- EU-Gipfel: Tiefe Kluft in der Energiepolitik
- „Massive Konsequenzen“: EU droht Russland mit Sanktionen
- EU-Monitoring
- Vierte Welle sorgt für neue Alleingänge bei den Mitgliedstaaten
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EU-Gipfel sind häufig eher ein Stimmungsbarometer als ein Ort zielführender Diskussionen. Manch Ministerpräsident nutzt die Brüsseler Bühne, um sich an das heimische Publikum zu wenden. Die Wähler murren lautstark, weil Strom- und Heizkosten steigen? Seht her, ich kämpfe auf höchster Ebene für euer Anliegen! Andere Regierungschefs wiederum erliegen der Versuchung, im Windschatten eigene Anliegen voranzutreiben, auch wenn die objektiv wenig zur Lösung des Problems beitragen.
Beim gestrigen Gipfel, dem ersten von Bundeskanzler Olaf Scholz, war die Stimmung beim Energiethema ziemlich gereizt. Der Spanier Pedro Sánchez verlangte erneut neue Regeln für den europäischen Strommarkt, der Pole Mateusz Morawiecki ein Aussetzen des Emissionshandels. Der Tscheche Andrej Babiš, der Rumäne Klaus Johannis und einige weitere wiederum versuchten, die EU-Kommission auf die umgehende Vorlage des umstrittenen Taxonomie-Rechtsaktes zu Atomenergie und Gas festzulegen.
Nach langer Diskussion einigte man sich schließlich nur darauf, uneinig zu sein. Das Kapitel zu den Energiepreisen wurde aus den Schlussfolgerungen gestrichen, wie Timo Landenberger berichtet. Scholz zeigte sich von dem Streit unbeeindruckt: „Ich hab‘ mich wohlgefühlt“, sagte er auf der gemeinsamen Abschluss-Pressekonferenz mit Emmanuel Macron.
Ein anderes, ebenfalls eingeübtes Verhaltensmuster: zu Hause den Alleingang wählen, um sich dann in Brüssel zu einem abgestimmten Vorgehen zu bekennen. So erneut geschehen beim Thema Corona-Maßnahmen, wo die Regierungen auch in der vierten Welle nach Gusto und ohne Absprachen die Einreise von EU-Bürgern beschränken. Mehr dazu lesen Sie in der Analyse meiner Kollegin Eugenie Ankowitsch.
Einen klaren Beschluss hat der Rat hingegen in Bezug auf Russland gefasst. Militärische Aggressionen gegenüber der Ukraine würden „massive Konsequenzen und erhebliche Kosten“ nach sich ziehen, heißt es in der Gipfelerklärung, die am späten Abend verabschiedet wurde. Weniger deutlich ist die Erklärung bei den möglichen Strafmaßnahmen. Eric Bonse analysiert, welche Sanktionsmöglichkeiten der EU zur Verfügung stehen und warum besonders Olaf Scholz es sich gut überlegen dürfte, ob sie tatsächlich zum Einsatz kommen.
Till Hoppe

Analyse
Energiepolitik: Tiefe Gräben
Die EU Staats- und Regierungschefs haben bei ihrem Gipfeltreffen erneut keine gemeinsame Antwort auf die seit Wochen andauernde Energiepreis-Krise gefunden. Wie beim Europäischen Rat im Oktober sorgte das Thema am Donnerstag für heftige Diskussionen. Trotz langwieriger Verhandlungen konnten sich die Teilnehmer nicht auf gemeinsame Schlussfolgerungen einigen. Vor allem Polen und Tschechien zeigten sich hartleibig.
Die Bewertungen der Lage an den Energiemärkten gehen teils weit auseinander. So machen einige Länder, angeführt von Polen, auch den Anstieg des CO2-Preises im Rahmen des Europäischen Emissionshandels (ETS) für die Krise verantwortlich (Europe.Table berichtete). Der Preis pro Tonne CO₂ war in den vergangenen Wochen und Monaten stark gestiegen und hat inzwischen die Schwelle von 90 Euro geknackt. Befürworter sehen darin ein Zeichen dafür, dass das System funktioniert. Kritiker hingegen machen insbesondere Finanzspekulationen für den Preisanstieg verantwortlich und befürchten soziale Schieflagen durch die Zusatzbelastung.
Polen, das bei seiner Stromerzeugung überwiegend von Kohle abhängig ist, setzte sich dem Vernehmen nach für eine temporäre Aussetzung des Emissionshandels ein. Damit will der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki insbesondere preistreibenden Finanzspekulationen Einhalt gebieten. Ein Ansatz, der auch von anderen osteuropäischen Ländern wie Ungarn oder Tschechien forciert wurde. Breite Unterstützung unter den Regierungschefs fand der Vorschlag über einer Aussetzung des ETS zwar nicht. Man habe sich aber darauf verständigt, die Preisentwicklung dort ebenso wie an den Energiemärkten genau zu beobachten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz.
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