat seine Afrika-Reise mit der Unterzeichnung mehrerer Übereinkommen mit Simbabwe abgeschlossen. Zuvor hatte Raisi Kenia und Uganda besucht und auch dort Abkommen unterzeichnet. Der international isolierte Iran sucht derzeit nach neuen Partnern.

    Heads

    Tony Elumelu – Unternehmer-Star in ungewohntem Aufzug

    Tony Elumelu
    Der nigerianische Unternehmer Tony Elumelu.

    Tony Elumelu ist ohne jeden Zweifel einer der bemerkenswertesten Unternehmer Afrikas. Er könnte nun auch einer der extravagantesten werden. Seit einigen Tagen kursieren im nigerianischen Internet vielkommentierte Berichte darüber, wie der Geschäftsmann auf einer Veranstaltung “in wunderschönen, völlig verrückten Jeans” auftauchte, wie ein Nutzer witzelte. Dabei stand Elumelu bisher dafür, stets in maßgeschneiderten Anzügen, weißen Hemden und mit eleganter Krawatte aufzutreten.

    Das entsprechende Video zu seinem Auftritt in zerrissenen Jeans, heraushängendem Hemd, weißen Sneakern und Rucksack auf dem Rücken veröffentlichte Elumelu im Übrigen selbst auf Tik Tok. In nigerianischen Banken wäre ein solcher Aufzug niemals erlaubt, machte sich ein Internetnutzer über dieses Ereignis lustig.

    Elumelu hat damit jedoch gezeigt, dass er in Bezug auf die Setzung von Standards längst in die Kategorie eines Richard Branson, Bill Gates oder Mark Zuckerberg aufgestiegen ist, eine Kategorie von Unternehmer-Stars, in der die Normen, denen sich gewöhnliche Angestellte unterwerfen müssen, nicht mehr gelten.

    Auf der Liste der einflussreichsten Menschen

    Der sechzigjährige Unternehmer aus der zentralnigerianischen Stadt Jos zählte auch zuvor schon zu den Unternehmer-Stars auf dem Kontinent. Das amerikanische Magazin Times zählt ihn seit 2020 zu den 100 einflussreichsten Menschen auf der Welt. Auf der Forbes-Liste der reichsten Afrikaner wird Elumelu zwar nicht mehr unter den Top 20 geführt, da er zuletzt auf ein geschätztes Vermögen von rund 700 Millionen Dollar kommt.

    Doch das mag auch daran liegen, dass er nach seinen unternehmerischen Erfolgen das Interesse auf die Wohltätigkeit und seine Tony Elumelu Foundation verlegt hat. Elumelu steht für den Erfolg der United Bank for Africa, die er bis 2010 aktiv führte und der er heute als Präsident vorsteht. Auch an der Börse läuft die UBA hervorragend. In den vergangenen zwölf Monaten ist der Aktienkurs um mehr als 70 Prozent gestiegen. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2023 erhöhte sich der Gewinn um beeindruckende 29,1 Prozent.

    Aktivitäten in Strom, Energie und Krankenhäusern

    Seine Unternehmensbeteiligungen bündelt Elumelu seit 2010 zum großen Teil in der Heirs Holdings. Sie kontrolliert auch die Mehrheit an der Transnational Corporation (Trans Corp), einem Konglomerat mit Aktivitäten in der Stromerzeugung, im Krankenhausbereich und im Energiesektor. An der Börse Lagos schoss der Aktienkurs aufgrund starker operativer Zahlen in den vergangenen zwölf Monaten um 174 Prozent in die Höhe. Im Mai kaufte seine Frau Awele Elumelu 5,08 Prozent der Trans-Corp-Aktien zum Preis von 7,3 Millionen Euro dazu.

    Den Grundstein für seinen Erfolg hat Elumelu früh gelegt: 1997 übernahm er mit ein paar befreundeten Investoren die Crystal Bank, die in den Strudel der damaligen Bankenkrise in Nigeria geraten war. Er benannte sie in Standard Trust Bank um und machte sie zu einer der erfolgreichsten Banken Westafrikas. 2005 gelang ihm sein nächster Coup: Mit 20 Millionen Dollar, die ihm der Milliardär Femi Otedola geliehen hatte, kaufte die Standard Trust Bank den Konkurrenten United Bank for Africa.

    Umworbener Star in Paris

    Seitdem expandierte die neue Bank in 20 afrikanische Länder, nach Frankreich, in die USA und nach Großbritannien. Während Elumelu in Deutschland kaum bekannt ist, war er im Herbst 2019 umworbener Stargast in Paris. Präsident Macron hatte den France Invest Africa Club initiiert, der damals die Konferenz Ambition Africa ausrichtete. Macron und sein Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire empfingen Elumelu mit allen Ehren.

    “Wir teilen unseren Ehrgeiz zur Förderung von afrikanischen Unternehmern, da diese eine zentrale Rolle für die Wirtschaftsentwicklung Afrikas spielen”, sagte Le Maire. Damit spielte der französische Regierungsvertreter auf die Tony Elumelu Foundation an, die Stiftung, der heute das Hauptinteresse des Unternehmers gilt. 2010 hatte er diese gegründet, um das Unternehmertum in Afrika zu fördern.

    Glaube an den freien Markt

    Die Stiftung war eines der Gründungsmitglieder des Global Impact Investment Rating System (GIIRS), dessen Ziel es ist, die Wirkung von Impact-Investments methodisch korrekt zu messen und vergleichbar zu machen. Stolz berichtet die Stiftung auf ihrer Website, dass sie seit Gründung mehr als 18.000 junge Unternehmer in allen 54 Ländern Afrikas gefördert habe.

    Africapitalism heißt das Programm, das Elumelu seinem wohltätigen Engagement gegeben hat. Diese Wortschöpfung spiegelt seine Überzeugung wider, dass der private Sektor die zentrale Rolle in der Entwicklung des Kontinents übernehmen müsse. Damit ist bei Elumelu der Glaube in die Kraft freier Märkte und privaten Unternehmertums mit Sicherheit stärker ausgeprägt als bei vielen europäischen Entwicklungshelfern, die in Afrika tätig sind. Christian von Hiller

    • Nigeria
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    Africa.Table Redaktion

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