Table.Briefing: Africa

Afrika muss auf die Tagesordnung + Kobler kritisiert UN im Kongo + Wirtschaft verlangt Nachjustierung

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn sich jemand mit der internationalen Sicherheitsarchitektur auskennt, ist es Wolfgang Ischinger. Der langjährige Botschafter und Chef der Münchner Sicherheitskonferenz warnt im Gespräch mit Table.Media davor, Afrika auf der politischen Tagesordnung nach hinten zu schieben. Gute Absicht in der Entwicklungspolitik bedeute nicht automatisch gute Politik. Neben Werten müssten auch eigene Interessen artikuliert werden.

Südafrika ist in wirtschaftlicher Hinsicht ein Kuriosum: Während der IWF seine Wachstumsprognose gesenkt hat und Ratingagenturen die Bonität herabgestuft haben, berichtet der südafrikanische Präsident Ramaphosa von enormen Investitionen. Andreas Sieren, unser Mann am Kap, bringt Licht in diese verwirrenden Umstände.

Ende April übernimmt mit der Siemens-Managerin Sabine Dall’Omo eine Frau die Führungsrolle im Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Der ist bekanntlich mit der aktuellen Afrika-Strategie des BMZ nicht glücklich, weil dort mehr über Werte als über Wirtschaft zu lesen ist. Der Afrika-Experte Robert Kappel schlägt zum Amtsantritt von Dall’Omo vier Schwerpunkte vor, die die Wirtschaft gerne in der Afrikapolitik verankert sähe. Vielleicht bringt die erfahrene Managerin, die zu den “most influential women” in Afrika zählt, die Sache in Schwung. Es sei erinnert an das südafrikanische Sprichwort “Wathinta abafazi, wathinta imbokodo” – “Wenn du eine Frau triffst, triffst du einen Felsen.”

Und mit Mélanie Keïta stellen wir Ihnen eine junge Investmentbankerin mit afrikanischen Wurzeln vor, die gerade von Frankfurt nach Nairobi gezogen ist. Für ihre Geschäftsidee Melanin Kapital, eine Fintech-Plattform mit Schwerpunkt ökologische Transformation, sieht sie dort beste Voraussetzungen inmitten einer quirligen Startup-Szene.

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Ihr
Harald Prokosch
Bild von Harald  Prokosch

Analyse

Ischinger: Wir brauchen Afrika, nicht umgekehrt

Wolfgang Ischinger auf dem Weltwirtschaftsforum 2022.

Zur internationalen Verantwortung Deutschlands hat sich der langjährige Spitzendiplomat Wolfgang Ischinger schon häufiger kritisch geäußert. Afrika war dabei meist ein untergeordnetes Thema, doch dieser side effect müsse ein Ende haben, so Ischinger.

“Im Moment ist es relativ leicht, China-Krieger oder Ukraine-Krieger zu sein. Wir haben zu wenig führende Politiker, die sich mit Haut und Haar für das Thema Afrika einsetzen.” Afrika müsse – nicht nur wegen seiner jungen Bevölkerung, den enormen Ressourcen und dem großen Sonnenenergie-Potenzial – als der künftig wichtigste Partnerkontinent Europas gesehen werden und nicht hauptsächlich als Problem, als Quelle des Migrationsdrucks, als Ort von Radikalität, Terrorismus und blutigen Konflikten, wie aktuell im Sudan. Es gehe darum, die Wachstums- und Wohlstandschancen des Kontinents zu erkennen und zu nutzen, die dann auch Europa zugute kämen. “Europa braucht Afrika künftig mehr als umgekehrt”.

Entwicklungspolitik neu denken

Dies bedeute auch eine Abkehr von traditionellen Formen der Entwicklungszusammenarbeit. Über Jahrzehnte war und ist Afrika vor allem als Hilfsempfänger definiert worden. Ischinger prognostiziert, dass sich die sicherheitspolitischen Bedrohungen multiplizierten, wenn Afrika nicht viel stärker als künftiger Sicherheitspartner und Rohstoff- und Energielieferant definiert werde. Das Migrationspotenzial werde eher noch befeuert, wenn es zu wenig Wachstum gebe, die Instabilitätsprobleme des Kontinents würden nicht gelöst. Natürlich seien viele Länder des afrikanischen Kontinents noch nicht in der Lage, selbst für Wachstum und Stabilität zu sorgen. Aber der ehemalige Diplomat warnt zugleich vor Überheblichkeit in Sicherheitsfragen: “Wenn wir an die Ukraine denken, müssen wir zugeben: Auch Europa ist nicht der Kontinent des Friedens geblieben, wie wir alle dachten.”

Unsere Beziehungen zu Afrika sind für Ischinger ein altes und zugleich ungelöstes Thema. Er erinnert sich an den damaligen Außenminister Genscher, zu dessen engstem Kreis er lange gehörte. “Geradezu hellseherisch hat Genscher schon Mitte der 70er Jahre gesagt: Wir brauchen eine Afrika-Konzeption!”

Warum Strategie allein Stückwerk bleibt

Und erfüllen die inzwischen immer neuen Strategien nicht genau diese Forderung? “Strategiepapiere sind enorm wichtig, bleiben aber leider oft unbefriedigendes Stückwerk. Ich bin kein Fan länder- oder kontinentbezogener Strategien einzelner Ministerien”, so Ischinger. Die gegenwärtige Afrikastrategie aus dem BMZ sei dafür ein typisches Beispiel. Und bei der Chinastrategie aus dem AA fehle anscheinend noch immer das Plazet anderer, insbesondere des Kanzleramts.

Deutschland brauche eben einen Nationalen Sicherheitsrat, der außenpolitische, sicherheitspolitische,  wirtschafts- und entwicklungspolitische Ziele und Mittel zusammenführen könne. “Auch wenn’s schwerfällt: die Ampel muss sich zu Strategien aus einem Guss durchringen!”

Wie sehr es eines solchen Gremiums bedürfe, macht Ischinger nicht nur an der gegenwärtigen Diskussion um den künftigen China-Kurs Deutschlands fest, sondern auch an den strategischen Verwundbarkeiten, insbesondere in der Energiepolitik: “Den Luxus von Einzelpräsentationen der Ressorts können wir uns nicht mehr leisten.”

Werte und Interessen zusammen denken

Wer Ischingers Weltsicht folgt, dem wird klar, wie fragmentarisch Politik mitunter gemacht wird. Natürlich dürfe Deutschland gerade in der Entwicklungspolitik nicht auf sein Wertefundament verzichten. Doch gute Absichten bedeuteten nicht automatisch gute Politik. Das Land brauche eine strategische Kultur, die werte- und interessengeleitet sei. Dazu gehöre auch, mit den sogenannten double standards, der westlichen Doppelmoral, zu brechen.

Afrikanische Länder seien in der Vergangenheit mit ihren schweren Konflikten häufig im Stich gelassen worden, nun erwarte man im Ukrainekrieg die politische Solidarität Afrikas, etwa bei Sanktionsentscheidungen und Abstimmungen bei den Vereinten Nationen. Dieser Krieg werde aber im Globalen Süden häufig als weit entfernter Ost-West-Konflikt wahrgenommen, mit dem Afrika grundsätzlich nichts zu tun habe.

Ohne Afrika wird es nicht gehen

Was also soll aus dem “Kontinent der Chancen” werden, jetzt, da sich die geopolitischen Schwergewichte gravierend verschieben? Unstrittig sei ein Land wie China der deutschen oder europäischen Vorgehensweise voraus: “Demokratien sind oft zu kurzatmig und haben eben keinen Zehn-Jahres-Plan für Afrika.”

Gleichwohl könne man immer noch mit den USA, aber auch im europäischen Schulterschluss zum Champion einer langfristig angelegten Stabilitäts- und Wachstumsstrategie für Afrika werden. “Das wird uns Europäer zwar viel Geld kosten, und es wird unsere Geduld strapazieren, aber am Ende führt kein Weg daran vorbei! Let’s empower the Africans!”

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“Die UN schaffen es nicht, die Bevölkerung zu schützen”

Martin Kobler war Chef der UN-Mission in DR Kongo.

Die Monusco-Friedensmission der UN ist seit 1999 in der DR Kongo aktiv und soll helfen, das zerrüttete Land zu befrieden. In den östlichen Provinzen steht sie hunderten Milizen gegenüber. Eine dieser Gruppen, M23, hatte Monusco einst besiegt. Doch M23 ist zurück und stärker denn je. Die kongolesische Bevölkerung hält indes nicht viel von der UN-Mission. Die Menschen fühlen sich schutzlos und von Monusco im Stich gelassen.

Herr Kobler, die Monusco erklärt, sie habe kein Mandat, um die M23 zu bekämpfen. Weshalb konnte sie 2013 kämpfen, aber heute nicht?

2013 wurde die Monusco mit einem Mandat für eine offensive Kampftruppe ausgestattet. Dieser Force Intervention Brigade gehörten 3.000 der damals 20.000 Soldaten an. Die FIB hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die kongolesische Armee die M23 geschlagen hat. Die FIB gibt es noch. Es ist eine politische Frage, ob man sie einsetzen will.

Wer entscheidet das?

Das müssen beide wollen, New York und die Monusco. Es scheint aber, als ziehe man eine afrikanische Lösung vor. Parallel zur Monusco sind nun Truppen der ostafrikanischen Staatengemeinschaft präsent. Das führt zu Verwerfungen.

Es sind auch Söldner aus Osteuropa anwesend. Ist das akzeptabel?

Es gibt die Anti-Söldner-Konvention, an die sich alle Staaten halten müssen, übrigens auch die Ukraine. Söldner müssen wie alle Milizen entwaffnet werden und ausreisen. Allein die Armee im Kongo ist für die Sicherheit zuständig.

Aber die Armee ist selbst in Verbrechen verwickelt.

Man muss die Soldaten ausbilden und gut bezahlen. Wer trotzdem plündert, muss strafrechtlich verfolgt werden. Zu meiner Zeit haben wir nur mit Einheiten zusammengearbeitet, die die Menschenrechte respektiert haben.

Wie konnte die Monusco das überprüfen?

