wie viel Krise geht noch? Diese Frage möchten wir mit Ihnen und einem der wichtigsten Steuerleute der deutschen Außenpolitik, dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Thomas Bagger, diskutieren. Und zwar am heutigen Dienstag, dem 5. Dezember, von 10:30 Uhr bis 11:30 Uhr. An dem digitalen Gespräch nehmen auch die Table.Media-Redaktionsleiter für Afrika, Agrifood, Berlin, China, Europa, Forschung, Klima, Research und Sicherheit teil. Hier können Sie sich kostenlos anmelden.
Der Austritt der nigrischen Militärregierung aus der G5-Gruppe der Sahelstaaten ist nur das jüngste Zeichen für das Scheitern des deutschen und europäischen Ansatzes im Sahel. David Renke hat sich angesehen, wie sich Deutschland dort neu aufstellen könnte, und wie sich die Kräfteverhältnisse in der Region nun neu ordnen.
Seit Donnerstag läuft in Dubai die internationale Klimakonferenz COP28. Welch unterschiedliche Ziele die afrikanischen Staaten dort verfolgen, hat Andreas Sieren zusammengetragen.
Doch in einigen Punkten sind sich die Afrikaner einig: Wie schon bei vorangegangenen Gipfeln fordern die afrikanischen Staaten umfassende Reformen im internationalen Finanzsystem. Der lang erwartete Loss and Damage Fund spielt dabei eine zentrale Rolle. Der nigerianische Journalist Ajala Samuel Akindele hat sich für uns angeschaut, was es mit dem Fonds auf sich hat.
Auch aus Deutschland sollen künftig mehr Finanzmittel nach Afrika fließen. Die Bundesregierung spricht dabei stets von Investitionen – auch wenn es sich nicht immer um solche handelt. Christian von Hiller klärt auf.
Außerdem haben wir für Sie einen Gastbeitrag von EU-Chefunterhändler Alexander Baum zum gerade verabschiedeten Samoa-Abkommen sowie Meldungen über Südafrikas Probleme mit seinen Häfen, Somalias Beitritt zur Ostafrikanischen Gemeinschaft und weitere.
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Sollte irgendjemand auf eine politische Stabilisierung im Sahel gehofft haben, so waren diese Hoffnungen verfrüht. Es mehren sich die Zeichen, dass der Zerfall der Staatlichkeit in der Region weiter voranschreitet. Die klassischen Mittel der Diplomatie scheinen erschöpft. Die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik muss ihr Engagement in diesem Teil grundsätzlich neu überdenken.
Denn der Konfrontationskurs der Militärjunta im Niger mit Europa geht kontinuierlich weiter. Nachdem die Machthaber in dem westafrikanischen Land in der vergangenen Woche den Migrationspakt mit der EU aufgekündigt hatten, wurde am Samstag zudem bekannt, dass sowohl Niger als auch Burkina Faso aus der G5-Sahel austreten werden. Für die Staatengruppe bedeutet das wohl das vorläufige Ende. Denn von den einst fünf Mitgliedsländern sind lediglich Mauretanien und Tschad übriggeblieben – die Militärregierung in Mali hatte ihren Austritt bereits im Mai 2022 angekündigt. Mit dem Zerfall der Staatengruppe geht auch Europa eine wichtige entwicklungs- und sicherheitspolitische Plattform verloren.
Neben der Armutsbekämpfung hatte die G5-Sahel auch die Stabilisierung der Region gegen den islamistischen Terror zum Ziel. Die EU hatte dabei unter anderem eine 2017 gegründete Anti-Terrorismus-Truppe der G5-Sahel mitfinanziert. Nach Jahren der geopolitischen Dominanz Frankreichs und Europas im Sahel zeichnet sich nun ein geopolitisches Vakuum ab. Wer nach dem Machtverlust der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich geopolitisch an Einfluss gewinnt, ist nicht abzusehen.
Klar ist dagegen, dass Europa seinen Einfluss in der Region verlieren könnte, sollte es keine klare Neupositionierung der europäischen Außenpolitik mit dem globalen Süden geben – unter deutscher Führung. Das findet zumindest CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen in einem aktuellen Beitrag zum Report der Körber-Stiftung “The Berlin Pulse” zur deutschen Rolle in der Welt. “Deutschland ist in einer einzigartigen Position, dies zu erreichen, da es verschiedene Mitgliedstaaten zusammenbringen kann.” Auch die außenpolitischen Sprecher der FDP und SPD, Ulrich Lechte und Michael Roth, forderten bereits im September eine stärkere Europäisierung der Westafrikapolitik unter deutscher Führung.
Alleine kann Deutschland ohnehin wenig bewirken. Zwar versucht Deutschland seine entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Westafrika auszubauen und vor allem die Küstenstaaten Westafrikas durch finanzielle Unterstützung gegen die Terrorgefahr aus dem Sahel zu sichern. So legte das BMZ im Herbst entwicklungspolitische Projekte im Senegal, Mauretanien und Côte d’Ivoire neu auf. In der Elfenbeinküste sollten beispielsweise 15 Millionen Euro bereitgestellt werden, um die Lebensqualität im Norden des Landes zu verbessern. Auch die Regionalorganisation Ecowas wurde erneut mit Geldern zur Friedenssicherung ausgestattet. Die Entfremdung der Sahelregion mit Europa konnte dies jedoch bislang nicht aufhalten.
Vielmehr häufen sich die Symptome dieser Entwicklung immer weiter. Guinea-Bissaus Präsident Umaro Sissoco Embaló reiste am Wochenende vorzeitig von der UN-Klimakonferenz ab, da es in der Hauptstadt nach Angaben des Präsidenten zu einem Putschversuch gekommen sein soll. Zuvor hatte auch die Regierung von Sierra Leone nach gewaltsamen Ausschreitungen von Putschversuchen berichtet.
Trotz der politisch immer angespannteren Lage kommt erschwerend hinzu, dass das Budget für die bundespolitische Sahel-Strategie angesichts der aktuellen Haushaltslage deutlich knapper werden dürfte. Schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig erklärt hat, hatte der Haushalt 2024 erneut ein geschrumpftes Budget für das BMZ vorgesehen. Umso wichtiger seien verstärkte deutsche Investitionen aus der Privatwirtschaft in den politisch vergleichsweise stabilen Staaten der Küstenregion, findet Christoph Hoffmann, entwicklungspolitischer Sprecher der FDP: “In Staaten wie Ghana, Senegal oder der Elfenbeinküste gibt es enorme Chancen für deutsche Investitionen, zum Beispiel im Bau-, Landwirtschafts- oder Pharmasektor.” Diese ließen sich mit Bürgschaften oder Kontaktvermittlung unterstützen.
Angesichts der Entwicklungen im Niger dürfte der deutsche Ansatz der langfristigen Stabilisierung jedoch zu spät greifen. Denn Russland könnte das Machtvakuum im Sahel nutzen, um Druck auf die Regierung im Niger auszuüben, warnt Ulf Laessing, Sahel-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung, im Focus. Die könnte die Migrationsrouten öffnen und so versuchen, Europa im Sinne Russlands zu schwächen. Mit der Kündigung des Migrationspakts hat die Junta im Niger den ersten Schritt bereits getan. Um die Entwicklung zu stoppen, müsste Europa mit der Junta in Verbindung treten – das hatte Frankreich bislang aber rigoros abgelehnt. Berlin war dem französischen Kurs gefolgt.
Die US-Amerikaner haben weniger Berührungsängste mit den Militärmachthabern im Niger: Kathleen FitzGibbon, die neue Botschafterin der USA im Niger, hat laut Berichten von RFI am Wochenende dem nigrischen Außenminister ihr Beglaubigungsschreiben übergeben – ein erster Schritt, um die diplomatischen Beziehungen mit dem westafrikanischen Land wiederzubeleben. Nach Jahren der französisch-europäischen Dominanz zeichnet sich nun also eine geopolitische Ablösung ab, bei der Europa an Einfluss verliert. Die Auswirkungen der Entwicklungen im Sahel bekommt der Kontinent allerdings unmittelbar zu spüren.
Eine der Errungenschaften der Konferenz der Vertragsparteien der Vereinten Nationen (COP27) in Sharm El-Sheikh war die Einrichtung eines Fonds für Schäden und Verluste (Loss and Damage Fund oder L&D Fund) zur Unterstützung von Entwicklungsländern, die besonders anfällig für die negativen Folgen des Klimawandels sind.
Am ersten Tag der COP28 sagten die Länder in Dubai mehr als 400 Millionen Dollar für einen Fonds für Verluste und Schäden für die Opfer von Klimakatastrophen in Entwicklungsländern zu. Der Gipfel wird es Interessenvertretern ermöglichen, zu den Gesprächen über die Ausgestaltung des neuen Fonds kritisch beizutragen.
Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt sind die Auswirkungen des Klimawandels in Afrika aufgrund der geringen Anpassungsfähigkeit, des begrenzten Zugangs zu Kapital und Technologie, der endemischen Armut, der schwachen Regierungsführung und des dysfunktionalen Zustands der Institutionen gravierender als anderswo.
In diesem Jahr starben in Afrika durch Unwetter schon mindestens 15.700 Menschen, und 34 Millionen weitere waren davon betroffen. In einem kürzlich erschienenen Bericht über Verluste und Schäden wird darauf hingewiesen, dass der L&D-Fonds schnelle, zugängliche und schuldenfreie Finanzmittel für die wachsende Zahl von Afrikanern bereitstellen muss, die durch die sich verschärfenden Auswirkungen des Klimawandels vertrieben werden.
In einem Kommuniqué stellt die Corporate Accountability and Public Participation Africa (CAPPA) im Vorfeld der COP28 fest, dass der Klimagipfel in Afrika keine Verpflichtung zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe eingegangen ist. In dem Bericht wird zwar darauf hingewiesen, dass die Argumentation verankert sei und zwar dahingehend, dass Afrika seine Ressourcen für die Entwicklung nutzen muss. Doch gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass der Abbau der afrikanischen Rohstoffe nur selten zur Entwicklung seiner Bevölkerung genutzt werde.
Einen weiteren Kritikpunkt merkt Pedroso Cuesta, der kubanische Vorsitzende der G77 plus China, an. Er bemängelt, dass sich die Weltbank auf Kredite konzentriere und dass ihr ein klimaorientiertes Ethos fehle. Folglich könne die Beauftragung der Weltbank und anderer internationaler Finanziers mit Klimaentscheidungen für gefährdete Nationen diese Gemeinschaften noch stärker gefährden.
CAPPA stellte fest, dass der Klimagipfel in Afrika trotz der milliardenschweren Zusagen der Industrienationen die Erwartungen der marginalisierten Bevölkerungsgruppen nicht erfüllen konnte, weil er auf falsche Lösungen zur Verwirklichung der Klimaziele fixiert war.
“Der Vorschlag, Kohlenstoffmärkte und die Kommerzialisierung von Afrikas Wäldern und Bioressourcen als Lösungen für Afrikas Herausforderungen bei der Klimafinanzierung zu betrachten, ist kontraproduktiv”, heißt es in dem Bericht. “Er wird nur eine Welle der Ökokolonisierung anheizen. Gefährdete Gemeinschaften in ganz Afrika erleben bereits die schrecklichen Folgen, die sich aus der anhaltenden brutalen Vertreibung von Einheimischen ergeben.”
Der Anstieg der Kosten für den Schuldendienst ist zum ernsthaften Problem geworden. Vor allem für Schwellenländer und Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen haben die Klimaanfälligkeit und die untragbare Schuldenlast den fiskalischen Spielraum für Investitionen in die Klimaresilienz verringert. 52 Entwicklungsländer leiden demnach unter einer nicht tragfähigen Staatsverschuldung.
Es gibt gravierende Finanzierungslücken bei der Eindämmung und Anpassung. Laut einer Analyse der Klimafinanzierung im Jahr 2022 benötigen öffentliche und private Einrichtungen weltweit bis 2025 jährlich Klimafinanzierungen von etwa 3,8 Billionen Dollar. Nur etwa 16 Prozent davon sind derzeit gedeckt, wobei der größte ungedeckte Bedarf in Afrika und dem Nahen Osten besteht.
Zwischen 2019 und 2020 werden mehr als 60 Prozent der Klimafinanzierung (rund 384 Milliarden Dollar) durch Kreditaufnahme finanziert. Von diesem Betrag wurden nur 47 Milliarden Dollar zu niedrigen Kosten oder zu vergünstigten Zinssätzen aufgenommen. Die kostenfreien Zuschüsse beliefen sich auf etwa 36 Milliarden Dollar, der Rest auf hohe Finanzierungskosten.
Den afrikanischen Ländern wurde geraten, fehlgeleitete Vorschläge wie die Ansiedlung des L&D-Fonds bei der Weltbank abzulehnen. Der Bericht schlug vor, den Fonds in den derzeitigen Rahmen des UNFCCC einzubetten und die notwendigen Verbesserungen vorzunehmen, um ihn funktionsfähiger zu machen. Um den Zugang der Bevölkerung zu erleichtern, könnte der Fonds auch in regionalen Institutionen in Staaten untergebracht werden, die als anfällig gelten.
