Talk of the town
Erscheinungsdatum: 26. Oktober 2025

Aus vom Verbrenner-Aus: Wie die Länderchefs die Bundesregierung unter Druck setzen

Ministerpräsidentenkonferenz
Die 14 Ministerpräsidenten – ohne Anke Rehlinger und Manuela Schwesig (picture alliance/dpa | Boris Roessler)

Die Ministerpräsidenten setzen die Bundesregierung unter Druck: Der MPK-Beschluss öffnet den Verbrenner-Motor auch nach 2035 für klimafreundliche Kraftstoffe und Übergangstechnologien. SPD und CDU prüfen nun Gegenmaßnahmen.

Von Michael Bröcker

Der Druck auf die Bundesregierung wächst, das ab 2035 beschlossene Aus für den Verbrenner-Motor bei Neuzulassungen aufzugeben. Der einstimmig und parteiübergreifend erfolgte Beschluss der Ministerpräsidenten vom Freitag wird in der Bundesregierung als De-facto-Abschied vom Verbrenner-Aus beschrieben. SPD-Umweltminister Carsten Schneider und Teile der SPD-Bundestagsfraktion haben intern bereits ihren Widerstand angekündigt.

Die entscheidende Passage in dem MPK-Beschluss ist, dass „alternative klimafreundliche Antriebskonzepte, klimafreundliche Kraftstoffe und ergänzende Übergangstechnologien“ auch nach 2035 in neu zugelassenen Fahrzeugen erlaubt sein sollen. Damit wären auch Verbrenner-Motoren weiter erlaubt, die mit dem heute schon verfügbaren klimafreundlicheren Kraftstoff E10 betankt werden, sagte ein Mitglied der MPK zu Table.Briefings. In der Sitzung habe es zu einer solch weitgehenden Änderung des EU-Ziels skeptische Äußerungen etwa von Daniel Günther (Schleswig-Holstein), Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg) und Alexander Schweitzer (Rheinland-Pfalz) gegeben. Am Ende hätten aber alle anwesenden Länderchefs dem Beschluss zugestimmt.

Nach Informationen von Table.Briefings geht der Beschlussentwurf auf Niedersachsen und Hessen zurück. SPD-Ministerpräsident Olaf Lies und sein CDU-Kollege Boris Rhein hatten sich im Vorfeld abgestimmt. In beiden Ländern ist die Autoindustrie stark vertreten. Hessens Staatskanzlei-Chef Benedikt Kuhn (CDU) sagte im Podcast Table.Today dazu: „Wenn man den Beschluss plakativ formulieren möchte, ist das das Aus vom Verbrenner-Aus. Es ist eine industriepolitische Wende, mit der hocheffizienten Verbrennern auch nach 2035 eine Perspektive eingeräumt werden soll.“

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprachen sich in der Sitzung dafür aus, nicht nur die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausnahmen wie den Plug-in-Hybrid oder den Range Extender weiter zu erlauben. Im MPK-Beschluss wird die Bundesregierung gar aufgefordert, die Zukunft des Verbrennungsmotors durch „regulatorische Maßnahmen in Bezug auf klimafreundliche und CO₂-arme Kraftstoffe“ langfristig zu sichern.

Der Text geht über den Kompromiss hinaus, den CDU und SPD bislang gefasst hatten – und für den sie Söder als Mitglied der Koalition gewinnen wollten. Er beruhte darauf, das Verbrenner-Aus ab 2035 grundsätzlich zu akzeptieren, aber Ausnahmen für Plug-In-Hybride und Range Extender zuzulassen. Der CSU-Chef hatte das zu später Stunde im Koalitionsausschuss abgelehnt – unionsintern mit dem Verweis darauf, dass er weiter hoffe, die SPD für mehr zu gewinnen. Ihn stärkt der MPK-Beschluss nun, immerhin haben auch alle SPD-Ministerpräsidenten zugestimmt.

In der SPD-Bundestagsfraktion, vor allem bei Fraktionschef Matthias Miersch, gibt es starke Vorbehalte gegen eine Umsetzung des MPK-Beschlusses. In der Koalitionsführung heißt es, es werde zeitnah ein Gespräch zwischen Kanzler Friedrich Merz, Vizekanzler Lars Klingbeil und CSU-Chef Markus Söder geben, um eine gemeinsame Position zu beschließen. Im Podcast Table.Today erklärt der hessische Staatssekretär Benedikt Kuhn (CDU), wie es zu dem Beschluss kam und warum. Das Gespräch hören Sie ab 5 Uhr hier.

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Letzte Aktualisierung: 26. Oktober 2025

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