Was hat die Nacht für die EU gebracht?

19. Dezember 2025

Was hat die Nacht für die EU gebracht? Ursula von der Leyen dürfte mit der Vereinbarung von vergangener Nacht leben können. Die Kommissionspräsidentin hatte die Kreditaufnahme über die Beleihung der Reserven im EU-Finanzrahmen selbst Mitte November als eine von drei Optionen vorgeschlagen. Von der Leyen ging aber wie Merz fest davon aus, dass diese Variante unrealistisch sei, weil Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán die nötige Zustimmung verweigern würde.

Das ist nun doch anders gelaufen. Orbán ebnete am frühen Morgen den Weg. Sein Motiv ist unklar. Womöglich agierte der Ungar so, weil die vereinbarte Lösung aus Sicht Putins der glimpflichere Weg ist als die direkte Nutzung der russischen Staatsgelder. So gesehen dürften auch Gegenmaßnahmen Moskaus gegen europäische Vermögenswerte fürs Erste weniger wahrscheinlich sein. Zudem ließ sich der Ungar wie seine Kollegen aus der Slowakei und Tschechien zusichern, sich finanziell nicht an der neuen Ukraine-Hilfe beteiligen zu müssen.

Aus Brüsseler Sicht sind derartige Kredithilfen an andere Staaten nichts Ungewöhnliches. Das Instrument der Makro-Finanzhilfe (Macro-financial assistance – MFA) exisiert seit langem, auch die finanzielle Unterstützung der Ukraine wird bereits darüber abgewickelt. „Dass die EU sich für die Unterstützung von Drittstaaten verschuldet und dies über den EU-Haushalt absichert, ist überhaupt nicht neu“, sagt Lucas Guttenberg, Direktor bei der Bertelsmann Stiftung. Mit der politisch so umstrittenen Vergemeinschaftung von Staatsverschuldung der Mitgliedstaaten über Eurobonds habe das „nichts zu tun“.

Ungewöhnlich sind laut dem Experten hingegen die Höhe des Kredits und die Annahme, dass die Ukraine ihn nur unter sehr bestimmten Bedingungen zurückzahlen müsse. Der Druck werde groß sein, dafür die konfiszierten russischen Staatsgelder zu nutzen, denn sonst müssen die Mitgliedstaaten den Kredit selbst tilgen. Das ist der Punkt, an dem die Sache auch für den Kanzler noch einmal kompliziert und schwierig werden könnte.

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Letzte Aktualisierung: 19. Dezember 2025