Äthiopien hat Aufmerksamkeit mit der Aufforstungskampagne Green Legacy Initiative erregt. Bisher wurden 32,5 Milliarden Bäume gepflanzt. Bis 2026 sollen es 50 Milliarden werden. Die Initiative gilt als Modell für die von Dürren geplagte Region. Äthiopien wird im kommenden Jahr von Senegal den Vorsitz in der African Ministerial Conference on the Environment (AMCEN) übernehmen. Addis Abeba leitet derzeit auch das Sekretariat der Intergovernmental Authority on Development (IGAD), das sich in Nordostafrika für Umweltschutz einsetzt.
Kenia war im September Gastgeber des ersten afrikanischen Klimagipfels, auf dem die Nairobi-Erklärung verabschiedet wurde. Zudem ist Präsident William Ruto Vorsitzender des Commmittee of African Heads of State and Government on Climate Change (CAHOSCC). Kenia wurde auch eingeladen, dem Global Centre on Adaption (GCA) beizutreten. Das neue GCA-Regionalzentrum soll Anfang 2025 in Nairobi eröffnen.
Nigeria hat sich verpflichtet, bis 2060 CO2-Neutralität zu erreichen und hat hierzu einen Energy Transition Plan entwickelt. Bis 2030 will das Land eine Reduktion von 20 Prozent erreichen und wird bei den weitverbreiteten Diesel-Generatoren ansetzen. Die allein machen 30 Prozent der Emissionen aus. Seit 2021 gibt es im Land ein Klimaschutzgesetz. Nigeria wird den Finanzierungszweig des Sahel-Klimafonds beherbergen. Das Land hat derzeit den Vorsitz der Pan African Agency for the Great Green Wall.
Die Republik Kongo beheimatet wie ihr Nachbarland Demokratische Republik Kongo einen großen Teil des Regenwalds des Kongobeckens. Im Oktober 2023 war die Republik Kongo als Vorsitzende der Klimakommission für das Kongobecken Gastgeber des Three Basins Summit. Ziel ist es, 350 Millionen Hektar Ökosysteme wiederherzustellen. Einem Bericht der Mo Ibrahim Foundation zufolge setzt das Land auch auf die Hilfe der EU. Eine Partnerschaft soll die Zahl der nachhaltig bewirtschafteten Wälder erhöhen, mehr forstbezogene Arbeitsplätze schaffen und den Waldverlust bis 2030 eindämmen.
Ruanda kündigte auf der COP27 eine nationale Investitionsinitiative, Ireme Invest, an, die Mittel aus der Privatwirtschaft für grüne und klimafreundliche Projekte mobilisiert. Seitdem konnten 200 Millionen US-Dollar gesichert werden. Ruanda hat sich in der Vergangenheit um die Wiederherstellung der nationalen Wälder bemüht, und erreichte sein nationales Ziel bereits 2019. Das ostafrikanische Land spielt auch eine führende Rolle bei der African Forest Landscape Restoration Initiative, die 100 Millionen Hektar Land bis 2030 wiederherstellen möchte.
Sambia leitet als Vorsitzender der African Group of Negotiators (AGN) die technische Verhandlungsebene für Afrika auf der COP28. Ein wichtiges Ziel ist das Global Goal on Adaptation, die Anpassung an die globale Erwärmung. Kürzlich reichte Sambia seinen National Adaptation Plan beim Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) ein und schloss damit zu 16 afrikanischen Ländern auf. Zudem verhandelte Sambia eine Umstrukturierung seiner Schulden.
Senegal gab auf dem Paris Financing Summit im Juni die Just Energy Transition Partnership bekannt. Von der International Partners Group (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und die EU) wird Senegal zunächst 2,5 Milliarden Euro erhalten. Senegal ist zudem Vorsitzender der African Ministerial Conference on the Environment (AMCEN).
Südafrika zählt zu den 15 weltgrößten Verursachern von Treibhausgasen. Damit ist das Land Spitzenreiter in Afrika. Fast 70 Prozent des Stromes wird aus Kohle generiert. Bis 2030 soll der Kohleanteil auf 42 Prozent sinken. Im Oktober verabschiedete Südafrika die Climate Change Bill, unter der die Klimainitiativen des Landes ausgerichtet werden. Die Regierung setzt sich für neue Finanzsysteme in der Klimapolitik ein.
Uganda hat ein Überwachungs- und Berichtssystem entwickelt, das die Minderungs- und Anpassungsbemühungen seiner Nationally Determined Contributions (NDC), also seiner national festgelegten Beiträge, misst. Uganda ist zudem Vorsitzender der Gruppe der 77, einem Zusammenschluss von Staaten des Globalen Südens innerhalb der UN, ein Großteil davon aus Afrika.
Der afrikanische Kontinent soll künftig von einer Flut an Investitionen profitieren. Dazu fordern die Regierungen in Europa und den USA eine breitere Unterstützung durch private Investoren. Private-Equity-Fonds sollen sich beispielsweise stärker beteiligen. So lautet auch eine wichtige Botschaft von der COP28.
Schon nach der Konferenz Compact with Africa vor wenigen Tagen titelten Medien: “Afrika-Gipfel: Olaf Scholz plant Investitionen in Milliardenhöhe”. Demnach wolle die Bundesregierung mehr als vier Milliarden Euro auf dem Kontinent investieren. Doch nur ein Bruchteil der öffentlichen Mittel, die nach Afrika in den Aufbau der Wirtschaft, in Infrastruktur oder in Klimaprojekte fließen sollen, sind auch tatsächlich Investitionen. Hauptsächlich handelt es sich um Darlehen, die die Empfängerländer mit mehr oder weniger hohen Zinsen bedienen müssen.
Ob aktuell mehr ausländische Direktinvestitionen nach Afrika fließen, ist schwer einzuschätzen. Die Unctad meldete für 2022 einen Rückgang auf 45 Milliarden Dollar. Doch die Statistik ist verzerrt, da im Jahr 2021 wegen einer einzelnen Transaktion der Betrag ungewöhnlich hoch ausgefallen war. Dennoch lässt sich sagen, dass Afrika im vergangenen Jahr nur einen Bruchteil der Direktinvestitionen erhalten hat, die in die Regionen Developing Asia (662 Milliarden Dollar) und Lateinamerika/Karibik (208 Milliarden Dollar) geflossen sind. Der Energiesektor, sowohl Rohstoffe als auch Energieerzeugung, verzeichnete den größten Anstieg in Afrika.
Gleichzeitig stiegen nach Unctad-Zahlen Projektfinanzierungen in Afrika um 15 Prozent, was nahelegt, dass Investitionen stark über Darlehen finanziert werden und weniger durch Eigenkapital. Diese Kredite deuten Politiker gerne als Investition um, mit der Begründung, dass diese Darlehen eine (Sach-)Investition ermöglichen.
Somit ist die Verwirrung komplett. Ökonomen haben viel Aufwand betrieben, um Investitionen von anderen Ausgaben sauber abzugrenzen. Sachinvestitionen sind beispielsweise die Anschaffung von Maschinen, Anlagen oder anderen Wirtschaftsgütern. Daneben gibt es Finanzinvestitionen, beispielsweise über die Beteiligung am Eigenkapital eines Unternehmens. Doch nur selten beteiligen sich die Geberländer und ihre Förderbanken am Eigenkapital von Unternehmen in Afrika.
Politiker machen sich vielmehr den Umstand zunutze, dass in der Umgangssprache eine größere Anschaffung gerne als Investition bezeichnet wird, wie in den Shopaholic-Romanen der englischen Autorin Sophie Kinsella. Als ihre Romanheldin sündhaft teure Kleidung kaufte, rechtfertigte sie die Ausgabe mit dem Argument: “Und fragen Sie bitte nicht, wie viel das alles gekostet hat, denn das ist irrelevant. Das ist Investment-Shopping. Die größte Investition meines Lebens.”
Der Unterschied zwischen einer Ausgabe und einer Investition besteht finanztechnisch darin, dass eine Investition einen Mittelfluss generieren sollte, der den Investitionsbetrag und eine angemessene Rendite abdeckt. Alles andere sind Ausgaben, Konsum. Doch diese beiden Begriffe machen sich in entwicklungspolitischen Debatten nicht gut.
Dabei steht bei vielen Projekten, die in Afrika finanziert werden sollen, nicht im Vordergrund, mit diesen Investitionen einen positiven Mittelrückfluss zu generieren. Häufig geht es um umwelt- oder sozialpolitische Ziele, die berechtigt sein mögen, aber nicht unbedingt rentabel sind. Für diese Projekte werden sich kaum private Eigenkapitalgeber finden lassen.
Für die afrikanischen Länder geht es nicht um Besserwisserei und Haarspalterei, sondern um harte Fakten. Denn bei echten Investitionsprojekten, die einen Rückfluss des eingesetzten Kapitals erwarten lassen, können die afrikanischen Empfängerländer darauf hoffen, dass diese Investition keine zusätzliche Finanzbelastung für sie darstellt.
Bei Ausgaben, die öffentlichkeitswirksam zur Investition erhoben werden, besteht für die afrikanischen Empfängerländer jedoch nur im Ausnahmefall die Aussicht, jemals eine kostendeckende Rendite zu erzielen. In diesen Fällen erhöht sich für die afrikanischen Regierungen die Auslandsverschuldung, ohne dass sie Einnahmen erzielen, mit denen sie die Schulden bedienen könnten.
Der Westen wirft China gerne vor, afrikanische Staaten gezielt in eine Schuldenfalle zu treiben, um sie politisch gefügig zu machen. Doch eine Finanzpolitik, in der bewusst der Unterschied zwischen Konsumausgaben und echten Investitionen verwischt wird, macht den Westen unglaubwürdig. Dann droht, dass die westliche Kritik an der chinesischen Finanzpolitik in Afrika als Ausdruck von Doppelmoral wahrgenommen wird.
Nigers regierende Junta hat die militärische Partnerschaft des Landes mit der Europäischen Union aufgekündigt, wie das Außenministerium am Montag mitteilte. Damit wurde die Genehmigung für ein EU-Programm zur Unterstützung der Sicherheitskräfte zurückgezogen.
Der Termin scheint bewusst gewählt, denn seit Montag ist der stellvertretende russische Verteidigungsminister Junus-bek Jewkurow mit einer Delegation in Niger. Er traf den nigrischen Verteidigungsminister Salifou Modi zu Gesprächen über eine Vertiefung der militärischen Kooperation zwischen den beiden Ländern.
Die zivile Mission EUCAP Sahel Niger wurde 2012 ins Leben gerufen, um die Sicherheitskräfte im Kampf gegen Militante und andere Bedrohungen zu unterstützen. Laut der Website der Mission sind rund 120 Europäer ständig dort im Einsatz.
Auf eine Anfrage zur Stellungnahme hat EUCAP bis Redaktionsschluss nicht reagiert.
Die nigrische Junta, die im Juli durch einen Staatsstreich an die Macht kam, hat auch den Abzug der französischen Truppen gefordert, die im Kampf gegen militante Islamisten helfen. rtr/lcw
Vor dem Hafen von Durban stauen sich seit Wochen Schiffe mit zehntausenden Containern. Grund für die Verzögerungen ist die veraltete und defekte Infrastruktur des größten Seehafens Afrikas, die es nicht erlaubt, Container zügig abzufertigen. Nach einem Megastau von 70.000 Containern hat sich die Zahl mittlerweile auf 40.000 reduziert. Vor den kleineren Häfen von Kapstadt und Gqeberha (ehemals Port Elizabeth) stauen sich weitere rund 30.000 Container. Der wichtige Kohleexporthafen Richards Bay nördlich von Durban, der größte in Afrika, hat ebenfalls mit staken Verzögerungen zu kämpfen.
Schiffe wurden zwischenzeitlich nach Port-Louis in Mauritius umgeleitet, um dort entladen zu werden. Am Wochenende lagen noch insgesamt 52 Schiffe vor Durban auf der Reede, ein Drittel bestimmt für Pier 2, das größte Container-Terminal. Durchschnittlich müssen Schiffe zwei Wochen warten, bis sie an das Terminal gelassen werden. Ent- und Beladen am Pier dauert weitere zehn Tage. Es wird erwartet, dass der Containerstau erst im kommenden Februar komplett abgebaut sein wird. Bis dahin drückt die Wartezeit auf das Wirtschaftswachstum Südafrikas. Je länger die Produkte und Bodenschätze warten müssen, desto teurer werden sie.
Der Hafenbetreiber Transnet, der auch die Eisenbahnlinien und Pipelines Südafrikas managt, kämpft seit Jahren mit Korruption, Diebstahl von Infrastruktur, und unzureichender Wartung. Das Staatsunternehmen sitzt derzeit auf 6,4 Milliarden Euro Schulden und hat im vergangenen Finanzjahr fast 300 Millionen Euro Verluste notiert.