Wir hatten Daten über die meisten im Ostkongo eingesetzten Offiziere und deren Einheiten. Rot eingestuft wurden jene, über die uns Informationen zu Menschenrechtsverletzungen vorlagen. Mit ihnen haben wir nicht zusammengearbeitet.

Weshalb hat die FIB nach dem M23-Krieg nicht die mehr als 100 anderen Milizen bekämpft?

Wir waren auf die Zusammenarbeit mit der kongolesischen Regierung angewiesen. Das wurde immer schwieriger, weil die damalige Regierung Offiziere in den Osten geschickt hat, die eine schlechte Menschenrechtsbilanz hatten. Wir konnten nicht mit ihnen arbeiten.

Hätte die FIB nicht auf eigenen Faust einschreiten können?

Doch, das Mandat gab das her. Allerdings hatten wir keine ausreichenden nachrichtendienstlichen Möglichkeiten. In der UN war für viele allein das Wort “Intelligence” tabu.

Ein Großteil der Bevölkerung verlangt den Abzug der Monusco. Verstehen Sie das?

Die UN-Mission ist mit verschiedenen Mandaten seit den 1960er Jahren im Kongo. Sie schafft es nicht, die Bevölkerung zuverlässig zu schützen. Darunter leidet die Glaubwürdigkeit. Da bin ich auch selbstkritisch. Das Peacekeeping hätte robuster sein müssen.

Weshalb bezahlen die UN jedes Jahr eine Milliarde Dollar für eine Mission mit umstrittenem Erfolg?

Die Mission hat über weite Strecken für Stabilität gesorgt. Die grundlegenden Probleme müssen aber die Kongolesen selbst lösen. Im Übrigen entfallen auf das Peacekeeping nur 6,8 Millionen Dollar. Das ist wenig im Vergleich zur Summe, die für Kriege ausgegeben wird. 2021 haben die weltweiten Rüstungsausgaben mehr als zwei Billionen Dollar betragen.

Die M23-Kämpfer sind überwiegend Tutsi, was Gewalt gegen diese Ethnie auslöst. Fürchten Sie einen Genozid wie 1994?

Es gibt beunruhigende Hassreden und ethnisch motivierte Morde an Tutsi. Das ist inakzeptabel, genauso wie Gewalt gegen andere Ethnien. Massentötungen mit dem Ziel, eine Ethnie auszulöschen, sehe ich nicht. Aber man muss den Anfängen wehren.

Wie ist der Konflikt lösbar?

Die kongolesische Armee, die ostafrikanischen Truppen und die Monusco müssen militärisch entschieden vorgehen. Ebenso entschieden müssen die Ursachen politisch gelöst werden. Eine wichtige Rolle spielen die Rohstoffe, besonders seltene Erden. Hier schwebt mir ein Zertifizierungssystem vor, ähnlich des Kimberley-Prozesses gegen Blutdiamanten. Dieser hat mitgeholfen, der Finanzierung der Gewalt in Westafrika den Boden zu entziehen.

Martin Kobler war von 2013 bis 2015 Chef der Monusco, der Friedensmission der Vereinten Nationen (UN) in der DR Kongo. Unter Regie des inzwischen pensionierten deutschen Diplomaten besiegte die Monusco mit der kongolesischen Armee die Miliz M23.

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Private Investitionen trotz Energiekrise

Das abschreckendste Investitionshemmnis ist wohl die unzuverlässige Energieversorgung am Kap. Ironischerweise konnte der Präsident seine Rede nur mit Verzögerung halten, weil viele Konferenzteilnehmer im Verkehr steckengeblieben waren – wegen eines Stromausfalls.

Doch Ramaphosa ließ sich nicht die gute Laune verderben und wies darauf hin, dass er seine ambitionierten Ziele nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen habe. Das ist insofern erstaunlich, weil die Wachstumsprognosen für Südafrika eher dürftig aussehen.

Mehr Wachstum als erwartet

Zwar war die Weltbank Anfang des Jahres noch zuversichtlich, dass die Wirtschaft am Kap in diesem Jahr um 1,4 Prozent wachsen werde. Später setzte sie diese Prognose auf ein halbes Prozent herab.
Der IWF geht noch niedriger heran und erwartet sogar nur 0,1 Prozent Wachstum. Die Ratingagentur S&P Global Rating stufte Südafrikas Bonitätsnote vergangenen Monat von “positiv” auf “stabil” herab, vor allem wegen Stromknappheit und veralteter Infrastruktur.

Ramaphosa beharrt darauf: Die von der Regierung eingeleiteten Reformen bei der Stromerzeugung würden sich bald auszahlen. S&P Global dagegen verweist auf die staatseigenen Unternehmen, deren Sanierung nur langsam vorangeht, zum Beispiel bei Transnet, einem Betreiber von Eisenbahnen, Häfen und Pipelines im Land.

Immerhin kann der Präsident auf das Vertrauen vieler Investoren hinweisen, größer als erwartet. Konferenzteilnehmer waren die meisten führenden Unternehmen Südafrikas, aber auch renommierte internationale Firmen aus Kanada, der Türkei, China, Russland, dem Nahen Osten, oder europäischen Ländern wie Belgien und Deutschland.

Investitionen kommen voran

Seit seinem Amtsantritt 2018 ist die Investitionskonferenz am Kap jährlicher Gradmesser. Das Ziel lautet, in Summe Investitionen von umgerechnet rund 57 Milliarden Euro zu sichern. Eine Vorgabe, die trotz der wirtschaftlich angespannten Lage sogar um rund 25 Prozent übertroffen wurde.

Rund ein Drittel der Gelder wird in neue Produktionsstätten, aber auch in den Ausbau von Infrastruktur gesteckt. Allen voran sagte die Neue Entwicklungsbank der BRICS-Länder 1,3 Milliarden Euro für diverse Projekte zu.

Im Bergbausektor will Anglo American, der größte Platinproduzent der Welt, fast 1,56 Milliarden Euro in den Ausbau seiner Bergwerke zu investieren. Auch Unternehmen, die wichtige Metalle wie Platin und Mangan abbauen, greifen in die Tasche. Im Energiebereich konzentrieren sich die Investitionen vor allem auf Solar, aber auch auf Wind.

Der Munitionshersteller Rheinmetall Denel Munition investiert mehr als 12 Millionen Euro in eine mobile Wasserstoffanlage. Im Lebensmittel- und Getränkesektor sagte die Heineken-Gruppe 780 Millionen Euro für den Ausbau ihres Brauereinetzwerkes zu. Auch die südafrikanische Großbrauerei South African Breweries (SAB), eine der erfolgreichsten Brauereien in der Welt, will investieren.

Fachkräfte fehlen auch hier

Vom Mobilfunkbetreiber Vodacom kommen rund drei Milliarden Euro, die in den kommenden fünf Jahren investiert werden sollen. Der südafrikanische Marktführer hatte bereits in den vergangen fünf Jahren fast drei Milliarden Euro besonders in den Ausbau von Mobilfunknetzen in ländlichen Gegenden gesteckt. Mittlerweile sind fast 96 Prozent der dort lebenden Bevölkerung mit 3G und 4G-Netzwerken abgedeckt. Das Unternehmen betont seine “wichtige Rolle bei der Erschließung wirtschaftlicher und sozialer Möglichkeiten für Südafrika.”

Doch auch am Kap fehlen viele Fachkräfte. Ramaphosa versprach, die Visabestimmungen für Südafrika zu erleichtern, damit hochqualifizierte Fachkräfte ins Land geholt werden können. So soll es für ausländische Unternehmen leichter werden, ihre eigenen Führungskräfte und technische Experten mitzubringen. Denn die Qualifizierung der Einheimischen ist ein langfristiges Projekt, dass sich erst nach Jahren auszahlt.

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News

Mitarbeiter von GIZ, UN und NGOs müssen evakuiert werden

Rund 300 Deutsche haben vor Ausbruch des Bürgerkriegs in Sudan gelebt. Die meisten von ihnen hat die Bundeswehr mittlerweile evakuiert. Dabei handelt es sich in erster Linie um Mitarbeiter der GIZ, von UN-Organisationen und Hilfsorganisationen (NGOs), denn die deutsche Wirtschaft ist in dem Land so gut wie nicht aktiv. Eine für den Montagabend angekündigte Pressekonferenz von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt fand dann doch nicht statt.

Auf gerade einmal 116 Millionen Euro beläuft sich nach jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts der deutsche Außenhandelssaldo mit Sudan. Damit liegt das Land auf der 65. Position der deutschen Außenhandelspartner, hinter Mali und Angola. Die Exporte nach Sudan erreichen 142 Millionen Euro, die Importe aus dem Land 26 Millionen.

Südafrika beispielsweise, Deutschlands wichtigster Handelspartner in Afrika, erreicht mit einem Außenhandelsvolumen von 9,8 Milliarden Euro den 32. Rang. Danach folgen Ägypten auf Rang 47 mit 4,2 Milliarden Euro und Marokko auf Rang 51 mit 2,8 Milliarden Euro.

Sudan war lange von US-Wirtschaftssanktionen belegt, die das amerikanische Außenministerium im Jahr 2017 aufhob. Allein Personen, die im Verdacht stehen, am Waffenhandel in der Konfliktregion Darfur beteiligt zu sein, sind noch mit Sanktionen wie der Beschlagnahmung ihres Vermögens belegt. hlr

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Afrika-Verein erneuert Vorstand

Der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft hat auf seiner jüngsten Mitgliederversammlung zahlreiche Vorstandsposten neu besetzt. Neue Vorsitzende wird, wie von Table.Media vorab berichtet, die Siemens-Managerin Sabine Dall’Omo. Sie folgt auf den Unternehmensberater Stefan Liebing, der nach elf Jahren an der Spitze des Verbands nicht mehr kandidierte. Dall’Omo leitet hauptsächlich von Johannesburg aus das Afrika-Geschäft von Siemens und war bisher schon stellvertretende Vorsitzende.

