
Also, los geht’s mit den Akronymen:
- In der kommenden Plenarwoche in Straßburg geht es erst mal um die ESR. Das steht für Effort Sharing Regulation, also die Aufteilung der Anstrengungen zwischen den Mitgliedstaaten, ihre Emissionen zu reduzieren.
- Dann kommt die MSR, was für Market Stability Reserve steht, auf Deutsch: Marktstabilitätsreserve im Emissionshandel. Dieses Instrument zielt darauf, Preisstabilität für Produktionsanlagen zu schaffen, die unter das EU-Emissionshandelssystem fallen. Es soll Sicherheit und Vertrauen bei Anlegern schaffen, damit sie in grüne Technologien und Energieeffizienz investieren können.
- Und schließlich kommt die Königin des Akronyms: LULUCF. Es steht für Land Use, Land-Use Change and Forestry. Was dieser Name nicht sagt: Dabei geht es um den Beitrag von Landnutzung und Forstwirtschaft zum Klimaschutz, das heißt um die Nutzung von Böden, Bäumen, Pflanzen, Biomasse und Holz. Dieser Sektor ist besonders, weil er sowohl Kohlenstoff binden als auch Treibhausgase (Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid) emittieren kann.
Hier wollen wir nun ein wenig verweilen.
Liese: Neben ETS das wichtigste Element von Fit for 55
Für den Europaabgeordneten Peter Liese (CDU), der den mittlerweile berühmten „Jumbo-Trilog“ geführt hat, ist LULUCF „neben dem ETS eigentlich das wichtigste Element des ganzen Fit-for-55 Pakets“. Denn eine Einigung nächste Woche in Straßburg würde der Europäischen Union ermöglichen, das Klimaziel von 55 Prozent auf 57 Prozent zu erhöhen.
Warum das so ist? Dazu müssen wir zurück zur COP27 in Sharm el-Sheikh blicken. Der für den Green Deal zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, hatte dort angekündigt, dass die EU bereit sei, einen neuen Klimaplan (auch NDC genannt) vorzulegen, der das Ziel der Reduzierung der Nettoemissionen zwischen 1990 und 2030 auf „mindestens 57 Prozent“ anheben würde.
Das sind zwei Prozentpunkte mehr als das vom Europäischen Rat Ende 2020 angenommene Ziel (55 Prozent) und 17 Prozentpunkte mehr als das ursprüngliche Ziel der EU, das der UNFCCC übermittelt wurde (40 Prozent).
LULUCF macht’s möglich. Die vorläufige Einigung zwischen Rat und Parlament, die im November letzten Jahres erreicht wurde, sieht Folgendes vor: 310 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent als Nettoaufnahme muss die Europäische Union bis zum Jahr 2030 im LULUCF-Sektor erreichen. Das bedeutet, dass die Klimawirkung des LULUCF sehr stark ist, viel stärker etwa als beim Verkehrssektor, wie Peter Liese zusammenfasst.
Einige Tonnen über dem Ziel der alten Bundesregierung
„Ich möchte klarmachen, dass das sehr ambitionierte Ziele sind“, fügte Lieses Parteifreund und LULUCF-Berichterstatter Norbert Lins hinzu. „Wir sind derzeit bei rund 215 Millionen Tonnen. Das heißt also, dass wir die nächsten sieben Jahre rund 50 Prozent drauflegen müssen, um diese 310 Millionen Tonnen zu erreichen.“
Für die Böden in Deutschland bedeutet das, dass sie bis zum Jahr 2030 rund 31 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent aufnehmen müssen. „Das sind einige Tonnen mehr, als die alte Bundesregierung in ihrem Ziel festgeschrieben hat. Die hatten 25 Millionen Tonnen bis 2030 vorgesehen und jetzt haben wir das noch mal um 6 Millionen Tonnen angehoben“, sagte Lins.
Weil es nun konkret wird, nimmt die politische Auseinandersetzung um diese bis jetzt untergeordneten Dossiers an Fahrt auf. Zwei Fronten machen sich bereit: Verbände aus den Landwirtschaft- und Forstsektoren, für die die Ziele zu ambitioniert sind, auf der einen Seite und Umweltorganisationen, die sich ambitioniertere Ziele wünschen.
Schwedisches Rätsel
Weil Schweden bis zum Sommer die Ratspräsidentschaft innehat, führt Stockholm die Verhandlungen. Nur: Schweden ist ein Land, dessen Staatsgebiet zu 70 Prozent aus Wald besteht. Es ist einer der größten Holzexporteure der Welt. In Brüssel fragt man sich, wie sich Stockholm verhalten wird. Eher protektionistisch und auf maximale Holzproduktion drängend?
Wichtig ist hier festzustellen, dass Schweden zugleich ein ehrgeiziges Ziel der CO₂-Neutralität bis zum Jahr 2045 hat, dank der enormen Kohlenstoffaufnahmen, die seine Wälder ermöglichen. Frankreich etwa wäre nicht in der Lage, seine Emissionen bis zu diesem Zeitpunkt um 85 Prozent zu senken, so wie es Schweden vorschlägt.