Vergangene Woche wurde Transnet eine finanzielle Garantie von rund 2,3 Milliarden Euro vom südafrikanischen Finanzministerium gebilligt. Noch im Oktober hatte sich Finanzminister Enoch Godongwana geweigert, Transnet zu unterstützen. Die Regierung wollte erst wirtschaftliche Reformen in die Wege leiten, die unter anderem die Lösungen für Herausforderungen im Fracht- und Logistiksektor umfassen, die auch Partnerschaften mit privaten Unternehmen umfassen. Jetzt war Eile geboten, da Transnet “eine zentrale Rolle in der südafrikanischen Wirtschaft spielt”. Aufgrund der hohen Verschuldung kann das Unternehmen keine Kredite auf den Kapitalmärkten aufnehmen. Die im Juli vereinbarte Kooperation mit dem philippinischen Hafenbetreiber International Container Terminal Services, Inc kommt derzeit aufgrund der Führungslosigkeit von Transnet nicht voran, nachdem im September CEO und CFO das Handtuch schmissen.
Über Durban werden rund 60 Prozent aller Container des Landes abgewickelt. Die Oppositionspartei Demokratische Allianz nannte die Situation in Durban “ein Desaster” für die Wirtschaft des Landes und beklagte die “Ineffizienz und die finanzielle Verantwortungslosigkeit” von Transnet, dem angeschlagenen staatliche Hafenbetreiber.
Einzelhändler machen sich mittlerweile Sorgen um das anstehende Weihnachtsgeschäft. Die Holdingsgesellschaft Pekop, der verschiedene Einzelhandelsketten für Bekleidung gehören, hat angegeben, dass sich in Containern vor Durban Textilien im Wert von rund 35 Millionen Euro befinden. as
Somalia ist Ende November als achtes Mitglied in die East African Community (EAC) aufgenommen worden. Mit den 17 Millionen Einwohnern von Somalia umfasst die EAC jetzt 300 Millionen Menschen, ein Viertel des afrikanischen Kontinents. Die EAC ist mit einem BIP von 350 Milliarden US-Dollar der wirtschaftlich drittstärkste Regionalblock in Afrika nach Ecowas und der Union des Arabischen Maghreb (UAM).
Die regionale Wirtschaftsgemeinschaft EAC wurde 2000 von Kenia, Tansania und Uganda gegründet. Burundi und Ruanda kamen 2007 hinzu, Südsudan 2016 und die Demokratische Republik Kongo 2022. Die EAC verfolgt die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit in Ostafrika. Ein Binnenmarkt wurde 2010 etabliert, die geplante Währungsunion ist von 2024 auf 2031 verschoben worden. Das EAC-Sekretariat befindet sich im tansanischen Arusha und bemüht sich weiterhin um den Abbau von Zollbarrieren zwischen den EAC-Ländern.
Intensive Verhandlungen zwischen Somalia und der EAC begangen bereits im August in Nairobi. Die Aufnahme des ostafrikanischen Landes bringt 3.000 Kilometer Küstenlinie, die längste in Afrika, in die EAC, eine bessere Verbindung zur arabischen Halbinsel und Zugang zu den reichen Fischgründen im Indischen Ozean. Somalia wird im Gegenzug von den Eisenbahn-, Straßen- und Energienetzwerken der EAC-Länder profitieren. “Wir sind ein bedeutendes Land in der Region, das viel beitragen kann, und wir werden auch von den anderen Ländern profitieren”, sagte der somalische Präsident, Hassan Sheikh Mohamud, der sich seit seiner ersten Präsidentschaft von 2012 bis 2017 für einen Betritt Somalias eingesetzt hat.
Beobachter sehen die Aufnahme kritisch, da Somalia seit Jahren als Konfliktland gilt. Vor allem die bewaffneten Auseinandersetzungen mit der islamischen Terrororganisation al-Shabaab könnte für die EAC zum Sicherheitsproblem werden. Somalia hatte zudem regelmäßig bilaterale Unstimmigkeiten mit Äthiopien, Dschibuti und Kenia. Und EAC-Länder müssen sich an die Grundsätze guter Regierungsführung, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, und sozialer Gerechtigkeit halten. “Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkrieges und des gewalttätigen Extremismus schneidet Somalia bei diesen Anforderungen schlecht ab”, schreibt Halkano Wario, Organized Crime Coordinator vom Thinktank ISS. “Für die EAC ist es von entscheidender Bedeutung, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass Ostafrika die Vorteile des Betritts Somalias optimal nutzt.”
Die Weltbank hat das Wirtschaftswachstum von Somalia für 2023 inzwischen nach unten korrigiert. Statt der ursprünglich vorhergesagten 3,6 Prozent wird jetzt ein Wachstum von 2,8 Prozent erwartet. Das landwirtschaftlich geprägte Somalia sei immer noch zu sehr vom Außenhandel abhängig, die Wirtschaft nur begrenzt diversifiziert und werde regelmäßig von Naturkatastrophen heimgesucht. Für 2024 soll die Wirtschaft wieder auf 3,7 Prozent anziehen, 2025 werden sogar 3,9 Prozent erwartet. as
Der Asantehene Osumfuo Osei Tutu II., König der Ashanti, hat laut einem Bericht von Africa Report in den vergangenen fünf Monaten vier Chiefs in Ghana wegen ihrer Beteiligung an Landbetrug und anderen damit verbundenen Straftaten abgesetzt. Diese Flut von Amtsenthebungen diene zur Abschreckung für traditionelle Führer in der Ashanti-Region, zitiert das Magazin den Palasthistoriker Osei Bonsu Safo Kantanka.
Diese Entscheidung hat für Ghana weitreichende Bedeutung, da Immobilientransaktionen im Land zum großen Teil dem Gewohnheitsrecht folgen. In Ghana besteht zweierlei Landrecht. Manche Immobilientransaktionen können nach dem Schriftrecht, das sich am britischen Rechtssystem anlehnt, abgewickelt werden. Doch die Eigentumsrechte von rund 80 Prozent des Lands in Ghana sind nach dem traditionellen Gewohnheitsrecht geregelt. Dabei gelten zudem noch im Süden unterschiedliche Regeln und Traditionen als im Norden.
Das Gewohnheitsrecht hat Tücken. So ist es oft schwierig, den rechtmäßigen Eigentümer eines Grundstücks zu ermitteln, da Eigentumsinformationen häufig nicht transparent offengelegt werden. Bei der Klärung dieser Fragen spielen die Chiefs eine große Rolle. Dabei kommt es jedoch immer wieder vor, dass sie Land mehreren Käufern verkaufen oder dass sie sich für ihre Unterstützung bezahlen lassen. Diese Möglichkeit haben einige von ihnen offenbar dazu genutzt, um ihre Vormachtstellung zur Bereicherung zu nutzen.
Der Asantehene hat nun hart durchgegriffen, um diese Missstände zu beseitigen. So hat Otumfuo Osei Tutu im August den Chief der südlich von Kumasi gelegenen Ortschaft Abuontem, Nana Kwaku Duah III., seines Amtes enthoben. Zuvor hatte das königliche Gericht den Abountemhene des illegalen Landverkaufs für schuldig befunden. Diese Absetzung ist bemerkenswert, da Osei Tutus Geburtsname Barima Kwaku Duah lautet und Nana Kwaku Duah unter anderem vorgeworfen wurde, den Namen des Asantehene benutzt zu haben.
Seit Jahren versucht die ghanaische Regierung, das Immobilienrecht transparenter und einfacher zu gestalten, auch um als Investitionsstandort attraktiver zu werden. So wurde 2016 unter dem Namen Land Bill of 2016 ein Immobiliengesetzbuch beschlossen, das sämtliche Immobiliengesetze zusammenfasst, die in der Verfassung von 1992 und danach beschlossen worden sind. In dieser Gemengelage fällt dem König der Ashanti eine gewichtige Rolle zu. Osumfuo Osei Tutu II. ist nicht nur der spirituelle Führer der größten Volksgruppe in Ghana, sondern hat auch in Fragen des Gewohnheitsrechts eine hervorgehobene Stellung. hlr
Am 15. November wurde im Pazifikstaat Samoa ein wenig beachteter Assoziierungsvertrag zwischen der Europäischen Union auf der einen Seite und den 79 Ländern, die in der Organisation Afrikanischer, Karibischer und Pazifischer Staaten (OACPS) verbunden sind, unterzeichnet. Auch Deutschland ist Teil dieses Vertrages. Der Text wurde zwischen Oktober 2018 und April 2021 ausgehandelt. Er umfasst nahezu alle Bereiche der bilateralen Beziehungen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten mit diesen Ländern mit Ausnahme konkreter Handelsvereinbarungen, die anderweitig geregelt sind. Der Vertrag ist ein Folgevertrag des Cotonou-Abkommens, das seit 2000 in Kraft und hoffnungslos veraltet ist und dessen Gültigkeit mit dem neuen Vertrag endet.
Das neue Abkommen unterscheidet sich von den vorhergehenden Abkommen vor allem dadurch, dass es im Wesentlichen ein politisches Abkommen und nicht mehr primär auf die entwicklungspolitische Geber-Nehmer-Zusammenarbeit fokussiert ist. Anders als alle vorhergehenden Abkommen enthält es deshalb auch keine konkreten finanziellen Verpflichtungen der EU.
Das neue Abkommen bietet die Gelegenheit, die Beziehung zwischen der EU und den AKP-Ländern neu zu gestalten und auf eine Basis zu stellen, die den heutigen globalen und geopolitischen Herausforderungen entspricht, statt die eindimensionale Konzentration auf Entwicklungshilfe fortzuschreiben. Dies könnte vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich vor allem viele afrikanische Staaten mehr und mehr von der EU abwenden und der Einfluss Europas dort schwindet, ein Anlass und eine Chance für einen Kurswechsel sein.
Die dürftigen Ergebnisse des Besuchs von Kanzler Scholz in Westafrika und Reisen anderer Minister vor ihm haben die Notwendigkeit für solch einen neuen Ansatz deutlich gemacht. Dass der Kanzler in Nigeria oder Ghana zum Beispiel keinerlei Zusagen, was die Rückführung illegaler Einwanderer betrifft, erhalten hat, darf keine Überraschung sein. Die EU verhandelt mit Nigeria seit Jahren über ein Rückführungsabkommen ohne Erfolg.
Was fehlt, ist ein ganzheitlicher, außenpolitischer Ansatz in den Beziehungen mit den afrikanischen Ländern, in dem proaktive Diplomatie auf europäischer und deutscher Ebene eine ernstere Rolle spielen muss. Dies bedeutet nicht, europäische Werte über Bord zu schmeißen. Aber undiplomatische Belehrungen mit der Finanzkeule hinter dem Rücken sind auf dem immer selbstbewussteren Kontinent unpopulär und kontraproduktiv. Die weitgehenden und gegenseitigen politischen Commitments des neuen Abkommens könnten eine erste Grundlage für einen anderen Umgang miteinander sein.
Erstaunlicherweise wird dem neuen Abkommen in Europa bis jetzt wenig Bedeutung beigemessen, obwohl es für beide Seiten sensible Themen wie zum Beispiel eben Migration behandelt. Ein Faktor ist, dass der Europäische Rat dank der Blockage Ungarns mehr als zwei Jahre gebraucht hat, den Text zu verabschieden. Das Momentum der Verhandlungen ist dadurch verloren gegangen. Die Glaubwürdigkeit der EU, internationale Abkommen zu verhandeln und dann abzuschließen, hat weiteren Schaden genommen, denn dies ist kein Ausnahmefall. Die AKP-Seite nimmt dies auch als Mangel an europäischem Interesse an diesem Abkommen wahr.
Es erscheint deshalb nicht verwunderlich, dass bei der Unterzeichnung 35 der 79 AKP-Staaten das Samoa-Abkommen noch nicht unterzeichnet hatten, eine in der 48 Jahre währenden Geschichte der Beziehung mit den AKP-Staatengruppe einzigartige Situation. Dies bedeutet nicht automatisch, dass alle diese Länder nicht beabsichtigen, zu unterzeichnen, aber es ist ein Indikator für die begrenzte Bedeutung, die viele AKP-Länder dem Abkommen, und damit auch den Beziehungen mit der EU, beimessen.
Darüber hinaus führen plötzlich eine Reihe von afrikanischen und karibischen Ländern neue Bedenken gegen das Abkommen ins Feld, die eher ideologisch begründet zu sein scheinen und sich nicht am Wortlaut des Textes orientieren, den seine Kritiker anscheinend nicht gelesen haben. Die Verhandlungen, zu denen beide Seiten mit eigenen Textvorschlägen gekommen waren, wurden respektvoll und transparent geführt, mit Geben und Nehmen wie es in allen Verhandlungen normal ist. Auf europäischer Ebene ist der Vertrag dem Kuhhandel im EU-Ministerrat zum Opfer gefallen. Auf AKP-Ebene scheint er gerade Opfer ideologisierter und uninformierter Einflussnahme zu werden – auch eine Konsequenz des verlorenen Momentums. Es scheint, als wären beide Seiten dabei, eine historische Gelegenheit zu verpassen, die politischen Beziehungen auf eine neue Ebene zu heben. Ein Abkommen, das nicht mit Leben gefüllt wird, ist wertlos.