Sie ist die dritte Frau an der Spitze des Afrika-Vereins. Von 1988 bis 1990 führte Liselotte von Rantzau-Essberger den Verband. Die 1993 verstorbene Reederin leitete die Deutschen Afrika Linien. Ihr Sohn Eberhard von Rantzau ist Vorstandsmitglied des Afrika-Vereins. Im Juni 2022 übernahm Hapag Lloyd das Container-Liniengeschäft der Deutschen Afrika Linien. Von 2000 bis 2009 führte Bianca Buchmann den Verband. Sie war Geschäftsführerin des Medizintechnikunternehmens >> welches Unternehmens ? und gab ihren Posten nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Fintec Holding GmbH im Zusammenhang mit Geschäften in Russland, Ghana und Libyen auf.

Der stellvertretende Vorsitzende Jörg Wellmeyer, Geschäftsführer einer deutschen Tochtergesellschaft des österreichischen Baukonzerns Strabag, verlässt den Vorstand. In ihren Ämtern bestätigt wurden Martin Güldner, Hauptteilhaber der Unternehmensberatung Gopa Consulting, und Volker Schütte, Geschäftsführer der Reederei Fredk. Möller Söhne GmbH / Louis Delius. Schütte fungiert auch künftig als Schatzmeister der Lobbyorganisation.

Zu stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurden Roland Göhde, Senior Managing Director des Biotech-Unternehmens Sysmex Partec und Vorsitzender der German Health Alliance, und Frank Nordmann, General Manager Key Accounts des Landmaschinenherstellers Grimme. Außerdem wurden in den Vorstand gewählt: Martina Biene (Volkswagen Südafrika), Shobhna Mohn (Bertelsmann), Petra Warnecke (GIZ) und Rasmus Woermann (Handelshaus C. Woermann). Bisher war Sabine Müller, Bereichsleiterin Afrika, für die GIZ im Vorstand des Afrika-Vereins. hlr

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Wagner in Afrika auf dem Vormarsch 

Die russische Söldnertruppe Gruppe Wagner baut ihren Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent weiter aus. Dies berichtet die Washington Post unter Berufung auf geleakte Geheimdienstdokumente. Wagner-Chef Prigoschin plant demnach eine Konföderation antiwestlicher Staaten aufzubauen und so den Einfluss des Westens in Afrika zu untergraben. In mindestens acht Staaten hat Wagner bereits Fuß gefasst und betreibt dort etwa politische Beratung, Ausbildung von Soldaten und Rohstoffabbau. Besondere Zielländer der Gruppe sind Mali, Libyen, Burkina Faso und die Zentralafrikanische Republik. Insgesamt war der Söldnertrupp schon in 13 afrikanischen Ländern aktiv.  

Den geleakten Dokumenten zufolge will Wagner vor allem den Einfluss Frankreichs und der USA in der Sahelzone untergraben. So soll die Söldnertruppe gemeinsam mit Rebellen Pläne zum Umsturz der tschadischen Regierung verfolgen. Auch im gerade wiederaufgeflammten Konflikt im Sudan scheint Wagner Einfluss nehmen zu wollen. Dort hat sich Wagner-Chef Prigoschin bereits als Vermittler angeboten. ajs

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Südafrika forscht an mRNA-Technologie

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in Kapstadt den sogenannten mRNA-Hub eröffnet. In dem Forschungs- und Trainingszentrum wird modernste Impfstofftechnologie für Länder mittleren und niedrigen Einkommens entwickelt. So sollen sie besser für zukünftige Epidemien gerüstet sein und ihre Gesundheitssysteme unabhängiger werden. Der Hub wird vom Entwicklungsministerium und vom Gesundheitsministerium mit mehr als fünf Millionen Euro unterstützt. Auch die Europäische Kommission hat bereits 40 Millionen Euro zu dem Projekt beigesteuert, weitere 15 Millionen sollen von der Europäischen Investitionsbank kommen. 

Das südafrikanische Biotechnologieunternehmen Afrigen Biologics & Vaccines, das an dem Hub beteiligt ist, hat dort bereits einen Covid-19-Impfstoff entwickelt. Das Vakzin Afri Vac 2121, auf Basis des amerikanischen Moderna-Impfstoffs, ist der erste mRNA-Impfstoff, der auf dem afrikanischen Kontinent konzipiert, entwickelt und hergestellt wird. Allerdings wird der Impfstoff bisher noch nicht eingesetzt, Tests an Menschen stehen noch aus. Neben Covid-19 solle der Hub perspektivisch auch den Kampf gegen Tuberkulose, HIV/Aids und Malaria unterstützen, so Südafrikas Minister für Hochschulbildung, Wissenschaft und Technologie, Blade Nzimande, bei der Eröffnung. 

Afrigen ist im Rahmen des Hubs für die Entwicklung der mRNA-Impfstoffproduktion verantwortlich, der halbstaatliche South African Medical Research Council ist mit Forschungsaufgaben betraut. Für die globale Impfstoffproduktion ist das südafrikanische Pharmaunternehmen Biovac der erste von 15 internationalen Partnern. Neben der WHO wird der Hub außerdem vom Medicines Patent Pool und der globalen Impfstoffkampagne Covax unterstützt. 

Deutschland unterstützt laut Bundesregierung den Aufbau der Impfstoff- und Pharmaproduktion auf dem Kontinent mit insgesamt 550 Millionen Euro. ajs

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Nordafrika setzt auf europäischen Datenschutz

Das europäische Datenschutzrecht hat für nordafrikanische Länder Vorbildcharakter. Die Konrad Adenauer Stiftung diskutierte bei einer Veranstaltung das Thema Datenschutz in Nordafrika und stellte dazu eine Studie vor. Danach gibt es in fünf der sieben untersuchten Länder Datenschutzgesetze nach europäischem Vorbild: Algerien, Ägypten, Mauretanien, Marokko und Tunesien.

International agierende europäische Konzerne begrüßen diese Übertragung europäischer Datenschutzgesetze. Compliance werde dadurch erheblich einfacher, die Kosten für Unternehmen würden sinken. Praktikable und einheitliche Datenschutzregeln seien auch für Behörden und andere öffentliche Einrichtungen hilfreich, zum Beispiel in der Strafverfolgung.

Experten erwarten, dass europäischer Datenschutz weltweit verankert wird und jeweilige nationale Standards an europäische angeglichen werden. Bisher werden nur sehr wenige ausländische Datenschutzgesetze von der Europäischen Kommission als “adäquat” anerkannt, allerdings arbeiten viele Länder auf eine Anerkennung hin. ajs

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Weltwirtschaftlicher Preis 2023 in drei Kategorien

Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat die Sieger des Weltwirtschaftlichen Preises 2023 bekannt gegeben. Verliehen wird der Preis in drei Kategorien: In der Politik wird Ngozi Okonjo-Iweala, Generaldirektorin der Welthandelsorganisation, ausgezeichnet. Bei Wirtschaft geht die Auszeichnung an die im Afrikabüro der UN tätige Ökonomin Eleni Gabre-Madhin. Und in der Kategorie Wissenschaft wird Leonard Wantchekon gewürdigt, Professor für Politökonomie an der Princeton University. Das IfW verleiht den Preis gemeinsam mit der Stadt Kiel und der IHK Schleswig-Holstein. Er soll auf die Bedeutung globaler Herausforderungen hinweisen. In diesem Jahr steht die Entwicklung Afrikas im Fokus. Die Verleihung findet am 19. Juni in Kiel statt. ajs

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Standpunkt

Deutsche Afrikapolitik neujustieren

Von Robert Kappel
Afrika-Ökonom Robert Kappel.

Die deutsche Afrikapolitik bewegt sich weiter auf ausgetretenen Pfaden. Sie geht vom Grundgedanken aus, Afrikas Gesellschaften benötigten mehr Unterstützung von außen und Deutschland verfüge über die dafür erforderlichen Kompetenzen. Doch dieses Konzept trägt nicht mehr.

Die deutsche Politik sollte erkennen, dass afrikanische Länder sich durch neue geopolitische Konstellationen strategische Optionen jenseits von Europa geschaffen haben, nicht zuletzt mit China.

Sie können sich aussuchen, mit welchen Partnern sie ihre Entwicklung am besten voranbringen. Noch wichtiger ist, dass es auf dem Kontinent wirtschaftlich brummt. In den meisten Ländern hat sich eine neue urbane Transformationsdynamik Bahn gebrochen. Zwischen Abidjan und Lagos entstehen riesige Agglomerationen mit 400 Millionen Menschen. Dazu kommen Zentren wie Gauteng, Casablanca, Kairo, Luanda, Addis Abeba oder die metropolitane Achse Nairobi, Dar es Salaam und Kampala.

Die Produktivität steigt, die Einkommen wachsen, die technologische Kompetenz ist größer geworden und die Startup-Ökonomie expandiert. Die neugewonnene strategische Autonomie Afrikas zeichnet sich durch Ausweitung der wirtschaftlichen Aktivitäten und die Hebung der lokalen Wertschöpfung aus.

Deutschland sollte angesichts dieser Dynamik seine Kooperationsagenda auf vier Schwerpunkte konzentrieren:

1. Förderung langfristiger Investitionen und verstärkte Kooperation mit lokalem Unternehmertum, um vom entstehenden Industrialisierungsschub, der Agrar- und Mittelstandsentwicklung und der wachsenden Kaufkraft in den afrikanischen Großagglomerationen zu profitieren.

2. Fokussierte Anreizsysteme, um Win-Win-Situationen für deutsche und afrikanische Unternehmen in Wertschöpfungsketten herzustellen. Dafür bedarf es zum Beispiel der Einrichtung von Wettbewerbsfonds zur Gründung von Joint-Ventures, gemeinsamer Berufsbildungsmaßnahmen, zur Kooperationsförderung von Forschungseinrichtungen mit lokalen und deutschen Unternehmern und besonders die Beseitigung von Investitionshürden.

3. Deutschland sollte die Handelsintegration unterstützen, aber vor allem auf Investitionen setzen. Denn nur durch die Ausweitung der Produktionspalette können der intra-afrikanische und auch der europäisch-afrikanische Handelsaustausch stärker diversifiziert werden. Die African Continental Free Trade Area fördert die Arbeitsteilung auf dem Kontinent und der intra-afrikanische Handel wächst.

