Verpflichtende Nachhaltigkeitsberichte senken die Kosten für alle

Von Richard Howitt
Verpflichtende Nachhaltigkeitsberichte senken die Kosten für alle: Richard Howitt ist strategischer Berater für Unternehmensnachhaltigkeit und ein ehemaliger MEP (Labour) aus Großbritannien
Richard Howitt ist strategischer Berater für Unternehmensnachhaltigkeit und ein ehemaliger MEP (Labour) aus Großbritannien

Der neue Entwurf der EU-Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) zielt darauf ab, die Zahl der erfassten Unternehmen in ganz Europa zu vervierfachen. Er soll dazu beitragen, die Chancen für Unternehmen, die sich aus der EU-Strategie für nachhaltige Finanzen und dem Green Deal ergeben, besser nutzbar zu machen. Es sind jedoch die Erkenntnisse, die zusammen mit dem Gesetzentwurf veröffentlicht wurden, die sich als entscheidend erweisen können, damit sich die Denkweise in der gesamten Wirtschaft dahingehend ändert, dass gute Nachhaltigkeitsberichterstattung auch ein gutes Geschäft ist.

Die Folgenabschätzung der Europäischen Kommission zur CSRD und die damit verbundene Studie des Centre for European Policy Studies (CEPS) zur Richtlinie über die nicht-finanzielle Berichterstattung (NFRD) zeigen, dass die obligatorische Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen erschwinglich ist und mittel- und langfristig zu einer Kostensenkung führt.

Verpflichtende Nachhaltigkeitsberichte senken die Kosten für alle: Incremental costs as a share of turnover by sector and size

Die durchschnittlichen Kosten von 30.897 Euro, die den Unternehmen durch die Rechtsvorschriften entstünden, sind im Verhältnis zu den Gesamtbetriebskosten „vernachlässigbar“. Zudem werden an der Größe des Unternehmens gemessen. Die zusätzlichen Kosten belaufen sich auf durchschnittlich 0,005 Prozent des Umsatzes im ersten Jahr und werden in den Folgejahren weiter sinken, sobald die Prozesse etabliert sind.

Beitrag zur effektiveren Berichterstattung

Was kostenbewussten Finanzvorständen noch mehr die Augen öffnen wird, ist die These, dass die CSRD im Laufe der Zeit tatsächlich Kosten sparen wird. Das liegt daran, dass die CSRD mehr Klarheit darüber schafft, welche Nachhaltigkeitsinformationen von Unternehmen benötigt werden und es den Unternehmen erleichtert wird, relevante Daten von Geschäftspartnern und der Lieferkette zu erhalten. Der CSRD-Vorschlag wird auch dazu beitragen, die Zahl der zusätzlichen Anfragen nach Nachhaltigkeitsinformationen von externen Akteuren, einschließlich Investoren, ESG-Rating-Agenturen und anderen Interessengruppen, zu reduzieren.

Durch die explosionsartige Zunahme der Nachfrage nach Informationen von verschiedenen Akteuren sind zusätzliche Kosten für Unternehmen ohnehin unvermeidlich. Eine Reihe von allgemein akzeptierten Standards würde es hingegen ermöglichen, die bestehende fragmentierte Landschaft der Berichterstattungsanforderungen zu vereinheitlichen.

Die Folgenabschätzung beziffert, dass die Verringerung der individuellen Informationsanfragen zu einer durchschnittlichen Einsparung für die Unternehmen von 24.200 bis 41.700 Euro pro Jahr führen wird.

Nachhaltigkeitsberichte verbessern die Wettbewerbsfähigkeit

Die von der EU-Kommission durchgeführte öffentliche Konsultation zur CSRD zeigt, dass 80 Prozent der Unternehmen, die Berichte erstellen, die Einführung gemeinsamer Standards unterstützen. Man kann davon ausgehen, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu einem besseren Risikomanagement führt, indem sie die Nachhaltigkeit mit den finanziellen Risiken verknüpft. Zwei Drittel der befragten Unternehmen gaben an, dass dies ihrem Geschäft zugutekäme.

Der CEPS-Bericht listet weitere unternehmerische Vorteile der Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht auf:

  • besseren Zugang zu Kapital
  • stärkere Einbindung von Stakeholdern und Mitarbeitern auf allen Ebenen
  • besseres Markenimage bei den Kunden
  • höhere Akzeptanz bei Investoren und außerfinanziellen Ratingagenturen
  • Aufnahme in ESG-Börsenindizes

Ein kürzlich veröffentlichtes Positionspapier der deutschen Wissenschaftsplattform Sustainable Finance fordert die Einbeziehung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in die CSRD. Dies würde Unsicherheiten für kleinere Unternehmen in ihrer eigenen Berichterstattung verhindern, größeren Unternehmen bessere Informationen liefern und gleiche Wettbewerbsbedingungen bei den Möglichkeiten des Zugangs zu Finanzmitteln gewährleisten.

Welchen Wert die Nachhaltigkeitsberichterstattung für deutsche Unternehmen hat, zeigt eine Umfrage des Bankenverbandes OMFIF unter 136 börsennotierten und nicht börsennotierten KMUs. Die Hälfte der mittelständischen Unternehmen gab an, dass die CSRD für ihr Unternehmen von Nutzen sein würde. Drei Viertel der Unternehmen begrüßten es, dass die EU den Geltungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch auf ihre Unternehmen ausweiten will.

Alles zusammengenommen zeigt die Folgenabschätzung der Kommission, dass ein detaillierter und glaubwürdiger Kompromiss zwischen Wirksamkeit und Kosten gefunden wurde und dass der Vorschlag für die CSRD die beste Option nicht nur für Europa als Ganzes, sondern auch für die einzelnen Unternehmen darstellt.

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    von Lukas Scheid