Botschafter a.D. Alexander Baum war als Berater des Stellvertretenden Generalsekretärs des Europäischen Außendienstes einer der führenden Verhandler des Samoa Abkommens. Baum blickt auf eine lange Karriere bei der UN, dem BMZ, der Europäischen Kommission und zuletzt beim Europäischen Außendienst zurück und war vor dem Beginn der Verhandlungen EU-Botschafter in Malawi und Botswana.
Financial Times: Erklärung von Nairobi zeigt Afrikas Geschlossenheit. Die afrikanischen Staaten haben sich auf die Erklärung von Nairobi als gemeinsame Position für die COP28 geeinigt. In der Erklärung werden die Industrieländer aufgefordert, ihre Kohlenstoffemissionen schneller zu senken. Außerdem wird das Klimaproblem mit der nach Ansicht der afrikanischen Staats- und Regierungschefs dringenden Notwendigkeit verknüpft, das globale Finanzsystem zu reformieren.
New York Times. Kenias Staatschef schärft sein globales Profil während daheim Unmut herrscht. Präsident William Ruto hat international als Klimaschützer und Friedensvermittler auf sich aufmerksam gemacht. Doch im Inland ist er mit der Unzufriedenheit über steigende Lebensmittel- und Kraftstoffpreise sowie neue Steuern konfrontiert.
Financial Times: Ramaphosa eröffnet den Wahlkampf. Südafrikas Präsident zieht von Tür zu Tür – offiziell, um die Wähler zu ermutigen, sich vor der Wahl im nächsten Jahr registrieren zu lassen. Es war aber auch ein Versuch, Begeisterung für die Regierungspartei ANC zu wecken, die Südafrika seit der Einführung der Demokratie im Jahr 1994 regiert. Umfragen zufolge ist der ANC mit der Aussicht konfrontiert, erstmals die absolute Mehrheit zu verlieren.
Reuters: EU sagt Wahlbeobachtermission in DR Kongo ab. Die Europäische Union hat ihre Wahlbeobachtungsmission für die Wahlen in der DR Kongo am 20. Dezember abgesagt. Die Wahlbeobachter sind bereits in Kinshasa und sollten schon vor zwei Wochen im ganzen Land eingesetzt werden. Aus Sicherheitsgründen konnten sie jedoch nicht reisen.
Washington Post: Sudans Kriegsparteien zwangsrekrutieren Zivilisten. Im sudanesischen Bürgerkrieg zwangsrekrutieren offenbar sowohl die sudanesischen Streitkräfte als auch die Miliz RSF Zivilisten. Auch zurückgekehrte Flüchtlinge werden zum Kämpfen gezwungen. Sudanesische Flüchtlinge, die vor dem Konflikt nach Äthiopien flohen, finden im Nachbarland derart schlechte Bedingungen vor, dass einige von ihnen in die umkämpfte Heimat zurückkehren.
Bloomberg: Putins Tochter will Afrika digital erobern. Russland verstärkt seine Bemühungen um engere Beziehungen zu Afrika, indem es digitales Fachwissen anbietet – eine Strategie, die von der jüngeren Tochter Putins unterstützt wird. Beamte aus rund drei Dutzend afrikanischen Ländern wurden für diesen Monat nach Moskau eingeladen, um sich mit russischen IT-Spezialisten und Investoren zu treffen.
African Business: Aus Daten Gold machen. Afrikanische Unternehmen, die künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und Big Data nutzen, machen in einem schnell wachsenden Markt Fortschritte. Sprachverarbeitung, Finanztechnologie und sektorspezifische Analytik zählen dabei zu den vielversprechendsten Bereichen. Aber auch spezifische Anwendungen haben großes Potenzial, etwa Gesundheitsmanagement in der Viehzucht.
Business Insider: Milliardärsspross Oppenheimer übernimmt Nigerias führenden Dosenhersteller. Jonathan Oppenheimer, der Sohn des südafrikanischen Milliardärs Nicky Oppenheimer, hat die volle Kontrolle über Nigerias größten Getränkedosenhersteller GZI übernommen. Die Familie spielte eine wichtige Rolle bei der Gründung des Bergbaugiganten Anglo American und bei der Umwandlung von De Beers in den größten Diamantenproduzenten der Welt. Das Interesse an GZI kommt zu einer Zeit, in der Nigeria versucht, seine lahmende Wirtschaft wiederzubeleben. Es ist auch ein Zeichen des Vertrauens in den Aufschwung.
DW: Türkische Firmen wandern nach Ägypten aus. Wegen anhaltender hoher Inflation sind immer mehr türkische Firmen auf der Suche nach neuen Standorten. Mit günstigen Produktionskosten und Visafreiheit wird Ägypten eine attraktive Alternative.
The New Times: “Green City Kigali” gewinnt Stadtplanungspreis. Der Masterplan für die nachhaltige Erweiterung der ruandischen Hauptstadt Kigali wurde mit dem World Architecture Festival Future Project Masterplan Award ausgezeichnet. Das von der deutschen Entwicklungsbank KfW und dem Rwanda Green Fund in Auftrag gegebene Projekt ist das erste seiner Art in Afrika. Es soll als Modell für eine nachhaltige Stadtentwicklung dienen, das in der gesamten Region nachgeahmt werden kann.
Auch Top-Banker haben mal Sommerferien, und was tun sie dann – klar, ausspannen und ein gutes Buch lesen. Am liebsten Sachbücher, die die Welt erklären, von heldenhaften Abenteurern handeln oder eben vom wirtschaftlichen Aufstieg Chinas von den Achtzigern an. Das jedenfalls ist die Lieblingslektüre von Tidjane Thiam: Nach eigener Aussage beschreibt der fast tausendseitige Wälzer “Deng Xiaoping and the Transformation of China” des mittlerweile verstorbenen US-Autoren Ezra Vogel “eine der größten Leistungen, welche die Menschheit je vollbracht hat”. Und deswegen, sagt Thiam: “[Ich] komme immer wieder darauf zurück, da ich nie etwas Besseres gelesen habe.”
Thiams tiefe Bewunderung für das Wirken Deng Xiaopings – der China marktwirtschaftlich reformierte, jegliche Demokratiebestrebungen jedoch blockierte und für die gewaltsame Niederschlagung des Tiananmen-Aufstandes 1989 mitverantwortlich war – ist nicht nur eine Randnotiz. Denn Thiam arbeitet auf die Präsidentschaft in der Elfenbeinküste hin.
Die Elfenbeinküste hat sich nach zwei Bürgerkriegen Anfang der 2000er Jahre stabilisiert. Insbesondere Abidjan hat sich zu einem regionalen Banken- und Finanzzentrum entwickelt. Im Januar ist die Elfenbeinküste Gastgeber für die afrikanische Fußballmeisterschaft.
Mitte November reichte der Ex-Banker Thiam, der 1962 in Abidjan geboren wurde, seine Kandidatur für den Parteivorsitz der PDCI ein, der Demokratischen Partei der Elfenbeinküste. Im Dezember wird über einen neuen Parteivorsitzenden entschieden – und der Gewinner wird als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2025 gehandelt. “Von jetzt an sind wir im Kampagnenmodus”, kündigte Thiam vor dem Parteisitz an. Er ist der Politik nicht fremd und sammelte bereits Mitte der Neunziger Regierungserfahrung.
Thiam hat sowohl in der Elfenbeinküste als auch in Frankreich beste Kontakte. Er ist der Sohn einer Nichte des ersten ivorischen Präsidenten Félix Houphouët-Boigny sowie des Journalisten und Politikers Amadou Thiam, der früh aus dem Senegal in die Elfenbeinküste migrierte. Aufgewachsen ist Thiam allerdings in Marokko, wo sein Vater die Elfenbeinküste als Botschafter repräsentierte.
Anfang der Achtziger absolvierte Thiam in Paris ein Ingenieursstudium an der Elitehochschule École polytéchnique sowie ebenfalls an der École des Mines. Nach Stationen als Berater bei McKinsey ging es für Thiam 1994 zurück nach Westafrika. Dort war er bis 1999 Chef einer Behörde, die in der Elfenbeinküste die Abwicklung öffentlicher Bau- und Infrastrukturvorhaben maßgeblich betreut (Bureau national d’études techniques et de développement). Das BNETD war direkt an Premierminister und Präsident angebunden. So war es keine Überraschung, dass Thiam von 1998 an als Entwicklungsminister Teil der Regierung von Henri Konan Bédié wurde.
Thiams politisches Intermezzo endete jäh mit dem Staatsstreich von 1999 und katapultierte ihn nach Europa zurück. Nach Stationen bei Versicherungsunternehmen wurde er 2015 schließlich Vorstandsvorsitzender der Credit Suisse und zog nach Zürich. An diese Zeit hat er persönlich nicht die besten Erinnerungen, sprach in der New York Times von rassistischen Erfahrungen seiner Familie in der Schweiz. Und auch beruflich überschattete sein unrühmlicher Abgang bei der Credit Suisse dieses Kapitel seiner Karriere. Er kam als Sanierer der angeschlagenen Großbank, die nach einer langen Serie von Skandalen von der UBS übernommen wurde, und musste nach schließlich nicht erwiesenen Vorwürfen, Kollegen beschattet zu haben, Anfang 2020 gehen.
Die Präsidentschaftskandidatur und Rückkehr in sein Geburtsland nach mehr als 20 Jahren im Exil bedeutet für den 61 Jahre alten Manager nun also einen Neuanfang.
Mit Skepsis sehen Beobachter, dass der französisch-ivorische Doppelstaatler Thiam sehr enge Beziehungen zu Frankreich pflegt. So soll Präsident Macron ihn sogar als Wirtschafts- und Finanzminister gewollt haben.
Dass erfolgreiche Manager aus der Wirtschaft nach Afrika zurückkehren und in der zweiten Lebenshälfte politischen Ambitionen folgen, ist kein Einzelfall. Ähnliches versuchte der Investmentbanker Lionel Zinsou, der dem französischen Sozialisten Laurent Fabius sehr nahesteht. Von 2015 bis 2015 war Zinsou Premierminister in Benin, wo er 1953 geboren wurde. Seine Kandidatur als Präsident des Landes scheiterte jedoch, woraufhin sich Zinsou nach Paris zurückzog und dort eine Investmentbank gründete.
Zinsou beschrieb den als arbeitswütig geltenden Thiam, mit dem er selbst befreundet ist, als kühl und distanziert beim ersten Eindruck. In jedem Fall sei der mit einer Amerikanerin verheiratete Kosmopolit kein typischer Ivorer, meint jedenfalls Zinsou.
Auch wenn es mit der Präsidentschaft nicht klappt, sorgt Thiam schon für den Nachruhm vor: Er arbeitet an seiner Autobiographie, die beim Verlag WM Collins erscheinen wird. Lucia Weiß
In einem großen Teil Afrikas fallen Weihnachten und die Sommerpause zusammen. Grund genug, die festliche Saison zum Anlass zu nehmen, den Liebsten einen Heiratsantrag zu stellen. Das südafrikanische Reisemagazin Getaway hat jetzt einige magische Orte zusammengestellt.
Ganz oben auf der Liste stehen die Victoria Falls im südlichen Afrika. Die Fälle zwischen Sambia und Simbabwe gelten als die größten der Welt. Der schottische Missionar David Livingstone hatte sie Mitte des 19. Jahrhunderts für die Europäer entdeckt, für ihn das “Schönste” was er je in Afrika gesehen hat. Mit dem üppigen Grün des afrikanischen Buschs und den tobenden Fällen im Hintergrund, macht sich ein Heiratsantrag besonders gut, auch wenn man wegen des Getöses ein wenig schreien muss.
Die Cape Winelands außerhalb von Kapstadt gelten mit ihren langen Tälern und schroffen Bergen ebenfalls als romantische Destination. Weltbekannte Weingemeinden wie Franschhoek, Stellenbosch oder Paarl bieten mit ihren dutzenden edlen Weingütern einen unvergesslichen Aufenthalt. Nicht nur der Wein, sondern auch das Essen ist exzellent und zählt zum Besten, was Afrika kulinarisch zu bieten hat.
Im benachbarten Botsuana befindet sich das Okavango-Delta, das größte Inlandsdelta der Welt. Die traumhafte Sumpflandschaft mit endlosen Kanälen hat die meisten Tiere pro Quadratkilometer weltweit, darunter Elefanten, Giraffen und Flusspferde. Tourismus im Delta ist stark reglementiert: Die Lodges sind klein, luxuriös und teuer. Zudem können sie meist nur per Flugzeug erreicht werden: ideal für eine verträumte Zeit zu zweit.
Im östlichen Afrika ist die tansanische Insel Sansibar besonders angesagt. Mit seinen weißen Sandstränden und kristallklarem Wasser gilt das Eiland als tropisches Paradies. Trotz der vielen Luxusresorts können Paare dort noch einsame, abgelegene Strände finden.
