
Beim Umweltschutz denken viele Menschen zuerst an saubere Flüsse, blühende Wiesen und Naturschutzgebiete. Beim Klimaschutz hat man Windparks, E-Autos und Wärmepumpen im Kopf. Zweifellos sind erneuerbare Energien und Naturschutz zentrale Bausteine, um unser Land klimaneutral zu machen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren. Ein anderer Baustein wird dabei aber – noch – häufig vergessen: die vielen Dinge, die jeden Tag hergestellt, verkauft und verbraucht werden.
Überall dort, wo etwas produziert wird, seien es Turnschuhe, Handys oder Einfamilienhäuser, werden wertvolle Ressourcen verbraucht. Und zwar jedes Jahr mehr. Zwischen 1970 und 2017 hat sich weltweit der Verbrauch natürlicher Ressourcen verdreifacht. Ohne geeignete Maßnahmen würde er sich bis 2060 noch einmal verdoppeln.
Rohstoffe für Güter müssen abgebaut, aus dem Boden gepumpt sowie in vielen Fällen aufwändig vom Gestein getrennt oder mit Chemikalien aufbereitet werden. Sie müssen transportiert, weiterverarbeitet und verpackt werden – alles mit hohem Energieeinsatz und CO₂-Ausstoß und teils massiven Belastungen für Böden, Gewässer, Flora und Fauna. Nach Berechnungen des Weltressourcenrats IRP sind mindestens die Hälfte aller Treibhausgasemissionen und etwa 90 Prozent des Biodiversitätsverlustes und der globalen Wasserprobleme auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückzuführen.
Das Ziel: Stoffkreisläufe wie in der Natur
Wenn wir unsere Wirtschaft klimaneutral und naturverträglich machen wollen, ist die Ressourcenschonung der schlafende Riese. Ihn gilt es zu wecken.
Ziel muss es sein, deutlich weniger Primärrohstoffe zu verbrauchen – also Rohstoffe, die neu in den Wirtschaftskreislauf gelangen – und Stoffkreisläufe zu schließen. Das hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Natur macht es uns vor, sie ist ein einziger Kreislauf: In einem Wald fallen Blätter auf den Boden. Insekten, Pilze und Mikroorganismen zersetzen sie und bilden so wertvollen Humus, der wieder Bäume und Pflanzen ernährt.
Die Natur sollte uns ein Vorbild sein. Rohstoffe, die bereits im Kreislauf sind, müssen als Sekundärrohstoffe ein zweites, drittes und viertes Leben bekommen. Das geht weit über Recycling hinaus. Produkte müssen von Anfang an so gestaltet werden, dass sie langlebig sind, leicht zu reparieren und zu zerlegen, und ihre Bestandteile verwertbar. Erst dann schließt sich der Kreis zur Kreislaufwirtschaft, die die Ressourcenverschwendung beendet. In Zeiten knapper und teurer Rohstoffe sichern wir damit auch die Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft.
Die besondere Verantwortung der G7
Als Umweltministerin setze ich mich dafür ein, bei der Lösung der globalen Umweltkrisen noch stärker auf Ressourcenschutz zu setzen.
Dazu möchte ich unter anderem das anstehende Treffen der G7-Umweltministerinnen und -minister am 15. und 16. April in Japan nutzen. Die großen Industrienationen sind auch die großen Ressourcenverbraucher und stehen damit besonders in der Verantwortung. Im letzten Jahr, unter deutscher Präsidentschaft, haben die G7-Staaten den Zusammenhang zwischen Ressourcenverbrauch und der globalen Dreifachkrise von Biodiversitätsverlust, Klimakrise und Umweltverschmutzung anerkannt. In der Berlin Roadmap haben wir uns auf einen Arbeitsplan für einen schonenderen Umgang mit Ressourcen verständigt.
Grundsätze für Unternehmen: Lieferketten, Produktdesign
Darauf aufbauend wollen wir in Japan Grundsätze für Unternehmen verabschieden. Sie sollen Unternehmen darin unterstützen, Ressourcen einzusparen und den Grundsatz der Kreislaufwirtschaft in ihrer Firmenpolitik zu verwirklichen – denn die Unternehmen sind es, die zum Beispiel durch nachhaltige Lieferketten oder langlebiges Produktdesign ganz praktisch etwas gegen Ressourcenverschwendung tun können.
Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft möchte ich überall dort verankern, wo es um die Bewältigung der großen Umweltkrisen geht: bei den Klimakonferenzen, bei den Weltnaturkonferenzen, bei der Umsetzung der Agenda 2030. Deutschland hat zum Beispiel auf der letzten UN-Klimakonferenz eine Zusammenarbeit zwischen dem Weltklimarat IPCC und dem Weltressourcenrat IRP angestoßen. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.
Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie
Für Deutschland erarbeitet das Bundesumweltministerium derzeit eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie. Die Strategie schafft einen neuen Rahmen dafür, dass Rohstoffe sparsam genutzt und durch recycelte Materialien ersetzt werden. Einzelheiten werden wir ab April in intensivem Austausch mit den anderen Ressorts und Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutieren und entwickeln.
Zur Bekämpfung von Klimakrise, Artenaussterben und Umweltverschmutzung sollten wir alle Hebel nutzen. Der Ressourcenverbrauch ist mit all diesen Krisen untrennbar verknüpft. Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft sind deshalb ein unverzichtbarer Teil ihrer Lösung.