Table.Standpunkt
Erscheinungsdatum: 22. November 2025

Warum der Digitale Euro in seiner jetzigen Form Europa schwächt

Der Digitale Euro soll Europas Stärke sichern – doch in seiner jetzigen Form schwächt er Souveränität, Wettbewerb und Vertrauen. Warum Europa sich mit diesem Projekt selbst im Weg steht, argumentiert der DSGV-Präsident Ulrich Reuter.

Europa will digitale Souveränität, auch im Paymentbereich – und steht sich dabei selbst im Weg. Der Digitale Euro, wie ihn die EZB derzeit plant, gefährdet genau das, was er eigentlich schützen soll: Unabhängigkeit, Wettbewerbsstärke und Vertrauen. Drei Gründe, warum es so nicht geht:

1. Souveränität verschenkt: Der Digitale Euro als Türöffner für Big Techs

Europa braucht Unabhängigkeit von US-amerikanischen Payment-Giganten – doch der Digitale Euro in der von EZB und Bundesbank geplanten Form öffnet ihnen weit die Tür. Er verschafft ihnen bequemen Zugang zu europäischen Kunden, ihren Daten und der Zahlungsinfrastruktur. So wird das Ziel europäischer Souveränität ins Gegenteil verkehrt:

  • Kundendaten bleiben für außereuropäische Anbieter ausforschbar.

  • Händler werden nicht aus der Abhängigkeit von internationalen Zahlungsdiensteanbietern und BigTechs befreit.

  • Europa gewinnt nicht die nötige Kontrolle über seine Zahlungsströme.

In einem Bild: Wenn Bundeskanzler Friedrich Merz den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris zum Kaffee einlädt und bargeldlos zahlt, dann sitzt Donald Trump sinnbildlich mit am Tisch – weil US-amerikanische Payment-Konzerne den innereuropäischen Zahlungsverkehr beherrschen. Der Digitale Euro ändert in seiner heutigen Konzeption daran überhaupt nichts.

2. Wettbewerb braucht Markt, nicht Verwaltung

Payment ist ein Hochleistungswettbewerb, kein Verwaltungsvorgang. Hier gewinnt, wer Kundenerfahrung, Innovationskraft und Marktzugang vereint. Die EZB aber ist kein Marktteilnehmer und hat selbst keine Kundenerfahrung. Sie ist ein Schiedsrichter – und der sollte nicht selbst mitspielen wollen.

Anstatt die Kräftebündelung europäischer Anbieter zu unterstützen, wird die EZB mit einem milliardenschweren Projekt über Jahre hinweg sämtliche Entwicklungskapazitäten europäischer Paymentanbieter belegen. Das blockiert deren Kapazitäten für echte Marktlösungen und schwächt Europa im harten Marktwettbewerb. Das ist, als würde man den europäischen Athleten im globalen Payment-Marathon noch einen Zementsack auf die Schultern legen.

Europa braucht Kooperation seiner markterfahrenen Anbieter, keine administrative Konkurrenz aus Frankfurt und keine neuen Wettbewerbsbelastungen. Die gemeinsame Payment-Antwort der europäischen Finanzwirtschaft heißtWero“. Das ist die bessere Alternative.

3. Vertrauen ist Europas stärkste Währung

Geld funktioniert nur, wenn Menschen ihm vertrauen. Dieses Vertrauen entsteht durch Verlässlichkeit, Stabilität und Nähe – nicht durch abstrakte Bits und Bytes. Die EZB würde mit ihrem Digitalen Euro dem Geldkreislauf Bankeinlagen entziehen, dadurch Kreditvergaben schwächen und das Finanzsystem destabilisieren. Dabei gibt es den Euro heute längst in digitaler Form – in jedem europäischen Kreditinstitut, auf jedem Bankkonto.

Für die Menschen ist das Konto die Haustür zum Zahlungsverkehr. Ein Digitaler Euro ohne Anbindung an gewohnte Kundenkonten nimmt digitalem Geld sein Zuhause. Wer das umgeht, riskiert Kundenakzeptanz und Kundenvertrauen.

Fazit: Europa braucht echte Stärke, nicht Symbolik.

Der Digitale Euro soll Europa unabhängiger machen. In seiner derzeit geplanten Form aber ist er ein teures und für normale Menschen unnützes Prestigeprojekt. Statt den Markt zu stärken, schafft er neue Abhängigkeiten. Statt Vertrauen zu fördern, sät er Zweifel.

So nicht.

Digitale Souveränität entsteht nur durch starke, wettbewerbsfähige europäische Anbieter. Erfolgreich wird Europa im Payment nur, wenn es die Kräfte im Markt bündelt und für die Kunden einen echten Nutzen bietet. Deshalb – ein Digitaler Euro:

  • muss den europäischen Zahlungsverkehr im internationalen Wettbewerb stärken,

  • muss sich im Markt bewähren und durch Marktteilnehmer getragen werden,

  • kann sich nur über das Konto in die reale Lebenswelt der Menschen integrieren.

Ulrich Reuter ist seit Januar 2024 Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands DSGV.

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Letzte Aktualisierung: 22. November 2025

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