Alle Destinationen haben zudem eins gemein: Sie zählen allesamt zum Unesco-Weltkulturerbe. as
wie viel Krise geht noch? Diese Frage möchten wir mit Ihnen und einem der wichtigsten Steuerleute der deutschen Außenpolitik, dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Thomas Bagger, diskutieren. Und zwar am heutigen Dienstag, dem 5. Dezember, von 10:30 Uhr bis 11:30 Uhr. An dem digitalen Gespräch nehmen auch die Table.Media-Redaktionsleiter für Afrika, Agrifood, Berlin, China, Europa, Forschung, Klima, Research und Sicherheit teil. Hier können Sie sich kostenlos anmelden.
Der Austritt der nigrischen Militärregierung aus der G5-Gruppe der Sahelstaaten ist nur das jüngste Zeichen für das Scheitern des deutschen und europäischen Ansatzes im Sahel. David Renke hat sich angesehen, wie sich Deutschland dort neu aufstellen könnte, und wie sich die Kräfteverhältnisse in der Region nun neu ordnen.
Seit Donnerstag läuft in Dubai die internationale Klimakonferenz COP28. Welch unterschiedliche Ziele die afrikanischen Staaten dort verfolgen, hat Andreas Sieren zusammengetragen.
Doch in einigen Punkten sind sich die Afrikaner einig: Wie schon bei vorangegangenen Gipfeln fordern die afrikanischen Staaten umfassende Reformen im internationalen Finanzsystem. Der lang erwartete Loss and Damage Fund spielt dabei eine zentrale Rolle. Der nigerianische Journalist Ajala Samuel Akindele hat sich für uns angeschaut, was es mit dem Fonds auf sich hat.
Auch aus Deutschland sollen künftig mehr Finanzmittel nach Afrika fließen. Die Bundesregierung spricht dabei stets von Investitionen – auch wenn es sich nicht immer um solche handelt. Christian von Hiller klärt auf.
Außerdem haben wir für Sie einen Gastbeitrag von EU-Chefunterhändler Alexander Baum zum gerade verabschiedeten Samoa-Abkommen sowie Meldungen über Südafrikas Probleme mit seinen Häfen, Somalias Beitritt zur Ostafrikanischen Gemeinschaft und weitere.
Wir wünschen eine spannende Lektüre!
Sollte irgendjemand auf eine politische Stabilisierung im Sahel gehofft haben, so waren diese Hoffnungen verfrüht. Es mehren sich die Zeichen, dass der Zerfall der Staatlichkeit in der Region weiter voranschreitet. Die klassischen Mittel der Diplomatie scheinen erschöpft. Die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik muss ihr Engagement in diesem Teil grundsätzlich neu überdenken.
Denn der Konfrontationskurs der Militärjunta im Niger mit Europa geht kontinuierlich weiter. Nachdem die Machthaber in dem westafrikanischen Land in der vergangenen Woche den Migrationspakt mit der EU aufgekündigt hatten, wurde am Samstag zudem bekannt, dass sowohl Niger als auch Burkina Faso aus der G5-Sahel austreten werden. Für die Staatengruppe bedeutet das wohl das vorläufige Ende. Denn von den einst fünf Mitgliedsländern sind lediglich Mauretanien und Tschad übriggeblieben – die Militärregierung in Mali hatte ihren Austritt bereits im Mai 2022 angekündigt. Mit dem Zerfall der Staatengruppe geht auch Europa eine wichtige entwicklungs- und sicherheitspolitische Plattform verloren.
Neben der Armutsbekämpfung hatte die G5-Sahel auch die Stabilisierung der Region gegen den islamistischen Terror zum Ziel. Die EU hatte dabei unter anderem eine 2017 gegründete Anti-Terrorismus-Truppe der G5-Sahel mitfinanziert. Nach Jahren der geopolitischen Dominanz Frankreichs und Europas im Sahel zeichnet sich nun ein geopolitisches Vakuum ab. Wer nach dem Machtverlust der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich geopolitisch an Einfluss gewinnt, ist nicht abzusehen.
Klar ist dagegen, dass Europa seinen Einfluss in der Region verlieren könnte, sollte es keine klare Neupositionierung der europäischen Außenpolitik mit dem globalen Süden geben – unter deutscher Führung. Das findet zumindest CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen in einem aktuellen Beitrag zum Report der Körber-Stiftung “The Berlin Pulse” zur deutschen Rolle in der Welt. “Deutschland ist in einer einzigartigen Position, dies zu erreichen, da es verschiedene Mitgliedstaaten zusammenbringen kann.” Auch die außenpolitischen Sprecher der FDP und SPD, Ulrich Lechte und Michael Roth, forderten bereits im September eine stärkere Europäisierung der Westafrikapolitik unter deutscher Führung.
Alleine kann Deutschland ohnehin wenig bewirken. Zwar versucht Deutschland seine entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Westafrika auszubauen und vor allem die Küstenstaaten Westafrikas durch finanzielle Unterstützung gegen die Terrorgefahr aus dem Sahel zu sichern. So legte das BMZ im Herbst entwicklungspolitische Projekte im Senegal, Mauretanien und Côte d’Ivoire neu auf. In der Elfenbeinküste sollten beispielsweise 15 Millionen Euro bereitgestellt werden, um die Lebensqualität im Norden des Landes zu verbessern. Auch die Regionalorganisation Ecowas wurde erneut mit Geldern zur Friedenssicherung ausgestattet. Die Entfremdung der Sahelregion mit Europa konnte dies jedoch bislang nicht aufhalten.
Vielmehr häufen sich die Symptome dieser Entwicklung immer weiter. Guinea-Bissaus Präsident Umaro Sissoco Embaló reiste am Wochenende vorzeitig von der UN-Klimakonferenz ab, da es in der Hauptstadt nach Angaben des Präsidenten zu einem Putschversuch gekommen sein soll. Zuvor hatte auch die Regierung von Sierra Leone nach gewaltsamen Ausschreitungen von Putschversuchen berichtet.
Trotz der politisch immer angespannteren Lage kommt erschwerend hinzu, dass das Budget für die bundespolitische Sahel-Strategie angesichts der aktuellen Haushaltslage deutlich knapper werden dürfte. Schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig erklärt hat, hatte der Haushalt 2024 erneut ein geschrumpftes Budget für das BMZ vorgesehen. Umso wichtiger seien verstärkte deutsche Investitionen aus der Privatwirtschaft in den politisch vergleichsweise stabilen Staaten der Küstenregion, findet Christoph Hoffmann, entwicklungspolitischer Sprecher der FDP: “In Staaten wie Ghana, Senegal oder der Elfenbeinküste gibt es enorme Chancen für deutsche Investitionen, zum Beispiel im Bau-, Landwirtschafts- oder Pharmasektor.” Diese ließen sich mit Bürgschaften oder Kontaktvermittlung unterstützen.
Angesichts der Entwicklungen im Niger dürfte der deutsche Ansatz der langfristigen Stabilisierung jedoch zu spät greifen. Denn Russland könnte das Machtvakuum im Sahel nutzen, um Druck auf die Regierung im Niger auszuüben, warnt Ulf Laessing, Sahel-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung, im Focus. Die könnte die Migrationsrouten öffnen und so versuchen, Europa im Sinne Russlands zu schwächen. Mit der Kündigung des Migrationspakts hat die Junta im Niger den ersten Schritt bereits getan. Um die Entwicklung zu stoppen, müsste Europa mit der Junta in Verbindung treten – das hatte Frankreich bislang aber rigoros abgelehnt. Berlin war dem französischen Kurs gefolgt.
Die US-Amerikaner haben weniger Berührungsängste mit den Militärmachthabern im Niger: Kathleen FitzGibbon, die neue Botschafterin der USA im Niger, hat laut Berichten von RFI am Wochenende dem nigrischen Außenminister ihr Beglaubigungsschreiben übergeben – ein erster Schritt, um die diplomatischen Beziehungen mit dem westafrikanischen Land wiederzubeleben. Nach Jahren der französisch-europäischen Dominanz zeichnet sich nun also eine geopolitische Ablösung ab, bei der Europa an Einfluss verliert. Die Auswirkungen der Entwicklungen im Sahel bekommt der Kontinent allerdings unmittelbar zu spüren.
Eine der Errungenschaften der Konferenz der Vertragsparteien der Vereinten Nationen (COP27) in Sharm El-Sheikh war die Einrichtung eines Fonds für Schäden und Verluste (Loss and Damage Fund oder L&D Fund) zur Unterstützung von Entwicklungsländern, die besonders anfällig für die negativen Folgen des Klimawandels sind.
Am ersten Tag der COP28 sagten die Länder in Dubai mehr als 400 Millionen Dollar für einen Fonds für Verluste und Schäden für die Opfer von Klimakatastrophen in Entwicklungsländern zu. Der Gipfel wird es Interessenvertretern ermöglichen, zu den Gesprächen über die Ausgestaltung des neuen Fonds kritisch beizutragen.
Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt sind die Auswirkungen des Klimawandels in Afrika aufgrund der geringen Anpassungsfähigkeit, des begrenzten Zugangs zu Kapital und Technologie, der endemischen Armut, der schwachen Regierungsführung und des dysfunktionalen Zustands der Institutionen gravierender als anderswo.
In diesem Jahr starben in Afrika durch Unwetter schon mindestens 15.700 Menschen, und 34 Millionen weitere waren davon betroffen. In einem kürzlich erschienenen Bericht über Verluste und Schäden wird darauf hingewiesen, dass der L&D-Fonds schnelle, zugängliche und schuldenfreie Finanzmittel für die wachsende Zahl von Afrikanern bereitstellen muss, die durch die sich verschärfenden Auswirkungen des Klimawandels vertrieben werden.
In einem Kommuniqué stellt die Corporate Accountability and Public Participation Africa (CAPPA) im Vorfeld der COP28 fest, dass der Klimagipfel in Afrika keine Verpflichtung zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe eingegangen ist. In dem Bericht wird zwar darauf hingewiesen, dass die Argumentation verankert sei und zwar dahingehend, dass Afrika seine Ressourcen für die Entwicklung nutzen muss. Doch gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass der Abbau der afrikanischen Rohstoffe nur selten zur Entwicklung seiner Bevölkerung genutzt werde.
Einen weiteren Kritikpunkt merkt Pedroso Cuesta, der kubanische Vorsitzende der G77 plus China, an. Er bemängelt, dass sich die Weltbank auf Kredite konzentriere und dass ihr ein klimaorientiertes Ethos fehle. Folglich könne die Beauftragung der Weltbank und anderer internationaler Finanziers mit Klimaentscheidungen für gefährdete Nationen diese Gemeinschaften noch stärker gefährden.
CAPPA stellte fest, dass der Klimagipfel in Afrika trotz der milliardenschweren Zusagen der Industrienationen die Erwartungen der marginalisierten Bevölkerungsgruppen nicht erfüllen konnte, weil er auf falsche Lösungen zur Verwirklichung der Klimaziele fixiert war.
“Der Vorschlag, Kohlenstoffmärkte und die Kommerzialisierung von Afrikas Wäldern und Bioressourcen als Lösungen für Afrikas Herausforderungen bei der Klimafinanzierung zu betrachten, ist kontraproduktiv”, heißt es in dem Bericht. “Er wird nur eine Welle der Ökokolonisierung anheizen. Gefährdete Gemeinschaften in ganz Afrika erleben bereits die schrecklichen Folgen, die sich aus der anhaltenden brutalen Vertreibung von Einheimischen ergeben.”
Der Anstieg der Kosten für den Schuldendienst ist zum ernsthaften Problem geworden. Vor allem für Schwellenländer und Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen haben die Klimaanfälligkeit und die untragbare Schuldenlast den fiskalischen Spielraum für Investitionen in die Klimaresilienz verringert. 52 Entwicklungsländer leiden demnach unter einer nicht tragfähigen Staatsverschuldung.
Es gibt gravierende Finanzierungslücken bei der Eindämmung und Anpassung. Laut einer Analyse der Klimafinanzierung im Jahr 2022 benötigen öffentliche und private Einrichtungen weltweit bis 2025 jährlich Klimafinanzierungen von etwa 3,8 Billionen Dollar. Nur etwa 16 Prozent davon sind derzeit gedeckt, wobei der größte ungedeckte Bedarf in Afrika und dem Nahen Osten besteht.
Zwischen 2019 und 2020 werden mehr als 60 Prozent der Klimafinanzierung (rund 384 Milliarden Dollar) durch Kreditaufnahme finanziert. Von diesem Betrag wurden nur 47 Milliarden Dollar zu niedrigen Kosten oder zu vergünstigten Zinssätzen aufgenommen. Die kostenfreien Zuschüsse beliefen sich auf etwa 36 Milliarden Dollar, der Rest auf hohe Finanzierungskosten.
Den afrikanischen Ländern wurde geraten, fehlgeleitete Vorschläge wie die Ansiedlung des L&D-Fonds bei der Weltbank abzulehnen. Der Bericht schlug vor, den Fonds in den derzeitigen Rahmen des UNFCCC einzubetten und die notwendigen Verbesserungen vorzunehmen, um ihn funktionsfähiger zu machen. Um den Zugang der Bevölkerung zu erleichtern, könnte der Fonds auch in regionalen Institutionen in Staaten untergebracht werden, die als anfällig gelten.