4. Die deutsche Afrikastrategie sollte die bisher eingesetzten Instrumente, wie AfricaGrow, AfricaConnect und Wirtschaftsnetzwerk, evaluieren und neugestalten. Dabei geht es um folgende Ziele: deutlich mehr deutsche Investitionen auf dem Kontinent und ein verstärkter Ausbau der Bildungs-, Forschungs-, Technologie- und Kulturkooperation. Dadurch könnten noch besser gemeinsame Lösungen für die größten Herausforderungen auf dem Kontinent entwickelt werden, etwa für den verbesserten Zugang zu Elektrizität, die Schaffung von Jobs, die Versorgung der Städte mit Nahrungsmitteln, die Entwicklung neuer Verkehrssysteme und die Energiewende. Afrikanische Länder wollen mit der entwickelten Industrienation Deutschland zusammenarbeiten und von dieser Kooperation profitieren. Wenn es richtig sein sollte, dass Afrika zu einem globalen Gravitationszentrum wird, dann ist eine Neujustierung der Kooperation mit afrikanischen Ländern dringend angeraten – nicht zuletzt auch im deutschen Interesse.

Robert Kappel war Präsident des German Institute of Global and Area Studies (GIGA) und gehört zu den profiliertesten Afrika-Wirtschaftswissenschaftlern.

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Presseschau

Al Jazeera: Konflikt in Sudan gefährdet Stabilität der Region. Fünf der sieben Nachbarländer Sudans sind bereits in bewaffnete Konflikte verstrickt. Sollten sich die Kämpfe in Sudan zum Bürgerkrieg entwickeln, könnte dies verheerende Auswirkungen auf die gesamte Region am Horn von Afrika haben. Auch der Disput um die Niltalsperre GERD wird nicht einfacher zu lösen.

Washington Post: Chaos in Sudan und der globale Machtkampf dahinter. Die beiden Seiten im sudanesischen Konflikt kämpfen nicht nur für sich selbst, sie haben auch internationale Förderer. Ägypten, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland verfolgen mit ihrem Engagement in Sudan eigene Interessen.

Foreign Affairs: Kagames Rache im Kongo. Im Osten der DR Kongo bekämpft die Armee die Rebellengruppe M23, die von Ruanda unterstützt wird. Dies belegt ein UN-Report. Der Longread erklärt die Hintergründe des neu aufgeflammten Konflikts und die Beweggründe von Ruandas Präsident Paul Kagame. Auch europäische Interessen spielen eine Rolle.

Foreign Policy: Große Aufgaben für Nigerias Parteien. Die nigerianische Präsidentschaftswahl im Februar hat eindringlich gezeigt, dass Persönlichkeiten in dem westafrikanischen Land mehr zählen als Parteien. Ob die Parteien ihren Einfluss zurückgewinnen können oder in der Bedeutungslosigkeit versinken, hängt von den politischen Eliten ab.

The EastAfrican: Südafrikas Krankenhäuser brauchen Dieselgeneratoren. Im Zuge der anhaltenden Energiekrise am Kap sind südafrikanische Krankenhäuser auf Dieselgeneratoren angewiesen. Für den Treibstoff mussten sie allein in den vergangenen Monaten fast 40 Millionen Dollar ausgeben.

Bloomberg: Afrikanische Start-ups streichen Expansionspläne. Der Finanzschock des vergangenen Monats hat offenbar die Tech-Investoren auf dem Kontinent verschreckt. Eine ganze Reihe junger Unternehmen haben angesichts der Finanzierungsknappheit Sparmaßnahmen angekündigt.

African Business: Von ASEAN und USMCA lernen. Die Handelsblöcke in Nordamerika und Südostasien zeigen: Good Governance und Investitionen in Humankapital können dazu beitragen, unterschiedliche Niveaus in der Entwicklung von Ländern zu überbrücken. Davon könnten auch die afrikanischen Staaten im Rahmen der African Continental Free Trade Area profitieren.

FAZ: Keine Reisebeschränkung für früheren Steinhoff-Chef. Markus Jooste, Ex-CEO des südafrikanischen Möbelkonzerns Steinhoff, war zum ersten Verhandlungstag im Oldenburger Landgericht nicht erschienen. In einem der größten Wirtschaftsskandale Südafrikas wird ihm Bilanzfälschung vorgeworfen. Das südafrikanische Justizministerium widerspricht seiner Behauptung, er habe wegen Reisebeschränkungen nicht ausreisen können.

Africa Defense Forum: Afrikanische Marineverbände trainieren für neue Gefahren. Die Armeen investieren vermehrt in spezialisierte Marineinfanterie-Einheiten, weil in Afrikas Küstenregionen die Bedrohungen deutlich zugenommen haben. Um die flachen Gewässer herum, die sich vom Meer ins Innere des Kontinents schlängeln, finden Schmuggel, Piraterie und Ölraub statt.

Heads

Mélanie Keïta – Grüner Finanzier in Frankfurt und Nairobi

Gründerin Mélanie Keïta mit ihrem Lebensgefährten und Geschäftspartner Ian Mijire.
Mélanie Keïta, Gründerin von Melanin Kapital, mit ihrem Lebensgefährten und Geschäftspartner Ian Mijire.

Unser Anruf bei Mélanie Keïta erreicht sie gerade beim Auspacken ihrer Umzugskartons. Dabei war gar nicht klar, wo wir sie gerade erwischen. Vor zwei Jahren, als wir uns auf einer Afrika-Veranstaltung in Frankfurt das erste Mal trafen, lebte sich noch mit ihrem Geschäftspartner und Lebensgefährten Ian Mijire im Frankfurter Nordend. Aber auch in Paris fühlte sie sich genauso zu Hause wie in der Berliner Startup-Szene.

Wir vereinbaren ein Videogespräch. Und sie verrät uns, dass sie gerade mit Ian Mijire nach Nairobi gezogen ist. Mélanie ist eine Millennial, die sich mit großer Leichtigkeit in der  globalen Welt bewegt. Für eine junge Frau, deren Wurzeln in Westafrika liegen, ist ein Umzug nach Ostafrika nicht selbstverständlich. Die Mentalität der Menschen, die Essensgewohnheiten, die Gesetze unterscheiden sich erheblich von einem Ende des Kontinents zum andern. Immerhin stammt Ian aus Kenia. Das wird bei der Eingewöhnung in das fremde Land helfen. “Außerdem ist Nairobi eine so internationale Stadt”, zeigt sich Mélanie zuversichtlich.

Näher an den Zielunternehmen

Dass Mélanie und Ian in Kenia die beste Zukunft für ihre Gesellschaft sehen, überrascht wiederum nicht. Mélanie Keïta ist die Gründerin der Finanzierungsplattform Melanin Kapital, einem Unternehmen nach deutschem Recht, das seinen Sitz nach wie vor am Finanzplatz Frankfurt hat. Mit dem Umzug rückt Melanin Kapital jedoch viel näher an seine Zielunternehmen. Die neue Geschäftsadresse liegt im Stadtteil Kilimani, nicht weit entfernt von der Ngong Road, entlang derer in den vergangenen Jahren viele Startup-Zentren und Working Spaces für Existenzgründer entstanden sind.

“Melanin Kapital ist eine Fintech-Plattform, die afrikanische Unternehmen beim Übergang zu einer ökologischen Wirtschaftsweise finanziert”, fasst Mélanie das Geschäftsmodell zusammen. Gibt es nicht schon jede Menge Konkurrenten, die Green Finance in Afrika anbieten? Und ist die Konkurrenz gerade in Nairobi, dem brodelnden Zentrum der Startup-Szene in Ostafrika, nicht zu groß?

Fokus auf drei Transitionsthemen

Das schreckt die Gründerin von Melanin Kapital nicht. “Die Kosten dieser ökologischen Transition sind so immens, dass viele Anbieter den Finanzierungsbedarf stemmen müssen.” Die Kosten für Solarenergie und erst recht für Elektromobilität sind in Afrika nach wie vor sehr hoch, zu hoch für viele Unternehmen.

Auf drei Themen konzentriert sich Melanin Kapital: grüne Kredite für die Landwirtschaft, zum Beispiel Gewächshäuser, grüne Mobilität und Logistik, etwa elektrische Lastendreiräder, und grüne Energie, zum Beispiel solarbetriebene Kühlschränke für Marktfrauen oder kleine Lebensmittelgeschäfte. Der Fokus liegt eindeutig auf kleineren Gewerbetreibenden und Unternehmern, Marktfrauen, Kioskbetreibern, Händlern.

Mélanies Wurzeln sind vielfältig: Ihre Eltern sind deutsch-französisch und malisch-kongolesisch. In Mali wurde sie geboren, in Kongo ist sie aufgewachsen, studiert hat sie Corporate Finance in Paris und Berlin. In Frankfurt lernte sie 2019 Ian kennen. Rasch einte sie außer der Liebe der Wille, die Entwicklung ihrer Heimatländer zu unterstützen. So entstand Melanin Kapital.

Unterstützung durch deutsche Institutionen

Für ihre Idee fand sie schnell starke Partner: die GIZ und die DEG Invest in Deutschland, die Absa Bank in Kenia und andere lokale Geldhäuser. Außerdem bietet ihre Plattform interessierten Anlegern die Möglichkeit, sich an konkreten Projekten zu beteiligen. “Früher war es zu aufwändig, Mittel für kleine Projekte zu sammeln und zu betreuen”, sagt Mélanie. “Doch dank der Digitalisierung haben wir einen Weg gefunden, Finanzmittel effizient von Europa nach Afrika zu bringen.”

Welche Ziele hat sie sich gesetzt? “In diesem Jahr wollen wir die Schwelle von einer Million Euro bei den Finanzierungen überschreiten”, meint die Gründerin. “Damit können wir rund 1.500 Unternehmen unterstützen.” Und sie will eine Lizenz für den Vertrieb von Karbon-Zertifikaten erwerben. Da diese als Finanzprodukte eingestuft werden, dürfen nur Marktteilnehmer mit spezieller Genehmigung diese auch an Anleger verkaufen.

