
Bei der EU-Klima- und Umweltpolitik gilt Schweden als progressive Kraft. In der Vergangenheit hat das Land die EU-Mitgliedsstaaten immer wieder dazu gedrängt, beim Klimaschutz ehrgeiziger zu sein und seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Wenn es um die eigene natur- und klimaschädliche Forstwirtschaft geht, treten Schwedens Ambitionen für Klima- und Umweltschutz jedoch schnell in den Hintergrund. Sehr deutlich wird das aktuell an Schwedens Haltung zur Novelle der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED). Darin geht es neben dem schnelleren Ausbau von erneuerbaren Energien auch um Regelungen für die Nutzung von Biomasse.
Bislang subventioniert die EU, wenn Waldholz als vermeintliche erneuerbare Energiequelle für die Energieerzeugung genutzt wird. Wälder als wichtige Kohlenstoffspeicher werden somit für die Verbrennung in Kraftwerken abgeholzt. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wollen das nun ändern. Sie schlagen vor, Holzbiomasse von der Förderung für erneuerbare Energien ausschließen, um die europäischen Wälder als wertvolle Kohlenstoffsenken wiederaufzubauen.
Subventionen machen Holzverbrennung profitabel
Diese Vorschläge ignoriert die schwedische Ratspräsidentschaft jedoch konsequent. Stattdessen setzt das Land auf business as usual und macht Vorschläge, die klingen wie aus dem Forderungskatalog der Forstindustrie. Dabei sind ambitionierte Schritte in Richtung Klima- und Naturschutz bei der Novelle der RED längst überfällig. Denn die bisherige Befreiung der Holzverbrennung von der CO₂-Steuer im Emissionshandel und die RED-Subventionen machen es erst profitabel, Millionen von Bäumen in Kraftwerken zu verbrennen.
Wissenschaftler haben lange gewarnt, dass das Abholzen und Verbrennen von Wäldern sowohl die Biodiversität als auch Klima schädigt. Die Holzverbrennung emittiert sogar noch mehr CO₂ pro Einheit Energie als Kohle, während der verstärkte Holzeinschlag dafür sorgt, dass Wälder noch weniger CO₂ aus der Luft binden können. Doch nicht nur Wissenschaftler und Verbände schlagen Alarm – auch die holzverarbeitenden Industrien, die mit der Biomasseindustrie um den Wertstoff Holz konkurrieren, fordern ein Ende der Subventionen.
Trotz dieser Warnungen haben es relevante Entscheidungsträger bei der letzten Überarbeitung der RED versäumt, die Holzverbrennung zu begrenzen. Stattdessen wurden Nachhaltigkeitskriterien für Forstbiomasse aufgenommen, die fast nichts zum Schutz von Wäldern und dem Klima beitragen.
Hälfte des Holzes für Energieerzeugung
Die Folgen werden jetzt deutlich: Mehr als die Hälfte des in der EU gefällten Holzes wird zur Energieerzeugung verbrannt. Seit 2018 haben mehrere Mitgliedstaaten ihre Wald-CO₂-Senken effektiv verloren, unter anderem durch übermäßigen Holzeinschlag. Darunter Estland, Lettland und Finnland. Ihre Wälder sind nun Quellen klimaschädlichen CO₂. Deutschlands Senke reduziert sich ebenfalls zunehmend.
Auch Schweden verzeichnet einen alarmierenden Rückgang der Kohlenstoffaufnahme seiner Wälder. Dennoch versucht das Land sein industrielles Forstwirtschaftsmodell dem Rest der EU aufzuzwingen. Solange das Verbrennen von Bäumen als erneuerbare Energie gilt, haben die EU-Mitgliedstaaten allerdings wenig Anreiz, in wirklich kohlenstoffarme Technologien zu investieren.
Politische Entscheidungsträger der EU dürfen dem Druck der schwedischen Ratspräsidentschaft jetzt nicht nachgeben. Als Energieminister muss sich Robert Habeck im EU-Rat dafür einsetzen, die Anreize für die Verbrennung von Holz zu begrenzen und schrittweise abzubauen, damit sie die Klima- und Biodiversitätsziele der EU nicht untergraben. Die EU-Bürger wollen und verdienen eine Zukunft mit sauberer Energie, die Klima, Wälder und Gesundheit schützt – dafür trägt die schwedische EU-Ratspräsidentschaft Verantwortung.