Äthiopien hat Aufmerksamkeit mit der Aufforstungskampagne Green Legacy Initiative erregt. Bisher wurden 32,5 Milliarden Bäume gepflanzt. Bis 2026 sollen es 50 Milliarden werden. Die Initiative gilt als Modell für die von Dürren geplagte Region. Äthiopien wird im kommenden Jahr von Senegal den Vorsitz in der African Ministerial Conference on the Environment (AMCEN) übernehmen. Addis Abeba leitet derzeit auch das Sekretariat der Intergovernmental Authority on Development (IGAD), das sich in Nordostafrika für Umweltschutz einsetzt.
Kenia war im September Gastgeber des ersten afrikanischen Klimagipfels, auf dem die Nairobi-Erklärung verabschiedet wurde. Zudem ist Präsident William Ruto Vorsitzender des Commmittee of African Heads of State and Government on Climate Change (CAHOSCC). Kenia wurde auch eingeladen, dem Global Centre on Adaption (GCA) beizutreten. Das neue GCA-Regionalzentrum soll Anfang 2025 in Nairobi eröffnen.
Nigeria hat sich verpflichtet, bis 2060 CO2-Neutralität zu erreichen und hat hierzu einen Energy Transition Plan entwickelt. Bis 2030 will das Land eine Reduktion von 20 Prozent erreichen und wird bei den weitverbreiteten Diesel-Generatoren ansetzen. Die allein machen 30 Prozent der Emissionen aus. Seit 2021 gibt es im Land ein Klimaschutzgesetz. Nigeria wird den Finanzierungszweig des Sahel-Klimafonds beherbergen. Das Land hat derzeit den Vorsitz der Pan African Agency for the Great Green Wall.
Die Republik Kongo beheimatet wie ihr Nachbarland Demokratische Republik Kongo einen großen Teil des Regenwalds des Kongobeckens. Im Oktober 2023 war die Republik Kongo als Vorsitzende der Klimakommission für das Kongobecken Gastgeber des Three Basins Summit. Ziel ist es, 350 Millionen Hektar Ökosysteme wiederherzustellen. Einem Bericht der Mo Ibrahim Foundation zufolge setzt das Land auch auf die Hilfe der EU. Eine Partnerschaft soll die Zahl der nachhaltig bewirtschafteten Wälder erhöhen, mehr forstbezogene Arbeitsplätze schaffen und den Waldverlust bis 2030 eindämmen.
Ruanda kündigte auf der COP27 eine nationale Investitionsinitiative, Ireme Invest, an, die Mittel aus der Privatwirtschaft für grüne und klimafreundliche Projekte mobilisiert. Seitdem konnten 200 Millionen US-Dollar gesichert werden. Ruanda hat sich in der Vergangenheit um die Wiederherstellung der nationalen Wälder bemüht, und erreichte sein nationales Ziel bereits 2019. Das ostafrikanische Land spielt auch eine führende Rolle bei der African Forest Landscape Restoration Initiative, die 100 Millionen Hektar Land bis 2030 wiederherstellen möchte.
Sambia leitet als Vorsitzender der African Group of Negotiators (AGN) die technische Verhandlungsebene für Afrika auf der COP28. Ein wichtiges Ziel ist das Global Goal on Adaptation, die Anpassung an die globale Erwärmung. Kürzlich reichte Sambia seinen National Adaptation Plan beim Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) ein und schloss damit zu 16 afrikanischen Ländern auf. Zudem verhandelte Sambia eine Umstrukturierung seiner Schulden.
Senegal gab auf dem Paris Financing Summit im Juni die Just Energy Transition Partnership bekannt. Von der International Partners Group (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und die EU) wird Senegal zunächst 2,5 Milliarden Euro erhalten. Senegal ist zudem Vorsitzender der African Ministerial Conference on the Environment (AMCEN).
Südafrika zählt zu den 15 weltgrößten Verursachern von Treibhausgasen. Damit ist das Land Spitzenreiter in Afrika. Fast 70 Prozent des Stromes wird aus Kohle generiert. Bis 2030 soll der Kohleanteil auf 42 Prozent sinken. Im Oktober verabschiedete Südafrika die Climate Change Bill, unter der die Klimainitiativen des Landes ausgerichtet werden. Die Regierung setzt sich für neue Finanzsysteme in der Klimapolitik ein.
Uganda hat ein Überwachungs- und Berichtssystem entwickelt, das die Minderungs- und Anpassungsbemühungen seiner Nationally Determined Contributions (NDC), also seiner national festgelegten Beiträge, misst. Uganda ist zudem Vorsitzender der Gruppe der 77, einem Zusammenschluss von Staaten des Globalen Südens innerhalb der UN, ein Großteil davon aus Afrika.
Der afrikanische Kontinent soll künftig von einer Flut an Investitionen profitieren. Dazu fordern die Regierungen in Europa und den USA eine breitere Unterstützung durch private Investoren. Private-Equity-Fonds sollen sich beispielsweise stärker beteiligen. So lautet auch eine wichtige Botschaft von der COP28.
Schon nach der Konferenz Compact with Africa vor wenigen Tagen titelten Medien: “Afrika-Gipfel: Olaf Scholz plant Investitionen in Milliardenhöhe”. Demnach wolle die Bundesregierung mehr als vier Milliarden Euro auf dem Kontinent investieren. Doch nur ein Bruchteil der öffentlichen Mittel, die nach Afrika in den Aufbau der Wirtschaft, in Infrastruktur oder in Klimaprojekte fließen sollen, sind auch tatsächlich Investitionen. Hauptsächlich handelt es sich um Darlehen, die die Empfängerländer mit mehr oder weniger hohen Zinsen bedienen müssen.
Ob aktuell mehr ausländische Direktinvestitionen nach Afrika fließen, ist schwer einzuschätzen. Die Unctad meldete für 2022 einen Rückgang auf 45 Milliarden Dollar. Doch die Statistik ist verzerrt, da im Jahr 2021 wegen einer einzelnen Transaktion der Betrag ungewöhnlich hoch ausgefallen war. Dennoch lässt sich sagen, dass Afrika im vergangenen Jahr nur einen Bruchteil der Direktinvestitionen erhalten hat, die in die Regionen Developing Asia (662 Milliarden Dollar) und Lateinamerika/Karibik (208 Milliarden Dollar) geflossen sind. Der Energiesektor, sowohl Rohstoffe als auch Energieerzeugung, verzeichnete den größten Anstieg in Afrika.
Gleichzeitig stiegen nach Unctad-Zahlen Projektfinanzierungen in Afrika um 15 Prozent, was nahelegt, dass Investitionen stark über Darlehen finanziert werden und weniger durch Eigenkapital. Diese Kredite deuten Politiker gerne als Investition um, mit der Begründung, dass diese Darlehen eine (Sach-)Investition ermöglichen.
Somit ist die Verwirrung komplett. Ökonomen haben viel Aufwand betrieben, um Investitionen von anderen Ausgaben sauber abzugrenzen. Sachinvestitionen sind beispielsweise die Anschaffung von Maschinen, Anlagen oder anderen Wirtschaftsgütern. Daneben gibt es Finanzinvestitionen, beispielsweise über die Beteiligung am Eigenkapital eines Unternehmens. Doch nur selten beteiligen sich die Geberländer und ihre Förderbanken am Eigenkapital von Unternehmen in Afrika.
Politiker machen sich vielmehr den Umstand zunutze, dass in der Umgangssprache eine größere Anschaffung gerne als Investition bezeichnet wird, wie in den Shopaholic-Romanen der englischen Autorin Sophie Kinsella. Als ihre Romanheldin sündhaft teure Kleidung kaufte, rechtfertigte sie die Ausgabe mit dem Argument: “Und fragen Sie bitte nicht, wie viel das alles gekostet hat, denn das ist irrelevant. Das ist Investment-Shopping. Die größte Investition meines Lebens.”
Der Unterschied zwischen einer Ausgabe und einer Investition besteht finanztechnisch darin, dass eine Investition einen Mittelfluss generieren sollte, der den Investitionsbetrag und eine angemessene Rendite abdeckt. Alles andere sind Ausgaben, Konsum. Doch diese beiden Begriffe machen sich in entwicklungspolitischen Debatten nicht gut.
Dabei steht bei vielen Projekten, die in Afrika finanziert werden sollen, nicht im Vordergrund, mit diesen Investitionen einen positiven Mittelrückfluss zu generieren. Häufig geht es um umwelt- oder sozialpolitische Ziele, die berechtigt sein mögen, aber nicht unbedingt rentabel sind. Für diese Projekte werden sich kaum private Eigenkapitalgeber finden lassen.
Für die afrikanischen Länder geht es nicht um Besserwisserei und Haarspalterei, sondern um harte Fakten. Denn bei echten Investitionsprojekten, die einen Rückfluss des eingesetzten Kapitals erwarten lassen, können die afrikanischen Empfängerländer darauf hoffen, dass diese Investition keine zusätzliche Finanzbelastung für sie darstellt.
Bei Ausgaben, die öffentlichkeitswirksam zur Investition erhoben werden, besteht für die afrikanischen Empfängerländer jedoch nur im Ausnahmefall die Aussicht, jemals eine kostendeckende Rendite zu erzielen. In diesen Fällen erhöht sich für die afrikanischen Regierungen die Auslandsverschuldung, ohne dass sie Einnahmen erzielen, mit denen sie die Schulden bedienen könnten.
Der Westen wirft China gerne vor, afrikanische Staaten gezielt in eine Schuldenfalle zu treiben, um sie politisch gefügig zu machen. Doch eine Finanzpolitik, in der bewusst der Unterschied zwischen Konsumausgaben und echten Investitionen verwischt wird, macht den Westen unglaubwürdig. Dann droht, dass die westliche Kritik an der chinesischen Finanzpolitik in Afrika als Ausdruck von Doppelmoral wahrgenommen wird.
Nigers regierende Junta hat die militärische Partnerschaft des Landes mit der Europäischen Union aufgekündigt, wie das Außenministerium am Montag mitteilte. Damit wurde die Genehmigung für ein EU-Programm zur Unterstützung der Sicherheitskräfte zurückgezogen.
Der Termin scheint bewusst gewählt, denn seit Montag ist der stellvertretende russische Verteidigungsminister Junus-bek Jewkurow mit einer Delegation in Niger. Er traf den nigrischen Verteidigungsminister Salifou Modi zu Gesprächen über eine Vertiefung der militärischen Kooperation zwischen den beiden Ländern.
Die zivile Mission EUCAP Sahel Niger wurde 2012 ins Leben gerufen, um die Sicherheitskräfte im Kampf gegen Militante und andere Bedrohungen zu unterstützen. Laut der Website der Mission sind rund 120 Europäer ständig dort im Einsatz.
Auf eine Anfrage zur Stellungnahme hat EUCAP bis Redaktionsschluss nicht reagiert.
Die nigrische Junta, die im Juli durch einen Staatsstreich an die Macht kam, hat auch den Abzug der französischen Truppen gefordert, die im Kampf gegen militante Islamisten helfen. rtr/lcw
Vor dem Hafen von Durban stauen sich seit Wochen Schiffe mit zehntausenden Containern. Grund für die Verzögerungen ist die veraltete und defekte Infrastruktur des größten Seehafens Afrikas, die es nicht erlaubt, Container zügig abzufertigen. Nach einem Megastau von 70.000 Containern hat sich die Zahl mittlerweile auf 40.000 reduziert. Vor den kleineren Häfen von Kapstadt und Gqeberha (ehemals Port Elizabeth) stauen sich weitere rund 30.000 Container. Der wichtige Kohleexporthafen Richards Bay nördlich von Durban, der größte in Afrika, hat ebenfalls mit staken Verzögerungen zu kämpfen.
Schiffe wurden zwischenzeitlich nach Port-Louis in Mauritius umgeleitet, um dort entladen zu werden. Am Wochenende lagen noch insgesamt 52 Schiffe vor Durban auf der Reede, ein Drittel bestimmt für Pier 2, das größte Container-Terminal. Durchschnittlich müssen Schiffe zwei Wochen warten, bis sie an das Terminal gelassen werden. Ent- und Beladen am Pier dauert weitere zehn Tage. Es wird erwartet, dass der Containerstau erst im kommenden Februar komplett abgebaut sein wird. Bis dahin drückt die Wartezeit auf das Wirtschaftswachstum Südafrikas. Je länger die Produkte und Bodenschätze warten müssen, desto teurer werden sie.
Der Hafenbetreiber Transnet, der auch die Eisenbahnlinien und Pipelines Südafrikas managt, kämpft seit Jahren mit Korruption, Diebstahl von Infrastruktur, und unzureichender Wartung. Das Staatsunternehmen sitzt derzeit auf 6,4 Milliarden Euro Schulden und hat im vergangenen Finanzjahr fast 300 Millionen Euro Verluste notiert.
