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Erscheinungsdatum: 03. November 2025

Rückführungen nach Syrien: Wadephuls Äußerungen berühren Schmerzpunkte der Migrationsdebatte

Rückführungen nach Syrien: Wadephuls Äußerungen berühren Schmerzpunkte der Migrationsdebatte. Sowohl in der Union als auch in der SPD sind durch die Äußerungen des Außenministers Grundsatzdiskussionen über Abschiebungen nach Syrien entstanden. Im Fraktionsvorstand der Union wies Jens Spahn nach Informationen von Table.Briefings kurz auf die aus seiner Sicht unglückliche Kommunikation von Wadephul hin und betonte zugleich, dass die Lage durch den Koalitionsvertrag klar sei. Die tatsächliche Formulierung, auf die sich Union und SPD geeinigt hatten, lässt allerdings Interpretationsspielräume. Im Vertrag heißt es: Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben – beginnend mit Straftätern und Gefährdern.“ Offen bleibt, wann abgeschoben werden soll – und wer, über Straftäter hinaus.

Auch deshalb sorgt Wadephul nun bei Teilen seiner eigenen Partei für Verwirrung bis Verärgerung. Bei seinem Auftritt in einem vollkommen zerstörten Vorort von Damaskus hatte er für den Moment Zweifel an einer schnellen Abschiebung Ausreisepflichtiger geäußert und darüber hinaus die Frage aufgeworfen, ob es gelingen könne, viele nicht ausreisepflichtige Syrer alsbald für eine freiwillige Rückkehr zu gewinnen. Zu dieser Gruppe sagte er außerdem: „Jeder, der bei uns bleibt und sich bei uns in unsere Gesellschaft einbringt", sei weiterhin willkommen.

In Teilen der Union wurde daraus die Interpretation, Wadephul lehne jegliche Abschiebung ab, also auch die von Straftätern. Das AA dementierte dies jedoch; stattdessen sei man zur Rückführung einzelner schwerer Straftäter mit dem syrischen Außenministerium in Kontakt. Mancher in CDU und CSU will indes weiter gehen und syrische Geflüchtete auch über die Gruppe der Straftäter hinaus nach Hause schicken. Der CDU-Fraktionsvize Günter Krings etwa sagte der Bild-Zeitung: „Der syrische Bürgerkrieg ist vorbei und in weiten Teilen des Landes ist für die allermeisten ausgereisten Syrer eine Rückkehr nun möglich und zumutbar“. Eine solche Forderung erweitert die Debatte über den aktuellen rechtlichen Rahmen hinaus. Krings lässt allerdings offen, auf welchem Weg er dieses Ziel erreichen will.

Die SPD wirft ihrerseits die Frage auf, ob gegenwärtig überhaupt abgeschoben werden kann. In der Fraktion heißt es, abgeschoben werde erst, wenn es die Realität zulasse. Die Sozialdemokraten fühlen sich durch die Aussage des Außenministers in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die Lage in Syrien momentan für Abschiebungen zu prekär sei. Allerdings ist aus dem AA auch zu hören, dass die Sätze von Wadephul einer ganz bestimmten Ortschaft in einem ganz bestimmten Moment galten. Offenbar will Wadephul es nicht als Urteil über die Lage im ganzen Land verstanden wissen.

Der offizielle Lagebericht des AA zur Lage in Syrien ist eigentlich unter Verschluss. Aber FragDenStaat hat ihn im Sommer veröffentlicht. Er stammt vom 30. Mai; darin heißt es unter anderem, dass der UNHCR nach wie vor alle Staaten aufrufe, von Zwangsrückführungen abzusehen. Die humanitäre Lage im Land gebe das noch nicht her. Zu den konkreten Zahlen, über die so heftig debattiert wird, sagte das BMI am Montag, derzeit würden rund 900.000 Syrer in Deutschland leben, davon seien 900 vollziehbar ausreisepflichtig – und von denen würde eine mittlere zweistellige Zahl zu den schweren Straftätern gezählt. Alle anderen hätten unterschiedliche Aufenthaltstitel. Das heißt, dass man sie ohne Gesetzesänderungen nicht einfach zurückschicken kann. Stefan Braun, Laura Block und Sara Sievert

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Letzte Aktualisierung: 03. November 2025

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