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es kommt nicht oft vor, dass delegierte Rechtsakte in die Mühlen der großen Politik geraten. Im Falle des ergänzenden Rechtsakts zur Taxonomie-Verordnung ist genau das geschehen. Die EU-Kommission hat die Frist nun bis zum 21. Januar verlängert, binnen der Mitgliedsstaaten und Experten zu ihrem Entwurf Stellung beziehen können. Eigentlich hätte diese bereits am Mittwoch enden sollen, aber der Diskussionsbedarf ist groß.
Auch innerhalb der Ampel-Koalition: SPD, FDP und Grüne haben sich noch nicht verständigt, wie sich Deutschland zu der Klassifizierung von Kernenergie und Erdgas verhält. Die von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Wochenende angekündigte Ablehnung beziehe sich allein auf die Aufnahme der Atomkraft in die Taxonomie, stellte ihr Sprecher gestern klar. Wie man sich zum Rechtsakt insgesamt positioniere, darüber sei die Bundesregierung „noch in der Abstimmung“.
Die Kommission hat zu diesem Kuddelmuddel beigetragen. Sie hatte angekündigt, die Klassifizierung allein auf Grundlage wissenschaftlicher Kriterien vorzunehmen. Der in der Silvesternacht versandte Entwurf aber enthält etliche Schwächen, wie Charlotte Wirth in ihrer Analyse aufzeigt. So sind die angeblich strengen Sicherheitsanforderungen an AKWs lax formuliert. Bei der ungeklärten Endlager-Frage lege sich die Behörde unnötigerweise auf einen Ansatz fest, kritisiert auch die Atom-Lobby. Ein neues Gutachten im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe hält den Kommissionsentwurf gar für rechtswidrig – mehr dazu lesen Sie in den News.
In der breiten Öffentlichkeit ist das Thema Taxonomie erst seit wenigen Wochen präsent. In Europe.Table war es das von Beginn an: Bereits Mitte August, in der 6. Ausgabe unseres Briefings, hatte Charlotte Wirth die Lücken im Bericht der kommissionseigenen Forschungsstelle JRC aufgezeigt. Wir haben die Diskussion über die vergangenen Monate eng begleitet, unsere Leserinnen und Leser wurden von keiner Wendung überrascht.
Heute lesen Sie bereits die 100. Ausgabe von Europe.Table. Viele weitere werden folgen. Ich lade Sie ausdrücklich ein, Teil der Weiterentwicklung zu sein: Schreiben Sie mir, was Ihnen an Europe.Table gefällt und was wir besser machen können: till.hoppe@table.media.
Ein anderes Thema, das von vielen noch unterschätzt wird: Standards und Normen. Anfang Februar will die Kommission ihre neue Standardisierungsstrategie vorstellen. Das lange Experten vorbehaltene Feld werde inzwischen als „industrie- und geopolitisches Instrument genutzt“, warnt Jochen Reinschmidt vom ZVEI in seinem Gastbeitrag. Europa müsse sich daher strategischer aufstellen.
Till Hoppe

Analyse
Atomkraft im Taxonomie-Entwurf: Ein Text mit Schwächen
Charlotte Wirth
Besonders einer wird sich über den Taxonomie-Entwurf gefreut haben, den die Europäische Kommission kurz vor Mitternacht des 31. Dezembers an die Mitgliedstaaten geschickt hat: der französische EU-Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton. „Wir brauchen die Atomkraft, um klimaneutral zu werden. Daher war immer klar, dass sie nicht aus der Taxonomie ausgeschlossen werden darf“, sagte Breton jüngst dem „Journal du Dimanche“.
Es waren denn auch Breton und sein Heimatland Frankreich, die dafür gekämpft haben, dass Investments in die Kernkraft zukünftig als „grün“ abgeschrieben werden dürfen. „Es wurde von Anfang an politischer Druck gemacht, auf allen Wegen“, beschreibt die Luxemburger Umweltministerin Carole Dieschbourg den Weg zum delegierten Rechtsakt (Europe.Table berichtete). Tatsächlich hat Emmanuel Macron das größte Interesse daran, dass Investments in die Kernkraft als nachhaltig gelten, hat Frankreich doch entschieden, auf dem Weg zur Klimaneutralität insbesondere auf diese Energiequelle zu setzen.
Andere freuen sich weniger über den Entwurf des Rechtsaktes. Der Atomindustrie geht der Vorschlag nicht weit genug. Tatsächlich wird die Atomkraft im Taxonomie-Entwurf nur als Übergangstechnologie gelistet. „Das ist nicht gerechtfertigt“, findet Jessica Johnson von FORATOM, dem Sprachrohr der europäischen Atomindustrie. „Atomkraft erfüllt die Prämissen des Do No Significant Harm und ist CO2-neutral. Sie sollte genauso behandelt werden wie nachhaltige Energiequellen.“
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