Vergangene Woche wurde Transnet eine finanzielle Garantie von rund 2,3 Milliarden Euro vom südafrikanischen Finanzministerium gebilligt. Noch im Oktober hatte sich Finanzminister Enoch Godongwana geweigert, Transnet zu unterstützen. Die Regierung wollte erst wirtschaftliche Reformen in die Wege leiten, die unter anderem die Lösungen für Herausforderungen im Fracht- und Logistiksektor umfassen, die auch Partnerschaften mit privaten Unternehmen umfassen. Jetzt war Eile geboten, da Transnet “eine zentrale Rolle in der südafrikanischen Wirtschaft spielt”. Aufgrund der hohen Verschuldung kann das Unternehmen keine Kredite auf den Kapitalmärkten aufnehmen. Die im Juli vereinbarte Kooperation mit dem philippinischen Hafenbetreiber International Container Terminal Services, Inc kommt derzeit aufgrund der Führungslosigkeit von Transnet nicht voran, nachdem im September CEO und CFO das Handtuch schmissen.
Über Durban werden rund 60 Prozent aller Container des Landes abgewickelt. Die Oppositionspartei Demokratische Allianz nannte die Situation in Durban “ein Desaster” für die Wirtschaft des Landes und beklagte die “Ineffizienz und die finanzielle Verantwortungslosigkeit” von Transnet, dem angeschlagenen staatliche Hafenbetreiber.
Einzelhändler machen sich mittlerweile Sorgen um das anstehende Weihnachtsgeschäft. Die Holdingsgesellschaft Pekop, der verschiedene Einzelhandelsketten für Bekleidung gehören, hat angegeben, dass sich in Containern vor Durban Textilien im Wert von rund 35 Millionen Euro befinden. as
Somalia ist Ende November als achtes Mitglied in die East African Community (EAC) aufgenommen worden. Mit den 17 Millionen Einwohnern von Somalia umfasst die EAC jetzt 300 Millionen Menschen, ein Viertel des afrikanischen Kontinents. Die EAC ist mit einem BIP von 350 Milliarden US-Dollar der wirtschaftlich drittstärkste Regionalblock in Afrika nach Ecowas und der Union des Arabischen Maghreb (UAM).
Die regionale Wirtschaftsgemeinschaft EAC wurde 2000 von Kenia, Tansania und Uganda gegründet. Burundi und Ruanda kamen 2007 hinzu, Südsudan 2016 und die Demokratische Republik Kongo 2022. Die EAC verfolgt die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit in Ostafrika. Ein Binnenmarkt wurde 2010 etabliert, die geplante Währungsunion ist von 2024 auf 2031 verschoben worden. Das EAC-Sekretariat befindet sich im tansanischen Arusha und bemüht sich weiterhin um den Abbau von Zollbarrieren zwischen den EAC-Ländern.
Intensive Verhandlungen zwischen Somalia und der EAC begangen bereits im August in Nairobi. Die Aufnahme des ostafrikanischen Landes bringt 3.000 Kilometer Küstenlinie, die längste in Afrika, in die EAC, eine bessere Verbindung zur arabischen Halbinsel und Zugang zu den reichen Fischgründen im Indischen Ozean. Somalia wird im Gegenzug von den Eisenbahn-, Straßen- und Energienetzwerken der EAC-Länder profitieren. “Wir sind ein bedeutendes Land in der Region, das viel beitragen kann, und wir werden auch von den anderen Ländern profitieren”, sagte der somalische Präsident, Hassan Sheikh Mohamud, der sich seit seiner ersten Präsidentschaft von 2012 bis 2017 für einen Betritt Somalias eingesetzt hat.
Beobachter sehen die Aufnahme kritisch, da Somalia seit Jahren als Konfliktland gilt. Vor allem die bewaffneten Auseinandersetzungen mit der islamischen Terrororganisation al-Shabaab könnte für die EAC zum Sicherheitsproblem werden. Somalia hatte zudem regelmäßig bilaterale Unstimmigkeiten mit Äthiopien, Dschibuti und Kenia. Und EAC-Länder müssen sich an die Grundsätze guter Regierungsführung, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, und sozialer Gerechtigkeit halten. “Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkrieges und des gewalttätigen Extremismus schneidet Somalia bei diesen Anforderungen schlecht ab”, schreibt Halkano Wario, Organized Crime Coordinator vom Thinktank ISS. “Für die EAC ist es von entscheidender Bedeutung, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass Ostafrika die Vorteile des Betritts Somalias optimal nutzt.”
Die Weltbank hat das Wirtschaftswachstum von Somalia für 2023 inzwischen nach unten korrigiert. Statt der ursprünglich vorhergesagten 3,6 Prozent wird jetzt ein Wachstum von 2,8 Prozent erwartet. Das landwirtschaftlich geprägte Somalia sei immer noch zu sehr vom Außenhandel abhängig, die Wirtschaft nur begrenzt diversifiziert und werde regelmäßig von Naturkatastrophen heimgesucht. Für 2024 soll die Wirtschaft wieder auf 3,7 Prozent anziehen, 2025 werden sogar 3,9 Prozent erwartet. as
Der Asantehene Osumfuo Osei Tutu II., König der Ashanti, hat laut einem Bericht von Africa Report in den vergangenen fünf Monaten vier Chiefs in Ghana wegen ihrer Beteiligung an Landbetrug und anderen damit verbundenen Straftaten abgesetzt. Diese Flut von Amtsenthebungen diene zur Abschreckung für traditionelle Führer in der Ashanti-Region, zitiert das Magazin den Palasthistoriker Osei Bonsu Safo Kantanka.
Diese Entscheidung hat für Ghana weitreichende Bedeutung, da Immobilientransaktionen im Land zum großen Teil dem Gewohnheitsrecht folgen. In Ghana besteht zweierlei Landrecht. Manche Immobilientransaktionen können nach dem Schriftrecht, das sich am britischen Rechtssystem anlehnt, abgewickelt werden. Doch die Eigentumsrechte von rund 80 Prozent des Lands in Ghana sind nach dem traditionellen Gewohnheitsrecht geregelt. Dabei gelten zudem noch im Süden unterschiedliche Regeln und Traditionen als im Norden.
Das Gewohnheitsrecht hat Tücken. So ist es oft schwierig, den rechtmäßigen Eigentümer eines Grundstücks zu ermitteln, da Eigentumsinformationen häufig nicht transparent offengelegt werden. Bei der Klärung dieser Fragen spielen die Chiefs eine große Rolle. Dabei kommt es jedoch immer wieder vor, dass sie Land mehreren Käufern verkaufen oder dass sie sich für ihre Unterstützung bezahlen lassen. Diese Möglichkeit haben einige von ihnen offenbar dazu genutzt, um ihre Vormachtstellung zur Bereicherung zu nutzen.
Der Asantehene hat nun hart durchgegriffen, um diese Missstände zu beseitigen. So hat Otumfuo Osei Tutu im August den Chief der südlich von Kumasi gelegenen Ortschaft Abuontem, Nana Kwaku Duah III., seines Amtes enthoben. Zuvor hatte das königliche Gericht den Abountemhene des illegalen Landverkaufs für schuldig befunden. Diese Absetzung ist bemerkenswert, da Osei Tutus Geburtsname Barima Kwaku Duah lautet und Nana Kwaku Duah unter anderem vorgeworfen wurde, den Namen des Asantehene benutzt zu haben.
Seit Jahren versucht die ghanaische Regierung, das Immobilienrecht transparenter und einfacher zu gestalten, auch um als Investitionsstandort attraktiver zu werden. So wurde 2016 unter dem Namen Land Bill of 2016 ein Immobiliengesetzbuch beschlossen, das sämtliche Immobiliengesetze zusammenfasst, die in der Verfassung von 1992 und danach beschlossen worden sind. In dieser Gemengelage fällt dem König der Ashanti eine gewichtige Rolle zu. Osumfuo Osei Tutu II. ist nicht nur der spirituelle Führer der größten Volksgruppe in Ghana, sondern hat auch in Fragen des Gewohnheitsrechts eine hervorgehobene Stellung. hlr
Am 15. November wurde im Pazifikstaat Samoa ein wenig beachteter Assoziierungsvertrag zwischen der Europäischen Union auf der einen Seite und den 79 Ländern, die in der Organisation Afrikanischer, Karibischer und Pazifischer Staaten (OACPS) verbunden sind, unterzeichnet. Auch Deutschland ist Teil dieses Vertrages. Der Text wurde zwischen Oktober 2018 und April 2021 ausgehandelt. Er umfasst nahezu alle Bereiche der bilateralen Beziehungen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten mit diesen Ländern mit Ausnahme konkreter Handelsvereinbarungen, die anderweitig geregelt sind. Der Vertrag ist ein Folgevertrag des Cotonou-Abkommens, das seit 2000 in Kraft und hoffnungslos veraltet ist und dessen Gültigkeit mit dem neuen Vertrag endet.
Das neue Abkommen unterscheidet sich von den vorhergehenden Abkommen vor allem dadurch, dass es im Wesentlichen ein politisches Abkommen und nicht mehr primär auf die entwicklungspolitische Geber-Nehmer-Zusammenarbeit fokussiert ist. Anders als alle vorhergehenden Abkommen enthält es deshalb auch keine konkreten finanziellen Verpflichtungen der EU.
Das neue Abkommen bietet die Gelegenheit, die Beziehung zwischen der EU und den AKP-Ländern neu zu gestalten und auf eine Basis zu stellen, die den heutigen globalen und geopolitischen Herausforderungen entspricht, statt die eindimensionale Konzentration auf Entwicklungshilfe fortzuschreiben. Dies könnte vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich vor allem viele afrikanische Staaten mehr und mehr von der EU abwenden und der Einfluss Europas dort schwindet, ein Anlass und eine Chance für einen Kurswechsel sein.
Die dürftigen Ergebnisse des Besuchs von Kanzler Scholz in Westafrika und Reisen anderer Minister vor ihm haben die Notwendigkeit für solch einen neuen Ansatz deutlich gemacht. Dass der Kanzler in Nigeria oder Ghana zum Beispiel keinerlei Zusagen, was die Rückführung illegaler Einwanderer betrifft, erhalten hat, darf keine Überraschung sein. Die EU verhandelt mit Nigeria seit Jahren über ein Rückführungsabkommen ohne Erfolg.
Was fehlt, ist ein ganzheitlicher, außenpolitischer Ansatz in den Beziehungen mit den afrikanischen Ländern, in dem proaktive Diplomatie auf europäischer und deutscher Ebene eine ernstere Rolle spielen muss. Dies bedeutet nicht, europäische Werte über Bord zu schmeißen. Aber undiplomatische Belehrungen mit der Finanzkeule hinter dem Rücken sind auf dem immer selbstbewussteren Kontinent unpopulär und kontraproduktiv. Die weitgehenden und gegenseitigen politischen Commitments des neuen Abkommens könnten eine erste Grundlage für einen anderen Umgang miteinander sein.
Erstaunlicherweise wird dem neuen Abkommen in Europa bis jetzt wenig Bedeutung beigemessen, obwohl es für beide Seiten sensible Themen wie zum Beispiel eben Migration behandelt. Ein Faktor ist, dass der Europäische Rat dank der Blockage Ungarns mehr als zwei Jahre gebraucht hat, den Text zu verabschieden. Das Momentum der Verhandlungen ist dadurch verloren gegangen. Die Glaubwürdigkeit der EU, internationale Abkommen zu verhandeln und dann abzuschließen, hat weiteren Schaden genommen, denn dies ist kein Ausnahmefall. Die AKP-Seite nimmt dies auch als Mangel an europäischem Interesse an diesem Abkommen wahr.
Es erscheint deshalb nicht verwunderlich, dass bei der Unterzeichnung 35 der 79 AKP-Staaten das Samoa-Abkommen noch nicht unterzeichnet hatten, eine in der 48 Jahre währenden Geschichte der Beziehung mit den AKP-Staatengruppe einzigartige Situation. Dies bedeutet nicht automatisch, dass alle diese Länder nicht beabsichtigen, zu unterzeichnen, aber es ist ein Indikator für die begrenzte Bedeutung, die viele AKP-Länder dem Abkommen, und damit auch den Beziehungen mit der EU, beimessen.
Darüber hinaus führen plötzlich eine Reihe von afrikanischen und karibischen Ländern neue Bedenken gegen das Abkommen ins Feld, die eher ideologisch begründet zu sein scheinen und sich nicht am Wortlaut des Textes orientieren, den seine Kritiker anscheinend nicht gelesen haben. Die Verhandlungen, zu denen beide Seiten mit eigenen Textvorschlägen gekommen waren, wurden respektvoll und transparent geführt, mit Geben und Nehmen wie es in allen Verhandlungen normal ist. Auf europäischer Ebene ist der Vertrag dem Kuhhandel im EU-Ministerrat zum Opfer gefallen. Auf AKP-Ebene scheint er gerade Opfer ideologisierter und uninformierter Einflussnahme zu werden – auch eine Konsequenz des verlorenen Momentums. Es scheint, als wären beide Seiten dabei, eine historische Gelegenheit zu verpassen, die politischen Beziehungen auf eine neue Ebene zu heben. Ein Abkommen, das nicht mit Leben gefüllt wird, ist wertlos.