Noch ist das Finanzierungsvolumen nicht sonderlich groß. Doch sie ist zuversichtlich, dass Melanin Kapital durch die neue Nähe zu den Zielunternehmen rasch wachsen wird. Christian von Hiller

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Africa.Table Redaktion

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wenn sich jemand mit der internationalen Sicherheitsarchitektur auskennt, ist es Wolfgang Ischinger. Der langjährige Botschafter und Chef der Münchner Sicherheitskonferenz warnt im Gespräch mit Table.Media davor, Afrika auf der politischen Tagesordnung nach hinten zu schieben. Gute Absicht in der Entwicklungspolitik bedeute nicht automatisch gute Politik. Neben Werten müssten auch eigene Interessen artikuliert werden.

    Südafrika ist in wirtschaftlicher Hinsicht ein Kuriosum: Während der IWF seine Wachstumsprognose gesenkt hat und Ratingagenturen die Bonität herabgestuft haben, berichtet der südafrikanische Präsident Ramaphosa von enormen Investitionen. Andreas Sieren, unser Mann am Kap, bringt Licht in diese verwirrenden Umstände.

    Ende April übernimmt mit der Siemens-Managerin Sabine Dall’Omo eine Frau die Führungsrolle im Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Der ist bekanntlich mit der aktuellen Afrika-Strategie des BMZ nicht glücklich, weil dort mehr über Werte als über Wirtschaft zu lesen ist. Der Afrika-Experte Robert Kappel schlägt zum Amtsantritt von Dall’Omo vier Schwerpunkte vor, die die Wirtschaft gerne in der Afrikapolitik verankert sähe. Vielleicht bringt die erfahrene Managerin, die zu den “most influential women” in Afrika zählt, die Sache in Schwung. Es sei erinnert an das südafrikanische Sprichwort “Wathinta abafazi, wathinta imbokodo” – “Wenn du eine Frau triffst, triffst du einen Felsen.”

    Und mit Mélanie Keïta stellen wir Ihnen eine junge Investmentbankerin mit afrikanischen Wurzeln vor, die gerade von Frankfurt nach Nairobi gezogen ist. Für ihre Geschäftsidee Melanin Kapital, eine Fintech-Plattform mit Schwerpunkt ökologische Transformation, sieht sie dort beste Voraussetzungen inmitten einer quirligen Startup-Szene.

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    Ihr
    Harald Prokosch
    Bild von Harald  Prokosch

    Analyse

    Ischinger: Wir brauchen Afrika, nicht umgekehrt

    Wolfgang Ischinger auf dem Weltwirtschaftsforum 2022.

    Zur internationalen Verantwortung Deutschlands hat sich der langjährige Spitzendiplomat Wolfgang Ischinger schon häufiger kritisch geäußert. Afrika war dabei meist ein untergeordnetes Thema, doch dieser side effect müsse ein Ende haben, so Ischinger.

    “Im Moment ist es relativ leicht, China-Krieger oder Ukraine-Krieger zu sein. Wir haben zu wenig führende Politiker, die sich mit Haut und Haar für das Thema Afrika einsetzen.” Afrika müsse – nicht nur wegen seiner jungen Bevölkerung, den enormen Ressourcen und dem großen Sonnenenergie-Potenzial – als der künftig wichtigste Partnerkontinent Europas gesehen werden und nicht hauptsächlich als Problem, als Quelle des Migrationsdrucks, als Ort von Radikalität, Terrorismus und blutigen Konflikten, wie aktuell im Sudan. Es gehe darum, die Wachstums- und Wohlstandschancen des Kontinents zu erkennen und zu nutzen, die dann auch Europa zugute kämen. “Europa braucht Afrika künftig mehr als umgekehrt”.

    Entwicklungspolitik neu denken

    Dies bedeute auch eine Abkehr von traditionellen Formen der Entwicklungszusammenarbeit. Über Jahrzehnte war und ist Afrika vor allem als Hilfsempfänger definiert worden. Ischinger prognostiziert, dass sich die sicherheitspolitischen Bedrohungen multiplizierten, wenn Afrika nicht viel stärker als künftiger Sicherheitspartner und Rohstoff- und Energielieferant definiert werde. Das Migrationspotenzial werde eher noch befeuert, wenn es zu wenig Wachstum gebe, die Instabilitätsprobleme des Kontinents würden nicht gelöst. Natürlich seien viele Länder des afrikanischen Kontinents noch nicht in der Lage, selbst für Wachstum und Stabilität zu sorgen. Aber der ehemalige Diplomat warnt zugleich vor Überheblichkeit in Sicherheitsfragen: “Wenn wir an die Ukraine denken, müssen wir zugeben: Auch Europa ist nicht der Kontinent des Friedens geblieben, wie wir alle dachten.”

    Unsere Beziehungen zu Afrika sind für Ischinger ein altes und zugleich ungelöstes Thema. Er erinnert sich an den damaligen Außenminister Genscher, zu dessen engstem Kreis er lange gehörte. “Geradezu hellseherisch hat Genscher schon Mitte der 70er Jahre gesagt: Wir brauchen eine Afrika-Konzeption!”

    Warum Strategie allein Stückwerk bleibt

    Und erfüllen die inzwischen immer neuen Strategien nicht genau diese Forderung? “Strategiepapiere sind enorm wichtig, bleiben aber leider oft unbefriedigendes Stückwerk. Ich bin kein Fan länder- oder kontinentbezogener Strategien einzelner Ministerien”, so Ischinger. Die gegenwärtige Afrikastrategie aus dem BMZ sei dafür ein typisches Beispiel. Und bei der Chinastrategie aus dem AA fehle anscheinend noch immer das Plazet anderer, insbesondere des Kanzleramts.

    Deutschland brauche eben einen Nationalen Sicherheitsrat, der außenpolitische, sicherheitspolitische,  wirtschafts- und entwicklungspolitische Ziele und Mittel zusammenführen könne. “Auch wenn’s schwerfällt: die Ampel muss sich zu Strategien aus einem Guss durchringen!”

    Wie sehr es eines solchen Gremiums bedürfe, macht Ischinger nicht nur an der gegenwärtigen Diskussion um den künftigen China-Kurs Deutschlands fest, sondern auch an den strategischen Verwundbarkeiten, insbesondere in der Energiepolitik: “Den Luxus von Einzelpräsentationen der Ressorts können wir uns nicht mehr leisten.”

    Werte und Interessen zusammen denken

    Wer Ischingers Weltsicht folgt, dem wird klar, wie fragmentarisch Politik mitunter gemacht wird. Natürlich dürfe Deutschland gerade in der Entwicklungspolitik nicht auf sein Wertefundament verzichten. Doch gute Absichten bedeuteten nicht automatisch gute Politik. Das Land brauche eine strategische Kultur, die werte- und interessengeleitet sei. Dazu gehöre auch, mit den sogenannten double standards, der westlichen Doppelmoral, zu brechen.

    Afrikanische Länder seien in der Vergangenheit mit ihren schweren Konflikten häufig im Stich gelassen worden, nun erwarte man im Ukrainekrieg die politische Solidarität Afrikas, etwa bei Sanktionsentscheidungen und Abstimmungen bei den Vereinten Nationen. Dieser Krieg werde aber im Globalen Süden häufig als weit entfernter Ost-West-Konflikt wahrgenommen, mit dem Afrika grundsätzlich nichts zu tun habe.

    Ohne Afrika wird es nicht gehen

    Was also soll aus dem “Kontinent der Chancen” werden, jetzt, da sich die geopolitischen Schwergewichte gravierend verschieben? Unstrittig sei ein Land wie China der deutschen oder europäischen Vorgehensweise voraus: “Demokratien sind oft zu kurzatmig und haben eben keinen Zehn-Jahres-Plan für Afrika.”

    Gleichwohl könne man immer noch mit den USA, aber auch im europäischen Schulterschluss zum Champion einer langfristig angelegten Stabilitäts- und Wachstumsstrategie für Afrika werden. “Das wird uns Europäer zwar viel Geld kosten, und es wird unsere Geduld strapazieren, aber am Ende führt kein Weg daran vorbei! Let’s empower the Africans!”

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    “Die UN schaffen es nicht, die Bevölkerung zu schützen”

    Martin Kobler war Chef der UN-Mission in DR Kongo.

    Die Monusco-Friedensmission der UN ist seit 1999 in der DR Kongo aktiv und soll helfen, das zerrüttete Land zu befrieden. In den östlichen Provinzen steht sie hunderten Milizen gegenüber. Eine dieser Gruppen, M23, hatte Monusco einst besiegt. Doch M23 ist zurück und stärker denn je. Die kongolesische Bevölkerung hält indes nicht viel von der UN-Mission. Die Menschen fühlen sich schutzlos und von Monusco im Stich gelassen.

    Herr Kobler, die Monusco erklärt, sie habe kein Mandat, um die M23 zu bekämpfen. Weshalb konnte sie 2013 kämpfen, aber heute nicht?

    2013 wurde die Monusco mit einem Mandat für eine offensive Kampftruppe ausgestattet. Dieser Force Intervention Brigade gehörten 3.000 der damals 20.000 Soldaten an. Die FIB hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die kongolesische Armee die M23 geschlagen hat. Die FIB gibt es noch. Es ist eine politische Frage, ob man sie einsetzen will.

    Wer entscheidet das?

    Das müssen beide wollen, New York und die Monusco. Es scheint aber, als ziehe man eine afrikanische Lösung vor. Parallel zur Monusco sind nun Truppen der ostafrikanischen Staatengemeinschaft präsent. Das führt zu Verwerfungen.

    Es sind auch Söldner aus Osteuropa anwesend. Ist das akzeptabel?

    Es gibt die Anti-Söldner-Konvention, an die sich alle Staaten halten müssen, übrigens auch die Ukraine. Söldner müssen wie alle Milizen entwaffnet werden und ausreisen. Allein die Armee im Kongo ist für die Sicherheit zuständig.

    Aber die Armee ist selbst in Verbrechen verwickelt.

    Man muss die Soldaten ausbilden und gut bezahlen. Wer trotzdem plündert, muss strafrechtlich verfolgt werden. Zu meiner Zeit haben wir nur mit Einheiten zusammengearbeitet, die die Menschenrechte respektiert haben.

    Wie konnte die Monusco das überprüfen?

    Wir hatten Daten über die meisten im Ostkongo eingesetzten Offiziere und deren Einheiten. Rot eingestuft wurden jene, über die uns Informationen zu Menschenrechtsverletzungen vorlagen. Mit ihnen haben wir nicht zusammengearbeitet.

