Talk of the town
Erscheinungsdatum: 16. Oktober 2025

Klingbeil in Washington: Der Finanzminister auf Roadshow bei Hedgefonds und Investoren

Klingbeil in Washington (picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)

Mit dem Sondervermögen im Rücken wirbt Lars Klingbeil international um Investitionen. Ein Wettlauf gegen die Zeit, denn ohne Wirtschaftswachstum könnten die massiven staatlichen Ausgaben noch zum Bumerang werden.

IWF-Wachstumsprognose

Es ist sein erster Auftritt beim Klassentreffen der internationalen Finanzszene. Bei der Jahreskonferenz der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds IWF in Washington dominierten geopolitische Handelskonflikte sowie die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine die Diskussionen. Doch der deutsche Finanzminister hatte noch einen eigenen Agendapunkt mitgebracht: Er wollte Werbung für den Standort Deutschland machen. Oder wie es Lars Klingbeil ausdrückte: „Bewerbungsgespräche führen.“

Wichtigster Termin des Ministers waren daher nicht die Treffen mit US-Finanzminister Scott Bessent und dem Weltbank-Präsidenten Ajay Banga, sondern ein Runder Tisch mit 40 Investoren am Donnerstagnachmittag. Milliardenschwere Vertreter von Hedgefonds, Banken und Pensionskassen hatte Klingbeil eingeladen, um ihnen Investitionen in die deutsche Wirtschaft schmackhaft zu machen. Angesichts der geopolitischen Risiken wollen viele Investoren ihre Gelder breiter anlegen und nehmen Deutschland in den Blick, bestätigte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel in Washington.

Deutschland braucht dringend Kapital, wenn die Wirtschaft wieder wachsen soll. Der IWF hatte pünktlich zum Jahrestreffen die Wachstumsprognose für Deutschland auf 0,9 Prozent für 2026 abgesenkt, fast jede Volkswirtschaft in der Eurozone wächst schneller. „Europa muss schneller wachsen, um den steigenden Bedarf an öffentlichen Ausgaben zu decken“, mahnte IWF-Europa-Direktor Alfred Kammer. Die öffentlichen Schuldenprogramme seien zwar richtig, aber Europa und vor allem Deutschland müssten aufgrund der rasanten Alterung der Gesellschaft, der schrumpfenden Produktivität und der Transformation der Industrie dringend strukturelle Reformen umsetzen. Klingbeils Versprechen dazu: Schwarz-Rot habe bereits begonnen, das Land zu modernisieren und die Unternehmen zu entlasten. „Wir tun jetzt alles, um Wachstum zurückzubekommen nach Deutschland. Wir werden uns nicht ausruhen.“

Das Sondervermögen soll schnell und zielgerichtet ausgegeben werden. Klingbeil will in den kommenden Wochen auf die zügige Verteilung der Infrastruktur-Investitionen im Land drängen. In einem Brief an alle Kabinettskollegen, der Table.Briefings vorliegt, verlangt der SPD-Chef konkrete Informationen, welche Mittel wann und wofür verwendet werden. Das Geld müsste dort eingesetzt werden, „wo es am meisten nottut“, schreibt er und fordert ein „adäquates und bereichsübergreifendes Monitoring“. Mit den Länderchefs will Klingbeil noch vor der Bundesratssitzung kommende Woche darüber sprechen, wie die Kommunen als zentraler Ort für öffentliche Investitionen stärker von den Finanzmitteln profitieren können.

Öffentliche Ausgaben allein werden den Aufschwung aber nicht garantieren können. Die privaten Investitionen seien mindestens genauso so wichtig, sagt Klingbeil. Der in der Koalition vereinbarte Deutschlandfonds soll bis Weihnachten im Kabinett beschlossen werden. In dem Fonds sollen durch staatliche Garantien 100 Milliarden zusätzlich aus der Privatwirtschaft in Start-ups und junge Unternehmen fließen.

Im Kalender hatten Klingbeil und die mitreisende Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan außerdem Gespräche mit Amtskollegen aus Ländern eingeplant, zu denen Deutschland die wirtschaftliche Partnerschaft intensivieren will. Südafrika und Marokko beispielsweise. Auch als „leidenschaftlicher Transatlantiker“ will sich Klingbeil offenbar auf den wichtigsten und größten Handelspartner, die USA, nicht verlassen.

Die USA sind auch Thema im Podcast, den Sie am Samstag ab 5 Uhr hier hören.

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Letzte Aktualisierung: 16. Oktober 2025

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