Botschafter a.D. Alexander Baum war als Berater des Stellvertretenden Generalsekretärs des Europäischen Außendienstes einer der führenden Verhandler des Samoa Abkommens. Baum blickt auf eine lange Karriere bei der UN, dem BMZ, der Europäischen Kommission und zuletzt beim Europäischen Außendienst zurück und war vor dem Beginn der Verhandlungen EU-Botschafter in Malawi und Botswana.
Financial Times: Erklärung von Nairobi zeigt Afrikas Geschlossenheit. Die afrikanischen Staaten haben sich auf die Erklärung von Nairobi als gemeinsame Position für die COP28 geeinigt. In der Erklärung werden die Industrieländer aufgefordert, ihre Kohlenstoffemissionen schneller zu senken. Außerdem wird das Klimaproblem mit der nach Ansicht der afrikanischen Staats- und Regierungschefs dringenden Notwendigkeit verknüpft, das globale Finanzsystem zu reformieren.
New York Times. Kenias Staatschef schärft sein globales Profil während daheim Unmut herrscht. Präsident William Ruto hat international als Klimaschützer und Friedensvermittler auf sich aufmerksam gemacht. Doch im Inland ist er mit der Unzufriedenheit über steigende Lebensmittel- und Kraftstoffpreise sowie neue Steuern konfrontiert.
Financial Times: Ramaphosa eröffnet den Wahlkampf. Südafrikas Präsident zieht von Tür zu Tür – offiziell, um die Wähler zu ermutigen, sich vor der Wahl im nächsten Jahr registrieren zu lassen. Es war aber auch ein Versuch, Begeisterung für die Regierungspartei ANC zu wecken, die Südafrika seit der Einführung der Demokratie im Jahr 1994 regiert. Umfragen zufolge ist der ANC mit der Aussicht konfrontiert, erstmals die absolute Mehrheit zu verlieren.
Reuters: EU sagt Wahlbeobachtermission in DR Kongo ab. Die Europäische Union hat ihre Wahlbeobachtungsmission für die Wahlen in der DR Kongo am 20. Dezember abgesagt. Die Wahlbeobachter sind bereits in Kinshasa und sollten schon vor zwei Wochen im ganzen Land eingesetzt werden. Aus Sicherheitsgründen konnten sie jedoch nicht reisen.
Washington Post: Sudans Kriegsparteien zwangsrekrutieren Zivilisten. Im sudanesischen Bürgerkrieg zwangsrekrutieren offenbar sowohl die sudanesischen Streitkräfte als auch die Miliz RSF Zivilisten. Auch zurückgekehrte Flüchtlinge werden zum Kämpfen gezwungen. Sudanesische Flüchtlinge, die vor dem Konflikt nach Äthiopien flohen, finden im Nachbarland derart schlechte Bedingungen vor, dass einige von ihnen in die umkämpfte Heimat zurückkehren.
Bloomberg: Putins Tochter will Afrika digital erobern. Russland verstärkt seine Bemühungen um engere Beziehungen zu Afrika, indem es digitales Fachwissen anbietet – eine Strategie, die von der jüngeren Tochter Putins unterstützt wird. Beamte aus rund drei Dutzend afrikanischen Ländern wurden für diesen Monat nach Moskau eingeladen, um sich mit russischen IT-Spezialisten und Investoren zu treffen.
African Business: Aus Daten Gold machen. Afrikanische Unternehmen, die künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und Big Data nutzen, machen in einem schnell wachsenden Markt Fortschritte. Sprachverarbeitung, Finanztechnologie und sektorspezifische Analytik zählen dabei zu den vielversprechendsten Bereichen. Aber auch spezifische Anwendungen haben großes Potenzial, etwa Gesundheitsmanagement in der Viehzucht.
Business Insider: Milliardärsspross Oppenheimer übernimmt Nigerias führenden Dosenhersteller. Jonathan Oppenheimer, der Sohn des südafrikanischen Milliardärs Nicky Oppenheimer, hat die volle Kontrolle über Nigerias größten Getränkedosenhersteller GZI übernommen. Die Familie spielte eine wichtige Rolle bei der Gründung des Bergbaugiganten Anglo American und bei der Umwandlung von De Beers in den größten Diamantenproduzenten der Welt. Das Interesse an GZI kommt zu einer Zeit, in der Nigeria versucht, seine lahmende Wirtschaft wiederzubeleben. Es ist auch ein Zeichen des Vertrauens in den Aufschwung.
DW: Türkische Firmen wandern nach Ägypten aus. Wegen anhaltender hoher Inflation sind immer mehr türkische Firmen auf der Suche nach neuen Standorten. Mit günstigen Produktionskosten und Visafreiheit wird Ägypten eine attraktive Alternative.
The New Times: “Green City Kigali” gewinnt Stadtplanungspreis. Der Masterplan für die nachhaltige Erweiterung der ruandischen Hauptstadt Kigali wurde mit dem World Architecture Festival Future Project Masterplan Award ausgezeichnet. Das von der deutschen Entwicklungsbank KfW und dem Rwanda Green Fund in Auftrag gegebene Projekt ist das erste seiner Art in Afrika. Es soll als Modell für eine nachhaltige Stadtentwicklung dienen, das in der gesamten Region nachgeahmt werden kann.
Auch Top-Banker haben mal Sommerferien, und was tun sie dann – klar, ausspannen und ein gutes Buch lesen. Am liebsten Sachbücher, die die Welt erklären, von heldenhaften Abenteurern handeln oder eben vom wirtschaftlichen Aufstieg Chinas von den Achtzigern an. Das jedenfalls ist die Lieblingslektüre von Tidjane Thiam: Nach eigener Aussage beschreibt der fast tausendseitige Wälzer “Deng Xiaoping and the Transformation of China” des mittlerweile verstorbenen US-Autoren Ezra Vogel “eine der größten Leistungen, welche die Menschheit je vollbracht hat”. Und deswegen, sagt Thiam: “[Ich] komme immer wieder darauf zurück, da ich nie etwas Besseres gelesen habe.”
Thiams tiefe Bewunderung für das Wirken Deng Xiaopings – der China marktwirtschaftlich reformierte, jegliche Demokratiebestrebungen jedoch blockierte und für die gewaltsame Niederschlagung des Tiananmen-Aufstandes 1989 mitverantwortlich war – ist nicht nur eine Randnotiz. Denn Thiam arbeitet auf die Präsidentschaft in der Elfenbeinküste hin.
Die Elfenbeinküste hat sich nach zwei Bürgerkriegen Anfang der 2000er Jahre stabilisiert. Insbesondere Abidjan hat sich zu einem regionalen Banken- und Finanzzentrum entwickelt. Im Januar ist die Elfenbeinküste Gastgeber für die afrikanische Fußballmeisterschaft.
Mitte November reichte der Ex-Banker Thiam, der 1962 in Abidjan geboren wurde, seine Kandidatur für den Parteivorsitz der PDCI ein, der Demokratischen Partei der Elfenbeinküste. Im Dezember wird über einen neuen Parteivorsitzenden entschieden – und der Gewinner wird als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2025 gehandelt. “Von jetzt an sind wir im Kampagnenmodus”, kündigte Thiam vor dem Parteisitz an. Er ist der Politik nicht fremd und sammelte bereits Mitte der Neunziger Regierungserfahrung.
Thiam hat sowohl in der Elfenbeinküste als auch in Frankreich beste Kontakte. Er ist der Sohn einer Nichte des ersten ivorischen Präsidenten Félix Houphouët-Boigny sowie des Journalisten und Politikers Amadou Thiam, der früh aus dem Senegal in die Elfenbeinküste migrierte. Aufgewachsen ist Thiam allerdings in Marokko, wo sein Vater die Elfenbeinküste als Botschafter repräsentierte.
Anfang der Achtziger absolvierte Thiam in Paris ein Ingenieursstudium an der Elitehochschule École polytéchnique sowie ebenfalls an der École des Mines. Nach Stationen als Berater bei McKinsey ging es für Thiam 1994 zurück nach Westafrika. Dort war er bis 1999 Chef einer Behörde, die in der Elfenbeinküste die Abwicklung öffentlicher Bau- und Infrastrukturvorhaben maßgeblich betreut (Bureau national d’études techniques et de développement). Das BNETD war direkt an Premierminister und Präsident angebunden. So war es keine Überraschung, dass Thiam von 1998 an als Entwicklungsminister Teil der Regierung von Henri Konan Bédié wurde.
Thiams politisches Intermezzo endete jäh mit dem Staatsstreich von 1999 und katapultierte ihn nach Europa zurück. Nach Stationen bei Versicherungsunternehmen wurde er 2015 schließlich Vorstandsvorsitzender der Credit Suisse und zog nach Zürich. An diese Zeit hat er persönlich nicht die besten Erinnerungen, sprach in der New York Times von rassistischen Erfahrungen seiner Familie in der Schweiz. Und auch beruflich überschattete sein unrühmlicher Abgang bei der Credit Suisse dieses Kapitel seiner Karriere. Er kam als Sanierer der angeschlagenen Großbank, die nach einer langen Serie von Skandalen von der UBS übernommen wurde, und musste nach schließlich nicht erwiesenen Vorwürfen, Kollegen beschattet zu haben, Anfang 2020 gehen.
Die Präsidentschaftskandidatur und Rückkehr in sein Geburtsland nach mehr als 20 Jahren im Exil bedeutet für den 61 Jahre alten Manager nun also einen Neuanfang.
Mit Skepsis sehen Beobachter, dass der französisch-ivorische Doppelstaatler Thiam sehr enge Beziehungen zu Frankreich pflegt. So soll Präsident Macron ihn sogar als Wirtschafts- und Finanzminister gewollt haben.
Dass erfolgreiche Manager aus der Wirtschaft nach Afrika zurückkehren und in der zweiten Lebenshälfte politischen Ambitionen folgen, ist kein Einzelfall. Ähnliches versuchte der Investmentbanker Lionel Zinsou, der dem französischen Sozialisten Laurent Fabius sehr nahesteht. Von 2015 bis 2015 war Zinsou Premierminister in Benin, wo er 1953 geboren wurde. Seine Kandidatur als Präsident des Landes scheiterte jedoch, woraufhin sich Zinsou nach Paris zurückzog und dort eine Investmentbank gründete.
Zinsou beschrieb den als arbeitswütig geltenden Thiam, mit dem er selbst befreundet ist, als kühl und distanziert beim ersten Eindruck. In jedem Fall sei der mit einer Amerikanerin verheiratete Kosmopolit kein typischer Ivorer, meint jedenfalls Zinsou.
Auch wenn es mit der Präsidentschaft nicht klappt, sorgt Thiam schon für den Nachruhm vor: Er arbeitet an seiner Autobiographie, die beim Verlag WM Collins erscheinen wird. Lucia Weiß
In einem großen Teil Afrikas fallen Weihnachten und die Sommerpause zusammen. Grund genug, die festliche Saison zum Anlass zu nehmen, den Liebsten einen Heiratsantrag zu stellen. Das südafrikanische Reisemagazin Getaway hat jetzt einige magische Orte zusammengestellt.
Ganz oben auf der Liste stehen die Victoria Falls im südlichen Afrika. Die Fälle zwischen Sambia und Simbabwe gelten als die größten der Welt. Der schottische Missionar David Livingstone hatte sie Mitte des 19. Jahrhunderts für die Europäer entdeckt, für ihn das “Schönste” was er je in Afrika gesehen hat. Mit dem üppigen Grün des afrikanischen Buschs und den tobenden Fällen im Hintergrund, macht sich ein Heiratsantrag besonders gut, auch wenn man wegen des Getöses ein wenig schreien muss.
Die Cape Winelands außerhalb von Kapstadt gelten mit ihren langen Tälern und schroffen Bergen ebenfalls als romantische Destination. Weltbekannte Weingemeinden wie Franschhoek, Stellenbosch oder Paarl bieten mit ihren dutzenden edlen Weingütern einen unvergesslichen Aufenthalt. Nicht nur der Wein, sondern auch das Essen ist exzellent und zählt zum Besten, was Afrika kulinarisch zu bieten hat.
Im benachbarten Botsuana befindet sich das Okavango-Delta, das größte Inlandsdelta der Welt. Die traumhafte Sumpflandschaft mit endlosen Kanälen hat die meisten Tiere pro Quadratkilometer weltweit, darunter Elefanten, Giraffen und Flusspferde. Tourismus im Delta ist stark reglementiert: Die Lodges sind klein, luxuriös und teuer. Zudem können sie meist nur per Flugzeug erreicht werden: ideal für eine verträumte Zeit zu zweit.
Im östlichen Afrika ist die tansanische Insel Sansibar besonders angesagt. Mit seinen weißen Sandstränden und kristallklarem Wasser gilt das Eiland als tropisches Paradies. Trotz der vielen Luxusresorts können Paare dort noch einsame, abgelegene Strände finden.
Alle Destinationen haben zudem eins gemein: Sie zählen allesamt zum Unesco-Weltkulturerbe. as