    Weshalb hat die FIB nach dem M23-Krieg nicht die mehr als 100 anderen Milizen bekämpft?

    Wir waren auf die Zusammenarbeit mit der kongolesischen Regierung angewiesen. Das wurde immer schwieriger, weil die damalige Regierung Offiziere in den Osten geschickt hat, die eine schlechte Menschenrechtsbilanz hatten. Wir konnten nicht mit ihnen arbeiten.

    Hätte die FIB nicht auf eigenen Faust einschreiten können?

    Doch, das Mandat gab das her. Allerdings hatten wir keine ausreichenden nachrichtendienstlichen Möglichkeiten. In der UN war für viele allein das Wort “Intelligence” tabu.

    Ein Großteil der Bevölkerung verlangt den Abzug der Monusco. Verstehen Sie das?

    Die UN-Mission ist mit verschiedenen Mandaten seit den 1960er Jahren im Kongo. Sie schafft es nicht, die Bevölkerung zuverlässig zu schützen. Darunter leidet die Glaubwürdigkeit. Da bin ich auch selbstkritisch. Das Peacekeeping hätte robuster sein müssen.

    Weshalb bezahlen die UN jedes Jahr eine Milliarde Dollar für eine Mission mit umstrittenem Erfolg?

    Die Mission hat über weite Strecken für Stabilität gesorgt. Die grundlegenden Probleme müssen aber die Kongolesen selbst lösen. Im Übrigen entfallen auf das Peacekeeping nur 6,8 Millionen Dollar. Das ist wenig im Vergleich zur Summe, die für Kriege ausgegeben wird. 2021 haben die weltweiten Rüstungsausgaben mehr als zwei Billionen Dollar betragen.

    Die M23-Kämpfer sind überwiegend Tutsi, was Gewalt gegen diese Ethnie auslöst. Fürchten Sie einen Genozid wie 1994?

    Es gibt beunruhigende Hassreden und ethnisch motivierte Morde an Tutsi. Das ist inakzeptabel, genauso wie Gewalt gegen andere Ethnien. Massentötungen mit dem Ziel, eine Ethnie auszulöschen, sehe ich nicht. Aber man muss den Anfängen wehren.

    Wie ist der Konflikt lösbar?

    Die kongolesische Armee, die ostafrikanischen Truppen und die Monusco müssen militärisch entschieden vorgehen. Ebenso entschieden müssen die Ursachen politisch gelöst werden. Eine wichtige Rolle spielen die Rohstoffe, besonders seltene Erden. Hier schwebt mir ein Zertifizierungssystem vor, ähnlich des Kimberley-Prozesses gegen Blutdiamanten. Dieser hat mitgeholfen, der Finanzierung der Gewalt in Westafrika den Boden zu entziehen.

    Martin Kobler war von 2013 bis 2015 Chef der Monusco, der Friedensmission der Vereinten Nationen (UN) in der DR Kongo. Unter Regie des inzwischen pensionierten deutschen Diplomaten besiegte die Monusco mit der kongolesischen Armee die Miliz M23.

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    • Sicherheitspolitik

    Private Investitionen trotz Energiekrise

    Das abschreckendste Investitionshemmnis ist wohl die unzuverlässige Energieversorgung am Kap. Ironischerweise konnte der Präsident seine Rede nur mit Verzögerung halten, weil viele Konferenzteilnehmer im Verkehr steckengeblieben waren – wegen eines Stromausfalls.

    Doch Ramaphosa ließ sich nicht die gute Laune verderben und wies darauf hin, dass er seine ambitionierten Ziele nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen habe. Das ist insofern erstaunlich, weil die Wachstumsprognosen für Südafrika eher dürftig aussehen.

    Mehr Wachstum als erwartet

    Zwar war die Weltbank Anfang des Jahres noch zuversichtlich, dass die Wirtschaft am Kap in diesem Jahr um 1,4 Prozent wachsen werde. Später setzte sie diese Prognose auf ein halbes Prozent herab.
    Der IWF geht noch niedriger heran und erwartet sogar nur 0,1 Prozent Wachstum. Die Ratingagentur S&P Global Rating stufte Südafrikas Bonitätsnote vergangenen Monat von “positiv” auf “stabil” herab, vor allem wegen Stromknappheit und veralteter Infrastruktur.

    Ramaphosa beharrt darauf: Die von der Regierung eingeleiteten Reformen bei der Stromerzeugung würden sich bald auszahlen. S&P Global dagegen verweist auf die staatseigenen Unternehmen, deren Sanierung nur langsam vorangeht, zum Beispiel bei Transnet, einem Betreiber von Eisenbahnen, Häfen und Pipelines im Land.

    Immerhin kann der Präsident auf das Vertrauen vieler Investoren hinweisen, größer als erwartet. Konferenzteilnehmer waren die meisten führenden Unternehmen Südafrikas, aber auch renommierte internationale Firmen aus Kanada, der Türkei, China, Russland, dem Nahen Osten, oder europäischen Ländern wie Belgien und Deutschland.

    Investitionen kommen voran

    Seit seinem Amtsantritt 2018 ist die Investitionskonferenz am Kap jährlicher Gradmesser. Das Ziel lautet, in Summe Investitionen von umgerechnet rund 57 Milliarden Euro zu sichern. Eine Vorgabe, die trotz der wirtschaftlich angespannten Lage sogar um rund 25 Prozent übertroffen wurde.

    Rund ein Drittel der Gelder wird in neue Produktionsstätten, aber auch in den Ausbau von Infrastruktur gesteckt. Allen voran sagte die Neue Entwicklungsbank der BRICS-Länder 1,3 Milliarden Euro für diverse Projekte zu.

    Im Bergbausektor will Anglo American, der größte Platinproduzent der Welt, fast 1,56 Milliarden Euro in den Ausbau seiner Bergwerke zu investieren. Auch Unternehmen, die wichtige Metalle wie Platin und Mangan abbauen, greifen in die Tasche. Im Energiebereich konzentrieren sich die Investitionen vor allem auf Solar, aber auch auf Wind.

    Der Munitionshersteller Rheinmetall Denel Munition investiert mehr als 12 Millionen Euro in eine mobile Wasserstoffanlage. Im Lebensmittel- und Getränkesektor sagte die Heineken-Gruppe 780 Millionen Euro für den Ausbau ihres Brauereinetzwerkes zu. Auch die südafrikanische Großbrauerei South African Breweries (SAB), eine der erfolgreichsten Brauereien in der Welt, will investieren.

    Fachkräfte fehlen auch hier

    Vom Mobilfunkbetreiber Vodacom kommen rund drei Milliarden Euro, die in den kommenden fünf Jahren investiert werden sollen. Der südafrikanische Marktführer hatte bereits in den vergangen fünf Jahren fast drei Milliarden Euro besonders in den Ausbau von Mobilfunknetzen in ländlichen Gegenden gesteckt. Mittlerweile sind fast 96 Prozent der dort lebenden Bevölkerung mit 3G und 4G-Netzwerken abgedeckt. Das Unternehmen betont seine “wichtige Rolle bei der Erschließung wirtschaftlicher und sozialer Möglichkeiten für Südafrika.”

    Doch auch am Kap fehlen viele Fachkräfte. Ramaphosa versprach, die Visabestimmungen für Südafrika zu erleichtern, damit hochqualifizierte Fachkräfte ins Land geholt werden können. So soll es für ausländische Unternehmen leichter werden, ihre eigenen Führungskräfte und technische Experten mitzubringen. Denn die Qualifizierung der Einheimischen ist ein langfristiges Projekt, dass sich erst nach Jahren auszahlt.

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    News

    Mitarbeiter von GIZ, UN und NGOs müssen evakuiert werden

    Rund 300 Deutsche haben vor Ausbruch des Bürgerkriegs in Sudan gelebt. Die meisten von ihnen hat die Bundeswehr mittlerweile evakuiert. Dabei handelt es sich in erster Linie um Mitarbeiter der GIZ, von UN-Organisationen und Hilfsorganisationen (NGOs), denn die deutsche Wirtschaft ist in dem Land so gut wie nicht aktiv. Eine für den Montagabend angekündigte Pressekonferenz von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt fand dann doch nicht statt.

    Auf gerade einmal 116 Millionen Euro beläuft sich nach jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts der deutsche Außenhandelssaldo mit Sudan. Damit liegt das Land auf der 65. Position der deutschen Außenhandelspartner, hinter Mali und Angola. Die Exporte nach Sudan erreichen 142 Millionen Euro, die Importe aus dem Land 26 Millionen.

    Südafrika beispielsweise, Deutschlands wichtigster Handelspartner in Afrika, erreicht mit einem Außenhandelsvolumen von 9,8 Milliarden Euro den 32. Rang. Danach folgen Ägypten auf Rang 47 mit 4,2 Milliarden Euro und Marokko auf Rang 51 mit 2,8 Milliarden Euro.

    Sudan war lange von US-Wirtschaftssanktionen belegt, die das amerikanische Außenministerium im Jahr 2017 aufhob. Allein Personen, die im Verdacht stehen, am Waffenhandel in der Konfliktregion Darfur beteiligt zu sein, sind noch mit Sanktionen wie der Beschlagnahmung ihres Vermögens belegt. hlr

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    Afrika-Verein erneuert Vorstand

    Der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft hat auf seiner jüngsten Mitgliederversammlung zahlreiche Vorstandsposten neu besetzt. Neue Vorsitzende wird, wie von Table.Media vorab berichtet, die Siemens-Managerin Sabine Dall’Omo. Sie folgt auf den Unternehmensberater Stefan Liebing, der nach elf Jahren an der Spitze des Verbands nicht mehr kandidierte. Dall’Omo leitet hauptsächlich von Johannesburg aus das Afrika-Geschäft von Siemens und war bisher schon stellvertretende Vorsitzende.

    Sie ist die dritte Frau an der Spitze des Afrika-Vereins. Von 1988 bis 1990 führte Liselotte von Rantzau-Essberger den Verband. Die 1993 verstorbene Reederin leitete die Deutschen Afrika Linien. Ihr Sohn Eberhard von Rantzau ist Vorstandsmitglied des Afrika-Vereins. Im Juni 2022 übernahm Hapag Lloyd das Container-Liniengeschäft der Deutschen Afrika Linien. Von 2000 bis 2009 führte Bianca Buchmann den Verband. Sie war Geschäftsführerin des Medizintechnikunternehmens >> welches Unternehmens ? und gab ihren Posten nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Fintec Holding GmbH im Zusammenhang mit Geschäften in Russland, Ghana und Libyen auf.

    Der stellvertretende Vorsitzende Jörg Wellmeyer, Geschäftsführer einer deutschen Tochtergesellschaft des österreichischen Baukonzerns Strabag, verlässt den Vorstand. In ihren Ämtern bestätigt wurden Martin Güldner, Hauptteilhaber der Unternehmensberatung Gopa Consulting, und Volker Schütte, Geschäftsführer der Reederei Fredk. Möller Söhne GmbH / Louis Delius. Schütte fungiert auch künftig als Schatzmeister der Lobbyorganisation.

    Zu stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurden Roland Göhde, Senior Managing Director des Biotech-Unternehmens Sysmex Partec und Vorsitzender der German Health Alliance, und Frank Nordmann, General Manager Key Accounts des Landmaschinenherstellers Grimme. Außerdem wurden in den Vorstand gewählt: Martina Biene (Volkswagen Südafrika), Shobhna Mohn (Bertelsmann), Petra Warnecke (GIZ) und Rasmus Woermann (Handelshaus C. Woermann). Bisher war Sabine Müller, Bereichsleiterin Afrika, für die GIZ im Vorstand des Afrika-Vereins. hlr

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    Wagner in Afrika auf dem Vormarsch 

    Die russische Söldnertruppe Gruppe Wagner baut ihren Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent weiter aus. Dies berichtet die Washington Post unter Berufung auf geleakte Geheimdienstdokumente. Wagner-Chef Prigoschin plant demnach eine Konföderation antiwestlicher Staaten aufzubauen und so den Einfluss des Westens in Afrika zu untergraben. In mindestens acht Staaten hat Wagner bereits Fuß gefasst und betreibt dort etwa politische Beratung, Ausbildung von Soldaten und Rohstoffabbau. Besondere Zielländer der Gruppe sind Mali, Libyen, Burkina Faso und die Zentralafrikanische Republik. Insgesamt war der Söldnertrupp schon in 13 afrikanischen Ländern aktiv.  

    Den geleakten Dokumenten zufolge will Wagner vor allem den Einfluss Frankreichs und der USA in der Sahelzone untergraben. So soll die Söldnertruppe gemeinsam mit Rebellen Pläne zum Umsturz der tschadischen Regierung verfolgen. Auch im gerade wiederaufgeflammten Konflikt im Sudan scheint Wagner Einfluss nehmen zu wollen. Dort hat sich Wagner-Chef Prigoschin bereits als Vermittler angeboten. ajs

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    Südafrika forscht an mRNA-Technologie

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in Kapstadt den sogenannten mRNA-Hub eröffnet. In dem Forschungs- und Trainingszentrum wird modernste Impfstofftechnologie für Länder mittleren und niedrigen Einkommens entwickelt. So sollen sie besser für zukünftige Epidemien gerüstet sein und ihre Gesundheitssysteme unabhängiger werden. Der Hub wird vom Entwicklungsministerium und vom Gesundheitsministerium mit mehr als fünf Millionen Euro unterstützt. Auch die Europäische Kommission hat bereits 40 Millionen Euro zu dem Projekt beigesteuert, weitere 15 Millionen sollen von der Europäischen Investitionsbank kommen. 

    Das südafrikanische Biotechnologieunternehmen Afrigen Biologics & Vaccines, das an dem Hub beteiligt ist, hat dort bereits einen Covid-19-Impfstoff entwickelt. Das Vakzin Afri Vac 2121, auf Basis des amerikanischen Moderna-Impfstoffs, ist der erste mRNA-Impfstoff, der auf dem afrikanischen Kontinent konzipiert, entwickelt und hergestellt wird. Allerdings wird der Impfstoff bisher noch nicht eingesetzt, Tests an Menschen stehen noch aus. Neben Covid-19 solle der Hub perspektivisch auch den Kampf gegen Tuberkulose, HIV/Aids und Malaria unterstützen, so Südafrikas Minister für Hochschulbildung, Wissenschaft und Technologie, Blade Nzimande, bei der Eröffnung. 

    Afrigen ist im Rahmen des Hubs für die Entwicklung der mRNA-Impfstoffproduktion verantwortlich, der halbstaatliche South African Medical Research Council ist mit Forschungsaufgaben betraut. Für die globale Impfstoffproduktion ist das südafrikanische Pharmaunternehmen Biovac der erste von 15 internationalen Partnern. Neben der WHO wird der Hub außerdem vom Medicines Patent Pool und der globalen Impfstoffkampagne Covax unterstützt. 

    Deutschland unterstützt laut Bundesregierung den Aufbau der Impfstoff- und Pharmaproduktion auf dem Kontinent mit insgesamt 550 Millionen Euro. ajs

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    Nordafrika setzt auf europäischen Datenschutz

    Das europäische Datenschutzrecht hat für nordafrikanische Länder Vorbildcharakter. Die Konrad Adenauer Stiftung diskutierte bei einer Veranstaltung das Thema Datenschutz in Nordafrika und stellte dazu eine Studie vor. Danach gibt es in fünf der sieben untersuchten Länder Datenschutzgesetze nach europäischem Vorbild: Algerien, Ägypten, Mauretanien, Marokko und Tunesien.

    International agierende europäische Konzerne begrüßen diese Übertragung europäischer Datenschutzgesetze. Compliance werde dadurch erheblich einfacher, die Kosten für Unternehmen würden sinken. Praktikable und einheitliche Datenschutzregeln seien auch für Behörden und andere öffentliche Einrichtungen hilfreich, zum Beispiel in der Strafverfolgung.

    Experten erwarten, dass europäischer Datenschutz weltweit verankert wird und jeweilige nationale Standards an europäische angeglichen werden. Bisher werden nur sehr wenige ausländische Datenschutzgesetze von der Europäischen Kommission als “adäquat” anerkannt, allerdings arbeiten viele Länder auf eine Anerkennung hin. ajs

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    Weltwirtschaftlicher Preis 2023 in drei Kategorien

    Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat die Sieger des Weltwirtschaftlichen Preises 2023 bekannt gegeben. Verliehen wird der Preis in drei Kategorien: In der Politik wird Ngozi Okonjo-Iweala, Generaldirektorin der Welthandelsorganisation, ausgezeichnet. Bei Wirtschaft geht die Auszeichnung an die im Afrikabüro der UN tätige Ökonomin Eleni Gabre-Madhin. Und in der Kategorie Wissenschaft wird Leonard Wantchekon gewürdigt, Professor für Politökonomie an der Princeton University. Das IfW verleiht den Preis gemeinsam mit der Stadt Kiel und der IHK Schleswig-Holstein. Er soll auf die Bedeutung globaler Herausforderungen hinweisen. In diesem Jahr steht die Entwicklung Afrikas im Fokus. Die Verleihung findet am 19. Juni in Kiel statt. ajs

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    Standpunkt

    Deutsche Afrikapolitik neujustieren

    Von Robert Kappel
    Afrika-Ökonom Robert Kappel.

    Die deutsche Afrikapolitik bewegt sich weiter auf ausgetretenen Pfaden. Sie geht vom Grundgedanken aus, Afrikas Gesellschaften benötigten mehr Unterstützung von außen und Deutschland verfüge über die dafür erforderlichen Kompetenzen. Doch dieses Konzept trägt nicht mehr.

    Die deutsche Politik sollte erkennen, dass afrikanische Länder sich durch neue geopolitische Konstellationen strategische Optionen jenseits von Europa geschaffen haben, nicht zuletzt mit China.

    Sie können sich aussuchen, mit welchen Partnern sie ihre Entwicklung am besten voranbringen. Noch wichtiger ist, dass es auf dem Kontinent wirtschaftlich brummt. In den meisten Ländern hat sich eine neue urbane Transformationsdynamik Bahn gebrochen. Zwischen Abidjan und Lagos entstehen riesige Agglomerationen mit 400 Millionen Menschen. Dazu kommen Zentren wie Gauteng, Casablanca, Kairo, Luanda, Addis Abeba oder die metropolitane Achse Nairobi, Dar es Salaam und Kampala.

    Die Produktivität steigt, die Einkommen wachsen, die technologische Kompetenz ist größer geworden und die Startup-Ökonomie expandiert. Die neugewonnene strategische Autonomie Afrikas zeichnet sich durch Ausweitung der wirtschaftlichen Aktivitäten und die Hebung der lokalen Wertschöpfung aus.

    Deutschland sollte angesichts dieser Dynamik seine Kooperationsagenda auf vier Schwerpunkte konzentrieren:

    1. Förderung langfristiger Investitionen und verstärkte Kooperation mit lokalem Unternehmertum, um vom entstehenden Industrialisierungsschub, der Agrar- und Mittelstandsentwicklung und der wachsenden Kaufkraft in den afrikanischen Großagglomerationen zu profitieren.

    2. Fokussierte Anreizsysteme, um Win-Win-Situationen für deutsche und afrikanische Unternehmen in Wertschöpfungsketten herzustellen. Dafür bedarf es zum Beispiel der Einrichtung von Wettbewerbsfonds zur Gründung von Joint-Ventures, gemeinsamer Berufsbildungsmaßnahmen, zur Kooperationsförderung von Forschungseinrichtungen mit lokalen und deutschen Unternehmern und besonders die Beseitigung von Investitionshürden.

    3. Deutschland sollte die Handelsintegration unterstützen, aber vor allem auf Investitionen setzen. Denn nur durch die Ausweitung der Produktionspalette können der intra-afrikanische und auch der europäisch-afrikanische Handelsaustausch stärker diversifiziert werden. Die African Continental Free Trade Area fördert die Arbeitsteilung auf dem Kontinent und der intra-afrikanische Handel wächst.

    4. Die deutsche Afrikastrategie sollte die bisher eingesetzten Instrumente, wie AfricaGrow, AfricaConnect und Wirtschaftsnetzwerk, evaluieren und neugestalten. Dabei geht es um folgende Ziele: deutlich mehr deutsche Investitionen auf dem Kontinent und ein verstärkter Ausbau der Bildungs-, Forschungs-, Technologie- und Kulturkooperation. Dadurch könnten noch besser gemeinsame Lösungen für die größten Herausforderungen auf dem Kontinent entwickelt werden, etwa für den verbesserten Zugang zu Elektrizität, die Schaffung von Jobs, die Versorgung der Städte mit Nahrungsmitteln, die Entwicklung neuer Verkehrssysteme und die Energiewende. Afrikanische Länder wollen mit der entwickelten Industrienation Deutschland zusammenarbeiten und von dieser Kooperation profitieren. Wenn es richtig sein sollte, dass Afrika zu einem globalen Gravitationszentrum wird, dann ist eine Neujustierung der Kooperation mit afrikanischen Ländern dringend angeraten – nicht zuletzt auch im deutschen Interesse.

    Robert Kappel war Präsident des German Institute of Global and Area Studies (GIGA) und gehört zu den profiliertesten Afrika-Wirtschaftswissenschaftlern.

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    Presseschau

    Al Jazeera: Konflikt in Sudan gefährdet Stabilität der Region. Fünf der sieben Nachbarländer Sudans sind bereits in bewaffnete Konflikte verstrickt. Sollten sich die Kämpfe in Sudan zum Bürgerkrieg entwickeln, könnte dies verheerende Auswirkungen auf die gesamte Region am Horn von Afrika haben. Auch der Disput um die Niltalsperre GERD wird nicht einfacher zu lösen.

    Washington Post: Chaos in Sudan und der globale Machtkampf dahinter. Die beiden Seiten im sudanesischen Konflikt kämpfen nicht nur für sich selbst, sie haben auch internationale Förderer. Ägypten, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland verfolgen mit ihrem Engagement in Sudan eigene Interessen.

    Foreign Affairs: Kagames Rache im Kongo. Im Osten der DR Kongo bekämpft die Armee die Rebellengruppe M23, die von Ruanda unterstützt wird. Dies belegt ein UN-Report. Der Longread erklärt die Hintergründe des neu aufgeflammten Konflikts und die Beweggründe von Ruandas Präsident Paul Kagame. Auch europäische Interessen spielen eine Rolle.

    Foreign Policy: Große Aufgaben für Nigerias Parteien. Die nigerianische Präsidentschaftswahl im Februar hat eindringlich gezeigt, dass Persönlichkeiten in dem westafrikanischen Land mehr zählen als Parteien. Ob die Parteien ihren Einfluss zurückgewinnen können oder in der Bedeutungslosigkeit versinken, hängt von den politischen Eliten ab.

    The EastAfrican: Südafrikas Krankenhäuser brauchen Dieselgeneratoren. Im Zuge der anhaltenden Energiekrise am Kap sind südafrikanische Krankenhäuser auf Dieselgeneratoren angewiesen. Für den Treibstoff mussten sie allein in den vergangenen Monaten fast 40 Millionen Dollar ausgeben.

    Bloomberg: Afrikanische Start-ups streichen Expansionspläne. Der Finanzschock des vergangenen Monats hat offenbar die Tech-Investoren auf dem Kontinent verschreckt. Eine ganze Reihe junger Unternehmen haben angesichts der Finanzierungsknappheit Sparmaßnahmen angekündigt.

    African Business: Von ASEAN und USMCA lernen. Die Handelsblöcke in Nordamerika und Südostasien zeigen: Good Governance und Investitionen in Humankapital können dazu beitragen, unterschiedliche Niveaus in der Entwicklung von Ländern zu überbrücken. Davon könnten auch die afrikanischen Staaten im Rahmen der African Continental Free Trade Area profitieren.

    FAZ: Keine Reisebeschränkung für früheren Steinhoff-Chef. Markus Jooste, Ex-CEO des südafrikanischen Möbelkonzerns Steinhoff, war zum ersten Verhandlungstag im Oldenburger Landgericht nicht erschienen. In einem der größten Wirtschaftsskandale Südafrikas wird ihm Bilanzfälschung vorgeworfen. Das südafrikanische Justizministerium widerspricht seiner Behauptung, er habe wegen Reisebeschränkungen nicht ausreisen können.

    Africa Defense Forum: Afrikanische Marineverbände trainieren für neue Gefahren. Die Armeen investieren vermehrt in spezialisierte Marineinfanterie-Einheiten, weil in Afrikas Küstenregionen die Bedrohungen deutlich zugenommen haben. Um die flachen Gewässer herum, die sich vom Meer ins Innere des Kontinents schlängeln, finden Schmuggel, Piraterie und Ölraub statt.

    Heads

    Mélanie Keïta – Grüner Finanzier in Frankfurt und Nairobi

    Gründerin Mélanie Keïta mit ihrem Lebensgefährten und Geschäftspartner Ian Mijire.
    Mélanie Keïta, Gründerin von Melanin Kapital, mit ihrem Lebensgefährten und Geschäftspartner Ian Mijire.

    Unser Anruf bei Mélanie Keïta erreicht sie gerade beim Auspacken ihrer Umzugskartons. Dabei war gar nicht klar, wo wir sie gerade erwischen. Vor zwei Jahren, als wir uns auf einer Afrika-Veranstaltung in Frankfurt das erste Mal trafen, lebte sich noch mit ihrem Geschäftspartner und Lebensgefährten Ian Mijire im Frankfurter Nordend. Aber auch in Paris fühlte sie sich genauso zu Hause wie in der Berliner Startup-Szene.

    Wir vereinbaren ein Videogespräch. Und sie verrät uns, dass sie gerade mit Ian Mijire nach Nairobi gezogen ist. Mélanie ist eine Millennial, die sich mit großer Leichtigkeit in der  globalen Welt bewegt. Für eine junge Frau, deren Wurzeln in Westafrika liegen, ist ein Umzug nach Ostafrika nicht selbstverständlich. Die Mentalität der Menschen, die Essensgewohnheiten, die Gesetze unterscheiden sich erheblich von einem Ende des Kontinents zum andern. Immerhin stammt Ian aus Kenia. Das wird bei der Eingewöhnung in das fremde Land helfen. “Außerdem ist Nairobi eine so internationale Stadt”, zeigt sich Mélanie zuversichtlich.

    Näher an den Zielunternehmen

    Dass Mélanie und Ian in Kenia die beste Zukunft für ihre Gesellschaft sehen, überrascht wiederum nicht. Mélanie Keïta ist die Gründerin der Finanzierungsplattform Melanin Kapital, einem Unternehmen nach deutschem Recht, das seinen Sitz nach wie vor am Finanzplatz Frankfurt hat. Mit dem Umzug rückt Melanin Kapital jedoch viel näher an seine Zielunternehmen. Die neue Geschäftsadresse liegt im Stadtteil Kilimani, nicht weit entfernt von der Ngong Road, entlang derer in den vergangenen Jahren viele Startup-Zentren und Working Spaces für Existenzgründer entstanden sind.

    “Melanin Kapital ist eine Fintech-Plattform, die afrikanische Unternehmen beim Übergang zu einer ökologischen Wirtschaftsweise finanziert”, fasst Mélanie das Geschäftsmodell zusammen. Gibt es nicht schon jede Menge Konkurrenten, die Green Finance in Afrika anbieten? Und ist die Konkurrenz gerade in Nairobi, dem brodelnden Zentrum der Startup-Szene in Ostafrika, nicht zu groß?

    Fokus auf drei Transitionsthemen

    Das schreckt die Gründerin von Melanin Kapital nicht. “Die Kosten dieser ökologischen Transition sind so immens, dass viele Anbieter den Finanzierungsbedarf stemmen müssen.” Die Kosten für Solarenergie und erst recht für Elektromobilität sind in Afrika nach wie vor sehr hoch, zu hoch für viele Unternehmen.

    Auf drei Themen konzentriert sich Melanin Kapital: grüne Kredite für die Landwirtschaft, zum Beispiel Gewächshäuser, grüne Mobilität und Logistik, etwa elektrische Lastendreiräder, und grüne Energie, zum Beispiel solarbetriebene Kühlschränke für Marktfrauen oder kleine Lebensmittelgeschäfte. Der Fokus liegt eindeutig auf kleineren Gewerbetreibenden und Unternehmern, Marktfrauen, Kioskbetreibern, Händlern.

    Mélanies Wurzeln sind vielfältig: Ihre Eltern sind deutsch-französisch und malisch-kongolesisch. In Mali wurde sie geboren, in Kongo ist sie aufgewachsen, studiert hat sie Corporate Finance in Paris und Berlin. In Frankfurt lernte sie 2019 Ian kennen. Rasch einte sie außer der Liebe der Wille, die Entwicklung ihrer Heimatländer zu unterstützen. So entstand Melanin Kapital.

    Unterstützung durch deutsche Institutionen

    Für ihre Idee fand sie schnell starke Partner: die GIZ und die DEG Invest in Deutschland, die Absa Bank in Kenia und andere lokale Geldhäuser. Außerdem bietet ihre Plattform interessierten Anlegern die Möglichkeit, sich an konkreten Projekten zu beteiligen. “Früher war es zu aufwändig, Mittel für kleine Projekte zu sammeln und zu betreuen”, sagt Mélanie. “Doch dank der Digitalisierung haben wir einen Weg gefunden, Finanzmittel effizient von Europa nach Afrika zu bringen.”

    Welche Ziele hat sie sich gesetzt? “In diesem Jahr wollen wir die Schwelle von einer Million Euro bei den Finanzierungen überschreiten”, meint die Gründerin. “Damit können wir rund 1.500 Unternehmen unterstützen.” Und sie will eine Lizenz für den Vertrieb von Karbon-Zertifikaten erwerben. Da diese als Finanzprodukte eingestuft werden, dürfen nur Marktteilnehmer mit spezieller Genehmigung diese auch an Anleger verkaufen.

    Noch ist das Finanzierungsvolumen nicht sonderlich groß. Doch sie ist zuversichtlich, dass Melanin Kapital durch die neue Nähe zu den Zielunternehmen rasch wachsen wird. Christian von Hiller

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